1870 / 375 p. 6 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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risch, daß kein Mitglied der Regierung die Wahrheit sagen kann, und E e Demetnti ist ein hinreihender Beweis für die Wahrheit vom Gegentheil.« Auch beschreiben »Augenzeugen« von einem Gefecht, - welhes vor zwei Tagen unter den Batterien von Hautes-Bruyères stattfand, und in welchem » unsere tapferen Mo- bilen« zwei- bis dreitausend Gefangene machten. Nun war ih selber aber sowohl gestern wie vorgestern in Hautes - Bruyère®/, und ih selbs kann bezeugen, daß die angebliche Schlacht nie statige- funden hat. Trochu erhebt heute Morgen in ciner längeren Adresse gegen die rothen Republikaner die Anschuldigung, daß der Contre- revolution vom 31. Oktober ganz allein das Scheitern der Wasfen- ftilltandsgunterhandlungen juzuschreiben sei. Jeßt bleibt nichts anderes Übrig, »vals die Reihen zu schließen, und die Herzen zu erheben. - Die Hauptfrage des Augenblicks is »der Ausfall«. Trohu und Ducrot bestehen darauf, daß wenigstens ein Versuch gemacht werde, die preU- Fischen Linien zu durchbrechen. Alle andern Generale dagegen sagen, da der Auëfall nicht gelingen könne, sei es Unrecht, so viel Menschenleben zu opfern. So schen Offiziere und Soldaten die Sachlage an , und was die Nationalgarden angeht, so sagen diese deutli heraus, daß sie an cinem so aberwizigen Schritte nicht Theil nehmen werden. Selbst in der Regierung macht sich cine. starke Stim- mung gegen den Ausfall bemerklich, aber Trochu spricht den Adovo- katen, die er zu Kollegen hat, jedwede Kompetenz Über diese rein militärische Frage ab, und die Advokaten ihrerseits klagen darüber;

daß Trochu nie das Louvre verläßt, fich mit einer Zahl geistlicher |

Dandies als Adjutanten umgiebt, und daß er wenn er wirklich einen Ausfall im Sinne hatte, unnöthig Zeit vershleuderte, bis jept der günstige Erfolg unmöglich geworden. Man glaubt jeßt, daß der Versuch in der Richtung der Poststraße nach Orleans hin gemacht werde und daß die ausziehenden Truppen entweder unter Verwirrung nach den Forts zurückgetrieben werden, oder daß man einige 50,000 so weit vorgehen läßt, daß sie nicht wieder zurück können und wie die Spagßen in einem Neße abgefangen werden.

Bemerkenswerth bei dieser Belagerung ist die Haltung der Frauen. Sie halten das Ganze für eine rein politische Frage, welche sie nicht im mindesten angeht, und so dringen sie weder in die Männer, daß fie Widerstand leisten, noch daß sie den Frieden verlangen sollen. Ein

aar Hundert haben sich als Marketenderinnen aufgepußt und die Vnderen scheinen die hohen Preise der Lebensmittel zu bedauern, sich aber um gar nichts Anderes den Kopf zu zerbrechen. :

