1890 / 142 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 14 Jun 1890 18:00:01 GMT) scan diff

Von Band T1 Heft 4: Meyn Insel Sylt . 3 Exrpl. Z II 3: Berendt Umgegend von «9 L Z 4; Kayser Devon-Ablagerungen 1 2 I 2: Laufer Wahns{haffe BodenuntersuGungen . . . 1 L 3: Meyn Schleswig-Holstein. 9 IV , 2: Koh Homalonotus-Arten . 1 V 2: Weiß Steinkohlen - Cala- mati C. Ee l e 3: Laufer Die Werderschen i Weinber@é T D 4 e » 4: Lebe Schichtenaufbau Ost- Thüring R Fe é VI , 1: Beushausen Oberharzer Spiriferensandstin 2, Z B » 3: Noetling Fauna des sam- ländishen Tertärs .... VII , 2: Berendt Märkisch - Pom- mershes Tertär ..... 1,» Z L e 3: Felix, Weiß, Potonié— Carbon- pflanzen u E L 87 5 ¿ V 4: Branco Lepidoten . S «V 1: Geologische Karte von Berlin und Umgegend. ..... 18 y Z 2 2: Denckmann Umgegend von Vornten L 275 S e e 3: Fre Umgegend von Haiger 3 - 2 L 4: Schlüter Anthozoen. . . 4 S IX , 1: Gbert Eciniden 49 «» » 2: Caspary Fossile Hölzer . 49 j X 1: von Koenen Unteroligocän. 31 „, erner : Vom: Sab E 2 f é 1ST A l L, 0 o o L o” 1888 . . . . . . . . . C) . .‘ . 30 Weiß Flora der Steinkohlenformatin 2M Geognostishe Uebersichtskarte des Harze8 ...... 18 jy Höhenschichtenkarte des Harzes . S bl #1

Berlin, den 19. Mai 1890. Cs _Die Direktion / der Königlichen Geologischen Landes: Anstalt und Berg-Akademie. Hauhhecorne.

Statistik und Volkswirthschaft.

In einer am 12. Juni abgehaltenen Versammlung der Töpfer- gehülfen in Leipzig wurde der „Leipz. Ztg.“ zufolge mitgetheilt, daß von den Arbeitgebern der ihnen nach dem Beschluß der leßten Versammlung abermals gemate Vorschlag der Errichtung eines gemeinschaftlichen Arbeitsnahweises rundweg abgelehnt worden sei, obgleih die Gehülfen in allen den streitigen Punkten ih nah- giebig gezeigt hätten, wegen deren früher der gemeinschaftliche Atbeitenahweis gescheitert sei. Neben dem f\chon be- stehenden Reiseunterstüßungsverein hat {ih jeßt ein zweiter aus Ar- beitgebern und Gehülfen zusammengeseßter Unterstüßungsverein der Feilenhauer in Leipzig gebildet, um zugereisten und arbeits- losen Gehülfen Arbeit zu verschaffen oder Unterstüßung zu gewähren. Die Buchbindergehülfen gedenken im Herbst dieses Jahres bei Beginn des flotten Geschäftsganges folgende Forderungen aufzu- stellen: 10 stündige Arbeitszeit, 35 Mindeststundenlohn, 33F °/o Lohnzushlag für Ueberstunden, 509/ Zuschlag für Sonntagsarbeit. Der Vertrauensmann der Gehülfenschast vergewissert sich zunächst in sog. Werkstubenversammlungen über die Stimmung der Arbeiter und Arbeiterinnen (denn auch diese sollen an der Lohnbewegung si be- theiligen), ehe er die Angelegenheit der Beschlußfassung in öffentlicher Versammlung unterbreitet. |

Fn einer am 10. Juri in Leipzig abgehaltenen, sehr stark be- suWten Versammlung der Maurer wurde, laut Mittheilung des . Chemniß. Tagebl.“, über den Ende vorigen Monats in Erfurt abgehaltenen 7. Kongreß der Maurer Deutschlands Bericht erstattet und namentlich hervorgehoben, daß daselbst beschlossen worden sei, das VSnftitut der Vertrauens8männer aufzuheben, die Organisation in der bisherigen Weise beizubehalten und die Wochenschrift „Grundstein“ als offizielles Fahorgan der Maurer Deutschlands zu erklären. Die Ge- \fammtabrechnung der Geschäftsleitung mit dem Siß in Hamburg vom vergangenen Iahre wies eine Einnahme von 97 016 H und eine Ausgabe von 75 495 #4 auf. Für die Unterstüßungen bei Arbeits- einstellungen sind 43 786 4 und für Agitation 14699 A gezahlt worden. Die Versammlung beschloß noch zu Gunsten der ausge- sperrten Hamburger Maurer, die Wochenbeiträge für den Unter- 1% dds für Verheirathete auf 50 4, für Ledige auf 1 M fest- zusetzen.

Die Zimmergesellen von Elberfeld und Barmen hatten, wie die „Köln. Ztg.“ \ch{reibt, vor kurzem von ihren Arbeit- etern cine zehnstündige Arbeitszeit und 45 HZ§ Stundenlohn ge- ordert, die Arbeitgeber hatten dies aber abgelehnt. Die Gesellen reiten darauf am 7. d. M. ihre Kündigung ein und werden nun am 21. d. M., wenn die Arbeitgeber die Forderungen nicht nach- träglich noch bewilligen, die Arbeit niederlegen.

Die Polizeibehörde in Hamburg hat folgende Bekanntmachung erlassen: „Da es neuerdings wiederholt vorgekommen i}, daß Arbeitswillige vergewaltigt und zur Arbeitseinstellung oder zum widerwilligen Festhalten an der Arbeitseinstellung gezwungen worden sind, wird hierdurch voc ähnlihen Gesetßwidrigkeiten dringend gewarnt und ersucht, in dieser Beziehung vorkommende Ausschreitungen unverzüglih und ausnabmetlos zur Anzeige zu bringen. Zugleich werden die betreffenden Arbeitezkreise wiederholt darauf aufmerksam

emacht, daß die Polizeiwachen und Patrouillcn angewiesen worden sind egen etwaige Störungen und Belästigungen in der Arbeit jeder

eit Schuß zu gewähren.“

__ Der „Boykott*, welcher von den Berliner Tabackarbeitern Über versWiedene Tabakfabriken und Geschäfte seit Monaten verhängt war, ist, der „Voss. Ztg.“ zufolge, am 12. Juni Abends in einer öffent- lihen Versammlung der Tabackarbeiter und -Arbeiterinnen, im König- stadt-Kasino (Holzmarktstraße) aufgehoben worden, „weil der- selbe gegenstandslos geworden sei, indem man die Pläße längst beseßt habe“, Die ,B. B. Z.“ theilt ferner mit, daß auf der leßten General- versammlung des Unterstüßungsvereins Deutscher Tabacktarbeiter und -Arbeiterinnen be\{lossen worden ist, daß Mitglieder, die einen Ausstand beginnen wollen, dies dem leitenden „Aus\huß* vier Wochen vorher zur Genehmigung vorzulegen haben. Man will da- dur planlose Strikes verhüten. An der Spiye dieses Aus\chusses steht der Reichstags - Abgeordnete Meister (Hannover), welcher selbst Tabadckarbeiter ift.

