1890 / 211 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 02 Sep 1890 18:00:01 GMT) scan diff

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Mannschaften des 2. Bataillons des 7. Thüringischen Jn- fanterie-Regiments Nr. 96, dessen Chef Se. Durchlaucht ist, durch Höchstseinen persönlihen Adjutanten, Rittmeister von Müller einen aus Lorbeer und Eichenlaub gewundenen, mit einer Seife in den Landesfarben gezierten Kranz am hiesigen Krieger-Denkmal niederlegen lassen.

Deutsche Kolonien.

Se. Majestät der Kaiser hat, wie wir dem von der Kolonialabtheilung des Auswärtigen Amts herausgegebenen „Deutschen Kolonialblatt“ entnehmen, mittels Allerhöchster Kabinets-Ordre vom 5. Juli zu den Kosten des in Kamerun für die daselbst in Ausübung ihres Berufs verstorbenen Beamten, Offiziere und Gelehrten zu errichtenden Grab- denkmals einen Zushuß von 1000 M bewilligt.

Der Afrikaforscher Dr. Zintgraff hat mit dem Dampfer „Marie Woermann““, welcher am 1. September Hamburg ver- lassen hat, die Ausreise nah Kamerun angetreten. Derselbe beabsichtigt, sich auf der von ihm gegründeten Bali-Station niederzulassen, um die Erforshung des Landes fortzu- seven und zur Sicherung der Station eine Organi- sation der Binnenstämme herbeizuführen. Demselben sind zu diesem Zweck kommissarishe Befugnisse ertheilt. Er wird begleitet von dem Second-Lieutenant von Spangen- berg, à la suite des Füsilier:Regiments Nr. 73, welcher auf seinen Wunsch an der Expedition theilnimmt. Jn Kamerun werden si der gegenwärtig auf der Barombi-Station befind- liche Botaniker Dr. Preuß sowie die Expeditionsmeister Huwe und Carstensen anshließen. E

Der zum Orden der Pallotiner gehörige Pater Heinrich Vieter aus Kappenberg (Diözese Münster) wird sich nebst drei Priestern und zehn Laienbrüdern nah Kamerun begeben, um sich an der Missionirung des dortigen Schußzgebiets zu betheiligen. i ;

Jn Folge der zwischen Frankreih und Dahomeh herrschen- den Differenzen und der dadurch hervorgerufenen Unruhen ist das Archiv des Kaiserlichen Konsulats in Wyddah nah Lome im Togogebiet übergeführt worden. Ebendahin hat sich der mit der einstweiligen Verwaltung dcs Kaiserlichen Konsulats für Dahomeh betraute Kaufmann E. L. Witt begeben.

Lieutenant Herold ist am 6. Mai d. J. auf der Station

lisahöhe, Tegogebiet eingetroffen.

Der Landwirth Premier-Lieutenant a. D. E. Hermann, welcher von der Deutschen Kolonial-Gesellshaft für dw e st - Afrika zum Verwalter ihrer südwestafrikanishen Besitzungen ernannt worden ist, hat die Reise nah dem Schußgebiet an- getreten. Derselbe wird die Gründung einer landwirthschaft- lihen Versuchsstation und Auskunftsstelle sür deutscke An- Pee im südlihen Theile des Schußgebietes in Angriff nehmen.

Das „Deutsche Kolonialblatt“ Nr. 11 enthält ein Ver- zeichniß der bei der deutshen Schuyztruppe für Ost- Afrika angestellten Offiziere; es sind deren 44, worunter 12 Chefs; außerdem sind 13 Deckoffiziere I. Klasse und 3 Deck- osfiziere 11. Klasse, 11 Feldwebel, 11 Vize-Feldwebel, 22 Sergeanten und 63 Unteroffiziere vorhanden. Das Personal

der Flotte besteht aus 3 Kapitäns, 8 Deckoffizieren, 14 Unter- osfizieren und 3 Matrosen.

Ueber den Gesundheitszustand der deulshen Schußtruppe für Ost-Afrika in der Zeit vom 21. Mai bis 20. Juni be-

richtet das „Kolonialblati““ Folgendes: Das Verhältniß der Erkrankungen zur Gesammtsiärke der

Truppentheile war am günstigsten in Tanga. Es folgt die Besatzung der Swiffe des Reichs-Kommissariats, sodann die Garnison Sansibar und demnäd;st die Stationen Saadani, Pangani, Vagamoyo, Dar- es:Salaam, Mikindani, Lindi und Kilwa.

Malaria-Erfraxkungen kamen in Tanga nit vor. Bei der Be- fatzung der Schiffe und in Saadani litten an Malaria je 1,4% der Gesammtstärke, in Sansibar 2,7 9/0, in Pangari 59/0, in Bagamoyo 27,2%, iu Dares-Salaam 36,9 0/0, in Mikindani 37,3%, in Lindi 40,59% und in Kilwa 46,8 9/0,

Für die Europäer waren die Zahlen der Erkrankungen in Prozenten folgende: Tanga 0%, Besaßung der Schiffe 3,6 9/6, Sansibar 13,0 %6, Saadani 14,3 %/0, Pangani 28,6 %/0, Lindi 27,7 %/0, Kilwa 29,4 9/0, Bagamoyo 4409/0, Dar-es-Salaam 46,2 %/o, Mikindani 81,29%

In Dar-es-Salaam starben 2, in Lindi 5 \{chwarze Soldaten am Fieber. In Kilwa starben 2 Schwarze am Fieber und 2 an Dyzsenterie, in Mikindani 4 am Fieber und 1 an Lysenterie.

Der mangelhafte Gesundheitézustand auf den südlichen Stationen Kilwa, Lindi und Mikindani ist wohl tkeils auf die nothwendigen baulihen und Erdarbeiten, theils auf den Umstand zurückzuführen, daß auf dieselben die Mannschaften der Expeditions8-Corps vertheilt wurden, welche bedeutende Anstrengungen durchzumaen gehabt batten. Uebrigens hatte der Gesundheitszustand daselbst in der leßten Hälste des Juni in Folge der fortgeschrittenen baulichen Einrichtungen und der beginnenden befseren Jahreszeit si bereits günstiger gestelit. Die auf den Stationen Kilwa und Mikindani vorgekommenen Dysenteriec- fälle find auf das s{chle{chte Trinkwasser zurüc{zusühren. Diesclben machten umfangreiche Desinfektionen nothwendig.

