1910 / 135 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 11 Jun 1910 18:00:01 GMT) scan diff

es kann, glaube ich, keinem Zweifel unterliegen, daß es zu den größten Unzuträglichkeiten führen muß, wenn auf diesem Gebiete eine Dis- Frepanz zwischen dem Reiche und dem größten Bundesftaate stattfände, wenn Reichsbeamte und preußishe Beamte, die zum großen Teil die gleihe Vorbildung haben, eine ganz ähnlihe amtlihe Tätigkeit, vor allen Dingen einen ganz gleihen Wohnungsbedarf, einen ungleihen

Wohnungsgeldzushuß bezögen. e

Aus diesen Erwägungen heraus haben wir Ihnen im Jahre 1909 den Vorschlag unterbreitet, die Regelung des Reichs, wie es bisher der Fall war, auf Preußen zu übertragen, und es war, wte ih bei der ersten Lesung hervorheben durfte, ein rein zufälliger Umstand, daß die Regelung im Reiche sich so lange hinzog —, der uns nötigte, ein Provisorium einzuführen, ein Provisorium in der Art, daß 33 % allen Beamten an Wohnungsgeldzushuß mehr gewährt wurdèn, und die alte Klasseneinteilung beibehalten wurde. Inzwischen erfolgte die anderweitige Regelung des Reichs, die den Zuschlag wesentlih erhöhte, bis 50 9/% heraufging und eine ganz neue Orts- Flasseneinteilung einführte.

Meine Herren, als wir diese provisorishe Regelung einführten, war das glaube ich wohl sagen zu dürfen in aller Bewußtsein, daß es sich eben nur um einen vorübergehenden Zustand handeln Fönnte, und daß es das Endziel sein mußte, wie es der Vergangen- beit entsprach, so auch in Zukunft diese Uebereinstimmung zwischen dem Reiche und Preußen « wieder herbeizuführen. Darüber sind sich die Beamten vollkommen klar gewesen; fie haben sich vollkommen in das Bewußtsein eingelebt, daß diese Uebereinstimmung wieder herbei- geführt werden müßte. Kein Beamter hat auf diesen vorüber- gehenden, von allen Seiten als folchen bezeihneten Zustand den ganzen Zuschnitt seines Lebens, insbesondere die Art der Befriedigung seines Wohnungsbedürfnisses, einrihten können.

Meine Herren, diesem Gesichtspunkt der Uebereinstimmung zwishen dem Reiche und Preußen würde es absolut wider- sprechen, wenn nach den eben im trauten Wettbewerb ein- gegangenen Anträgen verschiedener Parteien die Orte, die nah den Bestimmungen des Reichs deklassiert worden sind, wieder in die Höhe geseßt werden würden. Wir würden eine voll- ommen verschiedene Ortsfklasseneinteilung bekommen, eine vollkommene Disparität zwischen dem Neiche und Preußen. Dieser Vorschlag kann also unsererseits nicht akzeptiert werden.

Nun, meine Herren, ergäben sih die Schwierigkeiten hinsichtlich der Regelung des Uebergangszustandes. Es fragte sich, welcher Weg eingeshlagen werden sollte, um den Beamten, die auf Grund der provisorischen Regelung einen höheren Wohnungsgeldzushuß bekamen, diese Regelung einstweilen fortzuerhalten und einen Ausgleih dafür zu hafen. Wir haben unsererseits vorgeschlagen, den Beamten diese Bezüge so lange zu lassen, bis sie durch Gewährung einer Dienstalters- zulage oder dur ein sonstiges Aufrücken im Gehalt, insbesondere in eine höhere Gehaltsklasse, einen Ausgleih erführen. Es war also auch nah unserem Vorschlage eine Schädigung der Beamten aus- gesch{lossen.

Meine Herren, auch in dieser Beziehung haben wir uns an das historisch Gewordene angeshlossen. Wir haben uns nur den Vor- gängen angeschlossen, die in dieser Beziehung vorlagen, insbesondere der Negelung, der das hohe Haus hinsichtlih der Gehälter im vorigen Jahre zugestimmt hat. Auch als es sich um die Regelung der Ge- haltsverhältnisse handelte, kamen, wenn auch nicht häufig, so doch vereinzelt die Fälle vor, daß einzelne Beamte \sch früher besser standen als nach der neuen Gehaltsregelung, die wir im vorigen abre verabschiedet haben. Es ist infolgedessen in § 5 des Mantel- gesezes mit Zustimmung des hohen Haufes und auch mit Zu- stimmung des Heerenhauses bestimmt, daß diejenigen Beamten, die si besser standen, diese ihre höheren Bezüge behalten sollten, bis ein Ausgleich durch Aufrückung in eine höhere Dienstaltersstufe oder fonstige Gehaltsaufbesserung erfolgt. Genau diesem Vorgang haben wir uns angeschlossen, und es ist in der Tat unserer Auffassung nah »nicht zu ersehen, warum man hinsichtlich der Negelung des Wohnungsgeldzuschusses niht denselben Weg einschlagen follte wie bet der Negelung der Gehaltsverhältnisse im vorigen Jahre. Jhre Kom- mission wollte nun in dieser Beziehung weiter gehen und wollte diesen höheren Wohnungsgeldzushuß niht {on dann wegfallen lassen, wenn der betreffende Beamte eine höhere Dienstalterszulage bekommt, in eine höhere Gehalts\tufe aufrückt, sondern wollte diesen Mehr- betrag ihm dauernd lassen und ihn nur dann in Wegfall bringen, wenn der Beamte verseßt würde oder eine Beförderung erführe. Also es follte die Anrechnung der Dienstalterszulage nicht stattfinden; troy der Dienstalterszulage sollte der Beamte den frübßeren höheren Wohnungsgeldzushuß fortbeziehen. In dem Sinne hat die Kommission mit einer, wie ih glaube, nur \chein- baren Einschränkung den Beschluß gefaßt, wenn auch nur mit einer ganz geringen Mehrheit. Meine Herren, Ihre Kommission hat be- \{lossen, diese Ordnung bis zum Jahre 1918 fortbestehen zu lassen. Wir vermögen darin irgendeine materielle Besserung nicht zu er- blicken; denn, meine Herren, wenn wir die Regelung bis zum Jahre 1918 haben fortbestehen lassen, so halte ih es für ganz ausgeschlossen, fie dann etwa im Jahre 1918 wieder aufzuheben. Dann würde erst recht eine Härte für die Beamten eintreten ; es hätten sh die Beamten auf diesen Zustand eingerichtet, und es würde unserer Auffassung nah unmöglich sein, ihn dann zu beseitigen. Die Schwierigkeiten, die jetzt hervorgetreten sind, würden 1918 doppelt hervortreten, und da man den Beamten ihre Bezüge niht nehmen kann, so würde der Beschluß tatsächlich bedeuten, den höheren Wohnungsgeldzushuß den jeßigen Beamten so lange zu gewähren, als sie sich in dem Amt befinden, vielleiht 10, 20, 30 Jahre. Nun glaube ih, daß die Staatsregierung auf eine solche Negelung nicht eingehen kann, und ih werde die Ehre haben, Ihnen die Gründe darzulegen.

