1910 / 125 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 31 May 1910 18:00:01 GMT) scan diff

Kassen dem Reichsbankgirokonto noch nicht angeschlossen wären, “der Tat sind aber die staatlichen Kassen ‘dem Reichsbankgirokont» f geschlossen, wo Bankstellen vorhanden sind. s | Auch in der Beziehung freue ich mi, dem Herrn Vorr) vollkommen zustimmen zu können, daß wir bemüht sein müssen p ‘unsere staatlichen Kassen auch dem Postscheckverkehr anzusélic Von der Finanzverwaltung ist ein Schreiben an die übrigen Ressoy bereits abgegangen, wonach wir die staatlihen Kassen auch dem V \checkverkehr anschließen wollen. Ich hoffe, auch die Zustimmung Herrn Justizministers und des Herrn Eisenbahnministers in dis Beziehung zu finden. Jedenfalls werden die mir unterstehen Regierungshauptkassen und Kreiskassen dem Postsheckonto angesdlos werden. Ich hoffe aber auch, daß sih die anderen Kassen ans werden; denn wir müssen in dieser Richtung für das Publikum q] tun, was nur mit der Sicherheit der staatlichen Kassen vereinbar j Herr Dr. Lenge: Wenn nah den Vorschlägen des Hey

von Gwinner in den verschiedenen Jahren verschieden bei

in

I eR verfahren würde, so würde der Etat do ,

recht auf eine hwankende Grundlage gestellt werden. Die dauernd

Ausgaben würden sih auch in ganz rapider Weise steigern. 1 Herr vonGwinner: Wenn wir in dem Augenblick willenlos all

Nessorts ausgeliefert sind und Ausgaben bewilligen müßten, wey

wir kein Defizit haben, so wollen wir doch lieber beschließen, t

910 Millionen Mark gelangen? Es stellt sich die Sache so, daß wir im Jahre 1909 nah den Daten, die der Herr Minister der öffentlihen Arbeiten kürzlih hier gegeben hat, tatsächlich einen Zuschuß der Eisenbahnverwaltung zu den allgemeinen Staatsausgaben von 179 Millionen Mark erzielt haben, während nah dem Etat, der ja au unter ungünstigen: Umständen aufgestellt war, nur ein solcher Zuschuß von 83 Millionen Mark vorgesehen war. Es sind also in einem Fahre effektiv 96 Millionen Mark mehr erzielt worden, und wir sind damit auf die Grenze von 179 Millionen Mark gekommen; es bleibt also, um die Summe von 210 Millionen Mark zu erreichen, nur noch ein Spatium von 31 Millionen Mark. Meine Herren, wenn man in einem Fahre einen Mehrbetrag von 96 Millionen Mark erreihen kann, so ist in der Tat nicht abzusehen, warum wir nicht hon im Jahre 1910 oder 1911 noch die fehlenden 31 Millionen Mark erzielen sollten. Also ih kann \{lechterdings nicht anerkennen, und ih befinde mich dabei in vollkommener Uebereinstimmung mit dem Herrn Minister der öffentlichen Arbeiten, daß diese Regelung nur auf dem Papier stände und daß sie nit wie wir hoffen in ziemlih naher Zeit zur Wirklichkeit werden follte.

Meine Herren, wenn dann der Herr Vorredner \{ließlich den Ausdruck gebraucht hat, daß unser Etat wie ein Struwelpeter aus- sehe, so, muß ih sagen, ist mir ein natürlicher Struwelpeter immer

werbende Anlagen \{chaffen. Nun kann man ja zweifelhaft darüber sein, ob man das ganze Extraordinariuen als werbende Anlage an- sehen will. Jch kann es für meine Person nid so ansehen. Denn im Extraordinarium stecken eine ganze Reihe von Ausgaben, die neue werbende Anlagen nit hafen. Ich will nur einmal darauf hinweisen, es wird ein Eisenbahndienstgebäude heute erweitert, in 30 Jahren noch- - mals, in 50 Jahren wird es abgerissen, wie wir das bei dem steigenden Verkehr unserer Eisenbahnen häufiger erleben. Es ist das eine Betätigung des alten braven Saturn, der seine eigenen Kinder auffrißt. Man fann meines Erachtens nicht diese Gebäude und manches andere, was in ähnlicher Weise sich abnußt und erseßt werden muß, als werbendes Kapital ansehen. Aber, selbst geseßt den Fall, wir sähen das ganze Extraordinarium als Ausgabe für werbende Anlagen an, so würde do unsere Schuld nur mit 1,68 9/0, d. h. mit 60 Jahren getilgt werden. Das ist doch nur einer wirklich rihtigen Finanzwirtschaft entsprehend. Ih erinnere daran, daß im Neich mit viel kürzerer Frist getilgt wird, die werbenden Anlagen werden dort in 30 Jahren, die niht werbenden sogar in 22 Jahren getilgt. Also, meine Herren, selbst wenn man, was ih bestreite, das ganze Extraordinarium als werbend ansehen kann, würden wir noch binsihtlih der Schuldentilgung hinter dem zurücbleiben, was im Reiche von allen Seiten gefordert wird und in der neuen Geseßgebung

Zweite Beilage |

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

Berlin, Dienstag, den 31. Mai

1910.

Mai aber habe Hause abgeben

(Schluß aus der Ersten Beilage.) von Bremen und Oldenburg erklärt, am jüngsten 4.

sie eine viel wohlwollendere Erklärung im anderen lassen. Wenn man auch von Emden absehen könne, fo sei do der zweite Cinwand nicht zu ignorieren, denn wenn eine derartige Verschiebung einträte, seien die Städte, welche sich zu Garantieübernahmen für den Rhein - Leine - Kanal verpflichtet hätten, benachteiligt, speziell au Osnabrück. Hoffentlich könne die Verwaltung die entstandene Besorgnis zerstreuen ; die preußischen Interessen dürften nicht zugunsten von Oldenburg und Bremen zurückstehen. Die Verbindung der Ems mit der Weser bilde das erste Stück des früher fo lebhaft erstrebten Küstenkanals bis Hamburg. Möglich, sogar sehr wahrscheinlich sei, daß der Dörpen- Campe-Kanal früher fertig werde als der Rhein-Weser-Kanal ; sei es zweckmäßig, jeßt hon, bevor noch der Mitellandkanal vorhanden sei, an den Küstenkanal heranzugehen?