Von Mîipuapua liegen genauere Beri®te niht vor. Da die Hoff- nung, daselbst ein gutes Trinkwasser zu finden, niht in Erfüllung ge- gangen ist, so ist, um der Dysenterie, der Plage Mpuapuas, mit Grfolg entgegenzutreten, * die Anschaffung eines größeren Oestillir-

apparates für die Station ins Auge gefaßt worden.

Ueber die Sliation Mkwadja gehen bescndere Gesundheitsbericte nit mehr ein, da die Besagung dersclben auf etwa 20 Mann be- schränkt und Sanitätépersonal dort nit mehr garnisonirt ist.

Die ostafrikanischen Häfen Tanga und Pangani sind mit Bojen versehen worden. Die Betonnung der süd- licher gelegenen Häfen wird demnächst exfolgen.

Oesterreich -Uugarn.

Wien, 2. September. Jhre Kaiserlihe und Königliche Hoheit die Kronprinzessin-Wittwe, Erzherzogin Stephanie tritt nah dem „Prag. Abdbl.“ heute ihre Reije nah der Schweiz an. Jhre Kaiserlihe und Königliche Hoheit die Prinzessin Gisela von Bayern hat sich am 30. v. M. mit ihrer Familie von Zshl nah Vünchen begeben.

Großbritannien und Frland.

London, 2. September. Jn einer am Sonnabend auf der Jahresversammlung des landwirthschaftlihen Vereins von Barrow-in-Furneß gehaltenen Rede erklärte si der Marquis von Hartington, der „A. C.“ zufolge, nicht für einen unbedingten Anhänger der Alotments, d. h. der eigen- thümlichen Ueberlassung von kleinen Grundstücken an land- wirthschaftlihe Arbeiter zur eigenen Bebauung. Das Bedürfniß für diese Neform sei niht in allen Theilen Englands das- jelbe. Wo es bestehe, wäre es natürlich unsinnig, die darauf gerichteten Vestrebungen zu entmuthigen. Die Haupt-

e

Arbeit und gute Löhne, und namentlich im Norden En Is mache fih das Verlangen nach Ackerbesiz nur in geringem

Maße geltend. Frankreich.

Paris, 2. Soptember. Die gestrigen Abendblätter ver- öffentlihen einen Brief des Conseil-Präsidenten und Kriegs- Ministers de Freycinet, in welhem derselbe auf eine Anfrage des Deputirten Bartissol erklärt, die Aufhebung oder Verringerung der Garnisonen kleinerer befestigter Pläße in den Ost-Pyrenäen sci durch die Nothwendigkeit veranlaßt, die Streitkräfte an der exponirteren Grenze zu vermehren und die Truppen besser ausbilden zu können.

Ftalien.

Nom, 2. September. Der König von Griechenland ist, dem „W. T. B.“ zufolge, gestern in Venedig eingetroffen und sofort nah Berlin weitergereist.

Der Stapellauf der „Sardegna“ iff, wie das „Prag. Abdbl.“ mittheilt, auf den 21. September fest- geseßt. Da sih der König zu dieser Zeit in Florenz befinden wird, um der Enthüllung des Viktor Emanuel-Denkmals an- zuwohnen, beauftragte er den Herzog von Genua, ihn bei dem Stapellauf des genannten Schiffes zu vertreten.

Portugal. Lissabon, 2. September. Die Krankheit des Königs wird, dem „W. T. B.“ zufolge, als typhöses Fieber bezeichnet. Es liegen jedoch keinerlei beunruhigende Symptome vor, viel- mehr hat sih das Allgemeinbefinden ge bessert.

Velgien. Brüssel, 2. September, Der Major von Wissmann ist, a „W. T. B.“ mittheilt, gestern Nachmittag hier ein- getroffen.

Bulgacien.

Sofia, 1. September. Anläßlih des Jahrestages der Thronbesteigung des Sultans sandte, wie das „Corresp.- Bureau berichtet, der Prinz Ferdinand dem Sultan telegraphisch seine Glückwünsche. ‘Der Minister-Präsident Stambulow bat in einem Telegramm den Groß vezier, dem Sultan die Glückwünsche der bulgarischen Ne- gierung zu unterbreiten.

Schweden und Norwegen.

(F) Stotholm, 30. August. König Oskar ist gestern, nahdem er den Truppenübungen bei Drontheim beigewohnt, über Oestersund hierher abgereist, während der Kronprinz sich nach Christiania begeben hat, um der Königin einen Besuch abzustatten.

Die Bruttoeinnahmen der Staatsbahnen bis Ende Juli betrugen 12 766 985 Kronen und die an das Staats- comtoir abgelieferten Uebershüse 3 900 000 Kronen oder resp. 236 397 Kronen und 300000 Kronen weniger als in der gleichen Zeit des Vorjahres.

Amerika.

Vereinigte Staaten. Washington, 1. September. Der Kongreß hat das Gesetz, betreffend den Zusammenstoß vonSchiffen auf See, angenommen.

Der Senat nahm bei der fortgeseßten Berathung der Tarifvorlage nah den Vorschlägen der Finanz-Kommission die Amendements an, in welchen der Zoll für Wolle und wollene Fäden auf das Zweieinhalbfahe des Zolles für nicht gewaschene Wolle und der Zoll auf wollene Tücher und Tricotartikel auf das Dreifache desjenigen für nicht gewaschene Wolle festgeseßt wird. / °

Das Repräsentantenhaus genehmigte am Sonn- abend eine Verschärfung des Gesetzes über das Ver- bot des Abschlusses von Arbeitskontrakten im Auslande. Nach der jeßigen Fassung des Gesetzes is es auch strafbar, mitzuwirken bei der Einwanderung von Ar- beitern, welhe sih kontraktlih verpflichtet haben. Aus- genommen von den Bestimmungen des Gesetzes sind Geistliche.

