1870 / 177 p. 3 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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eine entsprechende Berücksichtigung auch solchen Primanern zu Theil A zu lassen, welche erst im dritten Semester stehen. Im Hinblick auf die außerordentlichen Zeitumstände will ih die in dieser Beziehung gestellten Anträge genehmigen, und ermächtige die Königlichen Provinzial - Schullollegien all- gemein, von den der Prima eines Gymnasiums oder einer Realschule im dritten Semester angehörenden Schülern nicht nur die, welche bereits das militärpslichtige Alter erreicht haben, oder welche sih ganz der militärischen Laufbahn widmen wollen, sondern auch alle diejenigen zu ciner Maturitätsprüfung bal- digst zuzulassen, welche die Absicht haben, mit Genehmigung ihrer Eltern bei der gegenwärtigen Mobilmachung in die Armec einzutreten. / A:

: Ein Erlaß der schriftlichen Prüfung kann jedo in diesem Fall nicht stattfinden; die mündliche ist aber in möglichst kurzer Frist nach der schriftlichen E f L

Im Uebrigen gelten, was die Anwesenheit eines Kommissa- rius bei dec mündlichen Prüfung, die Ausfertigung der ZeUg- nisse und die darüber zu erstattenden Berichte betrifst, für diese anticipirte Maturitätsprüfung dieselben Bestimmungen , welche in der Cirkular - Verfügung vom 19. d. M. darüber ge- geben sind. i E

ie Direktoren der Gymnasien und Realschulen sind hier- nach schleunigst mit Anweisung zu versehen.

Berlin, den 25. Juli 1570. : 1

Der Minister der geistlichen , Unterrichts - und Medizinal-

Angelegenheiten. von Mühler.

An sämmtliche Königliche Provinzial-Schulkollegien.

Finanz- Ministerium.

Bekanntmachung Der in den Loosen 2. Klasse 142. Lotter.e auf den 2. August d. J. bezeichnete Ziehungs-Termin wird bis zum 9, August d. J. aufgeschoben, um den Spielern, welche unter den jeßigen Zeitverhältnissen und namentlich aus Anlaß der stattgehabten Mobilmachung der Armce die rechtzeitige Er- neuerung ihrer Loose versäumen sollten, zu dieser Erneuerung eine geräumigere Frist zu gewähren. Spätestens bis zum 5. August d. J., Abends 6 Uhr, muß aber die Erneuerung der Lotterie-Loose 2. Klasse zur Vermeidung des planmäßigen Nacbtheils unfehlbar erfolgt sein. Berlin, den 25. Juli 1870. | | ; Königliche General-Lotterie-Direktion.

Bekanntmachung. /

An dem auf Mittwoch, den 27. d. M., Allerhöchst festgesebten allgemeinen Bettage bleiben die Annabme- und Ausgabestellen für das Publikum in den Stunden von 9 bis 11 Uhr Vormittags und von 2 bis 4 Uhr Nachmittags geschlossen.

Berlin, den 25. Juli 1870. i

Der Ober-Post-Direktor. Sachße.

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 26. Juli. Se. Majestät der König empfingen im Laufe des gestrigen Vormittags Seine Königliche Hoheit den Fürsten von Hohenzollern und Seine Durchlaucht den Fürsten zu Wied, nahmen die Meldungen des diesseitigen Militärbevollmächtigten in St. Petersburg - Oberst von Werder, und anderer höherer Militärs, sowie die Vorträge des Wirklichen Geheimen Ober-Regierungs-Rathes Wehrmann, des Geheimen Kabinets-Rathes von Wilmowski, des Geheimen

ofraths Borck entgegen und arbeiteten sodann mit dem Êrleas- Minister von Roon, dem Chef des Generalstabes von Moltke, den Generalen von Podbielski, von Boyen und von ITresckow. Später conferirten Se. Majestät mit dem Bundes- kanzler Grafen von Bismarck-Schönhausen. :

Ihre Majestät die Königin besuchte gestern zwei arbeitende Abtheilungen des Vaterländishen Frauenvereins. Bei den Königlichen Majestäten fand gestern im Königlichen Palais ein Familiendiner statt, zu welhem Se. Königliche Hoheit der Kronprinz, Ihre Königliche Hoheiten der Großherzog und die verwittwete Großherzogin, sowie der Herzog und Her- zogin Wilhelm von Mecklenburg, Se. Königliche Dele der Fürst von Hohenzollern, Se. Königliche Hoheit der Prinz Adalbert und der Fürst von Wied geladen waren. Am Nachmittag nahmen die Königlichen Eltern Abschied von Ihrem Sohne, M "L A der heute nach Süddeutschland zur Armee abgeht.

