1890 / 156 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 30 Jun 1890 18:00:01 GMT) scan diff

Mannigfaltiges.

Ueber den demnächst vollendeten Neubau der Moltkebrüdcke meldet die „Voss. Ztg.“: Gezenwärtig ift man beschäftigt, eine pro- visorishe Gasbeleuhtung anzulegen, da die für das Geländer be- stimmten figurenreihen Bronzekandelaber noch in Lauchhammer gegossen werden Mit RüccksiWht auf die bevorstehende Eröffnung ift die Herstellung der Fahrbahn im vollsten Gange, au find die Trophäengruppen auf den Vorpfeilern mit Adler und Cule (als dem Sinnbild der Wissenschaft) vom Bildhauer Böse vollendet worden. Die Porträtköpfe in den Schlußssteinen hat man zum Theil \con abgerüstet ; dieselben sißeà vortreffliG in den rei gestalteten Scilden und zeigen oberhalb wie unterbalb in der Mitte den Kopf des Grafen Moltke (von Reinhold Begas), zu den Seiten aber Blücher und den alten Derfflinger, sowie zwei Feldherren des Alter- thums, ausgeführt von Profeffor Carl Begas. Die Architektur der in rothem Mainsandstein trefflich ausgeführten Brücke rührt von dem bei der städtisWen Verwaltung beschäftigten Regierungs- Bau- meister Otto Stahn ber, der soeben den zweiten Preis für das Kyffbhänserdenkmal gewonnen hat.

Na dem Bericht über das sechste Gescäftsjabr des Deutschen Offizier-Vereins vom 1. April 1889 bis 31, März 1890 betrug die Zahl der stimmberechtigten Mitglieder: am 31, März 1890 31 326, am 31. März 1889 27 565. Es traten also im Laufe des Jabres hinzu 3761. Außerdem wurden Jayhre8karten an außerordentlie Mitglieder ausgegeben 3017 gegen 2907 im Vorjahre. Der Umfaß an direkten Verkäufen an èie Mitglieder betrug im seten Beschäftsjahre 4588 799,70 #4, gegen 350625860 Æ in 1888/89. Von obiger Ziffer entfallen auf den eigenen Werkstättenbetrieb 1710629,95 # Der Bruttogercinn beträgt nach bereits erfolgter Abschreibung auf Waaren 233 949,55 4, wovon für Reservestellun- gen u, f. w. oerwendet werden 36700 4 Es ergiebt si demna ein RNeinerträgniß gemäß §. 28 des Statuts in Höhe von 197 249,95 Dasselbe ist durch Comitébes{hluß vom 10. Juni 1899 auf Grund 8. 28 des Statuts wie nachstehend vertbeilt worden: :

1) Verzinsung: 5% erkalten die bis 1. April 1889 ausgegebenen 1 930 000 4 Antheilsheine für di Zeit bis 31, März 1890 96 509 4, 4 0/4 Interimszinsen erhalten 1000 C00 # Antheils- scheine II. Serie vom Tage der Einzahlung bis 31. März 1890 12 343,90 Æ, zusammen 108 843,90 i

2) Zur Amortisation des Garantiefonds laut §. 28 des Statuis werden 42 000 4, nebst 5 %/o Agio 2100 #, zusammen 44100 #4 verwendet. 2

3) Dem Reservefonds ift der gleihe Betrag mit 44 100 M. zugewiesen worden, und der verbleibende Rest von 205,65 A wird auf das neue Geschäftsjahr 1890/91 vorgetragen.

Ulm, 28. Juni. (W.T. B.) Die Vorf eier des Münster- festes begann heute Nachmittag 4 Uhr mit einem Umzuge der Scul- jugend dur die rei@geschmüdte Stadt. Auf dem Münsterplaße fand Choralgesang statt. Um §8 Uhr wurde großer Zapienstreih aus- geführt; um 83 Uhr sammelte sih die Bürgerschaft auf dem Plage vor dem Hauptportal des Münsters, woselbft Musikaufführungen stattfanden. Die Bürgerschaft sang den Choral „Nun danket Alle Gott“ und hierauf „Deutschlard, Deutschland über Alles“, Um 9 Uhr fand bengalishe Beleuchtung des Münsters ftatt. E

Zur Theilnahme an der Münster-Feier find hier eingetroffen: Se. Königliche Hoheit der Prinz Friedri Leopold von Preußen, als Vertreter Sr. Majestät des Kaisers, Prinz Wilhelm von Württem- berg, der Fürst von Hohenzollern, Prinz Bernhard von Sacsfen- Weimar und der Chef des Generalstabes der Armee, General ver Kavallerie Graf von Waldersee. /

29. Juni. (W. T. B) An dem beute im Rathssaale statt- gehabten Galadiner nahmen Theil: Se Königliche Hoheit der Prinz Friedrih Leopold von P.eußen, Prinz und Prinzessin Wilbelm von Württemberg, Prinz Arnulph von Bayern, Prinz Bernbard von Sachsen-Weimar, der Fürst von Hohenzollern, der Präsident des württembergishen Staats-Ministeriums Freiherr von Mittnat, der preußishe Staats-Minister Dr. von Goßler, die Generalität, die württembergishen Staate-Minister und andere distinguirte Personen. Die Zahl der Gedecke betrug 82. Der Ober-Bürgermeister Heim brachte den ersten Toast auf Se. Majestät den Kaiser, den König und die Königin von Württemberg und den Prinz-Regenten von Bayern aus. Als Vertreter Sr. Majestät des Kaisers erwiderte Se. Königliche Hoheit der Prinz Friedri Leopold auf den Toast des Ober - Bürgermeisters, indem er versihe:te: Se. Majestät der Kaiser nehme mit Seinem hoben Verbündeten, dem König von Württcmberg, ein lebhaftes Interesse an dem herrlichen Münsterbau. Se. Königliche Hoheit toastete auf die Stadt Ulm und das württembergische Land. Um 5 Uhr traf die Königin von Württemberg hier ein, um der heute Abend im Münster statt- findenden Aufführung des Oratoriums „Elias“ von Mendeltsohn bei- zuwohnen. Vie philosophisbe Fakultät der Universität Tübingen er- nannte den Baumeister tes Münfters Beyer zum LToktor der Poilosophie: Der für heute beabsittigte historische Festzug ist wegen

egenwetters auf morgen Nachmittag vershoben worden

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Wetterbericbt vom 30. Juni, Tfendend,

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Wetter.

