1890 / 210 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 01 Sep 1890 18:00:01 GMT) scan diff

hatte, auf das Wohl Sr. Majestät des Kaisers und Königs Franz Joseph und des gesammten Kaiserlihen Hauses, Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit der Erzherzog Karl Stephan antwortete mit einem Toast auf Se. Majestät den Kaiser E und die Mitglieder des reußishen Königshauses. i z s Atents fand E e Cilige Zusammenkunft im Marine- Offizier Casino statt. Fn Sahlmanns Tivoli gaben die Unter- offiziere der deutshen Marine ihren Kameraden vom österreihishen Geshwader ein Fest, an dem si ein Ball anschloß. [E s Lauterberg a. Harz, 31. August. Der Neidskommi sar Major von Wissmann begiebt sich, dem „W. T. B. zufolge, heute nah Brüssel und Ostende, um daselbst dem König der Belgier einen Besuch abzustatten.

Baden. A

Karlsruhe, 31. August. Gestern Mittag hat Se. Majestät der B ia von Rumänien Schloß Mainau wieder verlassen. Se. Königliche Hoheit der Groß- herzog geleitete, nah der „Karlsr. Ztg.“, den König bis Konstanz, von wo Höchstderselbe über Basel nah Umkirh zu seiner Mutter, Jhrer Königlihen Hoheit der Fürstin Josephine von Hohenzollern, reiste. Der König bleibt einige Tage in Umkirh und begiebt si dann mit Höhhsiseiner Mutter sowie den _Fürstlich Hohen- zollern’)hen Herrschaften nah S&loß Weinburg bei Ror- \hac, wo auch andere Familienglieder sih für einige Zeit ver- einigen werden. Jhre Königliche Hoheit die Groß- herzogin hat si gestern Mittag nah Schloß Heiligenberg zum Besuch Jhrer Königlichen Hoheit ter Kronprinzessin Victoria und der Fürstlich Fürstenbergishen Herrschaften be- geben. Se, Königliche Hoheit der Erbgroßherzog be- gleitete Höchstdieselbe dahin und Jhre Königlichen Hoheiten Tehrten Äbends nah Salem beziehungsweise Mainau zurü.

Sachsen - Meiningen.

Meiningen, 30. August. Der Staats-Minisier a. D., Wirkliche Geheime Rath Freiherr von Gisedcke ist am 94. d. M. nah längerem Leiden in Jena gestorben.

Sachsen-Coburg-Gotha.

urg, 30. August. Se. Königliche Hoheit der Herzog von Aa dia ist, wié die „Cob. Ztg.“ meldet, nah beendeter Kur in Kissingen gestern hier wieder eingetroffen,

Schwarzburg-Sondershausen.

ren, 31. August. Jhre Hoheit die Herzogin ibu Eee Altenbur, ist am. 28. d. M. wieder von hier abgereist. Se. Durchlaucht der Fürst hat sich, dem „Reg.- und Nathr.-Bl.“ zufolge, heute nah Sondershausen begeben.

Lippe.

Detmold, 30. August. Dem auf den 2. Oktober ein- berufenen Landtag foll, wie der „Wes. Ztg.“ geschrieben wird, ein Gesetzentwurf, betreffend die Ernennung eines Regenten für den Prinzen Alexander, vorgelegt werden. Artikel 3 des Gesetzentwurfs sagt, der Fürst sei befugt, im Voraus einen Regenten aus der Zahl der succesfionsbere{tigten voll: jährigen Agnaten des Fürstlichen Hauses für den Fall zu ernennen, daß der Thronerbe, Prinz Alcxander zur Lippe,

ur Zeit des Antritts der Regierung an deren eigener Ueber- A durch körperliche oder geistige Shwäche verhindert sein sollie.

Oesterreich - Ungarn.

Wien, 1. September. Se. Maiestät der Kaiser und König wohnte vorgestern, wie der „Wien. Ztg.“ aus Vöckla- brück gemeldet wird, den Manövern bei. Abends fand im Sthlosse Wagonin Hoftafel statt. Gestern machte Se. Majestät cine Rundfahrt dur die Stadt und begab si sodann nah dem dem Grafen St. Julien gehörigen Schlosse Wartenburg.

Wie der „P. C.“ aus Paris gemeldet wird, ist Jhre Majestät die Kaiserin und Königin am29. v. M. im strengsten JIncognito, von blos zwei Personen begleitet, in Arcachon eingetroffen. Es heißt, Jhre Majestät gedenke in Arcachon einige Tage zu verbleiben. : :

Se. Königliche Hoheit der Kronprinz von Däne- mark, welcher mehrere Tage im sirengsten Jncognito hier weilte, ist vorgestern nah Sfkaliß in Böhmen abgereist.

Der Minister des Kaiserliten Hauses und des Aus- wärtigen Graf Kálnoky hat sih auf seine Besißzung Lettowißz in Mähren begeben.

Bei den am 30. v. M. abgehaltenen Landtagswahlen des Kärntener Großgrundbesißes wurden nur Mit- glieder der deutsch-liberalen Partei gewählt.

Frankrei. Paris, 1. September. Bei der gestrigen Deputirten- wahl in St. Flour erhielt, wie „W. T. B.“ meldet, Mary Raynaud (klerikal) 3719 Stimmen, Chanson (Republikaner) 2768 Stimmen und der frühere Polizeipräfekt Andrieux (Nevisionist) 2172 Stimmen; es ist daher Stichwahl orderlich. l E 1891 für Tonkin bestimmte Kontingent wird aus 600 Offizieren und 24000 Mann bestehen. Zwischen Frankreich und den VereinigtenStaaten sollen, wie der „Köln, Ztg.“ berichtet wird, gegenwärtig Ver- handlungen s{hweben, um dem Zollkrieg ein Ziel zu segen. Frankreich ist dem Vernehmen nach gewillt, in Bezug auf die Einfuhr amerikanishen Schweinefleishes Zugeständnisse zu machen. Ftalien.

Rom, 1. September. Die im Lager von Montichiari vor dem König, der Königin und dem Kronprinzen stattgehabte Nevue der beiden an den Manövern theilnehmen- den Armee-Corps verlief, wie „W. T. B.“ meldet, unter. großem Andrang des Publikums und unter enthusiastishen Kund- gebungen für den König und die Königin auf das Glänzendste.

Der Höchsikommandirende in Afrika, General Bal dissera und der Major Pedrozzoli begeben sich zu den großen Manövern nah Schlesien.

