1890 / 151 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 24 Jun 1890 18:00:01 GMT) scan diff

Ga von Hamburg kommend, gestern in St. Thomas ein- etroffen. London, 23. Juni, (W. T. B.) Der Cafstle-Dampfer „Norham Castle“ hat heute auf der Ausreise Lissabon und der Caftle-Dampfer „Taymouth Castle“ gestern auf der Heim- reise die Kanarishen Inseln passirt y

London, 24. Juni. (W. T. B.) Der Union-Dampfer „Pretoria* ist am Montag von den Kanarischen Inseln auf der Heimreise abgegangen.

Theater und Musik.

Kroll’s Theater. :

Die Zabl hervorragender Gäste, welhe im Verlauf der bisherigen Saifon in Kroll’'s Theater aufgetreten sind, ist bereits zu einer bedeu- tenden Höhe angewa{sen und jede Woche reiht den früheren neue Er- folge an. Auch die gegentoirlige hat gestern mit einem erfolgreichen Abend begonnen. Auf dem Repertoire sand Boieldieu's immer wieder gern gehörte „Weiße Dame“, und als George Brown trat Lr. Erl auf, der sich bereits an seinen voraus8gegangenen

astspiel - Abenden lebhafter Anerkennung von Seiten dées E zu erfreuen hatte. Hr. Erl is für den George

rown wie geschaffen, scine Ersheinung, seine Darstellung entspricht vollauf dem Bilde, welhes man sich von dieser \ympathishen Gestalt zu entwerfen pflegt. Die Partie ift keine leichte, sie erfordert eine durgebildete Kraft und gewandten Vortrag; beides läßt sich dem Hrn. Erl nahrühmen, welcher über eine trefli® geschulte Stimme verfügt, die ihm in allen Lagen, vom fkräftigsten Ton bis zum zarten Falfett, willig gehorcht. Aufmerksam laus@te tas Publikum dem Vortrag und licß es an Zeiwen seiner Befriedigung niht fehlen. Auch die übrige Beseßung der Oper war eine gediegene. Frl. Shüttki und Frl. Schacko waren als Anna und Jenny jede recht gut bei Stimme, und auch Frl. Kaminski verdient rühmend genannt zu werden. Die Herren Riehmann, Rüdiger und Klante ließen es gleich- falls nit an si fehlen. Ero,

Hr. Erl #7ird sich morgen als Graf Almaviva im „Larbier von Sevilla“ verabschieden. Zugleich mit seinem Gastsviel endet morgen dasjenige der Fr. Marcella Sembrib, wel®@e als besondere Einlage den Walzer „Amor fsereno“, eine Komposition des hiefigen öster- reihischen Botschafters Grafen Széchényi, vortragen wird.

Belle-Alliance-Theater. L

Das große Volksfest, das zur 75 jährigen Jubelfeier der S{laHt bei Belle-Alliance am vorigen Mittwoch stattfinden sellte, in Folge der ungünstigen Witterung aber ausfallen mußte, soll nun morgen und zwar bei halben Kassenpreisen (Eintritt 50 F, Parket 1 ) stattfinden. Neben großem Militär-Doppelconcert, verbunden mit großer Sclachten-Musik (wozu ein eigenes Tambour- und Hornisten- Corps herangezogen wird), treten auf der Gartenbühne sämmtliche Spezialitäten, darunter die russisde Gesellshaft Iwanow und das altrenommirte Schwedishe Damen-Quartett auf. Im Theater geht zum 116, Male der unverwüstlihe „Nautilus“ in Scene.

Mannigfaltiges.

Der Gesundheitszustand in Berlin blieb aub in der Woche vom 8. bis 14. Juni ein der vorhergegangenen Woche ähnlicher und au die Sterblichkeit zeigte eine nur unwesentlihe Abnahme; von 1000 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 23,1 Seltener als in der Vorwoche kamen akute Entzündungen der Athmungsorgane zum Vorsbein und fübrten au seltener zum Tode, während Darm- fatarrhe und Brechdurchfälle der Kinder noch in großer Zabl auftraten und in 118 Fällen (gegen 110 der Vorwoche) tödtlib endeten. Die Theilnahme des Säuglingéalters an der Sterblichkeit war nahezu die glcich große wie in der Vorwoche. Von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 98 Säuglinge. Das Vor- kommen der Infektionskrankheiten blieb ebenfalls ein der Vor- woche ähnlihes. In annähernd glei hoher Zahl wie in der vorangegangenen Woche (384 gegen 379) kamen Erkran- kungen an Masern zur Anzeige und traten in der diesseitigen Luisenstadt, im Stralauer Viertel, in der Rosenthaler Vorstadt, in Moabit und auf dem Wedding am häufigsten auf. Er- krankungen an Sharla, in der jenseitigen Luisenstadt am zahlrei{sten, blieben sowie typhöse Fieber tn beschränkter Zahl. Dagegen haben Erkrankungen an Diphtherie wieder zugenommen und riefen in der jenseitigen Luisenstadt, im Stralauer Viertel und in Moabit die meisten Erkrankungen hervor. Gesteigert waren auch wieder Er- krankungen an Kindbettfieber, während rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut seltener Gegenstand der ärztlihen Behandlung wurden. Erkrankungen an Keuchhusten waren zahlrei, der Verlauf in 15 Fällen ein tödtliher. Auch rheumatishe Beschwerden aller Art kamen in vermehrter Zahl zur ärztlihen Beobachtung.