Die Feier des Sedantages.

Zum zwanzigsten Male erneuert sih das Gedächtniß an den großen Tag, an welchem unter König Wilhelm's Führung die deutschen Heere jenen blutigen Sieg erfochten, der von dem deutschen Volke"als die eigentlihe Geburtsstunde des neuen Reichs betrachtet und alljährlih gefeiert wird.

Heute wenden sih die Gedanken aller Deutschen zurück zu der ersten frohen Kunde, welhe König Wilhelm von dem großen Ereigniß an Seine nunmehr auch in Gott ruhende Gemahlin in die Heimath sandte. Von dem „Schlachtfelde von Sedan“, 1, September 3!/4 Uhr Nachmittags, datirt die erste Depesche : ; :

„Seit 1/8 Uhr siegreich fortschreitende Schlacht rund um Sedan Garde, IV., V., XI,, XII. Corps und Bayern Feind fast ganz in die Stadt zurückgeworfen. Wilhelm.“

Die zweite lautete:

„Der Königin Augusta in Berlin. j

Vor Sedan, den 2. September 1/22 Uhr Nachmittags. Die Kapitulation, wodurch die ganze Armee in Sedan kriegs- gefangen, is soeben mit dem General Wimpfen geschlossen, der an Stelle des verwundeten Marschall Mac Mahon das Kommando führte. Der Kaiser hat nur sich selbst Mir er- geben, da er das Kommando nicht führt und Alles der Regent- schaft in Paris überläßt. /

Seinen Aufenthaltsort werde Jch bestimmen, nachdem Jh ihn gesprochen habe in einem Rendezvous, das sofort statt- findet. Welch! eine Wendung durch Gottes Führung!

Wilhelm.“

Dankbaren Herzens wenden sih heute die Blicke zum Himmel, der den deutshen Heeren Ruhm und Sieg verliehen, dankbaren Herzens aber auch zu dem Undenken des großen Kaisers und seines erhabenen Sohnes, des Kaisers Friedrich, welche das Deutshe Reich geschaffen und die dem deutschen Volke in diesem Reih das heiligste Ver- mächtniß hinterlassen haben. Dankbar gedenken wir heute der Segnungen des Friedens, welher nunmchr seit fast zwanzig «ahren dem Volke beschieden ist, dankbar abcr auch der glück- lihen Entwicklung des Neichs, die sih nah dem Wahr- spruch des großen Kaisers: „Allzeit Mehrer des Neichs“/ sein zu wollen, „nicht an fkriegerishen Eroberungen,

sondern an den Gütern und Gaben des Friedens auf dem

zogen und welche unter der gesegneten Regierung Sr. Majestät des Kaisers und Königs auh während der leßten zwei Jahre so {chöne Früchte gezeitigt hat.

Möchte in diesem Wunsche oereinigen si heute die Gebete aller Deutshen diese glücklihe Entwicklung auch fernerhin, nah innen wie außen, ih fortsegen und in dem deutschen Volke stets das Bewußtsein lebendig bleiben, daß Einigkeit, Pflichtgefühl und Opferbereitschaft, wie sie uns die großen Güter errungen haben, so auch für ihce Erhaltung und Vertheidigung allzeit nothwendig sind.

In der Hauptstadt des Reichs hatten heute aus Anlaß des Tages die öffentlichen und viele private Gebäude festlichen Schmuck angelegt. Jn den Schulen wurden Vor- mittags Festakte abgehalten und in Wort und Lied auf die Bedeutung des Tages hingewiesen. Jn den öffentlihen Lokalen werden von zahlreihen Vereinen festliße Veransialtungen getroffen, und des Abends steht eine Jllumination in Aussicht, zu welcher die bengalishe Beleuch- tung des Rathhauses das Signal geben wird.

Von außerhalb sind bis jeyt folgende Nachrichten des „W. T. B.“ eingetroffen :

Stettin, 2. September. Die zwanzigste Wiederkehr der Sedanfeier wird heute in hiesiger Stadt besonders festlich begangen. GlocckÆengeläute von sämmtlichen Kirchen leitete die Feier ein. Jn den Lehranstalten wurden Festandachten gehalten. Die Bureaus der Behörden und viele Geschäfte sind geschlossen. DieHäuser der Stadt und die Schiffe im Hasen sind mit Flaggen und Laubgewinden festlich geshmüdckt. Am Nach- mittag findet Seitens sämmtlicher Kriegervereine, der Gewerke und anderer Vereine ein großer Festumzug statt, an den sih„ein Feldgottesdienst im „Fort Wilhelm“ an- schließt. Für den Abend is ein allgemeines Volksfest in Aussicht genommen.

Posen, 2. September. Unter Theilnabme der Spitzen der Behörden wurdén heute in den Schulen Festakte und in den Kirchen Festgottes dienste abgehalten. Sämmtliche städtische sowie staailihe Bureaus sind geschlossen. Die Stadt hat Fiaggenshmuck angelegt.

Bromberg, 2. September. Die d des Sedantages ist mit Festgotlesdienst und festlihen Akten in den Schulen begangen worden, die Stadt hat festlichen Shmuck angelegt. Der weiteren öffentlichen Feier wurde durch strö- menden Re.en Eintrag gethan.

Breslau, 2. September. Der heutige Tag wurde hier in gewohnter Weise festlich begangen. Zur Vorfeier war gestern ein imposanter Fa ckelzug veranstaltet worden. Für die beute Abend stattfindende Jllumination werden die umsfassendsten Vorbereitungen getroffen.