In der von dem italienischen Botschafter Grafen Menabrea der französischen Regierung überreichten Denkschrift über die Errichtung internationaler

Mandeb (siehe Nr. 200 des „R. u. St.-A.“ vom 20. August) macht die italienishe Regierung, wie der „Hamb. Korresp.“ mittheilt, folgende Vorschläge: :

Die Einrichtung von zwei getrennten internationalen Bureaus, das eine zur Regelung und Ueberwahung der Kontrolvorschriften, die als vothwendig erahtet würden, um die Verbreitung von epidemischen Krankheiten von den Orientländern aus auf den Seewegen zu ver- bindern, das andere mit derselben Bestimmung für die Kommunika-

tion über Land. E. Die Kontrole zu Lande würde hauptsächliG Sache der Lokal- behörden sein ; es würde genügen, wenn die europäischen Mächte einen besonderen Vertreter im Schooße der obersten Gesundheitsbehörden zu Konstantinopel und Alexandrien hätten und wenn sie die Organi- sation einer oberen Sanitätsbehörde in Persien durseßen könnten, um auch an dieser Stelle die Herbeiführung von SivBerheitsan- ordnungen bei dem Ausbruÿ von ansteckenden Krankheiten zu er- möglichen. L

Was die Uecberwacungémaßregeln zur See angeht, so würde es na Ansicht Italiens sich darum handeln, eine gemeinsame Aktion Seitens aller an der Abwehr von pestartigen, aus dem Orient kom- menden Uebel ioteressirten Staaten in das Leben zu rufen, wenn man den sanitären Scußtvorkehrungen eine wirklich zweckmäßige Organisa- tion geben will. Zu diesem Zwêck wird vorgeschlagen:

1) Die Eirsfeßung einer permanenten und autonomen Kom- mission, von welcher die Leitung des internationaleu Sanitätsdienstes

ausgeht. / E 9) Die Errichtung von zwei internationalen .Sanitätsbureaus,

die mit der ärztliben Ueberwachung der aus dem Indischen Ojzeaa in das Rothe Meer kommenden und der von dort nah dem Mittelmeer gehenden Siffe betraut sind. Das eine dieser Bureaus müßte in Babe el - Mandeb, das andere in der Nachkarschaft von Suez

unktioniren. n : : | 3) Die Begründung einer internationalen Sanitätestation bei

iedem dieser beiden Bureaus, in welcher die Swiffe den vorgeschriebenen Quarantäne-Anordnungen in angeméssener Weise Folge leiften und einem DeéinfekltionEverfahren unterzogen werdcn könnten,

Die internationale Sanitätskommission müßte aus Vertretern der interessirten Mäthte, die tewnisde Sachverständige find, bestehen. Von ihr würden die Grundsäße und Regeln für die versciedenen Zweige des internationalen Gesundhbeitsdienstes aufzustellen sein, auch dürfte es als eine unabweisbare Nothwendigkeit anzusehen sein, daß die technishen SaWverständigen der Kommission aus Medizinern be- ständen, welche gründliche bafkteriologishe und epidemiologishe Kennt- nisse besäëen. E 2 s Für die internationalen Sanitäts\tationen müßten isolirte Pläße gewählt werden, die mit dem erforderlichen Apparat auszurüsten

wären. A i: : Ganz unumgänglich erforderli wäre ferner die Ausarbeitung

eines internationalen Reglements, das eine Gleichmäßigkeit des sanitären Dienstbetriebes an Bord der aus den Orientländern kom- menden Scbiffe cinführt. Ein wichtigex Theil solchen Reglements würde der sein, welher si auf gewisse Sicherheitêmaßregeln in Bezug auf v Zulassung von Personen und Waaren an Bord in den Aus\chifungs8häfen bezöge.

7 E a wliéde diese Kommission die Vorsicht8maßregeln fest- zustellen haben, weiche auf diejenigen Schiffe anzuwenden wären, die im Kanal von Suez der Quarantäne unterworfen würden, da die jeßt in Kraft bcfindlihen Reglements ganz unzulänglih und hbinder-

lich seien. : E s Ta so {nell als möglih zu einem gemeinsamen Einverständniß

über die zu treffenden Anordnungen zu gelangen, würde es sich, wie die Denkschrift ausführt, empfeblen, die aus den technishen Sach- verständigen der betheiligten Staaten gebildete Kommission so \hnell als mögli zusammentreten zu lassen, um die Grundlage für die zu erlassende Instruktion zu berathen und derín praktishe Ausführung vorzubereiten.

Spanien.

Bilbao, 31. August. Die Königin-Regentin traf, von dem Minister-Präsidenten Canovas de Castillo be- gleitet, geftern Nachmittag von San Sebastian hierselbst ein und wurde von der zahlrei zusammengeströmten Menschenmenge mit begeisterten Zurufen begrüßt. Von hier fuhr, wie „W. T. B.“ berichtet, die Königin-Regentin weiter nach dem english-spanishen Schiffsbauhof in Portugalete, woselbst dieselbe dem Stapellaufe des neuen Kreuzers „Jnfanta Maria Teresa“ beiwohnte. Abends erfolgte die Rück- kehr nah San Sebastian.

Portugal. :

Lissabon, 30. Kugust. Der König, welcher sich au

der Fand einen Fieberanfall zugezogen hatte, befindet si, dem „W. T. B.“ zufolge, jeßt besser.

Belgien.

Brüssel, 30. August. Nach dem „W. T. B.“ be- stätigt sich die gestrige Nachriht aus Lissabon, wonach Portugal mit dem Congostaate über die Gebiete Lunda oder Muata Yamvo Unterhandlungen ein- geleitet hat. Die Regierung des Congostaates bereitet, wie es heißt, eine Note an die portugiesische Regierung vor, welche dazu angetyan sein soll, eine jchleunige Lösung des Streit- punktes herbeizuführen.

: Vutgarien.

Sofia, 1. September. Der Minister Stambulow, ein Beamter des Ministeriums des Aeußern und die hiesigen Konsuln maten heute anläßlich des Jahrestages der Thron- besteigung desSultans dem ottomanishen Kommis- sariats-Sekret är Reschid Bey Besuche. Aus demselben Anlaß brate, wie „W. T. B.“berichtet, die Zeitung „La Bulgarie“ einen längeren Artikel, in welhem der weisen, vorausblickenden Politik des Sultans, welche neue Bande der Dankbar- keit der Bulgaren für ihren Souzerän geschaffen habe, wärmste Anerkennung gezollt wird. : /

Die „Agence Balcanique“ sagt bezüglich einer Nachricht französisher Blätter, wonah die Prinzessin Clementine der Mutter des Majors Panißta eine Pension angeboten habe, daß in hiesigen unterrihteten Kreisen davon durchaus Nichts bekannt sei.

