1890 / 216 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 08 Sep 1890 18:00:01 GMT) scan diff

E E E Etwa MEe 63e S E: ran H -

Canada. Ottawa, 6. September. Der canadische Kongreß der Arbeit genehmigte, einem Telegramm des „Reuter’shen Bureaus“ zufolge, gestern eine Resolution, daß Canada selbs sih seinen Generalgouverneur erwählen sollte.

g Verord

apan. Tokio, 28. Juli. Eine Kaiserlihe Verord-

an 13. Februar 1889 regelt, wie der „Nat.-Ztg. be- richtet wird, die Zusammenseßung des japanishen Herrenhauses. Die Mitglieder des dai G danach in 5 Kategorien: 1) Mitglieder der Kaiserlichen Fami ie, 2) Fürsten und Marquis, 3) gewählte Vertreter der Grafen-, Vicomte- und Baron- Verbände, 4) Mitglieder, die dur Ae lihes Vertrauen berufen sind, 5) gewählte Vertreter a den Höchstbesteuerten der 3 städtischen (Tokio, Kioto ul D Osaka) und der 42 ländlichen Bezirke. Sämmtliche Mane lichen Mitglieder der Kaiserlichen Familie nehmen een m nach erreihter Volljährigkeit ein, das beißt mit re]p. 20 Jahren. Sämmtliche Fürsten und Marquis g ihren Sig mit erreihtem 25. Jahre ein. Die Gewählten e Adelsverbände müssen 25 Jahre alt sein und werden auf L en Jahre gewählt. Die Zahl der Vertreter jedes Verbandes darf 1/, der Wähler nicht überschreiten. Alle durh Allerhöchstes Ver- trauen Berufenen \ißen auf Lebenszeit. Jn jedem Stadtbezirk (Fu) und in jedem Landbezirk (Ken) bilden dite Höchstbesteuerten, welhe das 30. Jahr überschritten haben, einen Wahlkörper und wählen aus ihrer Mitte einen Vertreter auf 7 Jahre. Derselbe ist jedoch vom Kaiser zu bestätigen. Die Kategorien 4 und 5 zusammengenommen dürfen die Summe der übrigen Kategorien niht übertreffen. Das Herrenhaus soll, wenn vom Kaiser befragt, über Adelsprivilegien Beschluß fassen (Artikel 8). Das Herrenhaus prüft die Befähigung seiner Mitglieder zum Eintritt in das Haus und entscheidet Streitigkeiten über Wahlen zu demselben. Regeln hierfür sollen vom Hause selbs aufgestellt und dem Kaiser zur Bestätigung vorgelegt werden (Artikel 9). Wénn ein Mitglied zu einer Freiheitsstrafe oder noch härterer Strafe verurtheilt oder bankerott erklärt werden sollte, so ist es durch Kaiserlihe Ordre auszustoßen. Sollte Ausstoßung aus disziplinaren Gründen erforderlich erscheinen, so soll die Kaiserliche Genehmigung nahgesuht werden. Ein ausgestoßenesMitglied kann ohne besondere Kaiserlihe Genehmigung nicht wiederin dasHerren- haus eintreten. Präsident und Vize-Präsident werden vom Kaiser auf 7 Jahre ernannt. Trifft diese Ernennung ein gewähltes Mitglied, so gilt dieselbe für die Dauer des Mandate. Alle sonstigen Fragen soll2zn nah dem Organisationsgeseß für beide Häuser geregelt werden. Sollte eine Veränderung dieser Kaiserlihen Verordnung erforderlich erscheinen, so soll sie vorher dem Herrenhause zur Beschlußfassung unterbreitet werden. Für die Wahlen der Kategorien 3 und d sind unter dem 4. Juni d. J. besondere Kaiserliche: Reglements erlassen

worden, Afrika.

