1890 / 204 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 25 Aug 1890 18:00:01 GMT) scan diff

kTanzler von Caprivi bei dem St. Petersburger Hofe einen angenehmen Eindruck hinterlassen habe, wie derselbe sih denn auch in St. Petersburg von der offenherzigen Friedensliebe Rußlands habe überzeugen können. Somit fei augenscheinlih der Boden für ein friedlihes Zusammenleben der zwei mächtigen Nachbarn vorbereitet.

Der Staatssekretär des Auswärtigen Amts Freiherr von Marshall is, wie „W. T. B.“ meldet, gestern nah Memel E um daselbst Sr. Majestät dem Kaiser Vortrag zu alten.

Dem Dr. Carl Peters is, wie „W. T. B.“ aus Nürn- berg meldet, von dem seiner Zeit in Tölz weilenden Geheimen Legations-Rath Kayser das folgende Telegramm zu- gegangen:

„Namens der Kolonial - Abtheilung des Auswärtigen Amts begrüße ih Sie nach Zhrer ersten Rast auf vater- ländishem Boden mit dem Wunsche, daß Jhre reihen Er- fahrungen der Ostafrikanischen Gesellschast und dem Gesammt- besiße Deutschlands in Ost-Afrika zu Gute kommen. Sie bald zu fehen, würde mir außerordentli erfreulih sein.“

Bei einem Bankett, welches am Freitag in Nürnberg zu Ehren des Hrn. Dr. Peters stattfand, erkiärte dieser in einer Rede, er habe von Emin Pascha den Auftrag erhalten, dem deutshen Volke die Grüße und den Dank Emin Paschas zu überbringen.

Der Direktor im Reichs - Shaßamt Aschenborn is vom Urlaub nah Berlin zurückgekehrt.

Der Gouverneur des hiesigen Fnvalidenhauses, General i ias von Grolman ist vom Urlaub hierher zurück- gekehrt.

Insterburg, 22. August. Se. Königlide Hoheit der Prinz Albrecht traf, wie die „Danz. Allg. Ztg.“ berichtet, gestern Nachmittag in Gumbinnen ein. Abends fand im Repräsentationssaale des Regierungsgebäudes ein großes Diner statt, an welches sih ein großer Zapfenstreich, ausgeführt von den sämmtlichen Spielleuten und Musikkapellen des Grenadier- Regiments König Friedrich IIT. und des Jnfanterie-Regiments von Boyen, anschloß. Heute Vormittag fand die Besichtigung der beiden genannten Regimenter auf dem großen Ererzier- plage statt. Nach Beendigung derselben verließ Se. Königliche Hoheit mit dem Nachmittags 21/4 Uhr abgehenden Zuge Gum- binnen, traf um 2 Uhr 51 Minuten auf dem hiesigen Bahn- hofe ein und seßte sofort seine Reise über Darkehmen nah Schloß Beynuhnen fort.

Kiel, 25. August. Das österreichishe Panzerschiff „Kronprinz Erzherzog Rudolph“, welhes im Belt eine Schraube verloren hatte, sonst aber unbeschädigt ist, traf am Sonnabend Abend hier ein. Gestern empfing Jhre Königliche Hoheit die Prinzessin Heinrich den Komman- danten Linienschiffs-Kapitän Brudl, welcher sodann mit mehreren Offizieren des Schiffsstabes von Jhrer Königlichen Hoheit zur Tafel geladen wurde. JFhre Großherzoglihe Hoheit die Prinzessin Alix von Hessen ist heute nah Darmstadt zurückgekehrt.

Koblenz, 25. August. Die XXXPVILI. General- versammlung der KatholikenDeutschlands hielt, wie „W. T. B.“ meldet, gestern ihren Eröffnungsabend ab. Unter den Anwesenden befinden sich Dr. Windthorst, Freiherr von Storlemer-Alst, Graf Ballestrem, Professor Hertling, Freiherr von Heeremann, Dr. Reichensperger, Knecht (Freiburg) und andere hervorragende Persönlichkeiten. Heute wurde zum ersten Präsidenten der Freiherr von Buol-Behren - berg (Mannheim), zum ersten Vize-Präsidenten Dr. Orterer (München), zum zweiten Vize-Präsidenten Abg. Dieden (Trier) gewählt. Abg. August Reichensperger wurde zum Ehren-Präfidenten ernannt. Der Bischof Dr. Korum ist gleichfalls anwesend.

: Vayern.

„München, 25. August. Se. Königliche Hoheit der Prinz-Regent ist mit sämmtlihen Königlihen Prinzen und den Herzögen in Bayern, wie „W. T. B.“ meldet, mit Gefolge heute nah 6 Uhr früh zur Enthüllung des Denk- mals des Königs Ludwig's I. in der Regensburger Walhalla nah Regeusburg abgereist. Aus Anlaß des Tages verlieh Se. Königliche Hoheit der Prinz-Regent dem Kultus- Minister Dr. von Müller und dem Reichsrath Grafen Lerchenfeld den Michaels-Orden erster Klasse, urd dem Regierungs-Präsidenten Dr. von Ziegler in Regens- burg sowie dem Bildhauer Miller den Michaels-Orden zweiter Klasse.

Sachsen.

