1890 / 198 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 18 Aug 1890 18:00:01 GMT) scan diff

S. M. Kanonenboot „Hyäne“, Kommandant: Kapitän- Lieutenant Freiherr von Sohlern, ist am 16. August in San Paolo de Loanda angekommen und beabsichtigt, am 20. nah Kamerun wieder in See zu gehen. S. M. Kanonen- boot „JFlt is“, Kommandant: Korvetten-Kapitän Ascher, ist am 16. August in Wladiwostock eingetroffen und beabsichtigt, am 28. die Reise nah Port Hamilton fortzuseßen. S. M. Kanonenboot „Wolf“, Kommandant: Korvetten-Kapitän “redner, ist am 15. August in Fusan auf Korea einge- troffen und beabsichtigt, am 24. nach Nagasaki wieder in See zu gehen.

Königsberg i. Pr., 18. August. Se. Königliche Hoheit der Prinz Albrecht, Regent des Herzogthums Braun- schweig, ist, wie „W. T. B.“ meldet, heute Vormittag 9 Uhr 45 Min. auf dem Ostbahnhof hierselbst angekommen. Da offizieller Empfang abgesagt war, so erwarteten den Prinzen auf dem Bahnhof außer dem kommandirenden General Bronsart von Shellendorf und dem General-Major von Ra uch- haupt nur der Regierungs-Präsident von Heydebrandt und der Lasa, der Polizei - Präsident von Brandt und einige andere höhere Beamte. Se. Köuigliche Hoheit reichte den Herren zur Begrüßung die Hand und fuhr sodann durch die reih beflaggten Straßen, mit dem kommandirenden General zur Seite, nah dem Königlichen Schlosse. Die zahlreih auf dem Bahnhof und in den Straßen versammelte Menschenmenge begrüßte den Prinzen mit lebhaften Hurrahrufen. Fm Laufe des Vor- mittags besuhte Prinz Albreht Luisenwahl und nahm um 1 Uhr bei dem Regierungs-Präsidenten das Fcühstück ein. Nach demselben wurde eine Fahrt nach Pillau unternommen. Abends ist Diner beim kommandirenden General.

Waldenburg i. Shl., 16. August. Der Landtags- Abgeordnete Dr. Ritter (freikonservativ) hielt, wie „W. T. B.“ berichtet, heute Abend eine Rede vor seinen Wählern, in welcher er über seine Thätigkeit als Abgeordneter berichtete und zu- gleich als Patriot auf Grund feiner Wahrnehmungen im Staatsrathe die Persönlihkeit Sr. Majestät des Kaisers einer tief empfundenen, warmen Würdigung unterzog. Der Kaiser sei die Verkörperung eht deutscher, zäher, eiserner Willenskcaft, umflossen von angeborener Majetät, durhdrungen von der Weltmission des Friedens, und doch, seiner Zeit ent- sprechend, einherziehend im Gewande des Krieges. Es gebe keinen Deutschen, der so einzig undallein, mit allen Fasern seines Lebens, allen Fibern seines Herzens aufgehe in der Db des deutshnationalen Glüdes, wie Kaiser Wilhelm, der große Erbe der väter- lihen und großväterlihen Hohenzollern-Tugenden, der erfüllt von dem Ernst seiner hohen Mission, getragen von den Fittigen eines durchdringenden Geistes, nicht die ge- wohnten und bequemen Bahnen der Ueberlieferung ziehe, sondern seine eigenen Zirkel beschreibe und mit magischer Kraft die Seinen nah fich ziehe. Des Kaisers Vielseitigkeit und Ausdauer in Verfolgung wohlerwogener Jdeen erkläre sich aus der glücklihen Verbindung unerschrockener Kalt- blütigkeit mit tiefer innerliher Energie, unershütterlihem Gottvertrauen und großer körperliher Widerstandsfähigkeit. Auf das Eingreifen des Kaisers in der Arbeiterfrage und auf die Kaiserlichen Erlasse hinweisend, hob Dr. Ritter hervor, daß die rücgängige Arbeiterbewegung und deren Eindämmung in die Ufer einer humanen Geseßgebung niht etwa dem wechselnden Athemzuge von Angebot und Nachfrage, sondern vornehmlih der starken und versöhnenden Kraft des Kaisers zu danken sei. Die Kaiserlichen Erlasse seien so große Akte, daß man - sie niht übersehen, sondern bloß empfinden könne. Doch seien sie bereits an ihren Wirkungen erkennbar. Dem Kaiser werde die absolute Verhütung einer sozialen Revolution zwishen den Vogesen und der Weichsel zu verdanken sein ; des Kaisers höchster Wille habe die berehtigten Forderungen der Arbeiterwelt herausgegriffen und sie geshüßt und gestützt. Diese beginne wieder die Autorität zu achten und \ich vor der Heiligkeit des Gesehes zu beugen. Das fühle auch die Arbeiterwelt selbst. Dr. Ritter wies ferner auf die fürsorgende Thätigkeit des Kaisers für die Offiziere, für die Jugend- a r und den Geschihtsunterriht hin und schilderte die unershütterlihe Objektivität des Kaisers bei den Verhand- [lungen des Staatsraths, sein Ziehen von Land zu Land, um den Frieden zu sichern, selbst zusehen, selbst zu hören, vorhandenes Miß- trauen zu beseitigen und Vorurtheile zu zerstreuen, und {loß mit dem Ausdruck der Freude über die Erwerbung Helgo- lands sowie mit dem Wunsche, daß Gott dem Kaiser die Kraft der Gesundheit und seinem Volke den Frieden erhalten möge.

Bayern.

München, 18, aue Se. Majestät der König von Rumänien ist, wie „W. T. B.“ meldet, mit dem Pr inzen Ferdinand gestern Abend und Jhre Majestät die nigin von Numänien in Begleitung ihrer Mutter, der Fürstin gu Wied, heute früh hier eingetroffen und in dem „Hotel zu en vier Jahreszeiten“ abgestiegen.