Kapstadt, 5. September. Auf einem ihm zu Ehren in Kimberley veranstalteten Fesimahle erklärte, wie das „Reuter’\he Bureau“ meldet, der Premier-Minister der Kap- kolonie, Rhodes, daß seine Politik dahin gehe, die ver- schiedenen südafrikanishen Staaten zusammenzuknüpfen. Ein Zollverein und ein vollständiges Eisenbahnneß von der Delagoa- dis zur Walfish:Bai würden die Grundlagen einer süd- afrikanishen Union geben. Die Frage der Flagge möge der Zukunft anheimgestellt werden. Der Minister glaubte es noh zu erleben, daß sich die Kapkolonie bis zum Zambesi er- strecken werde.

Wetterbericht vom 8, Septmber. Morgens 8 Uhr.

Anfang 7 Uhr.

Stationen. Wind. Wetter.

Temperatur [in °? Celfius

Bar. auf0 Gr. 1. d. Meeres\p ‘ed. in Millim

Mullaghmore | 76 Aberdeen . . | 770 Kopenhagen . | 769 Stodckholm . | 765 aparanda . | 763 t. Petersb. | 752 Moskau... | 750 Cork, Queens- town ... | 760 Gherbourg . | 772 PENe E A ylt 770 Hamburg . . | 771 Swinemünde | 768 Neufahrwafer| 763 Memel . .. | 760 N 763 ünster . . 772 Karlsruhe . . | 772 Wiesbaden . | 771 München . . | 771 Ghemnig . . | 769

Berlin .… . | 768 A «15 000

Breslau. . . | 766 D le d’Aix . . | 770 |ONO

Rie é ; l 7608. |D

Trieft .... | 764

1) Thau. 2?) Morgens zeitweise Regen. ?) Thau.

Uebersicht der Witterung. Einem Maximum über 770 mm über West-

heiter wolkenlos

beiter märchen.

bk C M H I bd f

bedeckt

p alb bed. wolkig ftellertag. halb bed. Nebel!)

wolkenlos halb bed.

heiter | Anfang 7 Ubr. wolkenlos Mana E

Regen ¡wolkig ? heiter3)

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bedeckt Nitouche.

dem innern Rußland gegenüber, so daß über Central -

von Gredelue. Europa nördlihe urd nordöstlite Luftströmung Mittwoch : Dieselbe Vorstellung.

Friedrich - Wilhelmstädtishes Theater. Julius Friysche.

vorherrschend is ; Das: Wetter ist in Deutschland theilweise heiter und kühl, ohne erhebliche Nieder- \chläge. Ueber Nord-Deutshland ziehen die oberen

Wolken aus Nord und Nordost.

Deutsche Seewarte. | Direktion

Theater-Anzeigen Ñ irt v . Haßreiter, K. K. Hofballetmeister h zeigen, 18 B H Dieahr Hr. Reli Knoll.

aus Wien.

Königliche Schauspiele.

Dirigent : Kapellmeifter Sucher. Anfang 7 Uhr. Hr. Schauspielhaus. 173. Vorstellung. Die Räuber. Trauerspiel in 5 Aufzügen von Schiller. In Scene | Kavallerie.

geseht vom Direktor Dr. Otto Devrient. Anfang r

Mittwoh: Opernhaus. 169. Vorstellung. Lohen- ; j tin Romantische Oper in 3 Akten von Richard Lustspiel in 3 Akten von Sardou Wagner. (Lohengrin : Hr. Kraus als Antrittsrolle.)

Sgauspielhaus. 174. Vorstellung. Die Quitzow?s. Vaterländisbes Drama in 4 Aufzügen von Ernst von WildenbruG. Anfang 7 Uhr.

Deutsches Theater. Dienstag: Das Winter-

heiter Mittwoch: Die Karlsschüler. \bedeckt Donnerstag: Das Wintermärcheu.

Berliner Theater. Dienstag: Maria Stuart. Mittwoch: Zum ersten Male: Der Schrift- | Der Troubadour.

Bei günstigem Wetter vor und nach der Vor- ftelluna, Abends bei brillanter elektr. Beleuhtung

Donnerstag: Othello. des Sommergartens. Großes Concert. Anfang

Tesfing-Theater.

Scauspiel in 4 Akten von Hermann Sudermann. Saison.

) Mittwoch: Der Fall Clémencean. ; heiter Donnerstag: Das Bild des Siguorelli. bedeckt 4 Die nâwste bedeckt kommenden Sonnabend statt.

