1890 / 189 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 07 Aug 1890 18:00:01 GMT) scan diff

Nehrung wird bei Siedlersfähre seinen Anfang nehmen und sh in gerader Linie unter E der Ge- markungen von Leßkauerweide, Schönbaum, idel2walde und Schnakenberg nah dem Meere zu wenden. Die Soole des Durchstihs erhält bei Siedlersfähre eine Breite von 250 m, an der Mündung von 400 m. Der Abftand zwischen den beiden neuen, den Dur&stih begrenzenden Deichen, welche auf den Seitenböshungen Packwerk erhalten, beträgt 900 m. Mit dem Bau der letzteren is zugleich die Anlage von Sghleusen geplant, welche den regulirten Stromlauf mit der späteren „todten“ Weichsel verbinden werden. Die erfte, die sogenannte Floßs{chleuse wird unterhalb der fog. Weißbäume angelegt und is nur zum Durchflößen von Holz be-

stimmt; nördlich davon fkommt, vollständig getrennt von der Floßjhleuse, der sog. Schleusen - Kanal

zu liegen, welcher auss{ließlih der Schiffahrt dienen soll und mit einem neu anzulegenden Hafen Verbindung hat; leßterer wird eine Größe von ca. 25 Morgen haben. Die „todte“ Weichsel wird auch nach der erfolgten Abschließung schiffbar bleiben, da derselben einerseits durch Rückstau genügend Wasser zugeführt werden und andererseits die große Lese des Fluß- betts ein Abfließen des Wassers verhindern wird. Der Haupt- festakt vollzog sich Mittags kurz nach 12 Uhr in Siedlers- fähre, wo bei Ankunft der Festtheilnehmer eine grobe Menschen- menge den Damm dicht beseßt hielt. Etwa 50 Schritt von der Landungebrücke auf dem Außendeiche war ein zeltartiger Bau errihtet, der mit Fahnen und Guirlanden geschmüdckt war. Nachdem die Festgesellschaft si um denselben gruppirt hatte, und zwar derart, daß sich der Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr Lucius von Ball- hausen gerade vor dem zu versenkenden Denkstein, der Ober - Präfident zu seiner Linken und der Regierungs- Präsident zu seiner Rechten befanden, hielt der Vorsitzende der Ausführungs-Kommission Regierungs-Rath Dr. Müller eine Rede über die Bedeutung des Regulirungswerks, indem er zuglei die folgende Urkunde, welhe in den Denkstein gelegt wurde, verlas:

Verbandelt Sicdlerefähre im Landgemeindebezirk Letzkauerweide des Kreises Danzig Niederung. im Regierungébezirk Danzig, Provinz Westpreußen. Dienstag, den 5. August 1890. Im dritten Jahre der Regierung Sr. Majcstät Wilheim's I, Deutscen Kaisers und Königs von Preußen, ist heute, am 5. August des Jahres 1890 in Gegen- wart der Vertreter der Königlichen Ministerien und Provinzial- behörden, der den Weichsel - Nogat - Deihverband bildenden drei Scnder-Deicverbänte und der fort betheiligten Körperschaften die Eröffnung der Bauarbeiten an der turch Geseß vom 20. Juni 1888 Gesct-Samml. Seite 251 und Statut für den Weichsel- Nogat- Deichverband vom 20. Juri 1889 Amtsblait der König- liden Regierung zu Danzig Seite 161 festgescßten Re- gulirung der Weickselmündung feicrlich begangen worten. Zum bleibenden Andenken an dieses für das Gedeiben der Niederungen an der unteren Weibsel und an der Nogat bedeutungsvolle Ereigniß ist an derjenigen Stelle, an welcher der berzusteliende Dorch'tih dur die Nebrurg s von, dem bisberigen Weichselbett abzweigen wird, ein Festpurkt für die Höbenlage des künftigen Außendeihs als Denk- stein erri&tet worden. Der in den Denkstein einges{lofsenen Bücbse sind die cuf der Arlage (siebe wäter unten) gesondert verzeich- neten Urkurden welde auf die Vorgescchichte des Regulirungé- werks und der Deichverbände an der unteren Weichsel und Nogat Bezug haben, einverleibt worden. Möge das beute begonnene Werk unter Goites allmädtiaem Schu zum guten Erde gesübrt werden. Möge das rellendete Werk den Niederungen an Weichsel und Nogat zu dauerndem Heil und Segen gereiwen. Diese Urkunde, welbe in Abschrift bci der Feier verlesen ist, wird biermit beglaubigt und voll- zogen. (L. 8) Der Königli@e Ober - Präsident der Provinz Westpreußen gez. von Leipziger. Der Königlihe Regierungs- Präsident zu Danzig gez. von Heppe. Die Königliche Ausführungé- Kommission für die Regulirung ter Weickselmündung gez. Müller, C. Müller. Warnow, Deihauptmann des Danziger Deichverbandes, Böncendorf, Deichhzuptmann des Marienburger Deickbverbandes. Deitbauvtmann Wunderlich des Elbinger Deichverbandes, zur Zeit abwesend. S@&midt, Deichirspektor des Danziger Deicbverbandes. Götter, Deitinspektor des Marienburger Deichverbandes. Clas, Deicbinspektor des Elbinger Deichverbandes,