Gestern Mittag stattete Fürst Bismarck in Kissingen Sr. Königlichen Hoheit dem Herzog von Edinburg einen Besuh ab. Abends wurde dem Fürsten Bismarck ein gge PO Ras Der Bürgermeister Fu chs hielt eine

nsprache, in welcher er wünschte, daß es dem Fürsten ver- gönnt sein möge, noch oftmals hierher zu kommen und jchioß mit einem Hoch auf den Fürsten. Leßterer dankte hierauf und brachte ein Hoch auf das. Gedeihen Kissingens aus.

Der General der Jnfanterie von Fries, Chef des Jn- genieur:Corps und Jnspecteur der Festungen, beging, wie die E, Ztg.“ meldet, gestern sein fün fzigiähriges Dienst- jubiläum.

Baden.

Karlsruhe, 18. August. Se. Königlihe Hoheit der Großherzog traf gestern Vormittag zu dem in Weinheim abgehaltenen Ab geordnetentage des badischen Mili- tärvereins-Verbandes daselbst ein und wurde am Bahnhof von den f fn der Behörden festlich empfangen. Der Großherzog nahm an den Verhandlungen sowie an der Eut- hüllungs feier des Kaiser- und Krieger-Denkmals Theil. Jn drei Ansprachen wandte sih der Großherzog an die Krieger und ermahnte sie, festzuhalten in Treue an Kaiser und Reich und die Vergangenheit niht zu vergessen, um für die Zu- kunft stark zu sein. „Wir müssen auf Vorposten sein“, Jchloß der Großherzog seine Ansprache. Die Krieger stimmten Jubelnd den Ausführungen zu. Abends verließ der Groß-

Sach eimar-Eisenach- Weimar, 16. August. Vorgestérn stattete, wie der „Leipz. Ztg.“ gemeldet wird, der indishe Fürst Ahmed Khan Bahadoß Jnmindar von Deadwar in Ost-Bengalen dem Großherzoglichen Hofe in Wilhelmsthal einen Besuch ab. Se. Königliche Hoheit der Großherzog war am Morgen bereits nah Scheveningen abaereist. An jeiner Stelle empfing Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzog den indischen Fürsten, dcr zur Tafel gezogen ward. Ahmed Khan is ein sehr wohlunterrihteter Kenner deutscher Literatur, der \sih zur Zeit auf einer Reise durch Deutschland befindet. hre Hoheit die Herzogin Johann Abbrecht von Medcklenburg-Schwerin hat sich gestern ebenfalls nah Scheveningen begeben.

Meckienburg-Strelit.

Neustreliß, 16. August. Jn Nr. 34 des „Off. Anz.“ bringt die Großherzoglihe Landesregierung zur öffentlihen Kenntniß, daß in Maßgabe der Verordnung vom 31. Mai d. J. zur Ausführung des Reichsgeseßes, be- treffend die Jnvaliditäts- und Altersversiherung, die gemeinsame Landesversicherungs-Anstalt für die Großherzogthümer Mecklenburg-Shwerin und -Streliy in Schwerin errichtet und der Ministerial: Assessor Krefft da- selbst mit der Wahrnahme dec Geschäfte des Vorsißenden im Vorstande derselben beauftragt worden ist.

Sachsen-Coburg-Gotha.

Coburg, 16. August. Se. Hoheit der Herzog hat, der „Cob. Ztg.“ zufolge, das nachstehende Handschreiben an den preußischen Finanz-Minister Dr. Miquel gerichtet:

Geehrter Herr Staats-Minister !

Ihre Berufung an die Spitze des Königlich preußischen Finanz- Decpariements und Ihre Annahme des dornenvollen Postens hat mich mit aufrichtiger Freude erfüllt, und ih möchte derselben Aus- e ge indem ih Ihnen das Großkreuz meines Haus-Ordens verleihe.

Vielleicht ist dies. Ihr erstes Großkreuz, wie au jenes das erste war, das ih einst dem uns Beiden befreundeten Hrn. von Bennigsen verliehen habe; jedenfalls ift der Gedanke mir angenehm, mit der Verleibung hier wie dort zueleich an jahrelanges Zusammen- stehen zur Kräftigung des nationalen Gedankens zu erinnern.

Coburg, 8. August 1890.

Wie immer Ero. Excellenz aufritig ergebener Ernst.

Das Antwortschreiben des Finanz-Ministers Dr. Miquel

lautete demselben Blatte zufolge: Dur@lauchtigster Herzog ! Gnädigster Herzog und Herr!

Ew. Hoheit haben mir dur die gnädigste Verleihung des Groß- kreuzes Hôöchstderen Haus-Ordens eine unverdiente Auszeichnung zu En geruht und mir dadurch eine große Ueberraschung und Freude ereitet.

Ew. Hoheit bin ih dadur, in nicht minder hchem Grade aber durh das für mi fo ehrenvolle, gütiae und gnädige Begleitschreiben zum tiefsten unterthänigsten Dank verpflichtet.

Die tiefe Verehrung und die Dankbarkeit, welher ih als Deut- sder für die unautlös{lichen Verdienste Ew. Hoheit um die Wieder- aufrihtung unseres Vaterlandes stets und zu allen Zeiten empfunden habe, machen eiue folcbe Anerkernung aus Ew. Hoheit Hand mir ganz besonders werthvoll und ermuihigend.

Ew. Hoheit nennen mit vollem Recht das Amt, welckes Se. Mojestät mic anzuvertrauen geruhten, ein dornenvolles. Aber ih babe geglaubt, auf persönlihe Wünsche und Interessen keine Rücksiht nehmen zu dürfen und mi verpflichtet gehalten, dem Nufe Sr. Majestät des Kaisers gehorsam, den Rest !meiner Kräfte da einzuseßen, wo unser Allerhöchster Herr glauben, sie rüßlih verwnerthen zu können.

Ew. Hoheit wage ih die chrfurchtsvolle Bitte vorzutragen, Höchstdieselben wollen auch weiterhin die bisherigen gnädigen und wohlwollenden Gesinnungen mir zu bewahren geruhen, und verbleibe mit dem Ausdruck meines unterthänigsten, tiefgefühltesten Dankes

Ew. Hoheit ehrfurchtsvoll und treu geborsamster Miquel.

