1890 / 143 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 16 Jun 1890 18:00:01 GMT) scan diff

is E, Et P E E a S m

_Audienz.

dann noch dem Geheimen Kommerzien-Rath Krupp und dem General der Kavallerie und General-Adjutanten von Rauh

Am Sonntag Mittag empfingen Se. Majestät den dies- seitigen Botschafter in St. Petersburg General von Schweiniß. Heute früh begaben Se. Majestät Sih nach dem Schieß- plaze bei Kummersdorf, um den Schießübungen beizuwohnen.

Ueber die gestern, am Todestage Sr. Majestät des hochseligen Kaisers Friedrich, in Potsdam abgehaltene Gedächtnißfeier berihtet „W. T. B.“: i

Jhre Majestät die Kaiserin Or traf mit Jhren Königlichen Hoheiten den Prinzessinnen Victoria und Maraarethe, der Erbprinzessin von Sachsen-Meiningen und der Prinzessin Feodora gestern Vormittag 9 Uhr in Pots- dam ein. Die hohen Herrschaften begaben sih nach der Friedens- kirche und legten daselbst an dem Sarge weiland Sr. Majestät des Kaisers N einen Kranz nieder. Um 12 Uhr fand in der Kirche zu Bornstedt für die Allerhöhsten und Höchsten Herrschaften ein Gedächtniß-Gottesdienst statt. Die Predigt hielt Prediger Persius, die Gesänge wurden von dem Chor der Zwölf Apostel-Kirhe in Berlin vorgetragen. Um 123/, Uhr begaben sih die E und Höchsten Herrschaften nach der riedenskirhe und besichtigten das Mausoleum und die Grabkapelle. Zu Füßen des Sarges des verewigten Kaisers Friedrih legte Se. Majestät der Kaiser einen Lorbeerkranz mit weißer Schleife nieder, auf welcher der Allerhöste Namenszug mit der Krone angebraht war. Auch von den übrigen Mitgliedern der Kaiserlihen Familie wurden prachtvolle Kränze nieder- gelegt, ebenso von anderen Fürstlichkeiten und den ehemaligen Leibregimentern. Von 21/2 bis 6 Uhr war die Grabktapelle t s Publikum, welches in großer Zahl erschienen war, geöfsnet.

Heute tagten die vereinigten Ausschüsse des Bundes- raths für das Landheer und die Festungen, für Zoll: und Steuerwesen und für Rehnungswesen und die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen.

Der Vize-Admiral und kommandirende Admiral Freiherr

von der Golß hat si auf Dienstreisen begeben ; desgleihen f

der Inspecteur der 1. Fuß-Artillerie-ZFnspektion, General- Lieutenant von Teihman und Logischen.

S, M. Kreuzer-Korvette „Sophie“, Kommandant Kor- vetten-Kapitän Herbing, ist am 14. Juni in Singapore ein- getroffen. Der Dampfer „Adler“ des Norddeutschen Lloyd mit den Ablösungen für S. M. Kreuzer-Korvette „Carola“ und S. M. Kreuzer „Schwalbe“ an Bord Ca ee Kapitän-Lieutenant Brinkmann) ist am

3. Juni in Port Said angekommen und hat am 14. Juni die Reise nah Sansibar fortgeseßt.

Jn der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs- und Staats-Anzeigers“ wird eine Nachweisung der Einnahme an Wecselstempelsteuer im Deutschen Reich für die Zeit vom 1. April 1890 bis zum Schluß des Monats Mai 1890 und ein Privilegium wegen Aus- fertigung auf den Jnhaber lautender Stadt- Anleihescheine der Stadt Münden im Betrage von 500 000 4 veröffentlicht.

Bayern.

Münghen, 14. Juni. (Allg. Ztg.) Heute wurde zum Gedächtniß des vor vier Jahren aus dem Leben geschiedenen Königs Ludwig II1. in der St. Michaels-Hofkirche ein Traueramt abgehalten. Dem vom Stiftspropst von Tür celebrirten Traueramte wohnten in der Hofloge an: Se. Königliche Hoheit der Prinz-Regent, dann die Prinzen Arnulph, Ludwig Ferdinand mit Gemahlinnen, die Prin- zessinnen Gisela und Elvira, die Herzöge Karl Theodor und Ludwig, die obersten Hofchargen, die Minister (außer Freiherrn von Riedel), Staats- und Reichsräthe, die Generalität, das Offizier-Corps, eine Deputation des Magistrats und der Gemeinde - Kollegien u. st. w. Im Presbyterium waren an- wesend: der Erzbishof von Thoma mit den Domkapitu- laren, die Vertreter der Pfarrgeistlichkeit; die Hofgeistlichkeit asfistirte bei dem Traueramt. An den beiden Seiten des Katafalks standen als Ehrenwachen Hartschiere; eine Abtheilung des 1. Jnfanterie-Regiments hatte im Schiff der Kirche Auf- stellung genommen. Ein zahlreiches Publikum wohnte ebenfalls in Andacht dem Traueramt an.

Dem Bayerischen Gewerbe-Museum in Nürn; berg ist, wie die „Allg. Ztg.“ hört, durch das König- lich bayerishe Staats - Ministerium des Jnnern eröffnet worden, daß seine Abänderungsvorschläge zu dem Ent- wurf der Patentgeseß - Novelle dem Reichsamt des Jnnern zur OIGuns übermittelt wurden. Diese Vorschläge betreffen wihtige Abänderungen des Patentgeseßes zu Gunsten der Kleingewerbetreibenden und streben eine für den Gewerbestand bedeutsame Erweiterung des Musterschußgeseßes auf kleine praktishe Neuerungen an, die unter dem Namen Gebrauchsmuster zusammengefaßt werden.