Amerika.

Vereinigte Staaten. New-York, 30. August. Der Staatssekretär Blaine erklärte, wie wir der „A. C.“ ent- nehmen, in einer in Waterville, Maine, gehaltenen Rede, die Vereinigten Staaten seien nicht bestrebt, ihr Gebiet zu erweitern, und wünschten niht, Länder zu annek- tiren, es sei denn, daß deren Bevölkerung um die Wohlthat nachsuhe, unter das Sternenbanner gestellt zu werden. Blaine hob auch hervor, daß das Gegenseitigkeits- prinzip dem Schußzoll keinen Eintrag thue, sondern ihn er- gänze. Die Handelsbilanz der südamerikanishen Länder mit den Vereinigten Staaten stelle sich sehr zu Gunsten der ersteren. Die Tendenz der Zeit, meinte Blaine, gehe dahin, den Wirkungskreis der Freiliste zu vergrößern.

Die Feier des Sedantages. Ueber eine Vorfeier des Sedantages in M A i

berihtet „W. T. B.“/: An der auf dem Heidelberger Schlo am Sonntag als Vorfeier des Sedantages von der national- liberalen Partei veranstalteten Festlichkeit 5000 Landtags - Abgeordnete und die von | ein Crtrazug sehr viele Theilnehmer aus Speier und Mann- heim/ hierhergeführt. oran

gabe sich die Festtheilnehmer in einem großen Zuge vom Bahn- go urch die festlih geschmückte Stadt auf das Schloß. Daselbst ie weld

n jubelnd aufgenommenen Hoh auf Se. WVajestät den Kasser l elber brachte ein Hoh auf die Bundesfürsten aus, Dr. Bürklin von ¡Karlsruhe mahnte in warmer Rede zu politisher Ver- träglihkeit und brüderliher Liebe; O l deutschen Vaterlande. Ferner wurden mit großer Begeisterung HochP ausgebracht auf den Fürsten Bis marck von Osann und \auf den Feldmarschall Grafen Moltke von dem Ober-

nahmen circa darunter mehrere badische Reichstags - Abgeordneten Jnsbefondere hatte

Personen Theil ,

Ocechelhäuser und Osann.

Unter Vorantritt von drei Musikcorps be-

Hofrath Meyer von hier eine Ansprache, welche mit

\{loß. Rißhaupt aus Heidelberg

Fabrikant

sein Hoch galt dem

Bürgermeister von Heidelberg. An Se. Majestät den Kaijer, die deutshen Bundesfürsten, den Fürsten Bisnarck und den Grafen Moltke wurden Telegramme ab- s Zwischen den Festreden wurden patriotishe Lieder gesungen, welche mit Musik: und Gesangsvorträgen ab- elten. Na Schluß der Festreden fanden im Bandhaus und [bei dem großen Fasse gesellige Vereinigungen statt. Gegen 9 Uhr Abends erfolgte eine glänzende Beleuchtung des Schlißhofes. Das Fest nahm bei gutem Wetter den besten Verlauf.

Auch in Berlin feierten schon gestern die 18Ju gendabthei- ran der Berliner Turnerschaft das Gedäthtniß des Tages von Sedan durch ein großes Schauturnen auf dem Turndlatz in der Hasenhaide.

Kunft und Wissenschaft.

x Die Velasquez des Museums.

Die BVildersammlung des alten Museums mag hinsihtlich der Anzahl der Gemälde wie ihrer Qualität, im Ganzen ge- nommen, gegen München, Wien, Paris und London zurück- stehen; sein relativer Reichthum an unzweifelhaft echten Por- träts von Velaëquez' Meisterhand ist jedoch unbestritten. Jn unserer Zeit des Realismus dürfte si kaum ein geeigneteres Vorbild für den Künstler finden, als Velasquez, der sein bestes Können allein dem selbständigen Naturstudium dankte. Seine Lehrer, der Falshmünzer Herrera und der nur als Zeichner nennenswerthe Pachecco, trieben diese durchaus edeldenkende und hochherzige Künstlerseele aus dem Atelier an den Busen der ewig-jungen Lehrerin, der Natur. Die Bekanntschaft mit dem Günstling Philipp's IV,, Olivarez , Herzog von S. Luca, schrieb ihm später den Weg vor, der für ihn seinen Endpunkt als Hosmaler, Hausmarschall und Kammerherrn fand. Eigentlih hätte Velasquez, den Namen des Vaters führend, de Silva heißen follen, doch läßt die spanische Sitte den Vater oft den Mutternamen hier Velaësquez hinzufügen und leßteren auf den Sohn über- gehen. Wenngleih Velaëquez nahweislich in Verkehr mit- Rubens, auch mit den JZtalienern Rosa und Bernini gestanden hat, so ist do ein Einfluß derselben auf seine Kunstausübung niht nahweisbar. Es ist viel eher anzunehmen, daß sih Velasquez durch die Meisterwerke Jtaliens, die er gelegentlich einer Neise im Juteresse der spanischen Akademie kennen lernte, ab- shrecken ließ, fernerhin als Komponist zu arbeiten; denn seit jener Reife widmete er sich nur noch ausschließlich dem Por- trätfah, in welchem er noch heute unübertroffen dasteht. Sein niederländischer Konkurrent van Dyk hatte das gleiche Geburts- jahr, 1599. Die nennenswerthesten Zeitgenossen auf dem Ge- biete der Malerei waren in Frankreich Poussin und Claude- Lorrain, in Deutschland Elzheimer, in den Niederlanden außer den Genannten Franz Hals und Rembrandt, in Jtalien L, Carracci und Guido Reni. :