Halle a. S., 2. September. Die Stadt hat reichen Festschmuck angelegt. Feierlihes Glockengeläute sämmt- liher Kirhen und sodann Musik vom Balkon des Rath- hauses leiteten die Festlichkeiten ein. Jn der Marienkirche fand sodann der Festgottesdienst statt, Behörden Theil nahmen. Am Nachmittag findet in Freyberg's Garten ein Volks fest statt. :

Kassel, 2. September. Die Feier des heutigen Tages wurde diesmal in größerem Maßstabe als in früheren Jahren begangen. Ein Festzug, an welhem sih sämmtlihe Schulen, Krieger- und andere Vereine, die Feuerwehr sowie Vertreter der Behörden betheiligten, bewegte sich durh die reih- ges{müdckten Straßen nach dem Bowlingreen. Dort wurden patriotishe Lieder gesungen und eine Festrede vom Pfarrer Opper gehalten. Abends findet ein Lampionzug statt.

München, 2. September. Die diesjährige Feier wurde gestern früh durch Musik vom Balkon des Rathhauses eingeleitet. Am Abend fand in der Halle des Bürgerbräus eine Festfeier stalt, an welcher die Bürgermeister und etwa 3 Personen aller Par- teien und Berufsklassen Theil nahmen. Rechtsanwalt Duerk hielt die Festrede, die mit jubelnd aufge- nommenen Hóchs auf Se. Majestät den Kaiser und Se. Königliche Hoheit den Prinz-Regenten {loß. Die Ver- sammlung sang „Die Wacht am Rhein“. Jn vielen Vereinen For besondere Feierlichkeiten stati. Die Börse blieb ge-

ossen.

Dresden, 2. September. Die Stadt, der Altmarkt mit dem Siegesdenkmal, prangt ‘in reichem Festschmudck. Am Nachmittag findet da- selbst eine Festfeier statt, bei welcher Konsistorial- Raty Benz die Festrede hält. Nach dieser Feier erfolgt der Abmarsh des Festzuges, an dem sich gegen 15 000 Personen betheiligen werden, nah dem Park der Waldschlößchen-Brauerei, woselbst eine weitere Feier, bestehend in Gesangsvorträgen, Concert, Ansprachen und Feuerwerk staltfindet. Die Börse ist geschlossen. z ;

Stuttgart, 2. Soptember. Die Nationalfeier hat bereits Sonntag mit festlihen Gottesdiensten in allen Kirchen begonnen.

Karlsruhe, 2. September. (W. T. B.) Zur Vor- feier des Sedantages war gestern Abend in der Festhalle eine große Bürgerversammlung veranstaltet, in welcher außer Musik: und Gesangsvorträgen eine Festrede ge- halten wurde. Heute früh wurde Salut gefeuert und Choralmusik geblasen. Hierauf wurden beim Krieger- Denkmal Kränze niedergelegt und die Gräber der 1870 und 1871 hier gestorbenen Soldaten geschmüdckt. Die

Stadt ist festlih beflagat, das Wetter sehr schön.

Darmstadt, 2. September. Wie alljährlih wurde so- wohl hier wie im ganzen Großherzogthum der Sedan- tag festlich begangen. Nachmittags findet außerdem hier auf dem Exerzierplaß ein Jugend- und Volksfest statt.

Nostock, 2. September. Der heutige 20. FJahres- tag der Kapitulation von Sedan wurde Morgens dur Glocckengeläute von allen Kirchen eingeleitet. Vor- mittags fanden Schulakte und dann Festgottes- dienst statt, an dem die Behörden Theil nahmen. Mittags war Wiusikk vom Rathhause. Um 1 Uhr wurden auf dem Rosengarten 101 Kanonenschüsse abge- feuert. Nachmittags findet Festzug der Korporationen und Vereine nah den Barnstorfer Anlagen statt, woselbit Volks- belustigungen veranstaltet werden. Die Schiffe im Hafen wie die Häuser der Stadt sind rei beflaggt. h :

Weimar, 2. September. Die Sedanfeier wurde hier gestern Abend durch einen Fackelzug und die Veranstaltung von Gesangs- Aufführungen eingeleitet. Heute fanden Fest-Gottesdien ste statt; ferner wurden Schulfeierlich-

namentlih

fache bliebe jedoch für die Mehrzahl der Arbeiter beständige

Gebiete nationaler Wohlfahrt, Freiheit und Gesitiung“ voll-

keiten, sowie ein Festzug veranstaltet.

an dem die -

*

“Eisenach, 2. September. Der Sedantag is hier überaus festlih begangen worden. Jn den Kirchen fanden Fest - gottesdienste, in den Schulen Festakte statt, an welche sih ein Festzug s{loß. Für den Abend sind Fest-Kommerse veranstaltet, auf den L werden Freudenfeuer angezündet.

Bremen, 2. September. Zur Feier des heutigen Tages fand Vormittags Fest gottes dienst im Dome statt. Um 111, Uhr Vormittags begann unter zahlreicher Betheiligung der Einwohner- schaft die Feier auf dem prächtig geschmückten Marktplaß. Der Senat und das Richterkollegium waren dazu im Rat hause, die Handelskammer im Schütting (Gildehaus der Kaufleute) ver- jammelt. Die Bürgerschaft, die Gewerbekammer, die Kammer für Landwirthschaft, die in Bremen anwesenden Reserve- und Landwehr-Offiziere, die Vorstände der militärishen Vereine fowie die Vereine selbst nahmen Aufstellung auf dem Markte, ebenso der aus Schülern, Innungen und Kor- porationen bestehende Festzug mit Fahnen und Emblemen. Nach dem allgemeinen Gesange des Chorals: „Nun danket Alle Gott“ trug der Bremer Männergesangverein mehrere Gesänge vor. Daran schloß sich ein dreimaliges be- geistertes Hoh auf Kaiser und Reih. Zum Schluß wurde von der ganzen Menge „Heil Dir im Siegerkranz“ gesungen. Hierauf bewegte \sih der Festzug unter Kanonendonner und eFestgeläute dur die Stadt nah dem Kriegerdenkmal, woselbst Kränze niedergelegt wurden. Nachmittags finden Volksfeste auf dem Schüßenhof und in der Ausstellung statt.

Kunst und Wissenschaft.

Die Kunst-Aus stellung von Schulte. (Unter den Linden, Berlin.)