“versammlung des

Die üble Gewobhnheit, die Kirshen sammt den Steinen zu vecschludcke1nt, hat schon so manches Unheil angerihtet. Es ift gar nicht selten, daß Kinder und Erwachsene das Verschlucken von Obstkernen mit dem Leben büßen müssen. So hatte, „Magdb. Ztg.“ mittheilt, Hofrath Professor Nothaagel in Wien dieser Tage Gelegenheit, seinen Hörern ein solches Opfer des Kernschluckens vorzuführen. EŒW war dies ein 16 jähriger Tischlerlehrling Namens Johann Brunnccker, welch-r vor einigen Tagen eine kleine Anzahl von Kirshen sammt den Steinen und {on am nähsten Tage unter den Er- \Éeinungen einer akuten Bauwfell- und Darmentzündung ins Allge- meine Krankenhaus gebracht wurde. Dort wurde soglei die Diagnose auf eine Durhbohrung des Darmrohrs durch Kirshkerne geftellt, doch war der Kranke nicht mehr zu retten. Die Diagnose wurde durch die Leichenschau bestätigt. Fast in jedem Sommer fommen ähnlihe Fälle vor und doch berrsht gegen diefe leidige Gewohnheit noch immer die alte Gleichgültigkeit, die da meint: Dich wird's ja nicht so treffen.

Stettin, 23. Juni. (N. St. Ztg.) Der Kommerzien-Rath Quistorp hat das seitlih der Falkenwalder Chaufsee gelegene Guts- baus E ckerberg vollständig umgebaut und zu einem Siechenhaus für ältere Personen eingerihtet, dem er den Namen „Ernst Moriß Arndt-Stiftung“ gegeben hat. Gestern Nachmittag fand die Einweihung des\elben statt. Am Schluß der Feier erfolgte die Einführung der drei Anstalts-Shwestern.

Breslau, 24. Juni. (W.-T. B.) Das hiesige Zweig - Comité überwies dem „Central-Comité zur Errihtung eines Nationaldenkmals für den Fürsten von Bismar ck in der Neihshauptstadt*" als erste Rate 7000 4

Friedrihêéruh, 24. Juni. ¡1 von Deutschen Antwerpens ist gestern von dem Fürsten von Bismarck empfangen worden. Am Sonntag wurde von dem Fürsten eine Deputation aus Berlin empfangen, welche eine mit 30000 Unter- \hriften bedeckte Adresse Berliner Bürger überreichte.

Frankfurt a. M., 22. Juni. (Köln. Ztg.) Am Denkmal auf dem Roßmarkt, das Gutenberg mit seinen Genossen Fust und Shöffer darstellt, nahm gestern die Feier zur Erinnerung an das 450jährige Bestehen der Buchdruckerkunst ihren Anfang. Abends zogen die Jünger der s{chwarzen Kunst in feftliGem Zuge zu dem Denk- mal und legten dort Kränze nieder. Daran {loß sich in der „Stadt Caub*“ eine Abendunterhaltung. Heute Vormittag fand eine akade- mische Feier statt, bei welher Dr. Pallmann die Festrede hielt. Den Schluß bildete Nachmittags ein großes Gartenfest.

München, 23. Juni. (W. T. B) Die 30. Jahres- deutshen Vereins der Gas- und Wasserfahmänner wurde heute hier im Mufeum-Saale durch den Vorsitzenden Direktor Cuno (Berlin) eröffnet. Nah der Be- grüßung durch den Minister des Innern von Feiliß\{ch und den Ober- Bürgermeister Dr. von Wiedenmayr sprachen Direktor Koh (Frank- furt) über die Entwickelung der Gasëindustrie und Geheimer Rath Dr. von Pettenkofer über die Verunreinigung und Selbstreinigung der Flüfse. E

Vom Bodensee. (N. A. Ztg.) Die alljährlihe Zusammen- kunft der Offizier Corps der Bodensee - Ufer - Garnison (Bregenz mit inbegriffen) findet am 12. Juli in Friedrichs- hafen ftatt.

Mainz, 22. Juni. (Köln. Ztg) Die Gutenberg- Feier wurde hier in der Vaterstadt des Erfinders und der Wiege seiner Kunit durch eine hochinteressante Ausstellung von typogra- phishen Werken eingeleitet, die heute Vormittag für das Publikum in der Stadtbibliothek und dem Akademie-Saale des Kurfürstlihen Schlosses zugänglich wurde,

Hamburg, 23, Juni. (W.T B.) Die „Inde pendent Schützen“ sind beute Abend auf dem Postdampfer „Wieland“ hierselbst eingetroffen. Eine Deputation von 2% Hamburger Schüßen war dem „Wieland“ auf dem Dampfer „Blankenese“ entgegengefahren und hatte denselben um 6 Uhr bei Brockdorf getroffen, wo derselbe die Passagiere übernahm. Unter Böller- \chüssen rourden die 49 „Independent-Schüten“ duc den Vorsißenden des Hamburger Vereins Hrn. Telge begrüßt. Die Hrrn. Weber und Diehl dankten erfreut über den unerwartet großartigen Empfang. Ee wurden alsdann in 25 Equipagen zum „Hôtel de l’Europe“ geleitet.

wie die.

(W. T. B.) Eine Deputation

-

Wien, 23. Juni. (Vof}. Ztg.) In den steieriscen Alpen ver - unglüdckte neuerdings H Wiener Tourist, Namens Emil B Derselbe wollte mit seinem Schwager die gefährlihe Planspiße im Gesäuse besteigen, blieb aber unterwegs vor Ershöpfung und Kälte liegen. Als scin Schwager Hülfe brate, war Boehm bereits todt.

Paris, 23. Juni. (Voss. Ztg.) Lei einem Wettfliegen von Brieftauben legte gestern die Siegerin den Weg von Perigneuxr E Paris (fünfhundert Kilometer) in 7 Stunden 34 Minuten zurü.