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uni e 1.748 Cherbourg . | 749 754 756 758 758 757 755 756 757 760 759 761 760

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Seiest 1 159 till/Regen 1) Gestern Vormittags und Nachmittags Gewitter und Regen. 2) Gestern Nahm. Gewitter. ?) Nachts

Regen #4) Gestern Vormittags Regen.

Vebersiht der Witterung. Ein tiefes barometrishes Mirimum unter 740 mm ist westlich von Schottland erschienen, einen Aus-

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und A. Millaud.

Großes Garten-Concert.

der Vorstellung 74 Uhr. Mittwoch u. folg. Tage :

Biedermann. Mamsell Nitouche.

Victoria-Theater.

standen.

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Dedckwagen Thâtigkeit.

Vorjahres. Bahnhof

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Meere zul niht meh rederif“

nordwest

Zum 25. Male:

Afrika.

Direkt Zum 165,

184 Millioxen

gewöhnli, 364 MilUionen, verzeichnet wurden. auh dazu beigerragen; sie mehrerer Theater, zu verzeihnen.

nah Java Prins Frederik“ eben im Southampton der , Marv essa*, welcher na Biskaya fuhr, in heftiger Weise gegen die rechte Flanke des „Prins Frederik“ anpralite. Nelelwetter berrschte, so läßi fich der Zusammenstoß nur dadur erklären, daß der „Marpessa* den Hafen von Portsmouth mit einer Geschwindigkeit verließ, welhe nad dem Seegeseß nur in offenem Der Maschinist des englishen Damvfers konnte Zeit Gegendampf geben. Zusammenstoß an lanke ein fo Leck daß A eiadrang und der Dampfer unter dem Jammergeschrei der Passagiere Glükliherweise hatte der „Marpessa“ trog der Wucht des Zusammenstoßes keinen Schaden gelitten und konnte daher Die Mannschaften beider Schiffe

London, 26. Juni.

und

Auf

âssig ist. r zur batte

zu finkea begann.

sofort ans Rettungswerk gehen. ( i thaten bei den Rettung8sarbeiten mehr als ihre Pflicht. „Prins Frederik“ in kaum fünf Minuten versank, wurden do alleRettungs- boote desfelben unter Leitung des kaltblütigen Kapitäns Visman flott

lien

Regen. Deutsche Seewarte.

Theater - Anzeigen.

Berliner Theater. Dienstag: Studenten-Auf- führung zum wohlthätigen Zweck.

Mittwo@: Dieselbe Vorstellung. Der Veilchenfrefser. Anfang 7ck Uhr.

Walluer-Theater. Dienstag: 25 Gastspiel von Therese Biedermann vom Theater an der Wien in Mamsell Nitouche. Vaudeville in 3 Akten und 4 Bildern von H. Meilhac Musik von M. Herré.

Vor der Vorstellung, bei günstiger Witterung : Anfang des Concerts 6#,

Gastspiel von Therese

Diensta1: Zeitgemäkde in 10 Bildern von Alex. Meoszkoroskî und Richard Musik von C. A. Ratida. Anfang 74 Uhr Mittwoh: Dieselbe Vorstellung.

Friedrih-Wilhelinftädtisches Theater und Concert-Park.

Ballet von G. Seyverini.

ton:

Male:

im Vorjahre.

welher der

abgereist.

rechten dur den furchtbares

Frankreich wo starke südwestlihe bis nordwestlihe Winde aufgetreten find; ein barometris{hes Marimum liegt über Südwest-Europa. {waer jüdliher bis westliher Luftbewegung ift das Wetter in Deutschland kühl und vielfach heiter. In Nordwest-Deutshland fanden Gewitter ftatt. München meldet 54 mm

Vrutus und

Julius

Pest, 28. Juni. Die „Ungariscke Poft“ dementirt die von Bukarefter Blättern verbreitete Nachricht, daß auf ungarischem Gebiet Cholerafälle voraeckommen seien fet in Folge eines am 15. d M. ia Hajdu Dorogh vorgekommenen und durch Magen- bezw. Darmkatarrh eingetretenen Todeëfalls ent-

Das Boot

der Pariser Umgebung die Mekrkbeit. Saint-Lazare, C i i (Versailles, Saint-Cloud, Gürtelbahn, Saint-Germain u. f. w.)

besißt, die größte Zabl auf, t j | Die Zahl der Bankerotte oar indessen nit geringer als

indem

welcher

ibrer 1947,

in den

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Bei

Zum 315, M. : INathanson.

Frische.

(A. C.) Iu Lowestoft wurde gestern das größte Rettung8boot, welhes der englishe Rettungsdienst ecirgeweiht. Exchange“, weil die Mitglieder der Londoner Akticnbörse die Baukosten bestritten baben. Auf dem Promenaden-Pier in South- Shields wurde gestern cin Denkmal enthüllt, welhes die Erfin- des Nettungs8boots verewigt. L 1790 das erste Rettungsboot gebaut nah cinem Vîiodell des Anstreicher- gesellen William Wouldbave, der als ter Erfinter des Rettungsboots zu betrachten is. Am 30. Juni 1790 wurde zum ersten Male eine \chiffbrüchige Mannschaft mittels eines „life boat“ gelandet. D Denkmal befteht aus einer Trinkfontaine wit entsprebender Inschrift. Wenige Tage vorher starb in seinem 77. Lebensjahre Admiral John Roß Ward, der seit länger als 30 Jahren Herz und Seele des nationalen Rettungsboot-Instituts gewesen.