Mannigfaltiges.

Zu Ehren des Reichs-Kommissars Majors Wissmann, welcher voraussihtlich am 22. d. M. in Berlin eintreffen wird, veranstaltet die Deutsche Kolonial-Gesell\schaft, Abtheilung Berlin, am 28. Juni einen Fe om more, zu welchem, wie die „Nat.-Ztg.“ mittheilt, der Reihs-Kommissar telegraphisch von Kairo aus sein Erscheinen zugesagt hat. Der Kommers soll in den Räumen der Philharmonie stattfinden. Auf diese Weise wird die Theilnahme auch weiteren Kreisen, welche sich für die deutshen Kolonialbestre- bungen interessiren, ermögliht werden. Als Ehrengäste sollen u. A. sämmtliche zur Zeit in Deutshland weilenden Offiziere und Beamte der Schußtruppe eingeladen werden.

4 Dirschau erhält man jetzt einiges Licht.

Preußisher Beamten-Verein zu Hannover, Lebens- Versicberungs-Anstalt für den Deutshen Beamtenstand, einschließli der Geistlichen, Lehrer, Aerzte und Rehtsanwälte. (Protektor Se. Majestät der Kaiser) Die am 11, Juni abgehaltene XIII. ordentlihe Generalversammlung kat den ihr vorgelegten Geschäftöberiht über das für den Verein E günstige Geschäftsjahr 1889 entgegengenommen, der Verwaltung Decharge ertheilt, ‘die erforderlihen Wahlen vorgenommen und über die Vertheilung des Geschäftsgewinns von 494338 Æ 76 H Beschluß gefaßt. Der Verwaltungsrath besteht, nachdem die ausscheidenden Mitglieder wiedergewählt sind, abermals aus folgenden Herren: * 1) Ober - Präsident Dr. von Bennigsen, Excellenz, Vorsißender, in Hannover. 2) Landgerihts-Direktor Hage- mann, stellvertr. Vorsißender, in Hannover. 3) Ober-Rendant Bode in Hannover, 4) Regierungs-Rath Kühnemann in Hannover. 5) Rech- nungs-Revisor Morich Hannover. 6) Eisenbahn-Direktions- Präsident Thielen in Hannover. 7) Senator Wülbern in Hannover. N I E des Staats-Ministeriums und Staatssekretär im

eih8amt des Innern, von Boetticher, Excellenz, in Berlin, 9) Unter- Staatssekretär im Reichsamt des Innern und Staatssekretär des Staats- raths Dr. jur. Bosse în Berlin. Der Versicherungsbestand ftellte ih ult. 1889 auf 23 943 Versicherungen über 68 163 110 Kapital und 98 560 G Jahresrente, und zeigt in 1889 einen reinen Zuwachs um 2348 Versicherungen über 7 206 350 # Kapital und 17040 Fahresrente. Die Sterblichkeit verlief günstig. Es erloshen dur Tod 103“ Lebensversicherungs - Policen über 366 300 H, während rechnung8mäßig erlöschen konnten 177,4 Policen über 673 057 Æ Die Bilarz \chließt in Aktivis und Passivis mit 15 381 406 & 53 H und er- giebt einen Gewinn von 494 388 A 76 A. Die Generalversammlung beschloß, aus dem Gewinn 310 469 M 41 4 zur Zahlung von Dividenden an die Lebensversicherten zu verwenden, womit jeder derselben 5 9% seines Prämien-Reserve-Guthabens als Dividende er6ält. Die Ver- waltungskosten betrugen nur 79326 4 76 S, d. i. auf je 1000 4 des Versicherungsbestandes nur 1,16 #&; ein äußerst geringer Say, der seine Begründung darin hat, daß der Verein gar keine bezahlten Agenten und sonstigen Außenbeamten hat. Der Theil des Geschäfts- gewinnes, der zur Dividendenzahlung nicht erforderlih ist, wurde durch die Generalversammlung verschiedenen Fonds zugewiesen. Sicerheits- und Ex\rasicherheitsfonds erreihen dadur zusammen die Höke von 1 645 869 4 76 - und stellen den Theil des Verein8vermögens dar, dem keinerlei Verpflichtungen gegenüberstehen. Bei dem großen Inter- esse, welches die Lebenéversiherung heute in allen Kreisen der Bevölkerung findet, glauben wir hervorheben zu sollen, daß der Preußische Beamten-Verein zu Hannover, obwohl er eine der allerjüngsten Lebensversicherungs-Anstalten ist, mehr als die Hälfte der sämmt- lichen deutshen Anstalten an Geschäftsumfang bereits überholt hat und in Folge seiner tadellosen Entwickelung und seiner Einrichtungen in jeder Raa: die größte Betheiligung des Publikums verdient. Dies anzuführen dürfte um so mehr von Bedeutung sein, als die

als r h F or 9 ot n (Rokaltänifhoiso die Lage verseßt wird, mehr als bisher für ihre Angehörigen dur Abschluß von Versicherungen zu sorgen.

Spandau, 14. Juni. Ueber die Pulver - Explosion, welche gestern hier stattgefunden, entnehmen wir der „N. Preuß. Ztg.“ Folgendes: Die neue Pulverfabrik, welhe außerhalb der Festungs- mauer an der Havel anstoßend etwa 1000 m von der Berliner Chaussee entfernt liegt, besteht aus den Fabrikgebäuden, den Reserve-Pulver- lagern und den Trockenshuppen, welch leßtere 20 an der Zahl etwa 150 m je von einander entfernt sind und zwischen denen \ich stets noch der Sicherheit halber cin Erdwall in Höhe der Shuppen befindet. Die Trockenshuppen, welche durdweg eine Länge von etwa 40 m haben und 20m breit und 6 m hoch sind, sind aus Fahwerk, 3zölligen Balken, hergestellt und Lo Ren massive Wände, während dic Dächer aus getheerter Pappe gefertigt find. Heute Mittag 5 Minuten vor 123 Uhr die 1500 Arbeiter der Pulverfabrik waren fast sämmtlich des ungünstigen Wetters wegen ihr Mittagsbrot verzehrend in den Kleidershuppen erfolgte plößlih eine mehrere Sekunden anhaltende Detonation Die in einem der Trockenschuppen befindlihe Schießbaum- wolle hatte, vermuthlih durch Selbstentzündung infolge einer ent- standenen Reibung oder dur zu große Hiße in dem Schuppen. sich entzündet und troß der oben geshilderten Vorsihtsmaßregeln hatte ih die Explosion drei Nahbars&uppen mitgetheilt, deren Inhalt eben- falls explodirte. Dur die ungeheure Gewalt des Luftdruk8 war einer der Kleidershuppen, in dem sih ctwa 180 Perfonen be- fanden, in sich zusammengebrohen und hatte die sämmtlichen Arbeiter unter sih bezraben. Zwei der Troken]chuppen waren gänzlich vom Erdboden vers{wunden, die Steine auf Entfernungen von hundert Metern berumgeschleudert, die dicken Balken total zersplittert und größere bis ein Centner {were Stücke 15 m hoh emporges\{leu- dert, während von den beiden anderen Schuppen nur die Bedachungen ausgerissen und die Seitenwände zum Theil zertrümmert sind. ie vier Gebäude enthielten zusammen 110 Ctr. Schießbaumwolle. Nachdem sich die Arbeiter von dem ersten Schhreck erholt, machten ih dieselben daran, die unter dem Kleidershuppen Begrabenen aus ihrer entseylihen Lage zu befreien, und na einhalbstündiger Arbeit waren bereits die 180 Mann aus den Trümmern herausgeholt, von denen glückliherweise nur 15 Personen, soweit bis jetzt fest- zustellen war Verletzungen davon- geiragen hatten; ferner wurden noch drei Männer verleßt in den Gängen aufgefunden, so daß ins- gesammt 18 Personen zu Schaden gekommen find, von welchen 7 \chwere, aber niht lebensgefährliche Verleßungen erlitten. In der etwa 5 Minuten entfernt gelegenen Patronenfabrik wurden 16 Mädchen in Folge des Schreckes ohnmächtig und drei von Krämpfen befallen, ebenso fielen in Spandau mehrere Straßenpassanten bewußtlos zu Boden. In der alten Pulverfabrik „Eiswerder“, welche } Stunde von der Unglücksstelle entfernt liegt, entstand eine Panik; die Arbeiter, welhe sih dort in den Fabrikräumen befanden, drängten den Ausgängen zu, rissen die {chwächeren unbarmherzig zu Boden und eilten über dieselben fort, do haben hier nur drei U soweit uns bekannt, unerheblihe Verleßungen erlitten.

