1890 / 207 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 28 Aug 1890 18:00:01 GMT) scan diff

E E E S A S D A u Eo R E R I

Alsdann ergriff Freiherr vou Schorlemer - Alsi das Wort, um unter wiederholtem lebhaften Beifall der Ver- sammlung auf die Pflihten der Katholiken hinzu- weisen, welche ihnen die Kaiser lichen Erla sse auferlegen. Es sei sehr zu beklagen, daß die Arbeitgeber vielfa glaubten, nachdem die Ausstandsnoth und die Angst einigermaßen ge- s{wunden, die Hände in den Schooß legen zu können. Es gelte jeßt mehr denn je, die Kluft zwischen Arbeitgebern und Arbeitern zu überbrücken. Darum freue er sich der Manifestation der Versammlung an Se. Majestät; es sei sicher, daß fie Seinem Herzen wohlthun werde, und daß Diejenigen Unrecht N we!che Len Intentionen Sr. Majestät auf diejem Gebiet noch widersprechen. j

Jn der geschlossenen Versammlung des Katholiken- tages am Dienstag wurde folgende Resolution angenommen:

Mit Rücesi&t auf das starke Watbsthum der Bevölkerung in Berlin, den immer fühlbarer werdenden Mangelan katholischen Kirchen und mekr no& an Geistlihen daselbst, auf das un- bestreitbare Unvermögen der Berliner Katholiken urd der Diözese Breélau, aus eigenen Kräften genügend Abbülfe zu \@affen : fordert die Generalversammlung der Katholiken des Deutschen Reichs und nament- li Preußens auf, dem aufercrdentli@en kirchliwen Notbstand der zum großen Theil aus allen Gegenden Deutslands zugezogenen BerlinerKatho- lifen nabhaltige Aufmerksamkeit zuzuwenden, und riätet inébesondere an die fathclis&e Presse das Ersucken, ihre Samwlu- gen im Inter- efse besserer Fürsorge für die Katholiken Berlins fortzufeßen bezw. solde Sammlungen zu eröffnen, empfieblt aber glei@zeitig zur Gr- leichterung eines planmäßigen Vorgehens, den Ertrag dem Vonifaciu®- verein zur Verwendung für Berlin zugeben iu laffen.

Weiter kamen noch folgende Resolutionen zur An- nahme : e A

1) Der unter dem Ebrenpräsidivm des hohwürdigsten Herrn Erz- bischefs von Köln bestehende Afrikaverein deutscher Katho- liken fördert wesentlich die von Sr. Heilizkeit dem Papste ins Leben gerufenen und gegenwärtig über ganz Europa verbreiteten Bez strebungen zur Unterdrückung der Sflaverei und des Sklaven- handels in Afrika, inébesondere dur Untersiüßung der in jenem Erdtkeil thätigen Missionsgesellshaften. Aus diesem Grunde und mit Rüdcksidht auf die namentli in leßterer Zeit von den ver!chiederften Missionsgenossenshaften an den Afrikaverein erhobenen bedeutenden Ansprüce wird der Beitritt zu demselben und dessen thatkräftige Unterstüßung allen Katholiken Deutschlands angelegentlihst empfoblen.

2) Angesitts der bervorrag:nden Verdienste, welcke sich unfere religiôsen Orden und Kongregationen um die Verbreitung des Christenthums urd die Begründung der wahren Kultur und Civili- sation selbst nach dem Urtbeil hervorragender und fompetenter Männer anderêgläubigen Bekenntnifses erworben haben und noch immer erwerben, die nahdrückliche Forderung zu wiederholen, daß end- lich die fulturkämpferisden gescßliden Bestimmungen, welche eine Reibe dieser Ordenégenossenscaften, die sämmtlich in allen deutscen SéHutzgebieten zur Missionsarbeit unbeschränft zugelaffen find, von dem Boden des Deutschen Reis autschliezen und diese Ordens- geseflschaften bindern, hier Noviziat-, Missions- und Studirbäuser zu errihten, in Wegfall konmen. E j

Jn der dritten öffentlichen Versammlung am Mittwoch sprach si Dr. Porsh (Breslau) für die Rücberufung aller Orden, auch der Jesuiten, aus. Dr. Sicben sprach über Staatskirhenthum, besonders in Bayern, _Kaufmann Raé (Mainz) über Kirche und Kultur und Dr. Freiherr von Hert- ling über Görres. Dr. Lieber (Camberg) erörterte die Lage des Papsies und verlangte die Wiederherstellung der terri- torialen Souveränetät desselben.

Bayern.

München, 27. August. Das „Geseß- und Verord- nungsblatt für das Königreich Bayern“ veröffentlicht folgenden Erlaß Sr. Königlichen Hoheit des Prinz-Regenten:

„Der heutice Tag, welwer dem Gedächtrisse Vieines un- vergeßlihen Herrn Vaters geweiht war, hat Mich tief ergriffen und freudigst bewegt. Die Huldigung, die den Manen des grofëen Königs dargebracht wurde, bat erneut und glänzend be- fundet, daß aller Bayern Her:en von der Liebe zum Herrscer- hause und zum Vaterlande erfüllt sind. Wie in Mir der Ein- druck des Festes ein unaue1ö\chlicher ist, so wird, dessen bin Ich gewiß, die Erinnerung an dasselbe in den Kreisen aller Betbeiligten fort- dauern. Des bocchstfeligen Königs Andenken, stets lebendig im Volke, wird immer von Neuem dea einigenden Gedanken gemein}amer Pflege und Mehrung der ideellen Güter wach erhalten.

Ebe Ich aus Regensburg scheide, drängt es Mich, Meinem leb- haftesten Dank AuEsdruck zu geben. Dieser Dank gilt dem Landtage, welchèr das nun in der Walhalla befindli&e Standbild zu errichten besloß; er gilt den Mitgliedern der beiden Kammern des Landtages, welche Mith bei der feierlichen Entbüllung des Standbildes \o zahl- reih umgaben; er gilt den Künstlern, die hier mitwirkten; er gilt der Stadt Regenéburg und der Oberpfalz, wo Mir heute wieder fo viele Beweise treuester Anbängli(keit zu Theil wurden. Prachtvöll war der Schmuck der Straßen und Häuser; ungezählt waren die Massen, die Mi begrüßt en; Vereinigungen aller Art halfen durch ihre Anwesenheit und Thätigkeit das Fest verherriihen; mit patrio- 1isher Begeisterung hatte beute das ganze Land den Blick zur Wal- halla gerihtet. Möge Gottes reihster Segen Vayern f{üßen und schirmen in alle Zeit!