Bezüglich der Einteilung in Naucher- und Nichtraucherabteile ist neuerdings an die Eisenbahndirektionen eine Weisung ergangen in dem Sinne, mehr im Interesse der Maucher auf eine günstige Verteilung hinzuwirken. Es soll nämlich die Hälfte der Wagen für Raucher, die ‘andere für die Nichtraucher vorhanden sein. Die etwa noch über- \hießende Zahl soll, soweit ein Bedürfnis vorhanden ist, den Nauchern zur Verfügung gestellt werden.

Graf Finck von Finckenstein: Bei den Bahnhofsbauten wird vielfa ein Luxus getrieben, der der preußishen Sparsamkeit nicht entspricht. In armen Orten die Bahnhofsbauten dem Ortss\til anzu- passen, führt zu weit. Ferner möchte ih den Minister bitten, auf den Bahnhöfen nicht so viel Reklameschilder zuzulassen. Es ist doch niht angängig, daß an dem Aeußern eines Bahnhofs ein großes Neklameschild steht. Das is auch eine einseitige Bevorzugung. Bei

Herr von Klißing: Jch höre bei mir 80 Züge der Ostbahn yorübersausen, aber benußen kann ih sie nicht. èch glaube, es ist kein unbescheidener Wunsch, daß in Küstrin alle D-Züge halten. Der Triebwagenverkehr Ee uns bis auf einen Zug nichts. lm den Minister milde zu stimmen, möchte ih ihn bitten, einmal mit mir zu fahren, er würde wie überfüllt die üge sind, und welche Siedehiße in ihnen herrscht. Bei den jeßigen Yedpelcoupós ist es unmöglich, die Fenster zu öffnen. Ein Äbort war schon auf dem Bahnhof Friedrichstraße so shmußig, daß es ein wahrer Skandal war. Der Bahnhof Küstrin - Neustadt hat den Fehler, daß er mindestens eine Treppe hoch liegt, der Wind kann von Osten und Westen meilenweit ausholen. Nun kommt man aus

sich überzeugen,

den

auch durchgeführt worden ist.

Meine Herren, dann ist der Herr Vorredner auch wieder auf den \{lechten Stand der Konsols zurückgekommen. Das ist der Punkt, in dem ih mich mit ihm am meisten begegne. Wir sind unausgeseßt be- müht, Wandel zu schaffen und haben die Unterstüßung des Herrenhauses gefunden und hoffen auch des Herrn Vorredners Unterstüßung nah dieser Richtung hin zu finden. Ich möchte aber, wenn ich bemerkt habe, daß in dieser Beziehung die Banken und ähnliche Einrichtungen lange nicht so viel Staatspapiere haben, wie das erwünscht ist, doch darauf hinweisen, daß gerade der günstige Stand zum Beispiel der englischen Konsols darauf beruht, daß die englischen Versicherungsgesell schaften und Banken in viel höherem Maße gewohnt sind, es als ihre Aufgabe zu be- trachten, Staatspapiere zu kaufen als bei uns. In England sind etwa 16 Milliarden Schulden, von denen sich 11 Milliarden in festen Händen befinden: bei Banken, Versicherungs- gesellshaften, Sparkassen usw. Wir haben in Deutsch- land, die verschiedenen Bundesstaaten zusammengerechnet, auch etwa 16 Milliarden, von denen aber 13 fluktuant sind, das heißt in Händen des Privatpublikums \ich befinden und, sobald sich eine günstigere Konjunktur bietet, an den Markt strömen. Statt fremde Papiere zu empfehlen, kann ich nur allen Banken die Bitte ans Herz legen, ihre Käufer auf den Ankauf von Staatspapieren hinzuweisen. Dann wird eine Besserung eintreten.

Meine Herren, der Herr Vorredner hat dann den Etat nach ver- schiedenen Richtungen hin bemängelt und gesagt, wenn man den Etat dur(studiere, so ergebe sich aus der Ziffer von 4. Milliarden eine ganz exorbitante Belastung auf den Kopf der Bevölkerung. Wer nur einen flüchtigen Blick auf den Staatshaushaltsetat wirft und man muß doch mit Leuten rechnen, die ernst prüfen —, kann doch dieses Exempel nicht aufstellen, daß aus der Ziffer von 4 Milliarden eine Belastung auf den Kopf der Bevölkerung zu ent- nehmen ist. Denn diese 4 Milliarden resultieren doch zum großen Teil aus den Staatébetrieben, namentlich der Eisenbahnverwaltung, und keiner wird auf die Idee kommen, aus diejen 4 Milliarden, auf 40 Millionen Einwohner verteilt, die Belastung der Steuerzahler entnehmen zu wollen. Der Herr Vorredner hat ja selbst angeführt, daß wir jedesmal einen Nettoetak beigeben, aus welchem ersihtlich ift, was aus den Betriebéverwaltungen, aus den direkten Steuern, indirekten Steuern usw. -aufkommt. Ich glaube also, daß das Maß der Belastung der Steuerzahler aus unserm Staats- haushaltsetat leiht zu ersehen ist. Wenn er ferner darauf hin- gewiesen hat, daß einzelne Positionen doppelt vorkommen, durch- laufende Posten sind, so ist das vollkommen zuzugeben. Aber der Landtag hat doch ganz mit Necht verlangt, daß man auch die finanziellen Ergebnisse der einzelnen Verwaltungen übersehen kann, und daß man deshalb bei den einzelnen Verwaltungen angeben muß, was sie einnehmen und was sie verautgaben, um nachbher das Saldo in der Gesamtrehnung des Staatshaushaltsetats in die Erscheinung- treten zu lassen.

