1870 / 399 p. 3 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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i Villiers die Meldungen von beiden Seiten; zu dieser Zeit Gn e cdub, bei der Feldwache des 2. Jäger-Bataillons Nr. 13 west- li Villiers Gelegenheit, die feindliche Vedettenlinie etwa 600 Schritt vor diesem Ort, in welchem Chassepotgeschosse hineinshlugen, wahr- zunehmen. Das Gros der 24. JTnf.-Division stand mit General- Lieutenant von N-hrhoff am ösilihen Ende des von 2 Bataillonen des 5. Jnfanterie-Regiments Nr. 104 und 3 Compagnien des 2. Jäger- Bataillons Nr. 13 beseßten Noisy-le-Grand. Die 4. {chwere Batterie hatte verzeblich versuht, den Sturm auf Brie von einer Aufstellung im Park von Noisy aus zu unterstüßen. Durch zu ras sih verbrei tende Togeshelle bloßgestellt, hatte sie nach wenigen Schüssen gegen die sh ansam- melnden Massen unterhalb des Forts Nogent vor dem fonzentrischen Granatfeuer weihen müssen. Von den Reserven war um 59 Uhr Morgens das Schüßen-Regiment Nr. 108 von la Grenouillêre an den ösilihen Ausgang von Villiers herangezogen worden. An seine Stelle trat zu den beiden {weren Batterien der 4. Fuß-Abtheilung der Corps-Artillerie das 3. Bataillon Leib-Grenadier-Regiments Nr. 100. Die 3. Fuß-Abtheilung- der Corps-Artillerie mit der leichten Batterie der 4. Abtheilung und 2 Munitionsfolonnen stand wesilih Champs. : :

Von 9 Uhr an wurde das Gefecht um und bei Champigny , in welches außer den Württembergern, die 3. Jnfanterie-Division von unserer Seite und die bei Joinville Übergegangenen Kolonnen feind- licherseits eintraten, heftiger und nahm an Jutensität immer mehr zu. General-Major von Reißenstein hatte Villiers noch mit 6 Com- pagnien, hauptsählich im Park stehend, befeßt, außerdem befand si dort die auf Feldwache befindlich gewesene 4. Compagnie 2. Jäger- Bataillons Nr. 13. Die immer mehr anwachsenden feindlichen Massen drohten Brie auch von der Rückfseite e zu umfassen. Um diesem vorzubeugen und die dort hart bedrängten beiden Ba- taillone 8. Jufanterie - Regiments Nr. 107 zu degagiren, er- hielt das 1. Schüpen - Bataillon hinter Villiers um 9 Uhr 45 Minuten den Befehl, an Villiers vorbei auf Brie vor- zugehen. Gleichzeitig erhielt General v. Nehrÿhoff die A in die- selbe Lücke zwischen Noisy und Villiers ebenfalls ein Bataillon vorzuschicken, wozu das 3. Bataillon des Regiments Nr. 107 mit dem Führer der 48. Infanterie-Brigade, Obersten v. Tettau, sich in Bewegung seßte. Leßterer erhielt den Auftrag, mit den {hon im Gefechte begriffenen Theilen seiner Brigade auch ‘die Führung der vom Schüßen-Regimente engagirten Abtheilungen zu übernehmen. ‘Das 1. Shüzen-Bataillon stieß früher, als man vermuthete, nach- dem es faum den lehten Abschnitt seitwärts Villiers passirt hatte, auf den Feind, der die Compagnie-Kolonnen in der linken Flanke befeuerte. Es wurde dadurch, troß des Befehls, auf Brie zu gehen,

d L Ley lr Fre Santa G A Pion Morton 1, [or das ald nachgesandte 2. Schüßenbataillon dann folgte. Wer Ueber: macht tcoßend, ging das Bataillon unter Hurrah von Abschnitt zu Abschnitt vor und drängte den Feind von der Weinbergshöhe zurück. Auf der folgenden, unmittelbar über der Marne liegenden Höhe seßte

* er sih jedoch fest und schien \sich “den beiden Shüßenbataillonen gegen- Über nach und nach auf 4 Regimenter oder 2 Brigaden zu verstärken. Verluste in mehr als gewöhnliher Höhe waren die Felgen der zum Granatfeuer Hees verheerenden Jnfanteriesalven. Es lagen ganze Shüßengruppen hinter kleinen Deckungen und Abschnitten, und vom Regiments-Commandeur, Obersten Freiherrn v. Hausen, auf- gefordert, weiter vorwärts zu gehen, wurde demselben nur zu bald die s{chmerzlihe Ueberzeugung, daß es Verwundete oder Todte waren.