15. Juni. (W. T. B.) Das Befinden des Freiherrn von Luß war während der a Nacht sehr befriedigend.

Der Statthalter in Elsaß-Lothringen Fürst von Hohen- [ohe ist hier eingetroffen.

Die bayerische Staatsbahn wird am 1. August einen neuen Gütertarif zur Gleichstellung mit dem Tarif der preußischen Staatsbahnen einführen. Zu demselben Termin steht auch die Einführung eines neuen Gütertarifs für den Lokälverkehr bevor.

Württemberg.

Stuttgart, 13. Juni. (St.-A. f. W.) Der neu- ernannte Königlich großbritannishe Minister-Resident Drum- mond und der Legations - Sekretär Lord Vaux mit Gemahlinnen, sowie der Präsident des Staats-Ministeriums, Staats-Minister der auswärtigen Angelegenheiten Dr. Freiherr von Mittnacht hatten heute die Ehre, zur Königlichen Tafel eingeladen zu werden.

16. Juni. (W. T. B.) Der „Staats-Anzeiger“ meldet, daß der General-Jntendant von Werther wegen leidender Gesundheit auf sein Ansuchen in den Ruhestand

Baden. : Karlsruhe, 15. Juni. (W. T. B.) (Karlsr. Zig.) Se. Königliche Hoheit Großherzog hat den ber- Amtmann Rasing in Offenburg unter Verleihung des Titels als Geheimer Regierungs-Rath zum Vorsißenden des BVor- standes der badischen Versicherungsanstalt für ZJnvaliditäts- und Altersversicherung ernannt. ;

Dem Vernehmen nah wird der Landtag voraus sihtlih am Montag zur vollständigen Erledigung seiner Geschäfte ge- langen und danach der Schluß am Dienstag, d. 17., Vor- ae im Auftrage des Großherzogs durch den Staats-

Minister erfolgen.

(Str. 22 Nah einem Beschlusse des Staats- Ministeriums wurde die Vorlage, betreffend einige Aende- rungen der Liegenschaftsaccise und die Pn eines neuen Grundsaßes für die Verpflichtung zur ntrihtung der Erbschaftsaccise, zurückgezogen; der Entwurf kommt

also in der Ersten Kammer nicht mehr zur Verhandlung. Reuß ä. L.

(+) Greiz, 14. Juni. Heute Morgen ist Se. Dur-

laucht der regierende Fürst nach Sa zu kurzem

Besuch seiner zur Badekur dortselbst weilenden hohen

Gemahlin abgereist,

Hamburg.

Hamburg, 14. Juni. Für die Herstellung eines ferneren Hafeneinschnittes auf der Veddel beantragt der Senat bei der Bürgerschaft eine Bewilligung von 4155 000 A Ferner s{lägt der Senat für bauliche Ver- besserungen des Stadt-Theaters 300 000- und eine jährliche Untexnloung desselben in der Höhe von 57 000 é vor.

Wie die „Börsenhalle“ meldet, bildete fich unter dem Namen „Arbeitgeber-Verband für Hamburg und Altona“ eine Vereinigung von Arbeitgebern, welcher fi die hauptsächlihsten Verbände aus Jndustrie und Gewerbe an- \{hlossen. Dieser Verband richtet sich gegen die Ueber- griffe und Ausschreitungen der Sozialdemokratie und ist zum Schutze der besonnenen Elemente unter den Arbeitern bestimmt. Der gesammelte Garantiefonds erreichte in kurzer Zeit 11/4 Millionen Mark.

Elsaß - Lothringen.

,_ Straßburg, 14. Juni. (Strßb. P.) Der Kaiser- lihe Statthalter hat sih heute zu mehrtägigem Aufenthalt mah Berlin begeben, wuhrend feine Semagtin,;— die Frau Fürstin, sich nah München begiebt. , (Str. C.) Am 10. d. M. ist der General-Direktor der Zölle und indirekten Steuern in Elsaß-Lothringen a. D. Karl August Fabricius in Darmstadt, wohin er nah seinem Eintritt in den Ruhestand übersiedelte, im 66. Lebensjahre gestorben. Derselbe wurde Ende des Jahres 1870 aus der hessishen Staats-Flnanz- Verwaltung als vortragender Rath in das preußische Finanz- Ministerium und zu Anfang des Jahres 1872 als Direktor der Zölle und indirekten Steuern nah Elsaß-Lothringen be- rufen, in welcher Stellung er späterhin den Amktzstitel „General-Direktor“ erhielt. Jn diese Zeit seiner Thätig- feit fiel seine Verwendung als Vorsigender der Tabad- Enquête - Kommission und als ständiger Kommissar der Landesverwaltung von Elsaß-Lothringen beim Bundesrath. Fabricius hat in seinen verschiedenen Amtsstellungen und Ver- wendungen stets vorzügliche Dienste geleistet; er war ein Beamter von hervorragender Befähigung und einer außer- ordentlihen, in seinen gesunden Tagen unermüdlichen Arbeitskraft. Jn Elsaß-Lothringen hat er sich um die Einrichtung der Verwaltung der Zölle und indirekten Steuern besondere Verdienste erworben. Seiner Einsicht, Geschäfts- fenntniß und Gewandtheit ist es zu verdanken, daß die viel- fachen Schwierigkeiten, welche sich der deutshen Verwaltung gerade auf diesem Gebiet entgegenstellten, überwunden werden fonnten, ohne daß vorhandene Gewohnheiten und entgegen- stehende Jnteressen empfindlih berührt wurden. Die Beseiti- gung der komplizirten und lästigen Besteuerung des Weins und des Branntweins nah den französishen Geseßen, welche den deutshen Anschauungen und den deutschen Lebens- und Verkehrsverhältnissen in keiner Weise entsprach, ist sein Werk, ebenso der Ersay durch die gegenwärtige so einfahe und erehte Art der Besteuerung des Weins und durch den An- luß an die norddeutshe Branntweinsteuergemeinschaft.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 14. Juni. Das „Vaterland“ veröffentlicht einen Hirtenbrief des gemeinsamen Episkopats über die Shul- r age: Die Bischöfe vertheidigen die von ihnen seinerzeit ab-

egebene Erklärung im Herrenhause und beanspruchen die atholishe Schule auf Grund des elterlichen Rechts sowie des Staatsgrundgeseßes, welches die Gewissensfreiheit gewährleiste.

