1870 / 406 p. 8 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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Wie die »Times«. erfährt, ist der neuernannte amerika- nische Gesandte Schenck beauftragt, die Wiederaufnahme der Unterhandlungen über die Alabama - Frage zu beantragen, so wie die Beschwerden der“ amerikanischen Regierung, betreffend die Fischereifrage in Kanada, zur Sprache zu bringen.

Frankreich. Aus Bordeaux sind Zeitungen vom, 18. und 19. Dezember eingegangen. Die »France« klagt: »Die im Publikum durch das Schweigen Über Paris hervorgerüfene Angst ist gestern (18. Dezember) noch gestiegen; man weiß jeßt, - daß seit dem 4. Dezember kein militärishes Ereigniß vorgefal- len, aber auf die falshen Sieges8gerüchte folgten dumpfe Ge- rüchte von {weren Unruhen im Jnnern der Stadt Blut ist geflossen und dem Siege der Ordnung sollen Maßregeln der Strenge, die unerläßlih geworden, gefolgt sein. Flourens und mehrere seiner Mitarbeiter am Aufstande sollen verhaftet sein. Diese Nachrichten konnten verldauten, ohne zuerst zux Kenntniß der Behörden zu gelangen, welche das Monopol der telegraphischen Mit- theilungen in Händen haben. Wie kommt es, daß das Publikum auf halbes Vertrauen beschränkt wird?« Eben so niedergeschlagen ist man in Bordeaux über die Ereignisse an der Loire und tröstet sich damit, »es8 werde wohl ein gut Stück Uebertreibung mit unterlaufen.« Sehr bezeichnend - ist es auch, daß. der »Moniteur Universel«, welcher das Organ der Lügendepeschen Gambetta's ist, jeßt, wo er in Bordeaux erscheint, Betrachtun- gen über den Werth wahrheitsgetreuer Telegramme anstellt. »Nichts hat vielleicht mehr zu den Entmuthigungen- und Schwächen beigetragen « , schreibt dieses Blatt, »die wir in der leyten Zeit auf manchen Gebietstheilen zu beklagen haben , als die zu große Leichtfertigkeit , mit der wir meistentheils ohne Nachdenken und Prüfung alle Gerüchte glaubten , die von der Einbildung des Volkes (?) erfunden wurden. Dieses ewige Ueberspringen vom äußersten Vertrauen zur üÜbertrieben- sten Niedergeschlagenheit ist ‘wahrhaft beklagens8werth, und 10 zäh auch die Gehobenheit- einer Nation sein mag, so kann Ee solchen Erschütterungen doch nicht auf die Dauer widerstehen. « n einem anderen Artikel entwickelt der »Moniteur« »die Folge der traurigen Verhältnisse« , in denen Frankreich sich jet be- finde. Zu diesen gehöre auch die französische Militärgeseßgebung. Das jeßige Rekrutirungssystem sei cin reht bequemes, aber eben so gefährliches Ding, weil eine Kammer offizieller Kandidaten keine ernstliche Kontrole geübt habe; das erste Geseß, das der Nationalversammlung vorgelegt werden müsse, sei die allge- meine Wehrpflicht vom 20. bis 40. Lebensjahre. :

Bordeaux, 21. Dezember, Abends. Der »Moniteur« veröffentlicht folgende Note Laurier's: Nachrichten der Regierung aus Paris gestatten, die von gewissen Journalen verbreiteten Gerüchte über Unruhen in den Straßen von Paris und eine gewaltsame Unterdrückung derselben auf das Kategorischeste zu dementiren. Die einzigen bedauerlichen Thatsachen sind Vergehen gegen die militärische Disziplin, die Übrigens eine vollständig begrenzte, unbedeutende Ausnahme bilden. Sie haben die Auflösung von 2 Bataillonen- Nationalgarde, und zwar der Tirailleurs von Belleville -und der Frei- willigen des 147. Bataillons, zur Folge gehabt, Flourens wurde unter Anschuldigung der Anmaßung militärischer Abzeichen und eines-Kommandos, also aus Gründen, welche der Politik gänz- lih fremd find, vor ein Kriegsgericht gestellt. Ebenso wurde eine Anzahl der Freiwilligen von Belleville wegen Desertion vor dem Feinde derselben Gerichtsbarkeit Überwiesen. Weder bei diesem Anlasse, noch bei irgend einer anderen Gelegenheit sonst hat sih ein Symptom von Bürger-Unruhen ergeben; im Gegentheil, der Geist der Eintracht und des Patriotis8raus hat die äußersten Fortschritte gemacht. :

General Chanzy ist in Le Mans eingetroffen.