Es mochte etwa 11 Uhr Morgens sein. Die Meldungen vom äußersten rechten Flügel aus Brie kamen spärlich, besagten aber alle, daß der Ort noch im Besiß des 8. Jnfanterie-Regiments sei, wie die- \jes auch bis Nachmittags der Fall gewesen ist. Aber das terrassen- förmig zur Marne abfallende Terrain gestattete fast nirgends eine Uebersiht. Meldungen erforderten beträchtliche Zeit, und es hat erst nach dem Gefecht das Detail festgestellt werden können.

Zu der Zeit, wo die Offensive an den Brüctenbarrikaden zum Stehen gekommen, waren bereits die meisten der wenigen, den beiden Bataillonen von St. Privat und Sedan noch Übrig gebliebenen Offi- ziere todt oder verwundet. Das ganze 8. Regiment rückte mit 34 Offizieren in den Feldzug, verlor bei St. Privat 17, bei Sedan 8 und am 2. Dezember 12 von den bei dem 1. und 2, Bataillon be- findlihen 17 Offizieren. Es wäre auch frischen und vollständig mit Führern beseßten Bataillonen die Wegnahme der durch steigende Ueber- macht vertheidigten Brückenstellen unmöglich gewesen, aber an das seiner Offiziere beraubte, dezimirte Häuflein trat jeßt die Frage heran, was zu thun. Vor sich die Unmöglichkeit des Vorgehen, hinter sih den vers{hmähten Rückzug, blieb Nichts übrig, als das qge- wonnene Terrain, den größten Theil des Dorfes, zu behaupten. Die der Lisière nahe Befindlichen zogen sih an die links vorgehenden Ab- theilungen heran. Das Gros blieb im Dorfe und ihre Degagirung wurde durch das sich immer mehr um Villiers und Champigny kon- zentrirte Gefeht weiter hinaus geshoben. Dabei begann die Mu- nition zu mangeln, und der Versuch, solhe heranzuführen, mußte wegen des den Weg zwischen Noisy und Brie in allen Richtungen - kreuzenden Feuers aufgegeben werden. Weniger dieses mörderische Feuer, als die {on am 1. Dezember ausgesprochene Absicht, feine größeren Abtheilungen an den Besiß von Brie zu wagen, welche unter allen Umständen in. ein _nactheiliges Gefecht ver-- wickelt werden mußten, veranlaßten Se. Königliche Hoheit den Prinzen Georg, dem General von Nehrhoff den Befehl zu ertheilen, den Major v. Bosse direkt nicht weiter zu untersiüßen, diesem vielmehr anzuweisen, nöthigenfalls Brie wieder zu räumen. Aber auch der Feind, im Dorfe nicht mehr bedrängt, zog allmählich seine Kolonnen hinter dem Dorfe weg nah Süden und es entstand in Brie auf beiden Seiten von Mittag an eine Art von Stillstand, welchen der Major v. Bosse mit dem größeren Theile der Übrig ge- bliebenen Mannschaft benußte, um sich mit seiner Division wieder zu

vereinigen, ohne dabei von dem Feinde, der vielmehr ebenfalls Brie freiließ, irgend wie: gedrängt zu werden. Eine andere kleinere Abthei- lung hatte sih in den Gehöften des weitläufig gebauten Dorfes fest geseht Und blieb darin bis 5 Uhr Nachmittags, wo sie durch erneutes Vorgehen des Feindes von der Brücke her abgeschnitten wurde.

Als die beiden tapferen Bataillone am Morgen in Brie ein- brachen, batten sie in fürzester Zeit etwa 200 Gefangene zurügeschickt. Wie sie eine der s{hwersten Aufgaben lösten, darüber hat der Feind geurtheilt, wenn ein gefangener Offizier sagt: »1ls criaient toujours, ils venaient comme une avalanche et tout était fini.« T1 Centrum hielten die beiden Schüßenbataillone bis 12 Uhr Mittags ihre Positionen auf der Weinbergshöhe, durch wirksames Feuer. dem Feinde beträchtlichen Verlust zufügend. j j

