son seit langer Zeit, mit seiner Truppe hatte, niht Wunder nehmen kann. Na dem dritten Akt wurden zaklreihe Blumenspenden in zum Theil riesenhaften Größenverbältnifsen auf die Bühne gebracht und dem Gründer des Theaters zu Füßen elegt. Die Befriedigun und frobsinnige Stimmung des Publikums kam in dem lauten Beifa zum Ausdrudck, der den Darstellern gespendet wurde.
Am Sonnabend wurde das von den Königlichen Musik-Direktoren Frese und Rofin im Zoologischen Garten geleitete Militär- oppelconcert mit dem unserem Kaiserpaar gewidmeten, von W. Beeisler kfomponirten Festmarsch „Up ewig ungedeelt“ eröffnet. 8 Programm enthielt zugleih eine sehr reihe Auswahl von Ouverturen, Opernphantasien und Märschen, und es wurden sämmtliche Piecen mit großer Präzision und Ueberwindung der durch die Arrangements oft entstehenden tehnishen Schwierigkeiten auégeführt.
Maunigfaltiges.
Das Denkmal Friedrich Wilhelms 11]. im Thier- garten war gestern aus Anlaß des Geburtstages des Howseligen Königs mit herrlihen Blumen und Topfpflanzen rei ges{müdckt, ebenso das Standbild der Königin Luise mit Guirlanden und Kränzen. Den ganzen Tag bildete dieser Theil des Thiergartens das Ziel vieler Spaziergänger, und heute nochþ fanden sich zahlreihe Be-
sucher ein.
Der ehemalige Redacteur des „Deutshen Reihs- und Königlich reußischen Staats-Anzeigers“, Stadtrath a.- D. Theodor Riedel is gestern nah längerem Leiden gestorben. Hr. Riedel war am 7. September 1819 geboren, widmete si dem Rechtsstudium, wurde im Jahre 1847 zum Regierungs- Affsessor ernannt und verließ im Jahre 1852 den preußischen Staatsdienst, um als besoldeter Stadtrath in die städtische Verwal- tung Berlins einzutreten. Jm Jahre 1869 als Hülfsarbeiter von der Redaktion des „Reihs- und Staats-Anzeigers“ übernommen, wurde er nah dem Tode des Redacteurs Prehm am 1. April 1880 Redacteur, in welcher Stellung er bis zum 1. August vorigen Jahres verblieb. Seine Dienste wurden von des Königs Majestät durch Verleihung des Rothen Adler-Ordens vierter Klasse und des Könglicen Kronen-Ordens dritter Klasse und bei seinem Abgang dur Verleihung des Nothen Adler-Ordens dritter Klasse mit der Schleife belohnt. Die Redaktion bewahrt dem Dahingeschiedenen ein treues dank- bares Andenken. — Die Beerdigung findet am Mittwoch, Morgeus um 10 Uhr, auf dem Kirchhof am Blücherplaz statt.
Uns gebt Folgendes zur Veröffentlihung zu: :
Die Morgen-Ausgaben der National-Zeitung vom 19. Juli und 20. Juli enthalten Mittheilungen, nah wel{en in neuerer Zeit dem biesigen Magistrat mehrfach Bes{werden über das lange Lagern der zur Legung der unterirdis{en Telephonleitungen benußten Röhren, namentlich auf dem Zietenplag, zugegangen seien, und daß hierauf der Magistrat beschlofsen habe, die Straßenpolizei aufzufordern, die Reibéspost zu veranlassen, ihre Arbeiten in der Legung der Telephonleitungen zu bescleunigen. Soweit wir unter- rihtet sind, ist bisher eine derartige Aufforderung an die „Reihs- post“ nicht ergangen. Wir find im Gegentheil überzeugt, daß die be- \ch{lofsene Mane überbaupt unausgeführt bleibt, da man an be- theiligter Stelle inzwishen längst klar geworden sein wird, daß die gerügten Mängel in der Straßen - „Buddelei® die Reichs8poft gar nicht treffen, vielmehr anderswo zu suhen sind, Im Verglei zu den Arbeiten anderer Verwaltungen und Unternehmungen ist die „Buddelei“ der Reichspoft eine aanz vershwindende; die
Rohrlegung für Telegraphen-, Telephon- und Rohrpostzwecke ge\cieht t Abwendung von Verkebrs-Unbequemlichkeiten jedesmal auf die
chnellste Weise und unter Aufwendung reihlicher Kräfte, meist auch mit Zuhülfenahme der Nalhtzeit. Es ift hierin wohl mit der Grund zu suchen, daß der Poftverwaltung Klagen der Stadtbewobner über zu lange Dauer der Röbrenlegung und dadur herbeigeführte Ver- Tehrsbeshränkung 2c. bisher überbaupt nicht zugegangen find.
Die Notiz bezügli des Rökrenlagers auf dem Zietenplaß bat bereits in der „Vossischen Zeitung“ Seitens der biesigen Ober-Post- Direktion entsprechende Berichtigung erfabren; bier sei auch nur noh hervorgehoben, daß jenes Material an Kabeln, Röhren, Hölzern 2c. nicht der Postverwaltung gehört, au nit zu telegraphisden noch zu telephonishen Zwecken bestimmt ift, sondern, soweit si erkennen läßt, zu elektrischen BeleuGtungszweccken benußt werden soll. Solche Lager für gleide Zwecke sind übrigens au noch an verschiedenen anderex Plâyen innerbalb der Stadt anzutreffen. Wir wollen nit darüber reten, weshalb geduldet wird, daß Schmudck- und Zierpläße Wowen lang ihrem eigentlichen Zwede entfremdet und zur Lagerung nicht sehr
Wetterbericht vom 4. August, Morgens s Uhr.
j 1
Mind. |
Mullaghmore | 763 |SSW 5 bedeckt | Aberdeen . . | 762 |S 1wollig | Christiansund | 758 |NW 4bedeckt | Kopenhagen . | 767 |WNW 2 wolkig | Stocktholm . | 762 |SW 2 wolkenlos aranda . | 755 |\SW 2wolkig | oëfau .. . |_760 |WNW 2 bedeckt
Cork, Queens- | town .…. | 768 "WSW 3 wolki Cherbourg . | 768 WNW 2 balb bed. elder... . | 768 SSO LUlhalb bed. 767 |W 1 wolkig amburg .. | 768 |[NNO 1hbedeckt winemünde | 767 |NW 1balb bed. Neufahrwafser| 766 |WNW 2fkbeiter Memel ...| 765 |W 2 bedeckt S. 89 | ftill wolkig | Münster... | 767 [N libedeckt Karlsrube .. | 767 [N 2\wolkig | Wiesbaden .| 767 | till heiter | München .. | 768 |NO 2wolkig | Cbemniß ..| 768 | till bedeckt | Berlin .…. | 767 ¡[NNO .2bedeckt | Wien .…... | 765 |[NW 2 wolkig | | |
Mamísell
Stationen. von M. Hervé
Bar. auf0 Gr. u. d. Meeressp red. in Millim 8 Ì a Temperatur m | tin ® Celsius
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0 C =40R,
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Dieristag :
Künstlern.
