1910 / 123 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 28 May 1910 18:00:01 GMT) scan diff

von dem allgemeinen Wahlrecht e so meint er das Wahlrecht für alle 20jährigen Frauen und Männer, das aftive und Peine, das Wablrecht, das dazu beitragen wird, nicht nur über “die 2 echte des Hauses zur Tagesordnung überzugehen, sondern auch über die Staats- regierung und die K f i Fundament des Staates ist. Abg. Schiffer (nl.): Die Ausführungen des Vorredners gten mir keine Veranlassung zu einer längeren Erwiderung. Fch will nur erwähnen, daß er den Antrag auf Privilegierung des Mittelstandes, den einzigen, der im Hause überhaupt zugunsten des Mittelstandes estellt ijt, herausgegrifen hat, niht um diesem Antrage ernste eachtung zu senken, sondern um Wißte darüber zu machen. Den Vorwurf, daß die Staatsre ierung mit ihrem Widerstand an der unrihtigen Stelle eingeseßt habe, kann man mit größerem Recht der ftonservativen Partei machen. Der Abg. Malkewiß hat aus- drücklich erklärt, daß die Drittelung für die Konservativen feine Ueberzeugungsfrage bilde, also gerade hierin hätten diese Entgegen- fommen zeigen müssen und zeigen können. Deshalb werden sie ih auch den Schluß gefallen lassen müssen, daß nit bloß sac- liche, soudern Lealtithe Gesichtspunkte für sie entscheidend gewesen sind. Die Konseguenz der Ausführungen des Freiherrn v. Richt- hofen kann doch nur darin bestehen, daß man an Stelle der unvernünftigen Bestimmungen vernünftige seßt. Diesen Willen haben wir und haben ihn durch unsere Anträge bewiesen. (Lachen rechts.) Sie werden nicht leugnen fönnen, daß unsere Anträge vernünftig find. Man fann bei den konservativen Vorsclägen von einer anti- plutokratischen Wirkung für das Land ni@t sprechen. Von dem Grund- gedanken einer vernünftigen sozialen Schichtung bleibt nichts mebr übrig. Wenn die Konservativen an dieser Frage die ganze Wahl- rechtsvorlage scheitern lassen, so ist der Grund, daß sie dem Zentrum nicht wehe tun wollen. Der Abg. Ströbel bat \sich zum Träger und Wiedergeber von Zeitungsklats gemacht. Es wird enügen, wenn ih erkläre, daß die von ihm wieder vorgetragenen Legenden niht wahr sind. Sollten niht in der \ozialdemokratischen Partei auch abweichende Stimmen zu bôren sein? (Zuruf des Abg. Hoffmann.) äFhre Zensur, Herr Hoffmann, ist mir sebr wertvoll, éin kleiner Tadel t mir von Ihnen lieber als ein Lob. Aber Sie sind nicht der einzige, der hier Zensuren erteilt, auch der Abg. von Zedliß hat uns zensiert und uns mit gönnerbafter Miene seine Ratschläge erteilk. Wir sind ihm dafür dankbar. Wir wissen ja, daß er uneigennüßig ist, daß er nur aus Näcbstenliebe und Sonderliebe zu uns so beredte Ausdrücke gefunden hat. Von Zeit zu Zeit höre ih den Abg. von Zedliß gern und hüte mi, mit ihm zu brechen. Aber die Politik, die wir machen, bestimmen wir uns selbst, wir halten sie für gut und haben fie au bei der Reichsfinanzreform für gut befunden. Das ist noch heute untere Ueberzeugung. Der Abg. von Zedlitz erinnerte wieder an das Wort von dem Sperling in der Hand und der Taube auf dem Dache. Ganz richtig, aber man muß zunächst einen Sperling haben. Wir haben keinen Sperling oder hödstens einen solhen in so gerupfter Gestalt, daß dieses Federvich feinen Anspruch mebr auf den Namen Sperling erbeben fann. Die Vorlage, wie sie G jeßt gestaltet bat, cinen Sperling zu nennen, ist eine fulinarishe Schmeichelei. Wie kann der Abg. von Zedliß uns den Vorwurf machen, daß wir die Sade zum Scheitern bringen, wo selbst, wenn wir zustimmten, ein Zustandekommen dur das Verhalten der Konservativen gar ni@t möglich wäre. Wie fommt der kluge Abg. von Zedliiz dazu, die Sa(blage auf einmal zu verschieben und uns die Schuld zuzuweisen ? Gr hat auf das „Berliner Tageblatt“ hingewiesen. Ich fann nur erwidern: was dieses sagt, im guten oder bösen Sinne, läßt uns völlig falt. Wir Nationalliberalen sind ja gerade in der leßten Zeit der Mittelpunkt zärtlicher Aufmerksamkeiten geworden, sodaß wir darauf kein Gewicht mebr legen. Lesen wir aber das „Berliner Tageblatt", ]o finden wir darin noch eine andere Notiz, die uns vielleicht Aufklärung über das Nerhalten des Abg. von Zedlitz gibt. (Zuruf: Elberfeld.) Gewiß, Elberfeld, dort hat Herr von Zedliß gesagt, es sei eine nationale Notwendigkeit, die rechten Glemente der Nationalliberalen mit den Freikonservativen zusamenzuführen. Hine illae lacrimae. Mir brauchen nun nit mehr nach weiteren Gründen dafür zu suchen, daß er jeßt so unväterlih mit uns verfährt. Er sagte, das öffent- lie Stimmrecht ist tot, es wird nicht mehr aufleben. In der Ge- s{ichte der Menschheit kann sich nichts balten, was nicht eine moralische Unterlage hat, und eine solche feblt bei der öffentlichen Abstimmung. Aber auch das indirekte Wahlrecht ist tot. Ein Wakhl- ret, das selbst die Regierung aufgegeben hat, ist nicht mehr zu balten: und \chließlich ift auch die Drittelung in den Urwahl- bezirken tot. Au bier kann die Unvernunft sich nicht auf die Dauer halten. (Lebhafte Unterbrehungen und Lärm: langanhaltende Unrube:; Präsident von Kröcher läutet fortwährend , ein Ab- geordneter ruft: Auch Freiherr von Zedlitz ist nun tot! Präsident von Kröcher: Nun wollen wir doch endlich einmal wieder zu den Lebenden zurückfehren.) Für unsere Forderungen baben wir heute bereits den moralischen Sieg erfocten. Damit schließt die allgemeine Besprechung.