Die Kunsthandlung und Ausstellung von Schulte is} kürzlich durh dez Besuh Jhrer Majestät der Kaiserin aeehrt worden. Es befinden sich zur peit sehr interessante Werke daselbst. Eine Perle der Ausste ung sind „Die er- zürnten Schachspieler“ vom Altmeister Vautier. Ein Geist- liher, vermuthlich stehender Gast eines wohlhabenden Bürgers, hat sich, vielleicht über die Raubgier seines Partners, geärgert ; er hat jo ans Brett gestoßen, daß die Figuren in wirrem Durcheinander auf und neben einander liegen, dann eine Zeitung ergriffen, um die erregten Nerven zu besänstigen ; denn „es bleibt doch das Beste, Frieden zu {ließen ; einen geeigneten Widerpart in dem kleinen Städtchen zu finden ist schwer, vielleiht unmögli.“ Der behäbige Haus- und Realitätenbesißer seinerseits hat denselben JIdeengang ; nur greift er zur Dose, der gewohnten Trösterin, und sinnt über die Friedenspräliminarien nach; denn Frieden wird geschlossen werden, sonst wäre der Geistliche längst weg- gegangen, und Vautier hätte nur eine, stait zwei Figuren zu malen brauchen. Das Bild ist ein Meisterwerk, sowohl in geistreiher Charakteristik wie Zeihnung und Farbengebung. Kiesel isst mit einer sehr sauber à la Beer gemalten Mandolin-Spielerin vertreten. C. von Merode hat in meisterhafter, höchst pikanter Technik eine alte Verkäuferin gemalt. Von Knaus, diesem vortrefflihen Schilderer der Kinderwelt, wovon sein „Kinderfest“ im Berliner National- Museum genügend Zeugniß ablegt, ist eine Bleistiftzeihnung, ein kleines Mädchen vom Lande darstellend, eingesandt. Der Münchener Seitz stellte ein kleines Gemälde „der Besuch des Pfarrers“ aus, welches in unendlih liebevoller Weise durchgeführt ist. Leider bewahrt dieser große Fleiß die meisten Werke des Meisters nicht vor einer ge- wissen Kälte des Farbtons. Man wünschte ihnen ein wentg von dem Ssfumato der Niederländer. Fagerlin Tchickte ein größeres, sehr gut gemaltes Bild ein. Leider ist das Thema nicht deutlih ersichtlich. Vermuthlih ist ein junger Matrose neu zum Dienst eingezogen und nimmt Abschied von den Angehörigen. Niczky's „Frühlingszeit“ stellt zwei lustwandelnde Damen aus dem Mittelalter vor, ein Thema, welhes schon öfter behandelt worden ist. Böcklin's „Sdylle am Seegestade“, welhe dur thren Halbton einshläfernd wirkt, von Bochmann „Landschaft mit Gesährt“, Sohn „vor dem Masken- ball“, Seiler „der Gast“, ein sehr harakteristisch ge- zéichnetes Bildchen, Schulze mit einem im Kolorit fein empfundenen Gebirgssee, Ahenbach's „Dampfer Präsident“, der uns den Jammer der Menschen beim Schiffbruch schildert und dabei die übermähtige Natur in ihrem Zorn herrlich dar- zustellen weiß, Gamba's in malerishster Technik gegebene „Braut“, seien nur kurz erwähnt. Eine entzückende farbige Zeichnung ist das Capriccio, welches Friy August Kaulbah, durch „Mikado“ inspirirt, geleistet hat. Die drei Chinesinnen tanzen auf einem Fächer den Fächer- tanz in Gegenwart des als ausgesprochene Karikatur dar- gestellten Mikado. Welches Leben und wie viel Kunst bietet nur allein das Köpfchen der durch ihren Fächer beschatteten und in lebhaftester Bewegung dargestellten Chinesin! Wahrlich nicht das geringste Kunsiwerk der Schulte'shen Ausstellung bilden diese reizenden three little maids of school, G. W. 0.

S Der Professor der Kirchengeshihte Dr, Wagenmann in Göttingen ift plößlich gestorben. Er befand sch, wie wir der -Nat.-Ztg." entnehmen, auf einer Ferienreise in Stuttgart bei Ver- wandten, machte von dort aus einen Besuch in Tübingen und wurde dort vom SŸílagfluß getroffen. Wagenmann twourde am 23, Novem- ber 1823 zu Berneck (Württemberg) geboren, studirte in Tübingen 1841—45, wurde 1846 Repetent in Blaubeuren, 1852 Diakonus und 1857 Archidiakonus und folgte 1861 einem Rufe als ordentlicher Professor der Theologie nah Göttingen. Bis 1878 gab er die oJahrbücher für deutsche Theologie“ beraus.

Land- und Forféwirthschaft.

Erntestatistik vom Jahre 1889,

„Ueber die Ernte des Jahres 1889 sind im „Iuliheft zur Sta- tifftik des Deutschen Reichs“ die Ergebnisse der endgültigen Ermitte- lungen veröffentliht. Darnach betrug die gesammte Erntemenge im Deutschen Reih an Weizen 2372413 t (zu 1000 kg), an Roggen 9 363426 t, an Gerste 1938419 t, an Hafer 4197124 t, an Spelz und Emer 299918 t, an Einkorn 3148 t, an Buch- weizen 123 097 t.

,_ Bei allen diesen Getreidearten, mit Ausnahme des Buchweizens, blieb der Ertrag des Jahres 1889 binter dem Durchschnitt der 10 Jahre 1879/88 zurück; in jenem Jahre wurden gewonnen vom Hektar Weizen 1,21 t Köcner (gegen 1,31 t im Dur({schnitt von 1879/88), Roggen 0,92 (0,98), Gerste 1,15 (1,30), Hafer 1,08 (1,14), Spelz und Emer 0,82 (1,19), Einkorn 0,68 (0,87), Buchweizen 0,61 (0,56), Ungünstig fiel auch die Ernte der Hülsenfrüchte aus; erzielt wurden durhshnittlich vom Hektar an Ecbsen 0,73 t (gegen 0,78 in 1879/88), Aerbohnen (Saubohnen) 1,29 (gegen 1,34), Witten 0,68