Hier trat furz vor Mittag eine die französische Kriegführung er- neut charakterisirende Episode ein. Eine feindliche Abtheilung in der ungefähren Stärke von 2 bis 3 Bataillonen winkte in einer Entfer- nung von circa 100 Schritten mit weißen Tüchern, Kopfbedeckungen und Gewehren. Das Feuer shwieg momentan, einzelne Gruppen kamen herüber und gaben sich gefangen, andere standen zögernd und mißtrauisch zwischen beiden Tirailleur - Linien. Der Oberst Freiherr v. Hausen, welchem die perfide Weise des Gegners im Laufe des Feld- zuges allerdings bekannt geworden war, ritt nichtsdestoweniger bis ungefähr 50 Schritte vor die feindliche Linie und rief ihnen zu, daß das Feuer aufhôren werde und sie Aufnahme finden würden. War es nun Mißverständniß, war cs absichtlihe Täuschung, oder erkann- ten sie die Shwäche der diesseitigen Abtheilung ; genug, die Fran- zosen begannen alsbald um so lebhafter zu feuern, und das Infanteriegefeht, durch einshlagende Granaten sekundirt, begann mit größerer Wuth und in fast unmittelbarer Nähe, und verzehrte den Rest der noch gebliebenen und nicht unmittelbar zu erseßenden Muni- tion. Schon vorher war auch das 3. Schüßen-Bataillon dem Regi- mente nachgeschickt worden und dieses traf gerade rechtzeitig ein, um durch Beseßen der Weinbergshöhe die ershöpften im Kampfe begriffe- nen Bataillone ablösen zu können. Wenn auch eine Anfangs unter- nommene theilweise Offensive des 3. Bataillons naturgemäß keinen Erfolg haben konnte, so wagte der Feind doch nicht, seine {üßende Höhe zu verlassen und das Gefecht blieb bis zum allgemeinen Rück- zug des Feindes, etwa 3 Uhr Nachmittags, stehend. L i

Das Schüßen-Regiment, dem sich_ die 4. Compagnie 13. Jäger- Bataillons von Villiers aus angeschlossen batte, hat die Offensive des feindlichen linken Flügels mit vielleicht fünffah geringerer Anzahl offensiv gebrochen; es wird allen Regimentern als Muster aufgestellt werden können. Die Verwendung der zahlreih zur Verfügung stehenden Artillerie in erster Gefechtslinie, d. h. vorwärts Villiers- Moisy, mar unm3glich; weil die vorgelegenen Höhen nicht allein im wirksamsten und flanfkfirenden Granatfeuec liegen, sondern auch na- mentlich deshalb, weil auf ihnen die Batterien nicht über 600 Schritt Schußfeld haben; es wurde aber gegen 11 Uhr die 7. {were Batterie seitlich Villiers vorgezogen, um einen etwa nothwendig werdenden Rückzug der Shüßen aufzunehmen, und die 8. schwere Batterie nahm mit der Divisions - Artillerie der 24. Divisson Aufstellung südlich Noisy und vorwärts la Grenouillière. Beide Artillerie-Aufstelungen wurden sehr bald vom Feinde erkannt und namentlich die 7. {were Batterie stark beworfen.

Es bleibt noch übrig z1 erwähnen, daß zwischen 11 und 12 Uhr Mittags das nach Villiers herangezogene 3. Bataillon des Leib- Grenadier - Regiments Nr. 100 (Major v. Süßmilch-Hornig)- die Be- sebung des vor dem Orte gelegenen Parkes übernahm, nachdem Generalmajor v. Reißenstein gemeldet hatte, daß die dort postirten sech8s8 Compagnien des 7. württembergischen Jnfanterie - Regiments dringend der Ablösung bedurften. Dieses Grenadier - Bataillon bil- dete von 125 Uhr an gemeinschaftlich mit dem 2. Bataillon des 42. Regiments unter Oberst v. d. Knesebeck die Besaßung von Villiers.