Jn der Einzelbesprehung werden die 88 1 bis 3 (aftives und passives Wahlrecht) ohne Debatte nah den überein- stimmenden Beschlüssen des Abgeordnetenhauses und Herren- hauses unverändert angenommen.

Nach § 4 werden die Abgeordneten von Wahlmännern in Mahlbezirken, die Wahlmänner von den Wählern in Stimm- bezirken gewählt, die Wahl der Wahlmänner erfolgt durch ver- deckte Stimmzettel.

Die Abgg. Hobrecht (nl.) und Genossen beantragen, daß die Abgeordneten (direkte

von den Wählern unmittelbar Mahl) gewählt werden, und zwar auh dur verdeckte Stimm-

zettel. L Abg. Wald stein (fortsr. Volksp.) verzihtet auf das Wort. Aba. Leinert (Soz.) will sich zur Rednertribüne begeben, wird aber durch den lebhaften Sturm 1m Hause gleichfalls veranlaßt, auf das Wort zu verzichten. Unter Ablehnung des nationalliberalen Antrags wird F 4 unverändert angenommen. Nach § 5 (Bildung der Stimmbezirke) sollen Gemeinden

mit mehr als 1750 Einwohnern in Stimmbezirke geteilt werden.

Die Abgg. Hobrecht und Gen. (nl.) beantragen, die Grenze bei 3500 Einwohnern zu ziehen.

Unter Ablehnung dieses Antrages wird § 5 unverändert angenommen.

8 6 enthält die Bestimmungen über die Drittelung nah der Steuerleistung. Jn der Herrenhausfassung wird die Ge- samtsumme der Steuerbeträge berechnet: 1) für den Umfang des Stimmbezirks, wenn dieser aus mehreren Gemeinden besteht, 2) für den Umfang des ganzen Gemeinde- bezirks, wenn dieser nicht mehr als 10 000 Einwohner zählt, 3) für den Umfang besonderer von der Gemeindebehörde zu bildender Drittelungsbezirke in Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern. Jn Gemeinden von 10 000 bis 30 000 Einwohnern sind zwei Drittelungsbezirke,- in größeren Ge- meinden ist für jede angefangenen 20 000 Einwohner mehr ein weiterer Drittelungsbezirk zu bilden. Uebersteigt die Staats- einkommensteuer eines Wählers 3000 H, in Gemeinden mit mehr als 20 000 Einwohnern 6000 M, #o wird der über- \chießende Betrag der Staatseinkommensteuer nicht angerechnet. Den nicht zur S taatseinkommensteuer veranlagien Wählern soll ein Betrag von 4 s angerechnet werden.

Die Abga. Dr. Porsch (Zentr.) u. Gen. beantragen die Wiederherstellung der Abgeordnetenhausfassung (Drittelung nah Urwahlbezirken).

4

Die Abgg. Hobrecht U. Gen. beantragen, daß die Maximierung au 5000 bezw. 10 000 1, und zwar für den Gesamisteue ns M und daß der fingierte Steuer- au 5 festgeseßt wird. : ai Die Abgg. Eteherr von Richthofen (konf.) und Ge- nossen beantragen, in Nr. 2 statt 10 000 Einwohner 5000 zu sagen und die Nr. 3 folgendermaßen zu fassen: „Für den Umfang besonderer von der staatlichen Verwaltungsbehörde zu bildender Drittelungsbezirke von nicht weniger als 1749 und nicht mehr als 5000 Einwohnern, wenn die Gemeinde mehr als 5000 Einwohner umfaßt“. : Abg. Freiherr von Nichthofén (fons.) beantragt ferner einen Zusaß, ch, wenn in einer Abteilung kein Wähler vorhanden ist, die Mahl des Wahlmannes von der nächst niederen Abteilung bezw. die Wahl von zwet Wahlmännern von den übrigen Abteilungen gleichmäßig zu bewirken ist. Abg. Freiherr von Richthofen (fons.) beantragt endlich

für die Maximierung bei der Staatseinkommensteuer, daß der überschießende Betrag der Staatssteuer sowie die auf den Mehr- betrag dieser E nen Gemeindesteuerzuschläge nicht angerechnet werden jolen. N