Breslau... | 767 | ftill'Regen
Ile d'Aix . . | 769 |NO 3|wolfenlos Na ....| 763 10 3 beiter | Triest | | ftill|wolkenlcs |
Uebersicht der Witterung.
druckvertheilung sehr gleihmäßig geworden. Ein leuchtung des
Gebiet 765 mm überfteigenden Luftdrucks überziehßt Anfang ck54, der Vorstellung 7 Uhr.
Frankreich, England und Central-Europa. Ueber Mittwoch:
Deutschland terrs{t ftilles Wetter, der Himmel ist v. Vabsel. Die lustigen Weiber von Windsor. Donnerstag; Erftes Gastspiel des Sgr, Francesco on Juan.
am Morgen daselbft meist bedeckt und die Tempe- ratur liegt mit Ausnahme des Ostens unter der d'Aubrabe
normalen ; stellenweise fiel Regen. _ Deutsche Seewarte.
Theater-Anzeigen. Wallner-Theater. Dienstag: Zum 60. Male:
4 Bildern von H.
Vor der Vorftellung, bei günstiger Witterung : reu Garten-Goncert. Anfang des CGoncerts 6. orftelung 74 Uhr.
Mittwoch u. folg. Tage: Mamsell Nitonche.
Pictoria-Theater. Dienstag: Zum 350. M.:
von Alex. Mos;kowski und Raida. Ballet von C. Severini. Anfang
74 Ubr. Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.
TFriedrih-Wilhelmfstädtisches Theater und
Concert-Park. Zum 200. Male: Der arme Jo- uathan. Operette in 3 Akten von Hugo Witt- mann und Julius Bauer. Musik von Carl Millöcker. In Scene gesezt von Julius Frische. Herr Kapellmeister Federmann. Anfang 7 Uhr. Im practvollen Park um 6 Ubr: Doppel- Concert. Auftreten von Gesangs- und Inftrumental-
Mittwoch : Dieselbe Vorstellung. Im Park: Massen-Concert. Militär-Musik.
Kroll’s Theater. Dienstag: Ernani. (Ernani: Hr. Ernest van Dyck als Gast.) Das Barometer ift meist gestiegen und die Luft- S
anmuthender Gegenstände, die einer Privat-Unternebmung gehören, verwendet werden. Wenn aber Beschwerden darüber im Schooße der Stadtverwaltung zur Erörterung kommen, so sollte es unseres Erachtens nicht {wer fallen, den richtigen Salhverbalt von vornherein festzustellen und dazu nicht erft die Vermittelung der Presse unter unzutreffenden Angaben in Anspru zu nebmen.
Soweit wir unterrichtet sind, bat die Postverwaltung zur Lagerung des Materials für den Bau des unterirdischen Fernsprehnetzes zwei besondere Pläße am Anhalter- und Schlesischen Babnhofe angemiethet, von dort aus werden zu den Baustellen täglih in der Regel nur so viel Röhren 2c. angefabren, als voraussichtlih noch an demselben Tage zur Einlegunn kommen. Von einem längeren Lagern der Telephon 2. -Röhren in den Straßen wird biernach für gewöhnli keine Rede sein können. x
Daß die „Buktdel“-Arbeiten vershiedener Verwaltungen zeitli mehr zusammengelegt werden könnten, ist eine Ansicbt, die auh wir rertreten. Soweit urs bekannt ist, hat au die Poftverwaltung die gleihe Auffaffung bereits vor Ausführung der unterirdisen Telephonanlage dadurch bekundet, daß von ihr {hon damals bei der Stadtbebörde Stbritte eingeleitet worden waren, um die glei zeitige Einlegung der Fernsprehkabelröhren und der elektrisch2n Lichtleitungen Behufs Verminderung der Verkehrsstörungen und Erfparung von Kosten zu erlangen. Man glaubte, auf diese Weise mit den Röhren der anderen Unternehmungen „pari passu“ unter die Straßen zu kommen; weshalb später den elektrischen Unter- nehmungen gleichwobl der Vorzug bei der Legung gegeben wurde, baben wir nicht in Erfahrung bringen können. A
Wenn in der Mittheilung der „National-Zeitung“ gleichzeitig der Explosion unter der Kaiser: Wilbelm: Brücke Erwähnung geschehen ist, mit dem Bemerken, daß es niht angängig sei, Gas- und Telegraphen- leitungen in allzu;roße Nachbarschaft zu bringen, so ist uns nicht verständlih, in welcher Beziehung diese den Telegraphenbeamten längst bekannte urd in der {ädlihen Eirwirkung des Gases auf die Jjolation der Kabel beruhende Thatsahe zu der Explosion gestanden haben könnte. Sollte damit gemeint sein, daß jene Explosion des Gasgemisches auf Telegraphenleitungen zurückzuführen sei, so würde diese Annabme ganz unzutreffend sein, {hon allein aus dem über- zeugenden Grunde, weil ich Telegraphbenleitungen an der Explosions- stelle überhaupt nicht befinden, auch niemals befunden baben.
Münwen, 2. August. (W. T. B.) Der VII. Bundestag des deutsben Radfahrerbundes wurde beute bier im alten Rathhausfaale mit entbusiastishen Hohs auf Se. Majestät den Kaiser und den Prinz-Regenten eröffnet. Nach dem Bericht des Vorstandes zählt der Burd jeßt 12528 Mitglieder und bat ein Vereinsvermögen von üter 30 000 Die Versammlung ernannte den E Rath Professor von Nußbaum zum Ehrenmitgliede des Bundes.
London, 4. August. (W. T. B.) Der „Standard®“ meldet aus Shanghai vom 3. d.: die Städte Peking, Tungchow und Tientsin steben unter Wasser, die Geschäfte stocken. Bisher ift es den Behörden niht gelungen, die Fluthen zu bewältigen.