Wallner-Theater. Dienstag : Zum 94. Male: ) Vaudeville in 3 Akten und | Auftreten \sämmtliher Spezialitäten. Musik | Zllumination des ganzen Garten - Etablifsements. Anfang des Concerts 6 Uhr, der Vorftellung 74 Ubr. Mittwoch: Dieselbe Vorstellung. Großes Volks-

bedeckt 2 | Mamsell Nitouche. j bededt 4 Bildern von H. Meilhac und A. Millaud. von M. Hervé. Anfang der Vorftellung Le t

Mittwoch und die folgenden Tage: amse Fest balbex Kaseitireiftn,

Pictoria-Theater. Dienftag: Zum 15. Male: Mit gänzli neuer Ausstattung. Die Million oder | vierten Male wiederholt: Unsere Don Juans. Vivat Imperator. Modernes Ausftattungs- | Gesangéposse in 4 Akten von

; ; Ft 5 stück in 12 Bildern von Alex. Moszkowski und Europa liegt ein Minimum unter 750 mm über Rich, Natbanson. Musik von C

Dienstag: Opern- | Vorher: Neu baus. 168. Vorstellung. Die Zauberflöte. Oper | Komische Operette in 2 Akten von C. Costa. Musik | Am g tit, M Park (Lehrter Bahnhof).

j j if D . von Suppé. in: 2 Akten von Mozart. Text von Schikaneder. | von R E wifensaftlien Tbat Me

Mittwoch: Die Puppenfee. Vorher; Leichte | zettel.

s Volk der Barotse hat das Protektorat En ERdA, welches durch die british-südafrikanishe Ge- sellschaft ausgeübt werden soll, angenommen. Die Barotse willigten gleichzeitig in die Abschaffung der Sklaverei.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Der Verleger einer Zeitschrift, welher für dieselbe einen verantwortlihen Redacteur angesteUt hat, wird, nach einem Urtheil des Reichsgerihts, 1V. Strafsenats, vom 6. Juni 1890, da- dur niht von der Verpflichtung befreit, darüber zu wachen, daß die in die Zeitschrift aufgenommenen Artikel nicht einen strafbaren Nachdruck enthalten, und er kann neben dem Redacteur für einen von diesem aufgenommenen, als Nathdruck strafbaren Artikel wegen fahrlässiger Veranstaltung eines Nahdrucks verantwortlich gemacht

werden.

Kunst und Wissenschaft.

Gustav Edler Gans zu Putlitß, dessen am Freitag erfolgten Tod wir an anderer Stelle gemeldet haber, war am 20. März 1821 geboren und ftudirte in Berlin und Heidel- berg die Rechte. Im Jahre 1853 vermählte er si mit der Gräfin Elisabeth von Königsmark und über- nahm im Jahre 1863 die Leitung des Hoftheaters in Schwerin. 1867 legte er dieselbe jedoch nieder und 1rat als Hofmarschall in den Dienst des Kronprinzen von_ Preußen. Nach einem Jahre trat er indessen von dieser Stellung zurück und lebte seitdem in Berlin, bis er 1873, einem Rufe des Grofherzogs von Baden folgend, die Leitung des Karlsruher - Hoftheaters übernahm, wo er bis zum Sommer 1888 wirkend, sehr Verdienstlihes geschaften hat. Seitdem lebte er zurüd- gezogen auf seinem väterlihen Gut Rein. Seinen dichteriïEen Ruf begründete Putliß mit dem lyrisen Märchenstrauß „Was ih der Wald erzählt“, der 1851 veröffentlicht wurde und über 40 Auflagen erlebt hat. Unter seinen zablreihen Bühnenwerken erranaen „Das Testament des Großen Kurfürsten“, „Badekuren“, „Spielt niht mit dem Feuer“, „Das Schwert des Damokles“ und „Die böse Stiefmutter den meisten Erfolg. 1874 erschienen seine „Theater-Erinnerungen“.

