1890 / 155 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 28 Jun 1890 18:00:01 GMT) scan diff

lage gestimmt. Das werde im Auslande einen guten Eindruck machen. Für die Sicherheit des Landes, für welche die Nachbarländer so große Aufwendungen machten , dürfe auch Deutshland keine Ausgabe scheuen. Jeder Bürger und Bauer trage gern die Lasten der Versicherung gegen Feuers- efahr, warum sollte das Deutshe Reih nicht die Sn der ersicherung gegen Kriegsgefahr tragen? W.nn Frankreich troß der Kriegskosten und Kriegsentshädigung so stark ge- rüstet sei, so könnte und müßte auh Deutschland dazu im Stande sein. Eine Vermehrung der F.iedenspräsenz sei durhaus niht eine Vorbereitung zum Kriege. Die Kriegsverwaltung dürfe aber nicht außer Acht lassen, daß das Voik allgemein die zweijährige Diensizeit verlange. Die höchsten - Autoritäten hätten sich dahin ausgesprochen, daß die Soldaten des dritten Jahres am wenigsten lenkbar seien, weil sie den Dienst bereits voll: ständig gelernt. Unsere Bundesgenossen machten die Ver- e der eigenen Macht nicht überflüssig. Deutschland müßte sich vor Allem auf die Schärfe des eigenen Schwertes verlassen können. Fn ernstliche Erwägung müßte indessen eine allgemeine Reduzirung der Rüstungen genommen werden, die sonst die gesammten europäishen Verhältnisse untergrüben. Hoffentlih werde das Mittel dazu gefunden wcrden, und zwar ehe es zu spät sei.

Abg. Rickert polemisirie gegen die Ausführungen der

Abgg. von Kardorff und von Bennigsen in zweiter Lesung. Gegenüber einer Mehrheit im Reichstage, die mit Ent- schiedenheit Kompznsationen für die Bewilligung der Vorlage verlangt hätte, würden solche von der Regierung sehr wohl zu erlangen gewesen sein. Wenn unbedingte Annahme der militärishen Vorlagen vom Reichstage verlangt werde, so sei es besser, den Reichstag zu schließen. Der- selbe diene dann lediglich zur Deckung der Regierung, während es seine Aufgabe sei, mitzubestimmen. Die Fre1- sinnigen hätten sogar auf die Prüfung der Nothwendig- feit der neuen Forderungen verzihten wollen, wenn nur auf der anderen Seite die Erleichterungen, die möglich seien, gewährt worden seien. Leider habe cie Regierung au von der geringsten Konzession nichts wissen wollen. Für die offene Entwickelung der Zukunstspläne verdiene der Reichskanzler und der Kriegs-Minister Dank, und es sei nit zu verstehen, warum der Abg. von Bennigsen den Kriegs-Minister deshalb angegriffen habe. Bezüglich der finanziellen Lage und Besteuerung Englands im D o zu Deutsh!and hielt Redner die Behauptung zweiter Lesung aufreht. Die Behauptung der Abg. von Bennigsen, daß neue Steuern zur Ausführung der Militärvorlage niht nöthig seien, stehe im Widerspruh mit der Erkflärung des Scaßsekretärs in der Kommission. Die Forderungen, die die freisinnige Partei an die Annahme der Vorlage geknüpft, würden in Zukunft allgemeine An- erkennung finden. Wegen abweichender Meinungen sollte man niemals den Patriotismus der anders Urtheilenden verdäch- tigen. Nur im ehrlichen Kampfe der Meinungen sei ein glüdlih:s Resultat für das Vaterland und seine Zukunft zu erwatten. Staatssekretär Freiherr von Malßahn legte noch einmal dem Abg. Rickert gegenüber im Einzelnen die finanziellen Verhältnisse dar, widerlegte die Behaup- tungen desselben in dieser Hinsiht und wies auf das Ergebniß der Finanzpolitik der leßten 10 Fahre hin, welches fih darin darstelle, daß, während 1878/79 die Einzel- staaten an das Reich 76 Millionen Mark zu zahlen gehabt hätten, 1889/90 nah voller Deckung des eigenen Bedarfs das eih dea Einzelstaaten nah Abzug der Matrikularbeiträge noh 138 Millionen überweise. j

Abg. von Friesen erklärte sich für die Vorlage, wie- wohl dieselbe im Sacsenlande große Aufregung ver- ursacht habe. Die Mächte internationalen Charafters, die Haß und Mißtrauen säeten, gefährdeten neben der Börse den Frieden der Völker. So lange deren

Einfluß fortbestehe, könne auch an eine Abrüstung nicht ges

Wetterbericht vom 28, Juni, Morgens 8 Uhr.