Dresden’, 23. August. Das „Dr. J.“ bringt folgende Berichtigung einer in vielen Zeitungen erschienenen Notiz über die Freigebung der Einfuhr von Rindvieh aus Böhmen Seitens der Königlich sähsishen Regierung:

_In Nr. 234 der „Dresdner Nachrichten“ befindet ih eine Mikt- theilung, derzufolge in preußischen Blättern die Nachricht verbreitet worden sein soll, es sei von dem Ministerium des Innern die Einfuhr von Rindvieh aus Böhmen gestattet und Böhmen für seuchben- frei erflärt worden. Das bestehende Verbot der Ein- und Durch- fuhr von Vieh und thierishen Theilen aus Oesterreih-Ungarn beruht nun aber auf einem Beschlusse des Bundesrathes des Deutschen Reichs, die sächsishe Regierung ist daher selbstverständlih niht in der Lage, diesem Verbote entgegen die Einfuhr von Rindvieh aus Böhmen zu gestatten. Es war aber auch nach dem erwähnten Bundesraths- beshlusse den Wirthschaftbesißzern in den an Böhmen grenzenden Amts- hauptmannscharten erlaubt geblieben, ihren eignen Bedarf von Nut- und Zu@tvieh an Rindern unter gewissen, dur Ver- ocdRung vom 26. Juli 1884 bekannt gemahten Bedingungen aus Böhmen einzuführen. Dies e Vergünstigung war vom Ministerium des Innern im März vorigen Jahres aus Anlaß des Ausbruches und der weiteren Verbreitung der Maul- und Klauenseuche in den benach- barten Grenzbezirken Böhmens zur Verhütung der Einshleppung der Seu(he außer Geltung gescßt, ist neuerdings aber, nahdem amtlicher Miittheilung zufolge die Seuche in den fraglichen Grenzbezirken erloschen, wiederhergestellt worden. Hierauf sind die eingangs gedachten Mittheilungen zurückzuführen, danach aber auch zu berihtigen bezw. einzuschränken.

Baden.

Karlsruhe, 23. August. Jhre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin begaben sich nach der „Karlsr. Ztg.“, vorgestern Nachmittag nach Shloß

zur Zusammenkunft Jhre Königliche Hoheit die Kronprin- zessin von Shweden mit Höcstihren beiden älteren Söhnen, Se. Durchlaucht der Fürst und Jhre Durchlaucht die Prinzessin Améliezu Fürstenberg und aus Salem Jhre Kaiserlihe Hoheit die Prinzessin Wilhelm ein- trafen. Nah mehrstündigem Aufenthalt trennten Sich die Höchsten Herrschaften zur Heimkehr. Sachsen-Coburg-Gotha. Coburg, 23. August. Se. Königliche Hoheit der Herzog von Edinburg is, wie die „Cob. Ztg.“ meldet, heute Nachmittag zur Begrüßung Jhrer Kaiserlichen Hoheiten des Großfürsten Paul und dessen Gemahlin aus Kissingen hier eingetroffen und kehrt morgen dorthin zurü.

Oesterreich -Ungaru.

Wien, 24. August. Einer Anregung des Han- dels-Ministers Marquis Bacquehem entgegenkommend, haben, wie die „Presse“ vernimmt, die österreichischen Eisenbahn - Verwaltungen ihre grundsäglihe Bereitwilligkeit zur Einführung der Alters- und Jnvaliditäts-Versiherung ihrer Arbeiter ausge- sprochen, wobei allerdings einzelne Verwattungen hieran einige Vorbehalte geknüpft haben. Gegenwärtig werden die Grund- züge, auf denen diese Versiherung organisirt werden soll, vom K. K. Ministerium des Junnern fowie den anderen zuständigen Ministerien geprüft.

Frankreich.

Paris, 25, August. Jhre Majestät die Kaiserin von Desterreih, Königin von Ungarn, ist inkognito hier eingetroffen.

Jn Fontainebleau fand, wie der „Köln. Ztg.“ berichtet wird, am Sonnabend ein Ministerrath statt. Wie der „Temps“ meldet, hätte der Handels-Minister vorge- schlagen, über die Arbeitslöhne eine umfassende Enquete anzustellen, welche als Basis für die Berathung der Arbeiterfragen bei dem Wiederzusammentritt der Kammern dienen solle. Der Minister würde zu diesem Zweck einen Kredit von 400 000 Fr. verlangen.

Der Abg. Hubbard beabsichtigt, der „Fr. C.“ zufolge, in der Kammer nachstehende Aendexung an dem Wahlgesete des Senats vorzuschlagen :

„Die Senatoren werden mit absoluter timmenmehrkeit durch das allgemeine Stimmrecht direkt gewählt. Die Wahl erfolgt dur Listenwabl nach den Departements Frankreihs.*

Dieser Vorschlag findet in der republikanischen Presse eine etheilte Aufnahme. Der „Siècle“ ist gegen den Vor- lag und betont, daß in einem solchen Falle zwei Kammern durch dieselben Wähler gewählt würden, was zu einer Ver- mengung beider und zur Unterdrückung des Senats führen würde, Die früheren Besorgnisse, daß die lokalen Versamm- lungen auf die Wahl im konservativen Sinne Einfluß üben könnten, existirten nicht mehr, da diese Versammlungen republi- fanish seien. Schließlih erinnert „Siècle“ an die Dienste, die der Senat im vorigen Jahre dem Lande erwiesen habe.

Jn Avesnes wurde gestern Guillumin (gemäßigter Republikaner) zum Deputirten gewählt.

Dem Journal „La France“ zufolge werden die Manöver der dritten und fünften Kavallerie-Division im E von Chalons vom 29. d. M. bis zum 9. September auern. :

Am Sonnabend fand hier, dér „Köln. Ztg.“ zufolge, auf Anordnung des Grafen von Paris eine Drauermesse zum Gedächtniß des Jahrestages des Todes des Grafen von Chambord statt, bei welcher einige fünfzig Personen zugegen waren.

Dem „Matin“ zufolge errihteten die Protestanten E zwei Nosten für Pastoren in Saigon und

anoi. Der Oberst Leloup Sancy ist mit der Führung der zu den Manövern eintreffenden fremdländishen Offi- ziere beauftragt worden. Wie verschiedene Morgen- blätter melden, ¡wird der Major Costa Popovics vom ser- bischen Generalstabe heute hier erwartet, um den Manövern beizuwohnen.

Rußland uud Polen.

St. Petersburg, 24. August. Der frühere Finanz- Minister von Reutern ist, einer Meldung des „W,. T. B.“ zufolge, gestorben.

Wie der „Agenzia Stefani“ von hier gemeldet wird, foll Rußland dem Fürsten von Montenegro ein Schiff von größeren Dimensionen zum Geschenk gemacht haben.