Der Feind war bei der Ablösung des württembergischen 7. Jn- fanterie - Regiments mit seinen Tirailleuren bis auf 300 Schritt an die Parkmauer herangekommen und es gelang den gonz in der Stellung aufgelösten vier Compagnien des Leib-Grenadier-Regiments Nr. 100, denselben nit allein zurückzutreiben, sondern auch einen etwa 2 Uhr Nachmittags unternommenen Versuch, mit Kolonnen vorzugehen, zu vereiteln. Eine gegenüber aufgestellte Kanonen- und eine Mitrailleusen-Batterie konnten wegen der deckenden Mauer feinen Schaden thun. Zwischen 3 und 4 Uhr s{hwieg mit kom- mender Dunkelheit das Jnfanteriegefeht , der Feind ging auf der ganzen Linie zurü; das Granat!feuer dauerte bis“ in die sinkende

acht. Der heiße und blutige Kampf scheint einem zweiten Durh- bruch8versuch des Feindes entgegengckommen zu sein. Es wird kaum nöthig sein, auch hier die berounderungêwürdige Tapferkeit noch be- sonders hervorzuheben, in welcher die im Gefecht gewesenen Truppen des XII. Königlich sächsishen Armee - Corps und der Königlich würt- tembergischen 1. Feld-Brigade mit einander wetteiferten. Der Verlust des XI[. Armee - Corps am 2. Dezember beträgt nah Ausweis der Spezialverlustlisten 55 Offiziece, 1096 Mann.

Französischer scits sind vom Kriegsschauplay fol- gende Nachrichten eingegangen :

Ein Tage8befehl des General Thomas , der jeßt in der »Indép, belge« veröffentlicht wird, giebt nähere Auskunft über die Gründe, welche die Auflösung des Bataillons der Tirailleurs de Belleville veranlaßt haben. Dieses Bataillon wurde auf seinen wiederholt au®Lgesprochenen Wunsch, gegen den Feind ge- führt zu werden, als eines der ersten,. equipirt und am 25. No-

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vember nach Creteil geschickt, um hier die Vorposten zu stellen. Am 28., als der Bataillons-Commandeur Lamperiòre eben die Ronde in den Trancheen beendet hatte, floh ein großer Theil der 1. und 2. Compagnie in ger Auflösung aus den Trancheen. Die Flüchtigen werfen die Schuld ihrer Panique auf den Kapitäne Bellandier , der zuerst davongelaufen sci. Am andern Tage wurde das Bataillon nach Charenton zurückgezogen ; später weigerte sich das Bataillon , den Vorpostendienst wieder zu Übernehmen. Am 5. beantragte der Brigade-Commandeur, Oberst Le Mains, die sofortige Zurückberufung des Bataillons nah Paris, weil zwischen diesem Bataillon und dem 147. Ba- taillon Nationalgarden (aus Belleville) ein Haß besteht , der hon die Erbauung einer Barrikade zwischen beiden Bataillonen nöthig gemacht habe, und weil das Bataillon am Morgen seinen Posten auf dem rechten Flügel verlassen hatte. Von 457 Mann des Bataillons waren am 4. 61 mit Sack und Pack nach Paris zurückgekehrt. Außerdem zeichnet sih das Bataillon durch Mangel an Disziplin und durch die Unfähigkeit seiner Offiziere und Unteroffiziere vor allen Übrigen aus.

London, 17. Dezember. (W. T. B.) Nach Mittheilungen aus Havre vom 17. d. ist die mili- tärische Lage dort unverändert. Jn der Nähe von Havre und

Honfleur befinden sih keine preußischen Truppen mehr. Französische

Kanonenboote kreuzen fortwährend an der Küste zwischen Cher- bourg und Havre.

A A eaux, 17. Dezember. (W. T. B.) (Auf indirektem ege.

Nach hier eingetroffenen Nachrichten ist die Armee des General Chanzy gestern niht angegriffen worden. Die Nach- rit, daß ein Adjutant Trochu’s hier eingetroffen, ist unrichtig. Eine ministerielle Depesche an die Präfekten vom heutigen Tage meldet, daß der Großherzog von Mecklenburg am Mitktwoch Freteval angegriffen und die Ortschaft in der Nacht beseßt habe; dieselbe wurde jedoh am folgen- den Tage von den Franzosen wieder beseßt. Der Groß- herzog von Mecklenburg griff alsdann die französischen Trup- pen vor Vendôme an, wobei ihm kräftiger Widerstand geleistet rourde/; der Kampf dauerte bis zur Nacht und sollen die: Ver- luste des Feindes sehr beträchtlih sein. Versailles ist Vendôme bekanntlich von den Franzosen in- zwischen geräumt worden.) —. Aus Havre vom 15. d. wird gemeldet: Der Feind scheint bedeutendere Truppenkräfte in der Umgegend zu konzentriren und trifft Vorbereitungen, ein ver- schanztes Lager bei Yvetot zu errichten. :

Nach Berichten aus Lyon vom 11. Dezember werden fortwährend große Massen Truppen zur Loire-Armee abgesandt. Auch die Legion der »Rächer von Lyon« steht auf dem Punkte abzumarschiren. Dieselbe hat Genie und Artillerie. Die elsässer Legion, die Mühlhauser genannt, befindet sich in Lyon, wo fie weiter organisirt wird. L |

In Toulon und Marseille werden augenblicklih achtzig Dampfschiffe in Bereitschaft geseßt, um arabische Truppen aus Algerien abzuholen.