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| S525 | u QE N é E Im practvollen Park un: 42 Uhr: Großes Doppel SLS| | |ZSch | haus. 158. Vorstellung. Die Walküre in 3 Akten | ert. Auftreten \ämmtliver Inf royes ch/oppel- T E B L Ui. G , R t Instrumental- und Stattonen, | S2 Wind. | Wetter. S2 [l n Wes O Dirigent : Kapellmeister Sucher. Sol e Tb d B22 | S Letzte Vorstellung vor den Ferien. ontag: Im Theater: Der arme Jouathan. 222 AzS x Schauspielhaus, 163. Vorftellung. Walleu- | În Park: Großes Doppel-Concert. T an : | z eius Tod. Trauerspiel in 5 Akten von Schier. R O) 4 R d 1s Ausans L : Kroll's Theater. Sonntag: Die Favoritin. Christiansund 751 |NNO 3 bedeckt | 11 eßte Vorstellung vor den Ferien, (Leonore: Fr. Angelina Luger, als Gast.) Eopenhagen . | 753 |WSW 3 bedeckt | 14 G e Montag: Maurer nud Schloffer. Siockholm . | 749 |OSO 4wolkig | 14 Deutsches Theater. Sonntag: Der Unter-| Dienstag: Gastspiel von Fr. Luger. Haparanda 792 fill halb bed. | 17 | staatssekretär. Mittwoch: . Erstes Auftreten des Hrn. Heinrich A dero, 792 WNW 1 bedeckt 16 Montag : Letzte Vorstellung in dieser Saison. BVötel. Der Troubadour. Moskau .…. | 751 |S 1 bedeckt 16 | Der Richter von Zalamea. j 9 ; Cork Dueens- | In den Monaten Kuli und August bleibt das der Vorstellung, _Abends bei brillanter elektr. Be- L. 266: (N aas bip: 13 | „Deutshe Theater“ ge]chlossen. leu@tung des Sommergartiens: Großes Concert. Gherbourg . | 760 SSW 2 wolki 16 e Zniang.-Souglag. & an, den Wochentagen 64, der e: ved e FLEEO 2,0058 ed. s: Berliner Theater. Sonntag: Kean E a N | 3 wolki 14 Z ¿ \ A : E N amburg . . | 756 (WSW 4 beiter 1) 14 Metau Der Probepfeil. (Friedr. Mitter- : : winemünde 767 WSW 4 heiter?) 15 | wurzer. Ludwig Barnay.) A Belle- Alliance-Theater. Sonntag: Neufahrwafser 766 WNW 3 heiter?) 16 a Bands nb Éaliaciien zum wohlthätigen | 120. Male: Der Nautilus. es e T0E O 4heiter _|__16_ Anfang 74 Uhr HNE, R Im practvolien glänzenden Sommergarten: Großes Dario [761 SW [lsbedeckt 14 E E Militär - Doppel - Concert. Auftreten fämmtlicher ünster. .. | 759 'SW 5 bedeckt 19 / Spezialitäten. Brillante Illumination des ganzen Hrn KeGorabe | 761 SO 2wolkig 18 | Wallner-Theater. Sonntag: 23. Gastspiel von | Garten-Ctablifsements. Anfang des Conceris 4 Uhr, ; Mare Uf N [WNW 2 halb bed. 16 | Therese Biedermann vom Theater an der Wien in | def Borsteliung 74 Ubr Ar 569 ¡SO 2Awolkig 17 | Wien. Zum 23. Male: Mamsell Nitouche. | Fontag: Dieselbe Vorstellung. Si f 768 S 2wolkig 16 | Vaudevilie in 3 Akten und 4 Bildern von H. Meilhac | „„ Voranzeige. Dienstag: Erstes Auftreten des Mando- S: ie | e WSW/ 4 heiter 17 | und A. Millaud. Musik von M. Hervs. linen-Quartetts Familie Armaninis, und erstes Auf- S le Luado de {till |bede#t 20 Vor dec Vorsiellung, bei günstiger Witterung : treten der Wiener Duettiften Toorl und Toni Darcé, Dreslcu. -. |_(60_W _2\wolkenlos |_ 17 | Großes Garten-Concert. Anfang des Concerts 65, fowie der Wiener Duettisten Fischer und Blum. Fle d'Aip 763 [WNW 3/bedeckt 16 | der Vorftellung 74 Uhr. Nizza ..…. | 760 |NO 2 wolkig 21 Montag u. foig. Tage: Gastspiel von Therese

1) Nachmittags Gewitter und Regen. ? Abends Gewitter. ?) Nachmittags starker Regen. Uebersicht der Witterung.

über den s{wedischen Seen, am höchsten isl der | Mußik »on C. A. Luftdruck über 763 mm über dem Biécayishen | Anfang 74 Ubr. Busen. Bei leichter bis frisher meift südlicher bis westlicher Luftbewegung ift das Wetter in Central- Europa vielfa heiter und meist kühl. Jn Deutsch- land sowie in West-Desterreih fanden vielfach Ge- witter statt, Prag meldet 27 mm Regen. Deutsche Seewarte,

Concert-Park. Sonntag:

Eheater - Anzeigen. = | Sóniglicve Schauspiele.

Biedermann. Mamsell Nitouche.

Montag: Dieselbe Vorstellung. Friedrih-Wilhelmstädtisches Theater und | Wilhelmstraße 10.

Zum 163. Male; Jonathan. Operettc in 3 Akten von Huge Wittmann

dacht werden. fgr die Vermehrung der Artillerie, die durch

Verstärkung dieser Waffe in den Nachbarstaaten geboten sei,

sprächen auch humanitäre Rücksichten; denn je weniger Ar- tillerie man habe, desto mehr Jnfanterie müsse geopfert werden. Die Vorlage zu bewilligen, bevor die Einnahme dazu gegeben, sei niht unkonstitutionell. Erst müsse man die nothwendigen Aus2gaben feststellen und dann sche man sich nah der Deckung um. Die Opfer, die nöthig sei-n für die Sicherheit des Reichs, würden vom deutschen Volke mit Freuden aufgebracht. aaa: sei auch reih genug, diese Lasten tragen zu nnen.

Ein Antrag auf Schluß der Seneraldiskussion wurde ab-

gelehnt. (Schluß des Biattes.)

(Der Schlußbericht über die gestrige Sigung des Reichs- tages befindet sich in der Ersten B:ilage.)