Paris, 4. August. (W. T. B.) Wie die Blätter melden, habe der Kapitän des Dampfers „Salazie“, von Australien in Marseille eingetroffen, mitgetheilt, er habe am 4. Juli bei Albany den norwegischen Segler „Stornking“ unter Führung des Kapitäns P e pa gesehen, welcher angebli an der australishen Küste durch einen Cyklon untergegangen sein follte. Jakensen fei auf
der Rükreise begriffen. (W. T. B.)
Madrid, 3. August. In der Provinz Valencia sind vorgestern 59 Erkrankungen und 34 Todesfälle an Cholera vorgekommen. Aus Arges, Provinz Toledo, wurden 4 Cholerafâlle gemeldet.
Zürich, 1. August. Leßten Freitag, den 25. Juli zwischen 3 bis 4 Uhr Morgens, durchbra der Merjelensee, am Fuße des Eggishorns, wieder einmal die südwestlihe Gletsherwand und wälzte seine Wassermassen über" den ganzen Gletscher dem Thale zu, wo seine s{hwarzen Fluthen erft \pät Abends die Rhone erreichten. Diese führte zum Glück wenig Wasser, sodaß thalabwärts kein Schaden verursacht wurde. Ein Correspondent des, Vater- land“ \chreibt hierüber: „Derjenige, der ih zur Zeit des Ausbruches am Gletscher befand, sah ein Naturereigniß, welches in seiner Groß- artigkeit wobl einzig dafteht. Man konnte von Weitem beobaten, wie die große, plößlich losgelassene Wafsermenge fih daberwälzte. Grausig war's zu sehen, wie alles — Fels- und Gletsch{erblödcke, ent- wurzelte Bäume und Schutt — si beranbewegte; wie dann dieses Gemish fic in unzählige Schründe des Gletshers herunter- stürzte , um im nädbsten Augenblide wieder thurmboch aus denselben geworfen zu werden, s\ch dann in der Luft
157. Male: Der Nautilus.
e, Vaudeville in 3 Akten und | Militär-Doppel-Concert. eilhac und A. Millaud. Musik
zu halben Kafsenpreisen.
Adolph Ernfst-Theater.
t
Direktion: Julius Fritsche.
Redacteur Anzeigers, Ritter pp. Dirigent :
6. Auguft, Vorm Barutherstraße, aus statt.
ünstigem Wetter vor und nach Verlobt:
ends bei brillanter elektr. Be- S Sommergartens: Großes Concert.
Margarethe | Schles.). —
Gastspiel des Frl
(Elberfeld). Verebelit:
Auftreten sämmtlicher Spezialitäten. Brillante Illumination des ganzen Garten - Etablissements. Anfana des Concerts 6 Uhr, der Vorftellung 74 Uhr. Mittwoch: Dieselbe Vorstellung. Großes Volksfest
Dienstag: Bei | wissenshaftlihen Theater. elektrisher Beleuhtung. Zum 116. Male: Der | jettel.
Stanley in Afrika. Zeitgemälde in 10 Bildern y frik Rich, Natbanson. Musik pp mmi;imoþoo..s.S::::aa.‘SSrISISSS=sSsXTr£ÆEEIRRR…RR6GUAATA-SR I
Familien-Nachrichten.
Heute Vormittag gegen 11 Uhr verstarb nah langen, {weren Leiden mein guter, unvergeßliher Mann, unser theurer Vater, Großvater, Schwiegervater und- Schwager, der Stadtrath a. D. und des Königl. Prenß. Staats-
Theodor Riedel
in fast vollendetem 71. Lebensjahre.
Berlin, den 3. August 1890.
SW. Hallesches Ufer 5. Die tiefbetrübten Hinterbliebenen. Die Beerdigung findet Mittwoch, den fttags 10 Uhr, auf dem
Jerufalemer Kirchhof von der Leichenballe,
Frl, Käthe Duly mit Hrn. Ritter-
utsbesizer George Hay (Fabiansfelde—Anklappen). s Fel Vene Ba Be Hrn. Brauereibesitzer | Berlin:
Reinhold Pietsch (Kipittea—Gr. Dobritsh in Frl. Marie Nobbe mit Hen. Wil- Druck der Norddeutshen Buchdruckerei und Verlags8-
belm Pohlhausen (Neuß). — l Stockmann mit Hrn. Dr, phil. Alexander Nieme
Hr. William Ratbke mit Frl. Eiise Genêke (Königsberg i. Pr.) — Hr. Prem.-
wie ein Fächer entfaltete, dann wieder auf den Gletsher niederprasselte, tiefer unten das gleihe Schauspiel erneuernd. Das furchtbare Tosen und Raushen des Wassers, das Rollen und Getöse der bherunterstürzenden Felsen und Bäume dröhnte in dem von hohen Bergen und nackten Felsen umgebenen Thal, als wenn die um- stehenden Berge alle zusammenstürzen würden. Das ging so fort, bis die ganze Wassermasse am Ende des Gletshers fd sammelte und hier zwishen einer mächtigen, kaum fünf is sech8 Meter breiten, dagegen oft mchrere bundert Meter hohen Schlucht sich dur{drängte. An dieser Stelle verursachte das Wasser großen S({aden. ier beziehen nämlich zwei Berg- gemeinden ihr Wasser. Die Bewohner führen das Wasser in hölzernen Rinnen oder ausgehöblten Baurxstämmen quer über die nackte Felsen- \{lucht drei Stunden weit auf ihre Wiesen, um diese- zu bewässern. Nur sch{chwindelfreie Alpenföhne, welche wie die Gemsen klettern, können jeweilen am Baue dieser Leitung arbeiten. Noch jeßt ist es Brauch, daß im Frühling, wenn Reparaturen neu vorgenommen werden, ein Priester mit den Arbeitern aus- zieht. Diese Leitung wurde nun in Folge der Uebershwemmung eine bedeutende Strecke weit zerstört, so daß für dieses Jahr an feine Wiederherstellung mehr zu denken ist und die unglücklihen Bergb:wohner den ganzen noch zu erwartenden Ertrag der Wiesen und einen guten Theil der Kartoffeln der Sonne opfern müssen. Ohne Bewässerun der Wiesen produziren diese wenig oder nichts. Hoffen wir, da dieses der leßte Ausbru des Sees sei und der Abzugkanal, welcher mit Hülfe des Bundes beim See gebaut wird, seinen Zweck erreiche und Tünftige Ausbrüche verhindere.“
New- York. Der „New-York Herald“ besißt Buchdruck- maswinen, welche im Stande sind, stündlich 48 000 Exemplare eines 8seitigen und 12 000 Exemplare eines 24seitigen Großfolio- Zeitungéblattes zu drucken und gleichzeitig zu falzen. Diese Leistung genügt indeß der Verwaltung des „New-York Herald“ noch nit; sie läßt sih gegenwärtig eine neue Presse herstellen, wel@e noch er- heblich leistungtfähiger sein soll. Man erwartet von der Maschine den Druck und das Falzen von 90 000 Exemplaren eines S8§seitigen und von 24 000 Exemplaren eines 24seitigen Journals in der Stunde.
Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.
Portsmouth, 4. August. (W. T. B.) Se. Majestät der Kaiser Wilhelm traf in Osborne so früh ein, daß der Prinz von Wales nicht, wie festgesez§t war, mit der Yaht „Osborne“ der „Hohenzollern“ begegnen konnte. Da die für die Uebungen mobilisirte britische lotte an anderer Stelle versammelt wurde, war die hede von Spithead von Sregien entblößt. Se. Majestät der Kaiser fuhr in Cowes in Begleitung eines deutschen Kriegs\ciffes , fünf brilisher ihm entgegengefahrener Torpedo- boote und der Admiralitätsyaht „The Queen“ ein. An Bord des Admirals\ciffs befander fich der Hafen-Admiral Commerell und der kommandirende General des Süddistrikts von Leicester Smith. Das Hafengeshwader begrüßte die ein- fahrende Kaiseryaht. Vom Hauptmast seines Flaggenschiffs, des „Herzogs Wellington“, wehte die deutshe Flagge. Sämmtlihe Schiffe gaben den Königssalut ab, als die „Hohenzollern“ Spithead pasfirte. Bei Cowes erwartete eine Menge bunt beflaggter Yachten die Ankunft Sr. Majestät. Nach erfolgter Landung schritt Se. Majestät der Kaiser die angestellte Ehrenwache ab und begab Sih sofort nah Schloß Osborne, wo die Königin Victoria Allerhöhstdenselben empfing und herzlihst bewillklommnete. Die Königlichen Prinzen waren beim Empfange Sr. Majestät anwesend e E von Allerhöhstdemselben ebenfalls herzlihst e :
«Fnnsbruck, 4. August. (W. T. B.) Bei der Station Voels entgleiste gestern ein Ee onenzis Drei Wagen rutshten über den FJnn - Damm L zwei derselben wurden umgestürzt und kamen zur N im Jnn - Bett zu liegen. Die pasa iere des uges, 120 an der Zahl, konnten, soweit festgestellt ist, ge- rettet werden. Zwei Reisende erlitten ernstere Verlezungen, wanzig erhielten leihtere Kontusionen. Als Ursache des Un- fals wird shlechte Beschaffenheit der dortigen Bahnstelle an- gegeben.
(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
Velle-Alliance-Theater. Dienstag: Zum | Goldfuchs. Gefangspofse in 4 Akten von Eduard
Couplets theilweise
Jacobson und Leop. Ely. Franz Roth. Anfang
von G. Görß. Musik von
Im prachtvollen glänzenden Sommergarten: Großes 74 Uhr. Der Sommergarten ift geöffnet.
Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.
Urania, Anstalt für volksthümlihe Naturkunde.
Am Landes-Ausftellungs - Park (Lehrter Bahnhof). Geöôffnet von 12—11 ühr. Täglih Vorftellung im Näberes- die Anschlag-
Lieutenant Christoph von Prefsentin gen. von Rautter mit Frl. Bertie Braybey Fither (Will- kamm-London).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Reals{ullehrer G. Swauerhammer (Leipzig—Gohlis). — Hrn. Ernst Dammann (San Giovanni a_Teduccio, Italien. — Eine Tochter: Hrn. Kgl. Kreis- bauinspektor Rüblmann (Zellerfeld i. Harz). — Hrn G. Arnecke (Schnarsleben). — Hrn. Brähmer (Silzkeim). — Hrn. Paul Brat (Chicago). — Hrn. Dr. R. Rebfeld (Kreipiß\{ch)
Geftorben: Hr. Kaufmann und Senator Joban- nes Mustert (Emden). — Hr. Chemiker Karl Gotsbe (Nebliy a. P.). — Hr. Oskar Raud, (Berlin). — Frau Rektor Stappenbeck (Berlin). — Frau Wilhelmine Timme, geb. Hoebel (Neu- stadt). — Frl Luise von Müblenfels (Stral- sund). — Frau Gräfin Elisabeth Karoline von der Schulenburg, geb. von Münhow (St{loß Lieberose N.-L.). — Frau Lehrer Doris Nolopp,
geb. Velten (Mansfeld).
ehemalige
[26701]
Redacteur: Dr. H. Klee. Verlag der Expedition (Scholz).
Frl. Elisabetb | “ Anftalt, Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. 32.
Fünf Beilagen (eins{ließlich Börsen-Beilage).
zum Deutschen Reichs-Anzeiger und König
Me 186.
X. Jnternationaler medizinischer Kongreß.
Der X. internationale medizinishe Kongreß wurde heute im Circus Renz eröffnet. Vor dem Eingang zum Circus standen eine Reibe großer mit Guirlanden umwundener Mastbäume, Transparente, bronzene Kolofsalfiguren 2c. Der Circus war im Innern ges{chmackvoll dekorirt. Zahlreiche Flaggen in den Farben der Staaten der ganzen Welt sind in allen Theilen des weiten Raumes angebracht. Oberhalb der von einem prähtigen Blumenshmuck umkleideten Rednertribüne, woselbst auch das Präsidium seinen Sitz bat, erhebt si die Kolofsalbüste des Aeskulap. Zur Linken ist, inmitten eines förmliwen Blumenhains, die Büste Sr. Majestät des Kaisers, zur Rechten, und zwar der Kaiserbüste gegenüber, die der Minerva angebracht, während zwischen beiden die Büste des Hippokrates sichtbar wird. Die Mitgliederlifte weist fast 5000 Namen auf. Auch eine Reihe von Aerztinnen befindet sich darunter. Von den Mitgliedern sind zu nennen Se. Königliche Hoheit der Herzog Karl Theodor von Bayern, der Oberarzt in der Kaiferlih russischen Armee Dr. von Boehlendorff (Riga), der General-Stabsarzt Dr. von Coler (Berlin), der Professor Dr. Botkin (St. Petersburg), der Geheime Medizinal-Rath Profeffor Dr. Eêmarch (Kiel), der General-Arzt Dr. Großheim, Abtheilungs- Chef bei der Véedizinal- Abtheilung des Kriegs-Ministeriums (Berlin), Dr. Gumucio, Gesandtschafts-Attalé (Chile), der Geheime Medizinal - Rath Professor Dr. Koh (Berlin), der General- Arzt Dr. Meblhausen (Berlin), der Direktor der Königlichen Charité, Geheime Ober - Regierungs - Rath Dr. Spinola, (Berlin), der Geheime Ober-Mediziaal-Rath Professor Dr. Skriec;ka (Berlin), der Kaiserlihe Ministerial-Rath a. D. General-Arzt der Land- wehr Professor Dr, Wafserfuhr (Berlin), Professor Dr. Wolffhügel (Göttingen), ferner Dr. Delorme, Minifter der Republik Hayti, der Direktor der Königlichen Thierärztlicben Hochschule Profesor Shütz und der Generalkonsul William Schönlank (Berlin).
