1870 / 377 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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reußische (j. L.) Staats - Minister von Harbou ¿ der Fürstlich lippesche Präsident des Kabinets - Ministeriums Heldman, der Senator der freien Hansestadt Bremen Gildemeister, der Bürger- meister der freien und Hansestadt Hamburg Dr. Kirchenpauer, und die Bundeskommissare Geheimer Regierungs - Rath Dr. Michaelis, Geheimer Rath Nathusius , Geheimer Regierungs- Rath Glogau und Oberst von Karczewski, :

Na einigen geschäftlichen Mittheilungen des Präsidenten Dr. Sinfson" trat der Reilstag in die Tagesordnung ein.

Den ersten Gegenstand derselben bildete die folgende Jnter- pellation des Abg, Duncker. Und Genossen:

Ich richte an a Ee nta folgende Fragen: :

1) Hat neben dér Erklärung dés Kriegszustandes in einem Theile des Bundesgebietes durch den Bundesfeldherrn (Art. 68 der nord=« deutschen Verfassung) eine S H der Arlikel 5, 6, 7, 27, 28, 29, 30 und 36 der preußishen Verfassung und analoger Bestimmungen anderer N oder einzelner dieser Bestimmungen zeit-

und ' distriktsweise stattgefunden ? Df der Bundebtenalee bereit, Über die erfolgte Erklärung des

Belagerungs-Zustandes und die dabei vorgekommene Suspension von Verfassungsbestimmungen“ dem Reichstage sofort Rechenschaft ‘abzu- legen? (§. 17 des Geseßes vom 4. Juni 1851). 3) Wie hat dex Bundeßkanzler die den Militärbefeblahabern na F. 4 des Geseßes vom 4. Juni 1851 bei Handhabung des Belagerungs#- zustandes obliegende persönlihe Verantwortlichkeit in den Fällen zur Geltung gebracht, in welchen ‘dieselben, auch Ohne eine Suspension der betreffenden Verfassungsbeftimmungen, die Freiheit der Personen durch EinkerkérUngen, “däs Versammlungsrecht durch Verbot von Versammlungen, Und die Freiheit der Presse durch Verbot und Unterdrückung von Zeitschriften verleßt haben? 3

Der Staats-Minister Delbrück erklärte sih bereit , diese Interpellätion in einer Sißung in der zweiten Hälfte dieser Woche zu beantworten. O ;

Auf Antrag des Abg. v. Denzin wurde der Reichstags- Abgeordnete Stavenhagen ohne Widerspruh urid ohne Stimm-

ettel zum achten Schriftführer gewählt. j Es folgte die dritte Berathung des Geseßentwurfs, be-

treffeud den: ferneren Geldbedarf für ‘die Kriegführung. | L j | (Schluß des Blattes.)

Offizielle militärische Nachrichten. Moreuil, 28. November. : i Gestern bis nach Eintritt der Dunkelheit fiegreiche Schlacht der I. Armee gegen die im Vorrücken begriffene feindliche Nord- armee. Der an Zahl überlegene, gut bewaffnete Feind mit Verlust von mehreren Tausend Mann gegen die Somme

und auf seine verschanzte Stellung vor Amiens zurückgeworfen.

Eine feindliches Marine-Bataillon vom 9. Husaren-Regimente niedergeritten. Eigener Verlust niht unbeträchtlich. Graf Wartensleben.

(Moreuil ist eine Stadt von 2638 Einwohnern im Depar- tement Somme, 3 Meilen südöstlih von Amiens, an der Straße von Compiègne nach Amiens führenden Straße, 2 Meilen südlih von der Somme.) 4

1) Versailles, 27. November. i

La Fère hat nah zweitägiger Beschießung kapitulirt mit 2000 Mann und etwa 70 Gesügen.

In der Nacht vom 26. zum 27. heftiges Feuer der Forts in der Südfront von ‘Paris.

Bei den Rekogno8zirung8gefehten vor Orleans am 24. stießen 2 Brigaden des 10. Corps auf das vormarschirende französfishe 20. Corps, warfen dasselbe aus Ladon und Mai- zières , und brachten ihm nicht unbeträchtlihe Verluste bei. 146 Gefangene fielen in unsere Hände; diesseitiger Verlust etwa 200 Mann. Am 26. gingen mehrere feindliche Compagnien ‘gegen das 10. Corps vor, wurden abgewiesen , wobei sie allein

0 Todte Mgen ließen. Unter den Gefangenen befindet sich 1 Genexal. Diesseitiger Verlust 3 Offiziere 13 Mann. von Podbielski.