Es ist eigenthümlich, daß \sih ein Künstler in allem, was er schafft, stets in gewissem Maße selbst spiegelt. Wenn man mit diesem Gedanken unsere herrlichen Porträts im Museum betrahtet, wird man inne, welch s{önes Gemüthsleben dem Künstler eigen gewesen sein muß. Nur eine geliebte Frau fonnte mit so viel Seele dargestellt werden, wie ihm dies. bei der seinen gelang. Fern von jeder künstlerishen Koketterie in Farbe und Technik, weiß er uns auf geradem Wege und mit den denkbar einfachsten Mitteln die überzeugend-lebendige Erscheinung zu geben. Die Dargestellte kann gar keine Prinzessin sein, es ist eine einfache Frau, aber sie ist von dem Maler, ihrem Gatten, geliebt. Vergleicht man dies Bild mit dem nahe befindlichen der Prinzeß von Asturien, so findet man hier in der Arbeit selbst einen Unterschied. Der durchsihtige Teint der Leßteren ist mit Sorgfalt, beinahe Aengstlichkeit behandelt, die zarten Hände, der Arbeit ungewohnt, sind wie hingehauht. Mit allen Mitteln, die ihm zu Gebote stehen, strebt der Künstler, „die über der Masse Stehende“ zu schildern. „Die äußeren Flitter zu betonen“, Gold, SchmuckÆ und Stoffe, dazu erniedrigt sich ein Velasquez als Künstler niht; er weiß vielmehr alle psychologishen Mittel so anzuziehen, daß er uns dennoch eine „Prinzessin zu geben versteht. %on einigen anderen Porträts, welche früher zeitenweis seinen, dann wieder andere Namen trugen, will ih niht reden. Doch sein „Zwerg mit Hund muß beachtet werden. Wie unglaublich frei, bis an die Rohheit streifend, ist hier seine sfizzenhafte Tehnik. Velasquez ver- achtet den Zwerg, dessen Gesicht uns niedrige Gesinnung ver- räth, und er giebt ihm als Begleiter, vielleiht als Attribut, einen Hund, mit dem er ihn fast in gleihe Höhe stellt. G, W. 0.

Land- und Forstwirthschaft.

Preisauss\chreibungen.

Das Direktorium der Deutschen Landwirtb\chafts-Gesell haft Fat beschlossen, im Jahre 1891 eine Prüfung von Mähmaschinen mit Selbstbindern mit und ohne Garbenträger zu veranstalten und Preise hierfür auszuseßen ; ebenso hat das Direktorium beschlofsen, ein Preis- aus\chreiben auf Erfindung eixes guten Dynamometers für die Zug- prüfungen der Gesellschast zu erlassen. Ferner ist das Preisaus- \chreiben für die nähstjährige Bremer landwirth\{chaftliche Ausftellung,

permanenter Sanitätskommissionen an der Grenze von Persien und Tunis, sowie in Suez und Bab-el-

/ f / /

betreffend Dauerwaaren für Ausfuhr und Schiffeversorgung, erschienen.

Theater ad Musik.

Königlihes Opernhaus.

Die Spielzeit des Königlichen Opernhauses mit dec Aufführung von Wagner's „Lohengrin“

Nach der zweimonat

\{lofsen, war es eine über

reihen Mitteln, fangliher wie in baft ausgeführt zu

leßten Plaß beseßt und gab dem hohen Genuß, ter ihrn

wurde, dur lebhaften

sangsleistungen, als auh der Gesammaufführung wie dem Ordckester galt, Auédruck. Als die hervorragendste Leistung des Abends in Spiel und Gesang mödten wir die Ortrud der Frau Staudigl und den Telramund des Hrn.

in der harakteristishen

Höhe de: Kunst, Die Behandlung des Tones und des Worts ¡eugte von einer außerordentlichen künstlerisden Fertigkeit wie von einem tiefen Verständniß und

dieser Partie, welche

lingen pflegt. Hrn. Bey? Telramund ist eine fo oft gehörte Partie,

daß hierübec zu sagen

fügte gestern über dieselbe frische, sonore und edle Stimme wie vor Jahren. Bei Hrn. Rotb mühl, der den Lohengrin sang, muß man stets den Fleiß und die Gewissenhaftigkeit bewundern, mit welcher dieser Künstler zu [ôsen versteht, Frau Pierson (Elsa) s{bien, Dark der Erholung, welche sie ibrer Stimme gegöônnt hat, gestern etwas weniger unter

zwanzig und mebr

dem Tremolo zu

(der Heerrufer) erfreute 1 doh würden wir Vorträgen etras weniger dramatische

Stitnme,

bewegungen würschen.

ais neu engagirtes Mitglied. Dem Baß fehlt es etwas an Ueppiqkeit und Stärke, er ist aber rein und stört nit durch Detoniren, was immerßbin bervorgehoben zu werden verdient, da die Bassisten bâufig

an diesem Uebelstand l

Der Ercöffnungstag der neuen Spielzeit brachte die Erstauffüß- rung von Shakespeare’s „Wintermärchen* auf dieser Vühne. Seitdem Berlin drei Kurststätten besißt, auf wel&en das Xlassishe

Drama eifrig gepflezt

Dichterwerk immer wieder eine neue, die Zufcbauer arregenDe Seite

abzugewinnen. Da man durch äußere

Dicht:rwerk aufzupfrepfen.

tostbare sccnishe Scenen, in denen der

her bewegt, dem Publikum au im alten klassishen Drama etwas

xoch nit Gesehenes

diese übermäßig prachtvolle Einkleidung gefallen lassen müssen, feine Dramen stets große Volke-

welche Gelegenheit zu

streben, in den Aeußerlihkeiten ein mögli treues Abbild des wirk-

lien Lebens zu geben,

sogenannte Auéstattungs\tücke erinnern und das Intercsse

Handlung zerstreuen, türlihen Auss{mücku

Gemüth; die Zuschauer sollen niht ein photographishes Bild der Vorgänge des menschlichen Lebens, sondern ein Kursstwerk, von überflüssigem Beiwerk, in edler Harmonie Shakespeare's Trauerspiele, besonders aber, weil das Eingreifen der äußeren Mittel hiernoh am meisten erlaubt erscheint, seine PHantasie- spiele sind in legter Zeit solchen scenischen Bestrebungen zu Grunde

gelegt worden.

Unter diesem Ze „Wintermärchens* im auh auf eine reie, d nit zurückdrängende und Kommen der des Vorhanges etheilt auf die

damus fi langsam in Am meisten hatte dem

vermag. Sobald si bleibt die Dekoration Bewegung zu seten, d wandern können; weni

Bemühungen der Direktion, welhe in fpieligen scenishen Apparat zum Ausdru gelangen, verdienen ficherlih die lebhafteste Anerkennung,

zollen fann.