Um 11 Uhr Vormittags erklärte der Vorsißende des Organisa- tions-Comités, Geheime Medizinal-Rath Professor Dr. Virchow, den Kongreß für eröffnet. Derselbe begrüßte die Mitglieder mit einer Rede, in welcher er sagte: Am 9. September 1887 hat der internationale medizinishe Kongreß in Washington einstimmig be- loffen, als den Ort für den nächsten; im Jahre 1890 abzuhaltenden Kongreß Berlin zu wählen. Die Benathritigung davon und zuglei die Aufforderung, die Vorbereitungen für diesen Kongreß in die Hand zu nehmen, erging, außer an mi, an die Herren von Bergmann und Waldeyer. : h /
Wir nahmen dieselbe an in der Vorauëseßung, daß der Kongreß, seinen Traditicnen entsprechend, niht eine einzelne Stadt, sondern ein Land dur seine Wabl habe ebren wollen. :
Die Aufgabe, welche uns geftellt war, hatte nah den Erfahrungen über die zunehmende Anzahl der Theilnehmer, welche die leßten Kon- gresse besucht batten, und nach dem Glanze, den die gastlihen Empfänge fo vieler Hauptstädte über diese Kongresse verbreitet hatten, etwas Bedrückendes. Noch heute, gegenüber einer so großen Ver- fammlung, kann ich mich des Gefühls nicht ents{chlagen, daß wir vielleicht nicht im Stande sein werden, allen Anforderungen, welche an uns gestellt werden, zu entspreWen, und i bitte Sie, mir gestatten zu wollen, schon jeßt an Ihre gütige Nachsict appelliren zu dürfen, wenn manche Mängel hervortreten sollten, — Mängel, die wir selbst vielleiht am meisten empfinden, die wir aber nicht beseitigen können.
Aber ih würde sehr undankbar sein, wenn ih nicht auch dem Gefühl der innigsten Freude und der tiefsten Befriedigung Ausdruck geben wollte, das mi erfüllt, indem ih über die endlosen Reiben der werthen Gäste blie, die unserer Einladung gefolgt sind.
Seien Sie überzeugt, daß Sie in unserem Lande überall als liebe Gäste werden aufgenommen werden. Unser Volk weiß es, daß die Medizin cine der aufrictigsten Vertreterinnen der Humanität ist; es ist daran gewöhnt, daß bei den Aerzten Forschung und Praxis in der innigsten Verbindung wirken, daß in ihrem Denken die höbsten Ideale des Strebens mit der aufopfernden Sorge für das öffentliche Wohl und für das Wokl der Einzelnen, auch der Kleinsten und Aermsten, sich vereinigen. Die Medizin ist in Deutschland eine wirklich populäâre Wissenschaft, und wenn unser hart arbeitendes Volk auch nur bei wenigen Aerzten den alten Sag zur Wahrheit macht: dat Galenus opes, fo wiß & do Gesdi&ck und Hingebung durch Liebe und Anerkennung zu erwidern. Es ift ftolz darauf, wenn seine Aerzte und seine sanitären Einrichtungen au in der Fremde geschäßt werden, aber es {äßt auch seinerseits die Namen der großen Mediziner in anderen Ländern und es weiß wohl, daß die medizinishe Wisenschaft nur eine ist und daß ‘die wahrhaft wissenshaftlihen Aerzte der ganzen Welt demselben Streben zugewendet, derselben Prinzipien theilhaftig sind.
Se Majestät der DeutsheKaiser theilt diese Emxfindungen. Er bedauert, daß er von Berlin abwesend sein muß, aber Er hat be- foblen, daß eine größere Zabl von Mitgliedern des Kongresses dur ein Mitglied Seines Hauses empfangen werde. Die hohe Reichêregierung und der Keichstag haben eine beträhtlite Summe bewilligt, um uns vor Allem die Sorge um eine würdige Veröffentlihung unserer Verhandlungen zu erleihtern. Sowohl die Reichsregierung als die einzelnen Bundesregierungen betheiligen si in hervorragendem Maße an der Ausftellung und werden den Mitgliedern des Kongresses durch besondere Schriften das Verständniß der medizinischen Einrihtungen des Landes sihern. Insbesondere die preußishe Unterrihtsverwaltung hat von Anfang an mit dem größten Wohlwollen alle Schritte des Organifations-Comités unterstüßt, und wenn es uns gelingen sollte, dur die Einrichtung der Scktionssitzungen und der Ausftellung die Anerkennung unserer Gäste zu gewinnen, so werden wir das wesentlich der persönlichen Einwirkung des Herrn Ministers zu verdanken haben, der nidt müde geworden ist, seinen Einfluß überall da einzuseßen, wo Schwierigkeiten drohten. '
Die deutshen Regierungen werden Ihnen zeigen, mit wel{er Anstrengung sie darauf Bedacht nehmen, die sanitären Einrichtungen in Einklang mit den Forderungen der Wissenschaft zu bringen, Eine Anstalt nah der andern ist errihtet worden, um den Unterriht in der Medizin zu erleihtern, um neue Stätten der Forschung zu gründen, um die Quellen der Krankheiten ab:ugraben, um den Leidenden \chnlle und sichere Hülfe zu gewähren. In dieser unvollkommenen Welt werden alle praktishen Fortschritte nur srittweise verwirklicht, und au uns fehlt noch recht viel von dem, was schon jeßt als eine Forderung des vorshauenden Wissens be- zeichnet werden kann. Die großen Uebel des Menschengeshlechts, Armuth und Krieg, bedrohen fort und fort die Gesellshaft und die Staaten. Aber es ift ein Trost für uns, daß Volk und Regierungen in Deutschland mit anhaltender Sorge beschäftigt sind, die sozialen Scâden zu mildern und den Frieden, den goldenen Frieden zu wahren. Die Medizin hat wenig oder gar keine Selegenheit, in die großen Entscheidungen der sozialen und der auswärtigen Pelitik bestimmend einzugreifen. Ihre Aufgabe ift es zunächst, in den gegebenen Verhältniffen soweit helfend mitzuwirken, als Beschädigungen von Menschen herbeigeführt werden durch die Umftände, unter denen sie leben und handeln müssen. Nirgends tritt dies mehr in die Erscheinung als bei den militätishen Einrichtungen.