In Pyrmont ist am Freitag der Kapellmeister Ludwig D eppe an einem Swlagfluß im Alter von fast 62 Jahren gestorben. Deppe war ein hervorragender Musiker, Lehrer, Komponist und Dirigent und hat auch einige Jahre an der Königlichen Oper als Kapellmeister gewirkt. Die Leitung der von dem Grafen von Ho- berg und ibm begründeten \{lesiswen Mausikfeste hatte er bis zuleßt behalten, Zu der in Pyrmont stattfindenden Beisezung hat si der Q Sen 2e Königlichen Shauspiele Graf von Hochberg

eute dorthin begeben,

y Cin iénetbinas im Gouvernement Wjatka am Ufer der Shaba zufällig gemachter S ilberfund bestätigt die bisher sehr an- gezweifelte Ueberlieferung, dieses in alter Zeit vom Tschudenstamm bewohnte Gebiet sei so reich an Silber gewesen, daß selbst gewöhn- liche Gebrau{s8gegenstände aus diesem Edelmetall angefertigt wurden. Der Hauptgegenstand des Fundes ift ein „stark zerknittecter, großer silberner Miskrug, dessen sämmtliche Theile niht gegossen, sondern aechämmert sind. Sein Gewi@t beträgt fast 35 Pfund. Eine fast ebenso shwere Schale mit einem Untersaß von sehr grober Ausführung ist dagegen gegossen. In künstlerischer Oinsicht bietet der dritte Gegenstand des Fundes, eine silberne Spar- bücbse, das größte Interesse. Außer einer noch nit entzifferten kufishen Inschrift weist der Gegenstand zungenförmige, blattförmige und andere Ornamente auf, die, wie durh einen Vergleich mit einer 1887 gefundenen Silbershü}sel erkannt wird, aus dem 6. oder 7. Jahr- hundert sawmen müssen. Der Fund wurde der aräologischen Kom- mission in St. Petersburg zur cingehenden Untersuhung übergeben.

Die archäologischen Ausgrabungen in der Krim ergaben in diesem Sommer reite Resultate. Professor Wesselowski fand in zwei Gräbern bemalte Menschenknochen, in dem einen

geseßt von Sigmund Lautenburg.

Sardou.

Kroll's Theater. \chmied.

Carl Mayer. Johann von

Dienstag: Die Ehre. | 5#, der Vorstellung 7 Uhr

Aufführung von Nora findet | 21, Male: Der Dorsteufel.

Anfang 74 Uhr. Thomas-Theater. Alte

Gaul. Mußk von Jos. Beyer.

Refidenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten- burg, Dienstag: Leßte Wothe.

Die neuen Deko- rationen sind aus dem Atelier der Herren Hartwig, Hinze u. Harder. Anfang 7# Uhr. Mittwoch: Dieselbe Vorstellung. Sonnabend, dea 13. September :

Pariser Sittenbild in 4 Aufzügen von Victorien aufer dei Diese Laflee G. ihn mert pee-

Dienstag: Der Waffen-

Mittwoch: Gastspiel des Hrn. Emil Götze und des Königl. württembergischen A euiingers Hrn. : A

ariS. lobt: Frl. Toni von Lukowit mit Hrn. Mar Donnerstag: Gastspiel des Sgr. Luigi Ravelli. Berto ör 2ER

Sonntag, den 14. September: Schluß der Opern-

Belle - Alliance - Theater. Dienstag: Zum

3 Abtheilungen und einem Vorspiel von Ferd. Nes- müller. Jn Scene geseßt vom Direktor Sternheim. Im prachtvollen Sommergarten : Großes Concert,

Adolph Ernst-Theater. Dienstag: Zum

A. Raida. Ballet | und Adolph Ferron. Anfang 74 Uhr. Í Mitta, Toetlbe Vorstellung.

Jakobstraße 30. Dienstag: Zum 4. Male: Der Alpeukönig und Dienstag: Zum | der Menscheufcind. Romantishes Volksmärchen 18, Male mit durchaus neuer Austattung: Die | in 3 Akten von geOinaus Raimund. Mußk von

T enfece. antomimishes Divertissement von | Wenzel Müller. Anfang der Vorstellung um 74 Uhr. fre Gau Mittwoch : Dieselbe Vorstellung. :

aßreiter und

‘Grabe lagen 6 Skelette, in dem zweiten eins. Der in der Krim

weilende Breslauer Professor Grewpler vertritt die Ansicht, diese Gräber gehörten den Ties welche ihre Todten auf Anhöhen zu bringen pflegten, wo die Vögel si an dem Fleisch der Leichen er- gôßten. Sodann wurden die Knochengerüfte mit einer mineralischen Farbe bemalt und bestattet. Gräber mit bemalten Menschengebeinen kommen auch im Innern Asiens, aber felten vor. Jn der Krim wurden bisher blos drei solcher Gräber gefunden.

