1910 / 140 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 17 Jun 1910 18:00:01 GMT) scan diff

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Gezahlter Preis für 1 Doppelzentner

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merkungen.

Berlin, den 17. Juni 1910.

Preußischer Landtag. Herrenhaus. 16. Sißung vom 16. Juni 1910, Vormittags 10/5 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphishem Bureau.)

Vor Eintritt in die Tagesordnung erhält das Wort Graf von Hoensbroech: Es wird den Empfindungen des hohen auses entsprehen, wenn aus an dieser Stelle, wie gestern im anderen B dem s{chmerzlihen Bedauern Ausdruck gegeben wird über das {were Unglüd, das im Rheinlande durch das Wasser herein- ebrohen is, und das so viele Opfer gefordert ban De S&äden mehren sich nach den Zeitungsnachrichten fast von Tag zu Tag, und wenn au erwartet werden darf, daß diejenigen Schäden, die an staatlihen Einrichtungen und provinziellen Anlagen eingetreten find, baldigst wieder verwisht werden, so bleibt doch eine roje Summe von Shhäden übrig, welhe die armen Bewohner an Hab und Gut getroffen hat. Die gestrigen Verhandlungen im Ab- geordnetenhause haben die Zustimmung der Königlichen Staats- regierun a der Richtung hin gefunden, daß von seiten der Königlichen Staatsregierung alles daran geseßt werde, um auch mit staatlihen Mitteln möglichs {nell dort einzugreifen, wo es notwendig erscheint. Selbstredend wird die Privatwohltätigkeit ja ihrerseits auch zur Stelle sein, aber die Organisation der Privatwohltätigkeit is ja immer ein weiterer Weg, und es ist dringend zu wünschen, daß Staatsmittel sofort zur Verfügung estellt werden können, mit denen wenigstens „über die erste Not und über den ersten Jammer hinweggeholfen werden kann. Fch danke dem Herrn Minister dafür, daß er gestern im anderen Hause in so bereitwilliger Weise e Unterstüßung in Aussicht ge- stellt hat, und ich darf wohl auch im Namen diejes P aus- sprechen, daß wir ebenfalls die Erwartung hegen, daß in dieser Weise vorgegangen werde, wie es gestern ‘von seiten des Herrn Vertreters der Königlichen Staatsregierung ausgesprochen worden ist. (Allseitiger Beifall.)

Minister des Jnnern von Moltke:

Meine Herren! Ich benußte gern die Gelegenheit, in diesem hohen Hause nohmals die große Teilnahme der Königlichen Staats- regierung an den {weren Schädigungen der Bewohner des Ahrtals dur das Unwetter der leßten Tage auszusprechen. Ich kann nur wiederholen, daß die Königliche Staatsregierung in demselben Maße, wie es von ihr bei anderen derartigen Katastrophen geschehen ist, nichts unterlassen wird, um die erste Hilfe zu bringen und mit den Provinzialbehörden zu überlegen, wie die Schäden gemeinsam behoben werden können. Der Oberpräsident trifft noch heute in Berlin ein. FIch werde mit ihm das Nähere verabreden. Wie es bei folchen Katastrophen oft der Fall ist, läßt sich im ersten Augenblick die ganze Größe des Schadens nicht genau feststellen und übersehen. Aber ich glaube, daß inzwishen der Regierungspräsident und der Ober- präsident Gelegenheit gefunden haben, dur eigene Anschauung einen zuverlässigen Ueberblick zu gewinnen. Ich werde bemüht sein, mit ihnen das zu tun, was vonnöten ist. (Bravo!)

Alsdann tritt das Haus in die Tagesordnung ein.

Zunächst wird eine Reihe von Petitionen, die von Kommissionen als zur Beratung im Plenum nicht geeignet er- achtet worden sind, für erledigt erklärt.

Darauf erstattet Herr Dr. von Burgsdorf f namens der Eisenbahnkommission mündlichen Bericht über den vom anderen Hause unverändert angenommenen Entwurf eines Eisenbahnanleihegeseßes. Die Eisenbahnkommission empfiehlt, die Vorlage unverändert zu genehmigen. :

Graf von Mirbach -Sorquitten : In der Etatsdebatte hat die Frage der Einwirkung der Cisenbahneinnahmen auf unseren Gesamt- etat und die Frage des Kursstandes unserer Anleihen eine fohe Nolle gespielt. Herr von Gwinner hat sich in diesem Hause über diese Frage in einer Weise geäußert, die in der ganzen Welt, was ich

ersönlih ich war damals in Wien bezeugen kann, großes ufsehen erregt hat. Die Absichten des Herrn von Gwinner waren ewiß die allerbesten, aber die Schärfe, die seinen Ausführungen beiwobnte, war do geeignet, unsere Finanzverwaltung draußen u diskreditieren. Herrn von Gwinner hatte ih benachrichtigt, dab ih heute auf diese Frage zurückommen würde; ih höre aber, da er im Auslande is. Herrn von Gwinner sind mehrfache Irrtümer untergelaufen. Die Deutsche Bank hat niht mehr als die Hälfte ihres Aktienkapitals in Staats- und Reichsanleihen geei, sondern nur etwa ein Viertel bis ein Drittel. Die Wirkung starker Ankäufe des Staats auf den Kurs der Anleihe ist ja zweifellos, “aber auch niht von durchs{lagendem Erfolge, wie das englische Beispiel lehrt. Es müssen also andere Faktoren eine einshneidendere Bedeutung be- ißen. Wir brauchen uns ja nur der Krise von 1896/97 und der- jenigen von 1907 zu erinnern. Die enormen E haben da- mals die Hauptschuld daran getragen, daß der Kurs unserer Meichs- und Staatspapiere so heruntergebraht wurde. Wir müssen die deutsche Reichsbank ganz so wie die französische fundieren, namentlich auch nah der Seite der Barmittel. Wenn man meint, die Bank von Frankrei sei in einer günstigeren Position, weil die an sie ge- stellten Kreditansprüche viel geringer seien, fo trifft das nicht zu ; im März 1908 waren diese Ansprüche sehr viel größer als diejenigen an unsere Bank; troßdem war der - höchste Dis- fontsaß in Frankreih 4# °/o gegenüber 74% bei uns. Das find doch gewaltige Differenzen. In den lezten Monaten ist die überaus wichtige Frage des Kurses der Anlethe etwas einseiti

