1870 / 231 p. 1 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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niedriger, daß kein Soldatenheer, und am wenigsten ein deut- ches, fich scheuen würde, ihr Flußbett zu durchwaten.

| Pont-à-Mousson, 22. August. (W. T. B.) Die Fran- zosen selbst geben ihren Verlust an Berwundeten in der Schlacht bei Graveiotte auf 15,000 Mann an, dazu kommen aber noch etwa 5000 Todte und außerdem wurden an Gefangenen aus diesem Treffen bis heute Morgen circa 3000 Mann hier durch- gebracht, so daß sich der Gesammtverlust der Franzosen demnach auf mindestens 23,000 Mann beläuft.

Nachdem man in Frankreich die Thatsache nicht mehr abzuleugnen vermag, daß die franzöfische Hauptarmee in Meß cernirt sei, daß der eigentliche Kern der französischen Streitkräfte von Paris abgedrängt ist, versuht man die französische Nation für so viele vereitelte Hoffnungen mit der Versicherung zu irösten, cs habe gar nicht in dec Absicht des Marschalls Bazaine gelegen, sich von Mey zurückzuziehen. Es wird damit der »wohl überlegte Plan« in Verbindung gebracht, daß die Rheinarmee, gestüßt auf die Befestigungen von Mey, dic Hauptmasse der deutschen Armee in dieser Gegend fest- halten und dadurch die Armee auf dem rechten Flügel so schwächen würde, daß der linke Flügel es niht wagen könne, isolirt und in der Flanke bedroht, weiter gegen Paris vorzu- dringen. Daß lehtere Voraussezungen nicht zugetroffen, be- weist, wie das »Mil. Wochenbl.« bemerkt, das in den leßten Tagen schnell wieder aufgenommene Vorgehen der deutschen Armee in der Richtung auf Paris, nachdem vor Meg die er- forderlichen Cernirungecorps zurückgelassen worden sind, um jeden Versu des Marschall Bazaine, aus Meyt vorzubrechen, blutig zurückzuweisen.

Aber auch die französische Behauptung ist falsch, Mar- schall Bazaine habe gar nicht die Absicht gehabt, sich von Met zu entfernen, sondern vielmehr von Hause aus den Plan ge- faßt, Mey als Stüßpunkt feiner ferneren strategischen Operatio- nen zu benugzen.

Die Vroklamation des Kaisers Napoleon bei sciner Abreise aus Meß spricht es schon deutlih aus, Faß Met von nun an seinen eigenen VertheidigungSmitteln Überlassen bleiben müsse; aber es kommt noch ein anderes entscheidendes Moment hinzu, welches die bestimmte Absicht des Marschalls Bazaine, sich aus der Gegend von Meß, in der Richtung auf Paris zurückzu- ziehen, darthut, nämlich, daß derselbe sämmtliche große Bagage und die großen Armectrains der Rheinarmee bereits am 14. und 15. August von Mey über Verdun hat abgehen lafsen.

Schon vor dem 14. Augusi ftand der Plan, Mey zu ver- lassen, bei Marschall Bazaine fesi; es wurde nux noch das Eintreffen des bei Saarbrücken geschlagenen Armee-Corps von Frofsard abgewartet. Nachdem dies am 14. mit der lehten Abtheilung erfolgt, wurde sogleich mit der Rückwärts8bewegung der Rheinarmee begonnen ; der preußische Angriff an diesem Tage brachte aber den Abmarsch dreier französischer Corps von dem rechten nach dem linken Moselufer ins Stocken und leitete die Bewegungen und Schlachten ein, welche Marschall Bazaine sciließlich gegen seinen Willen zwangen , sih in das befestigte Lager inneröalbd der Befestigungen von Mech zurückzuziehen.

Der große Train der Rhein-Armee ist auf diese Weise zwar gerettet und wird der neugebildeten »Armee von Pari®S« gewiß höchst willkommen sein. EL fragt sich aber schr, ob der in Meg eingeschlossencn Rhein - Armee durch QZurücksendung dicser Trains nit große Verlegenheiten, namentlich hinsichts der Munition , sowie binsichts der Retablirung der Artillerie und Waffenergänzung, auf das Allerempfindlichste erwachsen werden.