Charkow. In der großen Glockengießerei von Ryshew in Charkow ist am 18. Juni die „Zarenglocke* fertiggestellt worden. Sie ist 17 Pud, das sind 272 Kilo, \{chwer, ganz aus reinem Silber gegossen und foll zum Andenken an die Eisenbahn- katastrophe bei Borki in dem Usrenski-Dom in Charkow auf- gestellt werden. Alljährlich am 17. Oktober genau zur selben Zeit, da das Unglück stattgefunden hat, soll die Zarenglocke dur ein filberbelles, eigenartiaes Geläute die wunderbare Rettung der Kaiser- liben Familie den Einwohnern von Charkow ins Gedächtniß zurück- rufen.

Foggia, 23. Juni. (W. T. B) Während eines heftigen G e- witters wurden heute 7 Personen vom Blitz ershlagen und 5 verwundet.

Christiania, 20. Juni. (Köln Ztg.) Der hiesige Dampfer eNorma“. mit Passagieren und Gütern von Dramwen hierher be- stimmt, mußte heute an der Küste wegen eines im Maschinenraum ausgebrohenen Feuers in seichtem Wasser versenkt werden, nah- dem die Löschversuhe vergeblich geblieben waren. Verungtückt ist Niemand; von der Ladung wurde Nichts gerettet.

New-York, 23 Juni. (W. T. B.) Eine Depesche des Kon- suls der Vereinigten Staaten auf Martinique meldet, die Hälfte der Hauptstadt Fort de France sei dur eine Feuersbrunst zerstört, etwa 5000 Perfonen seien obdachlos. Der Konsul er- läßt einen Aufruf zur Hülfeleistung.

Ottawa (Canada), 18. Juni. (A. C.) Auf Grund der BVor- ftellungen der British Affociation hat der Marine-Minister be- \ch{lofsen, eine Anzabl Statiouen am Golf sowie an den atlanti- schen Küsten zur Beoba@tung der Bewegungen der Ebbe und Fluth herzustellen.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Potsdam, 24. Juni. (W. T. B.) Se. Majestät der Kaiser traf mit dem Reichskommissar Major Wissmann heute Mittag auf der Wildparkstation ein und begab Sih nah dem Neuen Palais. Major Wissmann war zur Kaiserlichen Tafel ees und hielt sodann vor Sr. Majestät einen längeren

ortrag.

Frankfurt a. M., 24. Juni, Mittags. (W. T. B.) Ober- Bürgermeister Miquel hat dem hiesigen Magistrat und dem Stadtverordneten - Vorsteher soeben telegraphisch seine Er- nennung zum Finanz-Minister angezeigt; derselbe trifft morgen hier ein, um sich von den städtischen Kollegien zu

verabschieden.

Pest, 24. Juni. (W. T. B) Die ungarische Delegation hat in ihrer heutigen Plenarsißzung das Budget für das Ministerium des Auswärtigen in dritter Lesung und den Okkupationskred it ohne jede Debatte genehmigt.

Konstantinopel, 24. Juni. (W. T. B) Der Sohn Mahmud Djelaleddin Paschas, eines Shwagers des Sultans, welcher zum Besuch eines Freundes auf dessen, etwa 90 km von hier, bei Sinekli gelegenen Besizung ver- weilte, ist mit seinem Freunde von Räubern entführt worden. Zur Verfolgung der Räuber wurde eine Shwadron Kavallerie mittelst Extrazugs abgesandt. Dem Vernehmen nach verlangen die Räuber ein Lösegeld von 19 000 Pfund.

(Fortseßung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

C E E E R I E E SO L L S S L E E E L O A R ol E I

Wetterbezi.t vom ‘4. I uni, Morgens 8 Ür

Temperatur || {in ® Celfius |

bot rah prr jed pre: R R G = 4! R.||

haus.

Stationen. Dirigent:

j | Wind. | Wetter.

Bar. auf 0 Gr u. d. Meeres\p. red. in Millim |

3 wolkig 2 bedeckt 1/balb bed.

Mullaghmore | 766 Aberdeen .. | 762 Christiansund | 759 Kopenhagen . | 762 2 bedeckt

Stockholm . | 759 \till\wolkenlos Haparanda . | 760 |ND 2 wolkenlos

Cork, Queens- tow L T8 Cherbourg . | 767 E c le OOE 762

W. Taubert.

wolkig bedeckt bedeckt Regen

Tell. Anfang 7 Uhr.

Theater - Anzeigen.

Königliche Schauspiele. 154. Vorstellung. 4 Akten von Georges Bizet. i Meilhac und Ludovic Halévy, nach einer Novelle des Prosper Mérimée. Kapellmeister Kahl. Schauspielhaus. Zauber-Komödie in 5 Aufzügen von Shakespeare. Nach A. W. v. StWlegel's Ueberseßung, Musik von Tanz von E. gesetzt vom Direktor Dr. Otto Devrient Musikalische Direktion: Hr. Steinmann. Donnerstag : Opernhaus. 155. Vorstellung. Don uan. Oper in 2 Akten mit Tanz von Mozart. ext von Daponte. Schauspielhaus. Schauspiel in 5 Aufzügen von Stiller.

Deutsches Theater. Mittwoh: Der Richter

Concert-Park. Direktion:

Mittwoch:

Mittwoch: Opern- Carmen. Oper in Text von Henry und Julius Bauer, Tanz von Paul Taglioni. Anfang 7 Uhr. 159. Vorftellung. Der Sturm.

Graeb. In Scene

Anfang 7 Uhr. Im Park:

Anfang 7 Uhr. Kroll’s Theater.

160, Vorstellung. Wilhelm

von Sevilla. Donnerstag: Undine.