Paris, 25. Juni. | iti k der ( ] Paris für 1889 ift ers§hienen und bringt neue Aufs{lüsse über die der Weltausstellung i Jahre 4 703 000 hl Wein getrunken oder 400 090 mebr als im Vor- Dazu 165 000 h1 Alkobol und Branntwein, gegen 147 000, An Sthlach!fleish wurden 185 Millionen Kilogramm veczehrt, gegen Dadurch ergab die ftädtis@e Ver- brau&sf\teuer ein Mehr von 10 Millionen, also reiblich so viel als die Stadt Ausgaben für die Weltausstellung zu bestreiten hatte. Die riesigsten Ziffern bietet der Personenverkehr. teförderte 217 335 755 Fahrgäfte, 1 l wehr alé im Vorjahre; die beiden Pferdebahngesellschaften zählten 46 417 000 Fahrgâste , Dabei waren im Laufe des Jahres gegen 10000 Droschken, Kremser, sonstige Fuhrwerke

den Bahnbsöfen aus, während 42 388 540 abreisten, | : Wie immer, so bildeten auch diesmal die Reisenden

(Vos. Ztg.)

die Dampfer

nämlich

Die Weltausfteüurg hat übrigens batte viele Vanfkecrotte, darunter die Aber die meisten der mebr als 400 Geschâftsleute, welche Betricbe in der Weltausstellung eröffneten, haben gute, viele sogar fehr glänzende Ergebnisse erzielt.

Madrid. 30, Juni. (W. T. B.) Aus Gandia werden vor- 3 Cholera-Erfrankungen und 3 Todeétfälle, Montichelvo und aus Benicol je eine Erkrankung gemeldet.

Bern, 30. Juni. (W. T. B.) Morgen wird die Touristen - IFnterlaken—Lauterbrunnen—Grindelwald dem Betriebe übergeben werden.

Brüssel, 28. Juni. Ueber das in Nr. 155 des „R. u St.-A.“ bereits gemeldete Sh iffsunglück im Kanal La Manche bringt die „Maad. Zta.“ folgende näbere Mittheilung : des Kapitäns BVisman vom , der folgenden Weise vor st Frederik“,

cins Frederik“ ist die Katastrophe in

gegangen : s: i: niederländiswen Seedampfer-Gesellschaft „Nederland“ gehört, war am Morgen des 25. Juni von Amsterdam Am Abend des Kanal La Begriff, bei

auslaufender

Die irrige Nachricht | werden.

F Die Non dec aub nicht das

erhielt den Namen „Stock

In South-Shields wurde | stimmt und bei

Das

gefunden,

Die Statistik der Stadt

Es wurden im genannten

glücklich. Ein Marine-Lieutenant uad ] i fanden den Tod in den Wellen, da sie bei der Raschhcit, mit der der „Prins Frederik“ versank, niht mehr gerettet werden konnten. geretteten Pafsagierz reihen Schifféladurng des

4 Stockholm. dasclbst am 21. Juni Nachmittags ein ftarkes Erdbeben statt- das sich längs der ganzen Küste von Helsinaland, von Hudikswall bis Ljusne erstreckte. flirrten die Fenstersheiben ; den Steeren wurde das Phänomen beobachtet. ) der Richtung von Norden rah Süden zu gchen \chien, war an den Gebirgsabbhängen am Hesftigsten. donnerähnlihen Getöse begleitet.

gemacht. Ebenfo hatte der ,Marpessa* sofort seine Rettungsbooic herab- gelassen. Auf diese Weise konnten sämmtlice 93 Leider war die Mannschaft des „Prins Frederik“ nit fo

Passagiere gerettet

Matrosen

\echs

nach Portémouth gebracht. - „Prins Frederik* fonnte werden. Der materielle

wurden

Geringste gerettet

Verlust ift sebr empfindlich, da fi auf dem untergegangenen Dampfer außer einer großen Waarenfraht eine i

Gulden in Gold befand. Diese Sendung war Seitens der nieder- ländishen Regierung än ‘den General - Gouverneur von Bataria be-

Summe von einer Million

einer Arsterdamer Versicheruugsgesellshaft ver-

sichert. Gegen den Kapitän der „Marpessa" ift bei der Scebehörde von Portsmouth bereits die Klage eingereiht worden.

Wie aus Söderhamn berihtet wird, hat

Veberall erzitterten die Häuser und felbst auf den äußersten Inseln in Der Stoß, der in

Das Erdbeben war von einem

__ Die Omnibus- fast 50 Millionen auf der Seine 32885 000. meßr als im Vorjahre in ftiegen 48580 283 Personen d. h fast das Doppelte des Deshalb zählte auch der der Stadt stets den meisten Naßverkehr

etwas über 15 Millionen

mit einer Schuldenlast von

aus

entgegen.

Nach dem Bericht ; gesebt. Der Dampfer „Prins Audienz.

25. Juni war der Manche gelangt und Falmouth vorbeizufahren, als englisher Dampfer

Da kein

Der seiner erhalten, daß das

„Prins rechten

Wasser | fort.

zurü. Obwohl der

üblichen Ceremoniell dem neuernannten | jewsfki durch den Kaiser und König der Kardinalshut auf- Nach der Ceremonie empfing der Kaiser den Kardinal Dunajewski und den päpstlihen Nobelgardisten Mattei in Am Abend findet zu Ehren des Kardinals im Marmorsaale Hoftafel statt.

Pest, 30. Juni. (W. T. B.) Der Handels-Minister hat eine siebentägige Observation für Schiffe, die aus Alicante, Tarragona, allen dazwischen liegenden Häfen und von den Balearen ankommen, angeordnet.