Pest, 15. Juni. (W. T. B.) Der Budgetaus\{chuß der österreihishen Delegation hat gestern das Extra- ordinarium des R LLULREN unverändert angenommen.

m Laufe der Berathung erklärte der Kriegs-Minister

reiherr von Bauer: die von einzelnen Journalen ver- Behauptung, er hätte gestern im Ausschusse gesagt, daß die Erhöhung der Präsenzstärke eine ein- malige Auslage von 100—120 Millionen Gulden ver- ursahen werde, sei volllommen unwahr und widersinnig. Es wurde hierauf aus dem Protokoll des Ausschusses kon- ftatirt, daß der Kriegs-Minister diese Aeußerung nicht gethan habe. Der Budgetaus\{huß beshloß deshalb in diesem Sinne seinem heutigen Protokoll eine Berichtigung einzuverleiben und zu veröffentlichen. Bei der Berathung über den Okku- pationskredit erklärte der Minister Kallay, daß, tro der seit ungefähr 8 bis 10 Monaten stattfindenden äußerst heftigen Agitation in auswärtigen Blättzrn, namentlich gegen die Thatsache, daß Oesterreih-Ungarn in Bos nien und der Herze- gowina steht wobei phantastische Uebertreibungen vorkämen die Lage in der Herzegowina und in- Bosnien nit nur voll- fommen normal geblieben sei, sondern daß sich auch keine Spur von Alteration zeige. Jm weiteren Verlaufe seiner Rede theilte der Minister mit, daß die in Bosnien und der Series stehenden Truppen Ende des Jahres 1891

Compagnien in 10 Bataillonen umfassen würden. Die Nachricht, daß die bosnish-herzegowinishen Truppen nah der Monarchie in Garnijon gelegt werden sollen, sei unrichtig; die Regierung beabsichtige, nur 1 bis 2 Bataillone zur weiteren Ausbildung 12 bis 14 Tage zu den Manövern in der Monarchie hinzuzuziehen und sie jodann in die Heimath zurüczusenden. Der Okkupationskredit wurde hierauf ge-

reitete

®

Bei Besprehung der beschlossenen Theilnahme der Budapester Shüßen an dem Berliner Schüßenfeste konstatiren mehrere Blätter ohne Unterschied der Partei die ALVOFLOM MENYERT, welcher die Jdee eines Ausfluges nah

erlin bei den hervorragendsten Berliner Perfön- lihkeiten begegnet sei, wodurch gewisse publizistische Ausfälle vollständig paralysirt seien. Der Präsident des Berliner Ungarnvereins ist hier eingetroffen und versichert, die Berliner Bevölkerung bedauere das Unterbleiben des Besuches; die ungarishen Schüßen würden die Symua: ie der Deutschen sür die ungarische Nation in vo m Maße kennen

lernen. Frankreich.

Paris, 16. Juni. (W. T. B.) Nach den Meldungen mehrerer Blätter wird der russishe Botschafter Baron von Mohren- heim dem Präsidenten Carnot demnächst die Jnsignien des St. Andreas-Ordens in Brillanten überreichen.

Wie der „Temps“ meldet, wird heute unter dem Vorsiß des Handels-Ministers der höhere Handels- rath seine Berathungen über die Erneuerung des Wirthshaftsregimes im Hinblick auf das Erlöschen der Handelsverträge beginnen. 104 Handelskammern, 50 Konjsultativkammern und 300 gewerblihe und fkauf- männishe Genossenshasten beantwoiteten bis gestern die hierauf bezügliche D des Handele-Ministers. Hiervon sprachen fich 96 Handelskammern und 45 Konsultativ- fammern für die Kündigung der bestehenden Verträge aus. Die Mehrzahl der Kammern sind jedoch der Ansicht, daß die Regierung die volle Aktionsfreiheit bewahren müsse. Die überwiegende Mehrheit der Genossenschaften ist für Kündigung der gegenwärtigen und gegen Ab- \{ließung neuer Verträge. : ;

Wie es heißt, dürste der internationale Tel e- graphenkongreß ers Donnerstag oder Freitag seine Be- rathungen beenden. : :

Den Abendblättern zufolge hätte die Regierung be- sch{lossen, die brasilianishe Republik anzuerkennen, nachdem diese sowohl der \chiedsgerihtlihen Entscheidung über die streitigen Gebietstheile zwishen Französish-Guyana und Brasilien als auch der Aufhebung des Ausgangszolles auf Kautschuk sowie der Regelung der Fremdenfrage zugestimmt habe. Präsident Carnot würde deshalb demnähst auh den brasilianishen Gesandten Ftajuba in offizieller Audienz empfangen.

am Sonnabend die Regierung wegen des Ausstandes der Gas8arbeiter in Lyon und warf der Behörde vor, daß sie in dem Ausstande Partei ergriffen habe, indem sie die strikenden Arbeiter durch Soldaten ersezte. Der Minister Constans erwiderte: man habe doch Vorsorge für die Beleuchtung treffen müssen und der Präfekt habe dazu Soldaten verwandt. Jm Uebrigen empfahl der Minister die früheren Arbeiter dem Wohlwollen der Gasgesellshaft. Hierauf wurde die einfahe Tagesordnung mit 404 gegen 43 Stimmen angenommen.