Dijon, 27. November.

Eine Rekognos8zirung am 26. ergab, daß Garibaldi ckmit seinem Corps von Pasques in Anmarsch sei. Bei einbrechender Nacht wurden die Vorposten Füsilier-Bataillons 3. Regiments heftig angegriffen und vom Bataillon Unger aufgenommen. Dieses wies 3 Angriffe auf 50 Schritt zurück, der Feind floh 4 Unordnung, warf Gepäck und Waffen fort. Heute am

, ging ih mit 3 Brigaden zum Angriffe vor und erreichte die feindliche Arrieregarde bei Paëques durch. Umgehung von Plombières. Der Feind verlor 3- bis 400 Mann an Todten STI O Ran Diesscitiger Verlusi an beiden Tagen etwa

ann. i

Se. Königliche : | Commandeur des 5. Armée-Corps, Géneral’ von Kirchbach, zu

Menotti Garibaldi soll am 26. kommandirt haben. : R von Werder.

(Ladon, Stadt von 1400 Einwohnern im Dep. Loiret, am

Je ard, liegt an der Straße von Montargis nah Orléäns,

( Mélen öôstlich von Orleans, 2 Meilen westlich von Montar- gis. % Meilen nordwestlih von Ladon, an einer von Nemours herabführenden Straße liegt Mezières (-en-Gatino0), Dorf von 490 Einwohnern, an eirtem QZufluß des Fusain. N

Pasques (Le Pasquier) ist ein Dorf von 345 Einwohnern im Jura, 2 Meilen nordwestlih von Dijon. Plombidòres (-les- Dijon), Dep. Côte d'’or, liegt 1 Meile von Dijon an der Lyoner Eisenbahn).

Aus den Hauptquartieren in Versailles, 23. November. Se. Majestät der König wurden gestern und vcrgestern

4 durch die unfreundlihe Witterung in Allerhöchstihrem Haupt-

quartier zurücgehalten. Das Wetter ist seit mehreren Tagen veränderlich, die Temperatur jedoch durchschnittlich gelinder, als die Jahre8zeit erwarten ließ; sie steht im Mittel auf 6—8° Wärme. Zum großen Vortheil gereicht es der belagernden Ar- mee, dey w S te fast durchgängig milde und stérnenklar sind. er Gésundheit8zuständ der zum Theil *noch bi- vouakirenden Truppen is ein durchaus zuüfrledenstellender, Se. Majestät empfangen täglich" telegraphische oder ‘dürch Ordon- a Cat Meldungen" vón dex! Armee des Prinzen riedr At E ff

Der Kronprinz, in dessen Hauptquartier die Befeble für die kombinirte Armee des Großherzogs von Mecklenburg aus- gefertigt werden, widmet den größten Theil des Tages den militärischen Atbeiten seines “Ober-Kömmandos. Heute wird Hoheit auf einem Diner” erscheinen, welches der

Ehren des Befehlshabers der 111. Armee veranstaltet hat.

Die militärisché E vòr Paâáris hat’ sich in den lehten Tagen nicht verändert. Seit einer Woche schon ist'das Geschüß- feuer der feindlichen Forts gänzlich verstummt Und auch von kléineren Sc{härmüßeln bei den Vorposten wird“ nur wenig gemeldet. "Es kommt bereits vor, daß französishe Offi- ziere, Untér dem Schuß der Porta rstagges si den die8Sseitigen Umfassungslinien nähern “Und, “hre ; klagend, bei "den deutshen Truppen“ um Lebensmittel bitten. Die Unterrédungen, die sich bei dieser Gelegenheit zwischen französishen und Fen eren ent- spinnen, lassen den Eindxruck zurück, als ‘ob die Kriegs- lust der Besaßung“ von Paris erbeblich im Sinken *be- griffen sei. Aùch Übertréten größere Massen von bürgerlichen Einwohnern, den ‘niedrigeren Volksklässen alta die En- ceinten und suchen die Verbindung mit unseren Vorposten, von’ Lenen fie Aufnahnie ‘erbitten, was ihnen natürlich ‘nicht Me iverden kann. Wenn derartige Vorgänge bisher nur