Bezeichnend für die Stimmung der Bevölkerung sind die folgen- den zwei Auszüge aus der »?Libertóé« und dem »Repeil«. Ersteres Blatt, welves uns bisher wiederholt gezeigt hat, daß wir »erhaben« sind, s{impft gegen die stellenweise auftauchende Friedenssucht. »Athe- nienser von Paris,« so hebt der Artikel an, »ihr habt furchtbare Wälle gebaut und sie mit 3000 Kañonen armirt. Die Zone zwischen diesen Wällen und den Forts i| mit Torpedos besäet. Der Feind darf \sich nicht in dieses feindliche Labyrinth wagen. 300,000 Nationalgarden bis an die Zähne bewaffnet stehen auf den Wällen Wache. Seit zwei Monaten haben sie laut verlangt, gegen den Feind geführt zu werden. Jhr habt eine reguläre Armee von 250,000 Sol- daten; Proviant für mehrere Monate, Geld genug im Vorrathe, und jebt, wo alles zum Kampfe vorbereitet is, “wo unsere Pulver- magazine gefüllt sind, und unsere neue Feldartillerie mit Pferden be- spannt ist, jebtklatscht ihr Beifall einem Manne (Edmond About), der sagt, er wolle si von sentimentalen Phrasen nicht am Narrenseil herumführen lassen, und der laut ausruft: »Vive la Paix!«, einem Manne, der den mathematischen Beweis zu liefern versucht, daß wir uns lächerlich machen; der sagt, wir müßten eine Jademnität zahlen, d. h. Elsaß und Lothringen aufgeben, dex sagt, die Regierung, welche den albernen Schwur gethan habe, nie einen auß breit Bodens abzutreten; müsse einfach abdanken. »Pariser, Jhr, die Jhr die Lächerlichkeit mehr fürchtet als den Tod, denkt an Eure Wälle, an Eure Forts, an Eure Gelübde. Denki daran, wie Jhr zwei Monate lang gelernt habt, Eure Flinten abzufeuern, und wollt Jhr jeßt nachgeben, ohne sie ein ein- ziges Mal abgefeuert, ohne auch nur die geringste Gefahr irgend einer Art bestanden zu haben Noch entschiedener eifert der »Reveil« gegen den »Zusammensturz des Heroismus.« »Wer is jeßt noch so verrüt, daß er von Sterben spräche? Wir gehen auf die Wälle nicht um zu fehten, sondern um- Hazard zu spielen. Die Zeitungen machen Späße über die Situation. .Für unsere Vorfahren, die alten Gallier, mochte es angeben, den Kopf hangen zu lassen, wenn sie hinter dem Triumphwagen des Siegers einherzogen; wir aber sind nicht solche Narcen. Gleichviel, ob Sieger oder besiegt, laßt uns das Schicksal auslachen, und so zeigen. daß wix über seine Launen erhaben sind. «

Was nun die Lebenêmittel angeht, so wird Nindfleish in einer Woche zu Ende sein, dem »Temps« zufolge dürfte Pferdefleisch noch 14 Tage, Salzfleish dann noch eine weitere Woche, und Gemüse, gedörrte Frucht, Mehl u. \. w. noch drei Wochen länger reichen. Doch glaube ih, daß der Mehlvorrath bei dieser Berechnung unter- {äßt is, und daß wir von Brod und Wein no bis etwa Mitte Januar leben könnten. Fast überall is jeßt die Fleischportion auf 30 Gramm pro Person und Tag beschränkt, in den Restaurants aber kann man noch immer so viel Fleish haben, wie möglich. Kaßen sind im Preise gestiegen, und eine fette kostet 10 izrancs. Heute Morgen hatte ih Rattenragout es war ausgezeichnet eiwas zwischen dem Geschmack von Frosh und Kanin(en.

Ftalien. Florenz, 25. November. (W. T. B.) Der König empfing heute die Gesandten Oesterreichs und Preußens, welche demselben die Glückwünsche ihrer Regierungen zu der Wabl des Herzogs von Aosta zum Könige von Spanien dar- brachten. Die Ankunft. der spanischen Deputation wird Montag oder Dieristag in Genua erwartet, Die Altersklasse 1843 wird, wie es heißt, zum 1, Dezember auf unbestimmten

. hußweise gedeckt werdgn.

Urlaub entlassen. Jn der Romagna sind wiederholt. Erd.

}stöße wahrgenommen. i j : Turin, 24. November. Die Herzogin von Aosta is von einem Prinzen entbunden worden.