Für die Darstellung waren die besten Kräfte des Theaters auf-

geboten. Fr. Geßner

mit königliher und leidenshaftliher Empfindung; beim ersten Auf-- treten mit ihrem Gastfreund Polyxenes hâtte etwas mehr frauenbafte Zurückhaltung vornehmer und harmonischer gewickt; dagegen entfaltete fie in dem heiteren Spiel mit ihrem Sohne, rede vor dem öffentlichen Gericht den vollen Zauber edler Weiblicbkeit. Sehr glücklich war die leßte Scene entworfen und dur{chgeführt, in eler

die Statue Leben gewinn

rothen Hintergrunde, von welcher sh Hermione's weiße Gestalt wirk- li wie eine Bildsäule abkob und wirkte sympathisch. Als Perdita bewegte sich sr. Sorma anmuthig und shüchtern, do kam die keushe Naivetät der jungen Schäferin nit genügend zur Geltung. dorfer als Paulina; sie greift energisch zu und charakterisirt in \{Garfen Zügen; ihr erster Schritt auf dem Gebiet des[klassishen Dramas war von

glüdlihem Erfolg begle

Sommerstorff zugefallen. Eifersucht des Königs trat in Miene und Geberden bedeutsam hervor, ebenso vermochte der Darsteller Anblick der geliebten Königin und den finnlosen Nachedurst in schnellem

Wesel überzeugend rafenden Leidenschaft v dur äußere Merkmale die Erde, als ihn und der

draftisy und wild.

in seine Redte. zuheben ist nur noh die Wirkung,

Frl. Lenau. gab eine. Spiel auch ohne das gewesen,

Das Puktlikum na

gab dieser Stimmung dur kräftigen Beifall Auédrueck.

Die gestrige erste Räuber“ in zumeist Gestaltung früheren Au

Einrichtungen, dur

gestattete 1 : bunt ceontes, auf die farbigen Sammet- und Seidenkostüme der Hof- schranzen zu rihten, aber es erweckte au Ungeduld nach den Œeorten des Dichters, welcher erst nach einiger Zeit, als Camillo und Ardhi-

: der vierte Akt sein Aussehen verändert. Erscheinen und nah werden lange Wandeldekorationen bunten Bildern, bewegten Schiffen und dergleihen mehr, obne daß man darin einen Zusammenhang

Gattin wie der angsterfüllte Blick und das ganze Wesen ersienen hier ctwas zu l ld, Im leßten Aufzug trat dann der König, seines fast puritanishen Aeußeren, Trauer wie in seinem freudigen Entzücken, edel und vornehm wieder Alle anderen Rollen hatten Besetzung, sodaß ein gutes Zusammenspiel zu Stande kam. Hr. Engels als der Spitbube Autolycus; die er erzielte, gab si in der beiteren Stin:mung der Zuschauer kund; am besten gelang ihm die mit vielem Humor dur{ch- felihete Grandezza des Hofmannes

hat am Sonntag wieder begonnen. lilen Pause, in welher tie Kunststätte ge- Freude, dieses Meisterwerk mit all den

welche die Königlihe Bühne in ge- orestraler Beziehung gebietet, muster- sehen. Das Haus war bis auf den ] ) bereitet Beifall, der nicht fowohl den einzelnen Ge-

Bey bezeichnen. Erstere zeigte si Wiedergabe des ränkevollen Weibes S auf der

einem sorgfältigen, gewisserhaften Studiurn nur den bedeutendsten Altistinnen ganz zu ge-

nichts mehr übrig bleibt: der Künftler ver-

die größten und @wierigsten Aufgaben

sonst. Hr. abermals durch die dem

leiden als Oberhauser Fris&e seiner Heerrufer bei seinen Lebendigkeit in den Hand-

Hr. Mödl inger sang den Köria Heinrich

eiden. Deutshes Theater.

,

wird, ist cin Wetteifer entstanden, jeder solben

die Dichtung selbst unantastbar ift, sucht Mittel diese aufreizende Neubeit dem So ift die Gewohnheit entstanden, durch Einfügung von ftummen Troß der Nebenpersonen si gesbäftig Bin und

darzubieten. Besonders Shakespeare hat sich da in oder Dienermengen hineins\pielen, bewegten großen Scenen geben. Diefes Be-

verleitet leiht zu Uebertreibungen, welche an an der denn diese will-

zu fördern; H-rz und

wirkungslos für

anstatt es ngen bleiben

T oBgelöft erstehen sehen.

ihen ftand auch die gestrige Aufführung des Deutschen Theater, welhes bis dabin, wenn och au auf eine die Absichten des Ditters Ausstattung gesehen hatte. Das Gehen Höflinge und Diener beim WAufgehen zwar, die Aufmerksamkeit un-

prangende Palasthalle des Königs

die Menge mischen, zu den Zuschauern E or dem Vershwinden der „Zeit“ vorgeführt mit phantaftischen mit der Hantlung zu entdecken Polyxenes' Palast in Böhmen entrollt hat, stehen, um sih nah einiger Zeit wieder in amit die Vlicke nah des alten Shâäfers Hütte ger] wäre hier entshieden mehr gewesen. Die diesem mühseligen und kost-

wenn man ihnen au nit Beifall

gab die Hermione in den meisten Scenen

in der Vertheidigungs-

t ; gerade die Einfacbeit der Halle mit dem glatten

dann langsam Leben gewvann, Eige treffliche Leistung bot Frl.Fra uen-

itet, Die schwierige Rolle des Leontes war Hrn.

Die noch haib unterdrückte rasfende die \{chmerzli®e Verzweiflung beim

wiederzugeben; die Zershmetterung feiner ersuhte er jedo, mehr als nothwendig war, hervortreten zu lassen; das Niederkauern auf die Na@rihten vom Tode des Kindes Keulenshläge des S{hicksals treffen,

i: troß sowobl in seiner überquellenden

erfreuliche Hervor-

eine

1 den beiden Schäfern gegenüber. föstlich dumme Mopsa, doch wäre ihr angenommene Lispeln hinreihend eindrucks8 voll

hm die Vorstellung sehr freundlih auf und Berliner Theater.

Aufführung nah den Ferien brackte „d ie neuer Befezung. Da die Regie und scenisch{e

ändert geblieben und, wie erfahrung8gemäß bei allen anderen Auf- füßrungen auf dieser Bühne, „von piíialihster Sorgfalt und künst- lerisbem Geshmack zeugen, liegt es uns nur ob, einige Worte über die Darstellung zu sagen.