(F) Ueber den kfürzlih auf Bornholm gefundenen Runen- stein, über welhen wir in Nr. 206 des „R - u. St.-A.* berihtet baben, wird jeßt von sahverständiger Seite A mitgetheilt : Dieser Runenstein, der merkwürdigerweise Jahrhunderte hindurch dicht über der Eingangsthür der jeßt abgebrobenen Kirche zu Oester- marie unbeachtet angebracht gewesen ist, gebört zu den jüngsten der auf Bornholm aufbewahrten Steine dieser Art und stammt somit aus einer Zeit, wo der regelmäßige und korrekte Gebrau der Runen allerlei Künsteleien bezügli der Form, willkürlihen Umstellungen und Verkürzungen der Swhrift zu weihen bezann. Runen- inshriften von dieser Beschaffenheit können eigentlich nicht ge- lesen werden; man fkann nur mehr oder weniger glüdlich an- nebmen, was sie bedeuten. Auch bei diesem Steine kann man nur annehmen, daß die_ Inschrift wie folgt lautete: „Gudm(un)d a(uk) GusKi (h)auku hal Ásu a(uk) Airi(n}b(i)rni. Gudi Gud m(i)s(kunna) mih(i)\t ândi d(er/a . . . .“ oder ins Deutsche übertragen : „Gudmund und Godske \{chlugen (rißten) den Stein für Aase und Arinbjörn. Der gute Gott sei ibren Geistern fehr gnädig * Auf der anderen Seite des Steines bei dem Kreuz befinden st\ch noch verschiedene

- Runen, aber die Deutung ist bier no& s{chwieriger als auf der ersteren.

wo wenigstens der Name „Gudmund* und die Worte „guter Gott“ als durchaus sicher zu betrac:ten sind. Das Kreuz auf diesem Steine hat dieselbe {ône Form wie die Kreuze auf dem Steine auf Wester- gaard und dem bei der Kirche in Klemens auf Bornhbolm.

Nah Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Mainz, 8. September. (W. T. B.) Der hiesige Rheinpegel zeigt seit gestern 428 m. Mannheim meldet 7,17, Maxau 6,38, Waldshut 4,08 (überall fallend). Auch der Necar fällt. i

Hamburg, 8. September. (W. T. B.) Der Reichs- kommissar Major von Wissmann is kurz nah 121/2 Uhr Mittags hier eingetroffen und besichtigte Nachmittags die Stadt und die Freihafenanlagen. Um 6 Uhr findet im „Hamburger Hof“ zu Ehren des Reihskommissars ein großes Festdiner statt, an dem gegen 300 Personen theilnehmen werden. N Triest, 8. September. (W. T. B.) Das Ministerium des JFnnern lehnte die Genehmigung der Statuten des Vereins „Liga nazionale“ ab, weil nah denselben der Verein als ein politisher angesehen werden müsse und zum Deckmantel staatsgefährlicher Bestrebungen gemacht werden könnte. Der Statutenentwurf ist fast gleihlautend mit den Statuten des aufgelösten Vereins „Pro patria““. S

London, 8. September. (W. T. B.) Wie die „Times“ aus Sansibar meldet, ist Emin Pascha in U nyanyembe angekommen. Die Häfen des Küstenstriches el Benadir sind nach demselben Blatte für den Verkehr wieder- eröffnet. ; i Sofia, 8. September. (W. T. B.) Bisher ist das Er- gebniß von 250 Wahlen bekannt. Nur in den zwei Wahl- körpern von Selvi und Radomir drangen die Kandi- daten der Opposition durch. Aus Loftscha liegen noch keine Nachrichten vor.