Regensburg, 25. August 1890. i Luitpold,

des Königrei&s Bayern Verweser.“ Zu Ehren des hier anwesenden Vize - Präsidenten des preußischen “Staats - Ministeriums, Staatssekretärs des Jnnern von Boettiher und des gleichfalls hier anwesenden Königlih säthsishen Gesandten in Berlin und Bevollmächtigten zum Bundesrath Grafen von Hohenthal- Bergen fand, der „Alg. Ztg.“ zufolge, bei dem Minister- Präsidenten Freiherrn von Crailsheim ein Diner statt. Die von Pöcking über das Befinden des Hrn. Ministers a. D. Dr, Freiherrn von Luß eingetroffenen Nach- rihten lauten fortwährend beunruhigend.

Sachsen.

Dresden, 28. August. Gestern find dem „W. T. B.“ zufolge hier die Arbeiten zur Legung eines unterirdischen Kabels von Dresden über Hof nach München be- gonnen worden.

Vaden.

Karlsruhe, 26. August. Die von Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog nah dem Vorbeimarsh der Ver-- eine des Höhgauer Militärvereins - Verbandes in Stocktach (fiehe Nr. 206 des „R.- u. St.-A.“) gehaltene Ansprache hatte nach der „Karlsr. Ztg.“ ungefähr folgenden Wortlaut :

„Werthe Freunde! Es erübrigt mir, nachdem Jhr verehrter Gauvorftand Ihnen in so eingehender Weise ges{ildert bat, was Geschichte heißt, meinen Dank auszusprehen, daß Sie den dur den Gauvorstand kundgegebenen Gesinnun gen fo lebhaft zugestimmt haben. Ich babe die werthe Pflicht, au noch besonders dafür zu danken, daß Sie und die Vertretung der Stadt und des Festes, das Gott sei Dark doD noch mit Sonnenschein gesegnet worden ist. mich in Ihrer Mitte besißen wollten. Gerade der Umstand, daß Sie bei so sch{lechtem Weiter den weiten Weg nicht gesheut haben, ist mir Beweis dafür, daß Sie festhalten wollen an der Gesinnung Ibrer Vereinigung. Ih empsehle Ihnen, an diesen Grundsätzen ireu und fest zu halten und

i spreche hauptsächlich zu den Aelteren von Ihnen fie auf die nah- kommende Generation zu übertragen. Ich rihte mich an die Aelteren, welche den Ernft von 1870 kennen, wo die Landwehr mitgefohten hat urd wel&be wiederum eintreten wird, wenn der Ruf an sie ergeh-n sollte. Ich wende mich an Sie mit der Bitte: Tragen Sie dazu bei, daß diefer Geist nit verlorer. geht, daß er neu geboren wird und daß das, was 1870 geschaffen, erhalten bleitt. Sprehen Sie bei jeder Gelegenbeit mit der Jugend von der Vergangenheit, von der Erbal- tung, Förderung und Stärkung des Reis. Wie ih Sie vorhin vorbeimarschiren sab, nicht im gewöhnlihen Schritt, sondern im

arademarsch, kam mir lebhaft der Gedanke an die Wacht am

hein, worin es heißt: „Lieb Vaterland, magst ruhig sein“. Ja, wenn das Vaterland solche Männer und Krieger besißt, von sol&cem Geiste beseelt, wie er unter Ihnen sich kund atebt, ja, dann kann es rubig sein. Und hierfür sage ich Ihnen meinen besonderen Dank. Ich nehme Abschied mit dem Wunsche, daß, wenn es mir ncchmals vergönnt fein follte, Ihnen ins

Auge zu \{auen, vir dies mit Ehrea und Freuden thun können. Und |

zur Bekräftigung, daß Sie das, was Jöbuen zunäcst am Herzen liegt, ic meine unfer Land Baden, auch berzlich lieben, fordere ich Sie auf, mit mir în den Ruf einzustimmen und gedenken Sie auch dabei aller der Ihrigen unser Land Baden lebe hoh!“ Sachsen-Weimar-Eisenach.

Weimar, 27. August. FJhre Königlichen Hoheiten der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin haben, der „Th. C.“ zufoige, am Montag Aufenthalt in Neustadt a. O. ge- nommen. Zu Ehren des hohen Besuchs hatte die Stadt einen reihen Festshmudck angelegt.

Der Staats-Minister Frhr. von Groß if vom Urlaub zurücfgekehrt und hat die Geschäfte wieder übernommen.

Im Spätherbst wird die Landessynode des Groß- herzogthums sich zu einer längeren Tagung hier versammeln.

Oldenburg.

(H.) Oldenburg, 27. August. Se. Königliche Hoheit der Großherzog hat gesiern die Sommer-Residenz Rastede verlassen und si für kurze Zeit auf Reisen begeben. Jn der ersten Septemberwoche wird Höchstderselbe auf dem Fagdschloß Güldenstein eintreffen und demnächst in Eutin Aufenthalt nehmen.

Sachsen-Altenburg.

X Altenburg, 25. August. Se. Hoheit der Herzog ist (wie {hon kurz erwähnt) am 21. d. von dem Jagdschlofse in Hummelshain über Gmunden, wo Höchstderselbe einige Tage verweilen wird, in Begleitung des Hofmarschalls von der Schulenbura, des Hof-Stallmeisters von Ziegesar und des persönlihen Adjutanten von Sydow zur Abhaltung von Gemsjagden in das von Höchstdemselben erpahtete Jagdgebiet in Tirol abgereist und wird während der Jagden, die eiwa bis zum 11. September ausgedehnt werden, Wohnung in dem Jagdhause Waidmannsheil bei Seefeld nehmen.

Schwarzburg-Rudolfstadt.

Gera, 27. August. Die „Gesez-Sammlung für das Fürstenthum Reuß j. L.“ veröffentliht eine Ministerial- Bekanntmachung vom 21. August d. F., betreffend die mit dem Königreih Sachsen abgeschlossenen Staats- verträge wegen des Baues einer Eisenbahn von Schön- berg nach Hirschberg -und wegen. Abtretung des reußischen Theiles der Shönberg-Schleizer Eisen- bahn an das Königreih Sachsen sowie wegen der Herstellung einer Verbindungsbahn zwischen den Bahnlinien Gößniß—Gera und Weishlißz—Wolfsgefährt.