Eine offizielle Note meldet, Gambetta, welcher die Auf- gabe verfolgt, sich Rechenschaft Über den Stand der militärischen T bea zu, Achen , hat Bourges verlassen, um sich zur Armee

eben.

Eine Depesche des Präfekten der Rhone meldet, daß in Lyon gestern der als Republikaner erprobte Kommandant eines Nationalgarde-Bataillons der Croix - Rousfse unter einem er- bärmlihen Vorwande ergriffen und von ciner wahrscheinlich von den Feinden der -Republik und Frankreichs bezahlten Bande Elender erschossen wurde. Die Hinrichtung fand nach einem scheinbaren Urtheile statt. Lyon ist hierüber bestürzt und entrüstet. Die Ordnung und Ruhe sind nicht gestört. Gambetta telegraphirt nah Bordeaux, das begangene Ver- brechen entrüste die ganze Bevölkerung, man forsche thätigst nach den Schuldigen, damit exemplar1ische Justiz geübt werde.

Aus Havre find jeßt Journale vom 14. eingetroffen. Nach denselben hat Guizot in einem offenen an die e E der National - Vertheidigung gericteten Schreiben die Einbe- rufung der Nationalversammlung dringend gefordert.

Dér »ITndépendance« wird aus Lyon berichket im Gemeinderath eine Resolution naebradi ist, in Welder der Wunsch auêsgedrückt wird, daß Garibaldi zum" Mitglied ba Regierung der Nationalvertheidigung ernaunt werden möge. : t i Der Munizipalrath hat den Beschlu "Di Adresse des Gemeinderathes an die lay faietens L Ge: meinden des Landes veröffentlichen zu lassen. Derselbe hat ferner eine Kommission érnannt, roelhe auf Maßregeln sinnen soll, um das Vaterland zu retten. Der betreffende Bericht

wird allen Gemeinden Frankreichs mitgetheilt werden. Dex -

»Patrie« vom 15. d. zufolge hat die Regierung beschlossen, de Journalen »Drapeau« und »Gaulois« den Eintritt i 1 f reich nicht zu gestatien, : intritt in Frank Der »Observer«' bringt aus Paris, 7. Dezem | Brief, dem wir Folgendes entnehmen: Wir tönnen der iibern daß Paris in seinem jeßigen Zustande nicht werth ist, gesehen zu werden. Drei Zehntel der Läden sind geschlossen und eben so die ersten Restaurants. Die Bevölkerung is gezwungen, \ich Karten zu verschaffen , selbst um einen Teller Pferdefleish bei Duval zu erhalten. Weder Reis noch Salz ist zu erlangen Oel und Lichte sind nur für die Reichen. Des Nachts wird Sin ias an e laben O die wenigen in den traßen brennenden Oellampen, und im : mi in des kleineren A / n Oas entin, daß man zurüegeshreckt wird. Es i die Folge der Petroleumlampen , denn unser Gas ist tiemlich zu Ende und das wenige, das uns noch bleibt, ist für die Bal- lons bestinimt (consacré), die Jhnen von ünseren Leiden be- richten. Unser Gas is verdunkelt, unsere heiteren Cafés und Straßen sind angewiesen auf Oel und Petroleum, die nur

dazu dienen, unsere freudenlosen Heerde und die der Speisen

mangelnden Tafeln zu erleuhten, Suppenküchen si

für die niederen Klassen eingerichtet und die Armen tönnen fic daselbst wenigstens den Magen füllen mit Pferdefleishsuppe und einigen Körnern von angefettetem Reiß. Reiche dagegen werden abgewiesen, und was Anfangs ein Scherz war , dann eine Unbequemlichkeit , dann ein Aergerniß, -hat fich nun zu einer großen Kalamität gestaltet. Wir haben vergangene Woche eine große Anstrengung gemacht, um uns Hülfe zu schaffen und um den eisernen Ring zu zerbrechen, mit dem Graf Bismark

uns umgürtet hat; sollte der Versuch mißlin i bald verhungern müssen « such mißlingen, so werden wir