Friedrih-Wilhelmftädtisches Theater und Julius Fritsche. Zum 159, Male: Jonathan. Operette in 3 Akten von Hugo Wittmann Mußk von Carl Millöcker. In Scene geseßt von Julius Frische. Hr. Kapellmeister Knoll. Anfang 7 Uhr.

Im prachtvollen Park um 6 Sommernachtsfeft verbunden mit einer Freilotterie, unter Mitwirkung von 3 Musikcorps. erster Gesangs- und Instrumental-Künstler.

Donnerstag: Im Theater: Der arme Jounathan. Großes Doppel- Concert.

Mittwoch : treten von Fr, Marcella Sembrih. Der Barbier (Rosina: Fr. Sembrich.)

Uhr:

G: Gastspiel von Fr. Angelina Luger. äglih: Bei günstigem Wetter vor und nah

Familien-Nachrichten.

K erlobt: Frl. Elise Hartwig mit Hrn. Kaufmann August Kulbrock (Pankow—Berlin). Frl. Selma Hecker mit Hrn. Post-Assistenten Wilhelm

: Schröder. Frl. Elisabeth Eckes mit Hrn.

Dirigent : Arcwitekten Wilhelm Fischer (Remscheid). Frl.

Johanna Rehm mit Hrn. Rektor cand. min.

Großes Franz Jacobs (Schwerin—Tefsin). Frl.

(Civ » 00 mit Hrn. Kaufmann Edwin Müller eipzig).

Verehelicht: Hr. Anton Wieser mit Frl. Anna Lehmann (München—Leipzig). Hr Paul Vogel mit Frl. Alma Trölßsh (Reichenbah—Hohen- stein). Hr. Paul Seily mit Frl. Martha Witthaus (Danzig). Hr. August Paasch mit fee Marie Heinrihs (Roftock). Hr. Paul

ieke mit Frl. Anna Gorgas (Berlin)

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Otto Oertel (Berlin). Hrn. Dr. med. G. Baumann (Hemmingen, Württemberg). Hrn. Havptmann

Der arme

Auftreten

Lettes Auf-

oehm.

bedeckt halb bed. wolkenlos heiter

bedeckt

Hamburg . . | 764 Swinemünde | 763 Neufahrwafser| 762 Memel ... | 760 E l 769 Mit 765 bedeckt Karlsruhe. . | 768 [Dunst Wiesbaden . | 767 |N 1iheiter München .. | 768 |NW wolkig Chemniy .. | 766 |SW bedeckt Berlin... . | 764 |W 3\bedeckt Wien .…... | 765 |WNW 2\bedeckt Breslau... 764 |WNW 3\bedeckt

769 |ND 4heiter 762 |SW 2\wolkenlos 763 |ONO 2\wolkenlos

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Uebersicht der Witterung.

Die Wetterlage hat \sich im gege wenig verändert und dauert daher die ruhige Witterung allenthalben fort. Im füdlihen Deutschland hat die Bewölkung abgenommen. Die Temperatur ist in Central-Europa fast allenthalben gesunken, in Deutsh- land liegt sie bis zu 5 Grad unter der normalen. Bei Bamberg fand ein Gewitter ftatt.

Deutsche Seewarte.

von Zalamea. Donnerstag: Faust, L. Theil. Freitag: Der Compaguon. Sonnabend: Zum 50, Male: Faust’s Tod.

Berliner Theater. Mittwo: (Friedr. Mitterwurzer.)

Donnerstag: Der Probepfeil. (Friedr. Mitter- wurzer. Ludw. Barnay.)

Freitag: 49. Abonnements-Vorstellung. Gräfiu Lea. Anfang 7} Uhr.

Walluer-Theater. Mittwoch: 19. Gastspiel von

Therese Biedermann vom Theater an der Wien in Wien. Zum 19. Male: Mamsell Nitouche. Vaudeville in 3 Akten und 4 Bildern von H. Meilhac und A. Millaud. Musik von M. Hervé.

Vor der Vorstellung, bei günstiger Witterung : Großes Garten-Concert. Anfang des Concerts 64, der Vorstellung 74 Uhr.

Donrerstag u. folg. Tage: Gastspiel von Therese Biédermann. Mamsell ch

tonche. Victoria-Theater. Mittwoch: Zum 309. M.: Stanley in Afrika. Zeitgemälde in 10 Bildern von Alex. Moszkowski und Richard Nathanson. Musik von C. A. Raida. Ballet von C. Severint, Anfang 7# Ubr.

Samlet.

Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.

der Vorstellung, Abends bei brillanter elektr. Be- leuGtung des Sommergartens: Großes Concert. Anfang dè, der Vorstellung 7 Uhr.

Belle-Alliance-Theater. Mittwoch: Zur 7sjährigen Nach-Jubiläumsfeier der Schlacht bei Belle-Alliance. Großes Volksfest zu halben Kassen- preisen. Zum 116, Male: Der Naxutilus.

Im prachtvollen glänzenden Sommergarten: Großes Militär - Doppel - Concert. Austreten sämmtlicher Spezialitäten. Brillante Illumination des ganzen Garten-Etablifsements. Anfang des Concerts 6 Uhr, der Vorstellung 7# Uhr.

Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.

Urania, Anstalt für volksthümlihe Naturkunde.

Am Landes-Ausstellungs - Park (Lehrter Bahnhof). Geöôffnet vor 12—11 Uhr. Täglih Vorstellung im D G BGen Theater. Näheres die Anschlag- zettel.

[13804]

National-Panorama. Serwarthstr. 4, Königsplatz.