Ftalien.

_Brescia, 24. August. Der König und der Kron- prinz sind, wie „W. T. B.“ meldet, heute Abend in Montichiari, dem Hauptquartier des Manövergebiets, ein- getro?sen.

Spanien,

Madrid, 24. August. Die amtlihe Gaceta ver- öffentlicht die Ernennung des Grafen Benomar zum Bot- shaster am italienishen Hofe, des Grafen Bannelos N Botschafter in Berlin und Ruata's zum Ge- andten in Konstantinopel.

Türkei,

Konstantinopel, 24. August. Der „Agence de Constantinople“ zufolge beantwortete Lord Salisbury die Note der Pforte bezüglih der Räumung Egyptens dahin, daß England die Berechtigung der Forderung der Türkei nicht verkenne und auch prinzipiell zur Erfüllung derselben bereit sei. Indem England jedoch fkonstatire, daß Egypten während der englishen Verwaltung be- deutende, von allen Seiten anerkannte Fortschritte ge- macht habe, müsse es auch konstatiren, daß die Fortschritte noch nicht derart stabilisirt seien, um England zu gestatten, die Fortführung des begonnenen Werks jeßt shon anderen Händen zu überlassen. England müsse zuvörderst diesen Zeitpunkt für gekommen erachten, ehe es jene Forderung erfüllen könne.

Griechenland,

Athen, 24. August. Jhre Majestät die Kaiserin Friedrich wird, wie „W. T. B.“ meldet, morgen die hier eingetroffene englishe Mittelmeer-Flotte besuhen und das

Maurach bei Unteruhldingen, wohin von Schloß Heiligenberg

B

die Rückreise anzutreten. Se. Majestät der König wird am 29. d. M. seine Reise nah Dänemark antreten.

Wie es heißt, würde die Deputirtenkammer am 1. n. M. aufgelö st werden.

Bulgarien.

Philippopel, 25. August. Die Minister Stambulow und Tontschew, welche hier eine Deputation von Kaufleuten empfingen, reisten, dem „W. T. B.“ zufolge, gestern nah Hasfköi. Während ihres Aufenthaltes gelang es Stambulow, die beiden sih gegenüber stehenden Parteien der Stadt mit einander auszusöhnen. Bei einem Banket zu Ehren Stam- bulow's brachte dieser einen Toast auf das Wohl der Stadt aus, während der grichifche Metropolit auf Stambulow trank.

Amerika.

Mexiko, 22. August. Nach einem Telegramm des „Reuter'shen Bureaus“ ist der hiesige britishe Gesandte Sir Spencer St. Fohn zum Schiedsrichter für gewisse zwishen Guatemala und Mexiko bestehende Streit- punkte ernannt worden.

San Salvador, 24. August. Wie das „Reuter'sche Bureau“ erfährt, hätten die Feindseligkeiten wieder begonnen. Zwischen den Truppen von San Salvador und Honduras hâtte eine Schlacht stattgefunden, in welcher die Leßteren unterlegen wären.

Uruguay. Montevideo, 23. August. Zum Finanz- Minister ist, dem „W. T. B.“ zufolge, Alcides Montero, zum Kriegs-Minister Oberst Callorda ernannt.

Asien.

Jndien. Kalkutta, 22. August. Eine britische Streitmacht, bestehend aus einem britishen Jnfanterie- Negiment und zwei Sepoy-Regimentern, zwei Schwadronen Kavallerie und einer Bergbatterie, wird, den „Daily News“ zufolge, unter dem Befehle der Generale White und Sande- man während der nähsten kalten Jahreszeit durch das Zhobthal marschiren, um den britischen Einfluß über die Shinwaris auszudehnen. Eine kleine Expe- dition wird Chin Lushai besuchen, und die Operationen werden in kleinerem Maßstab wieder aufgenommen werden.

Afrika.

Marokko. Tanger, 23. August. Der spantsche Gesandte ist, wie das „RNeuter'she Bureau“ meldet, heute an Bord des Kriegsschiffes „Colon“ von Rabot hierher zu- rücgekehrt. Derselbe hat, wie bestätigt wird, eine befrie- digende Regelung der wegen des Zwischenfalls von Melilla entjtandenen Differenzen erlangt. Der Sultan hat die Forde- rungen Spaniens bewilligt.

Mozambique, 23. August. Der Gouverneur Machado, welcher nah Quilimane gegangen war, um wegen der Wegnahme des der englishen Seen - Compagnie ge- hörigen Dampfers „James Stephenson“ durch den Lieutenant Coutinho eine UntersuGung vorzunehmen, ist, nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“, hierher zurü ck- n M Der Lieutenant Coutinho ist von der portugiesi- chen Regierung zurückberufen worden. Die Mannschaft des Dampfers „James Stephenson“, welche der Contrebande bezihtigt wird, ist mit dem Gouverneur von Quilimane nah Chicomo abgegangen, wo die Untersuhung gegen die Mann- schaft geführt werden soll.

Kapstadt, 24. August. Nach einer Meldung des „Reuter’shen Bureaus“ vom 283. d. M. hätten die Portugiesen wiederholt auf die britishe Expedition unter Thomson auf der England zugehörigen Seite des Zambesi geschossen; au sollen der Shirefluß und die Zugänge zu Blantyre und zum Nyassa-See voll- kommen von denselben blofirt sein.

Australien.

Melbourne, 23. August. Die Bemannung eines zu einem deutschen Schiff gehörigen Boots wurde, wie „W,. T. B.“ mittheilt, von Eingeborenen der Fnsel Amba (Hebridengruppe) niedergemaht. Ein Nes Kriegsschiff hat die Dörfer der schuldigen Stämme bom- bardirt und mehrere Eingeborene getödtet.

Parlamentarische Nachrichten.