Helsingör, 30. Juni. j der Kaiser ist heute Vormittag 111/, Uhr in Begleitung Sr. Majestät des Königs. von Dänemark, der Königlichen Prinzen sowie der Prinzessin Waldemar und der Erbprinzessin- Wittwe Elisabeth von Anhalt hier angekommen. Nach herzlihem Abschied seßte Se. Majestät die Reise nah Christiania Der König, welcher die Uniform seines preußischen Ulanenregiments trug, kehrte in Begleitung der übrigen ctt Herrschaften nach der Abreise des Kaisers nach Kopen

Nach Schluß der Redaktion eingegangene

Depeschen. L

Ulm, 30. Juni. (W. T. B.) Heute früh 8 Uhr fand im Münster Festgottesdienst statt, welhem die Königin mit den bier anwesenden Fürstlihkeiten, die evangelische und die katholishe Geistlichkeit, die bürgerlihen Kollegien, die Deputationen der Städte mit dem von diesen gestifteten Altar- kelhe, die Staatsbeamten und die Generalität beiwohnten. Um 10 Uhr traf der König hier ein und wurde am Bahnhof von sämmtlichen Prinzen und Fürstlichkeiten und den Vertretern empfangen Volksmenge enthusiastisch begrüßt. persönlich dem Ober-Bürgermeister von Heim, 4 meister des Münsters, Beyer, und dem Dekan Bilfinger die diesen verliehenen Orden. König und die Königin dem historischen Festspiel von Karl Oesterlen bei, in welchem die Grundsteinlegung zum Münster am 30. Juni 1377, Kaiser Karl V. und Herzog Christoph zu Wirtemberg in Ulm am 30. Juni 1552 und General Thuengen am 14. September 1704 zur Darstellung kamen. beabsihtigt der König den Festzug mit anzusehen. erfolgt die Abreise nah Friedrichshafen. findet ein Festbankett statt.

Wien, 30. und König beehrte gestern Nahmittag den Grafen Kälnoky abermals mit einem Besuch. König im Beisein des Kultus - Ministers Freiherrn von Gautsc den Eid des Wiener Fürst-Erzbishofs Dr. Gruscha Ja der Hofburg-Pfarrkirhe wurde unter dem

und von der zahlreich anwesenden Se. Majestät überreichte dem Bau-

Um 11 Uhr wohnten der

Um 3 Uhr Um 4 Uhr Um 8 Uhr Abends Zuni. (W.T.B.) Se. Majestät der Kaiser Heute nahm der Kaiser und

Kardinal Duna-

(W. T. B.) Se. Majestät

agen

(Fortsezung des Nichtanitlichen in der Ersten und Zweiten

Beilage.)

Jonathau. Operette in 3 Akten von Hugo Wittmann und Julius Bauer. Musik von Gar! Millöcker. In Scene gesezt von Julius Frißie. Dirigent: Hr. Kapellmeister Knoll. Anfana 7 Uhr

Im pra@&tvollen Park um 6 Uhr: Großes Doppel- Concert. Auftreten sämmtlicher Instrumental- und Gesangs-Künstler.

Mittwoch: Im Theater: Der arme Jonathan. Im Park: Orientalisches Laternenfest. Lebende Bitder, 3 Musikcorps. Militär-Kapelle in Uniform

Kroll's Theater. Dienstag: Letztes Gastspiel voa [1 Angelina Luger. Der Prophet. (Fides: Fr. Luger.) F Mittwoch: Erstes Auftreten des Hrn. Heinrich Böôtel. Der Troubadour.

Täglih: Bei günstigem Wetter vor und nach der Vorstellung, Abends bei brillanter elektr. Be- leuchtung des Sommergartens: Großes Concert. Anfang dè, der Vorstellung 7 Uhr.

Belle-Alliance-Theater. Dienstag: 122. Male: Der Nanutilus.

Im prachtvoUen glänzenden Sommergarten: Großes Militär - Doppel - Concert. Auftreten sämmtlicher Spezialitäten. VBrillante Illumination des ganzen Garten-Etablissements. Anfang des Concerts 6 Uhr, der Vorstellung 74 Ubr.

A Großes Volksfest zu halben Kafsen- preisen.

Zum

Krania, Anstalt für volksthümlihe Naturkunde.

Am Landes- Ausstellungs - Park (Lehrter Bahnhof). SDesffnet yor 12—11 übr. LTäglih Vorftellung im lem Sen Theater. Näheres die Anschlag- zettel.

E E E E R E E E T] Familien-Nachrichten.

Verlobt: Frl, Emma Lahmann mit Hrn. Bürger-

Der arme

meister Otto Lahmann (Justroshin—Zduny).

Frl. Evi Zacharias mit Hrn. Ricardi Rodrigu ez (Hamburg—Cornna). Frl. Anna Engemann mit Hrn. Franz Lemke (Buhrau). Frl. Anna Münchmeyer mit Hrn. Superintendenten Bunne- mann (Göttingen—Neustadt a. R.). Frl. Elisabeth Henze mit Hrn. E, Dr. Walter Gaß (Berlin—Brucsal). Frl. Hertha Lippert mit Hrn. Seconde-Lieutenant Reinhard Bunsen (Hamöurg—Stettin) Frl. Auna Thieme mit Hrn. Otto Thiede (Leipzig).

Verehelicht: Hr. Premier-Lieutenant Max Weiß mit Frl. Hermine Schmidt (Alfeld). Hr. Apotheker Franz Kaernbach mit Frl. Martha Eichhorn (Friedland O.-S.—Kösönigswartha i. S.). Hr. Hermann Sagert mit Frl. Frida Haller (Rosto).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Erbpähhter P. Barten (Reddelih), Hrn. Prof. Schechter (London). Hrn. Oberlehrer Dr. Lenßen (Barmen), Hrn. Otto Krüger (Uchtenbagen i P.). Eine Tochter: Hrn. Dr. P. Römer (Elberfeld). Hrn. Karl Appel (Altona). Hrn. Alfred Winkhaus (ODeckinghausen b. Karthausen, Westf.). Hrn. Heinri Bethke (Magdeburg). Hrn. Dr. Arthuc Hartmann (Berlin).

Gestorben: Hr. Oberförster a. D. Heinr, Benno Unger (Oberwiesa). Hr. Dr. med. Heinr. Hensel (Borna). Frl. Mathilde Buck (Bad Rehburg). Fr. Ottilie Devaranne, geb. Neumann (Breslau). Hr. Rentier Georg Wilhelm Morell (Berlin). Lr. Hugo Zacharias (Berlin).

Redacteur: Dr. H. Klee. Berlin:

Verlag der Expedition (I. V.: Heidrich).

Druck der Norddeutschen BuWdruckterei und Verlag#- Anstalt, Beclin SW,, Wilhelmstraße Nr. 32.