Das alte Rom

mit d. Triumphzuge Kaiser Constantins i. F. 312 n. Chr. v. d. Kgl. Prof. J. Bühlmann u. Alex Wagner in Mün@hen. Täglich geöffnet v. Mor- gens 9 Uhr bis zur Dunkelheit, Eintritt 1 M

Neu eröffuet.

von Pressentin (Altona). Hrn. Pfarrer Lie. Everling (St. Goar), Hrn. Superintendent Kayser (Osterode). Eine Tochter: Hrn. Dr. J. Hecker (Düsseldorf). Hrn. Prof. Dr. ana (Leipzig). Hrn. Ernst Neumann erlin). Gestorben: Hr. Gutsbesißer Ferdinand Thal- wißer. Frau Ida Geisenhof, geb. Reimke (Hamburg). Hr Kaufmann Lorenz Eduard Kurlbaum (Chemnitz). Frau Oberst-Lieutenant Charlotte Fritsh, geb. Bergemann (Berlin). Hr. Königlicher Pegemeister a. D. Johann Mießner (Alt-Ruppin). Hr. Friedri Sello (Berltny Frau Minna Barsckow, geb. Runge erlin).

Redacteur: Dr. H. Klee. Berlin:

Verlag der Expedition (I. V.: Heidrich). Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlag#- Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Sechs Beilagen (einf@ließli Börsen-Beilage),

und die Juhaltsangabe zu Nr. 5 des öffent:

lichen Anzeigers (Kommanditgesellschaften auf

Aktien und Aktiengesellschaften) für die Woche vom 16. bis 21. Juni 1890.

zum Deutschen Reichs-An

M 151.

Et iei Em il C t L i m L E E L

Die Vegründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I.

Von dem Sybel’schen Werke liegt nunmehr der 5. Band vor (Preis 7 4 50 5; Ve:lag von R. ne in München und Leipzig). Ueber den 1. und 2. Band haben wir in Nr. 286 des „Reichs- und Staats-Anzeigers“ vom 29. November 1889, über den 3. Band in Nr. 84 vom 2. April d. J. und über den Bunte: e n O E Rai d. J. berichtet. Der vor-

nthält da .+ b18 20. Buch und if igni

des Jahres 1866 gewidmet. ch und is den Ereignissen

Vas 1. und 18. Buch handelt aus\chließlich von den kriegerischen Ereignissen in Nordbeutsétand Sialiea und Böhmen. Die militärische Literatur über dieses Kriegsjahr ist e umfangreih und eingehend, daß man von dem Sybel'shen

erk nah dieser Richtung hin nichts Neues wird erwarten wollen. Gleichwohl hat die Darstellung so viel Vorzüge, daß sie als Glanzpunkt des ganzen Werkes hingestellt werden kann. Der Aufbau und die Gcruppirung der That- gen die Schlaglichter , welche auf die bedeutenderen

omente fallen, die Charakteristik der handelnden Per- onen und die Kritik ihrer Handlungen, welhe mit er Erzählung verbunden wird, geben ein außerordentlich lebendiges, dramatisch belebtes Bild, welhes nit nur das Interesse des Lesers in steigendem Maße fesselt, sondern auch den weltgzschihtlichen Begebenheiten volle Rechnung trägt. Jn großen Zügen werden im 17. Buch die fkriegerishen Vor- bereitungen in Böhmen und Norddeutschland fklargelegt. Auf Seiten der damaligen Gegner Preußens tritt der Mangel an militärischer Einheitlihkeit in ihren Ursachen wie in ihrer Wirkung deutlich hervor, während auf der anderen Seite au nicht die Ursachen verschwiegen werden, welche einen {nellen und glatten Erfolg gegenüber Hannover verzögerten. Einleuchtend und anschaulih werden die gleichzeitigen Ereignisse auf dem italienishen Kriegs- \chauplaß geschildert und die Mängel der Kriegführung auf- gedeckt, welhe sih in der Schladt bei Custozza offenbarten. Nach diesen, das große Kriegsdrama einleitenden Akkorden werden im 18. Buch die vorbereitenden Bewegungen der Heere in Böhmen und die Ereignisse „der größten Schlacht des Zahrhunderts“ in allen ihren Einzelheiten, und doch mit jo geshickter, Alles zusammenfassender Hand geschildert, daß der Leser an keiner Stelle die Fäden verliert, jede Be- wegung mit immer neuem Fnteresse verfolgt, fort und fort zu der Shhlußaktion hingedrängt wird und endli an dem großen Ziele mit vollem Verständniß der hohen Bedeutung dessen, was sich vor Königgräß abgespielt, und mit dem Gefühl der