Anlage zur Urkunde vom d. August 1830. 1) Statut für den Weichsel-Nogat-Deicbverband vom 20 Juni 1889 nebît Gesetz, be- treffend die Reculirurg der Stromverbältnifse in Weichsel und Nogat vom 20, Juni 1888. 2) Uebersihtékarte über den Weisel-Nogat- Deichverktand na §. 1 des Statuts vom 20. Juni 1889, 3) Die Petition der Deiämter an das Haus der Abgeordneten vom 18. Ok- tober 1872, 4) Haupt - Erläuterungéberiht zu den Projekten der Regulirvng der Weichselmündungen ron Alsen und Fabl vom 15, Minz 18277... 5) Der ly. Berit der Kom mission für die Agrarverbältnifse über Petitionen. (Drudck- sabe Nr. §85, 16. Legiélaturperiode, IT. Session 1887.) 6) Der steno- graphishe Berit des Abgeordnetenhauses über die 32, Sißung am 94. März 1887. 7) Der Entwurf zum Gesetze, betreffend die Regu- lirung des unteren Laufes der Weichsel vom 8. Februar 1888. (Drucksace Nr. 48, 16. Legislaturperiode, IIL Session 1888.) 8) Der itenozrapbishe Bericht über die 20, Sißung des Abgecrdnetenbau'es vom 17. Februar 1888. 9) Der Veriht der XIIl. Kommission zur Vorberathung des Gesezentwurfs, betreffend die Re- gulirung der Stromverbältnisse in der Weichsel und Nogat, Nr. 48 der Drucksachen (Nr. 96 der Dructsachen), und Na@trag iu demselben vom 23. April 1888 (Nr. 162 der Druckfachen). 10) Die stenographischen Berichte über die Sißungen des Abgeordnetenhauses vom 16. April 1888, 30, April und 3. Mai 1888. 11) Das Statut des aufgebobenen Deichverbantes des Danziger Werders vom 12. Ja- nuar 1857. 12) Das Statut des aufgehobenen Deichverbandes des großen Marienburaer Werders vom 23. Mai 1870. 13) Das Siatut des aufgehobenen Deichverbandes der rehteseitigen Nogat- Niederung vom 17. September 1873,

Nachdem der Wasser-Bauinspektor Müller den Staats- Minister Dr. Freiherrn Lucius von Ballhausen gebeten hatte, dem Werke durch die üblichen drei Hammerschläge die ie zu geben, erwiderte dieser, daß er gern die Erlaubniß ur Versenkung des Steins ertheile. Es werde damit ein

ert begonnen, dessen Vorbereitungen nach langen Erwägun- gen nun endlich zum Abschluß gelangt seien. Man habe f Z. gemeint, das projektirte Regulirungswerk stehe den Handels- und Schiffahrtsinteressen entgegen. Die Staatsregierung, welche gegen alle Jnteressenten gleiches Entgegenkommen zeige, habe fich jedoh nach reiflicher Ueberlegung zu der Ent- sheidung veranlaßt gesehen, daß dieses Projekt zur Aus- führung gelange; fie lebe in der Hoffnung, daß dur das- selbe zwar nicht die Garantie für eine gänzlihe Gefahr- abwendung geboten werde, wohl aber die Uebershwemmungsgefahr und die Wiederkehr s{hreckliher Verheerungen auf das Maß reduzirt werde, was Menschenhand dagegen zu thun möglich sei. Aber nit allein die Regierung, sondern au unser jugendfrisher Kaiser habe der Weichselregulirung das regste Interesse gewidmet. Wiederholt habe sich Se. Majestät die bezüglichen Pläne vorlegen lassen und erst nach eingehender Prüfung und Richtigbefindung die Kaiserlihze Genehmigung zur Ausführung ertheilt. Der Minister forderte s{ließlih die Anwesenden auf, den Gefühlen der Treue, Verehrung und Dankbarkeit für den Kaiser, welhe die Bewohner

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der Niederungen bescelen, dadur Ausdruck zu geben, daß fie einstimmen in den Ruf: „Se. Majestät der Kaiser und König lebe hoh!“ Brausend ershallte hierauf das Hoch dreimal. Sodann wurde in den auf einer Seite ausgehöhlten, circa 6 Ctr. {weren Denkstein eine kupferne Kapsel, in welcher sih die oben erwähnten Schriftstücke befinden, gelegt und befestigt; alsdann wurde der Stein umgekippt und die Oeffnung auf fester Hiegergeimdiage mit Cement geschlossen. Die Verlegung des Gedenksteins, der auf der oberen sichtbaren Seite mit dem Datum: „5. VIIT, 1890“ gezeichnet is, war hiermit beendigt, und folgte nun die Einweihung desselben mit den drei üblichen Hammerschlägen. Der Minister that dieselben mit folgender Widmung: „Der Niederung zum Nuß, der Landwirthschaft zum Schuß, der Schiffahrt zum Heil !“ Bei dem Festmahl wurde das gestern bereits mitgeiheilte Telegramm an Se. Majestät den Kaiser und König abgesandt und von dem Minister das Hoh auf Allerhöchst- denselben in einem Toaste ausgebracht, worin er betonte, daß damit nit allein einem alten Gebrauch Genüge gethan werde, sondern ein derartiger Trinkspru& gewiß einem Herzens- bedürfniß der Anwesenden entsprehe. Der Minister schilderte

und wünschte seinen Bestrebungen, zu welchen in erster Linie mit die Erhaltung des Friedens gehöre im Dienste desen auch die heutige Fahrt nah England unternommen sei —, überall den besten Erfolg. Schließlih gab Redner der Hoffnung Auzdruck, daß der aus der Versammlung dem Kaiser über- sandte Gruß den Monarchen, der stets sein lebhaftes Jnterefse für Landwirthschaft und Jndustrie bekundet hat, erfreuen möge. Die zündenden Worte fanden begeisterten Widerhall, und jubelnd stimmten die Versammelten in das Hoch ein, welches in den Gesang der Kaiserhymne überging. Der Over- Präsident von Leipziger hob sodann die große Ehre hervor, welche der Feier durch die Theilnahme des Hrn. Landwirthschafts-Ministers zu Theil geworden sei. Der- selbe habe die Wünsche der Weichsel: und Nogat-Niederungen in der zuvörkommendsten Weise unterstüßt und das Zustande- kommen des Regulirung2geseßes sowie die Ausarbeitung des neuen Statuts auf das Thatkräftigste und Bestimmteste betrieben und gefördert. Namens der Eingesessenen und Bewohner der Niederung ‘sagte der Ober - Präsident dem Herrn Minister hierfür innigsten Dank und brachte auf denselben ein Hoh aus. Jm Anschluß hieran dankte der Staats-Minister Froiyerr Lucius von Ballhausen für die freundlihen Worte und erwiderte, daß seine Verdienste übershäßgt würden. Er habe das Regulirungswerk als eine Erbschaft von seinem Vorgänger übernommen, die er vom ersten Tage an mit größtem Fnteresse aufgenommen habe. Er erblicke in dem Regulirungëprojekt ein großes glüdliches Werk, welches die landwirthschastlihen Jnteressen fördern und andere niht schädigen werde. Sein Hoh galt dem Blühen und Gedeihen der Provinz Westpreußen. Am Abend traten der Minister und die übrigen von außerhalb ein- getroffenen Gäste die Rückfahrt in die Heimath an.