Königsberg i. Pr., 17. Dezember. (W. T. B.)

Wie aus Pillau gemeldet wird, war dort eine amtliche Benachrichtigung eingegangen , nach welcher am 10 d. fünf ranzösische Kriegsschisfe auf der Fahrt von Skagen nach Korsoer gnalisirt waren. w

In dem Artikel über die Feier des 100jährigen Ge- burt8tages L. van Beethovens in der gestrigen Nummer des »Staats-Anzeigers« (Seite 5098) ist der Schlußsaÿ durch cin

Versehen des Seßers unvollständig gegeben. Derselbe muß lauten: »Nach dem Programm kamen die Sinfonien in A-dur und C-moll und das große Violin-Konzert zum Vortrag. «

Straßburg, 15. Dezember. Die wiedergewonnene alte Reich8stadt/die jeßt daSedelste Pfand der schwer erkämpften deutschen Einheit geworden, war, wie schon kurz gemeldet, zum ersten Rast- punkte der Adreßdeputation des Reichstags außerhalb der bisherigen deutschen Grenze bestimmt. Hier begrüßten die Männer, welche rüstig an der Konsolidirung und Sicherung des neu er- worbenen Besißes des deutschen Volkes arbeiten, die Abge- sandten, denen die welthistorische Mission geworden ist, in der »yStadt des großen König®ch«, der cinstigen Residenz des Fürsten, der am meisten zur Herabwürdigung des alten deutschen Reiches beigetragen, dem Oberbefehlshaber der deutschen Arméen, dem Heldenkönige von Preußen des Reichstags Botschaft zu Über-

(Nach Berichten aus

bringen. Das Generalgouvernement im Elsaß und Deutsch Lothringen wollte nicht unterlassen, durch eine festliche Feier sowohl den unmittelbar Betheiligten, wie auch allen Deutschen im Vaterlande den erhebenden Gedan- ken zum Bewußtsein zu bringen, daß gerade dieses Zu- sammentreffen in Straßburg in s{chönster Weise die Erfolge dieses gewaltigen Krieges veranschaulicht , nah Außen die Er- werbung einer den Frieden sihernden Grenze und den An- {luß eines lange entfremdeten deutshen Stammes , nach Innen die Erfüllung des noch vor Kurzem fast chimäris{ er- scheinenden Einheitswunsches der deutschen Nation. Die Depu- tation wurde demnach von den Delegirten des General- Gouverneurs und des Civilkommissars am Bahnhof empfangen und begrüßt und in das Hotel zur Stadt Paris begleitet, wo der General-Gouverneur Graf von Bismark-Bohlen und der Civilkommissar, Regierungs-Präsident von Kühlwetter, nebst einer zahlreichen Versammlung von Mitgliedern der hiesigen deutschen Militär- und Civilbehörden sie erwartete. Unter den Klängen der Militärmusik begann nun das Festmahl. Die Reihe der Toaste eröffnete der General-Gouverneur mit demjeni- gen, der in jeder Versammlung deutscher Männer der erste ist, nämlich mit einem Hoh auf Se. Majestät den König, »so Gott will, bald unseren Kaiser.« Begeistert stimmte die Ver- sarmlung ein, während die Musik mit der preußischen Natio- nalhymne einfiel, Alsdann nahm dere Civilkommissar das Wort zu folgender Rede:

Zu den historish denkwürdigen Tagen, an welchen dieses Jahr \o rei ist, dürfen wir au den heutigen Tag zählen Am 14. Dezem- der des Jahres 1870 machen die Abgesandten des Reichstages Halt in der ehrwürdigen Stadt Straßburg, um dann, weiter wandernd, un- serem Allergnädigsten König und Herrn eine Botschaft zu überbringen an den Thoren der fränkishen Hauptstadt. Diese Botschaft, wir wissen es, ist die Frucht des freien Entshlusses freier Fürsten und Souveräne, sie enthält die Erfüllung lang und sehnsüchtig gehegter Wünsche des Volkes, ausgesprochen durch den Mund seiner Vertreter.