Rußland und Polen.

St. Petersburg, 16. Juni. (W. T. B.) Gestern fand hier im Saale der Adelsversammlung in Gegenwart des Kaisers, der Kaiserin, sowie der übrigen Mitglieder des Kaiserlichen Hauses die feierlihe Eröffnung des vierten internationalen Gefängniß-Kongresses statt. Der Ehren-Präsident Prinz Alexander von Oldenburg hielt die Eröffnungtansprahe, worauf der erste französische Delegirte unter Dankesworten ein Hoh auf den Kaiser ausbrachte, in welches die Versammlung lebhaft einstimmte. Sodann er- folgte Seitens der Kaiserlichen Familie eine Befichtigung der Gefängniß-Jndustrie-Ausstellung. Von auswärtigen Delegirten waren außer den Berliner Delegirten gestern bereits an- wesend: Herbette (Frankreich), Prince (Belgien), Beltrani- Scaglia und Bernabo di Sillorata (Jtalien), Fering (Ham- burg), Jagemann (Baden), Fezen (Württemberg), Leitmaier (Oesterreih) und Groß (Dänemark). :

Ftalien.

Rom, 15. Juni. p T. B.) Der König hat heute die marofkkanishe Gesandtschaft empfangen.

Bei der Berathung des Kriegsbudgets in der gestrigen Sißzung der Deputirtenkammer griff der Deputirte Ar co den Minister-Präsidenten Crispi heftig an, der troß zweimaliger Aenderung der auswärtigen Politik und fünf- maliger Aenderung des Finanzprogramms auf dem Posten verblieben sei. Man sei durch das Verschulden der Kammer dahin gelangt, eine neue, durch die Verfassung niht vor- gesehene Einrichtung zu schaffen, die darauf hinauslaufe, viele Gewalten in der Hand des ersten, En Ministers zu vereinigen und fo eine Art von „Kanzler- tatthalter] chaft“ zu freiren.

Das „Giornale militare ufficiale“ veröffentlicht die Ver- sezung des Generals Orera als Brigade- Kommandanten nah Parma. An seiner Stelle wurde General Gandolfi zum L und Militärgouverneur der Erythräischen Kolonie ernannt.

16. Juni. (W. T. B.) Gestern Abend 11 e ist der Kronprinz hier eingetroffen und auf dem Bahnhofe von dem König empfangen worden; auch die Minister, die Hof- würdenträger, die Spißen der Behörden und der marokkanishe Gesandte waren zur Begrüßung erschienen. :

Belgien. ;

Brüssel, 15. Juni. (W. T. B.) Die Einweihung des zum Andenken an den Herzog Friedrich Wilhelm von Braunshweig auf dem Schlachtfelde von Quatrebras errihteten Denkmals fand heute Nahmittag in Gegenwart des deutschen Gesandten und des Militär- Attachés bei der deutshen Gesandtschaft in Brüssel, einer Deputation aus Braunschweig, bestehend aus dem General Wachholz, dem Gesandten in Berlin Freiherrn von Cramm-Burgdorf und einer Anzahl braunschweigischer Offiziere und höherer Persönlichkeiten statt. Außerdem waren zugegen Vertreter des Königs, des belgischen Kriegs- Zuschauermenge. Die Stätte des Denkmals war mit braun- In längerer Rede stellte General Wachholz die heldenhaste und glorreiche Laufbahn des erzogs dar, der bereits 1809 durch Wort und That die deutsche Nation zur Erhebung gegen die Fremdherrschaft begeisterte und bis zu seinem Tode an dieser Stätte für die deutshe Sache gefohten habe. Die Nede wurde mit slürmishen Hurrahs aufgenommen. Freiherr

verseßt worden ist.

nehmigt.

von Cramm-Burgdorf legte im Auftrage Sr. König:

a der Deputirtenkammer interpellicte-Couturier M träger begab sih gestern nah Sinaia und übzrreihte da-

Ministeriums, die Behörden des Ortes, sowie eine zahlreiche

\hweigishen und deutschen Faynen und Guirlanden geziert. -

lichen Hoheit des Prinz-Regenten von Braun i den ersten Kranz auf das Denkmal. Hierauf folgten Le e wesenden Offiziere. Nach der Feier wurde an dem Sterbe- hause des Herzogs eine bronzene Gedenfktafel angebracht. Die diesjährigen Herbstmanöver sollen zwischen Antwerpen und Ypern vom 30. August bis 9. September stattfinden und zwar wird die 1. Divifion im Lager von Beverloo, die 2. Division bei Antwerpen zusammengezogen werden. Am 1. September geht die 1. Division per Eisen- bahn nach Ypern ‘ab und marschiren beide Divisionen gegen- einander, sodaß voraussihtlih der erste Zusammenstoß in der Gegend von Thielt stattfindet. Am T7. September werden die Divisionen zu einem Armee-Corps vereinigt, welches unter Voraussendung einer Kavallerie-Division auf Antwerpen marschirt, um das am linken Schelde-Ufer befestigte Lager an- zugreifen. Die 4. Jnfanterie-Brigade, dur zwei Batterien verstärkt, suht den Marsch des Armee-Corps an der Durme aufzuhalten. Die 1. Division wird zusammengeseßt aus dem 1. Karabinier-Bataillon, dem 1., 2., 3. und 4. Linien- Regiment, der 3. Kavallerie-Brigade (1. und 2. Chasseur- Regiment), einer reitenden und vier anderen Batterien, einer SEUN Bom Page, einer Telegraphen - Sektion 2c., die Á o L on aus dem 2. Karabinier-Bataillon, dem 5., 6. 2 u , 14. Linien-Regiment, der 4. Kavallerie-Brigade (3. und & anciers - Regiment) nebst einer reitenden und vier anderen : Urn, einer Genie-Compagnie 2c. Während der Uebungen im rae orps werden demselben vier Batterien als Corps- Artillerie zugethoilt. Den Feind bildet die 4. Jnfanterie- Brigade nebît zwei Batterien. Zur Verwendung gelangt sowohl für Jnfanterie als Artillerie ein von dem Direktor der (PNeTTa ui zu Wetteren erfundenes rauchs{chwaches A2 ver. Die Manöver werden vom General-Lieutenant aron Jolly geleitet, und verspricht sich die „Belgique mili- taire“ großen Nugen von denselben für die Armee.