Amtliches Ergebniß der am 19. d. M. im 6. pfälzischen Wahlkreise vorgenommenen Reichstags-Ersatzwahl. Die Gesammtzahl der abgegebenen gültigen Stimmen be.rug 16 761. Hiervon erhielt Brunck, Gutsbesißer in Kirhheim- bolanden (natl.) 8352 St., der Gutsbesißer in Hambach, Grohé (Volkspartei) 6367 St., Dr. Ruedt in Heidelberg (Sozialdemokrat) 2036 St. Da die Wahl eine absolute Stimmenmehrheit nicht ergeben hat, so wird eine engere Wahl exfolgen.

Statistik und Volkswirthschaft.

i Zur Arbeiterbewegung.

Wie der „Elb. Ztg.“ aus Solingen geschrieben wird, ift zwischen den Fabrikanten von Taschen- und Federmessern und den S ch{leifern derselben eine Differenz ausgebrot en, welche zu einer völligen Arbeitseinstellung geführt hat. Der Grund der Meinungsverschiedenheit beruht darin, daß die Sdllleifer den Fabrikanten ein Preisverzeihniß aufdrangen, welches diese alsbald kündigten, indem sie den Schleifern ein anderes mit der augenblicktlihen Geschästelage besser harmonirendes Preis- verzeihniß vorlegten; die Annahme desselben wurde von den S(hleifern verweigert, und nun stehen si{ch Arbeitgeber und Arbeit- nehmer im Kampf gegenüber und derjenige wird Sieger sein, der am längsten aushält. Die Taschen- und Federmesserfabrikation ist der Hauptzweig der Solinger Industrie und beschäftigt jahrein jahraus Tausende von Arbeitern, welche, da von den Fabrikanten keine Arbeit an die Schleifer mehr ausgegeben wird, bei einer Arbeits» ruhe der S({leifer aber auch die anderen Zweige dieser Industrie lal,m e wérden müssen, demnächst wohl unthätig und ohne Ver- dienst sein werden. Jm Interesse der Allgemeinheit kann man nur ein baldiges Ende der Arbeitseinstelung wünschen.

In Halberstadt hielt der neubegründete „Verein deutscher Arbeiter“, welcher „ein friedlihes Verhältniß zwischen Arbeit- nehmern und Arbeitgebern auf Grund der bestehenden Ordnung pflegen“ will, wie die „Mgdb. Ztg.* berihtet, am Freitag seine erste, zablreich besuhte Versammlung ab. Dem Bericht des Vor- sißenden zufolge ist die Mitgliederzahl bereits auf 251 gestiegen. Symnasiallehrer Dr. Gerlin hielt einen Vortrag über „Die Bedeu- tung des Großen Kurfürsten“.

Wie cin gestriges Telegramm des „Wolff’\{en Bureaus" aus

ads an Bord des Flaggschiffs „Trafalgar“ einnehmen. m 28. d. beabsichtigt Jhre Majestät, an Bord der „Surprise“

Mons beri§tet, ist ein Vergleich zwisckcen den Arbeitgebern und

Arbeitnehmern im Borinage noch nickt zu Stande gekommen. Ein Regiment Ulanen und zwei Bataillone Jäger sollten zur Verstärkung der Garnison nah Mons abgehen und daselbst während des Ausf\tandes verbleiben. Ueberall herrs&t Ruhe. Der „Voss. Ztg.“ schreibt man unter dem 22. d. über die Lage in dem Kohlenbecken Borinage als über eine sehr ernste: „Jn einem Augenblick, in welchem alle Zeben mit Aufträgen überhäuft und Kohlenbestände nicht vorhanden sind, briht ein Ausftand aus, welcher einem Funken gleih aller Orten zündet und Tausende von Arbeitern mit sich fortreißt. Vor einiger Zeit trat das gewerbliche Sciedsgeriht des Hennegaushen Bezirks Pâturages (bei Mons) zusammen; ein Arbeitermitglied warf den Zechen vor, daß sie meist die Arbeit nah Kontrakten und Verordnungen regelten, deren einzelne Bestimmungen den Arbeitern unbekannt seien. Um einen solchen Vorwurf nicht wehr zu hören, ließ die Société des Produits ihr Arbeitsreglement vom 2. August 1852 an- \chlagen. Nah Kenntnißnahme dieses Reglements, das die Arbeiter für drafonisch und unausführbar erklären, f\tellten sofort die 4000 Bergleute der Gesellschaft die Arbeit ein. Die übrigen Berg- leute des Kohlenbeckens Borinage ergriffen für die ausftändigen Ge- nossen Partei ; wäre, sagten sie, erft eine derartige Arbeitéforderung in einer Zehe Geseß geworden, so wäre ihre Einführung in allen Zechen um so mehr zu erwarten, als wie die Bergleute erfuhren, die Direktoren aller Zehen bescklofsen hatten, das Reglement von 1852 aufrecht zu halten. Zablreibe fofort von den Führern abgehaltene Versammlungen beschlossen „den Ausstand bis zum Aeußersten* und so ruht der Betrieb auf allen Zechen in Flénu, Frameries, Quaregnon, Cuesmes, Ciply und JIemappes. Heute erwartet man den Ausbruch des Ausstandes auf allen Zehen in Wasmes und Hornu. Die Zahl der Ausständigen, welhe {hon gestern Abend 10 000 über- \chritt, wächst mit jeder Stunde; die Bergleute sind ents{chlossen, nicht früher die Arbeit wieder aufzunehmen, als bis das Reglement wieder zurückgezogen worden ist *

Die Londoner „Allg. Corr.“ theilt mit, daß in der dritten Woche des September ‘die Delegirten sämmtliher Zweigvereine des Gewerkvereins der Dockarbeiter zur Jahreskonferenz in London sich versammeln werden. Der Gewerkverein zählt 50—60 000 Mitglieder und hat nicht nur in den Häfen der Provinzen Zweigvereine, sondern auch in Holland. In den Dos in Tilbury wurde am Freitag die Arbeit bedingungslos wieder aufgenom' fit In Cork wollen die Bäckergesellen gegen die Na@tarbeit

riken.