(Fortseßung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Familien-Nachrichten.

Nachruf.

Am 3, d. Mts. verstarb zu Misdroy

der hiefige Königliche Ober-Staats8auwalt Wilhelm Henke.

. | Die hohe Pflichttreue, welche er in seinem Amte Aerreol bewies, sowie sein liebenswürdiges Wesen in und

Marquise. In Scene | [31662]

missen und sichern ihm stets bei uns das ehrenvollste Andenken.

Stettin, den 5. September 1899.

Die Präfidenten und Räthe des Königlichen Ober-Landesgerichts.

Toepel (Neumühl—Cranz). Frl. Adele Schmidt

mit Hrn. Gustav Breden (Eifenah—Bielefeld).

Frl. Paula Martens mit Hrn. Ernst von Würzen

(Hamburg—Eimsbüttel). Frl. Anna Opiß mit

Hrn. Mühlenbesiger Heinrich Gail (Leipzig—Dillen-

burg, Naffau). Frl. Florentine Schmidt mit

Hrn. Frit Jensen (Königsbergi. Pr.—Plön). Frl.

Helene Hildebrand mit Hrn. Emil Jaekel (Stegliß

Berlin). Frl. Bertha Köpper mit Hrn.

Guftav Binder (Hamburg).

ie in| Verehelicht: Hr. Dr. med, Theod. Shreus mit

Ok Frl. Marie Drefsen (Hückeswagen). Hr. Moritz

von Geldern mit Frl. Bertha Meyer (Koblenz).

Ä Hr. ReO T DaN ie B gena

ämypgen uisburg). Hr. Engelber aaßen

fra | mit Kl, Gerteud Kukles (Andernach--Fisheln b. Krefeld), Hr. Karl Götte mit Frl. Luise Schroeter (Hamburg).

Geboren: Gin Sobn: Hrn. Hauptmann Braun (Kosel). Hrn. R. Hilgenberg (Löbau i. S.). Eine Tochter: Hrn. E. Gerlach (Mühle Lasdehnen). Hrn. Wilhelm Ludwig Awés (Breslau). Hrn. Max Meinecke (Magdeburg).

Leon Treptow. | Hrn. Ernst Schwerdtfeger (Kellinghusen).

Couplets von Gustav Görß. Musik von Franz Roth | Gestorben: Hr. Ingenieur Bertram Hänelt

Breslau). Frau Gertrud Freifrau von Richte e az Frie von Tschammer (Groß-Rofen). Hr. Stabsarzt a. D. Dr. med. Heinrih Oidt- mann (Linnih). Hr. Gustav Schnee (Gr. Podleß). Hr. Edmund Trofsin (Berlin). Hr. Kaufmann Karl Spiering (Berlin).

Redacteur: Dr. H. Klee. Berlin:

einstudirt: Leichte Kavallerie. Regie: Hr. Binder. Dirigent: | Geöffnet von 12—11

Täglihß Vorstellung im heres die Anschlag-

Me ——{

Verlag der Expedition (S ch olz).

Urania, BRAN 1: 0G De Natuxtunde, Druck der Norddeutschen Bucbdruckerei und Verlags8-

Anftalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Vier Beilagen (einschließlich Börsen-Beilage). (14027)

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und K

Wi 216.

Erste Beilage

Berlin, Montag, den §. September

E

Deutsches Reich.

Bekanntmachung.

Die Postverbindungen nah den Badeorten auf den Inseln Föhr (Wyk) und Sylt (Keitum, Westerland) gestalten sich während des Monats September, wie folgt:

_A. Nah Föhr (Wyk).

1) Von Husum nach Föhr mittels des in der Zeit vom 3. bis 8. September täglih, in der übrigen Zeit jeden zweiten Tag von Husum nach Wyk abgehenden Dampfschiffes , Wyk-Föhr“.

Bei Benußung des Eisenbahnzuges 6 Uhr 45 Min. Vorm. aus ua (Klostert D (ab Berlin, Lehrter Bhf., 11 Uhr 30 Min.

ats) ist Wyk (Föhr) mit Ausnahme des 26. September noch am Tage der Abfabrt aus Hamburg zu erreichen.