Sachsen.

Dresden, 6. August. Jhre Majejitäten der König und die Königin werden ih, dem „W. T. B.“ zufolge, am Montag nach dem Nordseebade Blankenberghe bei Ost- ende begeben.

Vaden.

Karlsruhe, 6. August. Se. Königliche Hoheit der Großherzog empfing, wie „W. T. B.“ meldet, heute Vor- mittag um 10 Uhr in Konstanz Se. Königliche Hoheit den Kronprinzen von Dänemark und geleitete Höchstden- selben nah Schloß Mainau. Der Keonprinz gedentt bis zum Freitag auf Schloß Mainau zu bleiben.

__ Die am 3. August in Mannheim veranstaltete zwanzig- jährige Erinnerungsfeier an den deutsh-französi- schen Krieg verlief, der „Karlsr. Ztg.“ zufolge, in der großartigsten und imposantesten Weise. Das genannte Blatt berichtet darüber :

__ Andem Fefte, zu welchem die umfassendsten Vorbereitungen schon fast seit IJahreéfrift getroffen wurden, nahmen etwa 900—1000Personen Theil, Programmgemäß nahm der Feftzug Punkt 3 Ubr auf dem Rheindamm oberhalb der Rheinbrücke seine Aufstellung. Derselbe wurde eröffnet von der gesammten Kapelle des Grenadier-Regiments, dann folgten der Festaussbuß, die gej)ammten in Mannheim wohnenden Krieger aus dem derkwürdigen Feldzuge, sowie alle Diejenigen, die sich in dem erwähnten Kriege dur Verri{tung von Sanitätédiersten eine Dekoration erworben haben. Die Krieger waren nach ihren Truppen- theilen geordnet. Nachdem der Zug sich aufgestellt, ergriff Hr. Pauli das Wort, um in eirer längeren Ansprahe auf die Bedeutung des heutigen Tages binzuweisen. Nachdem er geendet, stimmten die sämmtlihen Festtbeilnehmer urter Musikbegleitung die „Watt am Rhein“ an. Hierauf seßte sich der Zug in Bewegung und ging dur das zu diesem Behufe geöffnete Groß- herzoglide Schloß, die Breite Straße entlang nach dem Friedhofe, woselbst vor dem Kriegerdenkmal eine erhebende Gedähtnißfeier ab- ehalten wurde. Dieselbe bestand aus einer zündenden Anspracbe des Negierungs-Ratbs Kovp, Hauptmanns a. D., und dem allgemeinen Gesang des Liedes: „Großer Gott, wir loben dich“. Das Denkmal sowie die umliegenden Kriegergräber waren von der Stadtgemeinde mit Kränzen und Grirlanden ges{müdckt worden. Um Uhr wurde der Rückmarsch nah der Stadt angetreten und begaben #1 die Fest- theilnehmer direkt mch dem Saalbau, woselbft um 6 Uhr ein gemein- \haftiihes Abendessen eingenommen wurde. Um 8 Uhr nahm eben- daselbst das Festbanket sciren Anfang. Von Sr. Königlidben Hoheit dem Großberzog traf noch vor Beginn der Festlichkeit na- stehendes Telegramm ein:

„Die beute erfolgende Ankunft des Kronprinzen von Schweden und Norwegen bält mich bier zurück, und da liegt es mir am Herzen, Ihnen und den Festtheilnehmern an der beutigen Erinnerungsfeier auszusprechen, daß ich berzliben Antheil nehme an den Empfindungen, welwe Sie Alle geleitet haben, eine solche Feier zu begehen. In Mitte friedliher Arbeit wurden wir 1870 zur Vertheidigung des Vaterlandes aufgerufen. Die Begeisterung hat uns Allen die Kraft g aus der Deuts{lands Einigung erstanden ist. Wir

aben Frieden erkämpft, den zu erhalten die nachfolgenden Geschlechter berufen sind, nah dem Beispiel der Kämpfer, die für Deutschlands Größe und Matt geblutet baben. Also stete Bereitschaft, wiederum fur die hôdsten Güter der Nation, für deren Unabhängigkeit einzu- stehen, das ist die Kraft, mit der Frieden erhalten werden kann. Freudig begrüße ih Sie Alle mit solchen Friedensgedanken und wünsche Ihnen ein gesegnetes Fest.

Friedri, Großherzog.“

Der Festaus\{chuß sandte Bearüßungételegramme an Se. Majestät den Kaiser, den Großherzog, die Großherzogin, den Erbgroßherzog urd den Prinzen Wilbelm von Baden, den Fürsten Bismarck, den General:Feldmarschall Grafen Moltke und die Generale von Glümer und von Leszynéki.

Das Telegramm an den Kaiser lautete, der M. | „Allg. Ztg.“ zufolge: C i | __ „Ew. Kaiserlichen Majestät, dem kräftigen und mättigen Swüter und Schirmer unseres theuren Vaterlandes, jubeln tausend-

weiter die rege Thatkraft unseres jugendfrishen Monarchen !

flimmig alte treue Soldatenherzen, im innigen Vercin mit den als Ebrengästen anwesenden Damen und Herren, danfkbarst bewegt und den Schwur der Treue zu Kaiser und Reich erneuernd, begeisterte Hurcabs in aller Unterthänigkeit zu. Gott segne, Gott {üge unseren Allergnädigstea Kaiser, das ganze Kaiserlihe Haus und unser geliebtes Vaterland !“

Sachsen-Weimar-Eisenach-

Weimar, 8. August. Zhre Königliche Hoheit die Groß- herzogin hat heute Wilhelmsthal, woselbst seit vorgestern der Prinz und die Prinzessin Heinrich VII. Reuß | weilen, verlassen, und sich über Hamburg nach Helgoland | begeben.