Kunft und Wissenschaft.

x Bekanntlich sind für die Erwerbungen der König- lihen Museen in Berlin drei Neubauten geplant, von denen zwei, nämlich derjenig- für die antiken Originalfkulpturen einschließlih der pergamenischen Funde und der für die Gemälde- und Skulpturensammlungen der hristlihen Epoche hestimmie auf der eigenilichen Museums-Jnfel ihre Stelle finden sollen, während das Museum der Gypsabgüsse jenseits der Spree wesentlih auf dem durch Niederlegung der Speicher gewonnenen G.undstück gedacht ist. Die Entwürfe der damit beauftragten Architekten, Vrofessoc Fr. Wolff, Hof-Baurath Jhne und Baurath Schwechten, haben die Spezialkommission passirt, welhe aus Kommissaren des Ministeriums für die geistlichen 2c. Angelegenheiten, des Ministeriums der öffent- lichen Arbeiten und der Generalverwaltung der Königlichen Museen zusammengeseßt war. Die Pläne liegen gegenwärtig der Akademie des Bauwesens zur gutachtlichen Aeußerung vor. Diese wird in allernächster Zeit erwartet, sodaß alsdann PORAN R die eigentlihen Projektirungs-Arbeiten beginnen önnen.

Die Akademie der Wissenschaften in Berlin Lat laut Mittheilung der „Nat -Ztz.“ ia diesem Monat 28 050 zu wissenschaftlihen Unternehmungen bewilligt, Von Seiten der philosophisd;-historiscen Klasse wurden bestimmt : 6000 4 für die Lerausgabe der politishen Korrespondenz und der Staats\{riften Friedrich's des Großen, 5000 A zur Herausgabe der Kommentatoren des Aristoteles, 3000 A zu ferneren Vorarkbeitcn für eine Publifation der antiken Münzen Moesiens und Thrakiens, 3000 Æ sür die Supple- mente zum Corpus inscriptionum Latinarum, 1000 M zur Herstellung einer Prosopographie der rômiichen Kaiserzeit, 3000 M. zur Fortfühß-- rung des Corpus inscriptionum Graecarum. Die physikalisch-mathe- matische Klasse bewilligte 1500 4 der Deutschen anatomiscen Ge- sellschaft als Beihülfe zur Herausgabe einer einheitlihen anatomischen Terminologie, 1200 ( an Professor Dames in Beriin zu einer geologisden Untersuhung der Insel Gotland und Darle- karliens, 1200 Æ an Professor Urban in Berlin für eine Reise nach Paris zum Zwecke des Studiums der dort be- findlichen i Excmplare dr westindishen Flora, 1200 # an Dr F. Rinne hierselb zur Untersuchung der mitteldeutshen Basalte, 1500 M an die Verlagsanstalt von Max Cohen u Sohn in Bonn als Zus{uß zur Herausgabe der voa Prof. Nußbaum mit Unier- stüßung der Akademie ausgefübrten Untersuhung über die kaliforniscen Cirrhipedien, 450 M an die Buchhandlung von Wilhelm Engelmann- Leipzic: als Beihülfe zur Herausgabe eines Werkes von Dr. K. Schu- manz in Berlin über den Blüthenanschluß.

Literatur.

Das neue Werk Stanley's: „Im dunkelsten Afrika“ ift, wie ,W. T. B“ aus Leipzig meldet, heute gieihzeitig in zehn Sprachen zur Auêëgabe gelanzüt.

Theater und Musik.

__ Deutsches Theater. Morgen und übermorgen finden die beiden legten Vorstellungen vor Schluß der Saison statt und zwar wird morgen „Der Unter-

und Julius Bauer

Staatssekretär“ und überworgen „Der Richter von Zalamea"

gegeben. Berliner Theater.

Die am 1. und 2. Juli stattfindenden Studenten-Aufführuugen von ,Brutas und Collatinus* erregen, wie die zahlreich eingehenden Billetbestellungen beweisen, ein sehr weitgehendes Interesse. Außer zahlreihen hoben Gästen, die ihr Erscheinen zugesagt baben, wird die Studentenshaft durch Chbargirte in Wis vertreten scin. Das Protektorat über diese Vorftellungen hat Se. Hoheit der Erbprinz von Satfen - Meiningen übernommen.

Das Repertoire vom 29. Juni bis 6. Juli lautet: Sonuatag : „Kean“ (Barnay). Montag: - „Der Probepfeil“ (Barnay, Mitter- wurzer). Dienstag: Studenten-Auffübrungen. Mittwow : „Brutus und Collatinus*“. Donnerstag: „Der Vrilchenfresser“. Freitag: „Othello“. Sonnabend: „Cornelius Voß“ Sonntag: „Der Veilchenfresser“. Die Spielzeit ist bis Mitte Juli veclängert.

Wallner-Theater

Die Vorstellungen von „Mamsell Nitouhe“ mit Therese Bieder- mazin als &Sast erfreuten si auch in der abgelaufenen Woche des regsten Besuchs und beifälligfter Aufnahme. Am Dienstag feiert diefe zugkräftige Novität bereits das Jubiläum der 25. Aufführung.

ras Victoria-Theater.

Das Victoria-Theater hatte in leßter Woche sich eines sehr regen Verkehrs zu erfreuen. Die 310. Aufführung von „Stanley in Afrika“ am Donnerstag wurde von mehreren Herren der hier anwesenden oft- afrikanishen Expedition besubt. Aud die awerikanischen Schüßen besuchzn bereits fleißig die Vorstellungen des beliebten Aus-

stattungsftüds, Belle-Alliance- Theater Morgen findet wieder ein sogenannter „billiger Sonntag“ ftatt.

Mannigfaltiges.

Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich, ist der „B. B.- Ztg.“ zufolge, um die Ueberrabme des Protektorats über den in Friedenau auszufühßrenden Kirchenbau gebeten worden und hat fie zugesagt. Die Kirche soll auf dem Friedrih:-Wilhelmsplaß erbaut werden, welcher unweit der Ringbahnstalion Friedenau liegt und mit \ckönsten Eichen- und Lindenbäumen bestanden ift.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Aachen, 28. Juni. (W. T B) Die Handels- kammer für Aachen und Burtscheid hat beschlossen, zum Schuße der durch die Mc. Kinley-Bill schwer bedrohten Textil- und Nadelindustrie eine Eingabe an den Handels-Minister zu richten.