N Abe, Freiherr von Zedlig und Neukirch (freikons.) bemerkt einleitend, daß er infolge eines NBersehens niht son vorber habe \sprehen können , er bedauert nochmals, daß feine Einigung mögli gewesen ist, und führt dann weiter, während im Hause große Unruhe und Bewegung herrscht, aus : Von unserem Partei- standpunkte aus könnten wir den Lnksabmarsch der National- liberalen begrüßen, denn dann würden deren beste Elemente zu uns fommen. Ih balte es aber im Interesse der gesamten Ent- wicklung unseres Naterlandes für wünschenswert und notwendig, daß die Entwicklung, die 1867 eingeseßt hat, daß die Nationalliberalen sich losreißen von dem übrigen Liberalismus und eine nationale Mittel- partei im liberalen Lager bilden, aufreht erhalten bleibt, und daß wir nicht wieder bis vor das Jahr 1867 zurückgeschraubt werden. Dies ist um so notwendiger, als wir jetzt einen tertius gaudens neben uns haben, die Sozialdemokratie. Mir rets und die National- liberalen links haben do alle ein Interesse daran, daß die Sozial- demokratie nicht weiter auffommt, sondern niedergehalten wird. Deshalb halte ih mich für verpflichtet, mit den 70 Jahren, die ih jeßt alt bin, die Nationalliberalen zu mahnen, eine Mittelpartei zu sein und

zu bleiben, hoffentlich ist es niht zu a A y

Abg. Dr. Friedberg (nl.): Man scheint einen Keil in unsere Partei treiben zu wollen. Herr von Zedlitz erklärt, nit im Interesse seiner Partei zu spre(en. In wessen Interese spricht er denn überhaupt, Lo nit in unserem Interesse. Wenn er das Bestreben hat, etwas zu stande zu bringen, fo kann ih sein Vorgeben von seinem Stand- vunkte aus nicht für rihtig halten. Mit seiner vermittelnden Tätig- feit bat er wenig Glück chabt, denn er hat an allen Een und Enden angestoßen. Viel eiht stehen wir einmal wieder vor der Frage, ein Kompromiß, ohne das es nicht gebt, über ein Wahlgeseß abschließen zu müssen. Dann werden wir nach diesen Erfahrungen gut tun, den Freiherrn von Zedlitz nicht zum Vermittler zu _wählen.

Abg. Borgmann (Soz.): Angesichts der jeßigen Situation möchte ich nur Freiherrn von edlißz mit Schiller zurufen : Geben Sie ins Kloster, Oktavio, verlassen Sie die sündige Welt. _

Abg. Dr. Ide rh off (frfon}.): Soll ih überhaupt noch sprechen ? (Lebhafte Rufe: Nein! Nein!) Dann will ih verzichten.

Bei der Abstimmung werden die sämtlichen Anträge abge- lehnt. Für die konservativen Anträge stimmen unter der Heiterkeit des Hauses nur die Konservativen und Sozial- demokraten. : - : Fa

Der Antrag der Nationalliberalen über die Maximierung wird gegen die Stimmen der Linken und eines Teiles des Zentrums abgelehnt. Der Antrag, betreffend den fingierten Steuersaß von 5 H, wird gegen die gesamte Linke abgelehnt. Für den Antrag Porsch stimmt nur das Zentrum. i

Darauf wird der § 6 in der Herrenhausfassung gleichfalls

abgelehnt ; dafür stimmen nur die Freikonservativen und einige Nationalliberale.

Präsident des Staatsministeriums, Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg:

Meine Herren! Durch die Beschlüsse, die das Haus soeben gefaßt hat, ist eine Lücke im Gesetz entstanden; es gibt nach Ihren Be- \{lüssen keine Bestimmungen darüber, in welcher Weise die Ab- teilungsbildung erfolgen soll. Nach der Stellung, die die verschiedenen Parteien dieses Hauses zu der Frage eingenommen und in diesen Be- \{lüssen bekundet baben, is nah Auffassung der Staatsregierung die Aussicht auf eine Nerständigung über diesen Bestandteil der Vorlage ausgeschlossen. Ich erkläre infolgedessen im Namen der Königlichen Staatsregierung, daß sie auf die Weiterberatung des Gesetzes feinen Mert mehr legt. (Stürmisches Bravo! links.) .

Vizepräsident Dr. Pors ch: Dann haben wir nur noch die Ne-

solutionen zu erledigen. 5 E B Abg. Dr. Friedberg (ul.) zieht unter diesen Umständen die Ne-

solution Hobrecht wegen Bermehrung der Zahl der Abgeordneten

zuru. H en erklärt Abg. Fischbeck (forts{r. Volksp.) für die RNe- solution Aronsohn wegen Neueinteilung der Wahlkreise.

Damit ist die Tagesordnung erledigt.

Schluß gegen 4 Uhr. Nächste Sißung Sonnabend 11 Uhr. (Gerichtskostengeseß und Gebührenordnung für Notare; Gesetz über den Nogatabschluß; kleinere Vorlagen ; Anträge.)

Parlamentarische Nachrichten.

Dem Herrenhause ist der folgende Entwurf eines Geseßzes, betreffend die Verpflichtung zum Besuche ländlicher Fortbildungs\schulen in den Provinzen Brandenburg, Pommern, Sahsen, Westfalen sowie in der Rheinprovinz und in den Hohenzollernschen Landen, zugegangen.

Einziger Paragraph.

Durch statutarische Bestimmung einer Gemeinde fann für die nicht mehr schulpflichtigen unter 18 Jahre alten männlichen Personen für drei aufeinander folgende Winterbalbjahre die Verpflichtung zum Besuch einer ländlichen Fortbildungsschule begründet werden.