Nach dem Vorschlag, den die Staatsregierung Ihnen unterbreltet hat, {ließen wir uns, wie ih ausgeführt habe, durchaus dem historis{ Gewordenen an und stellen die Uebereinstimmung mit dem Reich in jeder Beziehung wieder her. Die Regelung des Reichs wird ganz auf die Beamtenschaft Preußens übertragen und damit der- Zustand herbeigeführt, der sich im Bewußtsein der Beamtenschaft des Reichs wie Preußen vollkommen eingelebt hat. Wir können auch nach ein- gehender Prüfung nicht anerkennen, daß das Neich hinsichtlih der Klasseneinteilung im allgemeinen fehlgegriffen hätte, und ih glaube, je mehr man sich damit beschäftigt, wird man finden, daß die Agitation, die dagegen vielfach im Lande sich richtet, zum Teil stark übertrieben ist, und daß die Regelung, die das Neich getroffen hat, im allgemeinen zutreffend is, Aber ich erkläre ausdrüdcklich, wir werden

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uns der Prüfung nah der Nichtung in keiner Weise entziehen. Wir werden mit Sorgfalt die Punkte nohmals prüfen, die uns in der Kommission bezeichnet sind, und werden da, wo wir nah gewissen- hafter Ueberzeugung finden, daß im einzelnen Fall fehlgegriffen sein solle, die nötigen Anträge auf Nemedur beim Bundesrat stellen.

Es ist in den Kommissionsberatungen z. B. darauf hingewiesen worden, daß in einzelnen Vororten nahe bei Berlin eine differentielle Negelung erfolgt sei, die der inneren sachlichen Begründung entbehre. Wir werden diese Fälle natürlih prüfen, und ih erkläre ausdrücklich, daß, wo wir finden, daß aus irgend welhen Gründen die Regelung niht den Grundsätzen der Billigkeit entspricht, wir uns beim Bundesrat auf Abstellung der Mängel zu wirken bemühen werden. (Brabo!)

Und ferner die Regelung, die wir Ihnen vorgeschlagen haben, enthält keine Schädigung der Beamten, auch in den Orten nicht, die detarifiert werden. Ich erwähnte schon, daß im Gefühl der Beamten das als lebendig fortwirkt, daß die Negelung auch pro futuro genau so erfolgt, wie pro praeterito daß die Beamten von vornherein in ihren ganzen Dispositionen sich darauf haben einrihten müssen, und daß wir den Beamten, die jeßt höhere Bezüge erhalten, sie nicht entziehen, sondern sie ihnen fortgewähren, bis sie einen vollen Aus- gleih durch höhere Dienstalterszulage und dergl. erhalten. Selbst in den zu tarifierenden Orten erfolgt eine Schädigung der Beamten hinsichtlih des Wohnungsgeldzuschusses nicht gegenüber dem Zustand von 1909. Es findet eine Detarifierung um mehrere Klassen nach der Ordnung. des Neiches nicht statt; aber in 100 Orten eine De- tarifierung um eine Klasse; aber selbst in diesen 100 Orten erhalten die Beamten nicht nur denselben Wohnungsgeldzushuß, den sie bis 1909 bezogen haben, fondern es findet fast in allen Orten eine Auf- besserung des Wohnungsgeldzushusses gegenüber 1909 statt, in einer Anzahl allerdings nur um geringe Beträge; in anderen Orten aber steigt die Aufbesserung bis 180 4.

Nun würde ih die Bedenken, die gegen unsere Vorschläge er- hoben sind, begreifen, wenn man die Beamten gegen den Zustand bis 1909 verschlechtern wollte; denn die Negelung des Wohnungs- geldzuschusses, wie sie bis dahin bestand, ist für die Entschließung der Beamten maßgebend gewesen. Die Beamten haben danach ihren Haushalt einger'chtet und ihre Wohnungsbedürfnisse zugeschnitten, und es würde eine Härte sein, sie etwa hinsihtlich des Wohnungsgeld- zushusses \{chlechter zu stellen als gegenüber 1909. Das tritt aber in keinem Fall ein, sondern im Gegenteil, die Beamten werden, wie ih eben {hon darlegen durfte, gegenüber dem Zustand des Jahres 1909 eine Aufbesserung erfahren, die in einzelnen Arten allerdings niht bedeutend, in anderen Fällen aber erheblich ist. Also eine Schlechterstellung der Beamten, eine Ermäßigung des Wohnungs- geldzushusses gegenüber dem Zustande vor 1909 findet nicht statt. Nun meine ich, meine Herren, sollte doch das maßgebend sein, nicht aber der vorübergehende Zustand des Jahres 1909, dessen rein provisorischer Charakter den Beamten von vornherein bekannt war, der ihnen also keinen Anlaß geben konnte, ihre Wohnungsbedürfnisse anders zu befriedigen als bisher.