Sqließlich ist der Herr Vorredner auf die Frage der Begrenzung des Eisenbahnetats gegen den allgemeinen Finanzetat zu sprechen ge- fommen und.hat wiederum behauptet, daß die jeßt vorgeschlagene Regelung ebenso wie alle früheren Regelungen lediglih auf dem Papiere stehen würde. Meine Herren, ih kann nur annehmen, daß er meine legten Ausführungen nicht gelesen hat, namentli die ziffernmäßigen Daten, die ih gegeben habe, und ich muß auch bestreiten, daß die früheren Regelungen lediglih auf dem Papiere gestanden haben. Das Geseh vom Jahre 1903 hat den Ausgleichsfonds tatsählich {on mit 156 Millionen Mark gefüllt, und der Fehler dieses Geseßes war nur der, daß man allzu viele Ziele auf einmal ins Auge gefaßt hatte, daß insbesondere aus dem Ausgleichsfonds der Dispositionsfonds des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten für unvorhergesehene Ausgaben gespeist werden sollte. Infolgedessen ist er für diesen Zweck in allzu starkem Maße in Anspruch genommen worden und hat niht mehr ausgereiht, um das Defizit \{lechter Jahre auszugleichen. Diesen Mangel haben wir beseitigt und haben Ihnen ferner in dem diesjährigen Etat vorgeschlagen, son durch den Etat gewisse Ueberschüsse aufzufangen und in den Neservefonds zu legen, sodaß also niht bloß die rechnungsmäßigen Veberschüsse, sondern auh gewisse etatsmäßige Uebershüsse dem Zugriff der andern Verwaltungen ent- zogen sind und in den Ausgleichsfonds fließen.

Nun hat der Herr Vorredner die. Rehnung aufgemacht, wieviel Einnahmen tatsächlich erzielt werden müßten, um zu jener Grenze einer Einnahme von 210 Millionen Mark zu kommen. Ich bin naturgemäß nicht in der Lage, in der Eile diese Nechnung verfolgen und kontrollieren zu können; ih stelle ihm nur folgende Daten als ganz unwidersprehbar gegenüber. Es sollen 210 Millionen Mark erzielt werden, bei!denen die Speisnng des Ausgleichsfonds erfolgt; über 910 Millionen Mark hinaus dürfen also die Zuschüsse der CEisenbahnver- waltung nicht für allgemeine Staatsbedürfnisse in Anspruch genommen werden. Nun habe ich die Ehre gehabt, hon das legte Mal dar- zulegen, daß wir bereits vor 10 Fahren, im Jahre 1899, einen Zuschuß der Eisenbahnverwaltung zu den allgemeinen Staatsausgaben von 215 Millionen Mark erzielt haben, daß wir später selbst Zuschüsse von 255 Millionen Mark erzielt haben. Nun frage i,

ein folher mit künstlihem Flittertand aufgepußter Struwelpeter würde ein Etat sein, der das Extraordinarium auf Anleihen verweist und im ganzen Publikum den Glauben erweckt, daß wir reicher sind und günstiger dastehen, als es tatsächlich der Fall ist. (Bravo!)

Herr von Gwinner: Mit dem Ausdruck Hexenmeister habe ih dem hochverdienten Finanzminister Miquel, dien indes genie, ein hohes Lob spenden wollen. Der Redner bleibt im übrigen bei seiner Auffassung stehen, daß man täglih eine Million mehr O müsse, um den vom Finanzminister gewünschten Zweck zu erreichen.

Finanzminister Freiherr von Rheinba ben:

Ja, meine Herren, man sieht do, daß für einige Herren das Verständnis des Etats sehr \{chwiertig ist. (Heiterkeit.) Der Herr Vorredner hat zunächst meine Daten bemängelt, daß 210 Millionen die Grenze bildeten und er hat als solhe 227 Millionen bezeichnet. Nun steht doch im Etat deutlich, daß das statistishe Anlagekapital nah dem abgerechneten Jahre berechnet wird das ist in diesem Falle das Jahr 1908 und danach beträgt die Grenze 210 Millionen und nicht 227 Millionen.

Wenn ih dann ferner auf die Tilgung im Reiche hingewiesen habe, so sagt der Herr Vorredner, ja im Reiche sind keine werbenden Anlagen vorhanden wie bei uns; wir haben die Eisenbahnen. Nun, meine Herren, hat das Reich bekanntlih auch Reichs- eisenbahnen und auch die Neichspost und troßdem tilgt das Reich in 30 Jahren auh bei den Schulden, die für Eisenbahnen und beziehentlih Postzwecke aufgenommen worden sind, auch da, wo es sh um werbende Anlagen handelt. Es ist mir ferner wirklih nit recht verständlih, wie man immer zu" den enormen Schulden, die wir haben aufnehmen müssen im Interesse der Eisenbahnen, im Interesse unserer wasserwirtschaftlichen Vorlagen, für die Ansiedlungen im Osten und dergleichen immer noch eine stärkere Schuldenaufnahme predigen kann. Wir haben seit 1906, wo unsere Schulden 737 3 Millionen betrugen, bis 1910 unseren Schulden- bestand auf 9421 Millionen erhöht. In 4 Jahren doch wahrhaftig eine erflecklihe Schuldenzunahme, die nnferen Schuldendienst von 997 Millionen auf 390 Millionen gesteigert hat, also in dieser ver- hältnismäßtig kurzen Zeit von 1906 bis 1910 ist der Schuldendienst in dieser Weise gestiegen, eine Tatsache, die naturgemäß den Staat in immer steigendem Maße belastet und ihn der Möglichkeit beraubt, die Gelder für andere viel nüßlichere Dinge aufzubringen. Ich wies {hon darauf hin, daß die Eisenbahn allein an dieser Zunahme der Schuld von 1906 bis 1910 mit 50 Millionen jährliher Belastung beteiligt ist. Also 50 Millionen jährlich hat die Eisenbahnverwaltung allein aus dieser kurzen Spdnne Zeit auf &Fahrhunderte für den Schuldendienst auszugeben und dadur werden ihr die Mittel für andere Zwecke ent- zogen. Ich glaube also, daß alle Veranlassung vorliegt, dem Sguldenmachen Einhalt zu * tun. Wir werden es ja nicht ganz tun fönnen, weil die wirtshaftlihen Bedürfnisse unseres Vaterlandes: Ausbau der Nebenbahnen, Kleinbahnen usw. immer wieder eine gewisse Anleihe notwendig machen. Aber das Extraordinarium einfach auf Anleihen zu verweisen, je nachdem die Situation einmal mehr oder weniger angenehm ist, würde ih für einen großen Fehler halten. Worauf ich aber noch mehr hinweisen möchte, meine Herren : wenn dieses Prinzip niht festgehalten wird, daß die niht werbenden Anlagen ‘aus dem Extraordinarium entnommen werden müssen, so ist den Ansprüchen der anderen Ressorts der Finanz- verwaltung gegenüber gar feine Grenze mehr geseßt- SeBE E _DIE Finanzverwaltung in der Lage, sagen zu können; erst müssen der Eisenbahnverwaltung aus ihren eigenen Einnahmen 120 Millionen im Extraordinarium zur Verfügung gestellt werden. Wird an diesem Grundsatz erst einmal gerüttelt, fo werden alle Ressorts versuchen, den bequemen Weg zu gehen, dem Finanzminister zu empfehlen, er möchte doch das Extraordinarium in immer \tärkerem Maße auf Anleihe übernehmen, um auf diese Weise Mittel zu bekommen, die Bedürfnisse der übrigen Nessorts zu be- friedigen. Aber das, meine ih, sollte gerade vom Standpunkt der Finanzwirtshaft und auch gerade vom Standpunkt des Herrn Vor- redners aus als ein Weg betrachtet werden, der im hohen Maße bedenklich ift.