n der neuen Pulverfabrik, der Patronenfabrik und Eiswerder sind fast sämmtlihe Fenster zertrümmert und in Eiswerder stürzte der Stuck von den Decken und Wänden. Spandau selbs hat den ge- ringsten Schaden erlitten, da dort nur eine Fzöllige Schaufenster- \cheibe im Werthe von 850 4. zertrümmert ist, dagegen find in West- end, Charlottenburg und Saatwinkel zahlreihe Schaufenster und Fenster in Wohngebäuden zersprungen ; das Palmenhaus in der Char- lottenburger Flora hat stark durch den Luftdruck gelitten und die dihten Rauch- und Staubwolken, welche in der Nähe der Pulverfabrik Alles s{chwarz färbten und auf Entfernungen von sechs Meilen wahr- genommen wurden, drangen in Charlottenburg in die Wohnungen ein. Auch in den nördlichen und nordwestlihen Stadtgegenden Berlins wurde der durch die Explosion entstandene Luftdruck wahrgenommen, in der „Technischen Hochschule" in der Invalidenstraße wurden Fenster und Thüren aufgerissen und in Wannsee, Friedenau, Wilmersdorf wurde ein starkes Zittern der Wände wahrgenommen. Die Telegraphen- und Telephondrähte nah Spandau waren in den ersten Stunden nach dem Unfall von den Behörden derartig in. Anspru genommen, daß eine Privatperson dorthin gar keinen Anschluß erhielt. Die Komman- dantur in Berlin war von der Explosion fast eben so {nell ver- ständigt, wie die Militärbehörde in Spandau, und forderte von jener \hon um 123 Uhr einen Bericht; auch dem Kaiser wurde wiederholt telegraphisch und telephonisch Nachriht gegeben. Die Züge nach Spandau waren in den Nachmittagsstunden stark beseßt und brachten viele Tausende Neugieriger nah dem Festungsorte, jedo war durh ein starkes Militäraufgebot jede Annäherung an die Fabrik verhindert.

Wie „W. T. B.“ bestätigt, wurde der Unfall durch Schießbaum- wolle herbeigeführt, welche daselbst zum Trocknen aufgehängt war und explodirte. Der Betrieb der Neuen Pulverfabrik ist theilweise ein- gestellt. Nach dieser Quelle sind von Personen etwa 109 leiht verleßt.

Dirschau. (Nat. - Ztg.) Ueber die bisher unerklärliche Ursache der Cisenbahn-Katastrophe auf dem Bahnhofe Einer der Bahnwärter, der

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in Folge eines Blißshlags längere Zeit bewußtlos krank darnieder gelegen, jeßt aber sein volles Bewuß cin wieder besitzt, will ‘vor dem hn treffenden Schlag deutlich wahrgenömmen haben, wie der Lok o- motivführer Hennig, vom Blih getroffen, in die Arme seines Heizers gesunken is. Hiermit stimmt auh der Leichenbefund überein, indem an dem Körper des getödteten Lokomotivführers Hennig die Spuren von Brandverleßungen gefunden sind, welhe man damals nur widerwillig auf das Heraus\{chleudern von glühenden Kohlenftücken zurückführen zu müssen glaubte. Nimmt man nun noch hinzu, daß bei diesem Vorgang auch der Heizer in Mitleidenshaft gezogen worden ist, dann kann die verbängnißvolle Fahrt der führerlos gewordenen Lokomotive niht mehr Wunder nehmen. -

Baden, 11. Juni. (Karlsr. Ztg.) Auf der Badener Höhe wutde am 9. Juni der Grundstein für einen Thurmbau gelegt. Der Großherzog von Baden vollzog die Hammerschläge mit den Worten: „Den Nachkommen zu Freud und Nu, Der Badener Höhe zu bleibender Zier, Dem Schwarzwaldverein zu dauernder Ehr.“ Der Badishe Schwarzwaldverein feierte am 8. und 9. Juni sein Jahresfe s in Baden, wobei gegen 300 Mitglieder anwesend waren. Der Verein zählt jeßt in 41 Sektionen gegen 4000 Mitglieder und hatte im leßten Jahre eine innahme von 7285 „# und eine Ausgabe von 6720 4

ür 1890 wurden über 7000 A zu Ausgaben für Wegeanlagen,

chußhütten, Aussihtsthürme u. \. w. bestimmt. Die Prinzen Fohann Georg und Max von Sachsen, welhe in Freiburg studirten und Freunde des Schwarzwaldes geworden sind, wurden zu Ehrenmitgliedern ernannt. Die Herstellung einer einheitlichen Touristenkarte im Maßstab von 1: 50 000 wurde in Aussicht ge- nommen.

Bremen, 11. Juni. (Wes -Ztg.) Nachdem wegen starker

‘Abnahme der Austern auf den Bänken der \{leswigshen Westküste

der Fang derselben seit einer Reihe von Jahren ruht, werden in dem zur Aufbewahrung der gefangenen Austern bestimmten Aufternbassin am Husumer Austerndeich von Seiten der Regierung unter Aufsicht des Königlihen Wasser-Bauinspektors größere Versuche mit künst- liher Austernzuht angestellt, besonders um die Bedingungen für das Fortkommen der Austern genauer festzustellen und auf Grund der gemahten Erfahrungen eine Aufbesserung der Austernbänke bewirken zu können. Es ist denn auch gelungen, im Bassin größere Austern aus dem Laich heranzuziehen. Die Beobachtung der einzelnen Vorgänge und Stadien im Werden der Auster is für Fachleute und Gelehrte von besonderem Interesse. Die Königli he Regierung zu Schleswig hat darum veranlaßt, daß die Ergebnisse der künstlihen Austernzucht auf déèr Ausstellung hierselbst auch einem größeren Publikum vorgeführt werden. Ein größeres Aquarium ist zu diesem Zweck in der Ausstellung aufgestellt werden. Sobald die nöthige Einrichtung zur Beschaffung des Seewassers getroffen ift, wird auf nähere Benachrichtigung eine Sendung Austern in den ver-

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

M 142.