__ Sheerness, 28. Juni. (W. T. B.) Jhre Majestät die Kaiserin Friedrih ist heute Vormiitag mit den Prinzessinnen Töchtern an Bord der Königlichen Yacht „Victoria and Albert“ hier eingetroffen und bei der Landung von dem Herzog von Connaught sowie dem deutschen Botschafter Grafen von Haßfeldt begrüßt worden. Die Höchsten Herrschaften segten alsbald mittels Extrazuges die Reije nah Windsor fort.

_ Paris, 28. Juni. (W. T. B) Jn der heutigen Sizung des Ministerraths verkündete der Minister des Jnnern Constans, daß der General-Gouverneur von Algerien auf Anrathen des obersten Gesundheitsraths für dieses Jahr die Pilgerfahrt nach Mekka untersagt f Diese Maßregel wird sich auch auf Tunis aus- ehnen.

St. Petersburg, 28. Juni. (W. T. B.) Einem aus Wladiwostok hier eingetroffenen Telegramm zufolge trafen dort zwei chinesische Beamte mit englishen Fnge- nieuren ein, welche Terrainstudien zum Bau einer Eisen- bahn dur die Mongolei anstellten. Dieselben erklärten, die chinesische Regierung beabsihtige, die Lösung der Frage il des Eisenbahnbaues nah der russishen Grenze zu be-

eunigen.

(Fortseßung des Nichtamilichen in der Ersten Beilage.)

L]

2 2 Musik von Cari Millôer. | [13804] In Scene g-segt vor Jultus Frißie. Dirigent: Sonntag: Opern- | Hr. KapcÜmeister Knoll Anfang 7 Uhr.

National-Panorama. Herwarthftr. 4, Königsplat.

Das alte Rom

mit d. Triumphbzuge Kaiser Constantins i. F. 312 n. Chr. o. d. Kgl. Prof. J. Bühlmann u. Alex Wagner in München. Täglich geöffnet v. Mor- gens 9 Uhr bis zur Dunkelheit. Eintritt 1 4

Neu eröffnet.

Familien-Nachrichten.

Täglih: Bei günstigem Wetter vor und nah | Verlobt: Frl. Henny Kublmay mit Hrn. Guts-

besiger Max Heyne (Marienhof—Szychowo). Frl. Julie Siebert mit} Hrn. Musikdirektor Otto Schubert (Berlin). Frl. Elise Hoyer mit Hrn. Dr. med. Karl Meier (Bergen—Winsen).,

Verehelicht: Hr. Prem.-Lieutenant Emil von B ti Wilkau mit Frl. Elisabeth von Froelih

reslau).

Zum Geboren: Ein Sobn: Hrn. Kreisphysikus Dr. Klose (Oppeln). Hrn. Eduard Schmidt (Lichte b. Walendorf), Hrn. G. Brehmer (Oppeln). Hrn. Hans von Korn-Rudelsdorf (Rudelsdorf).

. Jareßzki (Berlin). Eine Tochter: Hrn. Dr. Joh. Alesch (Berlin).

Gestorben: Hr. Hauptmann a. D. Gustav Drescher (Neisse). Hrn. Anton Alexander Schulz (Gauers). Frau Henriette Steinhardt, geb. Beyfuß (Hildesheim). Hr. Gymnasial-Ober- lehrer a. D. Adolf Swt{enck (Soest). Frau Ottilie Guradze, geb, Marckwald (Karlsbad). Frau Ida Schwertfeger, geb. Kux (Neuhaldens-

Raida. Ballct von C. Sevecini [14413]

Direktion: Julius Frische. Der arme

Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde.

Victoria-Theater. Sonantaz: Zum 313 M.: n A Bie ai rg t

Stanley in Afrika. Zeitgemälde in 10 Bildern | wissenshaftlihen Theater.

Ein tiefes Minimum von etwa 745 mm liegt | von Alex. Moszkowski unb Richard Nathanfon. | zettel. Näheres : hie Anfchlage

„MNordlaud-Panorama“ Geöffnu, b. z. Dunkelheit.

Lofoten, Heute nur 90 Pf.

leven). Hr. August Linke (Berlin). Frau Obe:amtmann Emilie Romanus, geb. Gading (Greifswald). Hrn. Brauereibefißer Klose

Vorstellung im Tochter Lucie (Breslau).

Redacteur: Dr. H. Klee. Berlin:

Verlag der Expedition (I. V.: Heidrich).

Druck der Norddeutschen Bucbdruckterei und Verlags- Anstalt, Berlin §SW,, Wilhelmstraße Nr. 32. d

Sieben Beilagen (eins{ließli@ Börsen-Beilage).

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

„M2 15S.

Parlamentarische Nachrichten.

Sghlußbericht der gestrigen (28.) Sißung des Reichstages. S@hluß der dritten Berathung des Geseßentwurfs, be- treffend die Gewerbegerichte.

Aus der Debatte tragen wir zunächst die Rede des Staats- sekretärs Dr. von Boetticher zu §. 1, welche wir gestern chon kurz skizzirt haben, im Folgenden nach:

Der Herr Vorredner is der Meinung, daß der Antrag auf Streichung der kritishen Worte in Alinea 2 von einem Mißtrauen gegen die Gemeinden diktirt sei. JIch kann es in der That nicht finden. Ein Mißtrauen liegt darin durhaus niht, wenn man für gewisse Fälle der Kommunalaufsihtëebehörde eine Kontrole darüber aaten ales ob eine Anordnung in einem Statut zweckmäßig ist oder nit.