Se. Königliche Hoheit der Kronprinz hat sich heute Morgen behufs Uebernahme des Oberbefehls über die süd- deutschen Truppen zunächst nah München begeben.

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Für die Bearbeitung der Angelegenheiten des Feldþpost- wesens, dessen obere Leitung speziell von dem General-Postamte erfolgt, ist bei demselben für die Dauer des Krirges ein beson- deres Feldpostdecernat eingerichtet und dem Postrath Sachse übertragen worden.

Der französishe Minister des Auswärtigen, Herzog von Gramont, hat an alle diplomatischen Vertreter Frankreichs das folgende Rundschreiben erlassen: a

Mein Herr! Sie kennen bercits die Verkettung der Umstände, welche uns zu einem Bruche mit Preußen geführt haben. Die Mit- theilung, welche die Regierung des Kaisers am 15. d. Mts. auf die Tribüne der großen Staatskörper gebracht hat; und deren Text ich Ihnen geschickt habe, hat Frankreich und Europa die raschen Wecsel- fälle einer Unterhandlung dargelegt, bei welcher, in dem Maße, wie wir unsere Ansirengungen verdoppelten, um ‘den Frieden zu bewahren, sih die geheimen Absichten des Gegners entwickelten, der entschlossen war, sie unmöglih zu machen. Sei es, daß das Kabinet von Berlin den Krieg nothwendig hielt für die Vollendung der Projekte, die es seit langer Zeit gegen die Selbständigkeit der Staaten Deutschlands vorbereitete, sei es, daß, noch nit zufrieden damit, im Mittelpunkte Europas eine Militärmacht gegründet zu haben, die allen seinen Nach- barn gefährlich geworden ist es die erworbene Macht verwenden wollte, um zu seinen Gunsten das internationale Gleichgewicht zu verrücken : die vorbedachte Absicht, uns die unerläßlihsten Gzrantien für unsere Sicherheit wie für unsere Ehre zu versagen, zeigt sih mit der äußersten Augenscheinlichkeit in seiner ganzen Haltung. Der gegen uns kom- binirte Plan war ohne Zweifel, wie folgt: Ein geheimnißvoll dur niht offen anerkannte Vermittler verbreitetes Einverständniß soUte, wenn es nicht vor der Zeit ans Licht gebracht worden wäre, die Sache auf den Punkt führen, wo die Kandidatur eines preußischen Prinzen zur Krone von Spanien plößlich den Cortes verkündigt worden wäre. Eine durch Ueberraschung erlangte Zustimmung, bevor das spanische Volk Zeit zur Ueberlegung gehabt, hatte, so hoffte man wenigstens, den Prinzen Leopold von Hohenzollern zum Erben des Thrones Karls V. proklamirt Dann hätte sich Europa einer vollbrahten Thatsache gegenüber gefunden, und auf unsere Achtung vor dem großen Grund- saße der Volkssouverainetät spekulirend, rechnete man darauf; daß Frankreich, ungeachtet eines vorübergehenden Mißvergnügens, vor dem offen ausgesprochenen Willen einer Nation zurücktreten werde, für welche man alle unsere Sympathien faprnte. Sobald die Regierung des Kaisers von der Gefahr unterrichtet war , hat sie nicht gezögert, dieselbe den Vertretern des Landes wie auch allen fremden Kabinetten mitzutheilen: gegen dieses Manöver ward das Urtheil der öffentlichen Meinung ihr legitimster Bundesgenosse. Die unparteiischen Geister haben sich nirgends über die wahre Sachlage geirrt ; sie haben \chnell begriffen, daß wir, wenn auch s{hmerzlich berührt, Spanien im aus- \hließlihen Interesse einer ehrgeizigen Dynastie eine Rolle angewiesen zu sehen , welche diesem ritterlihen Volke so wenig angemessen und so wenig im Einklange mit den freundschaftlichen Jnstinkten und Tra- ditionen is, die dasselbe mit uns verbinden, doch nicht den Gedanken hegen konnten, unsere unwandelbare Achtung vor der Unabhängigkeit seiner nationalen Entschließungen zu verläugnen. Man hat gefühlt, daß hier die wenig skrupulöse Politik Preußens allein im Spiele war. Diese Negierung is es in der That, welche sich niht gebunden glaubend durch das allgemeine Recht, und die Regeln verachtend, denen die größten Mächte sich_ zu unterwerfen die Weisheit hatten, versucht hat, dem getäuschten Europa eine so gefährlihe Ausdehnung ihres U aufzudrängen. Frankreich hat die Sache des Gleich- gewichtes erfaßt, d. h, die Sache aller Völker, die, wie es selbs, be- droht sind durh die unverhältnißmäßige Vergrößerung eines König- lihen Hauses. Stellt es sich, wie man hat glauben machen wollen, indem es so handelt, in Widerspruch mit seinen eigenen Grundsäßen ? Gewiß nicht. Jede Nation, wir verkünden es gern, ist die Herrin ihrer Geschike. Dieser von Frankreich laut bekräftizte Grundsaß ist eines der Fundamentalgeseße der modernen Politik geworden. Aber das Recht jedes Volkes wie jedes einzelnen Menschen is beschränkt durch das Recht des andern, und keine Nation darf unter dem Vorwande, ihre eigene Souverainetät auszuüben, die Existenz oder die Sicherheit eines Nachbarvolkes bedrohen. Jn diesem Sinne sagte einer unserer . großen Redner, Lamartine, im Jahre 1847, als es sich um die Wahl eines Souverains handelte: eine Regierung hat niemals das Recht zu prätendiren und hat immer das Neht auszuschließen. Dieser Lehrsaß ist von allen Kabinetten in ähnlichen Fällen angenommen worden, wie der ist, in den uns die Kandidatur des Prinzen von Hohenzollern gebracht hat, namentlich 1831 in der belgischen Frage, sowie 1830 und 1862 in der griechischen Frage. Jn den belgischen Angelegenheiten ließ sich die Stimme Europas selbs vernehmen; denn es waren die fünf Groß- mächte, welche die Entscheidung gaben. Die drei Höfe, welche die Sache des griechischen Volkes in die Hand genommen hatten, waren, von dem Gedanken eines allgemeinen Juteresses beseelt, {hon unter sich übereingekommen, daß kein Prinz ihrer Familie auf den Thron Griechenlands kommen solle. Die Kabinette von Paris, London, Wien, Berlin und St. Petersburg, die in der Londoner Konferenz vertre- ten waren, eigneten sich dieses Beispiel an; sie maten daraus eine Ber- haltungsêregel für alle in jeder Unterhandlung, bei welcher der Friede der Welt betheiligt war, und erwiesen \o eine feierlihe Huldigung diesem großen Geseße des Gleichgewichts der Mächte, das die Grund- lage des europäischen politischen Systems is. Vergebens bestand die National-Versammlung Belgiens darauf, troþ dicses Beschlusses, den Herzog von Nemours wählen zu wollen. Frankreich unterwarf sich der übernommenen Pflicht und wies die von den belgischen Abge- sandten nach Paris gebrachte Krone zurück. Aber es bestand auch seinerseits darauf; daß die Kandidatur des Herzogs von Leuchtenberg