Und nun erlauben Sie mir mal, Jhnen die Konsequenzen des Beschlusses Ihrer Kommission vorzuführen. Nach den Beschlüssen der Kommission wird eine vollkommene Ungleihmäßigkeit zwischen den verschiedenen Kategorien der preußishen Beamten geschaffen. Die Beamten, die jeßt zufällig fungierten, erhalten ad dies muneris denn darauf kommt es hinaus, da ih ja die Grenze von 1908 für ganz unhaltbar halte einen höheren Wohnungsgeldzuschuß als die Beamten, die nachher angestellt worden sind. Nun verseßen Sie sih einmal in die Lage eines Gerichts\ekretärs, eines Negierungs- sékretärs und aller übrigen Beamten, die nach einem halben, nah einem Jahre angestellt werden und nun 10, 20, 30 Jahre lang an- sehen sollen, wie der Nachbar, mit dem sie vielleicht im selben Zimmer arbeiten, der genau die gleichen Amtsverpflichhtungen, genau dasselbe Wohnungsbedürfnis hat, 10, 20, 30 Jahre lang einen höheren Woh- nungsgeldzushuß erhält als er selber. (Nuf rechts: Sehr wahr! Zurufe: Nur bis 1918!) Das halte ich sachlich nicht für gereht- fertigt, und in dem Bewußtsein der Beamtenschaft wird der rein zu- fällige Grund für diese Differenzierung, daß wir im vorigen Jahre mit Nücksiht auf das Neich eine endgültige Regelung in Preußen noch nit haben treffen können, bald vollkommen vers{chwinden; in ein paar Jahren wird kein Beamter mehr begreifen, warum er ein ge- ringeres Wohnungsgeld erhält als der Kollege; der rein zufällige historishe Grund wird dann längst aus dem Bewußtsein jedenfalls der betroffenen Beamten ges{wunden sein.

Nun, meine Herren, darf ih auch noch auf einen weiteren Punkt hinweisen. Wenn diese Verschiedenheit eintritt, so ist unzweifelhaft eine fortdauernde Unzufriedenheit bei den später angestellten Beamten zu erwarten, die im Wohnungsgeldzushuß \{Glechter gestellt find. Ich kann in dieser Beziehung aus Erfahrung \prehen. Es wird den Herren, die \chon seit längeren Jahren der Budgetkommission an- gehören, noch die Negelung erinnerlich sein, die seinerzeit in Berlin durch die sogenannte Lokalzulage getroffen worden war. Wegen der Teuerkeit in Berlin hatte man früher den Berliner Beamten eine Lokalzulage von 600 4 gewährt; diese Lokalzulage wurde dann bei der späteren Gehaltsaufbesserung beseitigt, man ließ sie aber den alten Beamten, die sie einmal hatten, dauernd. Was war nun die Folge ? ein fortgeseßtes Petitionieren der später angestellten Beamten um Gleichstellung mit den Beamten, die 600 #4 mehr hatten; nicht nur die Staatsregierung, sondern auch dieses hohe Haus wurden über- \{wemmt mit Anträgen der Beamten, in deren Bewußtsein es {lechter- dings niht eindringen wollte, warum sie 600 #4 weniger hatten als die früher angestellten Beamten, obroohl sie doch alle genau dieselben Amtsverrichtungen wahrnahmen. Meine Herren, eine solche differentielle Behandlung derselben Kategorien von Beamten halten wir nit für vertretbar.

Zu dieser Ungleichheit zwischen den einzelnen preußishen Beamten tritt ferner die Ungleichheit zwishen den preußishen Beamten und den Reichsbeamten. Hier würde genau dasfelbe eintreten. Die Be- amten, die jeßt zufällig in Preußen angestellt waren, behalten den höheren Wohnungsgeldzushuß, während die ganzen Reichsbeamten ein niedrigeres Wohnungsgeld beziehen werden. Nun wissen Sie ja alle, meine Herren, wie sehr die Funktionen zum Teil durcheinander laufen, wie die Kategorien sich aufs äußerste ähneln, sowohl hinsihtlih ihrer Amtsverrihtungen und ihrer Vorbildung, wie vor allem hinsichtlich des Wohnungsbedürfnisses. Verseßen Sie sch nun einmal in die Stimmung der Reichsinstanzen und ziehen Sie die Konsequenzen, die sich daraus fürs Reih ergeben, daß die ganzen Reichs- beamten \ch{lechter im Wohnungsgeld gestellt" werden als

die preußishen Beamten. Und das alles, wie “gesagt nicht aus s\achlichen Gründen, sondern wegen des rein ¿Utfäligen Umstandes, daß wir im Jahre 1909 noch nicht eine endgültige Regelung für Preußen haben vornehmen könnerf.

Meine: Herren, was würde also die Folge der Beschlüsse Ihrer Kommission sein? Man will Ungleichheiten beseitigen und würde vie] größere Ungleichheiten hafen; man will Zufriedenheit unter den Beamten hervorrufen und würde nur Unzufriedenheit unter den Be. amten hervorrufen. Also das, was wir erstreben, hier wiederum eine Gleichmäßigkeit zwischen den preußishen Beamten und eine Glei. mäßigkeit zwischen den preußischen und Reichsbeamten zu erzielen, würde nicht erreiht werden, sondern es würde eine solche Ungleichheit zwischen den preußischen Beamten sowohl als auch zwischen den preußischen und Reichebeamten eintreten, daß dieser Zustand \{lechter. dings nicht aufreht erhalten werden kann. i

Zu einer folhen Regelung können wir die Hand nicht bieten, Ich habe es schon in der Kommission erklärt und erkläre hier noq) mals namens der Staatsregierung, daß eine solche Regelung für ung unannehmbar ist und das Scheitern der Vorlage bedeutet. Jch würde das außerordentlich bedauern, niht im Interesse des Staates felbst, dem die Neuregelung sehr erhebliche Opfer auferlegt, 6 Millionen auf eine Reihe von Jahren, dauernd circa 14 Million, aber ich würde es sehr im Interesse unserer Beamtenschaft bedauern. Auch bei den Verhandlungen, so abweichend die Meinungen auch waren, wurde do das glaube ih sagen zu dürfen von allen Seiten anerkannt, daß die Regélung dem Gros der Beamten zum

Vorteil gereicht. Das liegt ja auf der Hand und ergibt sih {on aus den Daten,

die ih Ihnen angeführt habe, daß statt des Zuschlags von 334 9/6 zum Wohnungsgeldzuschuß ein Zuschlag von 40, 45 bis 5099/6 erfolgt, ferner daraus, daß 500 Orte heraufgeseßt werden und 100 Orte herabgeseßt werden. Darunter find allerdings vielfach größere Orte, Der ganze finanzielle Effekt, die Tatsache, daß es fih in einer ganzen Neihe von Jahren um einen Mehraufwand von 6 Millionen und auch dauernd um eine Leistung von */4 Millionen handelt, diese ziffern- mäßigen Daten beweisen ja zur Evidenz, daß diese Negelung im Interesse des Gros unserer Beamtenschaft gelegen ist.