Oefterreih -Ungarn.

Wien, 28. August. Für die bevorstehenden Manöver- reisen Sr. Majestät des Kaisers und Königs sind, wie „W. T. B.“ nach authentischer Mittheilung meldet, die Dis- positionen dahin getroffen, daß Allerhöchstderselbe am 3. Sep- tember früh in Teschen eintreffen und von dort am 6. Sep- tember bierher zurückehren wird. Am Abend des 9. September begiebt sih Se. Majestät nach Mähren, um den dort statt- findenden Manövzrn beizuwohnen. Die Abreise na Schlesien zu den dort stattfindenden preußishen Manövern ist auf den 17. September festgeseßt, von dort wird der Kaiser am 20. September früh wieder hier eintreffen.

Großbritannien und JFriand.

London, 27. August. Die Königin hat, wie die „A. C.“ meldet, am 25. d. M. Osborne verlassen und sich in Begleitung des Prinzen und der Prinzesfin Heinrih von Battenberg sowie des Herzogs und der Herzogin von Connaught nach Balmoral in den scottishen Hochlanden begeben, wo der Hof bis gegen Mitte Novenber weilen wird.

Es liegt jeßt der vom Auswärtigen Amt veröffentlichte volle Wortlaut des kfolonialen Abkommens zwi- schen Großbritannien und Portugal vor, der die vor einigen Tagen publizirten Hauptumrisse der Konvention nit wesentliÞh verändert, indeß in manchen Details er- gänzt und einige dunkle und zweifelhafte Punkte auf- klärt. So besigt Portugal auf dem Zambesi von Zumbo nah den Katima-Stromschnellen nur Wegerechte, aber keine Territorialrehte, während England in jenem Theile des unteren Zambesi, über welhe Por- tugal Kontrole ausübt, ähnlihe Wege- und Baurechte besißt. Portugal ist verpflichtet, eine Eisenbahn zur Erleichterung der Verbindung zwischen britishem Gebiet und der Pungwe-Bai zu bauen sowie absolute Dur ch- fahrtsfreiheit zu gewähren und die telegraphische Verbindung zwischen der Küste und dem Flusse Ruo aufrehtzuhalten. Portugal macht sich auch verbindlich, einer britishen Gesellshaft 10 Morgen Land für Transitverschiffungszwecke an der Mündung des Chinde, eines der Nebenflüsse des Zambefi, zu verpachten.

Ueber den Verbleib des Geshwaders, welches bei den kürzlihen Flottenübungen die Rolle des Angreifers spielte oder vielmehr spielen sollte, wußte man bis gestern nicht das Geringste. Beunruhigung ruft dieser Umstand aber nicht ie Man nimmt an, daß Admiral Seymour sihch mit

einer Flotte nach den Azoren begeben hat und seine iffe

auf dem weiten Ocean einige taklische Uebungen machen läßt.

Frankreich. Paris, 28, August. Jhre Majestät die Kaiserin von Oesterreich, Königin von Ungarn, hat, dem „W. T. B.“ zufolge, heute früh Paris wieder verlassen und is nah

Cherbourg gereist, um daselbst ihre Yacht zu besteigen. B

Wie die Blätter melden, werden 2 Torpedoboote nah Toulon abgehen, um dort das englische Mittelmeer- Geschwader zu begrüßen.

Die „Justice“ meldet, daß von 1900 Konskribirte 890 geinlihe Lehramtskandidaten dispensirt wurden. Da man weiß, daß die Kirche keine {wählihen

Leute in die Orden aufnimmt, so wüns{cht das Blatt, daß *

man Vergleihe darüber anstelle, ob bei anderen Civil-Lehr- anstalten ebenso viele dispensirt würden.

Rußland und Polen.

St. Petersburg, 28. August. Gestern fand, wie „W. T. B.“ meldet, in Zarskoe-Selo die Beerdigung des früheren Finanz-Ministers von Reutern statt; der Groß- fürst Wladimir, die Minister und zahlreiche andere distinguirte Persönlichkeiten, sowie Deputationen der Börsen-Comités und Banken wohnten der Trauerfeier bei.

Vulgarien.

Sofia, 28. August. Ein Theil der Reservisten der Jahrgänge 1882 und 1883 ist nah einer Meldung des- „W. T. B.“ zu vierzehntägigen Uebungen mit dem Mannlicher-Gewehr einberufen worden.

Amerika.

Vereinigte Staaten. Washington, 27. August. Im Senat empfahl heute, wie „W. T. B.“ meldet, bei der Debatte über die Tarifvorlage der Senator Davis von Minnesota gegen Frankreich, England und Deutsch- land wegen Nichtzulassung amerikanischen Fleishe# Repressalien in Anwendung zu bringen.

__ New-York, 27. August. Die Republikaner von Ohio ernannten neuerlich Mac Kinley zum republi- kanishen Kandidaten für die Repräsentankenkammer. Jn seiner Kandidatenrede sprah Mac Kinley die Zuversicht aus, die nah ihm benannte Bill werde angenommen werden und- dem Lande eine in der GeshiGßte noch niht dagewesene- Prosperität bringen.

San Salvador. Heute in New - York eingetroffene Depeschen meldén, General Ez eta habe nunmehr das Frie- densprotokoll mit Guatemala unterzeichnet.

Argentinien. Buenos Aires, 28. August. Ein Telegramm des „Reuter'schen Bureaus“ meldet: |Die „Union Civica“ wird demnächst eine Versammlung berufen, in welcher dem Verlangen Aueëdruck gegeben wird, daß die Minister Noca und Levalle ihre Portefeuilles niederlegen; E sieht in politishen Kreisen diesem Schritte mit Besorgniß entgegen.

Ein neuer Gesetzentwurf ist eingebraht worden, durch welchen die Provinzialkammern von La Plata zu einer neuen Emission von Cedulas Serie Q bis zum Betrage von 10 Millionen Dollars ermächtigt werden.

Der Senat hat das allgemeine Amnestiegeseß angenommen.