In der That, meine Feten: wenn Ihnen hier die Militär- medizin in einer Vollständigkeit vorgeführt wird, wie es für die Civil- medizin unausführbar sein würde, so geschieht es nit, um Ihnen zu zeigen, wie gut wir auch in dieser Beziehung auf den Krieg gerüstet find. Im Gegentheil, es geschieht, damit Sie erkennen, wie die
Erste Beilage
Berlin, Montag, den 4. August
Leitung unserer Armce dauernd und erfolgreich den Gedanken festhält die Gräuel des Krieges na Kräften abzumildern und die Gebote der Menîsenliebe sofort zur Geltung gelangen zu lassen, sobald der Gegner niht mehr kämpft oder nicht mehr kampffähig ist.
Die höô@&ste Aufgabe der internationalen medizinishen Kongref e ist es, daß sie in allen ihren Theilnehmern, ja weit be die Reihen der Theilnehmer hinaus, in den Aerzten der ganzen Welt zum vollen Bewußtsein bringen, daß die Medizin eine humane Wissenschaft sein soll. Darum lautet Art. 1[I. unseres Statuts: „Der Zweck des Kongresses ist ein auéshtießlich wifsenshaftlicher.“ Darum ezxthalten wir uns der Untersuhung darüber, wie die soziale Stellung des Arztes zu verbessern sei, so tief wir es auch empfinden, daß soziale Noth au in großen Kreisen des ärztliben Standes verbreitet ist. Der Kampf um das Dasein brit manchem unserer Kollegen das Herz. Und do, wenn wir zusammentreten, lassen wir die Sorgen des Hauses, die Sorgen des Standes daheim. Hier {aren wir uns um die Fahne der Wissenschaft; hier stehen wic in den vordersten Reiben der Kämpfer für Humanität !
Der Redner gab sodann einen eingehenden Ueberblick über die sanitären Einrichtungen Berlins und {loß dann mit Worten herz- lihen Willkommens: „Möge jeder Tag mehr dazu beitragen, volles Verständniß und wahre Freundschaft unter uns Allen zu fördern!“
Im Namen des General-Sekretariats nahm nunmehr Dr. Lassar das Wort: :
„Die Pflicht, dem internationalen medizinishen Kongreß Bericht zu geben über die inneren und äußeren Vorgänge, welche den Rahmen bilden für das wissenschaftlihe Bild seiner geistigen Bedeutung, liegt dem Generalfekretär ob. Mehr als 25 Staatsregierungen haben Delegirte zur Theilnahme amtli beauftragt, ferner sind einige dreißig Universitäten, Akademien und Colleges dur bervorragende Vorkämpfer der Wissen- schaft offiziell vertreten. Ueber fünfzig Gesandte vieler gelehrter Ge- sellschaften und Institute weilen unter uns. Aber alle diese Zablen und die ihnen zu Grunde liegenden Namen sind nit als abgeschlossene Reiben zu betraten. Der Kongreß beginnt erst und stündlich noch treffen Meldungen und Telegramme ein, welhe die Anwesenheit neuer offiziell beglaubigter Theilnehmer bekunden. Eine bobe Regierung der französishen Republik hat den wissenschaft - lihen Werth des Kongrefses hoch genug geshäßt, um 34 be- deutende und weit über die Grenzen ibres Landes binaus anerkarnte Autoritäten für die persönli: Antbeilnabme zu interessiren. Die von dem Herrn Vorsitenden des Organisations-Comités hervorgebobene Stelle des Militär-Medizinalwesens in der wissen- schaftlichen und praktischen Medizin findet thatsäblih darin ibren Ausêdrudck, daß die ausländischen Regierungen nit weniacr als fünfzig iorer höbstgestellten Sanitäté-Offiziere ermättigt haben, bier Fübs- lung zu su&en mit allen Errungenscaften internationaler Humanität. Die Kaiserlich russishe Regierung war eine der ersten, welche durch Ernennung Sr. Excellenz des Generalstabs-Arztes der Armee aus- drücken wollte, daß die höhsten Bestrebungen aller Nationen in einem gemeinsamen Ziele zusammenlaufen. Die Titel der uns zugedachten Vorträge füllen ein Buch von 70 Sei- ten und bis jet sind cicca 700 Vorträge angemeldet. Aber ihre Zahl scheint, nah den erstea anregenden Begrüßungen, be- reits in lawinenartigem Anshwellen begriffen und wird bald circa 1000 überschreiten. Hörer werden genügend vorhanden sein, um das geistige Gut als ein kôstlihes Angebinde internationaler Kollegialität in alle Himmelsgegenden beim zu nebmen. Fast die ganze Aerzteschaft unserer groyen Stadt ist mit seltener Einmüthigkeit in den Kongreß aufgezogen und 2500 deutshe Aerzte waren bis geftern Abend in die Listen einge- tragen. Mit Stolz aber darf der X. Kongreß si rühmen, in Wahr- heit ein internationaler zu sein, denn den einheimischen reiben ch aus vierzig verschiedenen Ländern, auf denselben Tag berbeigeeilt, wiederum 2500 auswärtige Kollegen an. Die Weltmeere baben ih willig in den Dienst der Wissenschaft gestellt und aus Australien, China, Japan, vom Kap der guten Hoffaung, von den westliden Ge- bängen der Cordilleren und vom fernentlegenen Mexiko Fremde zu uns geführt, die uns als Freunde verlafsen mögen. Am zablreihften aber ist das Kontingent der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika, von wo aus fünfhundert Aerzte die Unserigen geworden sind. Ihm kommt an Zabl außer Rußland am_näh!ten Großbritannien undäIrland mit über 300 Mitgliedern, dann Oefterreih und Ungarn sowie Jtalien. Das gesammte Mitgliederverzeihniß weist beute früb die Ziffer 5000 auf und außerdem wollen unsern Kreis anmuthig beleben mehr als tausend Damen. Ih kann diesen Bericht niht schließen, ohne einer Huldi- gung zu gedenken, welche die exakteste aller Erperimentalwissen- schaften, die Physik, der Medizin bei dieser Gelegenheit darbringen will. Ein medizinisher Laie bat sich mit einem therapeutishen Pr- blem befaßt und seinen ärztlihen Vertreter, Dr. Bayles, beauf- tragt, die Ergebnisse seiner Untersuhung über elektro-mechanische Beseitigung von Steinkonkrementen dem Kongreß vorzutragen. Andere Nicht-Mediziner wird man s{chwerli, aber diesen gewiß hören wollen, denn sein Name ist Mr. Edison.“