Das Schiff wird postseitig nur zur Beförderung von Brief- sendungen benußt. Dauer der Ueberfahrt ab Husum ungefähr 3+ Stunden.

2) Ueber Dagebüll nah Föhr:

I. Von Niebüll nah Dagebüll für Postsendungen jeder Art mittels täglich zweimal verkebrenden Privat-Personenfuhrwerks zum unmittelbaren Anschluß an die kach Wyk (Föhr) fahrenden Dampfschiffe.

L Von Dagebüll nah Wyk (Föhr) täglich zweimal mittels des Dampfschiffes „Stephan“ für Postsendungen jeder Art. Der Abgang if vom Eintritt der Fluth abhängig. Dauer der Ueberfahrt ungefähr È Stunden.

Am 14., 29. September fällt die erfte Fahrt von Dagebüll nah Wyk (Föhr) aus. Die Beförderung erfolgt mittels Segel\chifffes am 8. September.

B. Nah Sylt (Keitum, Westerland) über Hoyer.

I. Von Tondern nach Hoyer: Beförderung von Posft- fendungen jeder Art mittels Güterpost, welche täglich zweimal zum unmittelbaren Anschluß an die von Hoyer nah Sylt fahrenden Swiffe verkehrt.

IL, Von Hoyer nach Sylt mittels der Dampfschiffe „Sylt“ und „Westerland“ bis 24. September täglih zweimal, vom 25. bis i B er täglih einmal Beförderung von Postsendungen eder Art.

Der Abgang der Schiffe is vom Eintritt der Fluth abhängig. Dauer der Ueberfahrt etwa 2 Stunden.

An den nachbezeihneten Tagen: 1. bis 6, 14. bis 22, 29, und 30. September ist Sylt bei der Abfahrt mit dem Eisenbahnzuge 6 Uhr 45 Min. Vorm. aus Hamburg (Klosfterthor) (ab Berlin, Lehrter Bahnhof, 11 Uhr 30 Min. Nachts) noch am Tage der Abfahrt aus Hamburg, bezw. in der darauf folgenden Nacht zu erreichen. S

C. Dampfshiffverbindung zwischen Föhr und Sylt.

Zwischen Wyk (Föhr) und dem Anlegeplat Munkmarsch auf S E at unmittelbarer Verkehr mittels des Dampfschiffs eBameurg“ statt.

Das Swiff, welches postseitig nur zur Beförderung von Brief- sendungen benußt wird, verkehrt an folgenden Tagen:

a. in der Richtung von Wyk (Föhr) nach Sylt: am, 24,9, 6, 8,910, 1,183, 15., 16., 18., 20., 22., 23. 24., 26., 27., 30. September ;

b. in der Rihtung von Sylt nah Wyk (Föhr): S I 2 14 1 17 207 21 O3 24., 25., 26., 29., 30. September.

Die Abgangszeit des Schiffes ist von dem Eintritt der Fluth abhängig ; die Ueberfahrt dauert etwa 24 Stunden.

Kiel, 2. September 1890. _

Der Kaiserliche Ae Ober-Postdirektor. ase.

Statiftik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Wie der „Köln. Ztg.* aus St. Ingbert ges{rieben wird, sind anstatt der Vorstandsmitglieder des bergmännishen Rechts- \chußvereins, welhe ihre Aemter niedergeleat haben, acht Ge- werbetreibende gewählt worden, welche eigens zu diesem Zweck dem Verein beigetreten sind.

Der Delegirtentag der säGsischen Tertil- Arbeiter wird, wie man der „Frkf. Ztg.“ mitaetheilt, am 26. Oktober in

Kappel bei Chemnißt stattfinden. Die \ächsishe Textil-Industrie

beschäftigt zur Zeit mehr als 100 000 Arbeiter.

Die für Mitte Oktober in Halle geplante Gewerk \chafts- Konferenz ist, einer Meldung deéselben Blattes zufolge, vertagt worden und wird am 16. November in Ber lin stattfinden. (Vergl. Nr. 214 d. Bl.)