Berlin, den 9. August 1890.

Elsaß - Lothringen. Straßburg, 16. August. Die diesjährigen H erbst- übungen des XV. Armee-Corps beginnen im laufenden Monat und endigen am 20. September. Die Uebungen im Regimentsverbande werden im Allgemeinen in der Nähe der Garnisonen abgehalten, eine Ausnahme machen das Znfanterie:Regiment Nr. 136, welches bei Saarburg übt, sowie die Jnfanterie:-Regimenter Nr. 60 und 137 und das Ulanen-Regiment Nr. 15, welhe bei Hagenau üben. Die Brigade-Uebungen bei der 30. Division finden ebenfalls im August statt. Die 59. Jnfanterie-Brigade übt bei Saarburg, die 60. bei Niederbronn. Die Detachements-Uebungen finden bei beiden Brigaden Anfangs September in der Nähe von Drulin- gen, bezw. zwischen Niederbroin und Rohrbach statt, worauf das Divisions-Manöver bei Saarunion folgt. “Am 14. bezw. 15, September sind die Truppen beider Brigaden wieder in ihre Garnisonen zurücgekehrt. Die Brigade-Üebungen der 61. und 62. Jnfanterie-Brigaden werden Anfangs September bei Krastatt und Hagenau abgehalten. Die De1achements-Uebungen derselben finden bei Wasselnheim (61. Brigade) und bei Truchtersheim (62. Brigade) statt, an welhe \sich das Divisions-Manöver (31, Division) bei Wasselnheim an- schließt. Zu den Detachements-Uebungen der Brigaden und den Manövern der 30. und der 31. Division werden das Ulanen-Regiment Nr. 15, das Dragoner-Regiment Nr. 15 und die Feld-Artillerie-Regimenter Nr. 15 und 31 (leßteres nur theilweise) zugezogen. Außerdem nehmen je 2 Compagnien des Pionier-Bataillons Nr. 15 und je 2 Detachements des Train-Bataillons Nr. 15 an diesen Uebungen und Manövern Theil. Die 30. Kavallerie-Brigade (Ulanen-Regimenter Nr. 7 und 11 und Chevaulegers-Regiment Nr. 5) nimmt an den Uebungen der 30. Division nicht Theil. Dieselbe wird sich an den im September stattfindenden großen Kavallerie-Manövern betheiligen, die im Bereiche des 15. und 16. Armee-Corps abgehalten werden. Zu den Kavallerie-Manövern im Be- reihe des XV, Armee-Corps werden die beiden Ulanen- Regimenter mit den badischen Dragoner: Regimentern Nr. 20 und 21 (aus Karlsruhe-Durlah bezw. Bruchsal-Schwetzingen) und den württembergischen Ulanen-Regimentern Nr. 19 und 20 (aus Stuttgart bezw. Ludwigsburg) vom 6.. bis 18. Sep- tember in der Gegend von Saarburg zusammengezogen. Die badischen und württembergishen Regimenter* werden per Fuß- marsch ins Manöverterrain rücken und während dieser Märsche Uebungen im Aufklärungsdienstt machen. An den Kavallerie- Manövern nehmen auch 2 reitende Batterien des Feld-Artillerie-

herzog unter brausenden Hochrufen des Publikums Wein- heim und kehrte nah SéloL Mainau zurück, ;

Chevaulegers-Regiment Nr. 5 nimmt an den Kavallerie-Ma- növern im Verbande des XVI, Armee-Corps Theil.

Die Herbstübungen des XVI. Armee - Corps werden am 24. September beendigt. Die Uebungen im Reagimentsverbande werden durchgehends in der Nähe der be-

Meyerwiese abgehalten ; die darauf folgenden Brigade-:Uebungen (Jnfanterie-Brigaden Nr. 65, 66 und 67, Kavallerie: Brigaden Nr. 33 und 34 und bayerishe Besazungs Brigade) und die Divisions-Manöver (33. und?34. Division), welche 3 resp. 4 Tage dauern sollen, werden bei Mörchingen, Hellimer und Dieuze (33. Division) bezw. bei Megerwiese, Schemerih und Vigy (34. Division) stattfinden. Hierauf folgt ein 3tägiges Manöver des ganzen YVI. Armee-Corps in der Gegend von Château-Salins— Falkenberg, Außerdem werden vom 5. bis 18. September, wie beim XV. Armee: Corps, besondere Kavallerie:-Uebungen abgehalten, und zwar 6tägige Uebungen von 6 Kavallerie-Negimentern in Brigaden und in der Division bei Met und eine 3 tägige Uebung der Division gegen die beim XV. Armee-Corps gebildete Kavallerie-Division zwischen Bolchen und Saaralben.

Für das am-19. d. M. stattfindende Leihenbegängniß

des verstorbenen Bischofs Dr. Stumpf sind, der „Straßb. Post“ zufolge, nahstehende Bestimmungen getroffen worden: _ Um 95 Uhr seßt sih der Zug in Bewegung. Die Aufstellung ist folgende: Jn der Meisergasse hinter tem Kreuz die Waisenkinder, die katholishen Mädchen- vnd Knabenschulen ur d die Kongregationen 5; auf dem Broglievlaß die S{western; in der Luxhof- und Brandgasse die katholishen Schüler des bischêflihen Gymnasiums, tes Lyceums und der Realschulen mit ihren Lehrern, die katholishen Studenten- vereine „Badenia“ und „Frankonia*; in der Pergamenter- gasse die Alumnen des Priesterseminars, die Vikare und Pfarrer, die Kantonalpfarrer, die Professoren des Priester= seminars, die Ehrendomherren, die Domherren, die Kapitular- vikare. Hinter dem Leichenwagen wird der Wagen des verstorbenen Bischofs gefahren werden, dann folgen Seminaristen, die fremden Erzbischöfe und Bischöfe, die beiden General vikare des verstorbenen Bischofs, die Sekretäre, die Spiyen der Behörden, Vertreter derx Universität, des Landesauéschusses, des Bezirkstages, der Bürger meister, die Beigeordneten und der Gemeinderath der Stadt Straß- burg, dann die Männer-Kongregationen und zum Schluß die Abge- ordneten der katholishen Ptarreien der Stadt.