Am 29. und 30. d. M. wird in Altenburg der thüringishe Städtetiag tagen. Unter den Berathungs- gegenständen befindet sih die Einführung der Bedürfnißfrage für alle Restaurationen in Städten von über 15 000 Ein- wohnern, das Fnvaliditäts- und Altersversiherungsgeseßt und die Einrichtung von Haushaltungsshulen für Mädchen aus unbemittelten Ständen.

Meelenburg-Strelit.

Neustreliß, 7. Augusk. (W. T. B.) Se. Königliche Hoheit der Großherzog begiebt sich heute zur Kur nah Homburg v. d. H. Se. Könialihe Hoheit der Erbgroß- herzog ist gestern nah Gehren in Thüringen, Jhre Königliche Hoheit die Erbgrosherzogin und Jhre Hoheit die Herzogin Jutta nah Berchtesgaden abgereist.

Oefterreich - Ungarn.

Wien, 7. August. Das österreihishe Geschwader, welches fih zur Zeit vor Spithead befindet, wird, einer Mel- dung des „W. T. B.“ zufolge, nach Berührung einiger deutsher Häfen in der Nordsee auf der Fahrt von Kopen- hagen na Kiel noch einige \{chwedische Häfen anlaufen.

Die Ergänzungswaßhlen für den böhmischen Lan d- tag an Stelle d-r Abgeordneten, welche seit der Frühjahrs- session des genannten Landtages entweder mit Tod abgegangen sind oder ihre Mandate niedergelegt haben, werden der „Wien. O zufolge in den ersten Tagen des September statt- finden.

Großkritannien und Frland.

London, 7. August. Bei dem gestrigen Minister- bankei im Mansion-House hielt, wie „W. T. B.“ meldet, der Premier Marquis von Salisbury eine Rede, in der er die europäische Lage als eine durhweg fr1ed- liche bezeihnete. Das Abkommen mit Deutschland in Betreff Afrikas habe gefährlihe Streitursahen zwischen zwei Nationen beseitigt, welche stets auf dem Friedensfuße mitein- ander leben sollten. Egypten mate stetige Fortschritte, so- wohl in finanzieller wie in anderer E Lide es kföónne aber die britishe Verwaltung, der es alle Reformen verdanke, noch nit entbehren.

Behufs Ermöglichung eines baldigen Parlaments- Scchlusses wurde die Regierungsvorlage betreffend die Bildung verantwortliher Verwaltungsräthe in Jndien für diese Session fallen gelassen. Ein von Smith gest:llter An- trag, die Geschäftsordnung, wonach die Sißungen des Hauses um Mitternacht ges{hlossen werden, für den Rest der Session zu sistiren, wurde in der Unterhaussizung vom s. d. nach langer Erörterung mit 190 gegen 50 Stimmen ge- nehmigt, worauf die englische Polizei-Pensionen-Vorlage sowie die Lokalbesteuerungs-Bill in dritter Lesung angenommen Und die schottishe Polizei-Pensionen-Vorlage durch die Einzel- berathung gefördert wurde.

TFFrankreich.

Paris, 7. August. Der Senat nahm in seiner vor- gestrigen Sitzung, wie der „Köln. Ztg.“ berihtet wird, die von der Kammer genehmigten Vorlagen, für den Wiederauf- bau der durch Brand zerstörten Baracken in Commercy 560 000 Fr. und für das neue Kabel zwischen Frankrei und England 400 000 Fr. zu gewähren, an und seßte darauf die Berathung der Vorlage über die direkten Steuern fort. Bei Artikel 4, in den die Kammer die Besteue- rung des bebauten Grundbesißes nach der Qualität auf- genommen hat, vertheidigte der Finanz-Minister Rou- vier die Fassung der Kammer gegen den Vorschlag des Senatsausshusses, bei dem Repartitionssystem zu bleiben. Der Minister {loß seine Rede mit den Worten: Wir wünschten, daß die Steuervorlage in diesem Jahre er- ledigt werde ; denn wir dachten, daß Sie damit dem Ackerbau treibenden Frankreich, dem Frankrei der Landleute das geben würden, was es verdient hat, als es vor einem Jahre die Republik rettete. Loubet (gemäßigter Republikaner) trat für den Vorschlag des Senats-Ausshusses ein. Jm weiteren Verlauf der Sitzung verwarf das Haus den Artikel 4 in der Fassung, welhe der eigene Ausshuß befürwortet hatte, mit 153 gegen 120 Stimmen und genehmigte dar auf die Fassung der Kammer mit 175 gegen 73 Stimmen. In der gestrigen Sizung wurde dann, wie „W. T. B.“ meldet, das Geseg mit einigen Abänderungen mit 264 gegen 9 Stimmen angenommen. Die Deputirtenkammer, an welche die Vorlage wieder zurückging, genehmigte die vom Senat beschlossenen Abänderungen mit Ausnahme von 3 Paragraphen. S einer gestern Abend abgehaltenen Sißung stimmte der Senat dem von der Deputirtenkammer beshlosenen Wortlaut zu, worauf die Session ge- \chlossen wurde. Jn der Deputirtenkammer beant- wortete gestern der Minister der öffentlihen Arbeiten die Jnterpellation über die Katastrophe in Saint Etienne und gab mehrere Details über die Einrichtung der Lampen in den Minen, welche er sämmtlih als ungenügend bezeihnete. Nach seiner Meg e das einzige Mittel, die Bergleute gegen „schlagende Wetter“ zu schügen, für eine gute Ventilation der Minen zu sorgen. Jn Folge der angestellten Untersuchung der Katastrophe habe er die Vorschrift erlassen, daß na Konstatirung von „Schlagenden Wettern“ die Arbeit in den Minen sofort eingestellt werden müsse. Die Kammer nahm hierauf mit 297 gegen 136 Stimmen eine Tagesordnung an, wonach eine Kommission ernannt werden solle, um die Ursachen der Katastrophe genau tu untersuhen. Die Kommission wurde darauf von den Bureaux der Kammer gewählt und wird sich am nächsten Montag nah Saint Etienne begeben. _

Unter den Einnahmen im verflossenen Monat ergaben höhere Beträge als im Budget veranschlagt war: die Re-

gistrirungsgebühren im Betrage von 8 353500 Fr., die in-

und die Zuckersteuer

ire 3 883 000 direkten Steuern E

2 329 000 Fr.; geringere: die Zölle um 548 Monopole um 926 000 Fr.