Aus New-York meldet „W. T. B.*, daß eine größere Anzahl von den beim Verladen und Abladen der Waaren beschäftigten Ar- beitern der Delaware-Hudson-Eisenbahn in Albany die Arbeit niedergelegt hat. Die Londoner „Alg. Corr.“ berihtet bereits unter dem 21. d. M., daß auf allen Vanderbilt’ schen Eisenbahnen von New-York bis Buffalo, Cleveland, Cincinnati und St, Louis ein Ausstand einzutreten drohe. Die Verwaltungen nabmen an, der Ausstand werde am Sonnabend Abend beginnen, und trafen die nöthigen Vorbereitungen.

Aus Melbourne berihtet ein Wolff {es Telegramm auf Grund einer „Reuter “-Meldung am Sonnabend, daß die Handwerk s- Genossenschaften die strikenden Seeleute unterstüßen, und daß zwanzig Dampfer nicht auélaufen konnten. Vom beutigen Tage wird weiter gemeldet, daß die Konferenz der Rheder “von Melbourne und Sydney, welche in Albury \tattfand, sich auf 14 Tage vertagt habe. Die Rheder richteten ein Schreiben an die Vereini- gung der Seeleute, in dem sie es ablehnen, irgend einen Offizier anzustellen, der Mitglied einer Arbeitervereinigung is, und erklären, daß jedes Zugeständniß die Disziplin erschüttern müsse; lediglih die Rüdcksiht auf das allgemeine Wobl bestimme die Rheder, eine 5prozentige Gehaltserhöhung zu bewilligen Die S der Seeleute würden einen Verlust von 200 000 Pfd.

terl. jährlih berbeiführen „und unter solhen Umständen könnten die Rheder ihre Schiffe nit aus dem Hafen gehen lassen. Schließlich kündigen die Rheder in dem Streiben an, daß sie eine Revision der Kontrakte mit ihren Angestellten vorbereiten und eine be- stimmte Arbeitszeit mit möglihst gerechten Löhnen ein- führen wollen. Es seien in Sydney zahlreiche nihtunionistische Arbeiter zu erhalten. i:

FisHerei und Fiscbhandel werden im Regierungsbezirk Stade fortgeseßt im größeren Maß- stabe betrieben. So ist die Zahl der Fahrzeuge, welche innerhalb der Küstengewässer Fischerei betreiben, seit dem Jahre 1888 um 32 ge- stiegen und beträgt jeßt 264. Die Hochseefischerei hat in noch stärkerem Maße zugenommen und wurdein diesem Sommer mit 39 Fahr- zeugen betrieben (gegen 18 im Iabre 1887). Urter denselben befinden ih Lereits 13 zum größten Theile in Geestemünde beheimathete Dampfer. Im leßten Iahre betrug der Umsay an Fischen in der Fischauktionshalle zu Geestemünde 1 329 237 kg, wofür ein Kaufpreis von 397438 M 40 S erzielt wurde. Das vorstehend erwähnte, in öffentlicher Auktion versteigerte Gewitt an Fischen dürfte annähernd d Hälfte des in Geestemünde angebrachten Gesammtfanges dar- ellen.

Kunst und Wissenschaft.

Prof. Haupt, der Direktor des Königlichen Instituts für Kircenmusik, feierte beute scinen §0. Geburtstag. Dem greifen Künstler, der diesen Tag an der Seite seiner treuen Gemahlin und seiner Tochter in seltener Rüstigkeit verleben konnte, wurden von seinen Verehrern zahlreihe Beweise der Liebe und dankbarer Ver- ehrung zu Theil. Um 9 Uhr erschienen die Eleven des Instituts, um dem geshäßten Lehrer einen Lorbeerkranz zu weihen, dessen weiße Séleife die Widmung enthält. Gleichzeitig brachten die Jünger der Haupt’s{hen Kunst dem Jubilar ein Morgenständchen dar, das mit dem Choral „Lobe den Herren“ eingeleitet wurde, worauf die von Friß Vollbach unter res: pie Bach’sher Themen komponirte Jubel- motette mit dem von dcm Eleven Wilk gedi@teten Text zu Gehör kam. Im weiteren Verlauf des Tages erschienen zahlreihe Gratulanten. Am Mittwoch wird zu Ehren des Greises im Norddeutschen Hof ein Festmahl stattfinden. : i

Die Pariser Akademie hat, wie ,W. T. B." vernimmt, die beabsihtigte Herausgabe einer neuen Ausgabe des Dictionnaire aufgegeben.

Land- und Forstwirthschaft.

Zur Kultivirung des Moorbodens.

Man schreibt uns aus Stade: Um eine bessere Kultivirung des Moorbodens anzubahnen, wird die Einführung von Seeschlick in die fraglihen Gebiete beabsihtigt, welher den Moorbauern zur Ver- wendung als Düngmittel an geeigneten Lagerplägen kostenlos zur Verfügung gestellt werden foll.

Nonnenraupe.

In einzelnen Revieren der Königlichen Ober-Förstereien Harse- feld und Rotenburg im Reg.-Bez. Stade ist die Nonnenraupe Phalaena Bombyx Monacha) in bedeutender Menge aufgetreten und at niht unerheblich geschädigt. Wern nit klimatische Einflüsse oder Ibneumonen dies Insekt vertilgen, steht für das nähste Jahr eine sehr erhebli&e Vermehrung des Infekts, Ausdehnung dés Fraßes und beträchtlicher Schaden in den Forsten zu befürchten.

Sanitäts-, Veterinär- und Quarautänewesen.

London, 24, August. Das „Reuter’\{che Bureau" meldet aus Durban von beute, der Dampfer „Congella® sei am vergangenen Montag mit Einwanderern aus Madras in Durban angekommen. Von den Passagieren und der Mannschaft desselhen seien während

der Fahrt at an Diarrhöe Kranke seien gelandet worden, einer derselben sei am Dienstag Abend gestorben. Die Untersuchungskommission habe offiziell die Cholera konstatirt, die Eingewanderten seien in Folge dessen isolirt worden. Ein weiterer Todesfall sei seit dem Dienstag nicht vorgekommen. Die Gesundheitsbehörden des Cap hâtten Port Ratal für infizirt erklärt.