Berlin, Sonnabend. den 14. Juni

1890.

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Rekursentscheidungen, Bescheide und Beschlüsse des Reichs8-Versicherungsamts. E Z

(834.) Die Besiterin einer Windmükle ließ einen Windmühlen- flugel erneuern und einfegen. Ihr Geselle leitete und beaufsichtigte die gesammte Arbeit ; nah seinen Anweisungen bearbeiteten zwei Zimmerleute, welche er zu diesem Zwecke vou einem Müblenbauarbeiten nit aus- führenden Zimmereiges&äft ih hatte zur Verfügung tellen lassen, die Balken und Sprossen; er zog demnächst auch zu der Arbeit des Einsetzens des fertig enten Flügels noch weitere Persoxen hinzu. Die Arbeit nahm fechs Tage in Anspru, wäbrend deren der Mühlenbetrieb ruhte. Bei dem Einseßen des Flügels erlitt der Müúllergefelle einen Unfall. In adt mit dem Scieds- gericht bat das Reict-Versicherungsamt dur Urtbeil vom 5. Mai 1890 die Müllerei-Berufsgenossenshaft sür verpflihtet eratet, den Unfall ¿u entshädigen. Nah Lage der Sache könne zunächst die Bauarbeit nit für eine solche angesehen werden, welche in dem ge- werbsmäßigen Vaubetriebe des die beiden Zimmergesellen stellenden Baugeweerksmeisters ausgeführt worden sei (vergleie die Begründung der in Nr. 133 des „R. u. St.-A.*° abgedruckten Entscheidung Nr. 833.) Die Bauarbeit sei vielmehr für eine Eigen- (Regie -) Bauarbeit der Mühlenbesißerin zu erachten, als eine solche aber nicht gemäß S. 4 Ziffer 4 Absaß 1 des Bauunfallyersicherungsgeseßes bei der Versicherungsanstalt der zuständigen Baugewerks-Berufsgenossenschaft besonters zu versichern, sondern nah Absatz 2 der Ziffer 4 a. a. O. als Theil des Mühlenbetriebes bei der Müllerei-Beruftgenofsenschaft mits- versichert gewesen. Unter diese Bestimmung fielen au diejenigen nibt allzu umfangreiden Bauarbeiten, welche dur) den laufenden Betrieb, dur die allmählihe Abnußung der Betriebsgerätbe, der umgehenden Theile u. dergl. m. in Folge des regelmäßigen Gebraus, der Ein- wirkung von Wind und Wetter 2c. von Zeit zu Zeit nothwendig werden, S dieselben auch die Erneuctung der shadhaft gewordenen Be- triebétheile bezwecken und selbst ein vorübergebendes nur nit allzu langes Ruhen des ganzen Betriebes bedingen. Es gebe nicht an, eine Bauarbeit sckon ledigli deshalb, weil sie die Fortführung des Betriebes zeitweilig unmögli mae, für eine solche zu eraten, welch{e unter allen Umständen bei der gewerblichen Berufsgenossenfchaft, welcher ter Unternebmer angehört, niht mehr mitversichert sei. Denn hiermit würde man _Kleinbetricbe. bei denen Reparaturen aar leiht

Arbeiten ereigneten (zu vergleihen Bescheid 138 und Entscheidung 451, „Amtliche Nachrichten des R.-V.-A 1886 Seite 55 und 1888 Scite 69). Nun fei aber bereits in cinem Schreiben tes Magistrats der Stadt M. vcm 30. Januar 1886, mit welchem dieser die Lohn- nachweisung für das vierte Quartal 1885 cingereiht habe, gesagt, die Lohnnadweisung betreffe die „im Ressort der städtishen Bauver- waltung (Hochbau und Tiefbau) beschäftigten Personen“. Ferner seien in dem unter dem 20. August 1886 ausgefüllten Fragcbogen zur Einshätzung des Betriebes in die Klassen des Gefahrentarifs bei einer Gesammtzahl von 46 Arbeitern nur 6 Maurer und 1 Zimmerer, da- gegen als in Nebenbetrieben bescdäftigt 39 Arbeiter aufgeführt, und zwar unter Anderen bei Kanal- und Straßenbauten 21, beim Ver- füllen des Steinbruchs vor der Neustadt 5 Arbeiter. Bei dieser Sach- lage habe die Baugewerkls-Berufsgenossenshaft fahrlässig gehandelt und die ihr nah §. 37 Absaß 2 des UnfaUversicherungsgeseßes obliegende Prüfungépfliht nit erfüllt, indem sie troßdem die Verhältnisse dieser soyenannten Nebenbetriebe nicht näher aufgeklärt, sondern sie ohne Weiteres als zu ihr gehörig behande!t und sih seit dem 1. Oktober 1885 die sämmtlichen in ihnen verdienten Löhne habe mitnahweisen lassen und die Beiträge von ihnen bezogen habe. Daß dies allgemein sowohl, wie au bezügli der Löhne des in dem Steinbruch und bei den Kanal- arbeiten beschäftigten Rehtsrorgängers der Klägerin geschehen fei, babe der Magistrat ausdrücklich bestätigt. Es könne aber auch der Baugewerks-Berufsgenossenschaft, mag dieselbe vielleiht au nicht von jeder einzelnen, in dem gesammten städtislen Baubetriebe vorge- kommenen Arbeit Kenntniß gehabt haben, bei der großen Zahl dec in den Lohnnacweisungen aufgeführten Arbeiter unter denen si auch in den Jahren 1887 und 1888 der verunglückte Arbeiter mit 197,9 bezichungéweise 316,6 Arbeitstagen befunden habe und bei der Höhe der nachgewiesenen Löhne (im vierten Quartol 1885: 33 Personen mit 6750 M. 67 4 Löhnen, 1886: 61 mit 31 095 Æ 1 4, 1887: 68 mit 40444 46 56 S und 1888: 75 mit 50213 Æ 1 S) unter Be- rücksihtigung des Inhalts der besprochenen Erklärungen des Magistrats niht wobl unbekannt gewesen sein. Unter diesen Umständen würde es gegen die auch für das sffentlih-rehtlihe Gebiet der Unfallversiherung zu beachtenden Grundsäße von Treu und Glauben verstoßen, wollte die Baugewerks-Berufsgenossenschaft ihrerseits die Verpflichtungen aus einem übcrdies an sich versiherten Unfalle nicht übernehmen, welcher