behandelt worden. Ne en der Stärkung der Reichsbank kämen no zur Hochhaltung des A der Reichsbank ein entsprehendes Neichsdepositengeseß und die usgestaltung der Neichsbank zu etner

p _ O 0

Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der Verkaufswert liegender Strich (—) in den Spalten für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis n

Noch: Hafer.

14,60 15,00

14,00 15,50

15,50 14,20

15,20

16,00 14,80 14,40

15,80 14,80 15,20 14,00

15,40 16,00

15,60 - auf volle Mark abgerundet mitgeteilt.

15,00 14,60 16,00 15,20 16,00 15,80 15,00 15,60

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14,40

15,00 14,20

14,80 14,00 14,90 14,00 16,00

900 15,00

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14,30

14,30

Kaiserliches Statistisches Amt. yan der Borght.

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anleihekapital amortisiert is, um 10 Milliarden reicher ist. Die Staatsbahnverwaltung und der Minister der öffentlichen Arbeiten haben die Ausbildung der Technik des Eisenbahnwesens zur höchsten NBollendung geführt; das hat si{ch wirtschaftlih wie finanziell bewährt. Wie die Eisenbahnverwaltung hat auch unsere Finanzverwaltung feinen Anlaß, auch die Me Kritik zu scheuen. \

Herr von Herß berg bedauert, daß Pommern in der Vorlage fast ar niht bedaht sei; am bedauerlisten sei das Fehlen der Strede M ielbune —Bârwalde. Das Umsteigen in Ruhnow sei für die von Berlin nah Neustettin—Koniß reisenden Fahrgäste sehr unbequem ; man folle durchgehende Züge einlegen. Damit schließt die Generaldiskussion. Jn der Spezialdebatte tritt N S Graf von Arnim - Boißenburg für ausgiebigere Berücksichtigung der Stadt Strasburg in der Uckermark bei der Ausführung der neuen Linie Fürstenwerder—Strasburg ein. L Herr von Alvensleben: Durch den Bau der Verbindung Arendsee—Geestgottberg wird die Stadt Seehausen Nachteil haben; ih bitte den Minister, den Wunsh des anderen Hauses, daß eine Stichbahn Großgarz—Seehausen gebaut werde, wohlwollend zu be- handeln. Die gegen den Landrat des Kreises Osterburg entfaltete Agitation, an der aber Seehausen unschuldig sei, könne nur als geradezu unerhört charakterisiert werden.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:

Es ist rein mens{chlich, wenn ich als Chef einer Verwaltung eine Genugtuung darüber empfinde, daß meiner Verwaltung in diesem hohen Hause Anerkennung zuteil wird. Diese gebührt ja nicht mir, sondern der ganzen Verwaltung, allen die mitarbeiten, um die wirt- schaftlichen und auch finanziellen Erfolge zu erzielen, die erreicht worden find. Jch bin dem Herrn Berichterstatter wie dem Grafen Mirbach dankbar dafür, daß er dieser Auffassung Ausdruck ver- liehen hat.

Was nun diese Vorlage betrifft, so ist zuzugeben, daß sie bezüglich der Zahl der Nebenbahnen geringer ausgefallen i als in früheren Jahren; das folgt aus der finanziellen Situation und daraus, daß sie ja mit sehr erheblichen Anforderungen für Betriebsmaterial und für die weitere Ausgestaltung der Staatseisenbahnen, namentli den Bau zweiter Gleise, belastet ist. Bei der Auswahl der Bahnen ist aber wie in früheren Jahren mit der größten Sorgfalt vorgegangen, und ihre Gruppierung ist nah der Dringlichkeit erfolgt. Das {ließt keineswegs aus, daß Wünsche, wie sie von den“ Herren Vorrednern ausgesprochen worden sind, in näherer oder fernerer Zeit ihre Be- friedigung finden werden. Die Wünsche sind heute noch sehr zahl- rei, man könnte sie fast zahllos nennen, da noch überaus viele An- träge auf den Bau von staatlichen Bahnen vorliegen. Das hohe Haus kann überzeugt sein, daß ih bestrebt sein werde, diese Wünsche, wie sie vorgebraht werden, je nah der Finanzlage zu prüfen und nah Kräften zu fördern. (Bravo!)

Die Vorlage wird darauf angenommen.

Eine Petition des Vereins für deutsche Friedensarbeit in der Nord- mark zu Tingleff um den Bau einer Eijenbahn Törsbüll—Apenrade— Hadersleben—Landesgrenze wird auf Antrag der Cisenbahnkommission, Referent Freiherr von Schlichting, der Regierung als Material überwiesen, ebenso die Petitionen um den Bau einer Eisenbahn von Gnesen nah Schokken und um den Bau einer Nebenbahn von Gnesen über Kleßko nah einer Station (Nevier oder Schokken) der Nebenbahn Posen—Janowiß. ,

Eine Petition um den Bau einer Eisenbahn von Bo- Lan owo nach Kröben wird der Regierung zur Erwägung über- wiesen.