Italien. Florenz, 23. Dezember. (W. T. B Deputirtenkammer seßte in ihrer Viudtis Sin Vie

Berathung des Geseßentwourfs über die Verlegung der . stadt fort. Nah Schluß der Debatte und Gade die Mi: nister die materiellen Schwierigkeiten auseinandergesezt hatten, welche einer früheren Verlegung der Hauptstadt entgegen- stÜnden, wurde der von der Regierung gestellte Antrag, die Verlegung der Hauptstadt solle binnen 6 Monaten stattfinden angenommen, und hierauf der ganze Geseßentwurf mit 19: gegen 18 Stimmen genehmigt. Die Kammer nahm fodänn den von 200 Deputirten eingebrachten Antrag an, dér Stadt Florenz den Dank für ihre patriotishe Haltung während der Zeit, als sie S1g der Regierung war, auszusprechen. Hierauf vertagte sih die Kammer bis zum 16. Januar.

__ Griechenland. Die Kammer is am 21. Deze s öffnet, eine Thronrede aber dabei e gehalten Gei Un 4

Nufßland und Polen, St. Petersburg, 22. De- zember. (Reg. Anz.) Hinsichtlih der Orden t S wers- tern, welche für Aus8zeihnung im Kampfe gegen den Feind verliehen werden, hat der Kaiser durch Edikt vom 3. Dezember verschiedene Aenderungen angeordnet, die im Wesentlichen in der Bestimmung enthalten sind, daß die Orden mit Schwertern auch dann noch getragen werden sollen, wenn denselben Per- sonen höhere Klassen desselben Ordens oder höhere Orden für andere, d. h. nit kriegerische Verdienste, ertheilt werden, so daß die Shwerter über dem Orden oder über-dem Sterne nicht mehr zu verleihen sind. Eine Ausnahme machen nur der Andreas- U Hie e C En, wenn diese Orden

anten für - kricgerishe Verdienste, d. h. mi Schwertecn, verliehen worden waren. m A E

riecht es so nach Ter-

Die französische Flotte in der Nord- und Ostsee. i IV.