Acht Beilagen (einschließli@ Börsen-Beilage).

„M 156.

Erste Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

Berlin, Montag, den 30. Juni

1890.

ma

Parlamentarische Nachrichten.

Shlußbericht der vorgestrigen (29.) Sißung des Reichs- tages. Den Antrag auf Vertagung des Reichstages begründete der Staats-Minister Dr. von Boetticher durch folgende Rede:

Ich glavbe kaum, meine Herrcn, daß es no@ vieler Worte be- dürfen wird, um den Antrag, den der Herr Reichskanzler mit Er- mächtigung Sr. Majestät des Kaisers an dieses hohe Haus gestellt hat, zu begründen, Es ift über jeden Zweifel erhaben, daß eine der größten Vorlagen, welche dem Reichstage zugegangen sind, die Novelle zur Gewerbeordnung, keine Aussicht hat, jeßt in continenti erledigt zu werden, und es ist andererseits nur als erwünst zu betrachten, daß die sehr eingehenden Vorarbeiten, die für die Berathung dieser Novelle

hre Kommission unternommen hat, nicht dadurch verloren gehen, daß die Session des Reichstages geschlossen wird. Es hat deshalb der Herr Reichëekanzler Sr. Majestät den Vorschlag gemacht, den Reichstag jeßt zu vertagen. Es ist als der Vertagungstermin der 8. Juli angenommen worden mit Rücksicht darauf, daß wir der Ueber- eugung leben können, es werde bis dahin der Reichstag die Geschäfte, auf deren Erledigung die verbündeten Regierungen Werth legen, auch wirkli erledigt haben.

Was den Termin, bis zu welchem die Vertagung vorges{lagen ift, anlangt, fo ift dieser Termin so bemessen, daß die Aussicht besteht, daß die Vorlagen, wele für die dann fortzuseßende Session dcs Reichstages bon den verbündeten Regierungen in Ausficht genommen find, bis dahin so weit fertig gestellt sein werden, daß der Reichstag in die Verbandlungen eintreten kann.

Wenn ich mi gleih mit einigen Worten über den Antrag des

ra. Grafen von Ballestrem äußern darf, so kann ih es nur als in

ohem Grade erwünscht bezeihnen, daß die Kommission, welhe Sie eingeseßt haben zur Vorberathung der Gewerbenovelle, {on früher ihre Berathungen aufnimmt, als das Plenum dieses Hauses wieder zusammentreten wird. Es ist großer Werth darauf zu legen, daß die Novelle zur Gewerbeordnung bis zum 1. Januar nächsten Jahres verabschiedet wird, weil anderenfalls die Termine, die für die Geltuxg des Gesetzes in Auésiht genommen worden sind, hinausgeschoben werden müßten. Eine folche Erledigung bis zum Januar des nächsten Jahres wird aber nur dann erhofft werden Éônnen, wenn die Kommission {hon vor Zusammentritt des Plenums ihre Berathungen fortsetzt Und dadur die Möglichkeit giebt, daß die Kommissionsberathungen bis zum Zusammentritt des Plenums beendigt werden. JIH begrüße es deshalb mit großer Freude, daß der Graf von Ballestrem diefen Antrag gestellt hat. Ih weiß sehr wobl, meine Herren, daß darüber bei einer früheren Gelegenheit Zweifel geäußert worden find, ob eine Kommission tagen darf, ohne daß das Plenum tagt. Allein ih habe mich damals, es war im Jahre 1882, dahin auêégesprochen, daß meine RNechtsauffassung dahin geht, daß diesem Tagen einer Kommission, sofern der Reichstag Überhaupt berufen und nit etwa geschlossen ist, kein rechtlihes Be- denken entgegensteht, Ich habe mich damals au, wie ich mich aus dem von mir soeben eingesehenen stenographishen Bericht überzeugt habe, der Zustimmung des Hrn. Abg. Dr. Windthorst zu erfreuen gehabt. Ich sehe deshalb keit Bedenken, daß die Kommission, wie der Hr. Abg. Graf von Ballestrem vorschlägt, bereits am 4. November zusammentritt, und ih möchte Sie deshalb bitten, indem ih mi über die Nr. 3 des Antrags, der ein Internum des Hauses betrifft, nicht weiter äußere, den Antrag des Hrn. Grafen von Ballestrem anzunehmen.

Als Erwiderung auf die Ausführungen des Abg. Richter äußerte der Staatssekretär Dr. von Boetticher:

Vom Standpunkt der verblindeten Regierungen aus würde ja gar nichts dagegen zu erinnern sein, daß die Vertagung mit dem 4. November bereits ihr Ende nimmt, aber wir sind durchaus nit in der Lage, mit Sicherheit in Ausficht ftellen zu können, daß am 4. November der Reichstag bereits eine solhe Fülle von Vorlagen vorfindet, daß er ausreichend beschäftigt ist, und wenn er nit aus- reihend beschäftigt ist, so wird die Beshlußfähigkeit wahrscheinli sehr viel zu wünschen übrig lassen und ein solher Zustand ist höchft unerbaulich.

Meine Herres, ih trete durchaus der Auffassung des Hrn. Abg, von Vennigsen bei. Es steht eine verfassungsmäßige Vorschrift nicht im Wege, daß die Kommission, die Vertrauen8männer des Reichstages, au einer Zeit zusammentreten, in welcher das Plenum noch nicht be- rufen ist, und weil eine sol@e verfassungêrehtlihe Vorschrift nicht entgegensteht, glaube ich, sollten alle Betheiligten die Leichtigkeit in der Förderung unserer geseßgeberishen Arbeiten auf diesem Gebiete au dadur gewähren, daß fie der Kommission vorber die Gelegen- heit geben, zusammenzutreten, damit der Reibstag au dieses wich- tige Geseß demnächst vorbereitet findet und ohne Verzug der Ver- abshiedung entgegenführen fann,

Jn der darauf folgenden dritten Berathung des Geseßt- entwurfs, betreffend die Friedenspräsenzstärke des deutshen Heeres nahm der Staatssekretär Freiherr von Maltzahn das Wort zu folgender Ausführung:

Der Herr Vorredner hat mir vorgeworfen, daß ih einige Aeuße- rungen von ibm neulih fals citirt hâtte. Wenn mir dies begegnet wäre, so wäre es wohl erklärlih dadur, daß mir der stenographische Bericht über seine Rede, als ih spra, noch nicht vorlag, und daß i dienstlih verhindert war, bei seinen ersten Ausführungen im Plenum des Hauses anwesend zu sein. Jch habe mich auch in einer Beziehung geirrt, das gebe ich dem Herrn Abgeordneten gern zu. Er hat bei dem Vergleich zwishen Deutschland und den Nachbarstaaten nicht von Frankrei gesprochen.