In gleihem Unfange fann für etnen Gutsbezirk auf Antrag des Gutsvorstehers durch Beichluß des Kreisaus\chusses die Berpflichtung zum Besuch einer ländlichen Fortbildungésdu!e begründet werden.

In dem Statut (Abs 1) oder dem Beschluß (Abs. 2) sind die zur Durchführung dieser. Verpflichtung erforderlichen Bestimmungen zu treffen, insbesondere sind die zur Sicherung eines regelmäßigen Sculbesuches den Schulpflichtigen sowie deren Eltern, Vor- mündern und Arbeitgebern obliegenden Verpflichtungen zu be- stimmen und diejenigen Vorschriften zu erlassen, durch welche die Ordnung in der Fortbildungsschule und ein gebübrliches Verhalten der Schüler gesichert wird. Der Stundenplan ist vom Gemeinde- vorstand und in den Fällen des Abs. 2 vom Kreicauésschusse festzuseßen und in ortsübliher Weise bekannt zu machen. Von der Verpflichtung zum Besuch einer Fortbildungs\chule find diejenigen

bildungsscule besuchen oder einen entsprehenden anderen Unterricht erhalten, sofern dieser Schulbesuh oder Unterriht von dem Re- ierungspräsidenten als ein ausreihender es des allgemeinen Fort- bildungsunterrichts anerkannt wird. Die Bestimmung weiterer Aus- nahmen dur das Statut ist zulässig.

An Sonntagen darf Unterricht nicht erteilt werden.

Mit Geldstrafe bis zu zwanzig Mark und im Unvermögensfalle mit Haft bis zu drei Tagen für jeden Fall wird bestraft, wer den vorstehenden Bestimmungen oder den erlassenen statutarishen Be- stimmungen zuwiderhandelt.

Jn der diesem Geseßzentwurf beigegebenen Begründung wird ausgeführt: n Die Schaffung einer gesetzlichen Unterlage. für die Einführun der Verpflichtung zum ade ländlicher Fortbildungs\hulen in de Provinz Hessen-Nassau durch das Beleh ider 8. August 1904 hat sh äls ein äußerst wirksames Mittel pur örderung des ländlichen Fort: bildungs\chulwesens erwiesen. Infolge mehrfacher Anregungen aus dem Hause der Abgeordneten ist die gleiche Einrichtung durh Geseg vom 25. Januar 1909 für die Provinz Hannover getroffen worden. Mit dem kürzlich dem Landtage vorgelegten Gesetzentwurf für die Provinz Schlesien wird das gleiche Biel angestrebt. Neuerdings haben die zur Wahrnehmung der provinziellen Interessen berufenen Organe der Provinzen Brandenburg, Pommern, Sachsen, Westfalen und der Rheinprovinz sowie die fommunalständische Vertretung der Hoben- zollernschen Lande den Erlaß gesetzlicher Vorschriften zur Einführung des Besuchszwanges durch die Gemeinden auch für diese Landesteile beantraat. pa Nimes chen wird durch den hiermit vorgelegten Geseßentwurf entsprochen. N

! Welegentlih früherer Verhandlungen beider Häuser des Landtags ist auf die Notwendigkeit eines planmäßigen Ausbaues der ländlichen

ortbildungés{ule mehrfach hingewiesen worden. Die kurze Fest: : ae daß die sittliche Hebung und Festigung der männlichen \{ul-

sowie eine weitgehende soziale Fürsorge für sie

entlassenen Jugend Für durch die ländliche Fortbildungs\chule verfolgt sowie eine allgemeine

Meiterbildung und Unterstüßung der beruflichen Ausbildung des jungen Mannes erstrebt wird, läßt diese Notwendigkeit ausreichend und bedarf dahe- keiner weiteren Begründung, daß die ländliche Fort: bildungssbule ohne den Sqchulzwang ihren Aufgaben nit in tem Ein Vorgehen nach_ dem Vorbild des Geseßes vom 8. August 1904 für die Provinz Hessen-Nafsau, wonach lediglih den Gemeinden für die ländliche Fortbildungéshule gegeben is, wird um so eher den aewünschten Erfolg zeitigen, wenn die Entwidl des Fort: e vorgeschritten ist und die beteiligten Bevölkerungskreise selbst schon cin cusreihendes Nerständnis für den Wert der gor ae Erlaß eines derartigen Gesetzes in den beteiligten Landesteilen als gegeben anzusehen. nach den amtlichen Féf#stellungen in diesen Provinzen a. in Brandenburg betrug: 1896 1899 1904 32 1908 174 1926, im Jahre die Zahl der Schulen die Schülerzab! 1896 3 25 1902 25 385 1904 68 922 . in Sachsen betrug: i i im Jahre die Zahl der Schulen die Schülerzabl 43 741 1899 57 722 1904 62 843 1908 113 1 648, im Jahre die Zahl der Schulen 1896 15 1902 107 1904 134 in der Rheinprovinz betrug: i : im Iahre die Zahl der Schulen die Schülerzab! 244 3916 1899 1 1902 236 4 345 265 4 898 1E llernshen Landen bet * in ten Hokbenzollernshen Landen veirug- / i ; die Schülerzat! 1896 504 1899 52 543 1904 DL 472. Das slarke Wachslum der ländlien Fortbildungs\cule in da Bevölkerungskreisen als eine für die Ausbildung und Erziehung det \chulentlassenen Jugend wertvolle und segensreihe Einrichtung ertand gaben der zur Beurteilung der Verhältnisse berufenen Ste auch in den vorgenannten Landesteilen auf ein wf der Möglichkeit, den Besuch obligatorisch zu machen, kaum gerer werden. Es wird deéhalb als ein dringendes Bedürsnis bejcidnd wo es angezeigt erscheint, begründen zu können. / N Ein Beschluß, die Staatsregierung um Einbringung eines E Fortbil 8 durch Gemeindestatut zu ersuchen, wurd Brandenburg gelegentlich der leßten Tagung des Provinziallant!# Die Anregung für Pommern ging vom Provinziallandtagt # der einen entspred'enden Antrag an die Staatsregierung in des Vorstandes der Landwirtschaftekammer für die Provinz Po vom 29. Juli v. I. betonte ausdrüdcklih, daß der und für sih allgemein anerfannten Sale der Fortbildungé\d wünschenswerte allgemeine Wirkung erzielen sollten. die Ängelegenheit verhandelt mit dem Ergebnis, daß eine_ gel Grundlage für die Einführung der Verpflichtung zum Besuch erstreben sei Der Provinziallandtag hat damit seine “j i einstimmung mit einem in der XV. ordentlichen Plenarversat e 26. Januar gefaßten Beschlusse bekundet. Auch die L fammern der Provinz haben den baldigen Erlaß eines entspre