Jn den vorgestern zu London ausgetauschten Er- klärungen willigt die französische Regierung ein, die Abmachung von 1862 dahin abzuändern, daß sie die Errihtung des englishen Protektorats in San- sibar und Mascat gestattet und England in An- erkennung des französishen Protektorats auf Madagas car die englishen Konsuln dem Exequatur der

französischen Regierung unterwirft. Außerdem erkennt England die Grenze der Jnteressensphäre Frankreichs in Afrika in der Verlängerung

der französishen Besizungen in Algier, am Senegal und Niger an. Diese Erklärungen werden dem- nächst veröffentliht werden. Wie die „Liberté“ vernimmt, betrage die von England in dem englisch-franzöfishen Ueber- einfommen anerkannte Grenzlinie der Einflußsphäre Frank- reis ungefähr 1000 km in der Gegend des Nigers und des Tschadsees. Der Deputirte Lau r beabsichtigt, die Regierung demnächst Betreffs des Uebereinkommens zu interpelliren.

Rußland und Polen.

St. Petersburg, 7. August. Der diesfeitige Bot- schafter in Konstantinopel, Nelidow, welcher gestecn hier eingetroffen is, äußerte \ich, wie die „Nord. Tel.-Ag.“ meldet, dahin, daß die Entsendung der bulgarischen Bishöfe nah Makedonien in Griechen- land und Serbien als ein heftiger Angriff gegen die Würde des Landes und der Kirche aufgefaßt würde. Las „Journal de St. Pétersbourg“ bemerkt in diefer Angelegenheit: Die Pforte hätte sich weniger bereitwillig zeigen können, den Wünschen Stambulow's nachzukommen, die fiher niht der Nothwendigkeit ent}prangen, der Kirche einen Dienst zu leisten, vielmehr politishe Motive zur Unterlage hätten, die durhaus nicht zu billigen seien, und denen die Pforte weniger als allen anderen Interessen ihre Untersiüstung zu leihen hätte. Jn diesem Sinne hätte sich auch Nelidoff} dem Sultan gegenüber ausgesprochen, do sei keinerlei Note überreiht worden. Bezüglich der Unruhen in der armenishen Kirche zu Konstantinopel meint das Journal: Die Haltung Der- jenigen, welche Ruhestörungen hervorgerufen, könne gewiß nit gere(tfertigt werden, und es sei zu hoffen, daß die Pforte den begründeten Reklamationen des friedlichen Theiles der armenishen Bevölkerung, welhe sich stets dur ihre Treue gegen die Türkei ausgezeichnet habe, Rechnung tragen werde.

Ftalien.

Rom, 6. August. (W. T. B.) Durch Königliches Detret vom 3. d. M. it heute die vierte Session der XVI. Legislaturperiode des Parlaments geshlossen

worden, Portugal.

Lissabon, 6. August. Zur Bildung eines Cordons gegen die Einshleppung der Cholera ijt Militär an die Grenze geschickt worden. i :

Die Streitigkeiten mit England haben die Aufstellung eines Flottenplans zur Folge gehabt, über den die engli- hen Blätter folgende Mittheilungen machen:

Die portugiesisbe Flotte ioll in Zukunft aus 4 Panzer- \chiffen für die Küstenvertheidigung, 10 Panzerdeckreuzern von 3400— 4500 t, 18 Kanonenbooten 1. Klasse von 600 t, 12 Kanonenbooten für den Stationsdienst von 150—300 t, 2 Tranéportsciffen von je 3500 t, 1 Segelshulschif und 24 Torpedobooten bestehen. Als die Aufgaben der portugiesishen Kriegsmarine werden in einer Denkschrift des Marine-Minister s hingestellt : Schuß der Küste gegen Blokade und Bembardement ; genügende Macht, um jede militärishe, gegen die Mündung des Tajo und gegen Lissabon gerichtete Operation zurüEweisen zu können; endlih die Möglichkeit, dur Kreuzer selbst einer weit größeren Macht, als Portugal es ift, Schaden durch Störung seines Seehandels zuzufügen. Für die Vertheidigung von Lissabon werden 4 Panzer von mäßigen Dimensionen, jedo mit 32 ecm Kanonen bestückt, für genügend erachtet. Von den 10 Panzer- Deckreuzern werden zwei für die Azoren, einer für Angola, einer für Süd-Amerika, zwei für Ost-Afrika bestimmt sein, vier bleiben in Lissabon. Für den Kolonialdienst in ftürmishen Gewässern und zur Unterstüßung der Kreuzer im politishen Dienst find 13 Kanonenboote 1, Klasse bestimmt; 12 andere Boote haben die Küstenwache und den Scuy der Fischerei zu besorgen. Die 94 Torpedoboote sind erforderli zur Unterstüßung der gepanzerten Küstenvertheidiger und zur mobilen Vertheidigung der gefährdetsten Häfen von Cominha bis Villa Real de Santo Antonio an der portugiesischen Küste. Drei Panzerschiffe müssen neugebaut werden, der „Vasco de Gama“ wird vollständig umgebaut. Von den 10 neuen Panzerkreuzern find bereits im Februar 4 in Bestellung gegeben. Von Kanonenbooten 1. Klafse sind bereits 14 vorhaxden (darunter 1 in Bau); von diesen sind noch zwei, von den Kanonenbooten 2. Klasse noch 6 Boote zu beshaffen, Torpedo- boote bat Portugal bis jeßt nur vier, es sind also noch 20 zu be- \ckœaffen. Der Minifter {ließt seinen Bericht mit der Bemerkung, daß einige andere Scbiffe, wie die Korvetten „Estephania“, „Bar- tholemeo Dias*, „Alfonso de Albuquerque“, „Rainha de Portugal“, „Mindello“ und „Duque de Terceira*, obwohl man sie nicht als Schiffe für die S{lacht betraten kann, immerhin zur Verstärkung der für den Kolonialdienst bestimmten Fahrzeuge dienen und die Schlahtschiffe bei politishen Missionen unterstüßen können,

Belgien.