Dagegen war die Kartoffelernte eine gute: der Durch \chnitisertrag vom Hektar stellte sfich auf 9,12, in den Jahren 1879/88 nur auf 8,10 t; im Ganzen wurden 1889 geerntet 26 603 965 t Kartoffeln. Ebenso war auch bei den übrigen Hackfrüchten der Ertrag ein größerer als im Durch{shnitt des voraufgehenden Jahrzehnts, und zwar gaben die Runkelrüben, als Futterrüben, 1862 t vom Hektar (gegen 17,98 in 1879/88), andere feld- mäßig gebaute Rüben 8,07 (7,70), Auch die Futterpflanzen und Wiesen lieferten gute Erträge; es belief sich nämli der Ertrag, in Heu angeshlagen, bei Klee auf 321% vom Hektar (1879/88 nur 3,08), Luzerne 4,56 (4,31), Esparsette 3,17 (3,12), Serradella, Spörgel, Grass\aat aller Art 2 10 (2,06), bei den Wiesen Heu und Grummet zusammen 3,12 (2,97),

Die Handel8gewäch\e anlangend, fo ergab 1889 der Raps0,89 t Körner vom Hektar (1879/88 1,07), Hopfen 0,78 (0,55) t Frutt- zapfen. Die Weinernte erreihte mit 16,7 h1 vom Hektar niht den Jahresdur{\chnitt von 1878/88, der sch auf 19,4 hl berechnet.

j Die Eichenbefstände haben im Reg.-Bez. Arnsberg wie in früheren Jahren so au in diefem Jahre, wie uns von dort geschrieben wird, durch den Eichen- widckler derart gelitten, daß der erste Trieb so gut wie vernichtet ift E Bt Entwickelung der Eichenwälder nur auf dem zweiten Triebe eruht.

Wien, 2. September. Der internationale land- und forstwirthschaftlihe Kongreß ift, wie „W. T. B.“ meldet, heute unter dem Vorsiß des Landmarshhalls in Anwesenheit des Unterrichts- und des Ackerbau-Ministers eröffnet worden. Leßterer begrüßte den Kongreß und versicherte, die Regierung werde den Berathungen und Beschlüssen desselben das lebhafteste Interesse entgegenbringen. Vertreten bei dem Kongreß sind die Regierungen von Deutschland, Frankrei, Englano, Italien, Niederlande, Däne- mark und Süd-Auftralien, sowie viele landwirthschaftlihe Vereine dieser Staaten.

Sanitäts-, Veterinär- und Quarantäuewesen.

__Auh in der Woce vom 17. bis 23, August war der Gesund- heits\tand in Berlin kein günstiger und die Sterblichkeit eine bobe (von je 1000 Bewohnern starben, aufs Jahr berehnet, 32,1). Ins- besondere groß war wiederum die Zabkl der vorgekommenen Darm- katarrhe und Brecdurhfälle, die in 390 Fällen (gegen 333 der Vor- woe) zum Tode führten. Am zahlreisten erschienen diese Krank- beitsformen im Stralauer Viertel, auf dem Wedding, in der jenseitigen Luisenstadt und in der Rosenthaler Vorstadt, während sie in der Dorotheenstadt, FSriedrihstadt und in der Schöneberger Vorstadt nur vereinzelte Sterbefälle veranlaßten. Die Tbeilnabme des Säuglings- alters an der Sterblickeit war cine bedeutende, von je 1000 Lebenden starben, aufs Jahr berehnet, 252 Säuglinge. Etwas häufiger als in der Vorwoche kamen akute Entzündungen der Athmungs8- organe zum Vorschein, die auch in etwas größerer Zahl tödtlih endeten. Die Jnfektionskrankheiten zeigten dagegen meist ein selte- neres Vorkommen, und an Scarlah wurden etwas mebr Erkrankungen gemeldet. Erkra1 kungen an Diphtherie zeigten sich nur im Stralauer Viertel in nennenswerther Zahl. Erkrankungen an Masern und an Unterleibstyphus wurden in beschränkter Zahl zur Anzeige gebra(ht und zwar in keinem Stadithäil in größerer Zahl. Ein Todesfall an Podken kam zur Meldung. Rosenartige Entzündungen des Zell- gewebes der Haut und Erkrankungen an Wotenbettfieber blieben ver- einzelt. Erkrankungen an Keuchhusten haben abgenommen, die Zaÿl der Todesfälle fark auf 7. Rheumatishe Beschwerden aller Art zeigten gegen die Vorwode keine wesentliche Veränderung in ihrem Vorkommen.

Madrid, 1. September. „W. T. B.“ meldet: In den von der Cholera heimgesuhten Provinzen sind gestern 48 Personen an Cholera erkrankt und 20 gestorben.

Kairo, 1. September. Nah einer Meldung aus El Tor (Arabien) sind, „W. T. B.“ zufolge, dort 48 Cholera-Erkran- kungen und 18 Todesfälle vorçcekommen. In Mekka sci seit Dienstag kein neuer Fall mehr festge\tellt, die Epidem ie werde dort als erloschen angesehen,

Handel und Gewerbe.

Das italienische Ministerium des Jnnern hat in Ausführung des Art. 27 des italienischen Geseßes vom 22. Dezember 1888 über den Handel mit Geheimmitteln besondere Bestimmunçen erlassen, die sih sowohl auf die in Jtalien hergestellten, wie auf die dorthin zur Einfuhr gelangen- den Mittel der gedachten Art beziehen.

Danach dürfen Geheimmittel nur von Apothekern verkauft werden mit genauer Angabe ihrer Zusammensegzung, und zwar erfolgt der Verkauf unter Aufsicht der Sanitätsbehörde und nur auf ärztlihe Vorschrift. Auf den Etiquetten oder in den Anpreisungen an das Publikum darf dem Medicament eine besondere therapeutishe Wirkung oder Eigenschaft nicht bei- gelegt werden.

Die betreffenden Bestimmungen treten am 1. Januar 1891 in Kraft; jedoch ist die Einfuhr von Geheimmitteln, die niht den angegebenen Bedingungen entsprehen, aus dem Auslande schon jet untersagt.