Si g: Rumänien.

utarest, 15. Juni. (W. T. B. n

Eo n posit t der Opposition N a O e t Session des Parlaments bis zum 21. Juni ver- D C Len, Die Regierung hat in der Depulirten- E Kreditvorlage, betreffend die Organisirung es Güterverkehrs auf der Donau, namentlih für

Salz, eingebracht. Der griehisheGeschäfts-

16. Juni. (W. T. B.)

o (Thronfolger das diesem von dem Könige von Griehenland i Et er Didens, ch verliehene Großkreuz des

Parlamentarische Nachrichten.

n der heutigen (18.) Sizung des Reichstages, welcher am Lish des Bundesraths die Staats sekretäre Fr beee Marschall von Bieberstein und von Oehlschläger sowie andere Bevollmächtigte zum Bundesrath nebs Kommissarien bei- wohnten, theilte der den Vorsiß führende 1. Vize-Präsident Graf von Ballestrem den Eingang der Uebersicht über die Ergebnisse des Heeresérgänzungsgeschäftes für 1889/90 mit.

__ Zum Schriftführer wurde darauf an Stelle des aus diesem Amte geschiedenen Abg. Holzmann, auf Vorschlag des k e Windthorst durch Afkflamation der Abg. Dr. Bür klin

In dritter Berathung wurde sodann der am 31. Mai d p Bern unterzeihnete Niederlassungsvertrag Ae

em Reih und der Schweizerischen Eidgenossen- \chaft auf Grund der in zweiter Berathung unverändert angenommenen Vorlage ohne Debatte definitiv an - V Vis folgte die F

s folgte die Fortseßung der 2. Berathung des G eset- entwurfs, betreffend die Gewerbegerihte. Der E mit dem von dem Abg. Harmening beantragten Zusagt :

Die Genehmigung des Ortsstatuts darf nur versagt werden, wenn dessen Bestimmungen mit den Geseßen in Widerspruch stehen,“

wurde angenommen.

F. 2 lautet nah dem. Vorschlage der Kommission :

Als Arbeiter im Sinne dieses Geseßes gelten diejenigen Ge- fellen, Gehülfen, Fabrikarbeiter und Lehrlinge, auf welche der siebente Titel der Gewerbeordnung Anwendung findet.

( Ingleichen gelten als Arbeiter im Sinne dieses Gesetzes Be- triebsbeamte, Werkmeister und mit höheren technischen Dienst- [eistungen betraute Angestellte, deren Jahreëarbeitsverdienst an Lohn oder Gehalt zweitausend Mark nicht übersteigt.

Dazu beantragte Abg. Auer:

Dem §. 2 Absaß 1 S abe Fassung zu geben :

Als Arbeiter im Sinne dieses Geseßes gilt das gesammte ge- werbliche und kaufmännishe Hülfspersonal eins{ließlich der Lehrlinge.

Abg. Heine begründete den Antrag Auer.

Abg. Ackermann wandte gegen diesen Antrag ein, daß es nit thunlih sei, kaufmännische Streitigkeiten durch Ge- werbetreibende und umgekehrt entscheiden zu lassen; es müßte dann au unter den Beisißern ein Arbeitgeber und ein Ge- hülfe aus dem Kaufmannsstande sih befinden und das Gericht würde dadurch zu zahlreih werden; endlich besiße der Han- delsstand in den Kammern für Handelssachen bei den Land- gerihten bereits Sondergerichte.

Abg. Porsch verzichtete nach diesen Ausführungen auf das Wort.

8. 2 wurde unverändert angenommen. (Schluß des Blattes.)

(Der Schlußbericht über die rgeitige Sigzung des Reichs- tages befindet fih in der Ersten Beilage.)

__— Dem Reichstage ist eine neue Sammlung von Akten- stücken, betreffend Samoa, vorgelegt worden. Sie ent- hält die diplomatischen Verhandlungen zwischen Deutschland, Großbritannien und den Vereinigten Staaten von Nord- Amerika über die Wiederherstellung' sriedliher Zustände in Samoa. Jn den ersten Aktenstücken regt die deutsche Regierung die Wiederaufnahme der im Fahre 1887 in Washington gepflogenen und damals wvertagten - Be- rathungen an und ladet zu einer Konferenz in Berlin ein. Das 8. Aktenslück vom 14. Juni 1889 enthält die General-Akfte der Samoa-Konferenz im englishen Text und in deutscher Uebersezung, welche bereits in Nr. 21 des „Reichs- und Staats-Anzeigers“ vom 22. Januar 1890 publi- f worden ist. Die folgenden Aktenstücke sind der Durch- ührung des Uebereinkommens gewidmet. Nr. 9 leitet die Wiedereinsezung des Häuptlings Malietoa als König in die