Spanien. Madrid, 25. November. (W, T. B.) Heut Morgen 10 Uhr ist die Kommission der Cortes nach Floten abgereist, um dem Herzog von Aosta die Akte seiner Erwählung zum Könige zu Überreichen. Die Regierung, eine große Anzah Deputirter haben unter Hochrufen der versammelten Menschen: menge auf die konstituirenden Cortes und den Prinzen Amadeo die Kommission zum Bahnhofe begleitet. Es herrscht großer Enthusiasmus. ;

Die Kommission- besteht aus folgenden Deputirten: Herzog von Tetuan; Ulloa, ehemaliger Gesandter in Florenz; Marquis von Sardoal; Silvela, ehemaliger Minister des Aus. wärtigen; Graf von Encinas; Marquis von Torre Orgaz; Martos, ehemaligèr Minister des Nus8wärtigen; Marquis von Valdeguerrero; Salazar, ehemaliger Gesandter in Lima; Mar quis von Maqicote; General Peralta; Valera , ehemaliger Hes in Frankfurt; Albareda , ehemaliger Gesandter im Haag. :

Neichstags - Angelegenheiten.

Berlin, 26. November. Die Motive zu dem gestern mitgetheilten Entwurf eines Geseyes, betreffend den ferneren Geldbedarf für die Kriegführung, lauten:

Indem die verbündeten Regierungen mit einer erneuten Kredit: |

forderung zur Deckung der Kriegskosten an den Reichstag heran- treten, glauben sie demselben zunächst in Kürze davon Mittheilung machen zu sollen, in welcher Weise der durch das Geseß vom 21. Juli d. J. bewroilligte Kredit benußt worden ist.

“Die Genehmigung und Veröffentlichung des Geseßes erfolgte zu einer Zeit, wo die Mobilmachung der gesammten Bundesarmee hc reits angeordnet war. Der erste Aus8gabebedarf mußte also \cchon vor der Realisirung des durch jenès Geseß eröffneten Kredits vor- Zu diesem Qwecke stellte Preußen der Bundeskasse seinen Staatsschaß von 30,000,000 Thalern in Silber vorshußweise zur Verfügung; auch andere Bunde®êregierungen leisteten für ihre Kontingente bedeutende Vorschüsse. Auf diesem Wege gelang es, für die Leistung der nöthigen Ausgaben prompt die Mittel flüssig zu machen. Jndeß wies eine Veranschlagung des muthmaßlichen

edarfs darauf hin, daß schon in den ersten Tagen des August wvoeitere erhebliche Summen flüssig werden mußien, wenn nicht der militärischen Pilter aus Stockungen des Geldzushusses Schwierigkeiten erwachsen

ollten. ;

Es ergab sich daber die Nothwendigkeit, die Maßnahmen zur Realisirung des Kredits unverzüglich eintreten zu lassen, ‘Die Größe des Bedarfs und andererseits die unmittelbar nach dem KriegZaus- bruche auf dem Kapitalmarkte eingetretene Stockung ließen es räth lih erscheinen , für die Aufbringung einer Anleihe den Weg einer allgémeinen Subskription zu wählen. Es wurde daher auf Grund Allerhöchster Präfidial-Verordnung vom 24. Juli d. J. (B. G. Bl, S. 505) dur Bekanntmachung vom 26. desselben Monats eine fünfprozentige Bundesanleihe in dem zur Flüssigmachung von 100 Millionen Thalern nöthigen Nominalbetrage bei etwa 1000 Zeichnungsstellen zur allgemeinen Subskription aufgelegt. ‘Oer Subskriptions8preis wurde auf 88 Prozent festgeseßt. Mit Rü- sicht auf den schr bald eintretenden Bedarf mußten sowohl für die Zeichnungen als auch für die ersten Einzahlungen nahe Termine fest gestellt werden. -Für die Zeihnungen wurden der 3. und 4. August bestimmt, die Einzahlungen durch die Subskriptionsbedingungen auf 6 Termine (den 10. August, 1. September, 1. Oktober, 1. November) 1. und 28: Dezember) vertheilt. :

Den bis zum 1. September erfolgenden Vollzahlungen wurde in der Stückzinsenberednung eine gewisse Begünstigung gewährt.