Madrid, 24. August. den Provinzen Alicante, Badajoz, Toledo und Valencia sind gestern „W. T. B* zu- folge 139 Cholera-Erkrankungen und 56 Cholera-Todes- fälle vorgekommen.

gestorben, sech3 andere

Handel und Gewerbe.

Berlin, 23. August. (Wochenbericht für Stärke, Stärke- fabrikate und Hülsenfrüchte von Mar Sabersky.) Ia. Kar- toffelmehl 20—20} #4, Ia. Kartoffelstärke 193—20 #4, Ila. Kar- toffelmehl und -Stärke 17—19 #, feuhte Kartoffelstärke —, gelber Svrup 22}3—23 „4, Capillair-Erport 24—25 #4, Capillair Syrup 23—24 #4, Kartoffelzuker Capillair 23¿—24 #, do. gelber 21—2 #Æ, Rum-Couleur 34—35 #Æ, Bier-Couleur 34—39 #, Dextrin, gelb und weiß, Ia. 27—28 #. do. sefunda 24—26 é, Weizenstärke (kleinst.) 39—41 #, Weizenstärke (großst.) 42i—432 , Hallesche u. Schlesisbe 424—432 4, Schabe-Stärke 33—33# 4, Mais» Stärke 30—31 , Reisitärke (Strahlen) 45}7—47 #4, do. (Stücken) 43—44 #4, Victoria - Erbsen 17—21 Æ, Kocherbsen 17—21 A, Futtererbsen 15{—16} # , grüne Erbsen 17—21 #Æ, Leinsaat 221—244 M, Linfen, große 32—44, do. mittel 20—32, do. kleine 14—20, gelb.Senf 18—24 #4, Kümmel38—42 46, Buchweizen 144—16#,46, Mais loco 12—13 M, Pferdebohnen 15—17 #, inländishe weiße Bohnen 16—20 M, breite Flahbohnen 20—22 #, ungarishe Bohnen 17— 19 #6, galizishe und russishe Bohnen 15—17 4, Wicken 15—163 #, Hanfkörner 17—20 #, Leinkuchen 14—153.4, Weizenschale 10—10# &, Roggenkleie 10—10} „4, Rapskuchen 12¿—134 „6, Mohn, weißer 56—64 #, do. blauer 42—46 H, Hirse, weiße 20—23 4 Alles per 100 kg ab Bahn bei Partien von mindestens 10 000 kg.

In Luzern traten gestern die Vertreter der deutschen und italienishen Finanzgruppen zusammen, um die definitiven Grundzüge des neuen Italienishen Grundkredit-Instituts zu entwerfen. Die deutschen Vertreter sind: Dr. Siemens, Direktor der Deutschen Bank, und Winterfeldt, Direktor der Berliner Handelsgesellschaft; als Vertreter der italienishen Gruppe find anwesend: Grillo, General-Direktor der Banca Nazionale, Administrator Bassi vom Credit Mobilier, Allevi, Di- rektor der Banca Generale und Giacomelli, Administrator der Société générale immobilière. Wie „W. T. B.“ heute meldet, vereinbarte die Konferenz die Errichtung des neuen Credito Fondiario Nazionale in Rom auf Grund des Gesetzes vom SFuli 1890 mit einem Anfangskapital von dreißig Millionen Lire, dessen cine Hälfte von der Banca Nazionale und dessen andere Hälfte von der Locietà Immobiliare und der italienisch-deutschen Gruppe übernommen wird.

Leipzig, 23. August. (W. T. B) Kammzug-Termin- handel. La Plata. Grundmuster B. pr. August 4,80 Æ, pr. September 4,80 , pr. Oktober 4,824 6, pr. November 4,80 , pr. Dezember 4,80 #, pr. Januar 4,727 #, pr. Februar 4,673 #, pr. März 4,65 #, pvr. April 465 #Æ, pr. Mai 4,65 #. Musen 125 000 kg. Geschäftslos.

ien, 23. August. (W. T. B.) Ausweis der Karl-Ludwigs- bahn (gesammtes Netz) vom 11. bis 20. August : 230 512 Fl., Minder- einnahme 15 095 Fl., die Einnahmen des alten Netes betrugen in derselben Zeit 179 455 Fl., Mindereinnahme 10 014 Fl. E

9%, August. (W. T. B) Die Kommission für den internationalen Saatenmarkt wähite Nashauer zum Prä- sidenten und Wyrgaert zum ersten Vize-Präsidenten wieder; Beu- ninger (München) wurde zum zweiten Vize-Präsidenten neu gewählt.

London, 22, August. (W.T. B.) An der Küste 1 Weizen-

ladung angeboten. : :

Antwerpen, 23. August. (W. T. B.) Bei der keutigen Wollauktion wurden 4246 B. australische Wollen angeboten ; verkauft wurden 2425 B. Die Preise der leßten Londoner Auktion wurden voll behauptet. /

Ne w - Yor k, 23. August. (W. T. B.) Der Werth der in der vergangenen Woche eingeführten Waaren betrug 6 734 546 Doll. gegen 5 370 899 Doll. in der Vorwoche, davon für Stoffe 2 561 458 Doll. gegen 2 225 913 Doll. in der Vorwoche.

Verkehrs - Anstalten.

Laut telegraphisher Meldung aus Köln (Rhein) ist die erste englishe Post vom 23. Morgens ausgeblieben ; Grund: Verspätete Ankunft des Schiffes in Ostende.

Norddeutscher Lloyd in Bremen. (Leßte Nathrihten Über die Bewegungen der Dampfer.) New-York- und Baltimore-Linien ; Bestimmung.