Ich kann mich also nur dahin resümieren: wir wollen, der historishen Negelung getreu, eine Uebereinstimmung zwischen dem Neich und Preußen schaffen und glauben damit den Interessen des Gros der Beamten zu entsprehen; wir halten eine solhe Ueberein- stimmung zwischen dem Reich und Preußen sachlich für notwendig und eine differenzielle Behandlung, wie sie die Folge der Kommissionsbe\s{lüsse sein würde, nit für vertretbar. Da die ganze Negelung unzweifelhaft im Interesse der Beamtenschaft liegt, kann ich in deren Interesse nur bitten, unter Ablehnung der Kommissionsbeschlüsse der Negierungsvorlage Jhre Zustimmung erteilen zu wollen. Ich glaube, meine Herren, wenn Sie die Beamtenschaft im ganzen ins Auge fassen, so erweisen Sie damit der Beamtenschaft einen Dienst, nicht aber, indem Sie Forde- rungen weiter vertreten, denen wir nach pflihtmäßiger Ueberzeugung

nicht entsprehen können.

Abg. von Hennigs-Techlin (kons.): Durch die Erklärung der Negterung is es vollständig klar, daß die Vorlage steht oder fällt mit der Annahme der Kommissionsbeschlüfse. Meinen die Herren die Kommissionsbeschlüsse in dieser Form an, so ist die Vorlage damit gefallen. Wer die Vorlage zustande bringen will, muß die Konmifsionsbes@lüffe fallen lassen. (Zuruf rechts.) Meine Auf- fassung wird noch durch diesen Zuruf verstärkt. Der großen Mehrzahl der Beamten wird durch die Regierungsvorlage ein erhebliher Vor- teil zugewendet. Daß die Nachprüfung des Ortsklassenverzeichnisses niht durchweg nur Heraufseßungen ergibt, ist doch felbstverständlich. Die Kommissionsverhandlungen haben in mancher Beziehung ihr Gutes gehabt. Es kann jeßt niht der Eindruck entstehen, daß die Sache hier im Plenum so aus dem Handgelenk herausgeschüttelt worden sei. Erfreulich ist, daß die Regierung fd damit einverstanden erklärt hat, daß die Wirkung des Geseßes schon am 1. April d. J, nicht erst am 1. Juli, in Kraft treten sol. Im Interesse der über- wiegenden Mehrzahl der Beamten bitte ih, die Regierungsvorlage an- zunehmen.

Abg. Giesberts (Zentr.): Das „Unannehmbar“ wird bei der Beamtenschaft der deklassierten Orte äußerst bitter aufgenommen werden. Ein großer Teil meiner Freunde wird unter dem Zwange für die Wiederherstellung der Regierungsvorlage stimmen. Bei der Regelung im Reich is Preußen übers Ohr gehauen worden. Jch hätte darum dringend gewünscht, daß die so cinflußreihe preußische Negierung damals etwas schärfer im Interesse der preußischen Beamten aufgetreten wäre. Es ist richtig, daß die Differenz zwischen Preußen und dem Neiche niht bestehen bleiben kann. Nichts ist mir so unangenehm wie die Konkurrenz der preußishen Beamten den Reichsbeamten gegenüber. Es ist nötig, daß wir die Neibungs- punkte beseitigen, aber nicht auf Kosten der C zubifSen Beamten. Ich freue mih, daß die Kommission über die vorliegenden Petitionen nicht nur formell Gs gefaßt, sondern beantragt hat, sie der Regierung mit dem Anheimgeben zu überweisen, sie materiell nochmals zu prüfen und event. für die Abstellung der als berechtigt anerkannten Benachteiligungen beim Bundesrat fich zu verwenden. (Redner eremplifiziert speziell auf die Verhältnisse im rheinish-west- fälishen ÎIndustriegebiet, um den {weren Dienst zu illustrieren, den die Beamtenschaft zu leisten hat, sowohl die Eisenbahnbeamten wie die Verwaltungsbeamten, ganz besonders mit Nücksiht auf die dort wohnende reihsausländishe und fremdsprachige Bevölkerung.) Wer je im Ruhrrevier gewohnt hat, wird wissen, daß, wie dort in allen Lebensverhältnissen vielfah ganz abnorme Zustände herrschen, so namentlich die Wohnungsmisere ershrecklich ist. Es ist ja viel von privater Seite zur Abhilfe geschehen, ih verweise nur auf die ausgedehnten Wohnungsbauten, die die Firma Krupp für ihre Beamten und Arbeiter errichtet hat; aber der staatliche Wohnungsgeldzushuß reiht niht hin, den Beamten eine geeignete Wohnung zu verschaffen. Ganz besonders {limm sind im Industrie- gebiete die Unterbeamten daran ; sie sind trauriger daran als selbst die ungelernten Arbeiter. Es ist ja auch gar nicht die Nede davon, daß die Beamten 20, 30 Jahre lang einen ihnen niht zu- oliráben Vorteil haben follen, sondern das Provisorium soll ja 1918 aufhören.

Hierauf vertagt sih das Haus.

Abg. von Pappenheim (konf.) macht zur Geschäftsordnung darauf aufitertam: daß sih einige 30 Redner gemeldet hätten, die sicher- lih in der Hauptsache lokale Wünsche vortragen würden. Es würde dann im Plenum so kommen wie in der Kommission, wo selbst die Subkommission über die Petitionen zu positiven Vorschlägen nicht habe gelangen können. Um nicht die Zeit unnüß zu verlieren, sollte man ih darüber einigen, zu jedem Paragraphen nur Fraktionsredner sprechen zu lassen.

Nach kurzer Erörterung wird die Entscheidung darüber auf morgen verschoben.

Schluß nah 41/4 Uhr. Nächste Sißung Sonnabend, 10 Uhr. (Fortseßung der zweiten Lesung und dritte Lesung des Wohnungsgeldzusußgeseßes ; Nogatabschlußvorlage; dritte Lesung des Eisenbahnanleihegeseßes; Petitionen und Anträge.)

zunächst .