Die beiden Hauptrollen, Karl und Franz von Moor, lagen in den tühtigen Händen der Hrrn. Klein vom Herzogli meiningenschen Hof-Theater und W. Arendt vom Hofburg-Theater in Wien. Hr. Klein ist ein temperamentvoller Scauspieler, welcher jeder Scene zu ihrem Recht verhalf, ohne ihr aber ein eigenartiges bedeutendes Gepräge verleiben zu können. In dieser Beziehung endigt scine Wirkungskraft mit den nicht weiten Grenzen seines Organs. Hr. Klein arafterisirt sehr interessant im Kleinen, aber es gelingt ihm nur in einzelnen Momenten, den boben Shwung und überlegenen Geift voll zur Geltung zu bringen, der den Karl niht nur zum Herrn seiner Bande mat, sondern der es unternimmt, Shicksal spielen oder besser das Shicksal meistern zu wollen. Nichfks desto- weniger kann die Leistung als einheitlih künstlerishe bezeinet werden; in dem Rahmen des Zusammenspiels trat Karl zwar als bedeutendste Person der Handlung, aber nie- mals aufdringlich hervor. Hr. Arendt gab den Franz mit weiser Mäßigung; er Ließ fast mehr den auf Abwege geratbenen Grübler, als den BVBösewiht in Wesen und Maske bervor- treten ; dabei feblte es ihm nicht an ergreifenden Momenten und feine [raftigere Stimme gab ihm in Rücksiht auf die Wirkang des ganzen Stückes fast ein niht wünschen8werthes Uebergewicht über die Gestalt Karl’s. Die Amalia spielte Frl. Baumgart zuglei Fraftvoll und vornehm, mit innigem Gefühlston und Lebers- wahrheit, Die Hrrn. Krausneck, Nollet, Eckert, Basil aaben jeder an seinem Plat ihr Bestes; Kosinsky wurde von Hrn. Ulri ch recht erfreulih dargestellt, wenn auch scin erstes Auftreten und die Erzählung seines Scicksals etwas zu theairalisch erschien und der Daríteller noch etwas mit der Sprache zu kämpfen schien. Das rei beseßte Haus folgte der Aufführung mit regster Theil- nahme und gab seinem Beifall in zahlreihen Hervorrufen Ausdruck.

Lessing-Theater.

Am Sonnakend gelangte Adolf Wilbrandt's Swauspiel „Neue Zeiten“, „welches sich die Aufgabe stellt, die aroßen unsere Zeit bewegenden sozialen Probleme in einem Bilde aus dem Leben in dramatisher Form vor uns zu entwickeln, zur ersten Aufrührung. Wenn ein den Zeitgenossen als echter Diter gleih vornehm von Geist wie von Gemüth bekaunter Schriftsteller mit einer neuen Arbeit an die Oeffen!lichkeit tritt, so sind die Erwartungen des Publi- kums begreifliherweise außergewöhnlih bo gespznnt. Der vorgestrige Abend erfüllte aber nur in seinem ersten Theile alle auf ihn geseßten Hoffnungen. , Die Exposition des neuen Stückes ist eine tebnisch, meisterhafte; die Handlung sent voller Leben und Grische ein, ein geiftvoller Dialog und die edle, warmberzige L:bensanschauung, auf wel%e der Dichter es erkennbar abzielt, gewinnen \chnell die leb- hafteste Theilrahme, handelt es sich doc um Fragen, an deren Lösung die Edelsten unserer Ze:tgenossen mitzuarbeiten niht für zu gering abten. Leider halten die folgenden Akte fast ni§ts von dem, was man im ersten vermuthen darf; die aufgeworfenen wirthschaft- lien und gesellshaftlihen Fragen bleiben ungelöft, ja, sie werden nit einmal der Lösung nahe gebracht, sondern der von großen Gisi&{tspunkten auëgchende uxd getragene erste Abschnitt der Handlung scheint gleich- fam geistig unverwandt mit seiner Fortsctzung, die si in eine harm- lose, wenn au in dem gegebenen Zusammenhange nicht unintercssante Liebesgeschichte auflöst. Schon in dem dur lange Reden über- mäßig ausgedehnten zweiten Aufzuge erlahmte das Interesse der Zuschauer, denn der im Anlauf des Gedankenganges so treffflich an- gedeutete Weg, wie auf fozialem Gebiet ein Ausgleich der großen Unterschiede erreiht werden könne, wird niht um einen Schritt fort- gefeßt, und na dem dritten Akte war der Beifall, der dem Stü zu Theil wurde, kein einheitliher, vielmehr ward lebhafter Wider-

Ipruch hörbar.

Adolf Wilbrandt hat \sich dem Einfluß der jüngsten Strömung in der Entwœicklurg der dramatischen Kunst, der sogenannten naturalistis&en Sule, nit ganz entzogen; aber er hat es weislich vermieden, das abschreckend Hâäßliche auf die Bühne zu bringen. Der Dichter zeigt, was die Wohlhabenden und Gebildeten thun follen, um den fozialen Ausgleich der vershiedenen Volksklassen herbeizuführen ; aber man vermißt den Nahweis, welhe Erfolge denn run erzielt worden sind oder wenigstens in siberer Ausfiht stehen. Zum Verkünder feiner Arsibten, seiner Gedanken und feiner Menscen- liebe wählt der Dichter die Figur des Ulrich Edard, cinen menschenfreundlihen, aber bis zur Grobbeit aufrichtigen Fabrikbercn : ibm legt er die bedeutenden und berzbeweglihen Reden in den Mund, welche die Verkündigung zum Zweck haben, daß es erstens, nach des neuerlih berühmt gewordenen Amerikazers Bellamy Grundsagz, keine MNichtsthuer mehr geben soll ; zweitens verlangt er großberzige Frei- gebigkeit von ten Reichen, welche dadurch das Gefühl der Bruder- liebe praktis bethätigen sollen, ohne daß jedo ibre persönliche eFreiheit beeinträhtigt werde; er fordert ferner, daß jeder Arbeit ihr Lohn werde, jeder Krankheit ihre Pflegestätte, dem Alter eine Rukbe- stätte bereitet sei; er will das Leben des Arbeiters mit Schönheit Umgeben, ihm freundlihe Stätten bauen zur Erholung für Geist und Körper.