Die Zeichnungen fielen in eine Zeit, wo Nachrichten über Erfolge der Deutschen Armeen noch nicht vorlagen. Es wurde ein Nominal betrag von 68,323,300 Thlrn. gezeichnet, der nah dem angegebenen Subskriptionspreise cinen Baarertrag von 60,124,500 Thlrn. ergiebt,

Die große Zahl von Jeichnern (50,353) und die erhebliche Anzahl kleiner Zeichnungsbeträge beweist, daß alle Schichten der Bevölkerung fi freudig an dem patriotischen Werke betheiligten.

Die unmittelbare finanzielle Bedeutung dieses Ergebnisses wurde nocch dadurch erhöht, daß von dem Rechte der Vollzahlung des gt zeichneten Betxages und derx Vorauszahlung \päter fälliger Einzah lung8beträge in den beiden ersten Einzahlung8terminen ein sehr aus gedehnter Gebrauch gemacht wurde.

So kam es, daß, während die in den beiden ersten Einzahlungb- terminen fälligen Raten im Ganzen 205 Millionen Thaler betrugen bis einschließlich den 1. September im Ganzen rot. 50,296,800 Thlr. Kapitalzahlungen eingingen , darunter 44,881,232 Thaler als Voll- zahlungen auf 51,001,400 Thlr. Schuldverschreibungen.

Am 1. Oktober und 1. November haben die Kapital - Einzahlun- gen zusammen den Betrag von ça. 7,700,000 Thalern erreicht, so daß bis jeßt im Ganzen ca. 58 Millionen Thaler an Kapital eingezahl! sind und in den beiden leßten Terminen (am 1, und 28. Dezember) nockch etwas über zwei Millionen eingehen werden. Ble

Zur Flüssigmachung des Restes des Kredits gelangten 40 Millio- nen Thaler Bundesshaßanweisungen zur Ausfertigung, und zwar: laut Bekanntmachung vom 31. Juli d. J. (Bundesgeseßblatt S. 508):

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10 Millionen Thaler Serie 111. der Bundesschaßanweisungen vom 1. August ab 4 Monate, alfo bis zum 1. Dezember d. J. laufend (zu deren Deckung laut Bekanntmachung vom 7. d. M. [Bündesgeseß- blatt S. 603] zwei neue Serien à 5 Millionen. Thaler [Serie X. und X1.] ausgefertigt werden, welche vom 1. Dezember k. J. ab bis zum 1. März, beziehungsweise 1. April f. J, laufen) und 10 Millionen Thaler Serie IV., vom 1. August ab & Monate laufend, ferner laut Bekanntmac{ung vom 16. Oktober d. J, (Bundesgeseßblatt S. 597): 10 Millionen Thaler Serie VIl., vom Î. November d. J. ab vier Yeo- nate laufend, und 10 Millionen Thaler Serie VII[, vom 1. Dezember d. J. ab vier Monate laufend.

Um die Ausfertigung dieser leßteren beiden Serien Schaßanwei- sungen zu ermöglichen, wurde durch Allerhöchste Präsidialverordnung vom 2. Oftober d. J. (B. G. Bl. S. 545) der dur eine fundirte E zu deckende Bet.ag von 100 auf 80 Millionen Thaler herab- geseßt. 1 :

Der zur Flüssigmachung des durch die Subskription nicht gedeckten Restes diesec 80 Millionen Thaler (19,875,496 Thlr.) erforderliche Be- trag von Bundesschuldvershreibungen ist zu einem wesentlih günsti- geren Course an ein Konsortium begeben und der darauf einzu- zahlende Geldbetrag bis auf einen geringen Restbetrag bereits ein- gegangen.