Theater und Musik.

Königliches Opernhaus. _ Die gestrige Aufführung des „Tannhäuser“ auf unserer Königlichen Bühne war in ihrer Gesammtwirkung wie ia den Einzel- leistungen eine besonders erfolgreiche. Die Beseßung war in mebreren Rollen eine neue und viellciht mit einer Ausnahme eine sehr glüdlich:. An erster Stelle haben wir die \ckóne Leistung in gesanglicer und \{au- spielerisher Beziehung hervorzuheben, welche Frl. Malt en als Elisa- beth darbot. Die Künstlerin ist dem hiesigen Publikum bisher wohl nur als Concertfängerin begegnet, rechtfertigte aber alle in sie geseßten Hoff- nungen in reihem Maße durch Kraft und Wohllaut der Stimme, durch gefälliges Wesen und imponirende Erscheinung; besonders eindrucksvoil wußte die Kü:stlerin das Finale des zweiten Aktes zu gestalten, während wir bei dem Gebet im Schlußakt etwas mehr Wärme und Innigkeit erwarten durften. Hr. Gudehus, der den Tannhäuser sang ist gleidfalls als vortrefliher Künstler bereits bekannt. _ Gestalt und fünstlerishes Vermögen be- fähigen ihn gleihmäßig zu einer formvollendeten, eindrucksvollen Wiedergabe dieser Wagner'’shen Gestalt, voll Leidenschaft und \{wärmerisher Hingebung zugieih; man darf wohl fagen, daß die Leistung des Sängers sich von Scene zu Scene wirkungövoller ge- staltete und im dritten Aft bei der Erzählung seines Schicksals auf der Pilgerfahrt ihren Höhepunkt erreichte. Hr. Stammer, ein tüchtiger Bassist mit einer sehr sympathishen Stimme, sang und spielte den Landgrafen mit s{chönem Gelingen; es fehlt seinem Vortrage nicht an Kraft und seinem Spiel niht an Würde. Weniger glücklich beseßt war die Rolle des Walther von der Vogelweide durch Hrn. Reiner, der zwar nicht üble Stimm- mittel, aber ein wenig ausdrucksvolles Organ hat, dem es namentlich an der De gebriht, innere Empfindungen des Sängers in uns widerhallen zu lassen. Schließlich haben wir aber noch der meister- haften Leistung des Orchesters zu erwähnen, welches sich nah der Ouverture verdientermaßen des lauten Beifalls der Hörer erfreute. Berliner Theater. ;

Gestern Abend gelangte „Maria Stuart“ mit treffliher Be- seßung der Hauptrollen im Berliner Theater zur ersten und erfolg- reihen Aufführung. In der Titelrolle gastirte Fr. Ellmenreich vom Stadt-Theater in Hamburg; die tüchtige Künstlerin ift in ihren

(0,80), Lupinen, Körner 0,56 (0,70).

Leistungen sowohl in dieser Rolle als auch in vielen anderen

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von ihren früheren Gastspielen her längst ebühr o würdigt worden; sig spielte auch gestern wieder uit e wt \{lagenden Erfolge, der ihr Auftreten stets begleitet hat. Fr Ellmenreich giebt in ihker Darstellung vor Allem die leidenshaftlihe Maria, deren Troß wohl gebeugt, aber nit gebrochen ift ; die lange Kerkerhaft hat ihr den Stempel kummervollen Leidens und der Weh- muth aufdrücken können, aber ihr Stolz, ihr königli®es Selbst- bewußtsein brechen Todernd hervor, sobald sie Kränkung empfindet Als folche Maria „war Fr. Ellmenreih tadellos und am meisten wirkungsvoll im dritten Akt in der großen Szene mit Elisabeth, wenn sie au im leßten Akt durch den warmen und innigen Klang ihrer sympathischen Stimme ebenso wie dur die treffende Zeichnung un- erschütterliGen Gottvertrauens und christliher Milde den edelsten und ergreifendsten Eindruck machte, Besonders erfreulich fiel die klare deutlihe Sprehweise auf, deren si die Künstlerin befleißigt: jede Silbe, jeder Vers kommt voll zur Geltung, sodaß der Dichter un- verkürzt zu uns redet; es ist dies umsomehr zu loben, als die Künstlerin es versteht, jeden Saß auch geistig zu beleben und jeder Empfindung durch das schöône volliônende Organ ibren eigenen Auédruck zu verleihen. Frl. Baumgart spielte die Elisabeth mit ftolzer Würde und königliher Haltung, ohne an Bedeutung hinter dem Gaste merkbar zurückzutreten. Der zweite Gast des Abends war Hr. Josef Klein, der“ den Leicester gab, Der Dar- steller führte die Rolle konventionell dur; man konnte an den Cinzel- heiten nichts Besonderes ausfezen und do vermoHte die Gesammt- leistung nicht recht zu erwärmen; es fehlt dem Gast an der bestehenden lieben8würdigen Ritterlihkeit, welche den Leicester umkleiden _foll, um es begreiflch zu maten, daß ihn ¡wel Königinnen lieben. Vortheilhafter wirkte Hr. Stockiausen als -Mortimer ; der Künstler besißt Temperament und darstellerishes Geswick, In den kleineren Rollen thaten si die Hrrn. Kraußneck (Talbot), Nollet (Bur!eigh) und Jacobi (Paulet) bervor.

Die Inscenirung war sehr sorgfältig vorbereitet worden; die Dekorationen „deugten von Geschmack und wirkten auch stim- mungêvoll, bis auf die etwas zu grelle Zimmerdekoraticn in der Shhlußscene, Auf die Bewegung der Massen war viel Mühe und Eifer verwendet worden, um alle Vorgänge natürli er- scheinen zu laffen. Nach unserm Gefühl ist man aber im fünsten Akte darin zu weit gegangen; die Frauen Maria's leiten den Akt dur lang an- haltendes lautes Schluczen ein und begleiten die ganze lange Abschiedöscene beinabe melodramatish mit lautem krampfhastem Weinen; und da der Frauen eine stattiihe Zahl ist, so muß man \harf aufmerken, um dte Stimmen der Spcechenden hindurchzuhören. Im Uebrigen verlief die Vorstellung sehr glücklich und brachte namentlich Fr, Cllmenreich zahlreihe Hervorrufe; aub Hr. Direktor Barnay erschien zum Schluß auf den lebhaften Wunsch des Publikums vor der Gardine.