S

Zweite Beilage

zum Deutshen Neichsanzeiger und Königlih Preußischen Staatsanzeiger,

M2 fBDe

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs- maßregeln.

Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten.

(Aus den „Veröffentlihungen des Kaiserlihen Gesundheitsamts“ G Nr. 23 vom 8. Juni 1910.)

Pest.

Türkei. Zufolge einer Mitteilung vom 23. Mai herrscht die Pest im Hinterlande von Lohaia in der Ortschaft Hadhur.

Aegypten. Vom 21. bis 27. Mai wurden 61 Erkrankungen (und 41 Todesfälle) an der Pest gemeldet, davon 14 (16) aus Dechneh, 10 (9) aus Keneh, b (4) aus Man falut, je 5 (3) aus Fayum und Ayat, je 4 aus Deirut und Senures, 3 (2) aus Sammalut, 3 (1) aus Abnub, 3 aus Minieh, 2 (1) aus Assiut, je 1 (1) aus Mallaw? und Menuf, 1 aus Wasta.

B riti \{ch-Osftindien. Vom 24. bis 30. April sind in ganz Fndien 17092 Erkrankungen und 15 466 Todesfälle an der Pest angezeigt worden. Von den Todesfällen entfielen 8982 auf das Punjab gebiet (davon 3483 auf die Division Delhi), 2705 auf die Veretntaten Provinzen, 2430 auf Uta pUuUtanà, . 492 auf die Präsidentschaft Bombay (davon 254 auf die Stadt Bombay und 58 auf Karachi), 465 auf Bengalen, 237 auf Burma, 101 auf die Zentralprovinzen, 29 auf Zentral- indien 12 auf den Staat Mysore, 9 auf die Präsidentschaft Madras, 3 auf Hyderabad und 1 auf Beludschistan.

Hongkong. In der Woche vom 17. bis 23. April 1 tötlicher Pestfall in der Kolonie, vom 24. bis 30. April 3 solche in der Stadt

Viktoria. Pest und Cholera.

Britisch -Ostin dien. In Kalkutta starben vom 24. bis 30. April 66 Personen an der Pest und 65 an der Cholera.

Cholera.

Nußland. Vom 8. bis 14. Mai find in Rußland 28 Er- frankungen (und 8 Todesfälle) an der Cholera amtlich festgestellt, davon 16 (3) im Gouv. Jekaterinoslaw, 10 (3) im Gouv. Chart W. 1 (1) tn- Der Stadt VeosTau Und 1m Gouy: Witebsk. Das Gouv. Jekaterinoslaw ist bereits in den ersten Tagen des Mai für cholerabedroht erklärt worden.

Niederländisch-Indien. In der Stadt Soerabaya sind vom 10. bis 16. April an der Cholera 65 Personen erkrankt (und 37 gestorben), in der Umgegend 4 (4), vom 17. bis 23. April 29 (18)

und 20 (14). Gelbfieber.

Es gelangten zur Anzeige in Manaos vom 3. bis 9. April H Todesfälle, in Para vom 10. bis 23. April 28 Erkrankungen (und 21 Todesfälle), in Guayaquil vom 1. bis 15. April 14 (7), in Managua (Nicaragua) vom 14. bis 20. Januar 1 Todesfall und in Port of Spain (Trinidad) vom 10. bis 12. April 2 Er- krankungen.

Polen.

Deutsches Neich. In der Woche vom 29. Mai bis 4. Juni wurden 4 Erkrankungen angezeigt, und zwar 3 in Sausleszowen (Kreis Goldap, Neg.-Bez. Gumbinnen) und 1 in Kurtwiß (Kreis Nimptsch, Neg.-Bez. Breslau).

Hongkong. Vom 17. bis 23. April 1 tödliher Pokenfall in der Stadt Viktoria.

Fledckfieber.

Oesterreich. Vom 22. bis 28. Mai in Galizien 50, in der

Bukowina (Stadt Czernowit) 4 Erkrankungen.

Genidstarre.

Preußen. In der Woche vom 22. bis 28. Mai sind 7 Er- krankungen (und 3 Todesfälle) ängezeigt worden in folgenden Ne - gierungsbezirken [und Kreisen]: Landespolizeibezirk Berlin 1 [Dt.-Wilmersdorf], Reg.-Bez. Breslau 1 (1) [Ohlau], Düssel dorf 2 (1) [Elberfeld 1, Mors 1 (1)1, Frankfurt 1 [Frankfurt a. O.], Oppeln 1 [Kattowiß Land], Trier 1 (1) [Ottweiler].

Schweiz. Vom 15. bis 21. Mai 1 Erkrankung im Kanton St. Gallen.

Spinale Kinderlähmung.

der Woche vom 22. bis 28. Mai sind angezeigt worden in fol- Kreisen]: Arnsberg 2, (1)], Oppeln 1 [Kattowitz

Preupen U 3 Erkrankungen (und 1 Todesfall) genden Negierungsbezirken [und (1) [Altena 2, Gelsenkirchen Land Land]. i

Desterreich. Vom 15. bis 21. Mai je 1 Fall in Nieder- österrei, Kärnten und Voralberg.

Verschiedene Krankheiten.