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ausgeschlossen bleibe, den man dem französishen Prinzen gegenüber- gestellt hatte. Jn Griechenland bekämpfte bei der leßten Thron-Vacanz die Regierung des Kaisers gleichzeitig die Kandidatur des Prinzen Alfred von England und die eines anderen Herzogs von Leuchtenberg. England erkannte das Gewicht der von uns angerufenen Gründe an und erklärte in Athen, daß die Königin ihrem Sohne nicht die Erlaubniß ertheile, die Krone Griechenlands anzunehmen. Rußland gab eine ähnliche Erklärung in Betreff des Herzogs von Leuchtenberg ab, obschon es diesen Prinzen wegen seiner Abstammung nicht durch- aus als Mitglied der faiserlihen Familie betrachtete. Endlich hat der Kaiser Napoleon dieselben Grundsäße freiwillig zur Anwendung ge- bracht in eincr vom »Moniteur« am 1. September 1860 veröffent- lichten Note, welche die Bewerbung des Prinzen Murat um den Thron von Neapel desavouirte. / Preußen, dem wir nicht ermangelt haben , diese Präcedentien in Erinnerung zu bringen, schien cinen Augenblick unseren berechtigten Forderungen nachzugeben. Prinz Leopold stand von seiner Bewer- ung ab; man konnte sich s{chmeicheln, daß der Friede niht würde ge- ört werden. Aber diese Hoffnung wich bald neuen Befürchtungen und sodann der Gewißheit, daß Preußen, ohne ernstlich auch nur cinen seiner Ansprüche zurückzuziehen, nur Zeit zu gewinnen suchte. Die Anfangs zögernde, dann entschiedene und hohmüthige Sprache des