Die 20 Millionen Thaler Schaßaniveisungen der Serie IIl, und IV. find vollständig und zwar zu günstigen Bedingungen begeben. Die der Serie VIl. und VUI, find zum Theil ausgegeben, zum Theil steht ihre Realisation in der nächsten Zeit bevor. Bei der Realisicung der Schaßanweisungen ergab sich die Erleichterung, daß ia-den Fällen, wo eine rasche Bereitstellung großer Summen erforderli -wurde, eine sofortige Beleihung derselben dur die hiesige Darlehnskasse eintreten fonute. Auf diesem Wege wurde nicht nur eine s{leunige Flüssig- machung der nöthigen Mittel erreicht, sondern zugleich im Sinne des F. 1 des Darlehnsfkassen-Geseßes vom 21. Juli d. J. (Bundes-Geseß- blatt S. 499) dem Geldmarkt die wesentli®ße Erleichterung geschaffen, daß dem Verkehr die Cirkulationsmittel zugeführt wurden, welche zur Ausfüllung der durch den ansehnlichen Geldabfluß nah Frankreich entstandenen Lücke nothwendig waren.

Sonach if der durch das Geseß vom 21. Juli d. N gewährte Kredit von 120 Millionen Thalern dur die getroffenen Maßnahmen in seinem vollen Betrage benußt, und zwar erfolgte die Beschaffung von 80 Millionen Thalern- durch eine fundirte Anleihe und von 40 Millionen Thalern durch Ausgabe von verzinslihen Schap- Anweisungen. f :

Die durch den Krieg veranlaßten Ausgaben der Militärverroal- tung haben bis zum 15. November d. J. im Ganzen 119,104,000 Thaler betragen, denen circà 2 Millionens Thaler Krieg8ausgaben der Marineverwaltung hinzutreten. Der bewilligte Kredit ist sonach be- reits vollständig ershöpft. i :

Durch die geschilderten Finanz-Operationen is es bisher möglich gewesen, den Geldbedarf für die Kriegführung jederzeit ungesäumt zu befriedigen. Die verbündeten Regierungen glauben sih mit dem Reichstage in dem Wunsche zu begegnen, daß der Krieg auch ferner mit allem Nachdruck durchgeführt werde. Sie glauben deshalb eine weitere Kreditbevilligung von 100 Millionen Thalern dur den vor- gelegten Geseß-Entwurf vorschlagen zu sollen. Jn welcher Höhe von diesem Kredit Gebrau zu machen ist, wird von dem weiteren Gange der Kriegsereignisse abhängen.

Jn seinen Einzelbestimmungen schließt s|ch dex Entwurf der Hauptsache nah _dem Kreditgescße vom 21. Juli d. J. an. Da indeß möglicherweise Schaßanweisungen mit längerer als einjähriger Um- laufszeit und mit besonderen Zinsscheinen zu günstigeren Bedingungen sih begeben lassen werden, Und ferner, um im geeigneten Falle die Möglichkeit nicht verschränkt zu sehen, den Bundesdpapieren auch eine für den ausländischen Markt geeignete Form zu geben, sind in den §. q des Entwurfs die entsprechenden Ermächtigungen aufgenommen worden.

_— Dem Reichstage des Norddeutschen Bundes sind die beiden an die diplomatis@en Vertreter des Norddeutshen Bundes im Auslande gerichteten, die Waffenstillstands-Verhandlungen mit Frankf- reich betreffenden Erlasse vom 27. September und 8. November d. J. zur Kenntnißnahme mitgetheilt worden. Da diese Aktenstücke seiner Zeit bereits in Nr. 301 und 358 d. Bl. abgedruckt worden sind, so verweisen rvir auf jene Nummern zurü. j

Statut der Deutschen Wilhelms-Stiftung.

Protektor: Se. Majestät der König Wilhelm von Preufen.

§. 1. Zweck. Die Deutsche Wilhelms - Stiftung bezweckt, den Invaliden der im Kampfe gegen Frankreich verbundenen deutschen Heere, so wie den Hinterbliebenen der in diesem Kampfe gefallenen, an ihren Wunden oder Krankheiten verstorbenen deutschen Krieger Unterstüßung zu gewähren.