Graf von Hutten-Czapski: Ich ergreife das Wort zu der eben gepflogenen Debatte, um mich den Worten dankbarer Bewunderung anzuschließen, welche der Finanzminister feinem großen Vorgänger gewidmet hat. Der Finanzmiñister hat oft auf die Nachteile hin- gewiesen, daß der Nerkehr in barem Gelde bei uns viel größer ist als in irgend einem anderen Lande. Die Staatskassen sind weder dem Girokonto der Reichsbank, noh dem Scheckverkehr anges{lossen. In Sachsen ist das bezüglih des Scheckverkehrs der Fall, und diese Einrichtung hat \sih dort gut bewährt. Die Finanzverwaltung sollte veranlassen, daß \ämtlihe Staats- und ommunalkafsen irgend

einem folchen Verkehr angeschlossen werden, weni : \heckverkehr. ges{loff n, wenigstens dem Post

Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:

Der Herr Vorredner hat darin vollkommen recht, daß wir bemüht sein müssen, den früher sehr stark \{chwerfälligen Kassenverkehr im Staate moderner und beweglicher zu machen. Ich darf sagen, daß wir unausgesett in dieser Richtung tätig gewesen sind. Aus den

warum sollen wir in Zukunft nicht wiederum auf eine Grenze von

noch viel lieber, als ein künstlicher, mit Flittertand aufgepußter, und E Gn Defizit in Permanenz zu erklären.

( ( Wir können dot s wohl eine sparsame Wirtschaft auch ohne Defizit führen. Jh h

nicht allgemeine Vorschläge gemacht, sondern mich auf den died jährigen Etat beshränkt. Im übrigen scheint nicht genügend j diesem Hause bekanût zu sein, daß wir bedeutende Summen tily

die nicht als Tilgung bezeichnet sind, so allein 70—75 Millione jährlih für werbende neue Anlagen, namentlih in Eisenbahnmateri] Wir können doch auch sehr wohl neue Tilgungspläne aufstellen, dz ist eine Kleinigkeit. Ich bleibe dabei, daß wir mit einer Annuitit yg 44 9% in 56 Jahren das ganze Kapital tilgen können. Und. niß einmal das hätten wir nötig, denn die Eisenbahrigeselcaftm V ganzen Welt mit Ausnahme der amerikanischen haben ja alle beshränft Konzessionen. In Frankreich, wo die Bahnen nach 60 Jahren Staate E L stehen die sechs großen Gesellschaften heute nod mit 1314 Milliarden Francs zu Buch, unsere reußischen Eisenbahnen deren Neß ebenso groß is, nur mit 84 Milliarden Francs. Viz brauchen deshalb niht mehr zu tilgen, als wir tun. ir tilgén nuf nicht in richtiger Weise. Wenn wir 200 Millionen brauchen und 1 tilgen müssen, so müssen wir 240 Millionen aufnehmen und die ( durch die Seehandlung an der Börse kaufen lassen, und der Erfol

wird nicht ausbleiben. Herr Dr. Lentze: Ich hatte allerdings geeig, Herr von Finanzminister den

Gwinner wollte dem orwurf der Unirt- \chaftlihkeit mahen und den Etat dauernd so aufstellen, wie A es empfohlen hat. Ganz bestimmt würde die Etatsgrundlage erst recht ins Schwanken geraten, wenn nah seinem MNezept verfahren wird. Im vorigen Jahre haben wir Staatss\teuerzuschläge beschließen müssen , die nac den Vorschlägen des Herrn von Gwinner nicht nôtig wären; aber die dauernden Ausgaben würden rapide wachsen. Di Einnahmen der Staatseisenbahnverwaltung gehören nicht diese sondern müssen zu den Lasten des preußishen Staates mitbeitragen: es muß hier also Zus ein anderer Maßstab angelegt werden als an einen privaten Eisenbahnbetrieb. Eventuell müßten durchweg Cr neuerungs- und Reservefonds geschaffen werden. j