das Gebäude oder der bezüglihe Gebäudetheil noch im Bau begriffen oder bereits vollendet und dem Sebrauch übergeben ist. Allein das Reichs-Versicherunçsamt gelangte von cinem anderen Gesichtspunkte aus ebenfalls zur Alweisung des Klägers. Wie nämlih in der Rekursinstanz festgestellt wurde, war der KoGheerd (Ofen), für welen der Ring, bei dessen Erneuerung ter Kläger verunglückte, bestimmt war, nicht fest mit dem Hause verbunden. Die vom Kläger verrichtete Arbeit galt daher nit der Anbringung jenes Ringes an einem „Se- bäude“ und konnte deshalb als eine Baushlosserarbeit niht angesehen werden. Da weiterhin erwiesenermaßen der Arbeitgeber des Klägers sih mit der Bauschlosserei rur nebenbei nit im Hauptbetriebe beschäftigte, also die etwaige Erstreckung der Versicherungspflicht der Baufschlosserei auf die Werkstattsblosserei gemäß §. 9 Absay 3 des Unfallver|icerungsgeseßes niht in Frage kommen konnte, und da ferner keine der im §. 1 Absag 3 und 4 a. a. O. hervorgehobenen Voraus- \sctßungen vorlag Betrieb mit- Dampfkraft u. |. w. oder mit min- destens zehn Arbeitern —, so unterlag die Beschäftigung, bei welcher der Unfall si ereignete, überhaupt nit der Unfallversiherung. (Ver- gleiche die Entscheidung: 837.)--

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Der in Policen von Lebensversicherungsgesell- schaften feßgeseßte Wegfall des Anspruchs auf die Versicherungs- summe bei Selbstentleibung selbst bei erwiesener Un- zurehnung8fähigfkeit widerspriht nah einem Urtheil des Reihs- gerihté, I. Civilsenats, vom 18. Januar 1890, weder den guten Sitten, noch dem Wesen des Versißerungévertrages. Aendert eine Lebens- versiherungsgesellshaft auf Aktien ihre allgemeinen Policebedingungen zu Gunsten der Versicherungsnehmer, so können sich auf diese Aen- derung die vorber unter den alten Bedingungen bei ihr Versicherten niht ohne Weiteres berufen.

Statistik und Volkswirthschaft. Die letzte Volkszählung in Berlin.

chiedenen Stadien der ŒEntwickelung von Husum abgehen.

Bremerhaven, 13. Juni. (W. T. B.) Ein Theil der amerikanischen Schüßen landete Vormittags 10 Uhr bei der Lloydhalle, nachdem dieselben an Bord ‘der „Fulda“ von Deputationen der Bremer, Bremerhavener und Geeste- münder Schützenvereine begrüßt worden waren. Bei der Landung dankte Hr. Schneider aus New-York für den herzlichen Empfang und {loß mit einem Hurrah auf die deutshen Schüßen- brüder. Kurz nach 1 Uhr seßten die Amerikaner die Reise nah Bremen fort.

Meran. (B. B.-C.) Ein hier weilender Kurgast aus Nieder- ländish-Indien, welher dem Herzog Karl Theodor von Bayern die Wiedereclangung seines Augenlichts verdankt, hat vom Hofbildhauer Steiner eine Büste dcs Herzogs modelliren lassen, welhe nunmehr in Wien in Bronze gegossen Und auf den Besitzungen des Bestellers, auf der Insel Java, ihre Aufitellung finden wird.

Mailand, 13. Juni. Die Lage des vor zwei Wochen in der Umgegend von Termini (Sicilien) durch Banditen ge- fangen genommenen Mailänder Banquiers Filippo Arrigo wird immer s{limmer. Die Familie des bek E Banquiers hat den Briganten die Summe von È Million Lire ausbezahlen lassen, troßdem ist bisher von demselben keine Spur vorhanden. Die Polizei hat mehrere Arretirungen vorgenommen, i} aber der eigent- lihen Räuber noch nicht habhaft geworden. Das energische Ein- schreiten der Polizei hat die Briganten erzürnt, dieselben nehmen eine drohende Haltung an und man befürchtet, daß sie den Banquier aus Rathe ermordet haben. Die Polizei seßt die Nachforschungen fort.

Lugano. Wie \{on in Nr. 136 des „R.- u. St.-A.“ erwähnt, fand am 4. Juni in Capolago bei Lagano die feierlihe Eröffnung der Zahnrad bahn auf den Monte Generofo statt, und am 5. wurde die neue Linie dem Verkehr übergeben. Ueber die Eröffnungs- fahrt und üver die Bahn liegen jeßt folgende nähere Mittheilungen vor, Um 11 Uhr seßten sich nach Ankunft und Begrüßung der Gâste drei Züge, bestehend aus je einer Maschine und einem Wagen, auf welchen etwa 150 Personen Plaß genommen hatten, in Bewegung. Die erste Station, San Nicola, wurde nach 20 Mi- nuten Fahrt erreicht und nach einer weiteren Halben Stunde traf man in Bellavista, welches wohl einen der Hauptanziehungs- punkte des ganzen Auétfluges bilden dürfte, ein. Die Aussicht von hier aus erregte das Entzücken aller Anwesenden. Der lehte Abschnitt der Bahn von Bellavista bis zum Gipfel ist no% niht ganz fertiggestellt, feine Eröffnung soll gegen den 20. Juni erfolgen. Die Zahnrad- bahn auf den Monte Generoso nimmt in Capolago ihrèn Ausgangs- punkt bei der Dampfschiffs\tation, überschreitet kurz darauf einen eisernen Viadukt und wendet sich alsdann gegen den Berg, den sie in einer Maximalsteigung von 209/69 erklimmt. Zunächst folgt die Trace dem Thale von Mendrisio, tritt alsdann in einen Tunnel von 146 m Länge, der eine Kurve mit cinem Dur{messer von 80 m be- \chreibt, und erreiht bald darauf San Nicola (2414 m von Capolago und 708 m über dem Meeresspiegel). Dann folgt die Linie ein wenig dem Thale von Cereda, passirt einen zweiten kleineren Tunnel und erreiht nah 21/2 km Bellavista (1222 m über Meeres- \piegel). Die Fortseßung von hier auf den Gipfel bringt eine weitere Steigung von über 400 m. Die ganze Linie hat eine Länge von 8510 m. Der Endpuxnkt derselben befindet sich 1645 m über dem Niveau des Mittelmeeres oder 1368 m über der Anfangs- tation. Die Bahn ist um 58 m länger als die Linie Vißenau-Rigi, Der Bau ist durchgehends in Stahl und in der solidesten Weise ausgeführt ; die Lokomotive if mit zwei Zahnrädern versehen. Die

ahrt vollzieht sch in der ruhigsten und angenehmsten Weise. Die erstellung der Bahn hat 13 Monate in Anspruch genommen. Die aukosten beliefen sich auf 1 600 000 Fr.