Von diesen humanitären Ideen Eckard's wird eine nit mehr ganz junge Wittwe, Frau Paula Dolberg, zu edler Thatkraft und Metitarbeit begeistert. Wie diese beiden bis dabin vollftäudig gegen- fäßlihen Seelen sh lieben lernen, bildet den baupt'ä&lichen Inhalt der zweiten Hälfte und zuglei den weniger gelungenen Theil des Schauspiels. Das Stück ist angelegt auf ein großes Zeitgemäide, zerfließt und zerstäubt aber vollständig in der übershwängliwen Empfindsamkeit eines verliebten Paares. Was zuerst im Vordergrund ftand, die große weltbewegende Jdee, muß zum Schluß rein ver- fönlihen Empfindungen weichen. Dabei sind die Episoden, welbe die Vereinigung der Liebenden herbeiführen, nicht einmal glücklich ge- zeichnet; Wilbrandt, sonst ein Meister in der p'ycholozischen Ent- widelurg der Charaktere, greift hier zuleßt zu allerhand Unwahr- \feinlidfeciten und Seltsamkeiten, um den Abscluß der Handlung Herbeizuführen; wiederholt wundert man sih über unbegründetes und unverftändlihes Kommen und Gehen fast aller handelnd auftretenden Personen in dem Familienzimmer des alten Iunggefellen Ulrih Eckarcd ; besonders wirft das Einschlafen der &r. Dolberg in diesem Zimmer geradezu befremdlich und an ernster Stelle komis%. Ein in Bezug auf ihren innigen Verkehr mit Ulrich SEckard verleumderisher Brief, welhen man der Wittwe gescickt, veranlaßt diese, Nath und ZTröstung bei dem Freunde zu suchen; da fie ihn nicht dabeim findet, fhreibt sie ihm in der Erreguzg schnell einige Zeilen und \@läft ein. Im lezten Akt dreht sich fast Alles nur noÿ um die Liebeuden. Die großen Thaten, welche den „neuen Zeiten“ ent- springen und \{öneren Tagen entgegen blühen sollen, sind fast vergessen; nur einem Arbciter gegenüber, der für empfangene Wohl- tbaten Dank zu sagen kommt, hält Ulrih Eckard noch einmal cine Rede, in welcher er auf die Theilnahme hinweist, die die Arbeiter in allen Klassen der Gesellshaft gefunden haben, und die au in allen Tünstlerishen Bestrebungen, in der Malerei, in der Dichtkunst zu Tage tritt. : :

Um die beiden Haupitpersonen gruppirt sich eine große Anzahl von Nebenpersonen, jede fein und sorgfältig gezeichnet, welche aber oft genug mehr störend als fördernd in den Gang der Handl g ein- greifen. Als Trägerin des Humors erfreute si besonders die Gestalt der Allerweltstante Molly der warmen Sympathien des Publikums, umsomehr, als diese Tante von Fr. Wilbrandt-Baudius mit berzliher Wärme im Ton, mit liebenswürdiger Bewegli(keit in den Gesten gespielt wurde; sie trug beinahe den größten Theil zum Erfolge, soweit ein solcher erzielt wurde, bei, und je mehr ihre ar.heimelnde Persönlihkeit im Schauspiel und auf der Bühne zurück- trat, um so mehr {chwäHte si auch die Theiinahme der Zuschauer ab, trogdem die Allerweltêtante in den eigentlihen Gang der Haupt- bandlung wenig eingreift. Außer der Tante Molly hat noch ein junger, ewig Anlcihen mahender Nichtsthuer, Oskar Eckard, der Neffe

fführungen gegenüber im Wesentlihen unver-

Ulrih'8, für die Heiterkeit des Publikums zu \orgea; Hr. Schönfeld

entledigte fch dieser Aufgabe mit vielem Geshick; aber die \ch{ließ- liche ernsthafte Umkehr glaubhaft zu machen, gelang ihm lies

Die Darstellung erhob sich über die auf dieser Bühne ge- wöbnten Dur{scnittsleistungen. Fr. Wilbrandt - Baudius ift schon in ibren Leistungen gebührend anerkannt worden. Die Rolle der Frau Dolberg spielte Frl. Det v empfindungs- voll, wenn auch manhmal etwas zu pathetisch im Ton; Frl. Palm empfabl sich durch die Wiedergabe einer etivas burschifo3 angehauchten Naiven und Fr. v. Pöl lnigt rief lebhaften Beifall in einer kleinen Nebenrolle hervor. Die männli§e Hauptrolle, die des Ulri Eard, lag in den Händen des Hrn. Klein, und ein so treff-

Künstler konnte der Belebung dieses humanen aber groben Menschenfreundes nur dienlich sein; man füblte ftets das warme edle Herz hinter der raußen Außenseite s{lagen. Au die kleineren Partien fanden tüchtige Vertreter, sodaß von einec glüdcklihen Gesammtleistung gesprohen werden kann. Der Beifall, welcher nah dem ersten Akte seinen Höbepunkt erreicht hatte, ‘galt nach dem zweiten und dritten Akte besonders den Darstellern. Der Dichter ersien nah dem ersten Aufzuge mehrmals, und au einmal na dem legten auf der Bühne. :

Friedrih-Wilbelmstädtishes Theater.

Der Zudrang am Sonntag war ein ganz außerordentlicher, und wenn au für Diejenigen, welche fih“ an diesem Abend glüdlih ein Billet gesichert batten, die „Puppenfee*“ den Hauptmagneten bildete, so gelangte doch au die neu einstudirte „Leichte Kavallerie“ volls ständig zu der von ihr erwarteten Wirkung. Der Erfolg dieser zwei- afktigen, musikalisch reizvollen und în der Handlung dur Humor und Gemüth fesselnden Operette des Meisters Suppé war ein durSshlagender, im Einzelnen sowohl wie im Gaszen. RNeichsten Beifall erzielten die flotten, \chmucken Husarench{öre, und die choreographische Einlage des von der Balletmeisterin Frl. Lilé arrangirten großen, vom Corys3 de Ballet auêgeführten Czardas, mit echtem ungaris{en Feuer getanzt, erwies si als eine sehr qlüdfliche Bereicherung. Die Hauvptdarsteller, namentlich Sophie Offeney als Vilma, der neue Tenor-Debütant Hr. Spielmann aus Graz als Herrmann, Binder- Janos und die lustigen \lovakishen Spiefß- bürger mit ihrem Bürgermeister Bums, Hrn. Eduard Steinberger, und dem radikalen Oppyositionsmann Imbzr, Hrn. Hanno an der Spitze, wurden vielfa ausgezeiGnet. Besonderen Dank verdiente Frl. Wagner, die muthig an Stelle des erkrankten Frl. Angelv die Rolle des Stephan \{chnell übernommen batte und fehr wirksam

durchfüßrte. Residenz-Theater.