Wenn wir jeßt einige Tage zurückgreifen, um den Vize-Admiral Boust-Villaumez in der Osisee wieder aufzusuchen, werden wir sein Geschwader durch den »Rochambeau« und die »Armidee« verstärkt, aber durch den »Océan« und die »Flandre« vermindert finden. Oer zu große Tiefgang des »Océan« machte ihn sehr oft un- brauchbar, und die »Flandre« hatte an ihrer Maschine Havarien, welche sie nur ‘in Frankreih ausbessern konnte. »LArmide-* ist eine cinfach Panzerfregatte und der »Rochamhbeau« i} der bekannte amerikanishe Monitor » Ex-Dunderberg « , den Frankreich mit Millionen ersteigert hatte, als er in New-York zum Verkauf ge- stellt wurde. Weniger tief als die Fregatten, versehen mit einer starken Artillerie, die aus\{ließlih aus Stücken von 24 und 97 Centimetern Durchmesser mit einer Wurffraft von mehr als 200 Rilos {weren Kugeln auf 5 Meilen Entfernung bestand, von einer mittleren Geschwindigkeit von 13 bis 14 Knoten, war der »Rocham- heau« sicher eine bedeutende Unterstüßung, aber ¡vir sollen schen, daß er leider zu \pät kam. Wenn ihn der Admiral Bouë&t unter seinen Be- fehlen gehabt hätte, als er sih vor Colberg zeigte y würde er seinem Wunsche, gegen diese Stadt eine ernste Demonstration zu versuchen, nicht haben widerstehen können. Wie oben gesagt, ist Colberg an der ganzen preußishen Küste der einzige Angriffspunkt, und der "Oberkommandant des Geschwaders hatte \ich eines Tages, um ‘der Ungeduld der Mannschaften zu genügen, ent- lossen, sch behufs Bombardements - vor der Stadt zu zeigen, plöplih aber hatte er sich einem von den Hindernissen gegen- über befunden; welche zu brecken einem französischen Militär wider- strebt. Colberg ist ebenso eine feste Stadt wie ein Seébad, das »Trous- ville« von Norddeutschland, und als die »Surveillante« auf 2 Meeilen vom Ufer nur mit 2 Fregatten erschien , denn Admiral Bouë&t halte sich nit aller seiner verfügbaren Kräfte bedienen wollen , sah er die Hafendämme und die Terrassen des Casino \ih- bald mit Frauen, Kindern, Greisen und Kranken bedecken , während auf den Hauptge- bäuden der Stadt vor den Forts die Flagge mit dem rothen Kreuz der Genfer Konvention wehte. Den Tod mitten unter diese Menge ohne Vertheidigungsmittel {leudern, war keine Nothwoendigkeit, welche den Seeleuten des Geschwaders gefallen konnte, und der Admiral Bousët - brauchte nur seinen Stab mit Blicken zu befragen, um zu begreifen, daß Jeder um ihn seine Ansicht theilte und sch wenig um den traurigen Ruhm kümmerte/ welcher aus einem ähnlichen Kampf geerndtet werden konnte. Einige Tage \pâter empfing der Flottendbefehlshaber eine stets unerklärt gebliebene Depesche Ein Telegramm ersuchte zwar den Admiral Bouët mit dem Befehl, die offnen Städte des preußischen Gestade8 zu bombardiren und mitder größten Thätigkeit zu verfahren Allein diese Depesche war in so zweifelhafien Ausdrücken abgefaßt, daß der Oberfommandant deren Bestätigung er- bat. Zu seinem Erstaunen antwortete ‘ibm der Minister nicht. War Admiral Rigault de Genouilly von seinem Entschluß zurückgekommen oder war er nit Autor der Depesche ? Es sei wie es wolle, man kann den Vize-Admiral Bouët nicht genug lobe: daß er diesen Fehler nicht beging oder nicht in diesen Fallstri siel, denn man hätte nicht ermangelt, von ihm und der ganzen Marine, welche {hon so übel beleumundet war, die Ver- antwortlichkeit für die preußischen Repressalien in ibrer ganzen Schwere zu verlangen. Die durch einige Journale aus8gestoßene Verleumdung mit der dringenden Frage, was das Geschwader thue, anstatt zu fragen,

was dem Geschwader zu thun möglich wäre, sollte bald ihre Früchte

tragen, denn am 26. August empfing Admiral Bouët ein Schreiben, in welchem der Minister sih zu beflagen und zu sagen schien, daß seine Befehle nicht ausgeführt wären. Welche Befehle? Man kennt die dem Geschwaderkommandanten ertheilten Justruktionen und jeßt auch, hoffe ich, die unübersteiglihen Hindernisse, welche si vor thm aufthürmten. Mit Recht aufgebracht darüber, daß die Oberbehörde \sih an ihn über die bezichentliche Unthätigkeit hielt, zu welcer er ver- urtheilt war, beeilte. sih Vize-Admiral Bouëst, dem Minister \chriftlich alles, was ih soeben zur Kenntniß meiner Leser brachte, zu unter- breiten und endigte mit den Worten

»Sie kündigen mir an, daß das anfänglich als »Nordseegeschwader« bezeihnete Geshwader sich jeßt »Geschwader der Ostsee« nennen sell. T habe es auf den Tagesbefehl seßen lassen y indem ih für mich dberlegte, daß wenn die Rolle dieses Geschwaders unter ibrer ersten Bezeichnung mir eines Tages ziemlih ähnlih der der Flotte des Schwarzen Meeres erschienen is , sie mir unter der’ zweiten seltsam durch die Unfälle unserer Armeen verkleinert {eint y Unfälle, welche uns verleßt und von welchen wir die Nachwehen zu ertragen ‘haben. Jst nicht in der That zu fürchten y daß man si berechtigt glaubt, von uns zu fordern, was über unsere Kräfte geht, seitdem \{on unermeßliche Mittel zum Kriege 1m Entstehen. feblgeschlagen find? Mit anderen Worten , Herr Minister y ‘ist unsere Nolle nicht