Pocken: Moskau 6, Odessa 3, Warschau 22, Kalkutta (24. bis 30. April) 3 Todesfälle; New York 1, Odessa 18, Paris 10, Warschau (Krankenhäuser) 23 Erkrankungen; Varizellen: New York 135, Wien 86 Erkrankungen; Fleckfieber: Budapest 1, Moskau 2, Odessa 1 Todesfälle; Amsterdam (Krankenhäuser), Hillegersberg in der Provinz Südholland (25. bis 31. Mai) je 1, Odessa 2, Warschau (Krankenhäuser) 10 Erkrankungen; Nückfallfieber: Odessa 28 Er- krankungen; Genickstarr e: London 2, New York 6, Odessa 1 Todesfälle; Kopenhagen 1, New York 8 Erkrankungen; Milzbran d: Reg.-Bez. Potsdam 1 Todesfall; Neg.-Bezirke Düsseldorf, Frankfurt je 2, Liegniß 4, Magdeburg, Potsdam je 1 Erkrankungen ; epidemischche Ohrspeicheldrü senentzündung: Wien 156 Erkrankungen; In- fluenza: Charlottenburg 1, London 4, Moskau 3, New York 11, Paris 5 Todesfälle ; Nürnberg 23 Erkrankungen; Körnerkrankheit: Neg.- Bez. Posen 114 Erkrankungen. Mehr als einZehntel aller Ge- storbenen starb an Masern und Nöteln (Durchschnitt aller deutschen Berichtsorte 1895/1904: 1,109/6): in Bremen, Buer, Duisburg, Mülheim a. Rh., Nixdorf Erkrankungen kamen zur An- zeige in den Reg. - Bezirken Danzig 53 (im Kreise Marienburg), a 68 (im Kreise Samter 60), in Nürnberg 109, Ham- »vurg 239, Budapest 256, Kopenhagen 76, New York 1311, Odessa 45, Paris 534; Prag 93, Wien 589; ferner wurden Erkrankungen gemeldet an Scharlach im Landespolizeibezirk Berlin 128 (Stadt Berlin 81), im Neg.-Bez. Düsseldorf 109, in Hamburg 51, Budapest 87, Kopen- hagen 80, London (Krankenhäuser) 174, New York 584, Odessa 39, Paris 107, Stockholm 32, Wien 100; desgl. an Diphtherie und Krupp im Landespolizeibezirk Berlin 108 (Stadt Berlin 77), in Hamburg 87, Budapest 40, Kopenhagen 26, London (Krankenhäuser) 74, New York 406, Odessa 44, Paris 70, Stockholm 43, Wien 651; desgl. an Keuchhusten in Hamburg 31, Budapest 38, New York 39, Wien 67; desgl. an Typhus in New York 27, Paris 33, Wien 21.

m Monat April (für die deutschen Orte) sind nachstehende Todedtülie qu wi den in den fortlaufenden wöchentlihen Mit- teilungen Caridéden Fällen von Cholera, Pest und Gelb- fieber gemeldet worden: Pocken: Folgende panischen Orte!) : Almeria 5, Avila 1, Barcelona 8, Caceres 5, Huelvya 11, Lerida 1, Madrid 103, Murcia 17, Orense 1, Oviedo 5, Salamanca 3, Sevilla 1, Soria 2, Toledo 1, Mailand 1,

1) November 1909. 2?) Februar 1910.

ck Verlin, Sonnabend, den 11. Juni

Alexandrien 5, Buenos Aires 69, Buffalo?) 1, Kairo 6, Minnea- polis?) 1; Fleckfieber: Madrid 11, Zaragoza !), Buenos Aires je 1, Kairo 27; Genickstarre: Bukarest 2, Haag, Mailand je 1, Buenos Aires 4, Buffalo?) 1; Influenza: Berlin 26, Charlottenburg 2, Halle 4, Naumburg 6, Soest, Trier je 1, Braunschweig 2, folgende niederländischen Orte): Amsterdam 13, Apeldoorn 5, Arnhem 7, Groningen 5, Haag 14, Leeuwarden 6, Nymegen 5, Utrecht 6, 9 Orte l bis 4; Barcelona 9, Bukarest 6, Madrid 11, 27 spanische Orte !) l bis 4, Buffalo?) 1, Detroit?) 2, Havana 5, Indianapolis ?) 18, New Orleans, Rio de Janeiro je 33; Aussaßz: Buenos Aires, Havana, New Orleans, Nio de Janeiro je 1; Beriberi: Rio de Janeiro 3; Ankylostomiasis: Nio de Janeiro 8.

Im übrigen war in nachstehenden Orten die Sterblichkeit an einzelnen Krankheiten im Vergleich mit der Gesamtsterblichkeit besondèrs groß, nämlich höher als ein Zehntel: an Scharlach (1895/1904 erlagen diesem 1,04 von je 100 in sämtlichen deutschen Berichtsorten Gestorbenen): in Lissa, Oppeln; an Masern und Nöôteln (1895/1904: 1,10 % in allen deutshen Orten): in Brieg, Buer, Mülheim a. Rh., Kaiserslautern; an Diphtherie und Krupp (1895/1904: 1/62 9/6 in allen deutschen Orten): in Eisleben, Fulda, Laurahütte, Paderborn; an Keuchhusten: in Bocholt, Lipine, Noßberg, Sonneberg, Schiltigheim. Mehr als ein Fünftel aller Gestorbenen ist ferner nachsteheuden Krankheiten erlegen : der Tuberkulose (1895/1904 starben an Lungenschwindsucht 10,84 9/6 in allen deutshen Orten): in Anklam, Friedrichsfelde, Bocholt, Bogut- \{üt, Cassel, Gevelêberg, Gleiwiß, Höhscheid, Neunkirchen, Ober- Schöneweide, Peine, Viersen, Ansbach, Aschaffenburg, Bam- berg, Bayreuth, Passau, Schweinfurt, Straubing, Pirna, Gmünd, Konstanz, Mannheim, Worms, Güstrow, Bern, Genf, Innsbrucll, Unz, Nio Waneiro den KranlUheiten der Atmungsorgane (1895/1904 starben an akuten Erkrankungen der Atmungsorgane 12,7396 in allen deutschen Orten): in 93 deutschen Orten, darunter sogar mehr als ein Drittel in Burg, Dudweiler, Harten, Luckenwalde, Quedlinburg, Ratibor, Schwelm, Zweibrücken, Hagenau, Schiltigheim; ferner in Barcelona, Genua, Haag, Madrid, Mailand, Utrecht, Detroit ?), Indianapolis?); dem Magen- und Darmkatarrh, Brechdurhfall (1895/1904 \tarben an akuten Darmkrankheiten 13,19% in allen deutschen Orten): in Laurahütte, Ober-Schöneweide, Straubing, Murcia !).

Bon den 343 deutschen Orten hatte 1 im Berichtsmonat eine verhältnismäßig hohe Sterblichkeit. (über 35,0 auf je 1000 Ein- wohner und aufs Jahr berechnet): Straubing 35,1 (1897/1906: 28,6). Im Vormonat betrug das Sterblichkeitsmaximum 32,7 °/00-

Die Säuglingssterblichkeit war in 4 Orten beträchtlich, . h. höher als ein Drittel aller Lebendgeborenen, in: Landshut 339 9/0 (Gesamtsterblihkeit 25,3), Langenbielau 362 (29,7), Altwasser 393 (20,8), Straubing 417 (35,1).