Ueber die Denkschrift über die Entwicklung der nebenbahnähnlichen Kleinbahnen in Preußen und die Nachweisungen über die zur Förderung des Baues von Klein- bahnen bisher gewährten oder in Aussicht gestellten Beihilfen und über die bis zum Schluß des Etatsjahres 1908 auf- gekommenen Rückeinnahmen auf Staatsbeihilsen für Klein- bahnen referiert Herr Dr. von Burgsdorff und beantragt die Erledigung durch Kenntnisnahme. Das Haus beschließt ohne Debatte demgemäß.

Jn einmaliger Schlußberatung referiert Graf Finck von Finckenstein - Schönberg über den Geseßentwurf, be- treffend den Nogatabschluß, und beantragt unveränderte

Annahme der Vorlage. A A

Der Referent bedauert lebhaft, daß eine so wichtige Vorlage in einmaliger Schlußberatung erledigt werden müsse und wegen der Geschäftslage des Hauses nicht in einer Kommission vorberaten werden fönne, wait sonst diese Vorlage, die von so vielen Kreisen lebhaft ersehnt werde, in dieser Session niht mehr erledigt werden würde. Allerdings seien die Verhandlungen mit den Inter- essenten so s{chwierig gewesen, daß die Regierung die Vorlage nit früher habe einbringen können, aber das Abgeordnetenhaus hätte wohl etwas schneller arbeiten können, damit die Vorlage auch in diesem Hause noch in eine Kommission hätte kommen können. Der ene erläutert dann den Inhalt des Entwurfs und gibt eine Uebersicht über dis Bea agen, im Abgeordnetenhause. Leider sei es nicht möglih gewesen, den Beitrag des Elbinger Deichverbandes zu den Baukosten zu ermäßigen ; es fei mißlih, daß ein Beteiligter widerwillig die großen Kosten übernehmen müsse, aber nah Lage der Sache müsse man si fügen. Auch die Frage der Entschädigung für Schäden, die dur diese Bauten entständen, hätte niht anders gelöst werden fönnen, als das Abgeordnetenhaus beschlossen habe. Es fei aber zu wünschen, daß die Regierung die beruhigenden Erklärungen

Depositenbank mit zahlreichen Filialen in Frage. Was die Vorlage betrifft, so hebe ih nur hervor, daß Preußen, wenn das Eisenbahn-

hierüber in diesem Hause wiederhole.

iht vorgekommen ist, ein Punkt ( . ) in den leßten sechs Spalten, daß[ entsprehender

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3 003 920

1 323 160 242 903 196 192 12 870

14,67 14,30 15,33 14,70 16,00 15,14

: 15,24 14,00 : 16,00 14,30

14,33 14,20 15,00 14,70 16,00 14,97

14,91 13,60 16,50 15,00

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Der Durchschnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen berechnet."

ericht fektl t.

Herr Dr. Merten- Elbing: Die Hauptsache ift, n dieses große Kulturtverk endlih ausgeführt wird. Ich würde dem Minister für eine Erklärung darüber dankbar sein, in welcher Frist die Aus- führungsarbeiten vorgenommen werden sollen, denn jedes Jahr der Verzögerung beschwört Gefahren für das Gut der Niederungsbewohner herauf. Die Freude an der Regulierung der Nogat wird dur einen bitteren Tropfen gestört. Die Handels- und Schiffahrtsinteressenten der Nogat sind dur die Bemerkung in der Begründung der Vorlage beunruhigt, daß auf der kanalisierten Nogat Schiffahrtsabgaben er- hoben werden sollen. Das kann ih niht unwidersprochen lassen. Einmal sind Schiffahrtsabgaben nur da berechtigt, wo es sih um ein Unternehmen im Interesse der Schiffahrt handelt; im vorliegenden Falle ergibt fich aber aus der Begründung der Vorlage selbst, daß dieses Werk als ein Kulturwerk, als ein aus dem Landeskulturinteresse hervor- gehendes Unternehmen, als ein Meliorationsunternehmen von der Regie- rung betrachtet wird, wenn es auch eine Förderung der Schiffahrts- interessen in sh s{chließt, insofern die seit Jahrzehnten unbenußte Nogat kanalisiert und der Schiffahrt nußbar gemacht werden soll. Aber es is} in der Begründung hervorgehoben, daß die Förderung der Schiffahrt niht der Zweck des Geseßes sei, sondern die Melio- ration der Ländereien. Es kommt hinzu, au s Billigkeitsgründe gegen die P der Regierung sprechen. er Zustand, der durch dieses Gesetz beseitigt werden soll, ist hervorgerufen durch die Maß- nahmen der Regierung selbst in den Jahren 1848 bis 1853. Vorher war der Zustand so, daß die Nogat ebensoviel oder noch mehr Wasser mit sich führte als die Weichsel, sodaß die Schiffahrt \sich ungehindert entfalten konnte. Daran wurde erst durch den Eingriff der Regierung etwas geändert, indem die Abzweigung der Nogat nah Norden verschoben und ein Kanal zwishen Nogat und Weichsel hergestellt wurde. Die Befürchtungen, die damals {on an diese Regulierung seitens der Sciffahrtsinteressenten geknüpft wurden, sind leider allzusehr in Erfüllung gegangen; die Schiffahrt hat so gut wie aufgehört, weil zu wenig Wa ser der Nogat zugeführt wurde. Nun foll der alte Zustand auf anderem Wege wiederhergestellt werden. Schiffahrt soll auf der Nogat wieder ermöglicht werden, und nun geht die Begründung des Geseßes davon aus, daß auf dieser kanalisierten Nogat Schiffahrts- abgaben erhoben werden für die Wiederherstellung des Zustandes, der seit Jahrhunderten bestand und seinerzeit unter dem Widerspruch der Fnteressenten und unter beruhigenden Zusicherungen der Staats- regierung beseitigt wurde. Dafür sollen die Schiffahrtsinteressenten Schiffahrtsabgaben leisten. Ich glaube nicht, daß dies in der Billigkeit liegt. Es wurde damals die ZusiNerung gegeben, daß die Schiffahrt ungehindert sein, daß auf sie Nücksiht genommen werden olle. Jetzt wird diese Zusicherung erfüllt; aber leider wird die

reude darüber durch die in Aussicht stehenden E Ergen getrübt. JIch möchte die Regierung bitten, davon Abstand zu nehmen und beruhigende Erklärungen abzugeben.