„Fulda“ Bremen „Werra“ „Saale*, „Ems* , „Trave* „Elbe“ . „Lahn“ . „Eider“ . „Weser“ . „Karlsruhe“ . „Rhein* „München“ . „Amerika“

| 23. Aug. in Bremerhaven

Bremen 16. Aug. von ad e Bremen 20. Aug. von New-York. New-York 18, Aug. in New-York. New-York 22. Aug. in New-York. New- York 17. Aug. von Southampton. New-York 21. Aug. von Southampton. New-York 23. Aug. von Bremerhaven. New-York 22. Aug. in New-York. Bremen 13, Aug. von Baltimore. Baltimore 20. Aug. in Baltimore. Baltimore 14, Aug. von Bremerhaven. Baltimore 22. Aug. Dover passirt.

Brasil- und La Plata-Linien:

¿O 3 Vigo, Antw., Brem.| 18. Aug. St. Vincent passirt.

„Frankfurt“ . La Pleta 1. Aug. in Buencs Aires.

O R H 15. Aug. von Bahia.

Bremen. „Hannover“ . La Plata 10. Aug. in Montevideo. Straßburg" . La Plata 1. Aug. von Villagarcia. „Baltimore® . Brasilien 18, Aug. in Bahia. „Leipzig“ . 19, Aug. von Vigo.

Schnelldamypfer

La Plata

Linien nah Ost-Asien und Australien: „Sa(hsen“ Bremen 20. Aug. in Aden. E Bremen . Aug. von Shanghai. „Bayern“ Ost-Asien . Aug. in Aden. eNeckar“ . Ost-Asien . Aug. von Antwerpen. eSalier“ . Bremen . Aug. von Port Said. „Nürnberg“ . Bremen . Aug. von Adelaide. eDresden“ . Australien . Aug. in Colombo. eHohenstaufen“ . Australien . Aug. von Genua.

Hamburg, 24. August. (W. T. B.) Der Postdampfer „Suevia* der Hamburg - Amerikanishen Padetfahrt- Aktiengesellschaft hat, ron New-York kommend, heute Morgen Scilly passirt. z i:

2%. August. (W. T. B.) Die Postdampfer „Hol- satia“ und „Russia“ der A - Amerikanischen De aren ele t haben gestern, von New-York An ersterer um 5 Uhr, leßterer um 6 Uhx Nachmittags, Scilly assirt.

f Triest, 24. August. (W. T. B.) Der - Lloyddampfer „Hungaria* ist, von Konstantinopel kommend, heute Nahmittag und der Lloyddampfer „Thalia“ gestern Nachmittag hier eingetroffen.

London, 23. August. (W. T. B.) Der Castle-Dampfer

„Hawarden Castle* 1st auf der Ausreife gestern in Capetown angekommen.

Theater und Musik.

Wallner-Theater.

Die Sonntagsvorstellung brachte ein voll beseßtes Haus. Das arimirte Publikum folgte der Aufführung des lustigen Vaudevilles „Mamfell Nitoube* bis zum Schluß in der heitersten und beifalls- lustigsten Stimmung.

Friedriw-Wilhelmfstädtishes Theater.

Nachdem der „Arme Jonathan* lange genug die Kosten der Unterhaltung getragen hatte, sah fich die Direktion veranlaßt, für eine Abwehslung im Repertoire zu forgen, und alle Freunde des Friedrih-Wilhelmstädtishen Theaters werden ihr dafür Dank wissen. „Die Puppenfee“ war nach langen Vorbereitungen endlich so weit, ihre Reize den verwöhnten Berlinern enthüllen zu können, und man fann ihr nur das Compliment machen, daß fie es verstanden hat, alle Zusbauer dur dieselben zu fesseln. Das verdankt sie in erster Linie dem außerordentlihen Geschick der Hrrn. Gaul und Haßreiter und nicht zum geringsten Theil auch Hrn. Direktor Frißshe, dessen Geshmack sich au bei dieser Gelegenheit wieder im besten Lichte zeigte. * „Die Puppenfee“ verseßt uns in einen großartigen Spielbazar, der mit den wunder- barsten Puppen angefüllt ist. Eine Bauernfamilie und eine Saar reisender Engländer erscheint, und ihñen“ werden nun von den Ge- \chäftsinhabern all die Herrlichkeiten vorgeführt. Da treten tanzende Spanierinnen, Chinesinnen, Ungarn, sprehende Puppen, Bajazzos u. #st w. auf. Sließlich vereinigen sich alle zu einem reizenden Ballet, wie es bunter und zierlicher bisher auf der Bühne des Friedri - Wilhelmstädtischen Theaters no® nit geboten worden ist, Kostbar i't die Pracht der Kostüme, wirklich märcenhaft die Scenerie im zweiten Theil, über- rashend sind die Lihteffekte. Bayer 's Musik, obwohl ein wenig ermüdend, enthält einen reizenden Walzer, der bald in unjeren Ballsalons beimish sein wird. Lebhaften Beifall spendete das gut gelaunte Publikum Denjenigen, die ihm einen so reizenden Abend bereitet hatten, und noch auf viele Monate hin dürfte die „Puppenfee*“ die Berliner nach ihrem lustigen Heim in der Chaussee- straße locken. j i

Nicht geringere Anerkennung fanden auch die Mitwirkenden in Suppé's „Pensfionat*“, das so {ris und anmuthend wirkte, als wäre es eine Novität. Fcl. Offeney und Hr. Pagin gaben das Liebespaar; Beide boten durchaus befriedigende Leistungen; Hrn.

agin’'s Tenor könnte freilich etwas kräftiger klingen. Die komi- chen Rollen wurden von Frl. Schmidt als Pensionsvorsteherin und Hrn. Hanno als Diener trefflich durchgefübrt. Frl. Lejo war ihrer Aufgabe durchaus gewachsen, und in Frl. Winter stellte ih eine vielversprechende Kraft vor. Ï |

So hat denn das Friedrih-Wilhelmstädtische Theater die Herbst- saison mit ¿wei Treffern eingeleitet, welche die Direktion für lange Zeit jeder Repertoiresorgen entheben,

Kroll's Theater.