ege. Die von den Konsuln der drei Mächte in dieser Be-

„Nachdem wir davon in Kenntniß gesetzt sind, daß Malietoa Laupepa in Gemäßheit der in unserer E a, ps 4 M. enthaltenen Einladung von feiner Partei von Neuem als König von Samoa eingesezt is und nachdem wir dur Shreiben der gegen- wärtig in Lufilufi versammelten Häuptlinge vom 1. v. M. sowie dur ein Schreiben des Oberhäuptlings Tamasese vom 12. v. M. erfahren haben, daß auch die Leßtgenannten gewillt sind, Malietoa Laupepa als König von Samoa anzuerkennen, machen wir, die unterzeihneten Vertreter von Deutschland, Großbritanien und den Vereinigten Staaten von Amerika, kraft der uns zu diesem Be- hufe von unferen Regierungen ertheilten Weisungen hierdurch bekannt, daß die Regierungen von Deutshland, Großbritannien und den Vereinigten Staaten Malietoa Laupepa als A: A S 6B anfrl ennen. d

zugleih spreben wir den erasten Wunsch aus, daß die beiden Parteien, welhe sih bis jeßt feindlich gegenüber 6 pn Pee R O S aris E und keide nach ihren

räften die friedlihe Leitung der famoanis Î dem König Malietoa ünterftühen*. 1G Meme ons, B

Weitere Proklamationen ordnen auf Grund der General- afte das Verbot, Spirituosen, Wein und Bier oder berauschende Getränke zu verkaufen, unentgeltlich auszuschenfen oder anzu- bieten, sowie das Verbot an, Waffen und Munition nah den Samoa-Jnseln einzuführen bezw. an Eingeborene zu ver- kaufen. Am 19. April 1890 hat Malietoa den Beitritt Samoa's zu der Berliner Generalakte ausgesprochen und bescheinigt, nachdem am 16. und 17. April auch die Häuptlinge des Landes ihre Zustimmung zu dem Vertrage erklärt hatten. Der deutsche General-Konsul Stübel äußert n einem Bericht vom 22. April 1890 resumirend folgender-

„Die Angelegenheit ift \amoaniscerseits verständi ürdi erledigt worden. Das Geschehene wird die innere Rabe ini Linie befestigen und sichert den mit Einführung der neuen Regierungs- Ra nie betrauten Organen das bereite Entgegenkommen des

_— Die Arbeiterschuykommission des Reichstages erledigte am Sonnabend, wie wir der „Nat.-Ztg.“ C zunächst den Abschnitt vom Lehrlingswesen. Zur Debatte stand ein Antrag der Sozialdemokraten, welcher aussprechen wollte, daß der Lehrling zu häuslichen Dienstleistungen, sowie L Arbeiten, die mit dem Beruf nicht in direkter Bezichung tehen, nit verpflichtet sein, und daß die täglihe Arbeitszeit deéselben 10 Stunden, ausscließlich der Pausen, niht über- schreiten solle. Jn der Diskussion wurde von verschiedenen Seiten zugegeben, daß in großen Städten im Lehrlingswesen Uebel- mungen begegnen würden; ebenso sehr aber wurde hervor- gehoben, daß in kleineren Städten und auf dem Atitieit Lande dieselben schlechterdings nicht durchzuführen seien. Der An- trag wurde gegen die Stimmen der Sozialdemokraten abge- lehnt. Die einzige Aenderung, welche die Regierungsvorlage an dem in Rede stehenden Abschnitte dec Gewerbeordnung vornimmt, ist die, daß schriftliche Lehrverträge stempelfrei sein sollen. Sie wurde einstimmig angenommen. Man ging als- dann zu 8. 135 über, dessen erster Absay lautet: „Kinder unter dreizehn Jahren dürfen in Fabriken nicht beschäftigt werden. Kinder über dreizehn Jahren dürfen in Fabriken nur beschästigt werden, wenn fie niht mehr zum Besuche der Volksschule ver- pflichtet sind.“ Abg. Hirsch beantragte, in diesem Sagte statt 13 Jahren 14 Jahre zu seßen. Jn der mebrstündigen Debatte wurde klargestellt, daß prinzipiell die Ausschließung der Kinder unter 14 Fahre aus den Fabriken beabsichtigt ist, und daß nur da, wo die Schulpflicht vor diesem Termine beendet ist, au die Zulassung zwischen 13 und 14 Jahren gestattet sein soll. Fn der Abstimmung wurde der Antrag Hirsh mit 11 gegen e Stimmen abgelehnt, die Regierungsvorlage ange- en.

Von dem Abg. Thomsen is folgende Fnter- pellation im Reichstage eingebracht worden : 2

An den Herrn Reichskanzler erlaube ih mir die folgende Anfrage zu stellen: Sind die Hindernisse, welche der Viehausfuhr nah England entgegenstehen, Gegenstand der Verhandlung zwischen den beiderseitigen Regierungen und darf auf einen Erfolg dieser Verhandlungen ge- rechnet werden ?

Handel und Gewerbe.

«Fn der Presse ist wiederholt darauf aufmerksam gem worden, daß die in Paris 8 rue du Lal gema bestehende „Erfinder-Akademie“, welche unter dem Namen Académie Parisienne des Inventeurs in gedruckten Offerten zum Beitritt einladet und den Beitretenden gegen Zah- lung entsprehender Gebühren Diplom und Medaille ver- leiht, keinerlei amtlihen Charakter besißt, so daß deren Diplome und Medaillen völlig werthlos sind. Da das Jnstitut, wie wir neuerdings erfahren, fortfährt, in weiten Kreisen Deutschlands Mitglieder zu erwerben, so wollen wir Ln der gs L Rd Gewerbetreibender j n Neuem auf den durchaus privaten: C

dieser Erfinder-Akademie hinweisen. y E

ist für

Durch ein russishes Gesetz das aus dem russischen Reih und dem Kaukasus zu exportirende Pal men- und Nußholz sowie für den Auswuchs von Nußbäumen ein Ausfuhrzoll im Betrage von 30 Kopeken Gold per Pud engen, garde. Die Erzebung dieses Zolles beginnt mit

Verkehrs - Anftalteu.