geteilte

Minister für Landwirtschaft 2c. von Arnim:

Ih bin dem Herrn Berichterstatter dankbar für die freundliche Kritik, die er an dem Gesetzentwurf geübt hat. Nur in einem Punkte schien er mir doch einen leisen Tadel in seine Kritik ein- zuflechten. Er meinte, die Königliche Staatsregierung wäre wohl etwas hart mit dem Elbinger Deichverband umgegangen. Meine Herren, das ganze Weichselregulterungsunternehmen ist ein einheit- lihes Werk, das in drei Etappen durchgeführt worden ist resp. werden wird, einmal durch das Geseß von 1888, dann durch das Gesetz von 1900 und \ch{ließlich durch die gegenwärtige Vorlage. (Zuruf.) Es ist ein einheitlihes Werk, dessen Wirkung und dessen Kosten einheit- li beurteilt werden müssen. Wie stellen sich nun die Beiträge der verschiedenen Deichverbände? Meine Herren, der Elbinger Deich- verband hat eine Fläche von 36 000 ha mit einem Grundsteuerrein- ertrag von 35,13 4 pro Hektar, der Marienburger Deichverband hat cine Flähe von 68 000 ha nit ganz doppelt fo viel mit einem geringeren Grundsteuerreinertrag, nämlih von nur 28,13 pro Hektar. Demgegenüber stellen sch nun die Bei- träge, die zu dem Gesamtwerke auf Grund der drei Gesehe seitens der Deichverbände aufzubringen sind, folgendermaßen : Der Elbinger Deichverband hätte aufzubringen im ganzen 3 430 000 46 ih nenne nur die runden Zahlen —, der Martenburger Deichverband, der nicht halb so groß ist und einen geringen Grundsteuerreinertrag hat, 7 470 000 1, also über doppelt soviel. Meine Herren, daraus ergibt sich \{chon, daß der Elbinger Deichverband niht in ungerecht - fertigter Weise zu hoch belastet worden ist. Außerdem bleibt dem Marienburger Deichverband die Last der Erhaltung der Deiche an der Weichsel, dem Elbinger Deichverband wird eigentlich fast jede Deich- last genommen. Seine Deiche liegen zum Teil am Haff, sind dort aber verhältnismäßig niedrig und erfordern nur verhältnismäßig niedrige Unterhaltungskosten. Die Hauptdeiche liegen an ter Nogat, das waren Deiche, die stark gefährdet waren und immer erhebliche Unterhaltungskosten beanspruchten. Diese Deiche werden jeßt voll- ständig in Schlaf gelegt, bedürfen also keiner Unterhaltungskosten mehr. Die Unterhaltungskosten hierfür werden dem Elbinger Deich- verband also genommen. f

Wenn scheinbar und das ist ja auch in der Begründung aus- geführt die Mehrlast, die der Elbinger Deichverband zu tragen haben wird, um 30 4 höher ist als die Mehrlast, die dem Marien- burger Deichverband durch das leßte Geseß auferlegt wird, so ist das doch nur eine scheinbare Erhöhung. Es ist bei dieser Berehnung nicht berüsichtigt, daß für den Elbinger Deichverband die gesamten

Deichunterhaltungslasten an der Nogat in Zukunft fortfallen werden,

¿x also ganz erhebliche Ersparnisse machen wird, die diefen Mehr- rag wahrscheinlih weit übersteigen werden. Dann hat der Herr Vorredner sich darüber beklagt, daß in der gat Schiffahrtsabgaben in Aussicht genommen werden. Meine arren, das entspricht im allgemeinen den Beschlüssen, die bezüglich b Scjiffahrtsabgaben in beiden Häusern gefaßt worden sind. Es delt si hier um eine ganz erheblihe Verbesserung in der Schiff- et, und zwar nicht nur um eine Verbesserung des gegenwärtigen standes, sondern au um eine Verbesserung des früheren Zustandes, f den der Herr Vorredner Bezug genommen hat. Aus diesen jründen ist die Erhebung einer Schiffahrtsabgabe durchaus gerecht- tigt. Fch glaube nicht, daß sie so hoh sein wird, daß der Elbinger andel damit irgendwie ges{hädigt werden wird.

Damit schließt die allgemeine Besprechung.

Die Vorlage wird in der Einzelberatung ohne weitere Debatte angenommen. i ,

Zu dem Geseßzentwurf, betreffend die öffentlichen uerversiherungsanstalten, erstattet

Graf von Behr-Behrenhoff den Bericht über die mmissionsverhandlung, bedauernd, daß die Vorlage so spät vom vderent Hause eingegangen sei, daß eine {riftliche Berickterflattung iht lih gewesen sei. Die Kommission habe sich jedoch unter diese P aslage nicht gebeugt, sondern den Gesehentwurf in allen Einzel- iten durhgearbeitet. Sie könne nah sorgfältiger Prüfung dem Hause fehlen, dem Entwurf in der von dem Hause der Abgeordneten be- {lossenen Fassung die Zustimmung zu erteilen. Eine Reihe von Be- ufen sei in der Kommission dur die R t E der Regierung \eitigt worden; es wäre erwünscht, wenn diese Erklärungen im Hause (derholt würden. Auf eine weitere Anfrage des flärt der

Minister des Jnnern von Moltke:

Die überaus eingehenden und sachlichen Ausführungen des Herrn feferenten überheben mi des Eingehens auf Einzelheiten der Vor- ige, Der Herr Neferent hat aber eine bestimmte Frage gestellt und hint eine Erklärung der Staatsregierung über dieselbe. Er hat (fragt, ob die städtischen Anstalten, bei denen die Versicherung auf nen Teil des Kommunalbezirks beschränkt war, ihre Versicherung védehnen können. Diese Frage ist zu bejahen. Der Weg dazu ist N (bstverständlih der der Saßungsänderung. Im übrigen kann ih die haltlih von dem Herrn Referenten mitgeteilten Erklärungen der jniglichen Staatsregierung aus der Kommission hier nur ausdrücklich bederholen und werde mich an sie gebunden halten.