Französischer seits liegen vom Kriegsschauylayß fol- gende Mittheilungen vor:

Die Pariser »Correspondence Hava®L« bestätigt in einem Bericht aus Rheims vom 21. Augusi den; Abzug Mac Mahons aus Châlons, sowie die Ankunft des Kaisers und des Prinzen Murat in Courcelles bei Rheims. Eine weitere Mittheilung der »Correspondence Hava8« vom 23. August 115 Uhr Abends fügt hinzu: »Der Kaiser hat Courcelles heute verlassen und if} auf der Eisenbahn weiter gefahren. Er geht, wie man sagt, nach Beine im Kanton Rheims.

Wie cin Augenzeuge im Pariser »Temp8« erzählt, bestand die Armee Mac Mahons, als fie am 22. durch das Dorf Cour- celles nah Rheims zog, aus folgenden Elementen: voran die Hundertgarden, dann eine lange Kolonne aus allen Waffen- gattungen; Marine- Jnfanterie und eine zahlreiche Artillerie bilden die Hauptstärke, daneben auch cinige Linien-Regimenter,

dann die Reserven, welche die Bazaine’sche Armeee in Meß nid mehr erreichen konnten. die aus der Vereinigung mehrerer vierten Bataillone (der Reserve, Bataillone) gebildet werden. Seit Mittag waren 19 Train auf dem Bahnhofe in Rheims eingetroffen , 50 andere auf dj Nacht angesagt; man hoffte, in vier Tagen , also etwa hj Donnerstag, alles Material nah Rheims übergeführt zu habey Aus cinem Berichte des »Constitutionnel« erhellt, daß der 6, neral de Failly erst am 19. mit seinem Corps in Châlons cin, getroffen war und auf dem Marsche viele Nachzügler verloren hatt, »da exr von Vitsch Tag und Nacht marschirte, und zwar unty unsäglichen Leiden und Entbehrungen marschirte.« Dgz Douay’scbe Corps, das bei Belfort stand, scheint noch nicht iy Lager von Châlons eingetroffen gewesen, sondern noch im V

reiche der Paris-Lyoner Bahn zu sein; wenigstens sind gy :

dieser bis auf Weiteres die Personenzüge eingestellt.

Aus Danzig vom 25. August meldet die »Dan, Jtg.«: Nach den lehten Berichten aus Nixhöft hat si das französische Geshwader westwärts gewendet. Gestern Aben) ist ein beladener. englischer Schooner, dessen Kapitän von dem Geschwader nichts gesehen hat, in den Hafen zu Neu fahrwasser eingelaufen.

Frankreich. Paris, 25. August. Jm geseßgeben den Körper wurde der Antrag Ferry's auf Abschaffung des Geseßes vom Jahre 1834 über die Fabrikation von Waffen mit 184 gegen 61 Stimmen verworfen. Gambetta beantragte, die Kammer möge sich morgen als geheimes Komite konstitui ren, um über die Situation des Landes, wie dieselbe durch di Proklamation Trochu's dargestellt werde, in Berathung zu treten. Kammer als geheimes Komite sofort.

26. August. Nach in Brüssel eingegangenen zuverläss gen Berichten nahm die gestrige Sißung des geseßgebenden Körper im weiteren Verlaufe wiederum einen sehpr stürmischen Charakter an. Ferry machte nach Erle#igung des Antrages Montpeyrou der Regierung den Vorwurf, daß sie zu Gunsten der napoles nischen Dynastie die Nationalvertheidigung lähme. Kératr verlangte, daß die Kammer als geheimes Komite weiter tage Die Regierung trat dem Antrage auf das Lebhafteste entgegen, der troßdem angenommen wurde. Die Kammer {loß sofort die Oefientlichkeit aus und tagte als geheimes Komite weiter,

In der heutigen Kammersißung brachte Montpeyrou unter strengsten Tadel die Proklamationen des Main von Châlons und des Bräfekten von Nancy zur Spra in welchen die Bevölkerung aufgefordert werde, die Preußen gut aufzunehmen. Redner verlangte von der Regierun] die Abseßung dieser Beamten, da ein solches Benchmen da Patriotismus vernichte. Der Minister des Jnnern erklärt der Präfekt von Nancy sei bereits abgesezt. Ueber das Ver halten des Maire von Châlons habe er noch keine amtlichen Berichte erhalten. Die Kammer dürfe sich Überzeugt halten daß er (der Minister) stets seine Schuldigkeit thun werde.

In der beutigen Sißzung des geheimen Komites der Kan mer wurden Aufklärungen Trohu's über den wahren Stan) der Dinge erwartet. Jm Kabinét Palikao herrscht die größt Uneinigkeit. Das Ansehen und der Einfluß Trochu’s wachs mehr und mehr.