_ Als Vertreter der Reihs-Regierung begrüßte sodann der Staats- sekretär Staats-Minister Dr. von Boetticher den Kongreß:
„Auf Befehl Sr. Majestät des Deutschen Kaisers und im Namen der verbündeten Regierungen habe ih die Ehre, Sie beim Eintritt in Jhre Berathungen in Vertretung des zu seinem lebhaften Bedauern am Erscheinen behinderteu Kanzlers des Reichs herzlich willkommen zu beißen. Es hat Se. Majestät den Kaiser mit Genugthuung erfüllt, daß der internationale medizinishe Kongreß beschlofsen hat, seine dieéjährigen Berathungen in des Reiches Hauptstadt zu verlegen, und niht minder erfüllt es weite Kreise des deutschen Volks und vornehmlich die Bewohner dieser Stadt mit Freude, daß sie zum ersten Male Zeuge sein dürfen der Berathungen, die Sie im Dienste ihrer Wissenschaft und damit im Dienste der Menschheit pflegen wollen. Wie nie zuvor ist in unserer Zeit das Streben nach Vervollkomm- nung der sanitären Einrihtungen Gegenstand ungetheilten öffentlichen Interesses geworden. Je größer die Erfolge sind, welche die medizinishe Wissenschaft nach dieser Richtung hin erreiht hat, je mehr die Wirkung einer rationellen Behandlung der Gesundheits- pflege zur Ersheinung gekommen, um so lebhafter ist auch das Interesse des Volks an den Fortschritten der Wissenschaft, um so hôher stehen an die Aufgaben in Deutschland, die unter der An- regung landesvâterlich wirkender Regierungen und unter der Mitwirkung opferbereiter einsihtiger Volksvertretungen gestellt sind. Gern und mit besonderem Erfolg haben wir dabei die Erfahrungen der übrigen Kulturländer zu Rathe gezogen, und wenn wir Dank der Initiative unseres unvergeßlichen erften Kaisers und Dank der unvergleihlichen Arbeit seines großen Kanzlers in einem Tempo dabei vorgehen, welhes manhem Beurtheiler vielleicht zu kühn ersheinen mag, so dürfen wir uns do an der Hand der Wahrnehmungen und Erfahrungen, die wir gemach: haben, der Hoffnung hingeben, daß es gelingen wird, die Frucht zur Reife zu bringen und den nothleidenden Brüdern das Maß der Hülfe zu geben, das eine gemeinsame Thätigkeit bon Staat und Gefellschaft ermögliht. Freudig begrüßen wir die großartigen Arbeiten der übrigen Nationen und neidlos bauen wir auf ihre Erfolge auf, festgewillt, das Gute, wo wir es finden, für uns nugbar zu machen.“ Der Minister erbat sch so- dann auch ferner die Mitwirkung der Wissenschaft und wünschte dem
Kongresse guten Erfolg.
lich Preußischen Staats-Anzeiger.
1890,
Als Vertretung der preußischen Staatsregierung ergriff nunmehr Staats-Minister Dr. von Goßler das Wort:
_„An dem Tax,e, an welchem das Deutshe Reih den aus freier Entschließung zu!sammengetretenen internationalen medizinishen Kon- areß begrüßt, gereiht es mir, als dem Vertreter der preußischen Staatéregierung, zur besonderen Freude, den Repräsentanten aller Kulturstaaten den Dank der Unterrihts- und Medizinalverwaltung Preußens darzubringen für alle Woblthaten, welche uns auf dem Gebicte der Naturwissenshast und Medizin von dem Auslande erwiesen find. Wie es nur eine Wahrheit giebt, so verbindet aub das gleihe Band - der - méedizinisden Wissenschaft alle Völker, welhe mit Bewußtsein an dem Fortschritte der Menschheit arbeiten Willig erkennen wir an, was unsere Nachbarn Großes auf diesem Wege geleistet, und wir erboffen woblwollendes Verständniß für unsere Eigenart, die Höben und Tiefen in Wisßsen- saft und Praxis möglichit auêzugleihen und in ftiller, geduldiger Arbeit den Durbschnitt unseres Wissens und Könnens zu erhöhen. Seitdem die Medizin an dem unversieglihen Quell der Naturwifsen- schaften neue Lebenskraft gewonnen, wissen wir, daß feine einzelne Nation mehr im Stande is, auf allen Gebieten der Erforshung und Heilung gleichzeitig und dauernd den Vortritt sich zu sichern. Auch hier 1chreitet die Entwickelung in Wellenbewegung vorwärts. Raum ift aber für Alle vorhanden und noch immer wird die Zahl der Arbeiter von der Größe der Arbeit übertroffen.
__ In einer Zeit, in welcher die gesellhaftlihe Entwickelung früber ni®Dt gekannte oder do nit erkannte Aufgaben an die Kulturstaaten stellt, „mütsen wir aus der naturwissenschaftlihen Forshung die Er- kenntniß [{öôpfen, daß unserm Vermögen, eingetretene Uebel zu heilen, Grenzen ge]eßt find und daß es oft reiheren Erfolg verspricht, Störungen vorzubevgen und von gestörten Organismen weitere Schädlitbkeiten abzuhalten.