Der Say, dessen Streichung der Hr. Abg. Ackermann ins Auge faßte, entzieht der höheren Kontrole die Prüfung darüber, ob statu- tacishe Bestimmungen zweckmäßig sind oder niht, und läßt eine solche Kontrole nur nah der Richtung hin zu, ob die Bestimmungen mit den Geseßen in Widerspru stehen. Das genügt uns nicht, und kann uns nit genügen, obwohl wir volles Vertrauen zu der Gemeinde- verwaltung haben,

Ich habe schon in der früheren Lefung darauf hingewiesen, daß, soweit es si allein um größere Städte handelt, vielleiht gar keine Veranlassung vorhanden wäre, eine Aenderung des in der zweiten Lesung beschlossenen Satzes herbeizuführen, für kleinere Gemeinden trifft das indessen nit zu. Da außer den Gründen, die, meines Erachtens mit vollem Recht, der Hr. Abg. Ackermann für seinen Standpunkt ins Feld geführt hat, der Hr. Abg. Eberty noch nah neuen Gründen lüstern is, so will ich nicht anstehen, noh solche Gründe hierfür vorzuführen.

__ Sie haben in der zweiten Lesung in Alinea des 8. 1 die Möôg- [ihkeit zugelassen, daß auf den Antrag der Betheiligten auch gegen den Willen der Gemeindebehörde ein Gewerbegeriht durch Anordnung der Landes-Centralbeb örde eingerihtet werden kann. Nun denken Sie {sh den Zustand, daß eine kleine Gemeinde entgegen dem Wunsche der Arbeitgeber und Arbeiter erklärt: „wir wollen kein gewerbliches Schiedsgericht haben“, die Landes-Centralbehörde aber die Wünsche der Interessen für so wohlbegründet und durch\ck{lagend ansieht, daß sie nun ihrerseits die Errichtung eines Gewerbegerichts anordnet. Wie wird sich nun bei der Errichtung des Statuts diese dem ganzen Unternehmen abgeneigte Gemeindebebörde stellen ? _Sie wird dasselbe ganz naturgemäß so einrihten, daß es ihrer Auffassung möglichst Rechnung trägt, und vielleiht sogar dazu übergehen, das Statut so zu fassen, daß mit demselben, obivohl es mit den Geseßéên nicht absolut in Widersvruh steht, aus Zwecckmäßigkeits- rücksihten gar nicht fertig zu werden ist, Auch dieser Hinweis führt, glaube ich, ganz \chlagend zu der Ueber- zeugung, daß es auch aus Zweckmäßigkeitsrücksihten dur- aus nothwendig ist, eine Höhere Kontrole eintreten zu lassen. Dabei ist, wie gesagt, von Mißtrauen gegenüber den Ge- meindebehörden nicht im Mindesten die Rede. weiß mi wenigstens davon vollständig frei; aber die Garantie will ih geschaffen haben, daß nicht den Betheiligten unzweckmäßige Bestimmungen auf-

gezwungen werden, von deren Unzulässigkeit und Unzwèéckmäßigkeit -

vielleiht jeder Andere, nur niht die betreffende Kommunalbehörde überzeugt ist. Lehnt die Aufsichtsbehörde die Genehmigung eines Statuts ab, so ist immer noch die Möglichkeit gegeben, hiergegen die höhere Instanz anzurufen, und \{chließlich muß man doch au darauf rechnen, daß die gesunde Vernunft in diefen Instanzen zur Geltung kommt. Vergessen Sie den Standpunkt nit; es handelt Kch hier niht um eine Kommunalangelegenheit in dem Sinne, daß das Gewerbegeriht ein Zweig der Kommunalverwaltung würde, sondern vielmehr um die Regelung der Rechtsprehung für ein be- \timmt:es Rechtsgebiet, bei der man es zweckmäßig findet, den Kom- munalbehörden einen gewissen Einfluß auf die Verwaltung dieser Rechtéfrage zu gewähren. Der Verantwortung aber dafür, ob diese Recbtsfrage gut, zweckmäßig und ordentliß organi- sirt ist, kann sich der Staat gar nicht entschlagen; und so sehr ih es bedauern würde, wenn die freisinnige Partei aus dem Grunde Veranlassung nehmen würde, gegen das Gesetz zu stimmen, weil darin eine Prüfung der Statuten auch nach dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit zugelassen wird, so würde ich mi darüber trösten egenüber dem von mir tief empfundenen Uebelstande, den es zur Folge haben würde, wenn die Prüfung dieser Zweckmäßigkeit ausge- lossen und au nur in einem Orte des Reis ein Gewerbegericht auf Grund eines Statuts errihtet würde, dessen Unzweckmäßigkeit vor Augen liegt.

Fch bitte deshalb, den Antrag des Hrn. Abg. Ackermann anzu- nehmen. Dabei will ich glei erklären, daß ih den Antrag des Hrn. Abg. Hahn gleichfalls für durhaus richtig und zutreffend halte. Ich halte es unbedingt für geboten, daß keine Geheimnißkrämerei getrie- ben wird, sondern daß die Gründe, welche die Aufsichtsbehörde be- stimmt baben, dem Statut die Genehmigung zu versagen, auch den Interessenten bekannt gegeben, eventuell auch einer Kritik unterzogen werden.

Also i kann nur empfehlen, nehmen Sie den Antrag Ackermann und den Antrag Hahn an.