Zum Zwecke einer pünktlihen Bestellung der nach Berli Ne d Dina gen E S anbedingt erforderli, daß die mpfänger dur nzufügen der Wohnung (Straße, Haus E E Ne ci ( P ¡DORAREM E u ent es zur Beschleunigung der Bestellung, wenn a d Wohnung noch der Postbezirk (C., N., 0., 8, E NO , R SW.), in welchem dieselbe belegen ist, hinter der Ortsbezeichnung „Berlin* angegeben wird. Sofern die Sendungen eine derartige nähere Bezeichnung der Empfänger niht tragen, wird eine Verzögerung in der Bestellung niht immer zu vermeiden sein; die Ungenauigkeit in der Aufs{hrift kann unter Umständen fogar Rüleitung der Sen- dynges nah dem Aufgabeorte Behufs Rückgabe an den Absender be- ngen. Es liegt deshalb im eigenen Interesse der hiesigen Empfä wenn dieselben bei den Ab sendern dahin wirken, daß die Stlaa die nah Berlin geri{chteten Postsendungen mit möglichst genauer Auf-

\chrift versehen. Hamburg, 15. Juni. (W. T. B.) Der td gRhaclia: e, Bopbuea, Amerhfani/ ben Bage:fabri: iengese a at, von New-York kommend, Nachmittags Scilly passirt. E R E 16, Juni. (W. T. B) Die Postdampfer „Rugia*“

ziehung erlassene Proklamation vom 5. Dezember 1889 lautet:

und „Daria“ der Hamburg-Amerikanishen Padcketfahrt-

Best:

Aktieng esellschaft find, von Hamburg kommend, ersterer estern Nawmittag 5 Uhr in New-York, leßterer gestern Abend 11 übr in Dover eingetroffen. Der Postdampfer „Ascania* der Ham- burg-Amerikanishen Packetfahrt Aktienge!ellshaft hat, von New-York kommend, geftern 2 Uhr Nahmittags Lizard passirt.

Theater und Musik.

Deutsches Theater.

„Die außerord:ntlih beifällige Aufnahme, welche die Neuein- studirung des „Richters von Zalamea“ in der veränderten Beseßung im Deutschen Theater fowohl am Mittwoch als auch bei seiner Wiederholung vor ausverkauftem Hause am Sonntag gefunden hat, veranlaßt die Direktion, das Repertoire in etwas abzuändecn, damit noch einige Aufführungen des Stückes ermögliht werden. Es wird demnach „Der Richter von Zalamea“ außer am nächsten Mittwoch, auch am folgenden Sonntag gegeben. Im Uebrigen bleibt das bereits angekündigte Repertoire dabin bestchen, daß demnähst wieder eine Zusammenstellung beider Theile des „Faust“ stattfindet, und zwar wird am Donnerftag „Faust T. Theil“ und am Sonnabend „Faust's Tod“ gegeben. Am dazwiscenliegenden Freitag kommt „Der Unterstaats- sekretär“ zur Aufführung.

: Berliner Theater.

À Mitterwurzer als Hamlet, diese Ankündigung hatte am Sonnabend das Berliner Theater mit einer zahlreihen Zuschauermenge ge- füllt, denn es stand eine interessante shauspielerisce Leistung zu erwarten, Jeder war begierig, zu sehen, was Mitterwurzer diesmal aus dem hon früher von ibm in Berlin gespielten Hamlet machen würde, nahdem er in seinen bisher am Berliner Theater gegebenen Rollen gezeigt batte,“ -daß "er gefoanen i, nit auf der aus- getretenen Bahn landläufiger Darstellung cinherzuwandeln, fondern daß er seine eigene Auffassung von jeder Rolle hat und daß er dieser Auffassung Geltung verschaffen will, auf die Gefahr hin, mißver- standen zu werden. Wer aber derartige gefährlihe Versuche anitellt, der muß von feiner eigenen Krast überzeugt sein, der muß wissen, daß E, D A ee, e ihn befähigen und bereWtigen, den

araftter einer Rolle fo auszulegen, wie es feiner i - treffend ist. zuleg | Meinung nach zu

Miitterwurzer hat das Bestreben, in den Rollen mehr zu suchen, mehr in sie hineinzulegen, als der Dichter selbft gewollt hat, und da findet er für sein Bestreben nirgends cin dankbareres Feld zur Be- thâtigung, als gerade im Hamlet Befremdend wirkt die etwas ein- seitige Auffassung, welche der Künstler von dem Hamlet zu haben \eint, indem er das Hauptgewiht auf das Räceramt des Dänen- prinzen legt. Von Anfang bis zu Ende scheint diesen Hamlet nur der Gedanke zu beherrshen, daß es für ihn nur eine Aufgabe gâbe, nämli die, seinen Vater zu rächen. Aber doch könnte dem mit Recht entgegen- gehalten werden, daß diese Sühnevollziehung Hamlet's nur das Rück- arat der Handlung bildet, daß sie nur Gelegenheit giebt für den