Die Direktion hat bes{lossen, die erste Aufführung von Heine- mann's „Schriftstellertag“ auf die nächste Woche zu verschieben, um mehr Naum für forgfältige Proben zu gewinnen, Für Sonnabend wurde statt der genannten Novität „Hamlet“ mit Ludwig Barnay in der Titelrolle angesetßt,

Lessing-Theater.

Am Sonnabend gelangt die erste französis@e- Novität in dieser Saison zur Aufführung, und zwar das dreiattige Lustspiel „Margot“ von Henri Meilhac, das in Deutschland bisher -nur in französischer Sprache zur Aufführung gekommen ift. Die beiden Hauptrollen werden von Lilli Petri und Eugen Stägemann dargestellt werden.

n : Kroll’'s Theatec.

Luigi Ravelli hat leider die Wetterungunst der leßten Tage recht unangenehm empfinden müssen. Wegen einer Indisposition mußte gestern scin erfter Gastabend ausfallen und bis Donnerstag oder Freitag versoben werden. Bis dahin dürfte Ravelli wieder im Besiß seiner vollen Mittel sein. Morgen geht zum ersten Mal in dieser Saison die liebenswürdige Oper Maillard's „Das Glökchen des Eremiten“ in Scene. Hedwig Schacko singt die Rose Friquet, Frl. Karlona die Georgette, Belamy Hr, Geisler, Silvain Hr. Fenge, Thibaut

Hr. Theile, i Belle-Alliance-Theater.

Morgen findet in dem prähtigen Sommer-Etablissement das vorleßte diesjährige Volksfest und im Theater die vorlezte Volks- borstellung zu halben Kassenpreisen (Eintritt 50 F, Parket 1 #) ftatt. Auf der Gartenbühne concertirt neben den übrigen bestens afkreditirten Specialitäten die berühmte rumänishe Nationalkavelle Negrescu zum leßten Male. Im Theater geht zum 15, Male die Bauernkomödie „Der Dorfteufel“ in Scene.

i Thomas-Theater.

Nachdem die behördlihe Gebrauhsabnahme ohne jede Ausf\tellung erfolgt ist, findet die Eröffnungs-Vorstellung Sonnabend, den 6. Sep- tember, statt. Wie bereits erwähnt, wird an diesem Abend das Raimund'sce Volksmärchen „Der Alpenkönig und der Menschenfeind“ in der bon Lütkemayer in Coburg hergestellten Ausstattung in Scene gehen. VBilletbestellungen werden bereits von morgen an im Bureau des R entgegengenommen ; der Vorverkauf beginnt am Donnerstag an der Kasse.

Mannigfaltiges.

Das Märkische Provinzial-Museum hat bekanntlih Sammlungen von Wappen der märkischen Städte, Adels- geschwlechter und Innungen veranstaltet, dieselben zusammen- gestelit und als Glasmalereien zum Fenstershmuck des Museums verwendet, In weiterer Entwickelung des hierbei vorschwebenden Ge- dankens sollen nunmehr auch die Wappen der stu dentischen Korpora- tionen in derselben Form und in vier Fenstern zusammengestellt werden. Auf ergangene Einladung haben, laut Mittheilung der „B. B. Ztg. “, von den etwa hundert bestehenden Korporationen bereits sehzig ibre Wappen eingesandt. Es würde die vorbereitenden Arbeiten wesent- li crleichtern, wenn die noch auéstehenden Verbindungen ihre Waypen R Beschleunigung dem Märkishen Museum übersenden wollten.

Die Kommission für die Ausführung der Volkszählung am 1, Dezember d. J. wird, laut Mittheilung der „Voss. Ztg.“, in Berlin aus vier Mitgliedern des Magistrats, dem Direftor des statistishen Amts der Stadt, dem Vertreter des Polizei-Pcäsidiums und aht Mitgliedern der Stadtverordneten-Versammlung bestehen.

Aus den E intrittsgeldern für die Besteigung des Rath hausthurmes hat sih, wie die „N. A. Z.* mittheilt, z. Z. ein Bestand von 14 959 4 angesammelt. Der Magistrat wünsch{t, daß diese Gelder, sowie die seit dem 1. April d. J. dem Fonds noh zue fließenden Zinsen dazu verwandt werden, um dem Mangel an Aus- \hmiückungsgegenständen in den rathbäuslichen Festräumen bei festlichen Veranstaltungen sowie für die Festtafel abzuhelfen. Eine gemischte Deputation soll über die Verwendung der Gelder bestimmen.

Das „Deutsche Tageblatt“ theilt mil, daß die redaktionelle Leitung des Blattes in die des bisherigen Herausgebers der „Kon- servativen Correspondenz“ übergegangen is. Zugleich seien Verein- barungen getroffen, welche zwischen der konservativen Partei- berfcs und den „Deutschen Tageblatt“ feste Beziehungen erstellen.

In der verflossenen Woche weilte in unserer Stadt Frl. All Trigg, Redacteurin der Frauenzeitung in Helsingfors, die si im Auftrage der dortigen Stadtbehörden die biesigen gemeinnüßigen Anstalten ansah. Die noch junge Dame hat in ihrer Heimath ein »Arbeiterinnen-Heim* begründet und von der dortigen Regierung die Senkung eines Gebäudes erhalten, um in diesem eine Volksküche, Unterhaltungs- und Lesesäle für Arbeiter und jenes Heim unter- zubringen. Frl. Trigg bat, einer Sitzung des Vereins der „Ber- liner Volkskü hen“ beiwohnen zu dürfen. In dieser wurde

gerade der Antrag diskutirt, in den Volkskühen fortan auch Bier ¿u verabreichen. Frl. Trigg theilte mit, daß in den Skandinavischen