begründet erscheinen. Es fann au keinem Zweifel mehr unterliegen wünschenêwerten Maße zu entsprechen vermag. die Möglichkeit zu ortsstatutarisher Einführung des Besuch8zwanges bildunass{ulwesens in dem n Betracht kommenden zirk bereits erlangt haben. In dieser Beziehung sind die Vorbedingungen für den Die Entwidlung des ländlichen Fortbildungs\ ulwesens zeigt im Jahre die Zahl ves Schulen 1902 s . in Pommern betrug: 1899 11 109 1908 123 1 579, 1896 1902 53 672 . in Westfalen betrug : 1899 37 1908 236 1899 221 4 152 1908 316 6 020, im Jahre die Zahl p Schulen 1902 D3 535 leßten Jahren läßt erkennen, daß sie in den beteiligten ländlids und geschäßt ist. Troßdem fann nach den übereinstimmenden 4 liches Fortschreiten der Entwicklung infolge des Feblert die Verpflichtung zum Besuche der ländlichen Fortbildungssculen det fe i Besuchszwanges an ländüÆ am 27. Februar cr. gefaßt. Sitzung vom 19. März 1909 formulierte. Ein glei gerichtetes Gi die ländliche Fortdildungsscule nicht zu entbehren sei, wenn T ú In der Provinz Sachsen hat der XXV. Provinziallandtas e licher. Fortbildungs\hulen nah dem Vorbild anderer ProviniZ p der Landwirtschaftékammer für die revins Sachsen pa ut Gesetzes bcfürwortet.

olgendes Bild: die Schülerzab] 26

die Schülerzabl 271

735 2 030 2 529 4 086,

(Shhluß in d?r Driiten Bei“age.)

befreit, welche die Berechtigung zum einjährig-freiwilligen Militär-

dienst erworben haben, welche eine Innungs-, Fach- oder andere Fort-

Erfindungen und Entdeckungen auf all

Kroatien “on Arthur Achleitner.

zum Deutschen RNeichsanz

M 123.

(Schluß aus der Zweiten Beilage.)

Der Antrag auf Einführung des Sqhulzwangs für aw As nah dem Muster des Geseges für Hessen-Nassau wurde zuerst von dem „Verein zur Förderung des Fortbildungs\{hulwesens in der O Westfalen" bei der Staatsregierung und dem Provinzial- andtage am 9. Oktober 1907 gestellt. Leßterer beschloß am 11. März 1908, den Antrag des Vereins bei der Staatsregierung zu unterstüßen. Dieser Stellungnahme {loß sich die Landwirtschafts- fammer für die Provinz Westfalen in threr Hauptversammlung vom 7. Januar 1909 an.

Auch für die Rheinprovinz befürworten Landwirtschafts- fammer und Provinziallandtag dur ihre Beschlüsse vom 31. De- zember 1909 und 11. März d. J. die baldige Regelung der An- gelegenheit im Sinne dieses Gesezentwurfs.

Scließlih ist noch zu erwähnen, daß für die Hohen- gol ec en Lande sowohl die Zentralstelle des Vereins für andwirt¡chaft und Gewerbe in Sigmaringen als auch der dortige Kommunallandtag gleichgerihtete Wünsche fundgegeben haben.

Die Vorschriften des Gesezentwurfs deen nch inhaltlih mit denen der für Hessen-Nassau unter dem 8. August 1904 und für Partie i unter dem 25. Januar 1909 erlassenen Gesetze. Zwei

unkte, in denen von der Fassung dieser Geseße abgewichen ist, be- anspruchen eine besondere Erläuterung.

Zunächst soll der eingefügte Absatz 2 des Entwurfs eine Handhabe bieten, um auch für Gutsbezirke, die in einigen der beteiligten Pro- vinzen in größerer U vorhanden sind, den Schulzwang einführen zu können. Hierbei andelt es sich nicht nur um die Gutsbezirke mit eigener Fortbildungs\chule, sondern au um diejenigen Fälle, in denen mehrere Gutsbezirke oder eine Gemeinde und ein Gutsbezirk zusammen eine gemeinsame Fortbildun s\hule unterhalten. Für alle dieje Fälle bildet die vorgeschlagene Kafjung des Gesetzentwurfs die Möglichkeit zur Begründung des esudszwangs. Dabei wird entsprehend der den Gemeinden gelassenen Freiheit der Entschließung bestimmt, daß dur Kreisaus\cpußbeschluß der Besuch8zwang nur d eingeführt werden kann, wenn ein Antrag des Gutsvorstehers vorliegt.