ebenso undankbar, als sie uns beim Beginn der Feindseligkeiten glän-

end erschien. : : Unmöglich konnte man würdiger und fester auf unverdiente

Vorwürfe antworten und. treuer in „wenigen Zeilen die Geschichte dieses unglücklichen so von Verheißungen vollen Geldzugs shreiben. Die Tage , welche auf Abscndung dieses Briefes folgten, gingen für den Admiral unter Ringen gegen unaufhörlihe Stürme bin, und erst bei der Rükehr auf den Ankerplaß nah Langeland ams. Septem- ber erfuhr er die Katastrophe von Sedan und die so ernsten Ereîg- nisse, deren Schauplaß Paris Er sandte sofort den Befebl an alle seine Schiffsfapitäne , sich mit ihm am Eingang in den Großen Belt zu vereinigen, um dort neue Instruftionen abzuwoatten, Und in deren Befolgung zum Handeln bereit zu sein. Dort empfing er am 9, den Befehl, die Blokade fortzuseßen “und Alles zur Beschädigung des Feindes zU versuchen; notürlich kam ihm der Gedanke des Bombardements von Colberg von

Augenbli die geringste Havarie in der Ma

- S N E E D BSS e M A e

Neuem. Die Jahreszeit rwoar vorgerückt, das Kasino dieser Stadk

| mußte verlassen sein und Nichts widerseßte sich mehr dieser Demon-

stration, welche vom militärishen Gesichte punkte keinen hohen Werth haben konnte, aber wenigstens zur Verzeihnung einer Waffenthat dienen würde. Kaum war dieser Entschluß gefaßt , als der Himmel sich diesmal auf Seite unserer Feinde zu jtellen schien , denn fünf Tage hauste cin so heftiger Sturm , daß das Geschwader den Anfker- plaß nicht mehr verlassen konnte. | i

Am 13. September endlich ward das Wetter ein wenig besser;

„die ganze Flotte ging gen Süden und während Contre-Admiral Dieu-

donné die Blokade von Kiel, Neustadt und Lübe mit seiner Divi- fion wieder aufnahm, {lug Vize - Admiral Bouët die Route nach Osten ein, um seinen Plan, Colberg anzugreifen, auszuführen. Vor seiner Ankunft daselbs ankerte er vor Arkona und alle Vorbereitungen wurden an Bord Me für die Schlawt am folgenden Tage, als das Geschwader Nachts durch einen Nordost - Sturm so betroffen wurde, daß cs mehrere Schiffe einbüßen mußte. Die »Thetisa riß von den Ankerketten und der »Rochambeau«, längs einer Küstenspiße angelegt, rang 4 Stunden lang gegen Wind und Wellen, bevor er die hohe See gewinnen konnte. Der unglüliche »Monitor«, so vollfom- men unbeweglih er is wenn er gerade auf der Schneide fährt, - wurde in der Quere gefaßt und schwankte so zwischen 30 und 34 Grad sei1värts, daß die, welhe ihm mit den Augen folgten, ohne ihm helfen zu können, in der größten Tante waren. Hätte er diesen chine gehabt, würden unfeh[l- bar mit Mann und Maus verloren gewesen sein, denn seine schon zu fe wshnlicher Zeit sehr unzureichenden Masten waren in der dermaligen Si- tuation gänzlich unbrguchbar. Glüklicherweise hielt die Maschine Stand und es gelang dem »Rochambeaus« sich mit dem Geschwader bei dessen Be- wegung nah der Kioje - Bucht wieder zu vereinigen. Colberg war noch einmal gerettet , denn kaum war der Vize - Admiral Bouët ge- ankert, als er unterrichtet wurde, daß das Nordseegeshwader in Cher- bourg eingelaufen sei, daß die Jabdeblokade aufgehoben war und die preußische Flotte sehr wahrscheinlich daraus den Vortheil ziehen würde , in die Ostsee zu kommen , um ihn dort zu überraschen. Er gab sofort Befehl, dem Feinde den Paß durch den großen Belt streitig zu maden, als er zu seiner großen Ueberraschung in dem Augenbli, wo er sih mit der »Surveillante« selbs na Langeland begeben wollte, von Kopenhagen den Befehl empfing, seine ganze Flotte unter Passirung der Jahde4 wenn“ ihm sein Kohlenvorrath dies erlaubte, nah Cherbourg zurücfzuführen. Gleichzeitig zeigte man ihm an, daß Thiers“ auf dem- »Solferino« ankommen sollte und der Admiral ihn bis in die russischen Gewässer vor seiner Rückkehr nach Frankreich ge- leiten sollte; dieser Befehl aber wurde fast unmittetbar durch cine neue Depesche widerrufen und Admiral Bouët beeilte sich, Lebens- mittel und Heizmaterial \ciner Schiffe zu vervollständigen, um die zuleßt empfangenen Jnstruftionen auézuführen. Folgenden Tages passirte die ges:mmte Flotte wieder troß sehr {chwierigen Wetters ohne Unfall den Großen Belt und nahm die Richtung gegen Norden, wäh- rend sih in Kopenhagen die Nachricht von seiner Abreise verbreitete und dort die traurigste Bestürzung verursachte. Die Dänen hätten bis zum leßten Augenblick gern der Hoffnung Raum gegeben, - daß unsere Unfälle endlich ein Ende häiten und die Regierung \ich zur Sendung des so heiß ersehnten Landungs8corps in die Ostsee ent- N würde. Da zog si gerade das Geschwader zurück und nahm ie leßte Hoffnung seiner o ergebenen Freunde mit si, welche si bei Entfernung der französischen Flagge fragten ob nit bald an sie die Reihe kommen würde, sich vor der Autorität Preußens wegen der Sympathie zu rechtfertigen, welche sie uns bezeugt haften.