Bis jeyt haben die Bishöfe von Trier, Met, Nancy, Angers und Basel ihre Betheiligung am Leichen= begängniß zugesagt.

Selgoland.

, Helgoland, 14. August. Der Kaiserliche Re- gierungskommissar hat gestern, wie der „Post“ geschrieben wird, folgende Bekanntmachung an den Straßeneckten an- s(lagen lassen:

„Es wird hiermit zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß die Sprechstunden wie bisher am Dienstag und Freitag, Vormittags von 9 bis 12 Uhr, im Dienstzimmer des Kaiserlihen Kommissars, Ne- gierungsgebäude (Governmenthouse), stattfinden. Gerichtlihe Klagen jeder Art sind fortan im Bureau des Kaiserlichen Kommissars, Regierungs- gebäude, \chriftlich einzureihen. Polizeilihe Anzeigen sind ebenfalls, sofern sie nidt wegen Dringlichkeit der Angelegenheit an einen der dem Kommissar untergeordneten Exekutivbeeamten mündli erstattet werden müssen, im Bureau des Kaiserlihen Kommissars, Regierungsgebäude, \{riftlich oder zu Protokoll anzubringen. Aus- genommen hiervon sind Anzeigen über Gegenstände der Hafenpolizei, welce der Aufsicht des Herrn Gouverneurs urnt«rstehen. Helgoland, 12, VIII. 1890. Der Kaiserlihe Kommissar Wermuth.“

Oesterreich -Ungarn.

Wien, 18. August. Se. Majestät der König von Numänien empfing vorgestern Vormittag, wie die „Wien. Ztg.“ mittheilt, den Chef des Generalstabes, Feld-Zeugmeister Ae von Beck. Um 11 Uhr stattete Se. Majestät der Käiser und König dem Könige im Hotel einen Besuch ab- Nachmittags mate dieser mit dem Prinzen von Rumänien dem Oberst: ofmeister Prinzen zu Hohenlohe einen Besuch. Um 4 Uhr fuhr sodann der Kaiser vor dem Hotel vor, um den König zur Hoftafel in der Kaiserlihen Villa abzuholen. Jhre Majestät die Kaiserin und Königin nahm an dem Diner nicht Theil. Außer den zu der gestrigen Tafel bei- gezogenen Personen wohnte der heutigen auch der bayerische Hauptmann Baron Schönhueb bei. Um 6 Uhr machte der Kaiser mit dem König Karl und dem Prinzen Ferdinand eine Spazierfahrt in der Richtung gegen Strobl. Um 7 Uhr erschienen der Kaiser, König Karl, der Prinz Ferdinand und die Prinzessin Gisela von Bayern mit dem Gefolge im Theater, woselbst die Offenbach'sche Operette „Dorothea“ auf- geführt wurde. Gestern gegen Mittag erfolgte die Abreise des Königs und des Prinzen Ferdinand nah München. Der Kaiser geleitete dieselben zum Bahnhof, wo ih die Monarchen mit wiederholten Umarmungen verabschiedeten.

Jhre Königliche Hoheit die Prinzessin Albrecht von A ist mit Jhren Königlichen Hoheiten den Prinzen

riedrih Heinrih, Joachim und Friedrih Wilhelm vorgestern Abend von hier mit dem Courierzuge der Nordbahn nah Kameny abgereist. Wie der „Wien. Ztg.“ aus Lemberg gemeldet wird, hat der Landmarschall von Galizien Graf Tarn owski seine Ent- lassung eingereiht. /

Großbritannien und Frland.

London, 18. August. Jm Oberhause wurde am Freitag, wie die „A. C.“ mittheilt, die vom Hause der Gemeinen in der Nacht vorher angenommene irische Eisen= bahnvorlage, welhe in Folge des drohenden Mißwachses der Kartoffelernte in Jrland den Bau der geplanten leichten Eisen=- bahnen in den übervölkerten Kreisen zu beschleunigen bezweckt, zum ersten Mal gelesen und dann durh alle übrigen Stadien gefördert. Um 5 Uhr vertagte sich das Haus bis 11 Uhr Abends, worauf die Amendements des Hauses der Gemeinen zu der Vorlage, betreffend die Haftpflicht von Direktoren von Aktiengesellschaften für falshe Angaben im Prospekt, genehmigt wurden. Jm Unterhause wurde der. Ober-Sekretär für FJrland von den Parnellite) mit Fragen bestürmt, welhe Maßregeln er zu er- greifen beabfihtige, im Falle das Wißrathen der Kar- toffelernte eine Hungers noth in vielen Theilen-Jrlands ver- - urjachen sollte. Balfour erwiderte, daß die eingegangenen Berichte zwar einen ernsten Fehlshlag der Kartoffelernte kon- statirten, aber die Erwartung einer Hungersnoth nicht recht- fertigten. Es sei keine Ursache vorhanden, zu befürchten, daß die gewöhnlichen Hülfsquellen der Armenpflege zur Bewältigung des möglicherweise entstehenden Nothstandes nicht aus-

Regiments Nr. 31 und ein Pionier-:Detachement Theil. Das

reihten. Anläßlich des hierauf gestellten Antrages auf zweite

ftreng die

treffenden Garnisonen Met, Mörchingen, Diedenhofen und

Lesung der Finanzbill rügte Jenkkcägs (konservativ) sehr ingussciebun der Geldforderungen für den