Der Finanz-Minister erkiärte einer bei ihm vorstellig gewordenen Deputation, er werde das Budget um 15 Millionen vermindern.

__ Nr. 34 der Verösffentlichungen des Kaiferlichen Ge- sundheitëamts vom 26. August hat folgenden Inhalt: Gesund- beitsfiand: Bolkskrankieiten in der Berihtswohe. Cholera in Spanien. Cholera in Klein-Asien. Cholera in Mesopotamien. Influenza in Japan. Sterbefâlie in deutswen Städten mit 40000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Berliner Krankenhäusern. Desgl. in deutschen Stadt- und Landbezirken. Witterung. Grundwasserstand und Bodenwärme in Berlin und München, Juli. Zeitweilige Maß- regeln gegen Volksfrankheiten. Thierseuhen in der Stweiz, 2. Vierteljahr. Veterinärpolizeilide Maßregeln. Medizinal- Gesetzgebung u. \. w. (Deutshes Reich.) Erlaß, betr. den Verkehr mit S@weinedärmen, (Mecklenburg-Schwerin ) Belehrung über PerlsuÏt. (Braunsweig.) Nachprüfung der Hebammen. Wochen- betifieber. (Lippe.) Feilbalten von Heilmitteln. Rechtsprechung.

Getreide, Mebl. Kongresse, Verhandlungen gesetzgebender Körper--

\{aften, Vereine u. f. w. 16. Versammlung des Deutschen Vereins für öôffentlihe Gesundheitzpfleae. Internationaler land- und forst- wissenscaftlider Kongreß in Wien.

Ertscheidungen des Reichsgericht®.

Die Bestimmung einer vor dem Inkrafttreten der Deutschen Civilprozeßordnung abges{lofsenen und sodann von Jahr zu Jahr stillschweigend vrolongirten Versicherungsvolice: „Die Ent- \cheidung von Streitigkeiten zwishen der Gesellschaft und dem Ver- sicherten soll dur zwei Schiedsrichter und event. einen Obmann erfolgen; gegen deren Ausspruch finden die geseßlichen Rechtsmittel statt" ift, nad einem Urtheil des Reic8gerits, I. Civilsenats, vom 22, Februar 1890, au gegenwärtig unter der Herrschaft der Civilprozezordnung rechtswirksam; der Rebtêweg ist demnach für die Ents@eidung von Streitigkeiten zwishen der Gesellschaft und dem Versicherten unzulässig.

Die vierjäbrige Verjährungsfrist der persönlichenFor- derung von Hypothekzinsen-Rückständen (preuß. Ge). vom 31. März 1838 § 2 Z. 5) wird, na einem Urtheil des Neich8gerihts, V. CGivil= senats, rem 23. April 1890, durch die Anstellung der hypotheta- rischen Klage des persönlihen Gläubigers gegen den perfönlihen Sguldner unterbrochen.

Ausländer, welche als Kläzer auftreten, baben nah § 85 des deutshen Gerichtskostengefeyes das Dreifache des nah §. 81 vom inländishen Antragsteller für jede Instanz zu zahlenden Gebükbren- vorschu}ses als Vorscbuß zu zablen, und vor Zahlung dieses Vor- schufses ist regelmäßig die Vornahme jeder gerichtlihen Handlung abzulehnen. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichtgeriht, I. Civilsenat, durch Urtheil vom 24. Mai 1890 au2gesproben, daß, wenn in der Berufungsinstanz der ausländische Berufungékläger die Einzablung des Vorschusses unter- lassen hat, der Beklagte si die Sistirung des Verfahrens bis auf Weiteres ni cht gefallen zu lassen braucht, sondern beantragen kann, daß der Kläger mit seinem Rechtsmittel abzuweisen sei.

Statistik und Volkswirthschaft.

Ueber die Hauptergebnisse der Volkszählung vom 1. Dezember 1885 im Großherzogthum Hessen

bringt das soeben erschienene 2. Heft des 34. Bandes der „Bei- träge zur Statistik des Großherzogthums Hessen“ tabellarishe Uebersihten. Nach denselben ergab die leßte Volks- zäblung eine ortsanwesende Bevölkerung von 956 611 Köpfen. Es wurden weiter 202 997 Haushaltungen und 136 275 bewohnte Gebäude ermittelt.

Das Gebiet des Großkberzogthums umfaßt nach d:m Stand des Haupt-Centralkatasters für das Jahr 1885/86 eine Flähe von 7681,83 qkm. Von der Gefammtflähe sind 49,6 9/9 Ackerland und Grabgârten, 13,1% Wiesen, Grasgärten und Wien, 1,4 %/ Wein- berge, 31,2 9% Wald, zusammen 95,3 °/o produktive Fläche.

Auf 1 gkm berechnen si im Dur@schnitt 124,5 Einwohner.

Seit dem Jahre 1880, in welckem sich die Bealtterung des Großherzogthums auf 936 340 Köpfe belief, also, innerhalb 5 Jahre, hat fi eine Zunakme von 2,16 9% der Bevölkerung von 1880 er- geben. Es kommt das ciner durchs{niltlihen jährlichen Vermehrung von 0,43% glei, aegen 1,18% in der vorberaeber.den Zäblungs- periode 1875/80, 0,92 % in der Zählungeperiode 1871/75 und 6,63 %% in der Periode 1867/71. Die jünaste Periode mit einer durch\{nittli jährliWen Zunabme von nur 0 43 9% zeigt biernah seit 1867 die bei weitem kleinste Vermehrung2ziffer. Hinsfichtlih der Größe der durch- \chnittlidben jährlihen prozentualen Bevölkerungszunahme während der leßten Voikszählungëperiode 1880/85 nimmt das Großherzogthum Hessen unter den Staaten des Deutschen Reichs die sieb;ehnte Stelle ein.

Die Bevölkerung seßte sich im Jahre 1885 aus 473 740 männ- liden und 482 871 weibli@en Personen zusammen. Auf je 100 Ein- wobner kommen daher 49,52 männlide und 50,48 weiblibe, gegen 49,65 männlide und 50,35 weiblide im Jahre 1880. Auf je 1000 männliche Perfonen kamen im Aakre 1885 1019 weibliche, dagegen im Jahre 1889 1014, was im Deutschen Reih mit 1043 bezw. 1039 der Fall war.