__ Der Herr Abgeordnete meinte aber, ich bâtte ihm vorgeworfen, gesagt zu haben, in Deutschland zahle man mehr Steuern als in England. Dies habe ih nicht gesagt, sondern nah dem Stenogramm habe ic gesagt: „Der Hr. Abg. Riert hat ausgeführt, daß wir pro Kopf höher belastet wären, als Frankreich und England.“ Und die Aeußerung des Hrn. Abg. Rickert, auf welbe sich dies bezog, steht auf Seite 539 des s\tenographifchen Berichts und lautet folgender- maßen: „Ich glaube, ih kann getroft die Behauptung wagen und Niemand, au ein solcher Rechenkünstler wie der Hr. Abg. von Kar- dorf nicht, wird dem entgegentreten —, daß die deutshe Nation in ihrer großen Masse mehr absolut belastet ist als die englishe in Folge der Steuern und der staatlihen Geseßgebung.“ Jch glaube, daß ih nicht unrichtig citirt habe. Z

Dann hat der Herr Abgeordnete, wie {on neulich, darauf auf- merksam gemacht, daß ih angeblich in der Kommission gesagt hätte, es würden dem Reichstage in der:nächsten „Session“ Steuervorlagen gEuadit werden, während im Bericht steht, „in den nähsten

essionen“ und er hat fich zum Beweise dafür, daß sein Ge- dächtniß richtig sei, auf das Protokoll der Kommission bezogen. Meine Herren, die Aufzeihnungen des Protokolls Jhrer Kommission kann ih für das, was ih gesagt habe, als bindend nicht anerkennen. Ein Stenograph if in der Kommission nicht gegenwärtig, und eine Bestimmung, welche die Vertreter der verbündeten Regierungen zur Korreêtur des nahgeschriebenen Protokolls verpflichtet, kenne ih nit. Ich bekenne mi aber vollständig zu dem, was der gedruckte Bericht

hrer Kommission über meine Ausführungen in der Kommission sagt. Denn Ihr Herr Referent hat \sich an mih gewendet mit dem Er- suchen, ih möchte ihm mittheilen, was ich in der Kommission gesagt

bâtte, und ih habe es ihm mitgetheilt, sowie ich es aus dem Ge- dächtniß zwei Tage nah der Sitzung, die an einem Abend stattfand, niederges{rieben batte. In dieser Niederschrift findet ih an der betreffenden Stelle das Wort „Sessionen“ statt „Session“. Aber, meine Herren, mag ic gesagt haben „Session“ oder „Sessionen“, das ist wirklich fein sehr großer Unterschied. Denn was habe ih ausgeführt? Ih habe ausgeführt, daß kein Bedürfniß vorliege, gleichzeitig mit dieser Vorlage eine Steuervorlage zu machen. Jch habe gesagt: Die etwa nothwendige Vorlage über eine Verbesserung unserer Einnahme in den Steuern wird später eingebracht werden, aber nit jeßt, darauf fam es an. Und dessen wird der Hr. Abg. Rickert sich selbst entsinnen ih babe in unmittelbarem Ans{luß hieran ausgeführt, für das Jahr 1§90/91 und 1891/92 seien zweifellos die Mittel da. Ih habe, auch im Plenum, weiter ausgeführt, daß für die Zukunft allerdings mögliher- weise die Einnahmequellen niht ausreihen werden, um die steigenden Ne namentli aus der Alters- und Invalidenversorgung, zu

Drittens hat der Herr Abgeordnete ein Exemvel bemängelt, welhes der frühere Königlich preußische Finanz-Minister Dr. v. Scholz im Abgeordnetenbause vor einigen Jahren aufgemacht hat, und auf welches ich wi neulih bezogen habe, und ih war sehr gespannt, zu erfahren, worin die Kritik des Herrn Abgeordneten gegen die Richtig- keit dieser Berehnung liegen würde. Ich kann ni&t leugnen, daß ic überrafcht und erstaunt war, als er auf die Gcbäudesteuer kam. Ia, meine Herren, die Erhöhung der Gebäudesteuer in Preußen ist doch niht etwa ein Novum, wel.hes in die preußishe Gesetzgebung hinein- gekommen ist in den leßten Jabren, sondern sie beruhte einfa darauf, daß bei der Einführung der Grund- und Gebäudesteuer im Jahre 1860 oder 1861 ich weiß niht genau, wann es war bestimmt wurde: von fünfzehn zu fünfzehn Jahren wird die Gebäudesteuer regu- lirt, Und daß die Gebäudesteuer jeßt mehr einbringt wer ich darüber wundert, muß gegen das Wachsthum von Berlin beispiels- weise die Augen vers{ließen.

Nun, meine Herren, wenn das Alles war, was der Herr Ab- geordnete Rickert gegen meine finanziellen Aeußerungen neulih hat anführen können, so kann ich mi einfach darauf berufen, was i neulich gesagt babe, und namentlich auf das Exempel, welhes ih Ihnen zur Schilderung der Erfolge unserer Reichsfinanzpolitik in den leßten 10 Jahren vorführte: daß im Jahre 1878/79 die Einzelstaaten an das Reich herausbezahlten netto 70 Millionen, und im Jahre 1839/90 nach Deckung des erbeblih gestiegenen eigenen Bedarfs des Reichs im Ordinarium den Einzelstaaten na Abzug der Matrikular- beiträge noch 138 Millionen überwiesen wurden.