Brüssel, 7. August. Das amtliche Blatt veröffentlicht die unter dem 6. d. M. erfolgte Genehmigung des Königs zu der von dem General van der Smissen AadgesuGten Entlassung als Kommandant des 2. Militär- bezirkes.

Türkei.

Konstantinopel, 7. August. Nach einer Meldung der „Agence de Constantinople“ ist die endgültige Be- stallungsurkunde der bulgarischen ishöfe in Macedonien dem bulgarischen Exarchen gestern übergeben worden. Wie verlautet, hätte der ökumenische Patriarch seine Entlassung eingereiht.

Der angence de Constantinople“ zufolge wäre der türkishe Botschafter in Berlin Tewfik - Pascha behufs persönlicher Berichterstattung nah Konstan- tinopel berufen worden. Es wird dies mit einem Wechsel in der Besezung der Botschafsterposten in Berlin, Paris und London in Verbindung gebracht.

Griechenland.

Athen, 7. August. Wie „W. T. B.“ meldet, scheint eine Spaltung der Opposition in Folge von Meinungs- verschiedenheiten zwishen den hervorragenden Führern der Partei bevorstehend zu sein.

Serbien. Belgrad, 6. August. (W. T. B.) Der russishe Ge- sandte Persiani ist Krankheit halber nah Paris abgereist.

Bulgarien.

Sofia, 2. August. (W. T. B.) Der bulgarische Bischof Theodosius hat heute Konstantinopel ver- lassen, um von seiner Diözese Uesküb Besitz zu er- greifen.

Schweden und Norwegen.

(F) Stockholm, 4. August. Jn Folge einer Einladung des Grusonwerks in Buckau bei Magdeburg hat der König befohlen, daß der Chef des Artilleriestabes Oberst-Lieutenant von Stockenström und der Major bei der Festungs- Artillerie Munthe nach Magdeburg abreisen, um den auf den Schießpläßen des Grusonwerks vom 8. bis 13. Sep- tember stattfindenden Versuchen mit neuen Geshüßgen beizuwohnen.

Dänemarf.

Kopenhagen, 6. August. Wie die „Nationaltidende“ erfährt, würde, in Bestätigung früherer Mittheilungen, der König anläßlich des bevorstehenden Besuches des öster- reihishen Ge\chwaders den Geburtstag des Kaisers Franz Joseph durh ein Galadiner im Schlosse Amalien- borg feiern. Aus demselben Anlaß würde der österreihische Gesandte Freiherr von Trauttenberg einen großen Ball geben, während der Marine-Minister Contre-Admiral Ravn zu Ehren der fremden Gäste ein Diner zu geben be- absihtigt. Das dänische Uebungsgeschwader werde am Svnd paradiren. /

(F) Das Uebungsgesch wader unter dem Kommando des Contre-Admirals Braag hat sich am 5. d. auf der hie- sigen Rhede versammelt. Das Geschwader besteht aus dem Panzershiff „Fver B , den Kreuzer - Korvetten „St. Thomas“ und „Valkyrien“, den Torpedobooten erster Klasse „Hvalrofsen“, „Svärdfisken“ und „Delfinen““, sowie einem Minenkrahn mit Minenboot. Außerdem führen „Jver Hvitfeldt“ und „Valkyrien“ je zwei Torpedoboote zweiter Klase an Bord.

Amerika.

Brasilien. Rio de Janeiro, 6. August. (W. T. B.) Der brasilianishe Gesandte in Paris wird dur den derzeitigen Gesandten in Berlin ersezt. Der Gesandte und der Sekretär der brasilianishen Gesandtschaft in Lissabon sowie der brasilianishe Gesandte in Madrid werden mit anderen Staatsstellen betraut.

Argentinien. Buenos Aires. Die „Times“ erhielt ein Telegramm aus Buenos Aires vom Mittwoh Nachmittag 51/2 Uhr, wonach die Kammern die Demission des Präsidenten Celman mit 61 gegen 22 Stimmen ange- nommen und Pe llegrini zum Präsidenten gewählt haben. Diese Wahl wird von den Blättern sehr günstig beurtheilt. Jn gut unterrichteten Kreisen verlautet, das neue Kabinet werde sfich aus Roca, Costa, Jrigoyen, Lastra und Levalle zusammenseßen.

Guatemala. Wie dem „R. B.“ aus Mexiko über New-York telegraphirt wird, find am 4. August 3000 guat e- malishe Aufrührer durh die regulären Truppen von Guatemala unter dem Befehl des Generals Pedro Barrillas, Bruders des Präsidenten, geschlagen und zerstreut worden.

Afrika.

Sansibar. Nach einem Telegramm des „Reuter'shen Bureaus“ aus Sansibar vom 6. August stattete der eng- lishe General-Konsul Evan Smith dem Sultan einen Besuch ab, um demselben die Glückwünsche der Königin Victoria anläßlich des kürzlih erlassenen Ge- sezes gegen die Sklaverei zu übermitteln.

Kaiser Wilhelm in England.

Von den englishen Zeitungsstimmen , welche Se. Majestät den Kaiser und König bei seiner Ankunft in England begrüßt haben, heben wir folgende hervor.