(F) Stockholm, 11. Juni. Am Sonnabend, Abends, wurde die Königliche Tehnishe Schule von einem verheerenden Pur r heimgesucht, wobei eine Sammlung von wenigstens 10 000 Ab-

ildungen, viele Modelle, Schulmöbel und anderes Inventar voll- ständig zerstört wurden. Nur mit Anstrengung glückte es der Feuer- wehr, die Sammlungen des Geologischen Bureaus, das Museum der Landbau - Akademie, die Bibliothek des verstorbenen Professors Arrhenius u. f. w., wenn sie auch durch Wasser theilweise {wer beshädigt wurden, zu retten. Leider wurden bei den Löschungsarbeiten der erste und der zweite Chef der Feuerwehr, 2 Unteroffiziere und 7 Brandsoldaten mehr oder weniger {wer verleßt.

(F) Christiania. Nach einer telegraphischen Meldung aus Bodò wurde dort am 7. d. M., Abends, eine von zwei ziemli heftigen Detonationen begleitete Erderschütterung beobachtet. Die Rich- tung der Erdershütterung ging von Südwest nach Nordost.

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einen Stillstand des Betriebes zur Folce haben, gegenüber größeren Be- trieben benactheiligen, welche vielleicht gar mit verschiedenen Motoren arbeiten. Die Herrichtung und das Einseyen cines neuen Windmühlen- flügels an Stelle eines unbrauchbar gewordenen Flügels gehöre au bei fl eineren. Mühlenbetricben noch in die Klasse der bei der Müllerei- Beruf sgenossenschaft mitversicherten, einen Theil des Mühlenbetriebes bildenden Bauarbeiten, fofern sie, wie hier, in eigener Regie aus- geführt w erden. Unter diesen Umständen sei es aub unwesentilich, in welchem Verhältnisse die Leistungen der von der Mühlenbesitzerin für den Bau speziell angenommcnen Arbeiter zu denjenigen des Müller- gesellen und etwaiger anderer noch bei dem Bau thätiger Arbeiter aus dem M ük lenbctriebe gestanden hätten. Auch wenn die ersteren übec- wogen baben sollten, würde die Bauarbeit ihrer Natur nach den Charakter einer laufenden Reparaturarbeit bezichungs8weise ciner zum laufenden Betriebe gehörigen Bauarbeit behalten. Nur für. die Ent- scheidung anders gearteter ¿zweifelhafter Fälle, insbesondere für die Beurtheilung umfangreicher Erweiterungs- und Neubauten in în- dustrie llen Großketrieben habe der Bescheid 764 („Amtliche Nachrichten des R.-V.-A.* 1889 Seite 379) cls einen Umstand, welWer den inneren Zusammenhang mit dem Betrie vorausgeseßt für die Zugeh örigkeit der Bauarbeit zu der industriellen Verufsgenofsens@aft ins Gewicot fallen werde, die Aus\(ließlichkeit oder das Ueberwiegen der Arbeitsleistungen des ständigen Bauarbciterpersonals des Betriebes aufgeführt. (Zu vergleien die Entscheidungen, Nr. 831, 832 und 833 in Nr. 133 des „R.- u, St.-A.“ sowie die Nr. £35.)

(835.) Ein in der Bauverwalturg der Stadt M. beschäftigter Arbeiter war im Januar 1889 bcim Aufeisen cines städtishen Kanals tôdilih verunglückt. In einer Rekursentsheidung vom 12. Mai 1890 bat das Reichs- Versicherung8amt die betreffende Baugewerks-Bcrufs- genossenschaft zur Gemährung der geseßlichen Rente an die Wittwe des Verunglückten verurtheilt. In den Gründen ift zunächst die unfall- bringende Arbeit mit Rücksicht darauf, daß die alljährlih wieder- kehrende Aufeisung des Kanals zur Erhaltung des Wasserlaufs, sowie zur Verhütung dis Uebcrtretens des Wassers und der hierdurch be- dingten Beschädigungen der Ufer und Brücken des Baches notk;wendig gewesen, als eine solchec anerlannt, welche als Bestandtheil des auf den Bau und tie bavlichc Unterbalturg der Kanäle und Wasserläufe ge- ricteten Betriebes der Stadt M. zur Zeit des Unfells jetenfalis nah U und §. 4 Ziffer 1, 3 und 4 des Bauunfallversiherung8yeteßes der

dersicherunrgépfliht vnterlegen habe. (Vergleiche auch dic Bescheide €09, 676, 680 und 713, „Amtlihe Naccrichten des R.-V.-A,“ 1888 Seite 328, 1889 Seite 163, 164 vnd 321.) Die Zuständigkeit der Baugewerks-Berufsgenossenshaft zur Entschädigungsleislung ifi dann, wie folgt, begründet : Es könnc dabingestellt bleiben, ob der Betrieb der Bau- verwaltung der Stadt M. (Hcch- und Tiefbauten) als ein cinheitlicher Be- trieb anzuseh:n sei, und ob in ibm die bereiis nah dem Unfaliversicherungs- geseß ihrec Art na versicherungépflichtig gewesenen Bauarbeiten (wie die Arbeiten an den Gebäuden, etwaige Pflasterungs- und Stcinseyer- arbeiten 2c.) den Hauptbetrieb bilteten, sodaß die daneben in dem Betriebe vorkommenden, erst durch tas Bauunfallversiherungêgeseß versi erungépflihtig gewordenen Arbeiten fo insbefondere au) die Wass erbauarbeiten als Bestandtheil oder Nebenbetrieb jenem Haupl!betriebe hinsihtlid der Versicherung zu folgen hätten. Denn auch wenn die letzteren Arbeiten, wie nah dem Jnhalt der Akten der Baugewerks- Berufsgenossenschaft kaum zu bezweifeln sci, den Haupt- betricb bildeten oder eiwa als ein selbständiger, von den Hochbau- arbeiten getrennter Betrieb anzusehen sein möcbten, und wenn daher aud) die Versicheruncsanstalt der Tiefbau-Berufsgenossenschaft oder diese Genossenscbaft oder eadlih die Kommune M. selbst jür die Ver- sicherung dieser Arbeiten gemäß §. 4 Ziffer 3 und 4 Abfau 1 und F. 5 Absay 3 des Bauunfallversicherungsge!eßes materiell zuständig jein sollten, fo könne na 1getretl Berufsgenossenshaft niht für befugt ecradtet werden, ihrerscits einen hieraus eiwa herzuleitenden Einwand gegen ihre eigene Entschädigungépflicht der Klägerin gegenüber geltend zu machen. Wie die Katasterakten ergeben, sei bei ibr auf Grund der gemäß §. 11 dcs Unfallversiherunasgeseßes aufgestellten Nachweisungen der Betrieb der Stadt M., als dessen Gegenstand „Maurerreparatur an städtischen Sdulcn, Kanälen 2c.“ mit einer Durchschnittszabl von dreißig be- \cäftigtén Arbeitern angegeben sei, seit dem 1. Ottober 1885 katastrirt. Diese Ka!astrirung sei damals auch in ihrem auf Maurerreparaturen beshränkten Umfange materiell zu Unreht vorgencmmen und habe jeden- falls bis zum 1. Januar 1888 zu Unrecht bestanden, weil der städtische Maurercibetrieb nicht gewerbsmäßig stattfindet, und er daher erst dur das Bauunfallversiherungsgeseß der Versicherungépflicht unterworsen worden sei. Indeß würde allein aus dieser Katastrirung, welhe immerhin der Art nach auf bereits nah dem Unfallversicherunggeseß versicherungs- vflihtige, den Baugewerks6-Berufsgenossenshaften überwiesene Arbeiten beschränkt gewesen fei, und deren ursprüngliche Unrichtigkeit dur das inzwischen erfolgte Inkrafttreten des Bauunfallversiherungsgesetzes für die nah dem 1. Januar 1888 liegende Zeit als geheilt angeschen werden könne, eine formale Entschädigungéverpflichtung derBaugewerks-Berufsgenoss en» schaft für sol(e Unfälle nicht zu begründen fein, die si, wie der vorliegende, bei anderen durch den Inkalt der Katastrirung nicht {hon gedeckten