Abg. von Friesen: Jh muß zugeben, daß au in meinem engeren Vaterlande Sachsen in Folge dieser Militär- vorlage eine erheblihe Aufregung die Bevölkerung ergriffen hat. Diese Aufregung ist einestheils berechtigt und erklärlich. Man fragt sich, wenn neue Forderungen für die Heeres- vermehrung gestellt werden, natürlih, ob unsere Zustände unsicher geworden sind, ob wir vor neuen Verwickelungen, vor unmittelbarer Kriegsgefahr stehen. berehtigter Weise gesteigert worden, einmal dur unsere Ver- handlungen, die wahrlich nicht dazu beigetragen haben, die Gemüther zu beruhigen, und dann durch die gegnerische Presse, welche auch diese Gelegenheit wieder benußt hat, um Miß- trauen gegen die Regierung, Argwohn gegen die, welche die neuen Forderungen beantragen, und gegen die, die sie bewilligen wollen, in der maßlosesten Weise zu predigen. Wenn uns täglih von der Regierung versichert wird; es ist Friede, und es besteht alle Hoffnung, ihn zu er- halten; wenn der Vertrag mit England abgeschlossen ist, der wiederum die Friedenshoffnungen erhöht, warum dann, so fragt man si, die neue Erhöhung unserer Streitkräfte? Nun sind wir fest überzeugt, daß niht bloß die deutshen Regie- rungen und die deutsche Nation in ihrer großen Mehrheit, sondern alle europäishen Regierungen und Nationen in ihrer großen Mehrheit den Frieden wollen. Troßdem sind innerhalb der Nationen, worauf {hon Graf Moltke hingewiesen hat, Parteien vorhanden, welche die Völker in fortwährender Aufregung zu er- halten wissen, welhe Haß, Mißtrauen Unzufriedenheit mit allen Verhältnissen säen. Die leßte Konsequenz dieses Hasses, dieses Miß- trauens, dieser Unzufriedenheit ist der Krieg. So lange diese Be- strebungen in allen europäishen Staaten vorhanden sind und gepflegt werden, stehen wir vor einer fortwährenden Kriegs- gefahr; daß diese Parteien, welche alle göttlihe und mens{h- liche Autorität zu untergraben suchen, Erfolg haben, ist 1859 und 1870 bemerkbar geworden. Neben diesen feindlichen Mächten kommen noch andere in Betracht, von denen ih nicht entscheiden kann, ob sie auch untereinander in Verbindung stehen; es sind diejenigen, welche auf die Börse Einfluß üben. 1840 wollte Louis Philipp den Krieg, sein Minister Thiers wollte ihn, aber er brach nit aus, und zwar, wie unser Ge- jandter aus Paris berichtete, weil Herr von Roth- schild ihn niht wollte, der mächtiger sei als der König und die Minister. Jn anderen Fällen hat die Börse anders gedacht; ich erwähne nur Tonkin. Nun haben die Herren von der jenseitigen Partei, die voriges Zahr in Paris waren und dort die Gräber der Mordbrenner aus der Kommune mit Lorbeeren bekränzt haben, sich in Friedensversiherungen ergangen, die sehr s{hön, aber nit ret glaubwürdig sind. Der Abg. Reichensperger hat besonderen Werth auf die Abrüstung gelegt; mir scheinen die Zeit- umstände nicht danah angethan, daß es den Regierungen allein möglich sein würde, zu einem derartigen Abkommen u gelangen. So lange die erwähnten Parteien noch Einfluß auf die öffentlihe Meinung behalten, ist kein europäischer Friedenskongreß in der Lage, Abrüstungsvorschläge zu machen, so lange auch müssen wir nothgedrungen die Opfer bringen, die von uns verlangt werden. Die gegnerishe Presse hat es so dargestellt, als ob es sh hier um ganz exorbitante Forderungen han- delte, Es handelt sich in der Hauptsahe um eine Vermehrung der Artillerie. Diese Forderung ist gedeck dur das Vorgehen der anderen Staaten, dem wir zu folgen ver- bunden sind, und dur die Fortschritte der Technik, die tag- täglich auf jedem Gebiete gemaht werden. Js eine Armee der anderen hinsihtlih der Artillerie . nicht gewachsen, so ist sie gezwungen, den Mangel zu decken dadurch, daß sie Jn- fanterie ins Gefecht führt. Fh will den Ausdruck nicht an- wenden, den man dafür sonst im Munde führt. Die Ver- mehrung der Artillerie ist deshalb gewissermaßen eine sehr bedeutsame Maßregel humanitärer Natur, geeignet, Tausende von Menschenleben zu schonen oder zu retten. Der Abg. Richter hat behauptet, im konstitutionellen Staate dürfe man nicht

Sie ist aber auch un-*

Ausgaben früher bewilligen, als die Deckung da sei. Wir haben es stets als verfassungsmäßig betrachtet, erst die Aus- gaben und deren Nothwendigkeit festzustellen und dann, wenn sih der Bedarf überblicken läßt, an die Beschaffung der Ein- nahmen zu gehen. Wollen wir die Forderungen für die Armee, die in Frankreih so einhellig bewilligt werden, etwa weniger opferfreudig bewilligen? Was soll es yeißen, wenn fortwährend bei solhen nothwendigen Forderungen in das Ausland hinausgerufen wird: Deutschland ist ein armes Land, Deutschland kann diese Lasten nicht aufbringen ! Der neue Ver- trag mit England is bekannt gemacht worden. Vielen scheint es, daß wir hätten mehr ‘von England erlangen können. Jch weiß das nicht, ih bin nicht Diplomat. Hat aber Deutsch- land nit in diesem Vertrage erreiht, was Manche sich davon versprochen habeñ, so ist der Grund dafür darin zu suchen, daß der Regicrung fortwährend eine prinzipielle Opposition gegenübergetreten ist. Jch bitte, die Vorlage möglichst ein- stimmig anzunehmen, Jede Stimme, die gegen die Vorlage abgegeben wird, ist, wenn auch absihtslos, eine Shwächung der Friedenspolitik der Regierung, eine Vermehrung der Kriegs- gefahr. Der volkswirthschaftlihe Aufshwung der lezten Jahr- zehnte ist bei einigen Berufsklassen niht genügend bemerkbar geworden, bei solchen, die ihre Einnahmen nit aus eigener Machtvollkommenheit verbessern können, bei der Landwirth- schaft, bei den Beamten und bei den Handwerkern. Hier muß die Geseßgebung auf Besserung besonders bedaht fein, dann wird auch die Volkskraft im Allgemeinen si heben. Das System der indirekten Reichseinnahmen muß beibehalten und ausgebaut werden. Zum Schlusse seiner Ausführungen, die bei der steigenden Unruhe des Hauses im Zusammenhange niht mehr verständlih werden, geht der Redner auf die als Kompensationen bezeihneten Forderungen der einjährigen Militärbudgetbewilligung und der zweijährigen Dienstzeit ein, wobei er den Charafier beider Forderungen als Kompen- sationen leugnet, während er die zweijährige Dienstzeit, eine Organisationsfrage, als disfutabel erklärt; eine Kompensation wäre sie schon deshalb niht, weil fie etne Vermehrung der Militärlast im Frieden bedeute. Die Nothwendigkeit der Vor- lage sei unbedingt nachgewiesen, niht ein Mann, nicht ein Pfennig weniger dürfe bewilligt werden. Ein Schlußantrag wird abgelehnt.