Oberhaupts vom Hause Hohenzollern, die Weigerung, sih zu verpflich- | ten, die Verzichtleistung vom Tage zuvor am Tage nachher aufrecht | zu crhalten, die unserem Botschafter zugefügte Behandlung, die mündliche Bestellung jede | Mittheilung zum Zwcck seiner Versöhnungsdmission |

darin befand, daß ihm durch weitere untersagt wurde, und endlich die Oeffentlichkeit, die diesem ungewöhnlichen Vorgange durch die preußischen Zeitungen und durch

die den Kabinetten davon ertheilte Notifikation gegeben worden; alle diese auf einander folgenden Anzeichen aggressiver Absichten haben in

den befangensten Geistern jeden Zweifel beseitigt. Js Selbsttäuschung zulässig, wenn ein Herrscher, der eine Million Soldaten befehligt, mit der Hand am Griff des Schwertes erklärt, er behalte sich vor, mit si allein und den Umständen zu Rathe zu gchen? Wir waren so bis zur äußersten Grenze gekommen, wo eine Nation, die fühlt, e R \{uldig ist, nur noch den Forderungen ihrer Ehre Ge- r giebt. i Wenn die leßten Umstände dieser peinlichen Verhandlung nicht

cin genügend helles Licht auf die von dem berliner Kabinet gehegten | Projekte würfen, so giebt es einen bis auf den heutigen Tag weniger |

bekannten Umstand , welcher seinem Verfahren eine entscheidende Be- deutung verleiht. Die Idee, auf den Thron von Spanien cinen Hohenzoller zu erheben, ist nicht neu. Bereits im Monat März 1869 war sie angedeutet durch unseren Gesandten in Berlin , der sogleich aufgefordert wurde, den Grafen Bismark wissen zu lassen, wie die

_ Regierung des Kaisers eine solche Eventualität betrahten würde.

Herr Graf Benedetti hafte in Unterredungen sowohl mit dem Kanzler des Norddeutschen Bundes, als auch mit dem Unter - Staatssekretär, der mit der Leitung der auswärtigen Angelegenheiten beauftragt war, nicht verhehlt, daß wir es nicht zulassen könnten, daß ein preußischer Prinz jenseit der Pyrenäen regiere. Graf Bismarck seinerseits batte erklärt, daß wir keineswegs besorgt sein dürften wegen einer Kombi- nation , die er selbst für unausführbar erachte und in einem Augen- blicke, wo, in Abwesenheit des Bundeskanzlers, Herr Benedetti fich ungläubig und dringend bezeigen zu müssen glaubte, hatte Herr von Thile sein Ehrenwort gegeben ; daß der Prinz von Hohenzollern ein cat Kandidat für die Krone von Spanien nicht ci, noch auch werden könne.

Wenn man die Aufrichtigkeit der so bestimmten offiziellen Ver- sicherungen beargwohnen müßte, so würden die diplomatischen Mit- theilungen kein Pfand des europäischen Friedens mehr sein; sie würden nur noch ein Fallstrick oder cine Gefahr bleiben. Daher hatte, obgleih unser Botschafter diese Erklärungen unter allen Vorbe- halten übermittelte, die Kaiserliche Regierung es für passend erachtet, dieselben günstig aufzunehmen. Sie nahm Anstand, den guten Glauben derselben bis zu dem Tage zu bezweifeln, wo sich plöblich die Com- bination herausstellte, welche das schreiende Gegentheil derselben war. Tndem Preußen unverhofft das Wort zurücknahm ; welches es uns gegeben hatte, ohne selbst cinen Versuch zu machen, sich von den Verbindlichkeiten gegen ins zu befreien, rihtete es an uns cine wirkliche Herausforderung. Fortan über den Werth aufgeklärt , den