Wie in anderen Staaten die weibli&e Bevölkerung Üüberwiegt, so tritt sie auch im Großherzogthum Hessen mit einem Uebergewicht bervor, von den Provinien jedoch nur in Starkenburg und Ober- hessen, während sie in Rheinhesscn in Folge tes starken Garrison- standes in Mainz und Kasscl von der männlien Beröikerung über- troffen wird. Gegen das Jahr 1880 hat sib der Uzbershuß der weibliwen Bevölkerung in der Proviaoz Starkenbura und im Groß- berzogthum etwas vermehrt, in der Provinz Oberhessen etwas ver- mindert, während der Ueters{uz der mänrliten Bevölkerung in Rheinbeffen ctwas gerirger geworden ift. Von den Kreisen weist allein Mainz (mit 8063 aktiven Militärpersonen) einen Ueberschuß der männlichen Bevökerung auf. Daselbst kamen auf 1000 männliche nur 917 weiblie Perfonen.

Die ortsanwesende Bevölkerung des Großherzogthums fette sh nab den Erhebängen über die Staatsangehörigkeit in 1880 bezw. 1885 zufammen: aus 94,95 bezw. 92,85 9% Angekörigen des Groß- berzogthums, aus 5,53 tezw. 6,81 9% Angehörigen anderer deutscher Bundeëftaaten, demna aus 99,58 bezw. 99,66 9% Reichsangebörigen und aus 0,42 bezw. 0,34% Reichs8ausländern. Es ergiebt sich aus der vorstehenden Zusammenstellung, daß die Angehörigen anderer deuts@er Bundeéstaaten im Iabre 1885 einen erheblich größeren Bestandtbeil der Gesammtbevölkerung des Großkberzog- thums Heffen bildeten als im Jahre 1880. Ihre Zahl ift um 25,9 °/o, diejenige der bessis{en Staatsangehörigen nur um 0,9 9% gewac;sen, während die Zabl der Reichsausländer um 18,9 9% ab- genommen bat. Die im Großkberzoatbum anwesenden Angehörigen anderer deutsher Bundeéstaaten sind nit weiter unterschieden worden, dagegen die Reichsausländer. Unter diesen befanden ch 964 Oester- reicer (dazu 76 Ungarn), 579 S@weizer, 450 Angebörige der Ver- einigten Staaten von Amerika, 301 Briten, 190 Russen, 182 Nieder- länder, 151 Jtaliener, 119 Franzo|en; 254 Personen gehörten arderen außerdeutschen Ländern an.

Die Bevölkerung des Grofberzogthums seßte G dem Familien- ftand nach am 1. Dezember 1885 zusammen cus 573 994 Ledizen, 319 340 Verheiratéeten, 62350 Verwittweten und 927 Geschiedenen. Von je 1000 Personen waren bei den Ldigen 513 männlich urd 487 weiblic, bei den Verbeiratbeten 498 männlich und 502 weiblich, bei den Verwittweten 316 männlich und 684 weibli, bei den Gesciedenen 312 männlich und 688 weibli. Aus dem Vorstehenden ergiett si, daß unter den Ledigen mehr märnlie Personen als weiblibe vorkommen, daß dagegen die Zahl der weiblihen Verbeiratheten, Verwittweten und Geschiedenen diejenige? der mänrlihen übertrifft, Gleihwohl befinden si unter dem männlihen Geschle{t verhältnißmäßig mehr Che- männer als unter dem weiblihen Ehefrauen, weil das Uebergewicht des weiblicen Geshlechts in der Gefammtbevölkerung relativ stärker ift als in der Familienstantskategorie der Verbeiratbeten. Die Zahl der Verwittweten und Geschiedenen ist bei dem weiblihen Ges&blecht mebr als doppelt fo groß als bei dem männlichen. Gegenüber dem Stand vor fünf Jahren bat im Jahre 1885 die Z2hl der Ledigen und der Ge- schiedenen beiderlei Geschlechts zugenommen. Dagegen if die Zabl der Verheiratheten relativ zurückgegangen. Relativ glei geblieben ist die Zahl der Wittwer, während diejenige der Wittwen gestiegen ist. Auf dem Lande leben verbältnißmäßig weniger Ledige, aber mehr Verheirathete und Verwittwete als in den Städten, welche Verfchiedenbeiten in dem nicht unerheblichen Antheil, welchen die zu- meift der Kategorie der Ledigen angehörigen Militärpersonen, Arbeiter, Dienstboten, Schüler 2c. an der fiädtishen Bevölkerung nehmen, be- gründet erscheinen

Dem Religionsbekenntniß nach waren von der Gesammtbevölke- rung am 1. Dezember 1885 67,31 %/g evangelis®, 29,11 9% fatholisch, 0,83 %/ fonft chrifilid, 2,73% jüdisG und 0,02 % ohre oder mit unbestimmter Religionsangabe. Gegen den Stand von 1880 bat die evangelishe Bevölkerung um 2,1 % und die kfatbolishe um 3,4 2% zu- genommen, während die jüdishe sch um 2,4% vermindert hat. Unter der männliten Bevölkerung leben verhältnißmäßig etwas mehr Evangelis{e und sonstige Christen, als unter der weiblichen, während unter leßterer etwas mehr Katholiken und Juden vorkommen.

Die Anzaëtl der Mischeben betrua nah dem Stand vom 1. De- zember 1885 auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung 14 750, nach dem Stand vom 5. Juni 1882 auf Grund der Ergebniffe der Berufszäblung 14101. Die Mischehen vermehrten fi also innerhalb etwa 34 Jahren um 642. In Prozenten der Gesammtzahl der Ehen beftanden im Jahre 1885 93 Mishehzn, im Jahre 1882 8,7, im Iabre 1864 6,5, im Jahre 1881 6,4. Hiernach ift die Zabl der Mis@&ehen im Zunehmen begriffen. Am zahireihsten sind die Misch- ehen in der Provinz Rheinhessen mit 16,7% der Ehen im Ganzen ; sodann in Starkenburg mit 8,6 %/, während in Oberbefsen nur 2,5 %/o vorkommen.