m Norden stättgefundeni häben, so ist der Grund dárin zu

finden, daß nach diesex Seite hin die ärmeren Quartiere der Hauptstadt gelegen sind. | N Inzwischen gewähren einzelne Enthüllungen, welche pariser Blätter ‘bringen, deutlichèn "Einblick in die Kriegspläne, mit denen der leitende Ausschuß der Þprovisorishen Regierung ‘in den leßten Tagen umgegangen wär. Danach steht fest, daß man in der vorigen Woche und zwar am 17. (Donnerstag) den viel- besprohenen Massenausfall wirklih beabsichtigt hatte. Den Truppen der Forts, Liniensoldaten und Mobilgarden, war auf- gegeben worden, sih für 6 Tage mit dem eisernen Bestand ihrer Nahrungsmittel zu versehen. Es handelte sich also nicht blos um einén Ausfall in der nächsten gu wie der von Bicêtre, Chevilly, Châtillon, Bougival und Le Bourget, sondern um die Möglichkeit; günstigen Falls eine größere Truppenmacht außer- halb der Forts verwenden zu können. Andeutungen davon waren Übrigens s{hon bei der Mobilisirung der 100,000 Nationalgarden gefallen, welche zum Théil an Stelle der regulären Truppen den Dienst in den äußeren Befestigungen - versehen sollten, sowie die Stunde cines Angriffs auf das belagernde Heer gekommen sein würde. Ueber die Richtung, in der ein Durchbruch derx Cernirungs- linie versucht werden soUte, erfährt man, daß Choisy le Roi, im Wesentlichen also das Gefechtsterräin des 30. September, zur Operationslinie gewählt war. Der Feind entschied sich für diesen Punkt, weil hier das Vorgehen - größerer Jnfanteriemassen durch- das Geshüßfeuer aus mehreren dex südlichen und östlichen Forts unterstüßt werden konnte und weil- ihn ein Gelingen seines Planes in den Stand geseht haben würde , von hier aus die südlihe Heeresstraße zu- ge- winnen, während man -von den nordöstlichen und nördlichen Befestigungen, Rosny, Noisy, Romainville, d’Aubervilliers, St. Denis, die Stadt hinreichend beherrs{hte, falls die Entfernung eines Haupttheils der Feld-Armee von

l den Unruhestiftern in den Vorstädten, wie Belleville, La Villete

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und Chápelle, zu einer abermaligen Emeute benußzt worden wäre, wie allerdings vielfah in Paris befürchtet wurde. Es braucht käum gésagt zu werden , daß General Trochu's Plan in erster Linie auf ein Eingreifen der Loire-Armee berechnet war, nur daß man in der Hauptstadt mehr auf eine Unker- stüßung von Orleans gls von Dreux her zählte, |

Was der Vertheidigungz8aus8shuß, nachdem der Ausfall unterblieben ist, nunmehr beschließen wird, is noch nicht er- sihtlih. Doch scheint es gewiß, daß er seine abwartende Hal- tung vorläufig noch beibehalten wird. Ueber der Stadt Paris bemerkt. man seit 3 bis 4 Tagen außerhalb des Bereichs der Feuerwaffen die zur strategishen Beobachtung eingerichteten Ballons. Man bemerkt weiter, daß der Feind eine aë&rondáu- tishe Beobachtungslinie bis Melun unterhält, also ungefähr in der Richtung, in der einige Truppen - Abtheilungen der diesseitigen Armeen vorgegangen sind. Die Ballons bleiben auch die Nacht über in Thätigkeit, vermittelst elektrischer Appa- rate werden Feuerzeihen zwischen ihnen gewechselt, so daß, bei der Annäherung französischer Truppenkräfte aus den Depar- tements, die Nachricht schon zeitig nach Paris gelangen könnte. Von dem Corps des. Großherzogs von Mecklenburg hat man die Meldung, daß der Vormarsch auf le-Mans ohne Schwierig- keit fortgeseßt werden konnte und daß die Truppen zur Stunde wahrscheinlich shon le-Mans erreicht haben... “General Köératry soll wesilich von diesem Ort, doch in unmittelbarer Nähe, sein Hauptquartier aufges{lagen haben. Seine Stärke wird auf ca. 27,000 Mann angegeben, - a

Uebrigens steht der Hauptstadt; wie die Nummer des »Journal officiel«, von heute angiebt, in kürzester Frist cine neue Entbehrung bevor. Die Regierung verkündigt, daß vom 30, November an die Verwaltung „der Gasfabriken in Paris niht mehr im Stande sein werde, für die Bedürfnisse des Privatgebrauches zu sorgen. Daß der Vorrath von Kohlen sich zu exshöpfen drohe, hatte ‘man bercits vor 8 10 Tagen

. aus Privyatbriefen entnehmen können. Son seit Anfang No-

vember mußte sich die Regierung dadur helfen, daß sie noch nachträglich einen nicht ünbeträthtlichen Theil des »Bois de Boulogne« abholzen ließ, um an Ort Und Stelle eine rasch improvisirte Fabrikation von .Holzkoblen in Angriff. nehmen zu lassen. Die Ergebnisse aus diesem Material sind aber nicht reichlich genug, um die Beleuchtung der Stadt, troß der schon

lange beobachteten Eins{hränkungen, in der bisherigen Weise -

fortdauern zu lassen.