Herr von Buch: Aus dem bisherigen Gange der Diskussion ist ohne weiteres zu lernen, daß der Staat nicht nach denselben Grurd- säßen wie eine Großbank oder eine Eisenbahngesellschaft verwaltet werden kann. Ich bitte den Minister, die für seine Verwaltung be- stehenden Grundsäße festzuhalten oder noch zu verschärfen ; denn nh unserer Meinung ist die Grenze für werbende Anlagen son biel zu weit gezogen; zweite Gleise und Bahnhofsgebäude {ind fressende, niht werbende Kapitalien. Der Staat steht Aufgaben gegenüber, von denen O eine Privatgesellshaft oder ein Vertreter einer? Bank kaum ein Bild machen kann; ih habe mich deshalb gefreut, daß der Minister die Angriffe mit solcher Energie zurückgewiesen hat. Was Herr von Gwinner für die Steigerung des Kurses der Staatsanleihen angeführt hat, ist doch recht wenig. Mit dem Kauf von 40 Millionen wird doch nichts gewonnen; und die Mittel, welche die Hypothekenbanken anwenden, soll die Finanzverwaltung lieber nicht anwenden. Nad dieser Nichtung haben wir von Herxn von Gwinner nichts gelernt Herr von Gwinner: Jch bedauere fehr, daß sich die Diskussin so persönli guspigt: Wir müssen uns E verstéhen. Wenn wir statt 92 Mill. Mark Defizitanleihen 92 Mill. Mark Eisenbahn: anleihen aufnehmen, ändert sih gar nichts; da kann nicht bon Unsolidität die Nede sein. Ferner: wir haben doch gar feine Grundsäße, an denen wir festhalten fönnen; es wird ja jeh! zum ersten Male versucht, solche aufzustellen. Wir haben bisher nur gezahlt, was wir zahlen konnten; und weiter zu zahlen, au wenn man es niht kann, halte ih für einen Fehler. Es wird jeßt bei der versuchten Neuregelung ein Mißgriff gemacht; dent der Ausgleichsfonds kann und wird nicht erreicht werden, das werden Sie im nächsten Jahre sehen. Der Vergleich des preußischen Cisen- bahnunternehmens mit den Gesellschaften fällt entschieden zu unsten der leßteren aus. Die preußishe Eisenbahnunternehmung it uns über den Kopf gewachsen ; wir verstehen die finanzielle Verwaltung nicht. Wir pumpen nicht zu viel, sondern wir pumpen zu wen!) wir wissen nicht, wie man den Markt behandelt, wir tragen dazu bei, ihn zu ruinieren. Wie im Reiche, muß auch in Preußen an di Besserung gegangen werden.

Beim Etat der Seehandlung (Preußischen Staatsbant) tonttaest

raf von Zitzewigt-Zezenow mit großer Befriedigung die erfreulihe Entwicklung und Wirksamkeit R A : __ Ueber den Etat der Eisenbahnverwaltung referiet! für die Finanzkommission i Graf von Reichenbach-Goschüg. Er hebt als besonders wertvoll das Wachsen der Einnahmen im Jahre 1909 !ck gleiWmäßigem Rückgang der Ausgaben hervor. Bei den Baulken werde anscheinend häufig zu viel Geld ausgegeben, au in Gegenden, wo erfahrungsmäßig noch sehr billig gebaut werden fan, so in feiner engeren \{lesishen Heimat; für Beamtenwohnhäuse würden Summen verwendet, die sparsamer bemessen werden fönntel, ohne daß an dem nötigen Komfort gespart zu werden brauche. Sodanl geht der Referent auf die neuen Maßnahméèn ein, welche die größer? Stabilisierung der Cisenbahn-, wie der gesamten Staatsfinanzen ¿ul Zwecke haben, nämli die Verstärkung des Ausgleichsfonds und dié Begrenzung des Extraordinariums. L: ;

Graf Droste zu Vischering bittet den Minister, dié Eisenbahndirektionen zu veranlassen, die Einrichtung von Schülerzügen ins Auge zu fassen.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breite nba:

Der Einlegung von Schülerzügen hat die Verwaltung bon geher ihr besonderes Interesse zugewendet. Sie hat diese Züge au dann eingelegt, wenn die Benugzung derselben eine ungenügende war- d fann nur sagen, daß hier vielfältig Schülerzüge mit einer ga geringen Zahl von Benugern fahren. Wir halten es aber für unser Pflicht, in der Einlegung von Schülerzügen fo weit zu gehen, als

irgend zulässig erscheint. Ich glaube, daß bei solcher Auffassung de Wunsche des Herrn Grafen Droste im allgemeinen entsprochen witd.

(S{hluß in der Zweiten Beilage.)

Worten des Herrn Vorredners klang es hervor, als ob die staatlichen

dem überheizten Coupó durch den Tunnel und muß da auf di nächsten Zug warten. Die Gleisüberschreitung is weniger gefährlich als ein solcher Aufenthalt im Zuge. Durch die Zeitungen geht die Notiz, daß die eisernen Schwellen vor den hölzernen bevorzugt werden Lf Fh möchte nur den Minister fragen, ob das wirklich der all ist.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenba ch:

Meine Herren! Bezüglich der Verwendung von eisernen und

hölzernen Schwellen ist eine grundlegende Aenderung nicht eingetreten, auch nicht beabsichtigt. Wir verwendeten zuletzt 35 9/6 eiserne und 659% hölzerne Schwellen. Das sind die Zahlen des Jahres 1908; die für 1909 stehen noch nit fest. Ein wie geringer Wechsel hier eintritt, ist daraus erkennbar, daß der Durchschnitt der leßten fünf Jahre 34 9/6 eiserne und 66 9/ hölzèrne Schwellen ergibt. Die eiserne Schwelle ist nur beschränkt verwendbar, immer nur dort, wo Klein- {lag zur Verfügung steht; der ist aber in der norddeutschen Tief- ebene, eben gerade auf unseren langen Linien, nur in beschränktem Maße vorhanden, sodaß schon aus dieser Erwägung heraus an eine nennenswerte Aenderung nicht zu denken ist. Das einzige, was im legten Jahre geschehen ist, ist, daß im Bezirk Kattowi und im \üd- lihen Teile des Bezirks Breslau statt hölzerner Schwellen eiserne Shwellen verlegt worden sind. Diese Bezirke sind aber früher ständig nur mit ausländischen hölzernen Schwellen versorgt worden.|