Die Rede, welche alsdann der Staatssekretär Dr. von

Boetticher zu 8. 12 hielt, lautete: A

Meine Herren! Die Herren Gegner der Vorlage leisten in der Konstruktion von Gründen alles Mögliche. Jett kommt der Hr. Abg. Hirs und sagt, es komme ihm fo vor, als ob bei den Vorschlägen der verbündeten Regierungen die Tendenz vorgewaltet habe, für das am 30. September ablaufende L in diesem Gesetz einen Ersatz zu hafen. (Heiterkeit rechts.) Sie sehen aus der Heiterkeit, die im Hause: entsteht, =— (Lachen links) wenn ich nur an die Môög- lichkeit erinnere, daß dieser Grund wirklich nur einer kühnen Phantasie entsprungen sein kann. Meine Herren, ih muß sagen, wir haben, als wir diese Vorlage ausgearbeitet haben, an das Sozialistengeseß absolut nicht gedacht, sondern uns nur gefragt: was ift zweckmäßig und was ist vernünftig. Aus dieser Beurtheilung heraus sind auch die Ab- weihungen zu erklären, die diese Vorlage gegenüber der Vorlage vom Fahre 1878 enthält. Der Herr Vorredner nennt es eine Verschlechte- rung, daß in der gegenwärtigen Vorlage nit, wie in der Vorlage von 1878, das 21. Lebensjahr als diejenige Grenze bezeichnet wird, von der an die Wahlberechtigung beginnt, während ic es eine Verbesse- rung nenne, daß die neue Vorlage die Wahlberehtigung an die Vollendung des 25, Lebensjahres knüpft. Für diese Maßnahme fehlt es au keineswegs an Vorgängen. Die Herren führen uns als Vorgänge, die ihren Antrag unterstützen sollen, die auf Grund des §. 120 a der Gewerbeordnung errichteten Schiedsgerichte an. Diese Gerichte sind zu Stando gekommen durch Ortsstatuten; der Gefeßgeber hat dabei niht mitgewirkt. Ih habe neulih {hon gesagt daß jeßt, wo die Sache ex profes80 vom Geseßgeber in Angriff genommen wird, der Gesetzgeber sich überlegen muß: was ift das Richtige und was st das Vernünftige. Die P kommen weiter mit dem Vor- bilde der Wahlen zu den Sciedsgerichten für Unfallsachen. Auch das die Theilnahme an diesen Wahlen ordnende Wahlreglement, welches die Berechtigung zur Theilnahme an der Wahl für diese S [Peruute feststellt, ist niht vom Gesetzgeber erlaffen. (Zuruf links.) Bitte, das ist vom Reichs-Versicherungsamt beziehungs-

Berlin, Sonnabend, den 28. Juni

weise der sonst zuständigen Behörde erlaffen. (Zuruf links.) Nun gut, dann sage ich Ihnen ganz einfach, daß es \sich bei den Unfall- \chied8gerihten nidt um den Ausbau eines auf dem Gebiet des gegen- wärtigen Entwurfs liegenden Theils unserer fozialwirthschaftlichen Geseßgebung handelt, während hier die Zusammenseßung eines Ge- richtshofs in Frage steht, welcher im Namen der staatlichen Autorität Recht zu sprehen hat. Ich kann das niht oft genug wiederholen ; die Theilnahme an der Bildung dieses Gerichtshofs ift ein politisches Recht, welches dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer gewährt wird, und für die Abgrenzung der Theilnahme an politisben Rechten haben wir bereits in der Verfassung ein Vorbild. Dieses Vorbild ist maß- gebend für uns gewesen. Das politishe Wahlrecht beginnt aber nah der Verfassung mit dem vollendeten 25. Lebensjahre, und dasselbe Lebentjahr haben tir hier zum Ausgang8punkt für die Betheiligung an der Wabl zum Schiedsgericht vorgeschlagen. Sie sehen also, daß wir ganz rationell verfahren. Was die Berechtigung der Wahl der Frauen anlangt die s ist heute nur oberflächlich gestreift worden —, so kann ich den erren erklären, daß mir zu Gunsten des von mir vertretenen Stand- punktes eine ganze Reihe von Zustimmungsäußerungen zugekommen sind, au aus Kreisen von Arbeiterinnen, die si dafür bedanken, daß man sie in den Strudel der Wahlagitation hineinbringen will. Alfo ih bitte Sie, meine Herren, lassen Sie es bei den Beschlüssen der zweiten Lesung.

Jn der Berichterstattung waren wir gestern bis zur An- nahme des §8. 15 gekommen. Ueber die weitere Debatte ist Folgendes zu berichten :

Nah 8§. 16 kann ein Mitglied des Gewerbegerichts, welches fi einer groben Verleßung seiner Amtspflicht schuldig gan hat, seines Amts durch das Landgericht entseßt werden.

Abg. Kauffmann hält die Fassung „grobe Verlegung der Amtspflicht“ für bedenklih, weil fie leiht mißbraucht werden könnte zu Maßregeln politisher Natur. Redner bean- tragt, hinzuzufügen, daß die Verlegung der Amtspflicht be- gangen sein muß dur eine strafbare Handlung.