Der gestrige Erlaß Trochu’'s über die Befugniß der R gierung, alle mittellosen und der ihr verdächtig erscheinende Personen auszutreiben, hat einen schr bedeutenden Eindrudck au die Bevölkerung gemacht.

Die Arkadicr (äußerste Rechte) fürchten , daß die Maßrege

auch gegen sie in Anwendung gebracht werden könnte.

Nach dem belgischen Blatte »Echo du parlement« wär gestern in Paris im Faubourg Montmartre 200 Verhaftung! vorgenommen.

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ZBereinsthätigfeit für die Nrmee.

Zakhlreiche Verwundete, welche mit den Eisenbahnzügen táglid hier anfommen, sind der ärztlichen Hülfe dringend bedürftig. Hie! Aerzte, welche gencigt sind, dergleichen Verwundeten auf den Bahr höfen diese Hülfe zu leisten, werden ersucht, sih bei dem Unterzeichnete Leipzigersiraße 3, zu melden.

Berlin, den 26, August 1870.

Der stellvertretende Königliche Kommissar und Militär-Jnspecteut der freiwilligen Krankenpflege. Herzog von U jest.

Redaction und Rendantur: Schwieger.

Berlin , Drock und Verlag der Königlichen Geheimen Ober - Hofbuchdruerei

(R. v. Deer ).

Es sollten andere Regimenter folgen | gas Abonnement beträgt L Thlr.

Ì gosertionspreis flir den Raum einer

| 6 331.

Auf Antrag Kératry's crfolgte die Konstituirung der

immung

für das Visrteljahr.

Kövuiglich

Druckzeile 24 Sgr.

Vreuftifcher

Alle Post-Anstalten des In- und Auslandes nehmen Sestellung an, für Sertin die Expedition des Königl. Preußischen Staats - Anzeigers:

Zieten - Plaß Nr. 3.

A V C P R R Á E j p P # N Ge (Es D FH 2 S2 A N X q P33 1A

Berlin, Sonnabend den 27. August Abends

1870.

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Mehrfachen Anfragen zu begegnen , wird ergebenst bemerkt, daß auf den Staats-Anzeiger nur ein vierteljährlichesg

| Abonnement, und zwar zu dem Preise von Einem Thaler, stattfindet.

Bereits erschienene Nummern können nur soweit nachgeliefert werden, als der Vorrath reicht.

Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: Dem Kaiserlich österreichischen Hof- und Ministerial-Rath eiherrn Vesque von Püttlingen zu Wien den Rothen dler - Orden zweiter Klasse mit dem Stern; dem Fürstlich {hwarzburgischen Kammerherrn und Landrath von Beulwiß u Rudolstadt den Königlichen Kronen - Orden dritter Klasse, owie dem Herzoglih sachsen -coburg-gothaischen Bürgermeister Albrecht zu Waltershausen und dem Fürstlih s{hwarzburg- sondershausenschen Rath und Ober-Bürgermeister Emmerling zu Arnstadt den Königlichen Kronen - Orden vierter Klasse zu

| verleihen.

Norddeutscher Bund.

Verordnung betreffend das Verbot der Ausfuhr und Dur(fuhr von Pferden. Vom 25. August 1870. Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c. ordnen im Namen des Norddeutschen Bundes, nach erfolgter Zu- ves Bundesrathes, was folgt: F. 1. Die Ausfuhr und Durchfuhr von Pferden is fortan über sämmtliche Grenzen gegen das Vereinsausland verboten. Die Bestimmung im §. 2 Unserer Verordnung, betreffend das Verbot der Ausfuhr und Durchfuhr von Waffen und Kriegsbedarf, vom 16. v. M. (Bundesgeseßbl. S. 483) findet auf dieses Verbot

Anwendung. ;

F. 2. Gegenwärtige Verordnung tritt am Tage ihrer Verkün- dung in Kraft.

Urkundlih unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem- Bundes-Jnsiegel.

Gegeben Hauptquartier Bar le Duc, den 25. August 1870.

(L. S) Wilhelm. Gr. v. Bismarck-Scchönhausen.

Bekanntmachung, betreffend die fünfprozentige Bundes8anleihe vom Jahre 1870.