Befreiung und Erlösung aus den sich zusammenschürzen-“

den Knoten anlangt, welhe am 3. Juli 1866 mit dem Schwerte zerhauen wurden. Sybel {reibt Geschihte und deshalb vertusht er nihts von den Versehen, welche stellenweise auch auf preußischer Seite, wenn auch nicht in der Kriegführung, so doch von einzelnen Unterfeldherren in der Ausführung der Pläne gemaht wurden, und ebenso offen erkennt er die Widrigkeiten an, welche dem österreichischen E sein, wenn auch in der Anlage keineswegs gutes oncept vzrdarben. Bei aller Nüchternheit des Urtheils aber und bei genauer Abwägung der sih gegenüberstehenden militärishen und fittlichen Kräfte leuhtet doch glanzvoll der Geist, die Tapferkeit, die Hingebung, der Opfermuth, die Pflichttreue, welche das preußishe Heer durch alle Glieder und Mannschaften hindurch befseelte, hervor, jener Geist, der sich hier für alle Zeiten das glänzendste Denkmal gesezt hat, und der allein im Stande war, in hartem, s{hwerem Kampfe mit einem gewaltigen Gegner zu einem der größten Triumphe zu gelangen, welche die Geschichte kennt. Die Schilderung Sybel's ist der Größe dieses Triumphes volllommen würdig: sie darf zu den besten gezählt werden, welche über den böhmishen Feldzug überhaupt erschienen find, wenn man in Betracht zieht, daß es nicht ihre Aufgabe war, sich in militärische Details zu verlieren, sondern den Hauptgrund- stein für das Gebäude der deutschen Einheit hecauszumeißeln, das große Ereigniß sowohl nach seinex politishen wie mililärishen Bedeutung zu würdigen und das volle Ver- ständniß hierfür der Nachwelt für alle Zeiten zu übermitteln. Das 19. Buch wendet fih den politischen Konsequenzen des großen Sieges zu. Als Moltke zum König gesagt hatte: „Ew. Majestät haben nicht bloß die Schlacht, sondern den Feldzug gewonnen“, sezte Graf Bismarck mit den Worten ein : „Die Streilfrage ist aljo entschieden; jeßt gilt es, die alte Freundschaft mit Desterreih wieder zu gewinnen“, Und hiermit begann die politisch divlomatishe Thätigkeit des Staatsmannes, welcher die Früchte der blutigen Saat zur Reife brachte. A0 B Sybel schildert zunächst mit gewohnter Meisterschaft den Eindruck des Sieges auf Europa und insbesondere auf Frank- reih und die Schwierigkeiten, die sich aus Napoleon’s Ver- mittlerrolle ergaben. Die Unterhandlungen, welche Napoleon mit Preußen und Frankreih anknüpfte, werden bis in die kleinsten Wendungen und Einzelheiten aufgedeckt, ein Abschnitt, welcher viel Neues enthält und das gesammte Material her- beibringt, um die Schaffung des Norddeutschen Bundes, die Main-Linie und die Klausel von der dänish redenden Bevöl- kerung Nordschleswigs zu erklären und zu würdigen. Diese Einschränkungen des ursprünglichen preußishen Programmes waren die Wirkung der Einmishung Napoleon's, der auf der anderen Seite aber dem Drängen der Gegner Preußens nah militärisher Jntervention tigen Stand hielt, nachdem er erkannt, daß er nicht in der Lage war, mit Erfolg einen Krieg gegen Preußen-Deutschland und Ftalien zu führen oder gar eine Verständigung Oesterreihs und Preußens auf seine Kosten zu verhindern. Aber niht nur die Einmishung Napoleon's hatte dem Sieger Schranken auferlegt, sondern auch der eigene Wunsch, den Gegner möglichst zu {honen, Das Streben Bismarck's nah Wiedergewinnung der Freundschaft Oesterreichs kam {on um 16. Zuli in direkten günstigen Friedensaner- bietungen zum Vorschein, denen indeß Oesterreih aus Miß- trauen und weil es Frankreihs Vermittelung selbst angerufen hatte, keine Folge gab. Das bei den Verhandlungen in Nicolsburg troßdem Fsgebaltene Streben, fich mit dem

Erste Beilage

Berlin, Dienstag, den 24. Juni

Gegner zu verständigen, weiter die Besorgniß alsbaldiger An- meldung französischer Kompensationsgelüste, die fernere An- kündigung des Wunsches Rußlands, die s{hwebenden Fragen durch einen europäischen Kongreß entsheiden zu lassen, wodur die Früchte des Sieges leiht hätten wieder entrissen werden können, erforderten rashe Entshlüsse. Was Sybel darüber mittheilt, verdient allgemein bekannt zu werden.

__ Am 24. Juli legte Graf Bismarck dem König die Lage in einem Aktenstück dar, worin er auseinandersett, daß der egen- wärtige günstige Augenblick zum Friedenss{chluß niht versäumt werden dürfe und lieber Oesterreich eine von diesem geforderte Konzession gemacht werden möge. Durch Oesterreihs Zu- summung zu seinem Ausscheiden aus dem Deutshen Bunde, zu der Errichtung eines Norddeutschen Bundes und der Annexion von 3 Millionen Einwohnern in Norddeutschland an Preußen sei alles Wesentliche gewährt, was Preußen von ihm zu fordern habe. „Die Erhaltung des Königreihs Sachsen ist der gemeinsame Wunsch Oesterreichs und Frankreihs. Wenn Oest-rreih dafür, wie es scheint, seine andereu Verbündeten in Norddeutschland opfsert, so scheint es klug, diesem Wunsche Rechnung zu tragen, und eine Konvention mit Sachsen, welche die gesammte Kraft des Landes Ew. Königlichen Majestät zur Verfügung stellt, dürfte dem politischen Fnterese und Bedürfniß genügen. Der Aus\{luß Oesterreihs aus dem Bunde, in Verbindung mit der Annexion von Schleswig-Holstein, Hannover, Kur- hessen, Oberhessen und Nassau, und mit einem solchen Ver- hältniß Sachsens zu Preußen, darf als ein Ziel angesehen werden, so groß, wie es bei dem Ausbruch des Krieges niemals geste werden fkonnte. Wenn dieses Ziel durch einen rashen Abschluß gesichert werden kann, so würde es nah meinem allecunterthänigsten Dafürhalten ein politischer Fehler sein, durch den Versuch, einige Quadratmeilen mehr von Gebietsabtretung, oder wenige Millionen mehr zu Kriegskosten von Oesterreih zu gewinnen, das ganze Resultat wieder in Frage zu stellen, und es den ungewissen Chancen einer verlängerten Kriegführung oder einer Unterhandlung, bei welcher fremde Einmischung sich nicht ausschließen lassen würde, auszusegen.“ Der König machte einige Randnoten zu diesem Bericht. „Gewiß O et ein Resultät, das nie vorauszusehen war, und bei der Kongreßidee au jeßt wieder problematish ist.“ Er war einverstanden mit Bismarck's Wort, daß ein solches Resultat dur kleine Neben- forderungen niht in Frage gestellt werden dürfte; aber seßte er doch hinzu es kommt darauf an, wie viel man an Geld oder Land erlangen kann, ohne das Ganze auf’'s Spiel zu seßen. Sonst bestätigte er die Richtigkeit aller Vordersäßte der Erörterung des Ministers und {loß mit der Anerkennung, daß, wn troß Bismar's pflihtmäßiger Vertretung der preu- ßishen Ansprüche vom Besiegten niht das, was Armee und Land erwarten dürften, zu erlangen sei, ohne das Hauptziel zu gefährden, so müsse der Sieger vor den Thoren Wiens sich fügen und der Nachwelt das Urtheil über- lassen. Hieran knüpft der Verfasser folgende gewiß treffende Bemerkung: Schwerlih wird die Nahwelt anders urtheilen, als daß ein solhes Verhältniß zwishen Monarch und Minister, eine solche Verbindung von Siegesbewußtsein und Mäßigung, ein folches Hand-in-Hand-Gehen von Selbst- beherrshung und Genialität in aller menshlihen Geschichte sehr selten erschienen ist,