Abg. Stadt hagen: Wir sind für Streichung dieser ganzen Bestimmung. Der Begriff: „grobe Amtsverlezung“ ist ein so kautschukartiger, daß er das gerechte Mißtrauen der Arbeiter gegen einen folhen Paragraphen hervorrufen muß. Von den bisherigen Ortsstatuten enthält mit einer einzigen Ausnahme keines eine derartige Vorschrift. . Nachdem Sie dureh diese Vorlage ohnehin den Gemeinden das Recht genommen haben, ihre Statuten so zu formuliren, wie es ihnen paßt, wollen Sie eine Bestimmung beschließen, welche gegen die Selbständigkeit des Charakters der Arbeiter gemünzt ist. Die Rechtsanwaltsordnung enthält eine ähnlihe Bestimmung. Wir haben vier Bände Entscheidungen Seitens des Ehren- gerihtshofes, welche als Analogien sehr interessant sind. Da ist z. B. ein Anwalt angeklagt worden, weil er den Präsis. denten des Gerichtshofs nicht gegrüßt hat. Das Ehrengericht hat ihn allerdings freigesprohen. Könnte niht auch ein Arbeiter angeklagt werden, weil er den Vorfißenden oder irgend ein Regierungsmitglied nicht gegrüßt hat? Andere Fälle beziehen sich auf Beleidigungen. Vielleicht kann der ge- ringer gebildete Arbeiter mit seiner kernigen Sprache den Vorsitzenden beleidigen und dann wie ein Dieb auf die An- klagebank gezerrt werden. Ueberhaupt ist ein Mißtrauen gegen die Staatsanwalte sehr berehtigt. Alle Arbeiter sind poli- tish ziemlih mißliebig, und es ist anzunehmen, daß gegen sie der Staatsanwalt in erster Linie vorgehen wird. Was ist grobe Verleßung gegen die Amtspfliht? Wo diese vorliegt, tritt hon das Strafgeseßbbuh ein. Man will aber hier gar nicht solche Fälle treffen, sondern den Arbeiter als solchen. Diese Bestimmung ist diktirt von dem allerschärfsten und un- berechtigtsten Mißtrauen gegen den Gerechtigkeitssinn und die Vernunft der Arbeiter. Jch habe zu den Arbeitern das ZU- trauen, daß sie gerehter sein werden als andere Richter, ja vielleiht zu geren gegen die übrigen Arbeiter. Wenn Sie aber einmal einen solchen Paragraphen aufrecht er- halten wollen, so unterwerfen Sie den Arbeiter wenigstens

nit dem hocnothpeinlihen Verfahren der Staats- anwalte; dann möge man wenigstens das Plenum des Gewerbegerihts entscheiden lassen. Der Staats-

anwalt ist eine französishe Einrichtung, die von den Konser- vativen festgehalten wird, vielleiht weil es eine jganzöilge Einrichtung ist. (Der Präsident ruft den Redner zur ache.) Der Staatsanwalt ist so recht ein Produft im sozialen Kampfe der A pi E gegen die Besißlosen. Der Staatsanwalt muß egen besseres Wissen eine Anklage erheben auf Antrag der

öheren Verwaltungsbehörde; er hat das Privilegium, Etwas zu thun, was sonst als eine Verleumdung erachtet werden müßte. Dies Institut entstand im Kampfe für den Absolutismus, der mit einem Bischen konstitutionellem und kartellfreundlihem Flitter verbrämt ist. Der Staatsanwalt wird viel leichter einschreiten gegen Arbeiter als gegen Arbeitgeber. Jch will dem einzelnen Staatsanwalt keinen Vorwurf machen. Er muß so handeln, wie er es thut. Es ist vorgekommen, daß ein Staatsanwalt eine Anklage nicht erhoben hat, wenn ein Arbeitgeber einen Arbeiter geduzt hat, wohl aber dann, wenn der umgekehrte Fall vorlag. Ein Staatsanwalt hat einer Denunziation Folge gegeben und Anklage erhoben gegen Arbeiter, wenn sie nichtstrifende Arbeiter an- gegriffen haben; er hat es unterlassen, wenn nihtstrikende Arbeiter die Strikenden angegriffen haben. E: ;

Präsident von Leveßow: Jh muß Sie bitten, die Staatsanwaltschaft nicht in dieser Weise zu beshimpfen, daß fie ihr Amt in parteii]sher Weise verwaltet habe. Fch kann das einer Behörde gegenüber nicht zulassen.

Abg. Stadthagen (fortfahrend): Jh habe selbst He R Sn daß die Staatsanwälte dazu durch ihr Amt ge- wungen find.

\ räsident von Leveßow: Jh bleibe bei meiner Repri- mande.

Abg. Stadthagen (fortfahrend) : _Die Arbeiter werden vero bei Verrufserklärungen, gegen die \{hwarzen Listen der Arbeitgeber schreitet kein Staatsanwalt ein. Jh befürchte, daß man gegen die Arbeiter aus politischen Gründen vor ehen wird. Die Arbeiter find dec Willkür der Staatsanwaltschaft

reisgegeben. Jh möchte von der Regierung wissen, ob ein Arbe ter auch verhaftet werden darf wegen Verleßung der Amtspfliht. Jn Hamburg hat man strikende Arbeiter auf die

1890.

Polizei berufen und dort behandelt wie gemeine Verbrecher. Jh sehe nit ein, warum nit au ein Beisißer aus einem ähn- lihen Grunde wegen grober Amtsverlezung verhaftet werden könnte. Der Staatsanwalt hat die Ansicht, daß der Arbeiter stets ein Bewußtsein dessen hat, was er thut, der Arbeitgeber aber nicht ; verlegt also ein Arbeiter seine Amtspflicht, so wird er unter Anklage gestellt werden, der Arbeitgeber aber nicht. Es liegen Verfügungen zu Dußtenden vor von Staats- anwalten, wo es zweifellos war, daß der Arbeitgeber eine objektiv strafbare Handlung begangen hat, wo aber der Staatsanwalt der Meinung war, ein ge- bildeter Arbeitgeber könne unmöglich den Grad von Bewukßt- sein haben, den der Arbeiter stets haben müsse, wenn gegen ihn vorgegangen wird. Die Berufung bei den Landgerichten könnte nihts nügen; das Landgericht kann feine Disziplinar- strafe gegén den Staatsanwalt in Antrag bringen, ja nicht einmal gegen geseßzwidrige Vorgänge irgend welche Remedur schaffen. Außerdem sind die Landgerichte leider so reaftionár gestaltet, daß von ihnen doch nichts zu erwarten ist. Jch bitte Sie, lehnen Sie diesen Paragraphen ab oder zeigen Sie dur die entgegengeseßte Abstimmung, daß Sie eine Fülle des Miß- trauens von Furcht haben vor dem Gerechtigkeitssinn, vor dem Amtssinn und vor dem Ehrlichkeitsfinn der Arbeiter, die wir nicht verstehen können. E

8, 16 wird unter Ablehnung des Antrages Kauffmann angenommen.