Okwohl die Direktion die Wintersaison am vergangenen Sonnabend nit mit einer Novität einleitete, wzr das Haus doch bis auf den [eßten Plas gefüllt. Es \cheint, daß die , Marquise“, die mit der 113. Aufführung diescs Sittengemäldes die vorige Saison abs{lofsen hatte, an Zugkraft noch nihts eingebüßt hat. Uebec das Sardou'ihe Werk, defsen frivoler Charakter zur Genüge bekannt ist, irgend ein fritiswes Urtheil zu fällen, verlohnt sih nit; daß es nach dem Geschmack vieler Zuschauer ift , bewies das beifällige Lachen, welches die laëciven Späße begleitete. Die Vor- stellung war insofern von Interesse, als fie in einigen Rollen eine Neubeseßzung aufwics. Frl. Frma Selken, die Nabfolgcrin von Rosa Bertens in der Darstellung der Marquise, ist siberlih eine fehr gewandte Schauspielerin, welche in derartigen Rollen ganz am Plaße erscheint; sie wird am Residenz- Theater noch genug Gelegen- heit baben, in ährlihen Partien weitere Proben ihres Talents abzu- legen. Ausgezeihnet war Hr. Direktor Lautenburg als Marquis; das blasirte Wesen des zerrütteten Lebemannes braSte er trefflih zur Geltung; da ersi vonUebertreibung fern hielt, so war seineLeiftung in jeder Hinsit eine künstlerisch fein durHgeführte. Ungenügend ift Hr. EgelL als Liebhaber; sein Organ ift viel zu {wach und beeinträchtigt sein sonst gewandtes Spiel. Au andere kleinere Rollen waren neu bes seßt; sie bieten aber ihren Darstellern so wenig Naum zur Be- thâtigung, daß ein Urtheil über die betreffenden Leistungen aus- ge\{lossen ist. Trefflih war wieder Hr. Panfa als Maire. Die übrigen altbewährten Kräfte des Residenz-Theaters waren glei dem soeben genannten Herrn in alter Frisde zuüdckzekebrt und batten be- rechtigten Antheil an dem Beifall, welher der Darstellung in reihem Maße gespendet wurde.

Kroll's Theater.

Luigi Ravelli’s zweite Gastpartie ist am Mittwoch der Manrico im „Troubadour“. Es dürfte noH in lebhafter Erinnerung fein, daß der glanzvollen gesanglichen Leistung des berühmten Tenoristen in dieser Partie ein fein-dramatisches ausdrucksvolles Spiel zur Seite ging, welches der Darstellung Ravelli’'s einen sehr ociginalen Reiz verlieh. Das zu’ orgen angekündigte große Vokal-Concertr des Erk’schen Männergesangbereins wird bei eventuell ungünstiger Witterung in den Saal verlegi und bildet alédann nah dem „Na cht=- lager in Granada“ den Abschluß des Fest-Abends.

l Belle-Alliance-Theater.

Die Direktion läßt es bis zum Schluß ter Sommersaison an Anstrengungen nicht feblen, dem Publikum immer Neues und Gutes zu bieten. So hat sie obwobl die Semmerbühne bekanntli berzi18 über eine ganze Anzahl bervorragender Svezialitäten verfügt die berühmte Rumänishe National - Kapelle Negrescu zu cinem sünftägigen Gastspiel gewonnen, und diese Kapelle wird morgen Abend anläßlich des zur Feier des Sedantages ver- anstalteten Großen Extra-Concerts si dem Publikum in ibrer malerischen Nationaltracht vorstellen und ihre Nationalmußik, Gesänge und Tänze zum Besten geben.

Die Abonnenten der großen Philbarmonischen Concerte unter Dr. Hans von Vülow's Leitung dürfte es interessiren, zu er- fabren, daß die Erneuerung bisheriger Abonnements bis zum 12, Sep- tember (incl.) bei der Concert-Direktion von H. Wolff, am Caris- bad 19, erfolgen muß Die Vorausgabe der Karten, welche bis spä- testens 5, Oktober abtgebolt werden müssen, beginnt für die Abonnenten am 17. September bei Bote u. Bod, Leipzigerstr. 37, woselbst au, wie in der genannten Concert-Direktion des Hrn. Wolff, Anmel- dungen neuer Abonnements entgegengenommen werden.

Mannigfaltiges.

Ueber die Fahct Sr. Majestät des Kaisers und Königs auf der „Hohenzollern“ von Kroastadt nach Memel wird der „Poft“ geschrieben: Die Mannschaften der Königlichen Yacht „Hobenzollern“ wifsen gar nit genug zu erzählen von der ftürmishen Fahrt, welche das Schiff auf der Rückehr aus Rußland zu besteben hatte. Erst fast ein Zusammenstoß mit einem Feuerschiff, (dann ein solcher Wind, daß das Haus auf Veck wie ein Kartenhaus binweg gehoben und zwishen Maschine und Radkasten eingeklemmt wurde. Einer von den wachthabenden Offizieren wurde wohl die Hälfte des Schiffes ent- lang geschleudert, die Matrosen wurden aus ibren Hängematten weit weg geshüttelt. Eine Weile erwies sih sogar die Arbeit der Maschine als ohnmä@tig. Der Kaiser kam aus seinem Schlafzimmer, nur den Mantel {nell übergeworfen, auf Deck, um in dem entseßlihen Unwetter und in der niht unbedenklichen Situation seine Befehle zu ertheilen; troß der Ermahnungen seiner Umgebung und troy der Gefahr, über Bord geschleudert zu werden, war Se. Majestät nit zu bewegen, sih eher in seine Gemächer zu begeben, als bis das Stif ¡einen Cours wieder einhalten konnte.

Die Königliche Porzellan-Manufaktur wird beute ilre neuen Geschäftsräume, Leipzi erstraße 2, beziehen, über welche wir der „N, A. Z.“ Folgendes entnehmen: Künstler und Handwerker haben sich vereint, um die neuen Ausftellungs- und Verkaufsräume in wür- diger Weise auszuftatten. Ganz unabbängig von der Leitung des äußeren Baues haben hier Architekt Sputh, Lebrer an der Königlichen Kunstschule, von welchem die Entwürfe berrühren, in Ver- bindung mit deùñ Direktoren der Manufaktur, Maler Kips und Dr, Heinecke, gewaltet. Die Architektur der Râume ist im Barodsthl durgeführt. Der Plafond des Ein=-

trittraumes, der von dem Modellmeifter der Manufaktur, Bildhauer