Die weiteren Friedensverhandlungen bewegten fich auf dieser Basis des Entgegenkommens. Nur so erzählt Sybel als Kärolyi die Verbindung Sachsens nicht mit dem Nordbund, sondern mit den süddeutshen Staaten in Vorschlag brachte, war Bismarck an der Grenze seiner Nach- giebigkeit angelangt: er warf seinen Sessel zurück und hoh aufgerichtet gab er die Erklärung ab, die Aufrechterhaltung dieses Begehrens sei die Erneuerung des Kriegs. Dies schlug durch. Bismarck setzte alsdann möglihst nahe Termine für die Ratifikation der Präliminarien und den definitiven Friedens\{hluß an, weil die euro- päishe Konstellation dies geboten erscheinen ließ: die lange befürhteten Kompensationsforderungen Frankreihs wegen Landschaften am linken Rheinufer wurden in dem Augenblick durh Benedetti präsentirt, als Bismarck die Präliminarien (26. Juli) unterzeihnete! Also so schließt das dritte Kapitel des 19. Buhs auf der einen Seite der russische Kongreßantrag, auf der anderen das französishe Kompensations- begehren. Aber in demselben Augenblick, in welchem sie rechts und links am Horizonte fichtbar wurden, war au der Friede mit Oesterreich gesichert. Niemals war mit \{ärferen Blien und festerer Hand „die Stirnlocke Fortuna’s ergriffen worden.“

Das 20. (leßte) Buch handelt von den „Grundlagen des neuen Neihs“. Festigkeit und Mäßigung bildeten den Charakter der preußishen Politik sowohl bei der Wieder- herstellung des inneren Friedens in Preußen, als auch bei der Begründung des neuen Bundesverhältnisses mit den deutschen Staaten. Freilich wurde diese reorganisatorishe Thätigkeit Anfangs noch durch die Pressionen einerseits Frankreichs,

andererseits Nußlands gestört, von denen jenes Kompensationen, )

diess den Verzicht auf den Sturz norddeutsher Dynastien verlangte: aber die Erfolge der preußishen Waffen hatten S das nationale Gefühl in ganz Deutshland so gestärkt, daß Preußen jene ausländishen Bedingungen mit der Drohung, fortan die Mainlinie niht mehr respektiren und die Reichsverfassung von 1849 proklamiren zu wollen, Anfang August mit Erfolg zurückweisenkonnte. Jene Zu- muthungen, die freilich für den Augenblick fallen gelassen wurden, mahnten Preußen, in den Friedensverhandlungen mit den süddeutschen Staaten für die Zukunft zu sorgen und die Schuß- und Trugßbündnisse zu s{hließen, welhe {hon damals die militärishe Einheit ganz Deutschlands besiegelten. Die Anträge hierzu gingen indeß, wie hervorgehoben zu werden verdient, von den Südstaaten selbst aus, und zwar zuerst von Württemberg, welhes am 13. August den Vertrag ab\s{loß. Den Wünschen des Kaisers Alexander zu Gunsten des ron erzogthums Hessen wurde durch den Verzicht der Einverleibung von Oberhessen, anstatt deren sein Beitritt gin Norddeutschen Bunde acceptirt wurde, Rehnung getragen.

us dieser Zeit ist ein Brief König Wilhelm's (vom

zeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

20. August) an den Kaiser Alexander, worin er die Annexionen rechtfertigt und die Besorgnisse des Kaisers wegen der Ein- führung eines norddeutshen Parlaments beschwihtigt, von hohem nteresse.

Der König schreibt darin, “ihm sei es sehr peinlih ge- wesen, gegen die Dynastien von Hannover, Kurhessen und Nassau nicht ebenso shonend wie gegen Darmstadt verfahren zu können. „Aber ih habe meine persönlichen Gefühle dem Staats- wohl zum Opfer bringen müssen. Jh mußte dieStimmung meines Volks und meines Heeres berüäsihtigen und die Mittel er- greifen, das Land gegen die Wiederkehr einer Situation zu sichern, wie wir sie durhgemacht haben. Jenen Fürsten einen Tyeil ihrer Staaten zu lassen, hätte die Zerstückelung der leßteren bedeutet, was mehr als alles Andere den dortigen Bevötikerungen widerstreben würde. Jhr fürchtet deutsches Parlament und. Revolution. Glaubt mir, nihts hat dem monarchishen Prinzip in Deutschland mehr geschadet, als die Existenz dieser kleinen und unmächtigen Dynastien, die ihr Da- sein auf Kosten der nationalen Jnteressen fristen, ihre souveränen Pflichten sehr ungenügend erfüllen, und das Ansehen des monarchischen Prinzips ebenso kompromittiren, wie ein zahlreicher und armer Adel das Ansehen der Aristokratie. Die öffentliche Meinung ist durhdrungen von der Ueberzeugung, daß diese kleinen Monarchhien in natürlihem und noth- wendigem Gegensaß zu den nationalen Fnteressen stehen. Bei einer neuen Krisis hätte der Verfall der nationalen Jn- stitutionen die schwersten Gefahren erzeugt; meine Regierung mußte dieselben auf dem Wege der Reformen abwenden. Die Revolution werde ih nach wie vor in Deutschland bekämpfen; und mi übertriebenen Prätentionen des deutshen Parlaments niht mehr als denen des preußischen Landtages unterwerfen.“