Im empfinde es Herrn von Klizing durchaus nach, daß es sehr \{chmerzlich ist, wenn Eil- und Schnellzüge durch die Station Viet durdfahren. Gerade aus dieser Erwägung heraus habe ih ja an- geordnet, daß denjenigen, die an den von den Schnellzügen durh- fahrenen Stationen wohnen, die Möglichkeit gegeben wird, sei es durh Dampfzüge, sei es durch elektrisch betriebene Wagen an die Snellzugstation herangebraht zu werden. So ist es auch bezüglich der Station Viet vorgesehen, und wird es vom 1. Juni dieses Jahres ah geshehen. Es wird die Möglichkeit gegeben werden, an zwei Züge zunächst, in jeder Richtung an einen Zug, den Eilzug 22, wie ih hier ersehe, und den D-Zug 5, heranzukommen. Damit ist der Anfang gemacht. Ich glaube, in Aussicht {tellen zu. können, daß weiteres folgen wird.

Was die Verwendung von Sicherheit der Reisenden betrifft, so auseinander. Gerade am Schlusse des leßten Jahres haben sich ja wieder einige Raubanfälle zugetragen, die viel Unruhe im reisenden Publikum verbreitet haben. Es scheint do richtig zu sein, daß wir bei dem Neubau von Wagen diese Verbindung der Coupees unter- einander, wie sie in den neuen Grundrissen vorgesehen ist, durchführen.

Sehr bedauerlich würde ih es finden, wenn die Bestrebungen der Verwaltung, das Wagenmaterial für den Personenverkehr rein zu halten, hier und da nicht genügend von den Dienststellen gewürdigt werden. Gerade im Verkehr mit Berlin nimmt es wunder, da wir doch dur besondere Einrichtungen, Stauabsaugeanlagen usw. uns be- müht haben, hier Vollendetes zu schaffen. Die Beschwerde wird aber Anlaß geben, der Sache weiter nachzugehen.

Was die Anlage von Tunnels auf den größeren Verkehrsbahn- höfen betrifft, so ist daran nit viel zu ändern. Die Anlage der Tunnels erfolgt im Interesse der Sicherheit des reisenden Publikums, um das Ueberschreiten der Gleise zu vermeiden. Daraus folgt freilih noch nicht, daß die Reisenden auf den Zwischenbahnsteigen Not [eiden sollen; sie müssen gegen Zug gesichert werden, und wenn daé auf dem Bahnhofe Küstrin-Neustadt noch nit genügend geschehen ist, so wird es für die Folge nachzuholen sein.

Herr von Herßtberg bittet den Minister : in Hinterpommern, insbe]ondere für Stolp, Neustettin usw. Er habe den Eindruck bekommen, daß die Züge danach eingerichtet seien, wie die Herren von der Direktion am \chnellsten nah ihrem Wohn- ort zurückkehren können. Der Redner bemängelt ferner, daß einige Züge überhaupt keine Beleuchtung haben. Leider e es in Hinter- vommern nur ein Rauchcoupé, und das sei der \hlechteste Wagen. _ Graf von Zi ewiß macht darau aufmerksam, daß in der neuen Eisenbahnvorlage Aalen sehr shlecht wegkomme. Die Befürchtung, daß die pommerschen Bahnen nichts einbrächten, sei unbegründet. Die Stadt Leba habe versuht, Badegäste heranzuziehen; leider könne fie mit Zoppot nit konkurrieren, wenn ihr nicht billigere Eisenbahn- fahrkarten bewilligt würden ; ein dahingehender Antrag sei bisher ab- elehnt worden. Der Minister sollte eine entsprechende Petition der tadt Lauenburg wohlwollend prüfen.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:

Die Petitionen der Handelskammer zu Stolp und der Landwirt- \haftskammer daselbst um eine Ausgestaltung des Fahrplanes werden einer sorgfältigen und wohlwollenden Prüfung unterzogen werden. Dasselbe gilt auch für die Relation Leba-Lauenburg. Es wird nicht mögli sein, eine Fahrpreisermäßigung für eine einzelne Linie zu gewähren, da dies mit den Grundsätzen der Staatseisenbahnverwaltung nit in Einklang zu bringen ist. Es würde sih nur darum handeln kônnen, ob etwa Sonntagsfahrkarten aufgelegt werden können. Aber soviel mir aus eigener Anschauung bekannt ist, ist Lauenburg ein Play, der \ich durch eine reizvolle Umgebung auszeichnet. Das Erfrishungsbedürfnis der städtischen Bevölkerung ist aber der Gesichtspunkt, unter dem wir Sonntagsfahrkarten, also Ausnahme- tarife, gewähren.