§. 2. Ausführung des Zweckes. Jn Ausführung dieses Zweckes wird die Stiftung, nach Maßgabe ihrer Mittel, allen denjenigen in ai Kampfe durh Verwundung oder Kranklieit ganz oder theil- weise erwerb8unfähig gewordenen Kriegern der Deutschen Land- und Seemacht und allen denjenigen Hinterbliebenen von Deutschen Krie- et Untersiüßung zukommen lassen, die sih als hülfsbedürftig aus- veisen. : / Den Kriegern sind gleih zu achten diejenigen Militärbeamten, Aerzte und anderen Personen, die in Ausübung ihrer Funktionen beim ampfe oder in Lazarethen erwerbs8unfähig geworden, beziehungs- weise in Folge davon verstorben sind.

F. 3. Bei den Unterstüßungen, die sowohl einmalige wie fort- laufende scin, für bedürftige Kinder auch in Vermittelung unentgelt-

licher Verpflegung, Erziehung oder Unterrichts bestehen können, i einerseits die bürgerliche Stellung der zu Ner A berüdfihtigen, andererseits der Grad der Erwerbsunfähigkeit un Bedürftigkeit, nament- lih auch mit Beziehung auf die denselben etwa anderweitig aus Staats- oder Gemeindemitt:ln gewährte Unterstüßung. Die Unterstüßungen sollen namentlich in solchen Lebenélagen gewährt werden, in denen die Staatshülfe geseblih ausgeschlossen oder eng beschränkt ist, wie bei Badekuren, bei Beihülfen an Hinterbliebene, deren Ernährer erst nach erfolgter Demobilmachung verstorben find, und an Invalide behufs der Gründung eines neuen Lebens- berufes. Vor Verabfolgung von Unterstüßungen is stets zie Ver- bindung mit den betreffenden militärischen Centralorganen zu suchen.

§. 4. Mittel. Die Stiftung- erhält ihre Mittel dur die ihr

* zugewendeten einmaligen Gaben oder fortlaufenden Beiträge.

. 9. Der Zwoeck der Stiftung ergiebt die D . samkeit. Während dieser Zeit sind die vorhandenen Mittel (Kapi-[ und Zinsen) in dem Statut entsprechender Weise, dem Bedürfniß ge-

B zu verguegaven, I 0. Berwaltung. Die obere Leitung der Verwaltu Deutschen Wilbelms-Stiftung ficht dem Central-Komite de D Vereine zur Pflege im Felde verwundeter und exfrankter Krieger zu, und sind für dasselbe hierbei die Bestimmungen der in einem Abdrucke a E Uebereinkunft vom 20. April 1869 (§8. 8—12) mafß- e i;

§. 7. Das Central - Komite läßt die Verwaltung der Sti durch einen von ihm zu erwählenden Verwaltungs-Aus\&uf führend dessen Mitglieder der Bestätigung Sr. Majestät des Proteftors be- dürfen. Jährlich scheidet cin Drittheil der Veitglieder desselben aus. Die Ausscheidenden werden in den ersten beiden Jahren durch das Loos bezeichnet. Die Ausgeschiedenen find wieder wWäblvar.

§9. 0. Der Verwaltiungsauss{uß besteht aus mindestens neun

Mitgliedern, nämlich: einem Vorsißenden, einem Stellvertreter dessel- Sa Schaßbmeister, zwei Schriftführern und einer Anzahl

§. 9. Für Beschlüsse des Verwaltun 8aus\{chusses ist die An- wesenheit von mindestens fünf Mitgliedern AALE, f |

Der AusshUß faßt seine Beschlüsse nah einfacher Stimmen- mehrheit der Anwesenden. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsißenden, doch is derselbe auch befugt, in die- sem Falle die Entscheidung dem Central-Komite zu überlassen.

& 10. Der Verwaltungsaus\{uß hat alle laufenden Geschäfte der Stifung zu führen, und vertritt dieselbe nach Außen.