Mit der Zurülckweisung ausländisher Zumuthungen, die sih noch einmal in Gestalt von Anträgen wegen Einverleibung Belgiens in Frankreih wiederholten, ging die Wiederherstellung des inneren Friedens Hand in Hand, und dieser bildete eine fruchtbare Grundlage für die Neuregelung der deutshen Sathe. Freilich war auch hier in beiden Rihtunaen mit mancherlei Mißverständnissen und Mißtrauen, die sich vei einzelnen politishen Parteien in Nord wie Süd offenbarten, zu kämpfen. Aber „die große Strömung der Gemüther ging unwiderstehlih gegen sie“: in Süddeutschland vollzog sih alsbald in der Ge- sinnung ein großer Umshwung zu Gunsten der neuen Gestaltung der Dinge und darüber hinaus. „Unauf- hörlih s{chlugen die Wogen des nationalen Einheitsdranges von Links und Rechts, von Nord und Süd an Napoleon's Machwerk, an die quer durch Deutschland gelegten Dämme der Mainlinie an. Noch waren die Südstaaten niht Bundes- glieder, aber bereits nach dem alten Ausdru® Bundesver-

“wandte, nach ihren Shuß- und Trußbündnissen mit Preußen

und nah der bereits angekündigten Neugestaltung des Zoll- vereins: im Herbst des Jahres 1866 war das Deutsche Reich gegründet.“

Hiermit hat das Sybel’she Werk einen vorläufigen Ab- {chluß erreiht. Wie sehr auch der Wunsh nach baldiger Fort- seßung gerehtfertigt ersheinen mag, so wird man schon in den vorliegenden fünf Bänden doch seine volle Befriedigung und Ge- nugthuung finden: es führt uns niht nur an der Hand ge- wissenhafter Forshung, sondern auch eines für seinen Gegen- stand begeisterten Patrioten durch das Labyrinth der deutschen Jrrungen zu dem glanzvollen Siegespreis des einigen Deut\h- lands und bildet somit für alle Zeiten eins der ausgezeih- netsten literarishen Denkmäler jener Zeit der Kämpfe, wie des endlichen Sieges, eine Quelle der Belehrung zugleich wie der Mahnung, an den shwer errungenen Gütern festzuhalten.

Parlamentarische Nachrichten.

Schlußbericht der gestrigen (24.) Sißung des Reichs- tages. Schluß der zweiten Berathung des Ges eßtz- entwurfs, betreffend die Gewerbegerite, bei 8. 49,

Abg. Freiherr von Stumm: Hr. Meyer hat fi die Widerlegung meiner neulihen Ausführungen sehr leiht gemacht, indem er lediglih gegen Motive losging, die er mir unterlegt, ohne daß fie wirklich vorhanden sind. Wenn er aber auch hier wieder die Frage des Heirathskonsenses bei den Haaren herbeigezogen hat, so will ih, unter dem Vorbehalt, später auf die Sache näher einzugehen, {on heute den Einwand zurückweisen, als ob es sih hier um ein neues Eherecht handelt. Der Heirathskonsens ist in gewissen Bezirken Preußens obli- gatorish gewesen. Bei den Wohlfahrtseinrihtungen der Marien- hütte bei Koßenau, die so oft als Muster angeführt werden, ist au der Heirathskonsens für alle Arbeiter bis zu einem gewissen Alter beibehalten. Die Aufrechterhaltung de Autoritätsprinzips müßte mih doch gerade bestimmen, gegen die Berufung einzutreten. Ebenso lehne ih es ab, daß mein Standpunkt beruhe auf meiner unbedingten Abneigung gegen die Gewerbegerihte überhaupt. Jch habe 1878 an der Vor- lage fleißig mitgearbeitet. Hätte ih solhe Abneigung that- sächlih, so würde ih doch erst recht wünschen müßen, daß durch den Wegfall der Berufung und die daraus folgende Ungleihheit und Jnkonsequenz der Rechtsprehung die Autorität, die Geltung, das Vertrauen der Gerichte geshädigt werden. ' Das will ih aber gerade ver- meiden. Jch kann ferner nit anerkennen, daß, wie Hr. von Cuny gesagt hat, der Kommissionsbeshluß den Mittelweg bilde zwischen den Anshauungen der Freunde und der Gegner der Berufung. Für den Arbeitgeber vielleiht; für den Ar- beiter leugne ih au heute aufs Allerentschiedenste, daß mit 100 A der rihtige Mittelweg gefunden ift. Das beweist auch der heute eingebrahte Antrag der Sozialdemokraten, der die Berufung zulassen will. Jh bleibe auf dem Standpunkt stehen, daß, so nüßlih dem Arbeiter der Polizeishug der Gewerbeordnungs-Novelle ift, viel wihtiger der Rechtsschuß ist, der den Arbeitern dur die gegenwärtige Vorlage gewährt werden soll; da ih diesen also noch höher stelle, bitte ih dringend, für mein Amendement zu stimmen.

Abg. Stadthagen: Der Shwerpunkt der Sade liegt in der Frage: soll es zuläsfig sein, an das Landgericht zu appel-