Was die mangelnde Beleuchtung betrifft, wird auch sie einer

Doppelabteilen im Fnteresse der gehen die Auffassungen doch sehr

um bessere Zugverbindung

Betriebs\törungen sollten die Beamten der D-Züge durh den Zug gehen und den Passagieren sagen, was geschehen ist. Zu rügen ist der \{lechte Zustand und auch der \{lechte Geruh der Wagen auf den Nebenbahnen. Die Wagen sollten desinfiziert werden.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach: Meine Herren! Der Herr Berichterstatter Graf von Neichen- bah-Goschüß hat bereits ebenso wie Herx Graf Finck von Finckenstein darauf hingewiesen, daß bei der Eisenbahnverwaltung sich die Neigung geltend machte, zu opulent zu bauen. Um diese Neigung zu bekämpfen, ist in den leßten Jahren eine bestimmte Weisung erteilt, und ih meine, wer sich im Bereich der preußischen Staatsbahnverwaltung umsieht, wird erkennen, daß diese Weisung auf einen fruchtbaren Boden gestoßen ist. Wir wollen nicht opulent bauen, wir wollen nit hohe Mittel aufwenden lediglich, um dem ästhetischen Empfinden zu genügen, wir wollen aber auch nicht häßlich und unshön bauen. Das ist aber auh nicht nötig. Ih bin aber auch mit dem Herrn Grafen von Finckenstein darin durchaus einverstanden, daß für die Zentralverwaltung alle Veranlassung vorliegt, _in dieser Richtung zu wirken. Es wurde auch vom Herrn Berichterstatter darauf hingewiesen,z daß wir die Arbeiterhäuser ‘zu opulent bauten, weil wir für ein Vierfamilienwohnhaus die Summe von 24 000 4 aufgewendet hätten. Bis vor wenigen Jahren waren wir in der Lage, ein Vierfamilienwohnhaus für 16- bis 17 000 M zu erstellen, also etwas mehr als 4000 46 für die Wohnung. In den legten Jahren ist aber eine so erhebliche Preisverteuerung eingetreten, daß wir zurzeit mehr aufwenden müssen. Wir werden zurzeit voraus- sichtlich für ein Arbeiterhaus mit vier Wohnungen einen Betrag auf- wenden müssen, der für die einzelne Wohnung einer Summe von 4500 und zuweilen bis 5000 entspricht. Jrgend welche Opulenz wird dabei nicht getrieben. Die Häuser sind praktisch eingerihtet und entsprechen den Bedürfnissen der Bewohner. Wenn für ein Bahn-

meisterwohnhaus, in dem nur ein Arbeiter wohnt, ein Be- trag von 18000 H aufgewendet sein sollte, so würde das in der Tat in hohem Maße auffällig sein. Für die mittleren Be- amten wenden wir nah der dur(schnittlihhen Preislage in der Regel niht mehr als 9000 für das Wohnhaus auf.

Was die Beschwerde über die Anbringung von Reklameschildern anbetrifft, so nimmt mi diese eigentlich wunder. Es ist mir, der ih doch ziemlich viel auf unseren Bahnen herumkomme, faum bisher aufgefallen, daß eine Neigung bestände, solche Neklameschilder vor den Gebäuden aufzustellen oder an ihren Fassaden anzubringen. Im großen und ganzen werden die Reklameschilder an solchen Stellen im äFnnern der Gebäude angebracht, die nicht für amtliche Bekannt- machungeu verwendet werden. In toto beträgt übrigens die Ein- nahme, die wir aus dem Reklamewesen haben, nicht allzuviel. Sie beläuft si für den gesamten Staatsbahnbereich von fast 40 000 km nur auf 317 000 #.

Was das Verhalten des Personals bei anbetrifft, so erscheint der Wunsch allerdings berechtigt , in dem Augenblick, wo das Fahrpersonal über den Grund der Störung unterrichtet ist es brauht ja nicht immer ein Unfall zu sein —, es auch das Publikum in angemessener Weise davon in Kenntnis set. Es wird das in den D-Zügen sehr leiht auszuführen fein, in den Abteilungszügen ist das s{chwieriger, aber es wird auch gesehen können. Wenn das Personal keine be- friedigenden Erklärungen abgibt, so liegt das gewiß sehr häufig daran, daß es selbst über den Grund der Störung niht genügend informiert ist, aber es können in diesem Sinne immerhin Instruktionen an das Personal erteilt werden.

Daß auf den Nebenbahnen Wagen sih niht \o freundlih prä- sentieren wie auf /den Hauptbahnen, ist naturgemäß. Das Wagen- ma terial von den Hauptbahnen muß verbraucht werden und wandert \{ließlich in die Nebenbahnen. Daraus folgt aber niht, daß es nun vernachlässigt werden darf, weder in der baulichen Unterhaltung noch in der Reinhaltung. In dieser Beziehung wird dauernd eine scharfe Kontrolle geübt werden müssen, und solche Anregungen, wie sie soeben in diejem hohen Hause gegeben worden sind, dienen nur dazu, diese Beaussichtigungen erneut einzuschärfen.

Graf zu Dohna-Fincken stein beschwert sich darüber, daß bei einzelnen Bahnhofsbauten immer noch unnüßer Luxus getrieben werde. Bei vielen neuen Bahnhöfen mit überhängenden Dächern seien noch ebenso unshöône und überflüssige Dachrinnen angebracht, auch würden viele Innenräume mit fostspteligen weihen Kacheln ausgelegt. Die Eisenbahnbauten müßten gut, aber auh schön sein.

Herr Dr. Wilms - Posen: an den Schutzdächern Ninnen angebraht werden, ist selbstverständlich. Die neuen Bauten müssen tadellos und einwandfrei sein. Vor einer falschen Sparsamkeit is zu warnen.

geht

Beim Etat der Bauverwaltun(

Herr Dr. Rißmüller - Osnabrüc auf das Kanalprojekt Dörpen - Campe - Elsfleth - Bremen ein, wodurch eine direkte Verbindung zwischen dem rheinish-westfälischen Kohlengebiet und den Unterweser\tädten, besonders Bremen und Bremerhaven, hergestellt und der E der Kohle hierher um 90 km abgekürzt werden würde. Die Gegner des Projekts spielten die Gefährdung von Emden aus und behaupteten, es würde diese Weser-Kanal, der jeßt in der NOA

Betriebsunfällen daß

Linie den Verkehr von dem Nhein-

eser- | ß begriffen ist, ablenken. Wie {stehe die Staatsverwaltung zu dem Projekt? Sie habe eine Schwenkung vollzogen, denn noch 1907 habe sie es für äußerst be-

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach: Bereits im Jahre 1906 ist die oldenburgishe Regierung an die

preußische mit dem Antrag herangetreten, ihr den Bau eines Kanals von Oldenburg über Kampe nach