Herr Dr. von Dziembowski: Nichts wirkt so erslaffend if die Elastizität der Selbstverwaltung ein, wie starre Vorschristen. n der Kommission is viel in dieser Beziehung gebessert orden. Aber die neue Vorschrift, wonach die öffentlichen Feuer- ictäten einen gewissen Bestandteil ihres Vermögens, bis zu einem Viertel, in Neichs- und Staatspapieren anlegen sollen, wird in der aris zu mancherlei Schwierigkeiten führen. Ich möchte den Minister bitten, bei der Prüfung der zu genehmigenden neuen akungen der einzelnen Sozietäten den Beteiligten im Rahmen des heseßes möglichst große Freiheit zu lassen.

Minister des Jnnern von Moltke:

Der Herr Referent hat \{chon darauf hingewiesen, daß bei Negelung des Neichsgesetßzes über den Versicherungsvertrag die Absicht bstand, den Gegenstand der Vorlage mit in das Gebiet der Reichs- eseßgebung etinzubeziehen, wenigstens sowett es sich um die privat- «chtlide Materie handelt. Dabei bestand gerade die Gefahr, «j die berehtigten Eigentümlichkeiten der vielgestaltigen Ent- vidlung unseres öffentlihen Feuersozietätswesens in Mitleiden- haft gerieten. Wir haben deshalb den Gegenstand in «s Gebiet der landesgeseßlihen Negelung herübergezogen hit aus der Erwägung heraus, daß wir die Entwicklung, wie sie sich istorish gestaltet hat, möglichst \{chonen und in die Selbstverwaltung, weit es irgend vermeidlich ist, nicht eingreifen wollen. Ich glaube, «ß die Bestimmungen unserer Vorlage diesen Gedanken auch durchweg un Ausdruck bringen. Die paar Bedenken, die in der Nichtung noh orlagen, sind durch die Beschlüsse des Abgeordnetenhauses in ener îr die Königliche Staatsregierung durhaus annehmbaten Weise be- oben worden, sodaß ih nur bitten kann, die Vörlage, wie sie jeßt jtaltet ist, unverändert anzunehmen. Jch will aber gern dem Herrn Vorredner die Versicherung abgeben, daß wir auch bei der Aus - ührung des Geseßes und bei der Gestaltung der Satzungen der inelnen Sozietäten von demselben Gesichtépunkte ausgehen wollen id daß wir in die bestehenden berechtigten Eigentümlichkeiten, soweit gend möglich, nicht eingreifen werden.

Herr Delbrück: Ih möchte meiner lebhaften Freude atüber Ausdruck geben, daß in das Geseß eine Bestimmung fgenommen ist, durch die den öffentlihen Feuerversicherungs- stalten die Pflicht auferlegt ist, ihr Vermögen in Höhe von 2% in Staatsanleihen anzulegen. Cs wird damit ein Weg be- ritten, der in seiner Weiterverfolgung zweifelsohne zur Hebung des Mnleihekurses führen muß. Jh war leider dur eine anderweitige Llhung als Mitglied der Immediatkommission für die Reform der meren Verwaltung verhindert, die Nede des Herrn von Gwinner zu Voren, ih will auch heute nicht auf die von Herrn von Gwinner an- lhnittenen Etatsfragen eingehen. Ich möchte aber feststellen, daß eine oße Anzahl meiner Berufsgenossen keineswegs in allen Punkten tit Herrn von Gwinner übereinstimmt. Herr von Gwinner hat uf die Nachahmung des Systems bei der Degen der französischen Venbahnobligationen hingewiesen. Durhch die Anordnungen des inanzministers ist bei uns aber nit nur in jedem Orte, der eine lenbahnstation hat, sondern auch in den entlegensten Dörfern Ge- enheit gegeben, auf die bequemste Art, z. B. durch den Brief- iger, Buchschuldforderungen an das Neih und an den preußischen laat zu erwerben. In keinem Lande der Welt ist dies den p ohnern so leiht gemaht. Die Negierung hat in dieser Viehung alles getan, was überhaupt getan werden kann. Herr vin Gwinner hat mit Recht darauf hingewiesen, daß, wenn z. B. 1 einem Jahre eine 200-Millionen - Anleihe aufgenommen werden dl und 40 Millionen getilgt werden müssen, es nicht praktisch ist, e Summe zu salvieren und nur 160 Millionen aufzunehmen, dern er behauptet mit Recht, daß es praktis ist, 200 Millionen “leihen zu verkaufen und dann allmählih im Laufe des Jahres Millionen zurüc{zukaufen. Diesem Wunsch ist indessen wenigstens lilweise \{chon seit Jahren Rechnung _ getragen. Ich weiß meiner Tätigkeit als Mitglied der Staatsschuldenkommission, B bereits in den leßten Jahren ein erheblicher Teil der *igungsquote im offenen Markt durch die Seehandlung aufgekauft p! Und ih behalte mir vor, anzuregen, daß in künftigen verichten der Staatsschuldenkommission ausdrücklich jedesmal jragt wird, wieviel von den zu tilgenden Beträgen getilgt sind rc) Nückkauf auf offenem Markt und wieviel aus Abschreibung Y bewilligten Kredit. Aber alle diese Mittel gehören zu den kleinen itteln zur Hebung des Anleihekredits. An wirklih großen Mitteln M es nur zwei, die Einschränkung in der Ausgabe vön Anleihen P) zweitens die Ae erng des Käuferkreises oder mit anderen hrten : die Verminderung des Angebots und die Erhöhung der frage. Das erste Mittel läßt sih bei den großen Bedürf- "isen leider nur in beschränktem Maße durchführen. Es bleibt