Lage der Sache doch die Baugewerkls- *

h hot M rhotten oreianet hahe aus denen sie h feit Jahren die Löhne habe nahweisen und die«Beiträge babe bezahlen lassen, während sie beides bei pflihtmäßiger Prüfung nicht hätte thun dürfen, (Ver- gleihe Entscheidung 592 vorletßzter Absaß, „Amtliche Nachrichten des R.-V.-A.“ 1888 Seite 314 und dagegen die Entscheidung Nr. 836.)

(836.) Eine Holz - Berufsgenofsenschaft hatte einen Tis{lerei- betrieb, in weldbem die handwerkstnäßig betriebene Möbeltischlerei den Hauptbetrieb bildete, mithin nur Tischlerarbeiten bei Bauten (einschließlich der zur demnächstigen eigenen Verwendung bei Bauten auégeführten Werkstattéarbeiten) versiherungspflichtig waren (vergleiche die Bekanntmachung vem 20. Dezember 1886, „Amtliche Nachcichten des R.-V.-A.“ 1886 Seite 295), auf Grund der gemäß S. 11 des Unfallversiherungsgesetes erstatteten Nachweisung am 1. Januar 1887 dem Tage des geschlichen JInkrafttretens der Versicherungspflicht der Bautishler ohne weitere Einschränkung in ihr Kataster auf- genommen. Der Betriebsunternehmer hatte auch für das Jahr 1887 die sämmtlihen in seinem Betriebe verdienten Löhne der Berufs- genossenshaft nahgewiescn. Diese hat aber, als am 2. März 1888 cin in dem Betriebe bcschäftigter Lehrling bei ciner Möbeltischler- arbeit einen Unfall erlitt, welchen sie zu entschädigen sih nit für verpflichtet erachtete, mit Zustimmung des Unternehmers die Lohn- nahweisung für das Vorjahr vor Feststellung des Umlagebeitrags auf die bei der Bautischlerei verdienten Löhne herabgeseßt und demgemäß den Umlagebeitrag berechnet. Durch mehrfahe Ver- öffentlihungen in dem den Mitgliedern unentgeltlich zugehenden Genofsenschaftsorgan hat sie ferner bereits Ende 1887 und Anfangs 1888 die in dieser Zeit ergangenen Verwaltungs8entscheidungen des Reichs- Versicherungsan.ts bekannt gegeben, in welchen die Anfangs von ihr selbft vertretene Auffassung, daß nah dem Bundeérathsbes{luß vom 27. Mai 1886 (vergleihe „Amtliche Nachrichten des R.-V.-A.“ 1886 Seite 87) alle Tischlereibetriebe in ihrem Gefammtumfange versicherungspflichtig seien, als unzutreffend dargelegt und ausgeführt worden ist, daß lediglich die Bautischlerei als folche, cine daneben nit fabrikmäßig betriebene Möbeltishlerei aber nur dann, wenn sic „Nebenbetrich*“ der erst:ren ist, der Versicterungepflicht unterliegt. Bei dieser Sachlage bat das Reicks-Versicherung8amt mittelst Rekurs- entsheidung vom 28. Oktober 1889 die wegen jenes Unfalls in An- \pruch genommene Berufsgenossenshaft auch nit aus formalen Gründen: (vergleiwe Entscheidung 451 und 592, sowie Bescheid 138, „Amtliche Nawrichien des R.-V.-A.“ 1888 Seite 69 und 314, 1886 Seite 55) zur Entschädigungslei\tung für verpflichtet erahtet. Eine auëdrückliche Katastrirung der Möbeltischlerei liege ni@t vor. Man könne der Genossenschaft, welche freilih nach §. 37 Abî. 2 des Un- fallversicherungsgesetes die einzelnen Genossen in das Kataster uur nah vorgängiger Prüfuna ihrer Zugehörigkeit zur Genossenschaft auf- nehmen dürfe, bei der großen Zahl der Katastereintragungen niht zu- muthen, sofort nah erfolgter Klarstelung der Zweifel über den Um- fang der Versicherungépflihtigkeit der Tischlereibetriebe jede einzelne Cintragung erneut tarauf bin zu prüfen beziehungswiise zu berichtigen. Ferner hâtte der Betriebéunternehmer bei ciniger Aufmerksamkeit nah Lage seirer eigenen Bciricbsverhältnisse and auf Grund der recht- zeitig erfolgten Veröffentlihungen sich davon überzeugen müssen, daß die bei der Möbeltishlerei beschäftigten Arbeiter nit mitversichert waren, und endlich seien auch Löhne aus diesem Betriebszweige von der Genossenschaft zur Umlage nit herangezogen worden. (Vergleide dagegen die Entscheidung 835.)

(837.) In einer nit fabrik mäßig betriekenen, auf die Autführung von Arbeiten bei Bauten si erstreÉkenden Schlosserei unterliegen ebenso, wie in ähnlihen Betrieben (z. B. Klempnerci- und Tischlerei- betrieben), nicht nur die unmittelbar bei Bauten ausgeführten Ar- beiten, sondern auch dicjenigen in der Werkstatt sih vollziehenden rbeiten der Versic)erunespfliht, welhze der Herstellung oder Vor- bereitung der zur demnäcstigen eigenen Anbringung an Gebäuden be- stimmten Gegenstände dienen. Es wurde daher durch Rekurs- entsc;eidung vom 9. Dezember 1889 ein Unfall für entschFdigungs- pflichtig erklärt, welcher sih in einem folhen Schlossereibetriebe beim Reinigen einer Bohrmaschine ereignet hatte, die auch für die Her- stellung 2c. der zur demnächstigen eigenen Anbringung an Gebäuden bestimmten Gegenstände benußt wurde, da dieselbe naturgemäß ehöôrig reingehalten werden mußte, wenn anders ihr ordnungsmäßiger Betrieb gesichert sein sollte. (Zu vergleihen die Entscheidung Nr. 838.)