Französischerseits sind vom Kriegsschauplaß folgende Nachrichten eingegangen: : Tours, 27. Novembér. (W. T. B.) Ein Dekret der Regierung ordnet -die Errichtung von

Lagern zur Audbbildung Und zur Vereinigung der mobilisirten

Nationalgarde an. Für die Mobilgarden , die Francs§- tireurs und Abtheilungen der regulären Armee werden Lager in St. Omer, Cherbourg, Coulie, Nevers, La Rochelle, Bordeaux,

- Clermont, Ferrand, Toulouse und Lyon errichtet. Die Lager

von St. Omer, Cherbourg und La Rochelle, welche strategi- {he Bedeutung haben sollen, werden 250,000 Mann auf-

i zunehmen im Stande sein, jedes der anderen Lager soll auf

60,000 Mann- eingerichtet sein. Preußische Tcuppen haben Verneuil und Bredoncelles (Dep. Orne) passirt. Man glaubt, daß dieselben die Bestimmung haben, die Verbindung zwischen Le Mans ‘und Tours zu unterbrechen. Die Ortschaften Vis- braye (Dep. Sarthe), Mondoubleau (Dep. Loire et Cher) und Savigny sind gestern von den Preußen beseßt worden.» : Der »Moniteur« meldet Über die neuesten Vorgänge, bei der Loire-Armee, daß der kommandirende General Aurelles, um einer drohenden Umgehung seines linken Flügels durch sehr bedeutende feindliche Streitkräfte vorzubeugen, sih genöthigt ge- sehen hat, eine »Konzentrirung« anzuordnên, dur welche die Corps, welche si bisher ‘auf dem äußersten linken Flügel be- fanden , näher an das Centrum herangezogen werden. In olge dieser Bewegung dürfte die Räumung von Chateaudun erfolgen müssen. | Brüssel, 27. November. Wie aus Arlon gemeldet wird, marschiren preußische Truppen mit Artillerie gegen Longwy. Die »ITndépendance belge« meldet: Aus Tours ein- betroffene Berichte vom 22. d. M. gestehen ein, daß die in den leßten Tagen stattgefundenen Gefechte um Dreux für die fran- zösischen Waffen schr ungünstig gewesen sind. Nach aus Lyon eingetroffenen Berichten vom 22. d. Mts. hat der Rath des Rhone - Departements beschlossen , eine Kopfsteuer von 40 Centimes aufzulegen, für deren Ertrag hauptsächlich 6 Feldbatterien bescha t werden sollen. Das Vertheidigungs- komite für die Landbezirke ist wegen seiner Unthätigkeit auf- elöst worden. Zwischen den Mobil- und Nationalgarden A in Folge dexr Wegnahme der rothen Fahne Streitigkeiten

stattgefunden. Die Behörden haben durch Zurückgabe de Fahne den Konflikt beigelegt.

Hessen. Darmstadt, 27. November. Die Tagesord- nung für die Sizung der Zweiten Kammer am 5, k. Mts. ist bereits ‘ausgegeben und lautet: I. Neue Eingaben. Il]. Be- riterstattungen. I. Die Entgegennahme einer Vorlage der Großherzoglichen Regierung wegen Vereinigung der südlich des Main gelegenen Gebietstheile des Großherzogthums mit dem neu zu bildenden Deutschen Bunde. 4

Württemberg. Stuttgart, 27. November. (W. T. B.) Anläßlih der Unterzeihnung des Vertrages, betreffend den Eintritt Württembergs in den Deutschen Bund, sind die Haupt- straßen der Stadt geslaggt.

Bayern. Müncyen, 25. November. Unsere Minister werden nach telegraphisher Mittheilung aus Versailles morgen früh die Rülreise antreten. Man glaubt, daß die Kammern auf den 5. Dezember einberufen werden.