__ Ja, heute dürfen wir als erstanden das Deutsche Reich begrüßen, nicht ein Römisches Reich deutscher Nation, sondern ein ureignes Deuisches Reich, frei von fremdartigen Elementen, wie es deutsche Patrioten sich bis jegt geträumt. Und i} es denn wirkli nicht ein bloßer Traum, der Herz und Sinn berückt? Nein, es ist Wahrheit! Auëgeträumt hat der alte Schläfer auf dem Kyffhäuser, des Reictes

Macht und Herrlichkeit ersteht von Neuem. Noch fassen wir nicht des Ereignisses Bodeutung in \oinor_ ganzen (Grißo: o8 ütherrasmt 1n8 ng

nichi, doch das Auge muß geblendet sih erst an die äußere Erscheinu des Bildes gewöhnen, das längst in unserer Seele {lummerte. Und wie auch die Dinge kommen und sich gestalten mögen, frohlocken und jubeln dürfen wir heute, daß der allmächtige Gott unser geliebtes theures deutsches Vaterland bis hierhin geführt und sihtlich ge- {ügt hat.

Des Reickstags Abgesandte bringen ihre Botschaft an der Seine Strand, wohin fie von des Reiches Oberhaupt entboten worden. Klingt das nicht wieder wie eine Mähr? in eines Dicters Phantasie eboren? Jm Lande des Erbfeindes deutscher Größe, an den Thoren einer fast bezwungenen Hauptstadt soll das neue Band geknüpft wer- den zwischen den deutschen Fürsten und dem deutschen Volke, fest und unzerreißbar, weil unter dem Schirm und Schuß des deutschen Fürsten, dessen Macht vom Fels zum Meere begründet is. Auch das ist keine Mähre. Vor unsern Augen liegt das Gemälde der beispiellosen Siege Unserer ruhmbefkränzten Heere entrollt, welhe das Frankenland bis über seine Hauptstadt hinaus bezwungen und Deutschlands Ehre und Unüberwindlichkeit besiegelt haben.

Die Abgesandten des Neichs8tages machen Halt in der ehrwürdi- gen Stadt Straßburg, bis vor Kurzem der festen Burg fränkischen Trußes und Uebermuthes, jeßt Hauptstadt des deutschen Elsasses und von Deutsch - Lothringen. Das war die erste Frucht jener Siege : herausgegeben is der scit fast zwei Jahrhunderten festgehaltene Raub an deutschem Lande, und {hon seit Monaten sißen hier in ernster Arbeit und geräuschloser Emsigkeit deutsche Männer, denen die Auf- gabe gestellt ist, die von der Mutter Herz lo8gerissene, aber nie ver- loren gegebene Tochter in der Mutter Arme als deutsches Kind zu- rückzuführen. Wie einst Lothringen vor tausend Jahren ein Jer- seßung8mittel ward am alten deutschen Reich, so soll das neue Eljaß= Lothringen so SBott will der Kitt werden“ für Deutschlands dauernde Einigung. Denn deutsch is das Land und deutsch scin Sinn, und feine Söhne werden ihren rheinischen Brüdern gleich sein, deren Väter vor 55 Jahren das Glück hatten, dem Scepter der Hohen- zollern unterworfen zu werden.

Im Namen des General-Gouvernemeunts im Elsaß und Deutsck- Lothringen heiße ih Sie, meine hochverehrten Herren Abgeordnete, als unsere lieben Gäste herzlih willkommen. Jhre Sendung is eine glänzende, inhaltreiche, folgenschwere; kommende Geschlechter werden Sie beneiden und die Geschichte wird Jhre Nainen in ihre Bücher eintragen. Der Himmel segne Jbhren Weg und lasse aus den Stapfen Jhrer Füße reihe Blüthen und Früchte erstehen! Und als die nächste zur Reife gekommene Frucht möge dem deutschen Volke werden ein dauernder und gesiherter Friede! is N Herren, auf der Reichsboten Wohl ein volles Glas. Sie chen hoch!

Hierauf ergriff der Präsident Simson das Wort. Er crinnerte daran, daß nicht nur die Preußen, sondern alle Deutsche mit Stolz und Dankbarkeit ihre Wünsche für die Herrscher des

Hauses Hohenzollern erheben mußten ; kein anderes Geschlecht