(838.) Ein bei einem S@losfsermeister beshäftigter Arbeiter hatte bei der in der Schlosserwerkstatt vorgenommenen Erneuerung eines Ofenringes einen Unfall erlitten. Das Schiedsgericht wies den Entschädigungsanspruch deshalb zurück, weil der Ofenring für einen bereits im Gebrauche befindlichen Ofen bestimmt gewesen sei, woraus das Gericht folgerte, daß es sich nicht um eine Bauschlosserarbeit gehandelt habe. Das Reichs - Versiherungsamt is in der Rekurs- entscheidung vom 7. März 1890 dieser Begründung nicht beigetreten. Auch diejenigen Arbeiten, welche in der Werkstatt Behufs Vor- bereitung oder Herstellung von Gegenständen vorgenommen werden, die demnächst in demselben Betriebe an Gebäuven angebracht werden sollen, sind als Bauschlosserarbeiten anzusehen, und zwar gleichviel, ob

Die Ergebnisse der leßten Volkszählung bezüglih der Reichs- Hauptstadt liegen nunmebr in ihrem ersten Theil vor. Sie erschienen soeben unter dem Titel „Die Bevölkerungs- und Wohnungs- Aufnahme vom 1. Dezewber 188in der Stadt Berlin“, im Austrage der \tädtishen Deputation sür Statistik bearbeitet von R. Böckh, Direktor des Statistishen Amts der Stadt Berlin, 1. Heft (Berlin, Kommissions-Verlag von Leonhard Simion, 1890).

Die faktische Bevölkerung bezifferte sich danach an dem Zählungstage auf 1315 287 Bewohner, und zwar entfielen davon 2572 auf die Wasserbevölkerung. Die Wohn bevölkerung hbe- ftand aus 1 307 631 Personen, 629 083 männlichen und 678 548 weib- lichen; dazu kamen ferner 20565 Militär - Personen.

Von den einzelnen Stadttheilen hatten Bewohner: Berlin 23 925, Alt-Köln 13 868, Friedrih8werder 7122, Dorotheen- stadt 16 060, Friedrichstadt 68 212, Friedrihs- und Schöneberger Worstadt 87 324, Friedrihs- und Tempelhofer Vorstadt 117 415, Luisenstadt jenseits des Kanals, westliher Theil 97 655, Luisenstadt j. d. K., östliher Theil 45 451, Luisenstadt diesseits des Kanals 123 943, Neu-Köln 6347, Stralauer Viertel, westliher Theil 101 628, Stralauer Viertel, östliher Theil 66 362, Königs-Viertel 76 011, Spndauer Viertel 72 723, Rosenthaler Vorstadt, südliher Theil 88 777, Rosenthaler Vorstadt, nördliher Theil 50 906, Oranienburger Vorstadt 102 080, Friedrih-Wilhelmstadt 18 690, Thiergacten 5446, Moabit 47 930, Wedding 69 686. Die größte Bewoh nerzahl hatten somit die Stadttheile Luisenstadt diesseits des Kanals, dann die Friedrich- und Tempelhofer Vorstadt, die Oranienburger Vorstadt und der westlihe Theil des Stralauer Viertels, die kleinste die Stadt- theile Thiergarten, Neu-Köln, Friedrihswerder, Alt-Köln und Do- rotheenstadt.

Dem Alter rnach waren von den Bewohnern Berlins: unter 5 Jahre alt 143 315, von 5—10 Jahren 128 232 2c., 7s Jahce und darüber 8892 (6154 weibliwe und 2738 männliche Personen), 70—75 ahre alt 11299 Personen (7492 weiblihe, 3897 männliche).

Unverheirathet waren 773293 Bewohner (387 123 männ- lie und 386 170 weibliche), verheirathet 485500; ver- wittwet 76 971 (63 237 weibliche, 13 734 männliche), geschieden 6055 (3977 weibliche, 2078 männlie).

Fn Berlin geboren waren 557226, au8wärts geboren 758 061 Zewsohner.

Der Staatsangehörtgkeit nah waren von der Bevölkerung der Reichs-Hauptstadt 1264956 Preußen, 36 083 aus anderen deutschen Burndeësstaaten, 14 207 Reichs-Ausländer (35 ohne Angabe). Zu den letzteren stellten als Hauptkontingente: Desterreih 5080 (dazu 714 Ungarn), Rußland 2746, Großbritannien 1010, die Vereinigten Staaten von Nord-Amerika 979 Bewohner.

In Bezug auf die Konfession schieden sich die Bewohner in: Evangelishe 1 142 520, protestantiswe Sektirer (230 Herrnhuter, 1647 JIrvingianer, 654 Baptisten, 330 Andere), Angehörige der englischen Hochkirhe 185, ferner 99 207 Katholiken, 255 Griechis{h- Katholische, 3419 Dissidenten; dann folgen unter der Kategorie „sonstige Christen“: 36 Sektirer (darunter 18 Mormonen), 303 Kon- fessionslose und 1077 als „ungetauft“ bezeichnete Personen. Juden wurden 64 355 gezählt. Endlich wurden von anderen Konfessionen aufgeführt: 16 Muhamedaner, 61 Buddhisten und anderen Religionen (29) Angebörige, 3 Heiden, 299 mit der Bezeichnung „Religion unbestimmt“ (darunter 1 „Monotheist“, 2 „Pantheisten“, 16 „Atheisten“, 1_„Naturalist“, 1 „Spiritist*, 1 _„Nibilist*, 1 „Frcidenker“). In 670 Fällen fehlte die Angake der Konfession ganz.

Nach den mitaufaecnommenen Angaben über den Beruf waren von der Bevölkerung Berlins am 1. Dezember 1885 in Gewerben thätig insgesammt 380 361 Bewohner mit 416 167 Angehörigen. Davon waren männliche selbstthätige: mit Gehülfen 28 445, ohne Gehülfen 56 046, Abhängige 206 665; weibliche selbstthätige: mit Gehülfen 1533, ohne Gehülfen 46 250, Abhbängige 41 422; im Ganzen selbstthätige: mit Gehülfen 29978, ohne Gehülfen 102 296, Abhângige 248 087,

_ Von den einzelnen Gewerbszweigen zeigen die höchsten Ziffern die Berufsgruppen: Handelsgewerbe, nämlich 74 025 Personen (mit 83 253 Angehörigen), Bekleidung und Reinigung 101 521 Per- sonen (mit 68 933 Angehörigen), Industrie der Holz- und Schnißstoffe 32 637 Personen (mit 46 533 Angehörigen) und Metallverarbeitung 32 627 Personen [mit 43 753 Angehörigen).

Die größten Zahlen an Abhängigen entfielen auf nahstehende gewerblihe Berufsgruppen: „Bekleidung und Reinigung“ 48 475 (davon 28 323 weiblihe), „Handel8gewerbe“ 39737 (davon 34 154 S „Metallverarbeitung“ 28 702 (28 280 männliche), „Industrie der Holz- und Schnißzitoffe“ 26 616 (26 204 männliche),

„Baugewerbe“ 24 424 (24 420 männliche); dann folgen in absteigender

Reihe „Nahrungs- und Genußmittel“, „Papier und Leder“, „Ma- \chinen und Instrumente“, „Verkehrsgewerbe“, „Druckereien“, „Textil- Industrie“. A :

In persönlichen Dienstleistungen thätig waren: eigent- liche Dienstboten beider Geshlechter 73 366 (mit 3964 Angehörigen), in sonsligen Stellungen der Art 14 113 (mit 13 618 Angehörigen).