27. November. (W. T. B.) Fürst Lynar ist aus dem großen Hauptquartier in Versailles heute hier eingetroffen. |

__Desterreih-Ungarn. Ofen, 27. November. Die An- sprache, welche der Kaiser an die Delegationen hielt, lautete nach der »Wien. J.« :. |

»Die Worte. der Ergebenheit, welche Sie im Namen der Delegation des Reich8rathes an Mich gerichtet, geben Mir Anlaß, zunä{st Mein Bedauern über den verspäteten Qu- sammentritt der Leÿteren au8Zusprehen. Jch reihe aber unmittelbax daran den Ausdruck freudiger Genugthuung, Mich in diesem Augenblicke von den Vertretern Meiner beiden Legislativen umgeben zu sehen. Die wichtigen Vorgänge, welche in Mir den Wunsch hervorriefen, Mich des Rathes und der patriotischen Unterstüßung der Delegation verfichert zu sehen, haben ihre Bedeutung nicht verloren. Es find sogar neue ‘erriste Ereignisse hinzugetreten. Jh rechne mit Zuversietht darauf, daß Sie, Meine Herren, ‘Unter allen Umständen das thun werden, was der ete Pätriotismus, wàs die _Unzertrennlichen Lebens- interessen der beiden Reich8hälften erheischen, „und. in diesem vollen Vertrauen. erwiedere. Jch hre erzliche Begrüßung. «

Pesth, 27. November. “.(W. T. B.) Der Kaiser hat unter Vorbehalt weiterer Entschließung die von dem Minister- Präsidenten Grafen Potocki Überreichte Demission des-gesamms- ten Kabinets entgegewgenommen.

Belgien. Brüssel, 27, November. (W. T. B) Die »Indépendance Belge« veröffentlicht ein Telegranim aus Lon - don vom 26. November, wonach ‘die Añtwort Gortschakoff's auf die englishe Note, obwohl im festen Tone ‘gehalten , doch den Weg zur Herbeiführung eines E eröffnet.

s 27. November. 0 T, B.) Jn _vergangener Nacht sind Ó gefangene Franzosen aus einer hiefigen Kaserne

entflohen; bis jeßt ist es unmöglich gewesen, deren Shur aus-

findig zu machen.

Frankreíïch. Jules Favre bat folgendes Rundschreiben an die diplomatishe? Agenten Frankreihs im Auslande ge-

richtet: i __ »Paris/, 21. November 1870.

Mein Herr! Sie habea gewiß Kenntniß von dem Rundschreiben gehabt, durch welches der Herr Graf von Biëmarck die Ablehnung erklärt, welche von Preußen den Bedingüngen der verhältnißmäßigen Verproviantirung entgepengeseßt wurde, die der von den neutralen Mächten 'ausgegangene Vorschlag natürlih mit sich brachte. Dieses Aktenstück machte eine Berichtigung um so nöthiger, als der Vertreter Preußens dur eine übrigens der ganzen früheren Polemik durchaus entsprechende Voreingenommenheit in demseiben wichtige Thatsachen vernachlässigt hat, deren Auslassung nicht verfehlen konnte, die öffent- liche Meinung in Jrrthum zu führen. Wer seine Arbeit lies, der muß glauben , daß Herr Thiers im Namen der Regierung der National- vertheidigung um die Eröffnung einer Verhandlung gebeten und Preußen dieselbe durch ein Gefühl der Rücksichten gégen den persön- lichen Charafter unseres Nbgesandten und von dem Wunsche beseelt, womöglih zu einer Versöhnung zu gelangen , angenommen habe. Der Kanzler des Norddeutschen Bundes scheint zu vergessen, und es i unerläßlich , daran zu erinnern, daß der Vorshlag des Waffen« stillstandes, Über welchen Herr Thiers zu berathen gekommen war, den - neutralen Mächten angehört und daß eine derselben bei Preußen gern den Schritt thun wollte, welcher unserem Unterhändler die Gelegen- heit bot, in Sn ETTODUNgeN einzutreten. Dieser gute Dienst war keine vereinzelte Thatsache. Schon am 20. Oktober richtete Lord Granville an Lord Loftus eine dem Berliner Kabinet mitgetheilte Depesche und entwickelte in derselben mit großem Gewichte die Gründe des euro- A Interesses, welche die Einstellung des Krieges herbeiführen müßten. i

Auëgehend von der Fortseßung der Belagerung und der Mög- Dee der Einnahme von Paris äußerke der Chef des Foreign-

ce: j »Tndem man einen erfolgreihen Nusgañg eines Angriffes auf Paris . in nicht ferner Zeit annimmt, is es nit unverständig, mit scinen Vortheilen die voraussichtlihen Nachtheile zuüsammenzuhalten,

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