die bestimmtesten Zusicherungen der preußischen Staatsmänner haben |

konnten, lag uns die gebieterishe Pflicht ob, in Zukunft unsere Ehr- lichkeit gegen neue Mißverständnisse dur cine ausdrückliche Bürgschaft zu {üßen. Wir mußten daher, wie wir es gethan, darauf bestehen, um die Gewißheit zu erlangen, daß eine Entsagung , welche nur mit spibfindigen Unterscheidungen auftrat, definitiv und ernsilih werde. Es is} richtig, daß der berliner Hof vor der Geschichte die Ver- antwortlichkeit für diesen Krieg trägt, den zu vermeiden er die Mittel in Händen hatte, doch den er gewollt hat. Unter welhen Verhält- nissen hat er den Kampf gesuht? Nachdem Frankreich ihm seit vier

Jahren den Beweis einer beständigen Mäßigung gegeben und sich mit

der vielleicht übertriebenen Gewisscnhaftigkeit enthalten hatte, gegen ihn Verträge anzurufen, die selbst unter der Vermittlung des Kaisers geschlossen waren, doch deren willkürliche Nichtbeachtung aus allen Schritten ciner Regierung erhellt, die bereits in dem Augenblicke, wo sie dieselben unterzeichnet, daran dachte, sich derselben zu entshlagen. Europa is Zeuge unseres Verfahrens und es hat dasselbe mit dem Preußens während des Verlaufes dieser Periode vergleichen kön- nen. So möge es sih denn heute Über die Gerechtigkeit unserer Sache aussprechen. Wie auch das Loos der Schlachten fallen mag, wir er- warten unbesorgt das Urtheil unserer Zeitgenossen wie das der Nachwelt. | Genehmigen Sie 2c.

i gez. Gramont. Paris, 21. Juli 1870.

| Die »Nordd. Allg. Jtg.« bemerkt hierzu in ihrer gestrigen

Nummer:

| »Diese Depesche des Herzogs von Gramont is ein krampf-

hafter Versuch des französischen Gouvernements, als Grundlage der Situation, welche es herbeigeführt hat, die hohenzollernsche

Thronkandidatur festzuhalten und die bei vielen andern Ge- legenheiten eingestandenen Motive seines Handelns, das Gelüst

auf das linke Rheinufer und Belgien, zu verdecken. Die

Widersinnigkeit der ganzen Darstellung geht schon

daraus hervor, daß das Anerbieten des spanischen

Thrones an den Erbprinzen von Hohenzollern erst durch ein vom 17. Februar dieses Jahres datirtes Schreiben erfolgt ist, also Gespräche, welche im März 1869, wo zahlreiche Wünsche und Vorschläge, unter anderen auch in Betreff des Prinzen Griedrich Karl, in Zeitungen auftauchten, stattgefunden haben mögen, zu diesem Anerbieten in keiner Beziehung stehen können. Man \cheint in Paris seine Erfindungs8traft erschöpft zu haben ; man präparirt und bemäntelt den Ueberfa!l gegen Deutschland

nach dem Rezept vom 2. Dezember. Damals freilich gelang es dem Präsidenten Louis Napoleon, im Jn- und Auslande seinen | Fiktionen so lange Glauben zu verschaffen, als derselbe zur

‘8 Zweckes nöthig war. Die jeyt, etwas spät, | aufgestellte Fiktion, daß der Erbprinz von Hohenzollern ein Kandidat Preußens gewesen, seine Kandidatur von Preußen | ausgegangen sei, ist im Voraus widerlegt durch die längst be- | kannten Thatsachen, daß die Staatsregierung wie die Bundes- behörden ganz ohne Kenntniß und ohne Beziehung zu dem | spanischen Antrage waren, Se. Majestät der König als Fa- | milienhaupt aber \ih der Sache standhaft widerseßt hat, bis er im Juni dieses Jahres in Ems in Rücksicht auf die Vor- | stellung, daß Spanien andernfalls der Republik verfallen werde, Ungern seinen Widerspruch aufgab. Wir begreifen s{wer, |

Erreichung des

welches Jnteresse die französishe Regierung jeßt, nah Ausbruch des Krieges, noch am Lügen haben kann. Nur die gänzliche Isolirung der französischen Auffassung kann es erklären, daß der Herzog von Gramont noch einmal das Nebelbild von der Wiederherstellung der Monarchie Karls des Fünften vorzu- führen versucht, welches, kaum erschienen, vor dem zornigen Gelächter der über solche Qumuthung an ihre Leichtgläubigkeit beleidigten öffentlichen Meinung Europas® zerronnen ist. «

Fortsetzung des NRicbtamtlicven in der Seilage.