Referenten

also nur das andere Mittel. Jch habe im Jahre. 1904 in den „Preußischen Jahrbüchern“ in einem kleinen Aufsatze berechnet, daß der segne Besißstand der Berliner Großbanken an Staatspapieren auf 0 bis 40 Mill. Mark zu s{häßen war, ih {äte ihn heute auf 200

bis 300 Mill. Mark. Sie sehen also in den leßten sech8s Jahren

einen erheblichen Fortschritt, der auf die wiederholten und schr dankens- werten Anregungen des Herrn Finanzministers und wohl auch auf die Verhandlungen bei der Bankenquete r s ist. Auf diesem c müssen wir weiter fortshreiten. Unsere Aktien- banken in Deutschland besißen ein Kapital von ungefähr 12 Milliarden. Wenn man die E Verhältnisse auf unsere Verhältnisse über- is müßten fie 14 Milliarde Staatspapiere besißen, während sie tatsächlich kaum den vierten Teil besiben werden. Ich bin keineswegs dafür, daß diese Materie sür die Banken geseßlich geregelt wird, aber ih hoffe, daß die Banken als die Leiter unseres Dn Lebens immer daran denken werden, welche heilige Pflicht ihnen in dieser Richtung auferlegt wird. Die Banken handeln, indem sie Staatspapiere kaufen, nicht allein im Staatsinteresse, sondern auch im Interesse ihrer eigenen Liquidität und im Interesse der A .Liquuidität des ganzen Landes. Gegen die Liquidität der Staatspapiere wird eingewandt, daß sie im Falle eines Krieges nicht zu verkaufen find. Ich E aber sicher, daß im Kriegsfalle Ein- rihtungen getroffen werden, die die leihte und schnelle Lombardierung der Staatspapiere im ganzen Lande gewährleisten. Wenn die Banken mit gutem Beispiel vorangehen, so zweifle tch nicht daran, daß die Sparkassen und die Versicherungsgesellschaften dem guten Bei)piel folgen werden. Nötigenfalls wird der in diesem Geseße eingeführte Zwang auch auf andere Gesellschaften ausgedehnt werden müssen. Der Entschluß der Gesellshaften würde wefentlih erleihtert, wenn die Bestimmung des 261 des Handels- geseßbuhes über die Aufstellung der Bilanz dahin abgeändert würde, daß Staatsanleihen auch dann, wenn der Anschaffungspreis den Börsenpreis übersteigt, nah dem Anschaffungspreis angesetzt werden dürfen, aber nur für den Fall, daß auf der anderen Seite der Vilanz Reservefonds vorhanden sind, deren Mindesthöhe der Differenz zwishen Börsenpreis und Anschaffungspreis entspricht. Hoffentlich gelingt es durh dieses Geseß, den ersten Schritt auf dem Wege zur Hebung des Kurses der Staatsanleihen zu machen.

Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:

Meine Herren! Jh kann es mir nit versagen, dem Herrn Vor- redner meinen lebhaftesten Dank dafür auszusprechen, daß er mit seiner hervorragenden Sachkenntnis, seiner reihen Erfahrung auf diesem Gebiet so nahdrücklich die Bestrebungen unterstüßt hat, die ih seit Jahr und Tag hter unausgeseßt vertreten habe, immer unter- tüßt von diesem Hohen Hause, aber nicht immer in gleiher Weise von dem anderen Hause. Ich danke dem Herrn Vorredner tns- besondere dafür, daß er anerkannt hat, daß die Finanzverwaltung auf diesem Gebiete getan hat, was möglich war. Meine Herren, wir nehmen jeden Nat, der uns in dieser Richtung erteilt wird, gexn an, und wir haben uns bemüht, durch die Ausgestaltung der Seehandlung und die Ausgestaltung des Staats\chuldbuchverkehrs und sonst auf ver- schiedene Weise den Kurs der Staatspapiere zu heben, so weit es mit solhen Mitteln überhaupt möglich ist. Jh darf in dieser Beziehung namentlich auf den einen Punkt hinweisen, den auch der Herr Vorredner berührt hat. Er hat ganz mit Necht darauf hingewiesen, daß es für die Hebung des Kurses der Neichs- und Staatspapiere meist wirksamer ist, wenn wir die etwa 50 Millionen, die wir alljährlich auf Grund der geseßlichen Bestimmungen tilgen müssen, niht auf ofene Kredite abschreiben, sondern effektiv in diesem Betrag der Staats\schuld- verschreibungen am Markte ankaufen, um auf diese Weise wieder als - Käufer am offenen Markte zu erscheinen. Ich habe kürzli {hon im Abgeordnetenhause gesagt, daß ih: bereits vor zwei Jahren die See- handlung mit entsprehender Ermächtigung versehen habe, und daß diese seit zwei Jahren in dem Sinne tätig ist, den der Herr Vor- redner mit Necht als richtig bezeihnet hat. Jch darf hinzufügen, daß die Seehandlung niht nur die Bestände, die zur Staats\{ulden- tilgung bestimmt sind, zum Teil zum effektiven Ankauf verwendet hat, fondern weit darüber hinaus aus eigenen Mitteln Ankäufe bewirkt hat, um wirklich einen ständigen Abnehmer am Markte dar- stellen zu können. Im Jahre 1909 hat die Seehandlung für nicht weniger als 197 Milltonen 3 °%/ige Staatspapiere am offenen Markte wieder aufgenommen und im Jahre 1908 176 Millionen. Also die Seehandlung hat, wie ich glaube, getan, was auf diesem Gebiete zu tun möglih war. Aber der Herr Vorredner hat voll- kommen recht: alle diese Mittel find verhältnismäßig klein und können einen entsprehenden Einfluß auf die Kursgestaltung nicht ausüben. Eine wahre Besserung ist nur möglih einmal dur eine andere Gewöhnung unseres Publikums und zweitens durch geseßz- geberische Vorschriften, wie sie hier in Frage stehen.