Er is}st befugt, im Namen der Stiftung Verträge jeder Art, insbesondere auch Vergleiche abzuschließen, Prozesse zu führen, und alle Rechtshandlungen, auch solche, zu dexen die Gesetze eine Spezial- tit CHOEDern | mit voller rechtlicher Wirkung für die Stiftung

ehen. :

Seine Legitimation vor Gerichten und anderen Behörden führt der Verwaltungs - Aus\{chuß durch ein von dem N arfilendea ergl dessen Stellvertreter auszustellendes, von dem Bundeskanzler - Amte des Norddeutschen Bundes zu bestätigendes Attest.

Die Jnsinuation gerichtlicher Verfügungen und Vorladungen er-

folat mit verbindlicher Kraft für die Stiftung an den Vorsißenden

es Verwaltungs-Aus\{chus}ses oder dessen Stellvertreter.

Die Urkunden der Stiftung müssen von dem Vorsißenden oder dessen Stellvertreter und einem Schriftführer vollzogen sein.

_§. 11. Der Verwaltungs - Auëshuß hat seinen Siß zu Berlin. Seine Organe sind die Deutschen Landesvereine zur Pflege im Felde verwundeter und erkrankter Krieger, welche sich der durch die Ueber- einkunft vom 20. April 1869 begründeten Gesammt - Organisation angeschlossen haben.

Den Deutschen Landes8vereinen steht, so weit ihnen nicht von dem Verwaltungs - Ausschusse sestimmte Beträge, namentli behufs einmaliger Unterstüßungen, zu eigner Verfügung überwiesen worden sind, das Vorschlagsrecht in “Betreff der zu Unterstüßenden zu. Bei diesen Vereinen sind die Gesuche um Unterstüßung aus Stiftungsmit- teln mit den erforderlichen Bescheinigungen einzureichen und von ihnen mit ihrem Gutachten dem Verwaltungs-Aus\{usse vorzulegen. Die Uno exfolgt in der Regel durch Vermiitelung der Landes-

ereine. M F. 12. Der Verwaltungs-Aus\{huß hat alljährlich dem Central- Komite der Deutschen Vereine Rechbnung zu A4 oelges nach Er-. ledigung etwaiger Einwendungen den Verrvaltungs-Aus|\chuß entlastet. Die Abrechnung is sodann zu veröffentlichen,

L: 13. Zu Abänderungen dieses Statutes bedarf es eines Be- {luises des Central - Komites der deutschen Vereine zur Pflege tm Felde verwundeter und erkrankter Krieger, welcher in einer mindestens 14 Tage vorher zu diesem Zwecke anberaumten Sißung mit zwei Drittel Mehrheit der vertrétenen Stimmen gefaßt werden, und der Bestätigung dieses Beschlusses durch den Protektor der Stiftung.

Berlin, den 25. August 1870. i Das Central -Komite der deutschen Vereine zur Pflege im Felde ver-

wundeter und exkrankfier Krieger.

: R. V. Sydow, v. Wolff, v. Derenthall, Haß,

für das preußische Central - Komite und für die Landesvereine von Sachsen - Weimar, Sachsen - Coburg - Gotha, Sachsen - Altenburg, Schwarzburg-Sondershausen, Schwarzburg-Rudolstadt, Reuß älterer

und jüngerer Linie, Schaumburg- Lippe und Lippe.

Berr/, für den baycrisGen Landesverein. Heine, für den württem- bergischen Landesverein. Hoffmann, für den Landesverein im Grofß- herzogthum Hessen. Koch, i. V. für den oldenburgischen und den anhaltischen Landesverein, v. Könneriß, für den Landesverein im Königreich Sachsen und ex subst. Für den braunshweigschen Landes- verein. reiherr v. Türkheim, für den badischen Landesverein.

Freiherr v. Bülow, für den mecklenburgishen Landesverein.

Krüger, für die Vereine zu Lübeck; Breinen und Hamburg.

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