__ Nit, daß der erkcankte Mensch an Interesse verloren bâtte, der ‘ Gesunde ift aber mehr in sein Ret eingetreten und unser ganzes Denken wird von dem Problem bekberrscht, wie der Gesunde zu \{chüten, wie die Voraussetzungen zu schaffen sind, um die Beschädi- gungen der Gesundheit, namentli auf dem Gebiete der Volkskrank- beiten, bintanzuhalten, Das eine Ergebniß springt sofort in die Augen, daß solche Aufgaben nur gelöst werden können dur die Zu- sammenfafsung aller Kräfte niht allein innerhalb des medizinischen Berufs, sondern auch durch die Herstellung einer innigen Verbindung von den Vertretern der Medizin mit denen der anderen Berufsarten, mit den Behörden des Staats und der Gemeinden, mit den Vereinen in ihren weitesten Verzweigungen.
In allen diesen Beziehungen knüpfen sich an Ihre Berathungen die wärmsten Wünsche, wie die berechtigsten Hoffnungen. In Ihrem Bunde reihen Theorie und Praxis si die Hand und der Ernst Ihrer Arbeit sichert Ihnen das regste Interesse auch aller außerhalb der Medizin stehenden Kreise. l
Diesen Zusammenhang zwishen der medizinishen Wissenschaft und Praxis untereinander, wie zwischen ihnen und den anderen Zweigen des öffentlichen Lebens zu wahren, zu fördern, zum Verständniß zu bringen, erscheint mir als eine der vornehmsten Aufgaben, welche das Refsort, an dessen Spize ich mih gestellt sehe, in der Gegenwart zu erfüllen hat. Kein Zufall ist es, sondern eine in langer Entwicktelung geshihtliG gewordene Thatsache, daß in Preußen dem Mirister für den Unterriht und für die Pflege der geistigen Güter des Volks auch für die Erhaltung und die Wieder- herstellung der öffentlihen Gesundheit, sowie für die Ausbildung und Beschaffung eines geeigneten Medizinalpersonals anvertraut ist. Nicht leit bâlt es, die anscheinend weit auseinander liegenden Gebiete, ¿. B. des Unterrichts an den Universitäten und der Nahrungsmittel- polizei, zu einem einbeitlihen Ganzen zu gestalten, — um so \chwerer oft, als in dem Bereiche des öffentlihen Gesundheitswesens nabaltige Erfolge niht immer durch befehlende Anordnungen erzielt werden, sondern öfters ungleich mehr durch Belehrung, An- regung, durch Entwickelung der Kräfte in den Gemeinden und Vereinen, durch Errichtung vorbildliher Anstalten und lehrhafter Sammlungen.
, Son auf den Hobschulen will es zuweilen niht ohne Mühe gelingen, den Zusammenhang zwischen den einzelnen Disziplinen fest- zuhalten, — die unseren Kliniken gestellte dreifache Aufgabe, als Unterricts-, Heilanstalt, Forshungsftätte gleihmäßig zu erfüllen —, das legte Ziel zu erreihen, yon dem Hörjaal nah der Praxis eine Brücke zu s{lagen, auf welcher die Jünger der Wissenschaft scher ibren Einzug in das Leben halten können. Der Maffenunterricht er- fordert stets neue Lehrmethoden, neue Veranstaltungen, bald eine Theilung der Arbeit durch Einrichtung von poliklinishen ambula- torischen Vorkehrungen, bald die Einführung zusammenfassender Vorlesungen auf den Grenzgebieten der Dizeziplinen. Weiter erwächst der Unterrihtsverwaltung die Pflicht, für eine gleihmäßige Entwicke- lung der Provinzial-Universitäten Sorge zu tragen, und sie wird erfüllt oft in dem Maße, daß die Universität der Hauptstadt in einzelnen Anlagen hinter ihren Schwester-Akademien zurückbleibt.
Die literarishen Festgaben, welche ih dem Kongresse darbringe, sollen Zeugniß von diesem Bestreben ablegen. Während die Eine ver- \chiedenartige Anftalten aus allen Universitäten des Landes vorführt und ihre Verbindung mit den Instituten für Chemie, Physik, für die d ar oratone- und erklärenden Naturwissenschaften erkennen läßt, ver- arbeitet die Andere die Ergebnisse der stationären Kliniken in einer gleihartigen Statistik, stellt die neuesten Bauausführungen in das Licht der öffentlichen Kritik und ladet die berufensten Vertreter der medizinishen Disziplinen ein, die Grundsäße ihres Lehrens und die Resultate ihres Strebens in friedliher Gemeinschaft niederzulegen.
Eine neue Welt empfängt den praktishen Mediziner bei seinem Auêtritt aus dem akademishen Leben. Die Fürsorge für den ge- scâdigten Arbeiter, die Maßregeln gegen Unfall und Arbeitsunfähig- keit drängen, aus finanziellen wie aus humanen Erwägungen, zu pro- phylaktishen Vorkehrungen und verlegen immer mehr den Shwerpunkt des ärztlihen Wirkens in das Verhüten, Vorbeugen, Lindern.
In nicht minderem Grade ist der Nichtarzt in die neue Be- wegung gezogen. Der Architekt, Ingenieur, Berg- und Hütten- mann wird auf den Hochschulen in die gewerblihe Hygiene ein- geführt; in steigendem Maße drängt die _Gesundheitslehre in die Ausbildung der Lehrer und das gesammte Schulwesen ein, Immer zablreiher gestalten sich die hygienishen Vorlesungen für Nichtmediziner, die Kurse für die innere- Mi|sion nehmen die Wohlfahrtseinrihtungen in ihr Arbeitsgebiet auf. Gemeinde, Ver- eine, freie Liebesthätigkeit innerhalb und außerhalb der kirchlichen Verbände wetteifern in der Fürsorge für Kranke und in der Gesund- heit Bedrohte, und immer klarer und zielbewußter entwickelt \ich die Arbeit im Dienst der Menschheit. Wahrer wird das Wort unseres größten Dichters, daß nur der edle und hülfreihe Mensch den Vorrang in ‘der ershaffenen Welt einnehmen könne. Wenigen, wie dem Arzte, ist das {öônste Vorrecht verliehen, seinen Mitmenschen zu Jem Auch das widrigste Geshick kann ihm dieses Glück nit rauben.
Aegrotaútium salus suprema lex esto — so schrieb vor drei- hundert Jahren der Senat der freien Reichsstadt Nürnberg auf Lein Pharmacopoe —, Sanorum incolumitas — altera lex esto — so beißt es in der Neüzeit. Mögen nach beiden Richtungen reibe Früchte aus Ihren Verhandlungen hervorgehen. Der dankbaren Theilnahme und Anerkennung der preußishen Regierung sind Sie gewiß !*
Im Namen der Stadt begrüßte Ober-Bürgermeister von