Entsprechend der {on in dem Gesetzentwurfe für die Provinz S(lesien vorgesehenen Erweiterung, wonach die Festseßung und Bekanntgabe des Stundenplans durch den Gemeindevorstand aus- drücklich vorgeschrieben wird, enthält au dieser Geseßentwurf einen E Zusa. Diese Ergänzung wird durch wiederholte ( ntsheidungen des Kammergerichts begründet, wonach die Vorschrift im 2 120 Abs. 3 der Gewerbeordnung, auf Grund welcher die f Durchführung der statutarischen Fortbildungs\chulpflicht erforder- ichen Bestimmungen ebenfalls nur im Wege statutarischer Festseßzungen getroffen werden können, sih auch auf die Stunden- plâne bezieht und eine strafbare Schulversäumnis nicht vorliegt, wenn der Stundenplan auf anderem Wege etwa lediglich durch Bekanntgabe der Gemeindebehörde festgesetzt ist (vgl. die Gnt- scheidung vom 7. Fanuar 1904; von Nohr\cheidt Gewerbe-Archiv Band 3 Seite 480). Die praktischen Unzuträglichkeiten, die sih aus dieser Auffassung ergeben (Umständlichkeit jeder Aenderung des Stundenplans, Unmöglichkeit der raschen Verlegung einer Unterrichts- {stunde aus vorübergehender Veranlassung usw.), haben Anlaß dazu egeben, durch eine dem Reichstage demnächst vorzulegende Novelle der

ewerbeordnung in den § 120 einen Zusaß einzufügen, wodurch der Gemeindebehörde die Befugnis zur Fellfepung des Stundenplanes bei- geleg: wird, der im übrigen ortsüblich bekannt zu machen ist. Da die Srwägungen des Kammergerichts unzweifelhaft auch auf den vor- liegenden Geseßentwurf zutreffen, so empfiehlt es fi, zur Vermeidung der geschilderten Schwierigkeiten den im Entwurf vorgesehenen Zusaß zu machen. Die Befugnis der Gemeindevorstände bing Fest- jeßung der Stundenpläne erstreckt sich indessen, wie ausdrücklih bemerkt wird, lediglich auf die Bestimmung der Unterrichtszeit. Die Ent- \heidung über die Lehr- und Stoffverteilung8plüne für die einzelnen Unterrichts#unden muß nach wie vor der Schulleitung und Schul- aufsiht vorbehalten bleiben. :

Schließlich erscheint es angezeigt, an dieser Stelle noch auf eine andere Frage einzugehen, nämlich den Fortbildungs\hulunterriht an Sonntagen, dessen Zulassung von den Vertretungen der west- lihen Provinzen dringend befürwortet worden ist. Während die Staatsregierung ursprünglich (vgl. Regierungsvorlage zum Gesetz vom 8. Augu 1904) auf dem Standpunkte stand, daß der Sonn- tagdunteceae unter gewissen, die BeeinträGSgung des kirchlichen Lebens aus\hließenden Beschränkungen zuzulassen sei, haben beide Häuser des Landtags dur ihre Abstimmung über die Gesetzentwürfe für die Provinzen Hessen-Nafsau und Hannover in den Fahren 1904 und 1909 u wiederholten Malen die gegenteilige Ansicht mit großer Entschiedenheit befundet. Dieser Willensäußerung fonnte die Staats- regierung um fo unbedenkliher zustimmen, als ns zu leugnen ift, daß den Norteilen des Sonntagsunterrichts eine Reihe gewichtiger Nachteile gegenüberstehen, von denen die Belastung der ohnehin an Sonntagen bereits sehr in Anspruch genommenen Lehrkräfte besondere Beachtung verdient. Jn allerneuester Zeit hat das Herrenhaus bei der Beratung über den gleichartigen Gesetzentwurf Me die Provinz Schlesien wiederum zu erkennen gegeben, daß ein erbot gen Sonntagsunterrichts von ihm auch heute noh für die richtige Löjung dieser Frage gehalten wird.

Angesichts dieser Sachlage wurde davon abgesehen, den aus der Rheinprovinz und Westfalen geäußerten Wünschen nah Zulassung des Sonntagsunterrichts in dieser Vorlage zu entsprechen.

Literatur.

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Für alle Welt. Fllustrierte Zeitschrift mit der Abteilung L en Gebieten der Naturwissenschaften und Technik. XVI. Jahrgang. 1910. get 20—22. Sährlih 28 Hefte à 0,40 Æ. Berlin W. 57, Deutsches erlagshaus Bong u. Co. f

Feldzug der Großherzog l. Badischen Truppen unter Oberst Freiherrn Karl von Stocckhorn gegen die Vorarlberger und Ti 1809. Von Fr. Wengen. 8 #; gebdn. Carl Winters

Universitätsbuchhandlung. i Das Erbe des Jkaros. Roman von Mervarid. 3 ; in Leder 5 #. Berlin W. 9, Linkstr. 17.

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Dritte Beilage

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(Dr. Eysler u. Co.).