Die Zabl der Geburten vom 1. Dezember 1880 bis 30. No- vember 1885 betrug 158 554, die der Gestorbenen in demselben Zeit- raum 111804, mithin Geburts-Ueberschuß 46 750. Da die leßte Volkszählung eine Bevölkerungszunahme nur von 20271 Köpfen ergab, so stellt sich ein Verluft von 26 479 Personen beraus, welcher von einem Mehrbetrag der Weggezcgenen über die Zugezogenen her- rührt. In Prozenten der Bevölkerung beträgt dieser Verluft 2,83. Bei den Personen männlihen Geschlechts ist er viel beträchtlicher als bei denjenigen weiblichen Gescblechts; bei jenen berechnet er sich auf 3,33, bei diesen nur auf 2,33 9%.

Das Volks\schulwesen im Herzogthum Sahsen- Meiningen.

Eine am 26. d. M. in Meiningen erschienene statistische Ver- gleitung des Volks\s{hulwesens im Herzogthum von 1880 und 1890 bekundet eine stetig fortschreitende Entwickelung. In den 16 Schul- aufsihtéfreisen mit 310 Swulorten und 324 Schulen waren im Jahre 1880 insgesammt 493, im Jahre 1890 dagegen 590 Lehrer angestellt, also 97 mehr als vor 10 Jahren. In diesem Zeitraum hat si die Zahl der Sculkinder von 34 390 auf 39 301, alo um 4911 erböbt. Auf je einen Lehrer kamen durch- \nittlid 1880 70, 1890 dagegen nur noh €6 Kinder. Dem Reli- gionsbekenntniß nach sind 38 821 Kinder evangelish, 226 katholis, 208 israelitisch und 46 gehören zu feiner der drei Konfessionen. Es bestehen neben den öffentlihen Volks]chulen noch 17 Privatschulen mit 27 Lehrern und 605 Schülern.

Kunft und Wifsenschaft.

ckch Jn Bezug auf die Verwaltung und Aufstellung der Sammlungen der hiesigen Königlihen Museen während des Etatsjahres 1. April 1889/90 erscheinen folgende Bei von allgemeinem Jnteresse : A der Gemälde-Galerie wurde eine Reinigung der Rafael’ schen Teppiche vorgenommen, durch welche die Wirkung dieser edlen Kunsterzeugnisse wesentlih gehoben wurde.

Während von der Publikation der Generalverwaltung über die Gemälde-Galerie die 4. Lieferung ersien, ist im verflossenen Etatsjahre auch mit der Herausgabe der von der Firma Hanfstängl in München nach den vorzüglichsten Bildern der Galerie angefertigten photographishen Auf- nahmen der Anfang gemaht und dadurch, wie gehofft werden darf, ein niht unwichtiger Schritt zu größerer Ver- Es der Kenntniß von den Hauptwerken der Galerie geschehen.

Die Aufstellung der Sammlung der antiken Skulp- turen, welche besonders unter dem allgemein fühlbaren Mangel an Raum zu leiden hat, erfuhr in dem an der West- seite des Alten Museums gelegenen früher sogenannten Kaisersaal eine wesentlihe Umgestaltung, welche hauptsählih dazu bestimmt war, die in der Sammlung enthaltenen her- vorragenden Werke der attishen Kunst aus der Fülle des übrigen Materials herauszuheben und zu eiuer ihrer Be- deutung entsprehenden Wirkung zu bringen.

Da die Depoträume dieser Abtheilung bereits vollständig in Anspruch genommen sind, durch die erfolgie Umstellung aber eine weitere Magazinirung von Bildwerken unumgäng- lih nothwendig wurde, mußte das kleine gricchisch2 Kabinet als Depotraum benugtt und bis auf Weiteres für das Publikum geschlossen werden.

Die Sammlung der Bildwerke christlihen Zeit- alters hat in dem sich räumlich an die Sammlung der antiken Bildwerke anschließenden Theile, welcher die italienishen Skulpturen umfaßt, der in jenec. stattgehabten Umstellung entsprechend, ebenfalls eine Aenderung der Auf- stellung in Verbindung mit einer anderweiten Anordnung der Scheerwände erfahren. :

Dem Antigquarium mußte zu der im verflossenen Relhnungsjahre bewirkten Aufstellung der cyprischen Alter- thümer der westlihe Uebergang zum Kupferstich - Kabinet im Treppenhause des Neuen Museums überwiesen werden.

Der zu wcchselnden Ausstellungen bestimmte Dberlicht- saal des Kupferstihkabinets ist zu Beginn des vorigen Etatsjahres fertiggestellt worden, sodaß die erste, die Entwicke- lung des Kupferstihs in Deutschland unter Ausf{luß der Radir- und Schabkunst 2c. zur Anshauung bringende Aus- stellung am 14. Mai v. F. zur Eröffnung gelangen konnte.

Die egyptishe Abtheilung eröffnete am 30. Juni v. J. die früber von der ethnologishen Abtheilung inne- gehabten, jeßt zur Aufstellung der vorderafiatischen Alter- thümer benußten Säle dem Publikum. Außer den zum alten Besiy gehörigen assyrishen und babylonishen Denfmälern enthalten diese Räume die Funde der babylonishen und der ersten nordfyrishen Expedition sowie andere zum Theil hervor- ragende neue Erwerbungen. .

Ein Theil der Sammlung egyptisher Alterthümer mußte au ferner dem Publikum verschlossen bleiben, da die Auf- stellung und die damit Hand in Hand gehende rFnventarisation und Katalogisirung wegen der außerordentlihen Fülle des Materials geraume Zeit in Anspruch nehmen. /

Im Museum für Völkerkunde fand im Laufe des Etat2jahres 1890/91 die Eröffnung des 1. und 2. Saales der ostasiatishen und eines Theils der indonesishen Sammlung im 2. Stockwerk sowie des 5. Saales der prähistorischen Abtheilung statt. - / :

Das Kunstgewerbe-Mufeum hat mit dem Beginn des vorigen Etatsjahres einen in gewißser Hinsicht bedeutungs- vollen Abschnitt zu verzeichnen, da von jenem Zeitpunkt ab das bisher an 3 Wochentagen erhobene Eintrittsgeld in Weg- fall kam. Die Zahl der Besucher der Sammlung dieses Museums hat si in Folge dessen wesentlich gehoben. Die Steigerung, von welher cin Theil wohl auch den stattgehabten Sonder - Ausstellungen zuzuschreiben is, be- trug bei 105131 Besuchern gegen 74538 im Vorjahre 41 Proz. Bemerkenswerth ist, daß der gesammte Bestand der Stoffsammlungen des Museums in der Zeit vom November 1889 bis März 1890 in 8 verschiedenen Gruppen im Lichthof des Kunstgewerbê-Museums zur Ausstelung gelangte und durch gleichzeitig im Museum gehaltene öffentlihe Vorträge erläutert wurde.