Staatsdienst bis zum Sdlub der Session, was, wie er glaubte, nur den Zweck haben könne, eine genaue Prüfung der ver- schiedenen Posten zu vermeiden. Nachdem noch die armenische Frage sowie der Behring3meerstreit zum Gegenstand der Erörte- rung gemacht und verschiedene andere kleinere Angelegenheiten be- \prochen worden waren, wurde die Finanzbill zur zweiten Lesung zugelassen. Schließlich genehmigte das Haus die Abänderungen, welche das Oberhaus an der Vorlage, welche Direktoren von Aktiengesellshaften für falshe Angaben im Prospekt haftbar macht, vorgenommen hatte. Hinzugefügt wurde ein weiteres Amendement, welches die Herausgeber eines Prospekts verantwortlih macht für etwaige falsche Angaben eines Sachkundigen, Falls sieniht vernünftige Gründe für die Annahme hätten, daß der Sachkundige kompetent war, die Angaben zu machen. Am Sonnabend hielt das Haus eine Sitzung zur Erledigung der Einzelberathung der Finanzbill. Die dritte Lesung der Vorlage ist auf heute anberaumt, und nah derselben wird die Session mit einer Botschast der Königin eshlossen, um Ende November für eine neue Session zu-

ammen zu treten.

Ueber den ferneren Verlauf der Flottenübungen wird berihtet: Am Freitag liefen plöglih zwei feindlihe Torpedo- boote in den Hafen von Plymouth, legten ein Torpedo unter das britishe Kriegsschiff „Narcissus“ und nahmen die Offiziere desselben gefangen. Die Admiralität ließ diesen Anspruch fceilih niht gelten, da Plymouth ein offener Hafen sei; es scheint jedoch festzustehen , daß die Annäherung des feindlichen Torpedobootes nicht bemerkt worden ist. Spät am Abend lief das Torpedo- boot Nr. 59 in den Hafen von Plymouth, nachdem es von dem Torpedoboot Nr. 81 auf der Höhe von Falmouth an- gerannt und fast in zwei Stücke geschnitten worden war. Ueber die Hauptmacht des Feindes sind keine Nathrihhten eingegangen. Man nimmt allgemein an, daß er plöglih in den Kanal eindringen wird, und hält es für sehr shwieria, es zu ver- hindern. Das Reserve - Geschwader sandte gestern Abend nach Einbruch der Dunkelheit fünf Torpedoboote erster Klasse und die Torpedof änger „Graßhopper“ und „Rattlesnake“ in den Kanal, um dort nah dem Feinde zu spähen. Bald kamen auch zwei feindliche Torpedoboote in Sicht, welche auf Portland zu segelten. Die Verfolgung wurde so- fort begonnnen, und auf der Höhe von Dartmouth gelang es, die beiden Boote (Nr. 83 und 85) zu kapern. Die drei zum Neservegeshwader gehörigen Thurmschiffe „Belleisle“, „Cyclops“ und „Hecate“ stahen gestern von Portland in See, um die Vertheidigungsflotte Admiral Tryon's zu verstärken. Die See wurde jedo so rauh, daß sie in Portsmouth einlaufen mußten. Die Torpedoboote des

eindes versuchten, die Gelegenheit zu einem Angriff auf ortland zu benuyen, das elektrishe Licht verhinderte jedoch, daß sie sih unbemerkt nähern konnten.

Frankreich.

Paris, 18. August. Der „Liberté“ zufolge würden Kapitän Binger, bekannt als Forscher im Niger:Gebiet, Duvergier, Reisender in den Tuareg - Ländern, und Desbuissons, Geograph im Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, den beiden staatlichen Kommissaren für die Grenzfeststellung der Sudan-Gebiete, Hanotaux are Haußmann, mit berathender Stimme beigegeben werden.

Den Abendblättern vom 16. d. M. zufolge ist für die zweite Hälfte der Kavallerie-Manöver, welche in der Nähe von Chalons unter dem General de Viel d'Espeuilles statt- finden, eine Neuerung geplant, indem die Divisionen in einer Entfernung von 80 km von einander Ausstellung nehmen und ohne vorgeschriebene Gefechtsidee nach D E Disposition gegen einander manövriren ollen. :

Die „Autorité“ meldet, der Ort Kade in Senegam- bien sei von einem französischen Aviso bombardirt worden.

Wie der „Köln. Ztg.“ geschrieben wird, geht aus dem Liquidationsbericht über das Panama-Unterne hmen hervor, daß die Gesellschast über 1300 Millionen Franken verausgabt und wohl zur Hälste vershleudert hat. Die Presse wurde mit 83 Millionen bedacht und zwar zum großen Theil für redaktionelle Anpreijungen, um stets neue Einzeichner an- zulocken und die vorkommenden Schwierigkeiten zu vertuschen. Die unbetheiligten französishen Blätter verlangen nun, daß der Liquidator die. „gekauften“ Blätter bekannt mache.

Ftalien.

Rom, 17. August. Wie der „Polit. Corresp.“ gemeldet wird, beginnen die bevorstehenden Manöver, welche in Gegenwart des Königs und des Prinzen von Neapel stattfinden sollen, am 23. d. M. und werden bis zum 30. dauern. Zwei Armee-Corps mit beiläufig 50000 Mann werden an den Manövern theilnehmen, bei welchen die fremden Armeen nur durch die Attachés der Botschasten und Gesandt- schaften vertreten sein werden. Nach der Manöveraufgabe soll eine Armee aus dem Tessin gegen den Mincio vorrücken, wo sih die feindliche Armee befindet. Die Vorhut der ersteren wird am 23. August in Brescia und Castenedolo anlangen, während die Vorhut der anderen Cerlongo und Volta besezt. Die beiden Armee-Corps werden dur die General: Lieutenants Dezza und Boni befehligt sein, der oberste Leiter des großen Manövers ist General Ricotti - Magnani. Der großen Heerschau am 30. d. M., welhe nächst der Straße von Castenedolo-Monte- chiari statifinden wird, dürfte auch die Königin beiwohnen.