Drei Tage später, am 25. September, war Admiral Bouët vor der Jahde und blieb doët den ganzen Tag, indem er der preußischen Flotte den Kampf anbot und sie zum Auslaufen , wiewohl vergeblich , zu bewegen suchte; am 29. Mittags lief die » Surveillance« wieder în Cherbourg mit dem ganzen Geschwader ein, von dessen Fregatten der größte Theil 66 Tage lang nicht ein Mal dem Feuer ausgeseßt war. Oer zweite Abschnitt des Nordsee- und des Ostseefeldzugcs war been- digt und der dritte hatte {on einige Tage begonnen. : j

Der Marine - Minister hatte in der That, als er dem Vize- Admiral B Bs, befahl, die Ostsee zu verlassen, dem Vize- Admiral de Gueydon das Kommando über das Geschwader der Nordsee übertragen, und während si die erstere Flotte vor der Jahde zeigte und dem Feinde vergeblich den Kampf anbot, bereitete sich die zweite in Dünlirchen vor, ihrerseits gegen die preußische Küste hinaufzugeben. Ungeachtet der vorgerücten Jahreszeit durfte die Schiffahrt der feind- lichen Häfen nicht einen Augenblick frei werden, und, da die Verpro- viantirung auf hoher See unmöglich geworden , hatte Admiral Fou- ridon bestimmt, daß durch 2 Geschwader gefreuzt werden sollte, welche si in der Nordsee abwechseln und in Dünkirchen ver- proviantiren sollten. Da er indessen den durch die dortige Rhede ge- botenen geringen Schup kannte, so wie die Gefahren der Seefahrt, so hatte er die Gefhwader-Chefs bevollmächtigt; nah Umständen zu han- deln und in Dünkirchen einzukehren , wenn sie es für nöthig hielten. Vize-Admiral Bouët hatte; in Anbetracht des wirklich Prafktischen dieser Anordnungen , nur kurze Zeit in Cherbourg zu verbringen. Am 10. Oktober ging er von Neuem ab, um das Geschwader des Admirals de Gucydon an den hannoverschen Küsten zu erseßen; aber als er in Dünkirchen ausruhte , wurde er frank und zur Lan- dung genöthigt. Der Contre - Admiral Penhoet nahm seinen Posten auf der »ySavoie« ein, und von dem Tage ab wechselten diese beiden Geschwader ‘in der in dieser Jahreszeit so gefährlichen Kreuzung , als am 19. des Monats díe » Suveillante« ohne Steuerruder, dur die »Revanche« remorquirt , in Cherbourg einlief , nachdem sie 48 Stunden auf der Nordsee verloren gewesen war. Und doch aiebt es Zeitungsschreiber , welche zu fragen wagen: Was macht die Marine? Ihre Frage is} leiht zu beantworten: Ein Theil ihrer Chefs und Matrosen trobt den Gefahren des Meeres , um die preußische