Au isst der Versuch gemacht worden, das Publikum sowie namentlich die näher betheiligten gewerbliten Kreise mit dem Jnhalt der Bibliothek und der Ornamentstich- Sammlung des Kunstgewerbe-Museums durch Vorträge in dem Museum bekannt ‘zu machen und zu fruchtbringender Benuzung dieser Abtheilung des Museums anzuregen.

Der „Voß. Zta.* wird aus Jüterbog geschrieben: Ein Fund, der vielleicht einiges ges{chichtlihe Interesse erregen dürfte, ift bier in einem Garten gemadt worden. Es ift eine 12 cm bobe und 187 cm breite Ku pferplatte mit Silberüberzua, welchze in künst- lerisher Ausführung getriebene Arbeit enthält. Sie zeigt in Front- stellung ho zu Roß (von links begonnen) den König Friedrich Wilhelm II],, den Kaiser Nikolaus von Rußland und den Kaiser Ferdinand von Oesterrei mit Gefolge und im Hintergrunde Kavallerietruppen. Links unten find Spuren eines Namens zu bemerken und die Buchstaben a. K. T. Jn der reten Ede ift zu lesen „Berlin 1836",

Ein Portrât des jungen Goethe, 1776 von dem Maler Krauß für den Verleger Nicolai in Berlin gezeichnet, ift, wie die „Th. C.“ berichtet, dem. Goethe-National-Musfeum in Weimar dur testamentarische Verfügung des Frl. Jakoby, Schwester des Dr. Joh. Iakoby in Königsberg, zugegangen. Im Auftrag Nicolai's fertigte Chodowiecki nah diefer Zeichnung den Kupferstich an, welcher sich in dem 29. Bande ven Nicolai's Allgem. deutschen Bibliothek aus dem Jahre 1776 befindet. Später besaß Zelter das Biid, dann Varnhagen, der es der Familie Jakoby schenkte.

In den unterirdischen Gewöl ben der St. Servatiuskirhe in Mastricht, sind, nah der „Wes. Ztg.“, die Sarkophage der Bischöfe Monulphus, gestorben in 599, und Gondulphus, Nawfolgers des Ersteren, gefunden worden. Für die Archäologie ift diese Entdeckung von großem Werth.

Land- und Forftwirthschaft.

Zur Weinernte.

Aus Geisenheim wird der „Elbf. Ztg.“ unter dem 24. d. M. geschrieben: Der Stand unserer Weinberge befriedigt in jeder Be- ziehung. Der Anhang ift ein außerordentli reiher, sodaß wir in dieser Hinsicht einem vollen Herbste tirgrnseden. Da die Witterung reWt günstig ift, veredeln si die Trauben zuschends. In den Wein- bergen wird eben das „Gipfeln“ vorgenommen. Hierbei werden die diesjährigen Triebe theilweise abgeschnitten; dadur wird das Wa(8- thum des Stotckes gestört, die Reife des Holzes aber gefördert. Die Gipfeln selbs werden getrocknet und dienen dann als Viebfutter.

Dagegen is über den Stand der Weinberge Niersteins wie der "Rb. Kur.* vom 22. d. M. berichtete, ni@ts sehr Erfreu- lihes zu melden. Die anhaltend nafse Witterung bat ein {lechtes und gelbes Aussehen des ganzen Nierfteiner Berges zur Folge gehabt. Die Weinstöcke bängen in den feineren Lagen ziemlich voll, doch sind die Taruben meist klein und niht gedrungen. Man set im Allgemeinen

keine großen Hcffnungen auf tey Herk. Die Witterung muß sih- noch bedeuterd befsern, wenn man eine mittlere Güte ernten so

Aus Bingen schreibt man der „Köln. Ztg.“ : Der gegenwärtige Stand der Weinberge ift bier und in den Nawhbargemarkungen ein reckt zufriedenstellender. Die Glutbbite der erften Augusthälfte in Verbindung mit der rei{lichen Erdfeuchtigkeit hat den Weinstock um Wochen vorwärts gebracht. Die Trauben sind der Reife zusehends näher gekommen; die weißen Trauben werden bell und durchsichtig, die dunkeln Arten nebmen ihre Farben an. Es gilt dies für Bingen sowohl wie für Rüdesheim, Dromersheim, Kempten u. s. w. Besonders bübsch ftehen die Frübburgunder, welde in den genannten Gemar- fungen, wie in Ingelheim, Gau-Algesbeim, Frei-Weinheim u. #. w, bereits zu reifen beginnen und auc einen guten Ertrag versprechen. In Heidesheim z. B. werden die Frühburgunder-Weinberge {on morgen geschlofsen. Für eiren guten Herbst im Allgemeinen bedarf es allerdings noch auf sc{chs Wochen warmen Wetters.

An- und Verkauf von Futterftoffen.

Die Deutsche Lanèwirtbscafts-Gesellschaft hat, naSdem die von ibr feit Jahren eingerichteten Vermittelungsstellez für Düngerankauf und Samenverkauf sih außerordeutlich bewährt baben, jeßt auch die Vermittelung des An- und Verkaufs von Futterftoffen in die Hand aenommen. Es handelt sich dabei darum, déx Ankauf preiëwürdiger Handelsfuttermittel zu erleichtern, besonders au Garantien über den Gehalt berbeizuführen und namentli die Preislage dahin zu klären, daß der Landwirth die billiaften Quellen zu erfahren in der Lage ift. Die Deutsche Landwirthschafts - Gesellshaft kommt damit den Anregungen nach, welhe der Deuts&e Larwirthschaftärath in seiner leßten Sizung gegeben hat. Ferner soll diese sogenannte Futterftele der Deutshen Landwirthschafts - Gesell- schaft den Verkauf von Futtermitteln, welhe die Land- wiztbe produziren, in die Wege leiten. Bei dem beutigen vorge- shrittenen Betriebe der Landwirtbschaft und der Möglichkeit eines reiwen Ersazes von Näbrstoffen für Ackecr und Wiesen einerseits und bei der steten Steigerung der Pferdehaltung für städtishe und indu- sirielle Verkältnifse in Deutschland ift der Verkauf von Heu und Siroh für alie diejenigen Landwicthe eine gebotene Maßregel, deren Transportverbältnifse einen solen geftatten. Die Deutsche Land- wirtbschafts - Gesellschaft will versuchen, dieses allerdings etwas \{chwierige Geschäft in bessere Bahnen zu leiten, sowie au den Ver- kauf von Getreide zu organisiren. Diese Einrichtungen verdienen die Aufmerksamkeit der deutschen Landwirthe und ift zu erwarten, daß die genannten Bestrebungen sh als nugbar für die Landwirthschaft

erweisen mögen. E Snternationaler land- und forstwirthschGaftlicher Kongreß.