Die Uebungen derSee-Geschwa der, welche zwischen dem 28. Juli und dem 2. August stattgefunden, haben zufolge ihrer außerordentlich günstigen Ergebnisse allgemeine Be- friedigung erwedt. Keines der Schiffe trug Havarien davon, troßdem die Gefechte bei Naht, ohne Reverberirfeuer und in Gewässern stattfanden, wo es einen starken Verkehr von Handelsfahrzeugen giebt. Die Küstentelegraphen beförderten 891 Depeschen, zwischen den A und den Schiffen wurden 2600 Signale gewechselt. Vorzügliche Dienste leisteten die Brieftauben, von welchen eine große Anzahl in Ver- wendung war. /

Dr, Peters ist, laut „W. T. B.“, nah herzlicher Be- gegnung mit Kapitän Casati in Monza, gestern Abend nach Deutschland abgereist. Nah einer bei dem Emin- Pascha:Comité e gangenen Meldung aus Mailand wird Dr. Peters am 23. d. M. in Berlin eintreffen.

Belgien. Ostende, 17. August. Wie „W. T. B.“ meldet, gab der König gestern zu Ehren der Söhne des Khedive,

der Prinzen Abbas Bei und Mehemed Ali Bei, welche zu kurzem Aufenthalt hier eingetroffen sind, im Königlichen Schlößchen ein Dejeuner, an dem außer den Prinzen und ihrem Gefolge der Eisenbahn-Minister van den Peereboom, der General - Kommandant der südafrikanischen Republik General Joubert und® andere hochgestellte Persönlichkeiten theilnahmen. Abends fand zu Ehren der Prinzen ein Ball im

Kasino statt. | s Türkei.

Konstantinopel, 17. August. Der _ „Agence de Constantinople“ zufolge hat das Kriegs3aeriht über die Urheber der Unruhen, welhe ‘am 27, v. M. in der armenishen Metropolitan-Kirche zu Kumkapu stattfanden, das Urtheil gefällt. Der Hauptthäter wurde zum Tode, drei andere wurden zu 1öjähriger, fünf Angeklagte zu 10jähriger bis herab zu G6jähriger Zuchthausstrafe ver- urtheilt. Der Ministerrath bestätigte das Urtheil, welches nunmehr dem Sultan unterbreitet wird.

Schweden und Norwegen.

(F) Stodckholm, 15. August. Der Kronprinz is| heute Mittag hier wieder eingetroffen. Am nächsten Dienstag reist er nah Drontheim, um den dort stattfindenden Mili- tärübungen beizuwohnen; die Nückehr nah Stockholm wird am 30. d. erfolgen. Wahrscheinlih am 6. September wird der Kronprinz dann wieder nah Deutschland abreisen, um der Kronprinzessin, die bis dahin auf dem Shhlosse Heiligenberg verweilen wird, einen Besuch abzustatten.

Wie die amtliche „Post Tid.“ mittheilt, waren die Chefs der hier liegenden, inzwishen bereits wieder weggefahrenen deutschen Kriegsschiffe „Luise“ und „Rover“ von dem fran- zösischen Gesandten René Millet zum Frühstück in dessen Woh- nung geladen. (

Die Korvette „Freja“ soll Ende September unter Kom- mando des Commandeur-Kapitäns Prinzen Oscar Berna- dotte eine längere Reise antreten. Das Schiff soll Plymouth, Gibraltar, Malta, Corfu, Alexandria, Konstantinopel, Athen, Tunis und Cherbourg anlaufen.

Dänemark.

Kopenhagen, 18. August. Drei Schiffe des öster- reihishen Geshwaders sind, dem „W. T. B.“ zufolge, estern hier eingetroffen und auf der äußeren Rhede vor nker gegangen. Der Erzherzog Carl Stephan wird heute Nachmittag* 51/5 Uhr von der Königin empfangen werden. Um 6 Uhr findet Galatafel statt, zu welcher 60 Einladungen ergangen sind, und Abends in Tivoli ein Souper für die Offiziere sowie Beköstigung der Mannschaften. Der König beabsichtigt, morgen das Geschwader zu besuchen.

Amerika.

Vereinigte Staaten. Washington, 17. August. Die Repräsentantenkammer nahm, einer Mittheilung des „W. T. B.“ zufolge, den Geseßentwurf an, nach welchem die Lotteriecorrespondenz von der Postbeförderung auszuschließen sei. ;

San Salvador. Wie dem „NReuter'’shen Bureau“ aus der Stadt Mexiko gemeldet wird, ist dase!bst die Nachricht aus San Salvador vom 15, d. M. eingetroffen, Präsident Ezeta wolle noch eine weitere Frist von drei Tagen zur Eröffnung von Friedensverhandlungen mit Guatemala gewähren, worauf erforderlihen Falls die Feindseligkeiten beginnen würden. |

Argentinien. Buenos Aires, 15. August. Es ist der „Times“ zufolge Befehl ertheilt worden, die Direktoren der Nationalbank von Cordoba gefänglich einzu- ziehen, Falls sie fortführen, dem Geseßze «zu troßen. Ueber den Stand der hiesigen Nationalbank werden volle Enthüllungen gemaht und die Namen der Schuldner, welhe nach 14 Tagen nicht wenigstens so viel zahlen, wie sie können, veröffentlicht werden. Die Bank soll 30 000 000 Dollars namentlich an die Anhänger des Präsidenten Celman geliehen haben.

Afrika.

Egypten. Kairo, 17. August. Der österreihi#\ch- egyptishe Handelsvertrag is, wie das „Reuter'sche Bureau“ meldet, gestern unterzeichnet worden.

Der bisherige Unter-Staatssekretär der Finanzen Blum- Pascha ist heute nah Paris abgereist.

Kunft und Wissenschaft.

Professor Felix Liebreht, ein Germanist von Ruf, ist, wie das „Atbenäum“ meldet, in St. Hubert gestorben. Er bekleidete eine Professur des Deutschen in Lüttih von 1849 bis 1867 und über- seßte mehrere Werke aus dem Griecbishen nnd Englischen. Auch war er der Herausgeber der Otia Imperialia von Gervase von Tilbury. Professor Liebrecht wurde 1812 in Schlesien geboren.