___ Abg. Liebermann von Sonnenberg: Mit Rüc- sicht auf die Liebenswürdigkeit des Hauses, mir endlich noch das Wort zu gestatten, werde ih nicht alle meine Wider- sprühe gegen das, was vorgebracht ist, begründen, sondern mich kurz fassen. Zu weiteren Auseinandersezungen wird si noch Gelegenheit finden. Alle Reden der vereinigten Linken machten den Eindruck cinesisher Schwarzmalerei ohne Perspektive oder mit zu kurzen oder zu langen Perspektiven; solche Bilder werden verzerrt und ungenau. Daß die soztaldemotratische Partei gegen jede Vermehrung des Heeres und gegen das Heer überhaupt ift, liegt auf der Hand; denn sie fürhtet von einer starken Kaiserlihen Armee eine Hinderung der Verwirklihung ihrer weltbeglückenden Pläne und ihrer Absicht, im Namen der Freiheit zu tyrannisiren. Wie weit Fhnen das glückt, hat der 1. Mai bewiesen. Die historische Schnellmalerei des Abg. Bebel sollte auch wohl weniger auf das Haus als in die Ferne wirken, damit seine Parteigenossen jagen : was ist das für ein großer Mann, der ift Bismarck und Moltke in einer Person! Solche Auffassungen stärken dann die Autorität. Wenn Sie auh sagen, in der sozial- demokratishen Partei gebe es keine Autorität. so haben Sie doch das Bedürfniß danach, denn ohne Autorität keine Dis- ziplin und ohne Disziplin keine Partei. Die Volksaufgebote, die Milizen, für welche der Abg. Bebel {wärmt, können erst wirk- jam in Kraft treten, wenn der Feind im Lande ift, und dann drücken sie allerdings dem Kriege ein sehr grausames Gepräge auf. Wir müssen aber Vertheidigungskriege au außerhalb unserer Grenzen führen, und dazu können wir feine Milizen gebrauchen, fondern nur ein disziplinirtes Heer. Alle Reden gegen die Vermehrung der Armee von der linken Seite stellen den Militarismus übrigens ein s{lechtes Wort für die Ausgestaltung unseres Heerwesens als einen Moloch dar, der das Geld der Steuerzahler vershlingt und niht wieder herausgiebt, nothwendiger Weise zur Ver- armung des Volks und zum Staatsbankerott führt. Auch vom Bundesrathstische ist ein Beispiel angeführt, das zu dem Mißverständniß führen kann, als sei die Armee ein un- produktiver Faktor, ih meine das Beispiel von den Versiche- rungsprämien. Ein großer Theil des deutshen Volks wird eine höhere Auffassung von der Armee haben. Tausende wer- den mit mir darin übereinstimmen, daß unsere auf dem alt- germanischen Grundsaß der allgemeinen Wehrpflicht beruhende Armee eine Erziehungsanstalt ersten Ranges ist. Die dafür ver- wendeten Geldmittel find kein unfruhtbar angelegtes Kapital, wenn nur die Bedürfnisse für das Heer aus dem eigenen Lande gedeckt werden und die Kosten niht dem Auslande zu- flief en. Der größte Theil des Geldes wird im Lande verwendet, der Bauer wird sein Brot- und Futtergetreide, sein Vieh, seine Wolle los, Und welchen Nuzen bringen nicht die Gar- nisonen! Die Sozialdemokraten, die dem Staat die Aufgabe auferlegen, möglichst viel Arbeit zu vershaffen, müßten ein- sehen, daß der Staat durch die Armee Arbeit schaft. Was würde denn geshehen, wenn nach dem Wunsch der Sozial- demokraten Tausende und Abertausende von Soldaten weniger bei den Fahnen ständen und sich damit der Lohnkampf wesent- lich vershärfen würde? Ein allgemeiner Lohndruck wäre die

Folge. Man kann das Wort des Abg. Richter: „Mehr Sol-

daten bedeuten weniger Arbeit für produktive Erwerbs-

zwecke und mehr Geld auf Kosten der Steuerzahler“ ganz

logish in die andere Form bringen: „Mehr Soldaten bedeuten

Verminderung der Konkurrenz unter den Arbeitern und damit

Lohnsteigerung, Vermehrung der Arbeitsgelegenheit, Erwel-

terung des Absatzes für die Landesprodukte, die für die Armee

gebraucht werden; also erhöhte Geldzirkulation, erhöhte Ein-

nahmen und damit erhöhte finanzielle Leistungsfähigkeit für

weite Kreise des Volks.“ Die Armee ist kein solcher Molo;

aber es giebt einen solhen Molo, auf den ih noch zurück-

kommen werde. Wir haben eine sehr große Geldpumpe, die

große Summen aufspeichert, die niht wieder ins Volk zurück=