Land- und Forstwirtschaft. Bericht über den Stand der Feldfrüchte, Kl Wiesen und Weiden in den im österreihischen Rei srat vertretenen Königreichen und Ländern Mitte Mai 1910. (Zusammengestellt im K. K. Ackerbauministerium.) Tabellarische Uebersicht. | lassifikation des Standes der Feldfrüchte, | Kleeshläge, Wiesen und Ai , ————

Länder | und Landesteile |

l Î j |

| | | |

Weiden

j

Noggen Kartoffeln *) Zuckerrüben Klee

Wiesen

Weizen Gerste Hafer

DD n

Niederösterreih . | Oberösterreih . . Salzburg - -. - -| Steiermark | Kärnten Krain Nordtirol und Vorarlberg . - Südtirol | Küstenland . . - +| Dalmatien -. - - - | Böhmen Mähren „+2 ss Schlesien Westgalizien . - - Ugen 2 Bukowina . -

Gesamt- |

durchschnitt . .| 1,9| 2,5 | 2,21 2,3 22| 241 2,7| 24 | 2,2 2,4.

i Anmerkung. 1) Klassifikationsnote 1 = sehr gut, 2 = über- mittel, 3 = mittel, 4 = untermittel, 5 = sehr shlecht. Die Noten für die einzelnen Länder beziehungsweise Landesteile owie für den Gesamtdurhscnitt sind aus den Klassifikätionsziffetn für die einzelnen Berra e, und zwar unter Zugrundelegung der vorjährigen Ernte- erträge, berechnet.

*) Ueber den Stand des Mais und der Kartoffeln enthielten der Jahreszeit entsprechend nur circa 18, beziehungsweise circa 20 9/9 der eingelangten Berichte \pezielle Angaben.

Ein Strich bedeutet, daß die betreffende Frucht gar nicht oder nur in sehr beschränktem Ausmaße gebaut wird, ein Hunkt, daß die Berichte nicht in genügender Anzahl einlangten.

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Witterungsverlauf in der Zeit vom 15. April bis 15. Mai.

: Der April war normal, sowohl in den Temperatur- wie in den Niederschlagsverhältni}jen ; der Mai dagegen in fast allen Ländern nach jeder Hinsicht abnormal. Gegen Ende April trat in den Tem- peraturen ein Rückschlag ein, der in den Sudeten- und in den nörd- lichen Alpenländern von einer kurzen Frostperiode begleitet war. Die Uer Le waren reihlich und auf eine größere Anzahl von Tagen erteilt.

Fm Mai standen die Temperaturen, ohne zwar (Gebirgslagen ausgenommen) den Nullpunkt erreicht zu haben, fast in allen Ländern tief unter den normalen Merten; die Temperaturschwankungen waren hierbei sehr beträchtliche. Auffallend zumal sind die ungeheuren Niedershlagsmengen in fast allen Gebieten, und zwar in erster Linie in den nördlichen Alpenländern (in den westlichen fielen bedeutende Schneemassen), ferner in den Sudeten- und Karpathenländern. Schwerere Stürme sowie Hagelschläge sind fast überall, namentli in Böhmen, Mähren und Nieder-Oesterreih, zu verzeichnen.

Der Monat Mai war somit bisher falt, sehr feucht und wies starke Bewölkung und sehr wenig Sonnenschein auf.

Allgemeine Bemerkungen.

Der Weizen hat ih troß der niederen Temperaturen Anfan Mai zufolge der reichlichen Niederschläge günstig entwidelt und weist im allgemeinen einen besseren Stand auf als im Vormonat. In Niederungen, insbesondere auf {weren Böden zeigt sich stellen- weise Noît. :

Der Noggen hingegen hat durch die abnormalen Witterungs- verhältnisse etwas gelitten.

__ Von tierishen Schädlingen maten \ich in Wintersaaten Draht- würmer und speziell am Roggen in Südtirol hie und da auch die Maulwurfsgrillen, in Dalmatien ganz besonders aber die Larven der Hessenfliege bemerkbar. _Gers\te und Hafer sind fast überall untergebraht. Ueber \{ädigendes Auftreten von Drahtwürmern in Gerstenfeldern wird aus den Sudeten- und Karpathenländern berichtet.

Mais. Der Anbau wurde in Niederösterreih, den südlichen Alpenländern und in höheren Lagen des Küstenlandes durch die an- dauernden Niederschläge verzögert und ist noch nicht ganz beendet. Die zuerst aufgelaufenen Saaten litten durch Kälte und teilweise auch durch Nässe.

Kartoffeln. Das Legen der Kartoffeln ist zumeist beendet. In den nördlichen Alpen- fowie in den Sudetenländern kommt bei den vor Mitte April in ebenen Lagen gebauten Kartoffeln das Kraut nicht überall zum Vorschein, was a ein Faulen der Saatknollen {ließen läßt. Fn den Südländern sind die Spätkartoffeln gleih- mäßig auge angen und gedeihen vortrefflich. Frühkartoffeln werden bereits gehadt und stehen in Untersteiermark, Krain, Südtirol sowie in den Südländern überwiegend {ön.

Der Zuckerrüben anbau fonnte größtenteils im April be- endet werden. Zeitige Saaten sind zumeist vollkommen aufgelaufen, und wurde mit der ersten Hacke in ebenen Lagen von Nieder- österreih, Böhmen und Mähren begonnen, während in Schlesien

Een von Christian Morgenstern. Berlin W. 35. Derfflingerstr. 16. Bruno Cassirer.

und in den Karpathenländern erst das Vereinzeln im Zuge ist. Späte Saaten haben in den Sudetenländern durch ate Debit ¿itten;

eiger und Königlih Preußischen Staatsanzeiger.