Signor d’Andrade sang am Sonnabend in Verdi's „Masken- ball* den Nenato, welcher, wie von früher ber bekannt, zu den besten Rollen des Künstlers gehört, Doch eine kleine Indisposition des Sänaers wirkte auf die volle ungestôörte Ausführung der gesanglichen Aufgabe störend. Im dritten Akt, dem eigentliden Glanzpunkte der Partie, mußte Sgr. d’Andrade, der nur mit Mühe feinen Husten zu unterdrücken versuhte, es aufgeben, die ihm fehlende Kraft der Stimme durch Forciren zu ersezen. Trotzdem hatte die Stimme nihts an Wohllaut _ verloren, und der Künstler führte die Rolle bis zum Shluß mannhaft dur. Das Publikum zollte seiner enter diefen Umständen doppelt anerkennen8gs werthen Leistung den wärmsten Beifall. Frl. Schacko gab, wie {on öfter, den Pagen mit viel Grazie im Spiel und mit viel musika- lishem Geschmack und \chuf mit der reizenden Canzone im 5. Akt eine der Glanznummern des Abends. Fr. Hadinger hatte für Frl. Csillag die Rolle der Amelia übernommen, die sie aber etwas zu sentimental auffaßte. Hr. Heuckeshoven (Graf Richard) verfügt stellenweise über treffflides Material, doch gebriht es ihm an einer Schulung, welche ihn befähigt, \{chwierige Aufgaben leiht zu lösen; er war în Spiel und Gesang an diesem Abend oft zu chwerfällig. Die Auf- führung im Ganzen fand die beifälligste Aufnahme.

Am Sonntag sang Hr. Emil Götze in Meyerbeer's Propheten die Titelrolle. Mit dieser Partie bewies der Künstler von Neuem, daß er noch immer ein unübertreffliher Heldentenor ist ; Partien wie den Marx im „Freishütz* sollte er lieber niht übernehmen. In dem Propheten waren Spiel und Gesang geradezu meisterhaft, und der Künstler sang die großen dramatischen Stellen und Arien so vollendet, wie man es selten oder sonst nie zu hôren bekommt. Der Genuß, den er hiermit den Hörern bot, war in jedem Betracht ein großer und außergewöhnliher. Ihm ebenbürtig erwiesen sich Frau Heink in der Rolle der Fides und Frau Hadinger als Bertha. Fr. Heink bat mit dieser Partie einen neuen Beweis von ihrer großen dramatishen und musikalishen Begabung geliefert, und wenn sie auch in dem Vortrage einiger Arien f\tellenweise von der Ueberlieferung abwih z. B. sang sie in der Arie „Ah, mein Sohn“, wo der Ton entsprehend dem überwallenden Herzen der Mutter zur Höhe hinansteigt, eine Terz tiefer —, so darf man doch ihrer Gesangsleistung ida8 höhste Lob zu- erkennen. Frau Hadinger bewährte die musikalishe Sicherheit, die an ihr stets anerkannt werden muß, von Neuem. Die Ensembles beider Damen waren abgerundet und exakt und verriethen niht nur sorgfältiges Einüben, sondern wahre Künstlershaft. Die Beseßung der übrigen Rollen war eine angemessene. Das Publikum gab wiederholt lebhaft zu erkennen, daß es den ihm gebotenen hohen Kunst- genuß voll zu würdigen verstand. i

Die Kroll’sche Opernsaison, die in diesem Jahre einen fo glänzenden Verlauf nimmt, steht mit dem Scheiden des Sommers au bald vor ihrem Schlusse. Die laufende Woche bringt bereits mehrere Abschiedéabende, zunähst den der Miß Marguerite Macintyre, welche am Mittwoh in Gounod's „Margarethe“ ihr Gastspiel besblicßt, und am Freitag das leßte Auftreten des Hrn. Emil Göte und der Fr. Ernestine Heink. Nah der für beide so triuumphreich ausgefallenen Propheten-Aufführung am Sonn- tag wird am Freitag diese Oper wiederholt. Franceéco d’Andrade singt morgen den Rigoletto, Frl. Johanna Richter die Gilda, den Herzog Hr. Heuckeshoven, den Sparafucil Hr. Marx. Hr. d’Andrade wird außer im Rigoletto nur noch zweimal auftreten.

Thomas-Theater. S

Im Thomas-Theater haben die Bühnenproben für die Eröff- nungs-Vorstellung bereits begonnen. Die Lifte des darstellenden Per- sonals umfaßt 38 Personen. Direktor und Eigenthümer des Theaters ift Hr. Emil Thomas. Die Oberregie und die Geschäfte des stellvertretenden Direktors führt Hr. Alfred Kurz, als Darsteller und Regisseur ist Hr. Robert Guthery verpfli@tet worden. Die Kapelle unter Leitung des Kapellmeisters Gustav Steffens zählt 30 Musiker.

Mannigfaltiges.

Die Feier des Sedantages {eint in diesem Jahre fest- licher begangen werden zu sollen als es in früheren Jahren der Fall war. Wie bereits gemeldet, hat die Großherzoglich sächsische Regies rung die Abhaltung von Festgottesdiensten in allen Kirchen angeordnet. Au in Bremen, Braunschweig und Rudolstadt ift, wie die betreffenden Blätter melden, die Abhaltung von Gottesdiensten neben den bergebrahten Aufzügen und \onftigen Festlichkeiten ins Auge ge- faßt worden.

Dr. Karl Peters is heute Mittag mit dem Courierzug der Anhalter Bahn eingetroffen. Bereits in Jüterbog wurde er von einer Gesellschaft "von dreizehn Herren, die ihm aus Berlin entgegen- gefahren waren, begrüßt; unter ihnen tefand si u. A. auch der Vor-

fißende des Emin-Pascha-Comités, Staats-Minister von Hofmann, fowie der Vize-Präsident der Deutschen KolonialgefelisLaft, Geh.