Die Gesamtsterblichkeit war während des Berichtsmonats geringer als 15,0 (auf je 1000 Einwohner und aufs Jahr berechnet) in 135 Orten. Unter 8,0 9/66 betrug sie in Caternberg 7,9 (1903/07 : 16,8), Wald 7,6 (1896/1905: 142), Stegliß 6,5 (1895/1904: 13,6), Baden-Baden 6,1 (1895/1904: 19,1), Ober-Schöneweide 5,6, Bant 4,8 (1904/08: 12,4). Die Säuglingssterblichkeit betrug in 106 Orten weniger als ein Zehntel der Lebendgeborenen. Unter einem Siebentel derselben blieb fie außerdem in 100, unter einem Fünftel in 90 Orten.

Im ganzen scheint sich der Gesundheitszustand seit dem Bormonat. verschlechtert, unter den Säuglingen jedoch nicht wesentlich geändert zu haben. Eine höhere Sterblichkeit als 35,0 2/0 hatte 1 Ortschaft gegen keine in den 6 Vormonaten, eine geringere als 15,0 9% hatten 135 Ortschaften gegen 163 im März. Mehr Säug- linge als 333,3 auf je 1000 Lebendgeborene starben in 4 Orten gegen 7, weniger als 200,0 in 296 gegen 297 im Vormonat.

Das Kaiserlihe Gesundheitsamt meldet den Ausbruch der Maul- und Klauenseuche aus Shwiddern, Kreis Johannis burg, Neg.-Bez. Allenstein, am 9. Juni 1910.

Handel und Gewerbe.

(Aus den im Reichsamt des Innern zusammengestellten „Nachrichten für Handel und Industrie“.)

Neugründungen und Veränderungen von Unternehmungen in Finnland.

Seit Ende vorigen Jahres is in geschäftliher Beziehung ein gewisser Aufschwung zu spüren, hervorgerufen dur die bedeutend verbesserte Konjunktur im Holzhandel. Als Zeichen hierfür sind die verschiedenen Neugründungen von. Sägen und Gesell- schaften für Holzverwertung, bei denen zum Teil englisches Kapital in größerem Maße investiert ist, anzusehen.

Hervorzuheben sind: The Seskar Wood Co. Ltd., Nedertorneä, mit einem Aktienkapital von 1000 000 finnl. 4; Seski-Suomen Puutavara Osakeyhtiò, Keuru, mit einem Aktienkapital von 500 000 4; Osakeyhtiö Oulainen Aktiebolag, Oulainen, mit einem Aktienkapital von 250 000 M; Hietaniemen Höyrysaha Osakeyhtis, Björkö, mit einem Aktienkapital von 30000 #; Kiviniemen Saha OÖsakeyhtiö, Sordavala, mit einem Aktienkapital von 150 000 4; Naumo Trâ industri Aktiebolag, Naumo, mit einem Aktienkapital von 100 000 4 und K. F. Blomberg in Aktiebolag Abo mit einem Aktienkapital von 5 000 000 M, welches auf 15 Millionen erhöht werden kann. Das Kapital für diese legtere Aktiengesellschaft, die alle Sägeanlagen, Fabriken, Transportmaterial an Schiffen usw. sowie 7000 ha Wald von den beiden Men K. E. Blomberg und Emil Granfelt über- nimmt, wird in der Hauptsache in England aufgebracht werden. Die Direktion wird aus Finnländern und Engländern zusammengeseßt sein.

Die bedeutende Firma Aug. Eklöf, Borgä, ist mit ihrem Besiß an Sägen und industriellen Anlagen, darunter einer Zellulosefabrik, und Wäldern in den Besiy einer Aktiengesellschaft mit einem Kapital von 2 Mill, Mark übergegangen. :

Die Norweger, die besonders in Kotka stark am finnishen Holz- geschäft beteiligt find, versuchen jeßt auch im Norden Finnlands Fuß zu fassen durch große Aufkäufe an Holz aus den Staatswäldern. Der Versuch der norwegishen Firma Aktiebolaget W. Gutzeit u. Co., den Besiß der Firma Paul Wahl u. Co. in ihren Besiß zu be- kommen, ist gescheitert, wie bereits gemeldet. Statt dessen hat die bedeutende Holz- und Sägenfirma A. Ahlstrôm Osakeyhtiö sih die Aktienmajorität in der Aktiengesellschaft Paul Wahl u. Co. gesichert, sodaß dadurch ein starkes Unternehmen geschaffen ist. Die beiden Firmen zusammen verschisfsten im Jahre 1909: 62000 Standard Holzwaren. Durch den Zusammenshluß wird ein rationellerer Be- trieb der Wahlschen industriellen Einrichtungen ermöglicht, auch ist eine neue Holzschleifereï mit einer Produktion von 15000 Tons projektiert, wozu die Pläne von einer deutshen Firma geliefert sind.

Zu erwähnen wäre ferner noch Kellinkoski Fabriks Aktiebolag in Virdois, Holzschleiferei und Papterfabrik.

Nach dem Eingang der Wiborgs Mekaniska Verkstad dürften die deutschen Fabriken wieder aus\chließlich für Lieferung von Maschinen für die Schleifereien und Papierfabriken in Frage kommen, solange Finnland seine eigenen Zölle behält.

Die niht unbedeutende Neismühle in Wiborg, früher im

Besiß der Firma F. W. Mielck u. Co., ist nah deren Konkurs an

1920.

eine Aktiengesellschaft „Wiborgs Angkvarnar Aktiebolag“ verkauft worden, deren Aktien sih fast aus\{ließlich in den Händen der Firma Aug. Blessig, St. Petersburg, befinden.

„Osakeyhtiö

In Helsingfors ift eine neue Tapetenfabrik Helsingin Tapettitehdas“ gegründet worden.

Der Bedarf an Kinderspielsachen ist fast aus\{ließlichß von

Deutschland gedeckt worden. Als Versuch, hier im Lande selbst Spielsachhen herzustellen, kann die Gründung von „Osakeyhtis Suo- malainen Lelupaja-Finska Leksaks Verkstads Aktiebolag“ in Borgà mit einem Aktienkapital von 30000 6 angesehen werden. Diese Industrie, die seit einigen Jahren bereits als Hausindustrie betrieben wurde, steckt zurzeit noch in den Kinderschuhen. Cin Artikel, der ebenfalls bis jeßt nur von Deutschland geliefert wurde, sind Zigarettenmundstücke aus Holz. Da hier sehr viel Zigaretten ohne Papiermundstück gerauht werden, ist der Bedarf nicht unbedeutend. Mit der Herstellung dieser hölzernen Mundstücke will ih die neugegründete „Tampereen Paperossiümuke ja Pakcttin- appulatehdas" befassen.