Ich freue mihch besonders über den warmen Appell, den der Herr Vorredner an die Banken gerichtet hat, au ihrerseits bei ihren eigenen Effekten und bei ihrem Publikum tn höherem Maße Fürsorge für die Neihs- und Staatspapiere auszuüben. Manchmal mußte es wirklich \{einen, als ob die Finanzverwaltung hier ganz allein für Sonderinteressen kämpfte, während fie doch nur für die Interessen der Allgemeinheit eintrat. Die Verluste, die jeßt das Publikum an unseren Staatspapieren erlitten hat, hreien gen Himmel. Wir haben für die Interessen des großen Publikums und für die Interessen der Staatsfinanzen gefohten, als wir immer darauf hinwiesen, daß endli} Wandel geschaffen werden müßte. Ih hoffe, daß auf Grund \solher Reden, wie wir sie eben gehört haben, allmählich in weite Kreise der Bevölkerung das Gefühl eindringt: tua res agitur, es handelt fich um deine Interessen, niht um Sonder- interessen der Finanzverwaltung.

Sodann möchte ich auch gleich noch einen weiteren Punkt be- rühren. Herr Delbrück sagte mit Necht: es ist dem Gedanken, daß die Banken und das Publikum sich in stärkerem Maße mit Neichs- und Staatspapieren versehen mögen, der Einwand entgegengeseßzt worden, daß es s{chwer sein würde, im Ernstfalle die Staatspaptere zu verkaufen. Dieser Schwierigkeit sind wir uns bewußt gewesen, und dieser Schwierigkeit wird, wenn ein folher Fall eintreten sollte, ebenso begegnet werden, wie das früher, im Jahre 1866 uud 1870, geshehen ist, indem s\taatlihe Darlehenskassen überall im Lande errihtet werden, bei denen die Staatspapiere lombardiert werden können. Das Publikum würde also nit genötigt sein, die Staats- papiere mit großem Schaden zu verkaufen.

Aber Herr Delbrück hat vollständig ret, das sind nur Palliatiy- mittel, die nicht von entscheidender Bedeutung sind. Entscheidend muß eine bessere Gewöhnung unseres Publikums sein, und da möchte ih noch eins hinzufügen: Es gibt kaum ein Publikum, das wie unseres so geneigt ist, die Qualität des Papteres zurückzuseßen gegenüber den Gewinnchancen. (Sehr richtig!) Wenn man namentlich auch Leute, die gar keine Geschäftserfahrung

haben, zu einem kommen fieht, um um Nat zu fragen, was sie tum

sollen, so sieht man sich wixklich einem Abgrund von UÜnkenntnis gegenüber. Die einzelne Witwe- der pensionierte Beamte, kaufen amerikanische Eisenbahnobligationen, bei denen sie noch nicht einmal wissen, wo die Eisenbahnen liegen \olche Dinge sind mir in meiner Praxis mehrfach vorgekommen. Anstatt ganz sihere Staatspapiere zu kaufen, kaufen sie um eines angeblih höheren Gewinnes wegen Papiere, die nur eine geringe Sicherheit bieten. Ih habe kürzli einen Artikel im „Deutschen Oekonomisten“ gefunden, den ih bitte, zum Vortrage bringen zu dürfen er ist nit sehr lang. Da heißt es über unsere Staatsanleihen:

„Es ist eine höchst auffällige Erscheinung, daß die Anleihe- papiere des Deutschen Neichès und der deutshen Bundesstaaten an- dauernd einen fo niedrigen Kurs\tand einnehmen. Seit Jahren werden allerlei Mittel erörtert und versuht, um diesem Uebelstande abzuhelfen, aber alles war vergeblich ein Beweis, daß die wahre Ursache nit erkannt wurde und ihr deshalb au nicht entgegen- getreten werden konnte.

„Bei der Bewertung der deutschen Staatspapiere kommt das Moment der Sicherheit der Kapitalsanlage gar nicht in Betracht, denu niemand zweifelt daran, daß diese im vollsten Maße vorhanden ist. Auch kann man nicht sagen, daß in Deutschland zu wenig Kapital vorhanden wäre, um die Staatsayleihen aufnehmen zu können, denn fort und fort werden große Summen an das Ausland hingegeben, zu Bedingungen sogar, welche hinter dem übernommenen Risiko wesentlich zurückbleiben. Und fort und fort stürzt unser Kapitalistenpublikum \sich auf Werte aller Art, namentlich Aktien, zu meist phantastishen Preisen. Und hier liegt die Wurzel des erwähnten Uebelstandes: unser Publikum ist zu \pekulativ erzogen und gewöhnt, und dieser \pekulative Zug beherrscht alle Kreise und Klassen bis herab zu den Besißern von nur wenigen tausend Mark. Wer tausend Mark verfügbar hat, trägt sie zum Bankier und kauft für zehntausend Mark Aktien und der Besißer von zehntausend Mark \pekuliert mit Hunderttausend. In den Bankbilanzen ist die Rubrik „Debitoren durch Effekten gedeckt“ hierfür bezeihnend. Die bei den Banken und Bankiers hinterlegten Depositen finden in diefer Art ihre Verwendung, sie dienen zum großen Teil zum Ankauf spekulativer Papiere für Leute, die darauf nur eine kleine Anzahlung leisten.“

Dann wird das in diesem Sinne weiter fortgeführt und auch hier wiederum darauf hingewiesen, daß es notwendig sei, im Wege des Gesetzes ständige Abnehmer für unsere Staatspapiere zu \{chafen, wie wir das {on mit dem Entwurfe vom Jahre 1906 für die Spar- kassen unsererseits angestrebt hatten.