Auf dem gestern in Breslau abgehaltenen Schrift- stellertag waren etwa 350 Mitglieder, darunter von Boden- stedt, Freytag, Emil Rittershaus anwesend. Robert Schweichel erstattete den Rechenschaftsberi&t und konftatirte den Aufschwung des literarischen Bureaus. Ein Antrag Keil's auf Niedersezung einer Kommission Behufs Ausarbeitung einer Verlagsordnung, welche den Reichsbehörten und dem Reichs1age zu unterbreiten sei, wurde angenommen. Alsdann beschloß die Versammlung die Gründung einer Altersversorgungska\\e. Abends fand das von der Stadt auf der Liebigéhöhe veranstaltete Fest statt, welchem zahlreihe Mitglieder des Magistrats, darunter der Oher-Bürger- inister Friedensburg, ferner der Stadtverordnaeten-Vorsteher Freund beiwohnten.

Sanitäts-, Veterinär- und Quarantänewesen.

(F) Wie uns aus Stockholm geschrieben wird, ist in dem Kirch- spiele Ku ddby, in der Geaend von Norrcköping, der Milzbrand aufs Neue ausgebrohen. Die veterinärpolizeilihen Maßnahmen sind angeordnet.

4 Kairo, 17. August, Der Gesundheitszustand der Stadt ist cin durchaus befriedigender, die darüber auswärts verbreiteten ungünstigen Berichte sind, „W. T. B.“ zufolge, unbegründet.

Theater und Musik.

b U cite Borstellin ch den Ferien ftatt Am Sonnabend fand die erste Vorstellung nah den Ferien ftatt ; man eröffnete mit Henrik Jöbsen's „Volk sfeind“. Das Theater war sebr reich mit einer beifallslustigen Menge beseßt, welde feine Gelegenheit vorübergehen ließ, threr zumeist begründeten Anerkennung der schauspielerishen Leistungen Aus- druck zu geben, Ibsen's „Volksfcind®“ ti|st in Berlin schon von früheren Aufführungen an einem anderen Theater bekannt; das ganze Werk stroßt von politisher Satire und Menschenverachtung. Der Badearzt Stockmann entdeckt, daß sein Vadeort eine Pesthöhle

S Ti O O O E L N e e S E AM E Ap er

ist; seine Mitbürger, deren Ruin diese Entdeckung ist, wenden ih gegen die Veröffentlichung diefer Wahrheit und den Entdecker der- selben; der Arzt kämpft vergebens für seine Ansicht, und je mehr seine Gegner Vortheile über“ ihn aewinnen, desto mehr wird aus

dem men\chenfreundlichen Arzt ein Menschenverächter, ein Volksfeind,

wie ihn seine Mitbürger nennen. Ein Kampf zwishen Wahrheit und Lüge, den Ibsen hier in den Kernpunkt der Handlung legt, erregt stets allgemeine Antheilnaßme; leider wird dieselbe im „Volksfeind* sehr abgeschwäht durch das phantastische Wesen des Wahrheits- kämpfers. Stockmann erscheint în vielen Beziehungen in seinem Denken und Fükblen unklor. Warum iubelt er, daß er die Entdeckung der Badverpestung gemacht hat? Nx Ibsen's Ansitht, weil er eine Wahrheit entdeckt habe, Daß diese Wahrheit eine sehr traurige für die gesammte Stadt ist, \{heinnt er nit zu bedenken. So phantastisch verfährt „er weiter; übermüthig, fast bis zur Thorheit, so lange er glaubt, seine Mitbürger würden ihm ODankadressen, Fadckelziwge u. #. w. darbringen, wird er Menschenhasser und Menschenverähter, sobald man ihm nit glauben will, ihm, welcher sich für den allein Verständigen und Weisen in einer Volksyersammlung selbst erklärt. Dramatish wirksam erweisen sich Ibsen's Werle fast immer; er weiß in den Dialog so viel Spißfindigkeit zu legen und ihn mit so vielen Paradoxen zu durhseßen, er weiß stets Probleme zu finden, die alle Menschen interessiren, daß die Theilnahme der Zuhörer auch dann gefesselt bleibt, wenn man die vom Dichter proklamirten Ansihten und Urtbeile für fehlerhaft oder selbst für völlig falsch bält. In diesem Sinne ist es zu verstehen, wenn Jbsen's „Volksfeind" einen wirklichen Erfolg errang und wenn si die Theilnahme in lautem Beifall besonders nah der großen Volksversammlung im vierten Akt äußecte. Der Schluß überrashte aber dur seine Verschwommenheit und Seltsamkeit. Doktor Stockmann erklärt, er werde seine beiden Knaben zu Vorkämpfern seiner Ideen erziehen, sie zu dem Zweck aus der S&ule nehmen und ihnen noch versuch#weise zwölf Gafsenjungen zu demselben Zweck zugesellen; sie sollen Kämpfer für Wahrheit und Freiheit werden und besonders den polit:sben und sozialen Parteisührern zu Leibe gehen, gegen welhe er während des ganzen Stückes wie gegen verheerende Wölfe gekämpft hat.

_ Die Darstellung zeigte ret erfreuliche Einzel- und Gesammt- [eistungen, Hr. Klein spielte den phantastishen Dr. Stock- mann in Ibsen'sher Maske mit vorzügliher Charakeristik und doch fkonnte er aus der Gestalt keinen Menschen schaffen, dessen Geshick uns rührt; glänzend gelang ihm die große Rede des vierten Aktes in jegliher Einzelheit. Ueber- rashend gut war Hr. Stägemann als Bürgermeister Stockmann, der Bruder und Gegner des Doktors; es lag so viel Natürlichkeit in seinem Wesen, in seincr Sprache, daß er wirkli eine lebenskräftige Figur auf die Bühne ftellte. Hr. ck er spielte eine kleine Rolle, den klein- bürgerlihen Gerbermeister in seiner Beshränktheit und seiner kleinlichen Boeheit vortreffflich. Die Hrrn. Molenar und Schönfeld ver- traten die sich nach jedem Winde drehende öffentliche Meinung; sie versuchten die Niedrigkeit der Gesinnung. welche diesen beiden Jbsen- hen Journalisten eigen sein soll, durch Humor zu mildern. Außerdem ist noch Hr. Waldow als s{chüc{terner, zur Mäßigkeit mahnender Haus- und Bucdruckereibesizer und Hc. Blencke in seiner fast ummen Sciffskapitänsrolle mit Anerkennung zu erwähnen. ör. Stägemann svielte die liebevolle Gattin des Dr. Stockmann und die forgliche Mutter schr tüchtig. Ueberra\shend gut war die Darstellung der Volksversammlung im vierten Mt. Die Darsteller, besonders Hr. Klein, wurden nah jedem Aft stürmisch gerufen.