1910.

sind teilweise auch ungleich aufgegangen, und mußten hier und d” Neubestellungen erfolgen. Die leßten Saaten zeilen fehr chön. Viele Saaten wurden in den Niederungen Niederösterreihs und Mährens durch Wasserrisse und Verschlemmungen zerstört und in den Sudeten- ländern sowie in Niederösterreih durch Drahtwürmer, in Südmähren überdies dur Larven der Nüssel- und der Aaskäfer geschädigt.

N IGE (Rotklee und Luzerne) hat fi im allgemeinen, besonders in ebenen Lagen, kräftig und dicht bestockt. An manchen Orten haben Engerlinge, im Küstenlande der Blattnager, in den Südländern Klee-

seide und in Nordböhmen Kleeshwärze Schäden verursacht. Jn den von den stellenweisen

Südländern wird bereits geschnitten.

Der Stand der Wiesen hat ih UVebers{hwemmungen und Vershlammungen abgeßehen im Vergleiche mit dem des Vormonats gebessert.

Die Weiden im Mittelgebirge weisen eine dürftige Grasnarbe auf, während Alpweiden noch mit Schnee bedeckt sind. Niederungs8- weiden sind fast überall s{hön begrünt und dürften gegen Ende Mai genußt werden.

Der Stand der Futterrüben sowie des Krautes ist, so viel aus den bisher eingelangten Berichten zu ersehen is, ein guter und im Durchschnitt mit 2,5, beziehungsweise 2,6 zu klassifizieren.

Hopfen. Die jungen Pflanzen treiben überall sehr gut hervor und zeigen ein frishes, gesundes Aussehen. In Südsteiermark wird der Hopfen bereits angeleitet. In den Hopfenproduktionsgebieten Böhmens hat das Anführen in Stangengärten, beziehungsweise das Aufleiten auf Drahtanlagen begonnen. Die hier und da aufgetretenen Erdflöhe haben bisher keinen wesentlihen Schaden angerichtet.

Uebersicht über die Klassifikation des Saatenstandes in den einzelnen Monaten.

Der Saatenstand war zu klassifii

eren

in

|

Mitte des Monats

Südtirol___

Bukowina Im Gesamtdurchschnitt

Nordtirol und Vorarlberg

Ostgalizien

Oberösterreich S Küstenland _ _Dalmatien

Niederösterreih Salzburg

Steiermark Kärnten

Krain

_Westgalizien

8/2, 7

71 23085

812,52,1 Mais:

. [1,4/3,7/2,1 Zaren ¿

Kartoffeln : [— |—|— |— |- [r |— |— | 3,613,3|. [2,6] . alz ali ol2la,0l2,8/2,718,12,0/2,111,8 2,4 Zuckerrüben :

G D [2,7

Ea A [s [e l ==[== le

2,6|— E hain R R |— E fat |— 27l2n 3,0/1,9/2,0|1,9 2,7 Klee :

(1,7|2,6|/1,5|

[1,5/2,6/1,8/:

22 O O A Sl 45123117 2,5

2/512,8/2,0/2,612,6/2,4/2,5|2,3/1,712,4 (Wiener Zeitung.)

Handel und Gewerbe.

(Aus den im Reichsamt des Innern zusammengestellten „Nachrichten für Handel und ÎIndustrie“.)

Neuregelung der Bergwerksabgaben in Frankreich.

Durch Artikel 4 des französischen Staatshaushaltsgesezes für 1910 vom 8. April d. I., welches im Journal Officiel vom 10. April veröffentlicht wurde, sind die Bergwerksabgaben in Frankrei erhöht und ist u. a. bestimmt worden, daß im Falle der Nichtzah ung des festen Abgabeteiles während zweier auf einander folgenden Jahre die Konzession des betreffenden Bergwerks für erloschen erklärt werden kann.

i Ein Ausschnitt aus „Journal Officiel“ vom 10. April d. I. liegt während der sten drei Wochen im Bureau der „Nachrichten für Handel und &Fndustrie“, Berlin NW. 6, Luisenstraße 33/34, im Zimmer 241 füx Interessenten zur Einsichtnahme aus. Ein weiteres Exemplar kann sofort deutschen Interessenten auf: Antráäa für Urte mee übersandt werden. Die Anträge sind an das genannte Bureau zu richten.

Erteilung einer Konzession zur Trofkenlegung von fumpfigen Gebieten in Montenegro.

___ Das Montenegrinische Amtsblatt vom 17. April a. St. veröffent- licht, ein Geseß vom d. März a. St., dur welches die montenegrinische Regierung ermächtigt wird, einer ausländischen Gesellschaft eine Kon- zession zur Trockenlegung der sumpfigen Gebiete um die Stadt Dul- cs und zur Verwertung der dadurch gewonnenen Ländereien zu erteilen.

Das betreffende Geseh liegt im Original sowie in deutscher Ue Her e uns während der nächsten drei Wochen im Bureau der „Nachrichten für Handel und Industrie", Berlin NW. 6, Luisenstraße 33/34, im Zimmer 241 für Interessenten zur Einsichtnahme aus und kann na Ablauf dieser Frist auswärtigen Interessenten au Antrag für kurze Zeit zugesandt werden. Die Anträge sind an das genannte Bureau zu rihten. (Nach einem Bericht der Kaiserlichen Ministerresidentur in Cettinje.)