Nun, meine Herren, dieser Neigung des Publikums, andere Papiere als die ganz sicheren Staatspapiere zu kaufen, wird ja in einer Weise Nechnung getragen durch die enormen Massen von Papieren, die alljährlih an den Markt strömen, daß die großen Summen, um die es sih dabei handelt, geradezn erstaunlih sind. Die Frage, in welhem Maße andere als Staatspapiere von unserem Markte aufgenommen werden, ist ja präzise zu beantworten außerordentli \{chwer; denn naturgemäß können beispielsweise die an unserer Börse zuge- lassenen Papiere an sihnoch nicht maßgebend sein, weil ja zwischen den zuge- lassenen und den effffektiv in den Verkehr gekommenen Papteren ein großer Unterschied besteht. Wir find also nit in der Lage, eine absolut zu- verlässige Statistik zu geben, indessen hat si die Neichsbank bei der Bankenquete der Mühe unterzogen, auf Grund der Stempelsteuer- erträge eine Berehnung der Effekten aufzustellen, die zwar auch noch Fehlerquellen enthält, aber doch einen. festeren Anhalt für eine Schäßung ergibt, und aus der hervorgeht, daß im Jahre 1905/06, ab- gesehen von den Staatsanleihen niht weniger als für 2425 Millionen inländische Papiere an den Markt gelangt sind; dazu treten an ausländischen Papieren noch 828 Millionen, fo daß sich in diesem Jahre eine Belastung des Marktes mit rund 3200 Millionen ergibt. Im Jahre 1906/07 find 3 Milliarden inländische Papiere und 333 Millionen ausländishe Papiere, insgesamt 3,3 Milliarden, an den Markt gelangt. Aehnlich sind die Zahlen für 1907/08 mit 2,6 Milliarden und für 1908/09 mit 3,2 Milliarden. Für die leßte . Tabelle ist eine andere Berechnung vor- genommen: während früher die Rechnung für das Rechnungsjahr aufgestellt wurde, gilt die legte Tabelle für das Kalenderjahr. Da ergibt es sih, daß das für dret Vierteljahre, vom Januar bis Sep- tember 1909, eine Belastung unseres Marktes von rund 34 Milliarden ausmacht, ungerehnet die Deutschen Neichs- und Staatsanleihen.

Meine Herren, wie bei einer so enormen Belastung des Marktes die Unterbringung der Staatspapiere immer stärkere Schwierigkeiten machen muß, ist klar. Jh möchte nur noch kurz darauf hinweisen, welche fremden Papiere seit dem 1. April 1910 an der hiesigen Börse zugelassen sind; es sind das: 5 9% Denver und Rio Grande, 4% ige Oesterreichishe Kronenrente, Kopenhagener Stadtanleihe, Finnländische Hypothekenpfandbriefe, Mexikanishe Nationalbonds, Marokkanische Staatsanleihe, Moskau-Kiew-Woronesh-Obligationen, Bagdadbahn- anleihe, Ungarische Kronenrente, Japanische Staatsanleihe, Oester- reichishe Länderbank, kurzum, das Publikum findet für alle seine Wünsche ein reiches Feld der Betätigung.

Meine Herren, nun ist es auf der einen Seite sier, daß, wenn wir in Zukunft, wie wir hoffen, mit einer steigenden wirtschaftlichen Entwicklung zu rechnen haben, diese naturgemäß die Kapitalkräfte des Landes in noch höherem Maße in Anspruch nehmen wird. Ferner ist leider zu befürchten, daß auch in Zukunft unser Markt dur ander- weite Papiere in starkem Maße in Anspruch genommen wird. Dem- gegenüber gibt es aber als Hilfsmittel in der Tat nur die beiden, welche der Herr Vorredner bereits anzuführen die Güte hatte. Da ist zunächst die Einschränkung der Jnanspruhnahme des Marktes dur Reihs- und Staatsanleihen. Jh habe {on hervorgehoben, daß wir vom Jahre 1906, wo wir 7 373 000 000 # Schulden hatten, bis zum Jahre 1910 auf 9421 000000 46 Schulden gestiegen sind, daß wir also in vier Jahren mehr als 2 Milliarden Schulden aufgenommen haben. Nun haben wir allerdings diese Schulden auf- genommen einem dringenden Bedürfnis der Eisenbahn zufolge, um dieses Unternehmen auszugestalten, um die notwendigen Betriebsmittel zu beschaffen, um weitere Bahnen auszubauen, ferner für die Aus- gestaltung unseres Kanalnetzes, für die Aufrehterhaltung unserer Ost- markenpolitik in Weslpreußen und Posen, alles Leistungen, die ent- weder ganz oder zum Teil rentabel find. Für den Druck auf den Markt macht das ja aber nichts aus, ob die Anleihen \päter zins- bringend sind oder nicht, ob sie wirtschaftlih investiert sind oder nit. Jedenfalls läßt diese enorme Belastung des Marktes es als notwendig

‘erscheinen, über das durhaus erforderlißhe Maß des Erforderliche