: Victoria-Theater.

Bereits am Freitag soll das reue Stück „Die. Million“ in Sc'ne gehen. Die umfassenden Vorbereitungen, welche dieses Werk beansprucht, find nach si:ben Wochen dauernden täglichen Proben be- endet, und in der Zeit von Montag bis Freitag wird, während das Theater geschlossen bleibt, die leßte Hand an die Inscenirung gelegt. Das reue Werk wird gleichzeitig eine Reihe neuer Darsteller dem Publikum vorführen. Die Hrrn. Wander und Barthold, die ver wenigen Jahren dem Wallner-Theater angehörten, das jugendliche, \timm- begabte Frl. Walden, die zum ersten Male eine Berliner Bühne be- tritt, find mit hervorragenden Rollen betraut. Der langjährige frühere Leiter des Victoria-Theaters, Emil Hahn, der in der leßten Zeit sein Heim in New-York aufgesblagen hatte, wirkt in doppelter Cigen- schaft in dem Stücke, als Darsteller einer feinen humoristischen Rolle und als Inscenator desselben. Direktor Litashy und Fr. Heese-Litaschy, die Hrrn. Pauli, Sieghardt, Schwabe, Jaffé, Paris und fast das gesammte Personal der Bühne sind gleihfalls in der figurenreihen Novität beschäftigt. Die choreographischen Einlagen, welche der Balletmeister Gredelue aus Paris arrangirt hat, werden einen besonderen Reiz durch das Auftreten einer jugendlihen prima ballerina, Blane Waldine, erhalten. Der Vorverkauf zu diesen Vor- stellungen beginnt h¿ute und findet in den Stunden von 11 bis

1 Uhr statt. : : Kroll's Theater.

Miß Macintyre trat am Sonnabend in der Rolle der Margarethe in Gounod's gleichnamiger Oper auf, mit der sie, wie vorher verkündet worden ist, ibre eigentliche Künstlerlaufbahn begonnen. Séauspielerisch war ihre Leistung unzweifelhaft hervorragend vielleidt that sie in dieser Beziehung nah unserem Geshmack und jedenfalls in Vergleich zu den übrigen Mitwirkenden manGmal des Guten etwas zu viel; immerbin muß man die außerordentlihe Sorgfalt aner- kennen, mit welcher sie die seelishe Stimmung des dem Ansturm der Liebe unterliegenden \{chlichten Mädchens wiederaab. In tehnisher Be- ziehung verrieth ihr Gesang dieselbe Sorgfalt und Accuratesse; nah dieser Nichtung hin wurde sie selbs bochgestellten Anforderungen voll- kommen gerecht. Aber dem Material ihrer Stimme fehlt es doch etwas an der bestrickenden und bezaubernden Kraft, welde die Zuhörer fesseln und hinreißen könnte: nur zuweilen treten einige helle Lihtvunkte hervor, welche dann allerdings, verglihen mit der sonstigen Nüchkernheit und Glanzlosigkeit des Tons, überrashen und versöhnen. Miß Macintyre is auf alle Fâlle eine interessante Sängerin, deren Gesangs- kunst uns Bewunderung abnöthigt, aber eine große Sängerin, welhe ihre Haupterfolge dem Material der Stimme ver- dankt, ist sie niht. Jbr Partner Hr. Cronberger entledigte si seiner Aufgabe als Faust mit Geshick und Erfolg; besonders im zweiten Akt, in der Garten- und in der Schlußscene erwies er \ih in ftimmliher wie \chauspielerischer Beziehung als ein tüchtiger Künstler, der Anspruch auf Anerkennung und Beachtung hat. _ Der Mephisto und die Marthe befanden \sich in den Händen des Hrn. Riehmann und der Fr. Heink, die auch bier wieder ihre vortreffliccn musikalishen Eigenschaften bewährten. Die Ensembles | dieser vier Künstler waren tadellos und gewährten dem Hörer einen wahren Genuß. Von den übrigen Mit- wirkenden seien Hr. Demuth (Valentin) und Hr. Rüdiger M) genannt, welche sih durch Stimme und Vortrag in gleicher

eise auszeihneten und sich jenen würdig anreihßten. Die Vor- stellung ging gut von Statten; das Publikum belohnte die Künstler, namentli auch Miß Macintyre, mit reichem Beifall.

Emil Göße beginnt morgen zum zweiten Male ein Gastspiel in der diesjährigen Saison und zwar als Faust. Zum Mittwoch sind Meyerbeer's „Hugenotten“ angeseyt, und zwar in einer ganz besonders interessanten Beseßung der Hauptpartien. Die Valentine wird von der Londoner Primadonna Miß Macintyre, Raoul vom Königlihen Hof - Opernsänger Hrn. Alma, die Königin von Frl. Johanna Richter, der hierorts bereits bestens akkreditirten Gast- \sängerin aus Köln, gesungen. Als Marcel rerabsciedet sih an diesew Abend der ausgezeihnete Bassist der Darmstädter Hofoper Hr, Riehmann. Francesco d’Andrade seßt am Donnerstag sein Gast- spiel fort und zwar nochmals als Don Juan.

Mannigfaltiges.

Ueber die Witterung im Juli schreibt die „Statist, Corr“: Konnte schon der Juni keinen Anspruch darauf machen, ein rechter Sommermonat genannt zu werden, so ist der Juli ebenfalls davon