Die „Tim es“ schreibt: :

„Zu günstigem Zeitpunkt trifft der Deutsbe Kaiser in England ein. Der deutsch-englifche Vertrag, das jüngste Zeugniß der auf- richtigen Freundschaft der beiden Länder, welche stets Verbündete fein sollten, ist vom Parlament genehmigt worden. Der Kaiser wird reihe Anerkennung für den versöhnlichen Geist, in welchem die Ver- handlungen deuts&ecseits gefübrt wurden, finden. Wir verstehen den Monarwen jetzt befser als vordem und ein völliger Wandel in der öffentlihen Meinung bat si vollzogen. Er hat alle Vorurtkeile ent- wafffffnet und das nit am Wenigsten durch seine freimüthig ausgesprochene Bewunderung zweter eminent britishen Einrichtungen, unserer Flotte und unseres Kolonialwesens. .…… . Es ist verfrüht, ein endgültiges Urtheil über die innere Politik zu fällen. Aber die Anzeichen sind günstig. Jeder, welcher die Verhandlungen des Reichstages mit denen irüberer Sessionen verglciht, muß von Hoffnungen erfüllt sein.“

Die „Morning Post“ bemerkt:

„Der Geist, von welchem der Kaiser beseelt ist, is der einzige, welcher die Größe einer Nation erhält. Indem wir ihn wiederum an unserem Gestade bewillkommnen, bewillkommnen wir den wa hrten Aus leger der einzig wahren Frieden®politik der Nationen.“

Der „Daily Telegraph“ führt aus:

„Große Beränderungen haben fih zwischen dem ersten und zweiten Besu Kaiser Wilhelm's in England ereignet. Die Rollen aber, welche der Kaiser bei diesen Ereignissen gespielt hat, beweisen, daß derselbe ein Staatsmann und ein Soldat, ein Menschenfreund und ein Politiker, vor Allem aber „jeder Zoll ein König“ ist. Deutschland war anfänglich überrascht, daß es der Leitung jenes mähtigen Genius, welcher scine Einheit geshaffen und gefestet hatte, éntratben konnte. Bald aber entdeckte es, daß seine Angelegenheiten unter der per- fönlihen Aufsicht des Kaisers in niht weniger festen und ein ihtigen Händen wären und sowohl der inneren wie der auswärtigen

olitik ein neuer und bôchs volkêsthümliher Impuls gegeben war, Sn ganz Europa wird der Vertrag als das Präludium eines nit formellen, aber stihhaltigen deutsch-englishen Bündnisses aufgefaßt, und obgleich England aus flar darliegenden Gründen abgeneigt ift, mit auswärtigen Mächten Verträge abzuschließen, welhe es verwickeln fönnten, betrachtet es seine jezigen Beziehungen mit Deutschland als in jeder Beziehung befriedigend und erfreuliG. Der Gedanke, daß die völlige Herzlichkeit dieser Beziehungen in bedeutendem Maße der Funitiative des Deutschea Kaisers zu verdanken ist, macht den Empfang des befreundeten Monarchen Seitens des britischen Volks zu einem

um so begeisterteren.“

Und endlich heißt es in den „Daily News“:

„Bei dem kurzen Denn des Kaisers werden si{_die Gedanken der Engländer unvermeidlch dem kürzlich „abgeshlofsenen deutsh- engliswen Vertrag zuwenden. Obgleich es in Deutsland, wie in Großbritannien unverföhnlihe Gegner des Abkommens giebt, îo bat doch die große Mehrheit beider Nationen den Vertrag berzlih zu- stimmend begrüßt, indem er shattenbafte und wirre Ansprüche regelte. Als Oberbaupt des Deutschen Reis, als Souverän einer dur be- sondere Bande uns nabestebenden Nation wird der Gast Ihrer Majestät nit nur her;li, sondern begeistert bewillkommnet.“

Dem Bericht der Londoner „Allgemeinen Correspondenz“ über den Empfang Sr. Majestät des Kaisers Seitens Jhrer Majestät der Königin Victoria auf der Znsel Wight entnehmen wir noch folgende Einzelheiten: Seit Montag Mittag weilt Kaiser Wilbelm wieder auf britishem Boden, wo ihm von allen Klafsen der Bevölkerung ein überaus \sym- vratbisher Empfang bereitet wurde. Das Putlikum bringt ihm als Enkel der Königin und als Oberhaupt des Enaland befreundeten Deutschen Reis seine Sympathien entgegen und die Prefte feiert ihnals einen Hort des Friedens, der durch seinen zweiten Besuch in England den zwisen den teiden ftammverwandten Ländern seit Jahrhunderten bestehenden Freundshaftsbund aufs Neue befestigt und ‘damit eine neue Bürg- baft für die Erhaltung des Friedens bietet. :

Wie son kurz gemeldet, traf die Kaiserliche Yat „Hohenzollern“, bealeitet von der von Prinz Heitifri® von “Preußen befel,ligten Kreuzer- Korvette „Jrene“, am Sonntag kurz vor 10 Ubr Abends auf der Höbe von Dover ein. Nachdem sich der deutsche Botschaister, Graf Hatfeldt, an Bord der „Hohenzollern“ begeben, fuhr der Kaiser gegen Mitternacht bei ruhiger See na Srithead weiter und langte geîtern (Montag) Morgen furz na 9 Uhr am Nab-Leuhtthurm an. Die Anlurft des Kaisers erfolgte viel früber, als erwartet worden war, sodaß die beabsichtigt gewesene Begegnung zwishen dem Kaiser und dem Prinzen von Wales auf der Rhede von Spithead unterbleiben mußte. Fünf britishe Torvedoschiffe sowie die Admiralitäts-Yacht „Fire Queen“, mit dem Hafen-Admiral Sir John Commerell und dem komman- direnden General Sir Leicester Smith an Bord, fuhren der „Hohen- zollern“ vorauf nah der Bai von Cowes. Der von der „Hohenzollern“ und der „Irene“ abgegebene Salut wurde von dem Flaggschifff „Duke of Wellington", auf dessen Hauptmast die deutsche Reichéflagge flatterte, erwidert, als die deutswen Schiffe dur die Rhede von Spithead fubren. Als die „Hobenzollern“, umgeben von Hunderten von reie beflaggten Vergnügungsdampferü, Kuttern, Yahten und allen môg- lichen Seegelbooten, deren Pafsagiere den Kai)er mit stürmischea Zurufen begrüßten, in die Rhede von Cowes einlief, ließ die Königin von den Thürmen ibres S&losses in Osborne das Wort „Will- fommen“ fignalisiren, und das auf der Rhede stationirte englische WatHt\Gif „Volage* feuerte 21 Salutschüfse ab.