Nach §. 25a sollen Rechtsanwalte und Konsulenten als Prozeßbevollmächtigte oder Beisiände vor den Gewerbegerichten nicht zugelassen werden. :

Abg. Freiherr von Pfetten beantragt, daß ausnahms-

weise der Vorsitzende Rechtsanwalte zulassen kann, wenn die S aua rehtsfundigen Beistand der Parteien erforderlich machen. Abg. Bachem will die ausnahmsweise Zulassung von Anmwalten dem Gewerbegeriht überlassen, wenn der Streit- gegenstand rechtskundigen Beistand der Parteien erforderlich macht. Personen, welche ohne Vergütung die Vertretung vor dem Gewerbegeriht geshäftsmäßig übernehmer, können vom Gemwerbegeriht als Prozeßbevollmächtigte oder Beistände zurüd- gewiesen werden.

Abg. Osann: Jch bitte, beide Anträge abzulehnen, da überwiegende Gründe gegen die Zulassung der Rechtsanwalte überhaupt sprehen. Es soll doch eine Beschleunigung des Verfahrens durchgeführt werden. Die Entscheidung über die Zulassung dem Vorsißenden zu überlassen, t sehr mißlih, es würde der eine mehr, der andere we- niger Schwierigkeiten bei der Zulassung machen, es würde somit auf diesem Gebiet eine gewisse Willkür Plat greifen. Auch is} es für den Anwaltstand niht fehr zuträglich, von einer solchen Zulassung abzuhängen ; es könnten leiht dadur Kollegen \ih verleßt fühlen. Zudem wird 1a der E meistens selbst ein Rechtsgelehrter sein. Der Abg. Bachem macht nun gar noch weitere Unterscheidungen, indem er neben den gewerbsmäßigen noch solche Perjonen aufführt, die ohne Vergütung geschäftsmäßig die Vertretung vor Gericht wahrnehmen. Das scheint mir auch nicht besonders zweckmäßig. Í

Abg. Grillenberger: Jh kann mich in der Hauptsache dem Vorredner anschließen. Leider haben ja gerade die Juristen des Hauses durch ihre Spißfindigkeiten dazu beigetragen, die reaktionärsten Bestimmungen in diesem Geseße durhzudrüdcken. Mit Freuden haben wir es deshalb begrüßt, daß wenigstens hier die Anwalte ausgeschieden werden sollten. Nun will man fie abe: durch eine Hinterthür wieder ein- führen. Hr. Bachem hat sich während der ganzen Berathung ganz besondere Mühe gegeben, aus dem Gesey Alles auszumerzen, was für die Arbeiter günstig war, Alles ins- besondere, was von uns beantragt wurde; er beantragt au hier wieder, daß Personen, welche ohne Vergütung ge\{häfts- mäßig die Arbeiter vor dem Gewerbegerichte vertreten, davon ausgeschlossen werden können. Wir wissen recht wohl, gegen wen si diese Bestimmung richten foll. Bei den bestehenden Gewerbegerihten müssen Minderjährige durch einen Fachgenossen vertreten sein; da sind denn oft Vorstände von ¿Fachvereinen zu dieser Vertretung aufgefordert worden. Jn _arbeiter- feindlichen Kreisen ist vielfah davon die Rede gewesen, daß, wenn man derartige Leute niht extra ausschließe, dieje }0 häufig erscheinen würden, daß fie sich eine gewisse Routine aneignen und den Gerichten dadurch mehr zu schaffen machen würden, als gewissen Herren recht ist. Jh bin fest überzeugt, daß hiermit gerade ein neuer Schlag gegen die Angehörigen von Arbeiterorganisationen geführt werden sol. Jh möchte Sie dringend bitten, lehnen Sie die Anträge ab, damit die gegen die Gestaltung des Geseßes bei den Arbeitern herrschende Erbitterung niht noch mehr gesteigert werde. i ,

Abg. Bachem: Jh provozire auf das Zeugniß der eigenen Parteigenossen des Abg. Grillenberger, ob ih nicht ohne jedes Mißtrauen, mit vollendetem Wohlwollen, in der besten Absicht, Gutes zu schaffen, an der Arbeit mitgewirkt habe. Mein Antrag ist eine Folge der vielfahen Bedenken, welche ih gegen den völligen Auss{chluß der Rechtsanwalte vernommen habe. Alle Diejenigen, welhe für Geld Rechts- geschäfte wahrnehmen, alle Rechtsanwalte und Rechtskonsulenten will auch ic völlig ausschließen. Die niht gewerbsmäßig solche Geschäfte Wahrnehmenden P also zugelassen werden. Nun kann es ja vorkommen, daß derartige Leute dur ihr Geschäftsgebahren eben so sehr die Geschäfte aufhalten, wie es bei den Amtsgerihten der Fall ist. An Mitglieder der Fachvereine habe ih niht entfernt gedacht, ih kann es nur anerkennen, wenn fih in den Fachvereinen Leute finden, die ohne Vergütung für minderjährige oder minder intelligente

rbeiter thätig sind. (Zwischenruf des Abg. Grillenberger: Die shmeißen Sie ja hinaus!) Die s{hmeiße ih niht hinaus; ih bin ganz damit einverstanden. Das Gericht soll ja über die Zulassung entscheiden, da spriht ja der rbeiterbeifißer mit, der Arbeitgeber beherrsht doch nicht allein das Terrain. Jch bitte Sie, meinen Antrag und den des Hrn. von Pfetten anzunehmen. ;

Abg. Ebert y giebt der Kommissionsfassung den Vorzug vor den Anträgen Bachem und von Pfetten. Man könne

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