Bei dem vom 2. bis 6. September d. I. zu Wien statt- findenden internationalen land- und forstwirtbschaftlicen Kongreß sind in der Subsektion Veterinärwesen der Sektion Landwirthscaft fol- gende Berathunasgegenstände auf die Tagesordnung gefeßt:

1) „Lungenseuche. ihre Bedeutung für die Landwirthschaft, dercn Verbreitung, sowie Mafregeln gegen dieselbe mit besonderer Berüdl- si&tigung der Schußimpfung.“

2) „Tuberkulose, deren Diagnoftik, ihre waSsende Verbreitung und ibre Bedeutung für die Gesundheit des Menschen.“

3) „Ueber Shußimpfung gegen Rauschbrand,“

4) „Ueber Schußimpfung gegen Milzbrand und Schweine- rotblauf.*

5) „Ursachen des seuchenartizen Verwerfens.“

Sanitäts-, Veterinär- und Quarauntänewesen.

Madrid, 27. August. In der Provinz Toledo kamen, eW. T. B“ zufolge, beute acht Cholerafälle vor, darunter vier mit iôdtlivem Ausgange. Der Direktor der Militär-Akademie in Toledo ist ebenfalls der Cholera erlegen. În den Provinzen Valencia und Alicante sind noch mehrere Cholera-Erkran- kungen aufgetreten.

Handel und Gewerbe.

Vom oberschlesishen Steinkoblenmarkt berichtet die „Sthlef. Ztg.“ : Die Lage des Steinkoblenmarktes ift unverändert gcblieben. Das Herannahen der Wintersaison mit den erhöhten Preisen regt zu beschleunigter Deckung des Winterbedarfs an, fo daß jämmtlihe Gruben die Förderung wieder voll aufnehmen mußten und die geräumten Haldenbeftände keine Erneuerung erfahren. Neben dem ret bedeutenden öôrtliwen Bedarf sind es vornehmlich die Zuckerfabriken, von denen zablreiße Aufträge eingehen, und obwohl auf den größeren BVahrnstationen namhafte Koblenbeftände zu bemerken sind, werden doch uraus8geseßt nach Maßgabe des Verbrauchs die Abgänge sofort ergänzt. Auch der Absaz nah Rußland ift, wenngleih noch \{wach, wieder aufgenommen worden, Die Koks8anftalten erbalten ihre Produktion auf der bisherigen Höbe, obwobl der Absatz der Produktion nit ganz entspricht, zumal Koks in bedeutenden Mengen aus Oefterreih und Niederschlesien be- ¡ogen werden. Auf den Neuanlagen berrscht eine rege Bauthätigkeit, so daß {on mit Beginn der Wintersaison einige derselben in Bes trieb kommen dürften. Die Stimmung auf dem Markte ist eine zuversichtlich feste.

In der Generalversammlung der Aktionäre der Rathenower optischen Industrie - Anstalt vormals Emil Busch vom 27. d. M. wurde der vom Vorstande vorgelegte Rehnungs-Abs{chluß für das am 31. März d. J. abgelaufene Geschäftsjahr sowie die in Vorstlag gebrachte Dividende von 6% gegen 5°/ im Vorjahre genehmigt und dem Gesellshaftêvorstande Entlastung ertheilt.

Ueber das neue italienischeBodenkreditinftitut wird aus Rom mitgetheilt: Von dem Aktienkapital übernahm die Banca Nazionale 15 Millionen Lire, welche sie in ersten, von ihr garantirten Hypotheken einbrinat; den Rest übernahmen, wie ,W. T. B.“ be- richtet, die Immobiliez-Gesellschaft, das italienishe und das deutsche Konfortium mit je 5 Millionen. Eine künftige gänzlihe Versbmelzung der neuen Gesellschaft mit der Bodenkredit-Abtbeilung der National- bank ift in Ausficht genommen.

Leipzig, 27. August. (W. T. B) Kammzug-Termin- handel. La Plata. Grundmuster B. pr. September 4,775 #, pr. Oktober 4,774 &, pr. November 4,775 H, pr. Dezember 4,75 , pr. Januar 4,675 , pr. Februar 4,60 &#, pr. März 4,575 K, E 4574 M, pr. Mai 4,5757 6. Umsay 80 000 kg. Rubig. j

London, 27. Auguft. (W. T. B.) An der Küste 4 Weizen- ladungen angeboten. A :

Christiania, 27. August. (W. T. B.) In den Sißungen der Delegirten verschiedener Handel8vereineNorwegens, welche hier vom 25. bis 27. d. M. unter dem Vorsiß des General- Konsuls Chr. Christophersen ftattfanden, wurden verschiedene Refolu- tionen angenommen, welche eine Revision der Konkursordnung, die Nothwendigkeit der Errihtung von See- und Handels- gericten im Lande, speziell in Christiania, sowie die Errichtung eines Auskunftsbureaus für den Export empfehlen.

Verkehrs- Austalten.

London, 27. August. (W. T. Ba Der Castle-Dampfer „Roslin Castle“ hat heute auf der Heimreise Madeira passirt und der Castle-Dampfer „Drummond Castle“ ift heute auf der Ausreise von London abgegangen.

Theater uud Musik.

ä Deutsches Theater. In Shakespeare’'s „Wintermärhen“, welches am Montag, 1. September, zur Aufführung kommt, spielt Fr. Geßner T Fr. Sorma die Perdita, Frl. ene die Paulina, Frl. Rhoden die Zeit und Frl. Lerau die Mcepsa. Die männlihen Hauptrollen