Bei der Ankunft in der Bai von Cowes begaben si der Prinz von Wales, der Herzog von Connaught und Prinz Christian von Sleswig-Holftein an Bord der „Hobenzollern“ und begrüßten den Kaiser auf das berzlihste. Der Thronfolger trug britische Admirals- Uniform, während der Herzog von Connaught und Prinz Christian in ihren englischen Uniformen ershienen. Der Kaiser, der sehr wohl ausfab, hatte die britishe Admirals-Uniform mit dem Stern und Bande des Hoscnband - Ordens angelegt. Während der Landung in Cowes s\vielten zwei Kapellen die englische und die deutsche Volkshvmne, und die aus einer Compagnie der Shüßenbrigade bestehende Ehrenwache vräsentirte das Gewehr. Am Landungsvlaßz batten sich zur Begrüßung des Kaisers Prinz Heinri von Battenberg, Prinz Alired von Edinburgh, der Marquis von Lorne, Gemahl der Prinzes Louise, und Prinz Waldemar von Dänemark eingefunden. Das vräthhtige Wetter und der Bankfeiertag hatten ein un- gewöhnli zablreihes Publikam angelockt, welches den hoben Gast mit nicht endenwollenden OHurrahs begrüßte. Ganz Cowes prangte im Festshmuck und auf allen Häusern flatterten Fahnen in den britishen, deutshen und preußischen Farben. Nah dem Abschreiten der Ebrencompagnie fuhren der Kaiser, der Prinz von Wales und die übrigen Königlihen Prinzen in offenen Wagen zwischen einem Truvpenspalier nach dem etwa eine englishe Meile entfernten Osborne. Ihre Majestät die Königin, welche das Orangeband des Schwarzen Adler-Ordens über dem blauen Bande des Hosenband-Ordens trug, empfing, umgeben von dem ganzen Hof, den Kaiser Wilbelm au? der Terrassentreppe, welche nah dem Königseingang des Slosses führt. Als der Kaiser ersien, ging die Königin in Be- aleitung der Prinzessin von Wales und deren Töchter, sowie der Herzogin von Edinburg, der Herzogin von Connaugbt und der Prinzessin Beatrice die Treppe hinab und begrüßte ihn aufs Herz libste. Sie empfing ihn mit ausgebreiteten Armen, umarmte ihn, küßte ibn auf beide Wangen und hieß ihn willkommen in England, Die Majestäten traten sodann, gefolgt von den anderen Anwesenden, in feierlihem Zuge in das Schloß, wo Cercle slattfand und ein Gabelfrühstück eingenommen wurde, zu welchem au die Mit- glieder des Kaiserlichen Gefolges hinzugezogen wurden. Im Laufe des Nachmittags stattete der Kaiser mehreren Mitgliedern der Königlichen Familie Besuhe ab. Bei dem Abends im Slosse stattgehabten Bankett saß der Kaiser zur Rechten der Königin. Graf Hay!eldt und Admiral Sir G. Hornby, der nebs General-Major Du Plat zum Ekhrendienst bei Kaiser Wilbelm während der Zeit seines Aufenthalts in England kommandirt ift, saßen an der König- lichen Tafel. Das Gefolge des Kaisers und die Hofchargen speisten in einem Zelte. Die Königlihen Gärten um Osborne waren prächtig illuminirt, die Bai von Cowes und die von Osborne erglänzten im Scheine von Tausenden von Lihtern auf den dort ankommenden Yachten, was, gepaart mit einer mondbellen Nat, einen unbeschreiblich \{önen Eindruck darbot. Che der Kaiser sich nah seinen Gemätern zurückzog, zeigte ihm die Königin das Gip8modell seiner Büste, die in Marmor für den großen Sculptursaal im Windsorschlosse gemeißelt werden sol. Die Büste stellt den Monarchen in Gardes du Corps-Uniform mit dem Adler- belm auf dem Haupte dar. Der Kaiser drückte seine Bewunderung über das Werk aus.

Ueber die am Dienbog auf der Rhede von Cowes abge- Wene Regatta des - Königlihen Yachtgeshwaders, welcher e. Majestät der Kaiser beiwohnte, meldet die „Allg.

Corr.“ folgendes Nähere: :

„Nach einem Morgenritt frühstückte Kaiser Wilhelm mit der Königin in den Gärten von Osborne House und fuhr um 9{ Uhr, begleitet von dem Prinzen von Wales, dem Herzog von Connaught, dem Prinzen Heinrich von Preußen und dem Prinzen Alfred von Edinburg nach Trinity Pier, wo die Königliche Yacht „Alberta*“ vor Anker lag. Diese brate die hohen Herrschaften zur Dampfpinasse der Königlihen Yacht „Victoria and Albert“, welche sie nach dem dem Prinzen von Wales ge- hörigen Schuner „Aline“ überführte. Die Rhede von Cowes war wieder mit kleineren Vergnügungsdampfern und Segelbooten ge- füllt, deren Passagiere den Kaiser, der einen Yachtanzug angelegt hatte, lebhaft begrüßte. Die „Hohenzollern“ und die „Irene“ blieben vor Anker. Die an der jährliben Regatta des Königlichen Yacht- geschwaders theilnehmenden Yachten lihteten um 10 Uhr die Anker. Der Kaiser haute der Regatta vom Poop der „Aline“ zu. Als die Yatbten zurückehrten, fuhren sie bei 14 österreichischen Kriegsschiffen vorüber, welche auf der Höhe von Ryde vor Anker gegangen waren. Ais die österreichischen Kriegsschiffe das deutshe Kaiserbanner vom Mast der „Aline“ flattern sahen, senkten sie die dôfterreidishe Flagge tief zum E Der neben dem Prinzen von Wales stehende Kaiser erwiderte den Salut, indem er mit der reten Hand seine Yahtmütze berührte. Auf der Heimfahrt riß eine heftige westlihe Brise den Topmast der „Aline“ weg, worauf sie vom Séleppdampfer „Victoria“ aus Portsmouth nach der Rhede von Cowes bugsirt wurde. |

Abends wohnte der Kaiser in der Uniform eines britischen Admirals dem Jahresbankett des Königlihen Yachtgeshwader-Klubs

in dessen Klubgebäude in West-Cowes bei, Der Prinz von Wales