Dbgleich die vorhandenen Glashütten den Bedarf des Landes

zu deen in der Lage sein dürften, wird in Naumo noch eine größere neue Fabrik gebaut mit einem Aktienkapital von 350 000 A. Da Firmen von Bedeutung, hauptsächlich aus Händlerkreisen, an dieser Gründung beteiligt sind, dürfte sie auf Prosperität rechnen können. __ Die Tauwerkfabrik der Firma Weljekset Friis in Yxpila ist in den Besiß der Aktiengesellshaft Suomen Köysitehdas Osakeyhtiò übergegangen. Aktienkapital 250 000 4. Die Fabrik wird sich auch mit der Herstellung von Kokosmatten sowie von billigerem Handels- tauwerk befassen und kedeutet dadur eine Konkurrenz für deutsche und belgische Fabriken.

Die Tor findustrie Finnlands hat sich noch keines nennens- werten Aufshwunges zu erfreuen gehabt. Versuche, Torf als Heiz- material für die Lokomotiven der Staatsbahn zu verwenden, haben bisher zu feinem Resultat geführt. Die Gründungen auf diesem Ge in leßter Zeit dürften kaum von nennenswerter Bedeu-

ung fein.

Bezeihnend für das Interesse, das den ziemlich reihen Erz- lagern Finnlands entgegengebracht wird, ist die hauptsächlih von der Wissenschaft mit einem Kapital von 100000 Æ (erhöhbar auf 1 Mill. Mark) gegründete Aktiengesellshaft „Aktiebolaget Aurum“ welche bereits gefundene Goldlager nußbar zu machen sucht sowie sich mit dem Aufsuchen weiterer Lager zu befassen gedenkt.

Als Neugründung in größerem Maßstabe wäre die Leinöl- fabrik zu nennen, die ein größerer Besißer aus St. Petersburg, Marx Neuscheller, auf seinem Gute Stor-Merijoki im Kirchspiel Wiborg aufgeführt hat. ,

In Alktiengesellshaften wurden ferner umgebildet: Osakeyhtió Ütterstrôm u. Co. Aktiebolag, Wasa (Kapital 150 000 4) (Kolonial- waren); Osakeyhtió Osk. Marjanen, Abo (Kapital 300000 (é) (Kolonial- waren); Marichamns Handelsaktiebolag, Mariehamn (Kapital 100 000 6) (Kolonialwaren); Aktiebolaget Kontorsartiklar, Helsing- fors (Kapital 50 000 6) (Kontorutensilien); Yrjô Weilin u. Co. UAktiebolag, Helsingfors (Kapital 250 000 X) (Buchdruckerei und Verlag); K. I. Kaurala Osakeyhtis, Uleäborg (Kapital 75 000 X) (Fabrik von Leder und Lederwaren); K. A. Sjöströôm’in Konepaja Vsakeyhtiòó, St. Michel (Kapital 100 000 4) (Mechanische Werkstatt).

Vorstehende Firmen dürften mit deutshen Firmen Geschäfts- verbindung unterhalten.

__Zu den wenigen Privateisenbahnen des Landes hat \ich die O sakeyhtiö Hyvinkää- Pyhäjärvi Jernvägsaktiebolag mit einem Aktienkapital von 800 000 # gesellt. :

Durch die im vergangenen Jahre im Auslande, besonders in Deutschland, aufgenommenen Anleihen, die insgesamt sich wohl auf 100 Millionen Mark belaufen, ift eine gewisse Erleihterung im Geld- markt eingetreten. Dazu kommt, daß die Banken durch Ausgabe neuer Aktien Geld, wenn auch im beschränkten Maße, flüssig machen konnten. So haben bereits Kansallis-Osake-Pankki ihr Aktienkapital um 1 Million auf 10 Millionen Mark und Föreningsbanken i Finn- land ihr Aktienkapital von 24 auf 27 Millionen Mark erhöht, während Fastighetsbanken Aktiebolag augenblicklich 1 Million Mark neue Aktien zur Zeichnung aufgelegt hat. Diese Umstände haben dazu beigetragen, zahlreihe Unternehmungen für Neubauten in Helsingfors ins Leben zu rufen, sodaß man einer lebhaften Bautätigkeit entgegen zusehen hat. Dem bereits äußerst gesteigerten Wohnungsmangel wird dadurch vorläufig wenigstens abgeholfen werden.

(Bericht des Kaiserlichen Konsulats in Helsingfors.)

Wagengestellung für Kohle, Koks und Briketts amt 10, JUÜl 1910: Nuhrrevier Oberschlesishes Nevter Anzahl der Wagen Gestellt... 24598 8 745 Nicht gestelli . eiiek a

NaMwetuna über gestellte und nicht rechtzeitig gestellte Wagen für die in den Königlichen Cisenbahndirektionsbezirken Erfurt, Halle a. S. und Magdeburg belegenen Kohlengruben.

Es wurden Wagen auf 10 t berechnet

[nicht rehtzeitig gestellt

1910

Monat gestellt

Mai 20 4

Tag | | 17 4686 |

Pfingsten

E

18 9948

l j Î

| 19 5497 | 20 5379 D 5598 | 99 Sonntag [28 5388

24 54392

9H 5530

26 53922 |- 27 5113 | 98 5151

29 s

30 5190

31 5164

Sonntag

m W D W- T

E I L T

Im Borjahre : 57571 29 N Arbeitstage

zusammen 69002

Dura für den 1910 5308 Arbeitstag 1909 5234

co ll

Nah einer der Firma Hardy u. Co. zugegangenen Depesche betrug laut Meldung des „W. T. B.“ aus Berlin die Goldaus- beute der in den Transvaal Chamber of Mines vereinigten Minen im Mai 1910 606 724 Unzen im Werte von 2577201

Pfd. Sterl. gegen 594339 Unzen im Werte von 2524591 Pfd.