Telegraphische Witterungshbheriehte v. 25. Juli.

3t. | - | Bar. |Abw|Tenp. Abw!| E Allgemeine Mal O P. E v.M, R l6.M.|: Md, VEübwelamfictt 7 [Constantin.|3835,8| | 15,2 |Windstille. sCchöôn. 26. Juli. 6 [Memel ...1338,3|+2,1| 13,5/+0,4/NO., mässig. |trübe.!) 7 |Königsbrg. (337,7 +1,6 12,5 —-1,7/NO., s. schw. wolkig. | 6 Stettin... 338,1 +1,6| 12,9 +0,2/0NO., schwach. trübe. | » [Putbus ... 336,0 +1,5| 14,2 +1,2/0., mässig. bezogen. | J4Bloli@.iiw 337,3 +1,9/ 13,1/+0,3 O., schwach. [ganz heiter. » |Posen.….... 339,5|+1,2| 12,5 —0,9/0., mässig. wolkig. » [Ratibor .… 328,2 —0,9| 12,8 —0,1 NO., schwach. [trübe. » Breslau .… . 332,6 +0,7/ 11,4 —1,9/NW.,, schwach. heiter. « [Torgau .…. 334,5 |+0,5 12,0 —1,0/0., mässig. [ganz heiter. «: OOI L i 334,7/-0,3 16,6 +3,5/0., mässig. heiter. » [Wiesbaden 332,8| | 13,8 |NO., s. schw. [sast völlig heit. » Bremen .. 338,1| 14,8 9O., still. heiter. 7 |Brüssel ...1336,0 | 15,8 |0., still. [wenig bew.?) » [Haparanda 340,8 | 13,1 N., schwach. \heiter. ip... 338,5 | 16,0 N, sechwach. [bewölIkt. » |Stockholm./339,7 14,6 N., schwach heiter. 5) » |Gröningen. [337,3 | 15,0| -- |NO., still. wenig bewsIkt. » Helder... 336,7 | 14,6| 'O080., schwach. » Hörnesand (340,2 | 15,0 |Windstille. heiter. » [OX00. «++) 338,9 16,0 |NO., mässig. hheiter.

)) Gewitter, starker Regen. 2?) Gewitter in Intervallen. #?) Max. 19,2, Min. 9,9.

FProdukien- und Waaren-Börse. Berlin, 26. Juli. (Marktpr. nach Ermitt. des K. Polizei-Präs.)

gr. Gerste | 1/115 1/26| B) |z. W.| 1/9, 5] 121 3} 120 —| Schweine- | |

ugust-

| Von Bis | Mittel Von | Bis |Mitt. thr |sg.|pf.[thr |eg.|pfs.}thr |sg.|pf. sg. pf. sg. |pf.]sg. | pf.

Weiz. Schtl.| 2/12 6| 3/—|—| 2/21, 3|Bobnen Mtz.| 7 —]10/—]| 810 Roggen 1/23 9 1/29 9! 1/27 1|Kartoffeln 1 6/2 6/ 2/1

120 8|Rindf. Pfd. | 5 —| 7—| 6—

Hafer (¿n L. 118 9| 121 3 120 —| fleisch 5—| 7—| 6 4 Heu Centn. |—/20 —|—27—|— 23 6|Hammelfl. 5— 6 6/55 Stroh Schek.|10 —- |12——|11——|Kalbfleisch | 4—| 7—| 5 7 Erbsen Mtz.|— 6/— di 8 611/Butter Pfd.| 8 —|12—[10| 4 Linsen —| 8 —[—[10—|— 8/10¡Eicr Mandel| 6—| 7—/ 6/6

Berlin, 26. Juli. (Nichtamtlicher Getreidebericht.)

Weizen loco 60—72 Thlr. pr. 2100 Pfd. nach Qualität, pr. Juli 63%—615 Thlr. bez., Juli-August 61;—59{—ck}& Thlr. bez., Â