Dörpen zu genehmigen zum An- {luß an den Dortmund-Emskanal, ohne daß preußische- Geld- mittel in Anspruch genommen werden sollten. Es wurden damals von preußischer Seite die Bedenken geltend gemacht, welche diesem Unternehmen entgegenstanden, und diese Bedenken bestanden ganz überwiegend in der Möglichkeit einer vorausfihtlichen Schädigung der Emshäfen, insbesondere Cmdens. Es wurde eine endgültige Er- flärung nit abgegeben. Die Frage war damals, wie der Herr Vor- redner bereits mitteilte, im Abgeordnetenhause eingehend behandelt worden im Zusammenhange mit den Raten, die für den Ausbau - des Emdener Hafens gefordert wurden. Es wurde damals von * seiten der Staatsregierung bercitwilligst erklärt, daß, wenn au Geldmittel für diesen Kanal nicht gefordert werden würden, doch dem Landtage Gelegenheit gegeben werden sollte, recht- zeitig zu dem Unternehmen Stellung zu nehmen, falls es zur Aus- führung käme. So lag die Sache im Jahre 1906. Ich habe meiner- seits bei der Behandlung dieser Frage im Abgeordnetenhause nicht verhehlt, daß Bedenken im nteresse der preußischen Häfen vorliegen. Nun is Oldenburg neuerdings sehr dringlich an die preußische Ne- gierung mit dem Ersuchen herangetreten, in Verhandlungen über den Bau dieses Kanals einzutreten. Das oldenburgishe Interesse ist ja zweifellos ein sehr großes. Einmal handelt es sich um wesentliche Verbesserungen der großen Moorstrecken, die der Kanal durchschneidet, der gesamten landwirtschaftlihen Verhältnisse im Zuge - des Kanals; dann ist es sehr wesentlich für Oldenburg, daß es eine viel fürzere, um einige 80 km fürzere, Verbindung mit dem rheinish - westfälischen &Fndustriegebiet erhalten würde. Ganz besondere Hoffnung fnüpft Oldenburg an die Schaffung dieser abgekürzten Wasserstraße für seine an der Unterweser gelegenen Häfen: Brake, Elsfleth, Nordenham. Mit den oldenburgischen Interessen laufen parallel sehr wesentliche Interessen Bremens und Bremer- havens und auch des Norddeutschen Lloyd. Diese Interessen Bremens fomplizieren sih mit einem Staatsvertrag, den Preußen mit Bremen im Jahre 1906 wegen Vertiefung der Unterweser auf 7 m abge- {lossen hat. Oldenburg verweigert die Zustimmung zu dem Ver- trage wegen Vertiefung der Unterweser, solange Bremen nicht den Bau des Kanals Oldenburg—Kampe—Dörpen durhseßzt. Es tritt ferner hinzu, daß au NReichsinteressen berührt werden, weil das Reich auf der Weserwerft in Bremen seine größten Kriegsfahrzeuge bauen läßt und die Herunterbringung dieser Kriegsfahrzeuge weserabwärts, wie einige Beispiele der lezten Vergangenheit lehren, bei den jeßigen Wasserverhältnissen der Weser auf Schwierigkeiten #tößt. Wie preußische Interessen gegen die Ausführung des Kanals sprechen, und zwar die Interessen der preußischen Emshäfen, besonders Emdens8, so sprechen preußische Interessen au für die Ausführung des Kanals, denn für das rheinish-westfälische Fndustrierevier wie auch für den preußischen Hafen Geestemünde bedeutet diese abgekürzte Wasserstraße sehr viel. Es will uns nun im Hinblick auf das bundes- staatlihe Verhältnis zu Oldenburg wie Bremen unmöglih er- scheinen, auf die Dauer den Wünschen auf Führung von Verhandlungen über die Ausführung des Kanalunternehmens entgegen zu sein. Dazu sind die Interessen ‘beider Bundesstaaten viel zu groß. Gelegentlih dieser Verhandlung wird uns die Möglichkeit gegeben sein, alles dasjenige zu tun und zu verlangen, was im Interesse des Schußes unserer Emshäfen, besonders Emdens nötig erscheint. Es wird in Frage kommen, bei der Festsezung der Tarife für den Kanal tunlihst zu verhindern, daß Ablenkungen von Emden stattfinden, welche die heutige Verkehrsposition Emdens gefährden fönnen. Man wird auch Sorge tragen müssen, daß Emden jederzeit über einen dort häufig notwendig werdenden leeren Schiffspark verfügen fann, der vielleiht von Bremen nach Emden zu dirigieren wäre. Welche Möglichkeiten hier vorliegen, die Interessen Emdens zu schüßen, [äßt fich zurzeit noch nicht übersehen.

Nun ist ja der Einwand erhoben, daß der Ausführung dieses ganzen Unternehmens die Garantieverpflihtungen entgegenstehen, welche die beteiligten Verbände für die Ausführung des Kanals über- nommen haben. Der Herr Vorredner hat aber das erheblichste Argument gegen diesen Einwand bereits selber geltend gemacht: in der Garantiegemeinschaft befindet sih au der Dortmund - Emskanal und die Strecke von Bevergern es ist das der Abzweigungspunkt vom Dortmund - Emskanal nah Hannover also die Strecke vou Bevergern bis Dörpen ist gerade so lang wie die Strecke vou Bevergern nah Minden, wo der Verkehr auf die Weser übergeht. Es ist also für die Garantieverbände einerlei, ob die Transporte nah Minden und dann auf die Weser gehen, oder ob sie den Dortmund- Emskanal bis Döôrpen benugyen. Dazu kommt, daß zweifellos der neue Kanal Oldenburg—Dörpen sehr erhebliche Transportvermehrungen bringen wird, ein Mehr an Verkehr, welches keinesfalls über Minden hätte befördert werden fönnen. Es handelt sich da um eine Ab- fürzung der Route von einigen 90 km. Dieses Mehr an Verkehr wird freilich zu einer empfindlichen Einbuße für die preußishen Staats- eisenbahnen führen. Darum find wir der Meinung, daß die Be-

Prüfung unterworfen -werden müssen.

denklich und als Benachteiligung preußisher Interessen zugunsten

denken, die aus den Garantieverträgen hergeleitet werden, niht zu-