| Vichfer, uns den [chwäntenden, von faujendfältigen Empfindungen hîn-

und hergezerrten Jünglirg in seiner zerseßenden fselbstquälerischen Thätigkeit zu s{ildein, uns zu zeigen, wie Lie bébentenbitea Aasagen nußlos sind, wie ein gewaltig angelegter Geist si zersplittert, wenn er niht Maß hält und diejenige Ruhe und Selbftbeshränkung er- wirbt, die nöthig ist, um wirklih Großes und Nußbringendes zu schaffen. Um aus dem blofen Akenteurer, wie it Saro Grammaticus in seiner dänischen Geschidte schildert, eine dramatish wirkungsvollere Gestalt zu schaffen, hct Shakespeare aus ihm einn Grübler gemadt , den die eigenartigen Verhältnisse am Hofe des Dänenkönigs in Lagen und zu Thaten drängen, die seinem innersten Wesen fremd sind, die ihn \tärkec ers{chüttern, als seine \{chwankende und mehr der Spekulation als thatkräftigem Handeln geneigte Natur verträgt. Die Verhältnisse find stärker als er, bestimmend auf fie einzuwirken, ist er nicht im Stande, gwar hâtte er, wie Fortinbras am Sch{luß sagt, „wär? er hinauf gelangt, unfehlbar sich höht fköniglih bewährt", und wollte man den Shwärmereien der verliebten Ophelia Glauben schenken, die ihn als Hofmann, Gelehrten, Krieger, Blume und Hoffnung des Staats, der Sitte Spiegel und der Bildung Muster preist, so müßte man be- dauern, daß fol ein „edler Geist zerstört“ ward, aber besser kennt ihn eine eigene Mutter, denn sie nennt ihn „fett und kurz von Athem“, seine feine Charakterisirung für den Prinzen, aus dem viele Darsteller einen Shmachtlappen mit angegriffenen Nerven mahen möchten. Der Schauspieler soll nur den Hawlet darstellen, wie ihn der Dichter z¡eihnet, als einen S@{@wähkling, der vor lauter Grübeln niht zum Handeln kommt. Dieses Behagen an der Zerrissenheit seiner Seele, dieses selbstquälerishe Betrahten der eigenen Iämmerlichkeit, zu welher Aeußerungen wie die: er fei sehr stolz, rachsüchtig, ehrgeizig, in direktem Widerspru stehen, das be- wußte Zweifeln zwishen Sein oder Nichtsein, zwishen Wollen und Nichtwollen, das alles soll der Darsteller zur Geltung bringen. Die theatralische Wirkung darf niht als Hauptsahe angesehen werden. Der Schauspieler muß sich ganz auf den Boden der in jenem berühm- ten Monolog ausgesprochenen Selbsterkenntniß stellen, womit Shake- speare die Quintessenz des Hamlet’schen Charakters giebt. Auf dem gegebenen Grunde den Intentionen des Dichters entsprehend den Hamlet darzustellen, ist s{ch:ver, aber verdienstvoll und erfordert nit nur einen gewandten Künstler, sondern einen Darsteller, der das mens{lihe Herz leng studirt hat, um zu wissen, inwieweit die D, die Shakespeare durch Hamlet davon entwirft, auf Wahrheit eruht. Die Erkenntniß der Shwächen der Seele bewirkt eine ätende Ironie, wie sie von Hamlet niht nur an sich, sondern auch an allen Personen seiner Umgebung geübt wird, Wie genau kennt er all die Erbärmlichkeit, die sich an ihn herandrängt, im Bewußtsein seiner eigenen Schwäche; mit welchem Sarkasmus behandelt er Rosenkranz und Güldenstern, die kläglihen Werkzeuge einer ränkevollen Diplomatie, denen er „wie Nattern traut“, mit welch verniätendem Hohn eine Kreatur wie den Polonius; ja selbst in rihtiger Ahnung, daß man ihm in der Liebshaft mit Ophelia eine Falle ftellt, übt er eine grausame Kritik an dem Wesen des Weibes diesem harmlosen Geschöpf gegenüber, das, in Bewunderung für ihn b ry \{mer;lich auêrust: „O wel? ein edler Geist ist hier Die Ironie im Charakter des Hamlet wurde von Mitterwurzer trefflich zum Ausdruck gerne hier hatte er seine glücklihsten Matin, blie. „Schade nur, daß er so oft vergaß, die rein geistige Seite der Hamlet’ {hen Erscheinung dauernd hervorzukehren. Der Dichter will uns zwingen, Hamlet auf den Irrgängen sciner krankhaften Seele zu begleiten, er erläßt uns nichts, er legt uns jede Faser seines Herzens dar, mit grausigem Behagen lädt er uns ein, dieser psyhologishen Vivisektion beizuwohnen. Hamlet #ößt uns ab und zieht wieder an, er erschreckt, beleidigt und versöhnt gleich darauf mit echten Herzenstönen, Der Wahnsinn, den er beuchelt, ershüttert ihn dermaßen, daß er in Gefahr geräth, wirklich in ihn zu verfallen und meisterhaft bringt Mitterwurzer dieses Spielen mit dem Wahnsinn und das drohende Hereinbrehen desselben zum Ausdruck, s\charf untersheidend, jedes Wort, jede Bewegung wohl überlegend. Aber auch hier blieb Mitterwurzer in seinem Bestreben, zu viel zu thun, manches s{uldig, in dcr Rede überstürzte er si oft, sprudelte die Säge so hastig hervor, daß sie unverständlih wurden, und ftreifte in Bewegung und Gesichtsausdruck sehr oft die Grenzen des ästhctisch Schönen,

Das stumme Spiel wurde glei{falls oft zu lange ausgedehnt, Es sollten an die Geduld des Zuschauers niht allzugroße Anforde- m gestellt werden; man darf ihn niht ermüden, wenn man auch weiß, daß er im rächsten Augenblick dur einen um fo ftärkeren Affekt zu neuer Theilnahme gezwungen werden wird. Maßhbalten ift für den Dar- steller des Hamlet durchaus geboten, denn sonft klingt es wie Hohn, wenn er zu den Schauspielern sagt: „mitten in dem Strom, Sturm und wie i sagen mag, Wirbelwind Eurer Leidenshaft müßt Ihr Euch eine Mäßigung zu eigen machen, die ihr Geschmeidigkeit giebt“. So bot M tterwurzer in seinem Hamlet eine Leistung, die viel wahrhaft Geniales und Neues zeigt und entschieden die volle Beachtung des

Kritikers erfordert, ihn aber do zu dem S@!uß zwingt, daß fie der