Nach den durch Bekanntmachung vom 26. Juli d. J. ver- öffentlichten Subskriptions8bedingungen für die fünfprozentige Anleihe des Norddeutshen Bundes haben die Zeichner am 1, künftigen Monats bei der Kasse, welche ihre Subskription angenommen hat, die zweite planmäßige Einzahlung von a0) Prozent des gezeichneten Nominalbetrages zu leisten und ¡ugleich die Stückzinsen für diese Kapitalsrate zu vergüten.

st bei der Zeihnung eine Effektenkaution hinterlegt worden, so hat der Zeichner am 1. September einschließlich der Stückzinsen für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August e. auf je 100 Thlr. Nominalwerth 20 Thlr. 5 Sgr. zu zahlen. Nach vollständiger Berichtigung der ersten, am 10. August d. J. ällig gewesenen, und dieser zweiten Einzahlungsrate werden dem Jeichner die hinterlegten Kautionseffekten zurückgegeben.

Hat dagegen bei dèr Zeichnung eine baare Anzahlung von 10 Prozent des gezeichneten Betrages stattgefunden, so wird, wenn außerdem die am 10. August fällig gewesene Einzah- lungsrate einschließlich der Stückzinsen vollständig berichtigt worden is} , der Betrag der baaren Anzahlung unter Hinzu- rechnung der für dieselbe dem Zeichner zu vergütenden ein- monatlichen QJinsen auf die am 1. September fällige Einzah-

lungsrate in Anrechnung gebracht. Hierdurh ermäßigt fich die

4 fuhr und Durchfuhr von Pferden.

Lehtere für je 100 Thlr. Nominalwerth auf baar 10 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. au ° Wegen der am bevorstehenden zweiten Einzahlungstermine zulässigen Vollzahlungen beziehungsweise Vorauszahlungen später fällig werdender Termins°raten wird auf die Eingangs ERLIN Bekanntmachung vom 26. Juli d. J. und auf die ekanntmachung des Bundeskanzler-Amtes vom 6. des laufen- den Monats Bezug genommen.

Schließlich wird noch unter Bezugnahme auf die Bekannt- machung der Königl. preußischen Hauptverwaltung der Staats- shulden vom 4. d. Mts. darauf aufmerksam gemacht, daß nach §. 11 der Bekanntmachung vom 26. Juli d. J. die von den Zeichnung®stellen den Zeichnern über ihre Zahlungen aus- ai Empfang8bescheinigungen an dem am 1. September

evorstehenden Einzahlungstermine gegen auf den Inhaber lautende Zusagescheine der Königl. preußischen Hauptverwaltung der Staatsschulden ausgetauscht werden.

__ Dieser Austausch seßt die erfolgte volle Berichtigung der beiden ersten Einzahlungen von zusammen 30 pCt. nebst Stük- zinsen voraus und erfolgt durch die Zeichnungsstellen unmit- telbar nach Leistung der zweiten planmäßigen Einzahlung am 1, September. Ebenmäßig können diejenigen Zeichner, welche die am 1. September fällige Einzahlung®drate vorausgezahlt oder vor dem 1. September die Vollzahlung bewirkt haben, vom 1. September ab den Umtausch (das Empfangsbescheini- gungen gegen die bezeichneten Zusagescheine bei derjenigen Kasse, welche ihre Zeichnung angenommen hat, bewirken.

Berlin, den 24. August 1870.

Das Bundeskanzler-Amt. Delbrü.

Das 35. Stück des Bundes-Gesetblattes des Norddeutschen Bundes, welches heute au8gegeben wird, enthält unter Nr. 551 die Verordnung, betreffend das Verbot der Aus- / Vom 25. August 1870; unter

Nr. 552 die Ernennung des Kaufmanns Heinrich Werle- dit E zum Konsul des Norddeutshen Bundes da- elbst ; unter

Nr. 553 die Ernennung des Kaufmanns John Malkintosh zum Vize-Konsul des Norddeutschen Bundes zu Jnverness; unter

Nr. 554 die Ernennung des Kaufmanns P. S. B. Wesen- berg in Laurvig, und des Kaufmanns A. Natvig in Krageroe zu Vize-Konsuln des Norddeutschen Bundes; unter

Nr. 555 die Ernennung des Kaufmanns Joseph Strang- mann zum Vize-Konsul des Norddeutschen Bundes zu Water- ford; und unter /

Nr. 556 die Ertheilung des Exequatur als Königlich \hwedis - norwegischer Vizekonsul an den Kaufmann H. Kok zu Heiligenhafen.

Berlin, den 27. August 1870.

Zeitung8-Comtoir.

Das 39. Stück der Geseß «Sammlung, welches beute au®- gegeben wird, enthält unter

Nr. 7720 den Allerböchsten Erlaß vom 11. Juli 1870, be- treffend die Verleihung der fiskalischen Vorrechte für den Bau

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