__ Aus Stettin berichtet die „Ostsee-Zeitung* : Vor etwa Jahres- frist wurde in einer Reibe von Arbeiterversammlungen in Grabow, Bredow, Züllhow x. lebhaft Propaganda gemacht für die Gründung einer Genossenschafts-Bäcker ci. Nach- dem diese Angelegenheit längere Zeit geruht, war zum Sonnabend eine große öffentliche Volfsversammlung ein- berufen, in welcher eine Berathung und Bespreturg über die Genossenscafts-Bäckerci auf der Tagesordnung stand. Be- sfucht war die Versammlung von kaum mebr als 200 Per- sonen. Nachdem der Einberufer der Versammlung zunächst den längeren Stillstand in dieser Angelegenheit damit erklärt hatte, daß inzwischen in der sozialdemokratischen Partei witigere Angelegen- heiten vorgelegen hätten, entspann si eine Diskussion, welche damit endete, daß man ‘die Gründung einer Genossenschafts- Bäterei, welche als verfrüht und vorauésihtlich zu wenig rentabel bezeihnet wurde, vorläufig ablehnte.

Die „Rhein.-Westf. Ztg.“ berihtet aus Brüssel unter dem 9, d. M., daß am Donnerstag ein neuer Strike in dem Kohlen- bergwerk zu Seraing ausgebrochen sei. 108 Arbeiter der Grube von Vieille Marihaye weigerten si, berunterzusteigen. Als Urfache wird angegeben, daß die Arbeiter um 43 Uhr wieder heraufgezogen werden wollen. Ueber das Pro- gramm des belgischen Arbeiter - Kongresses, der am 14. d. M. in Brüssel zusammentreten wird, bemerkt die «Elbf. Ztg." : Die Sozialrevolutionäre werden, um die Einführung des allgemeinen Stimmrehts zu erzwingen, folgende Maß- regeln beschließen: Steuer- und Webrpflichtverweigerung, Volks- Parlament und Generalstrike. Das „Volks - Parlament“, unter dem man sich einen Jakobinerkonvent nach den Rie Mustern der „großen“ französishen Revolution vorzu- stellen hat, wird die Einziehung der Kirhengüter, Trennung von Staat und Kirche, unentgeltlichen Volks\{hul-Zwangéunterriht für Alle, Abschaffung der Armee bezw, Erseßung derselben dur eine Gert iegne de einen Maximalarbeitstag und Minimalarbeitslohn zc. 2c.

eschließen“.

Der Kongreß der Trade-Unions ist am Sonnabend ge- \chlofsen worden, John Burns wurde, wie „W. T. B.“ meldet, zum Mitglied der parlamentarischen Kommission gewählt, an Stelle von Birtwistle, welcher zurücktrat, weil er mit der vom Kongreß be-

; Marchhant Williams

\{lofsenen Resolution zu Gunsten einer Feststellung des At&tstunden- Tages im Wege der Gesetzgebung nit einverstanden ift.

, Aus Sydney berichtet ,W. T. B.*, daß die stcikenden Ar- beiter gestern eine aroße Demonstration veranstalteten, die jedoch ruhig verlief. Alle Redner waren darin einig, von ihren Forderungen niht:abzusteben.— Aus Me [bourne wird auf Grund eines Reuter's{en Telegramms berihtet, daß die Arbeitgeber si weigerten, ncchmals auf den Vorschlag, eine Konferenz mit den Arbeitern abzuhalten, einzugehen. Auf die Weisung der Unionisten strifen die Arbeiter A Q PEER Er Es erke in Brockenbill, im Ganzen 9000

rbeiter.

__ Alfkohol- Kongreß. (F) Christiania, 5. September. Der gestrigen Vor-

miitags - Sißung des internaticnalen Alkohol - Kongresses

prâsidicte Rev. Canon Leigh. Zur Verhandlung stand das dritte Thema: Die Alkobolfrage als Unterrihtégegenstand. Mr. Charles Wakely leitete die Verhandlung ein, indem er den Inha[t feiner Schrift: „The education of children in temperance principles“ referirte, Es folgten die gedruckten Vorträge von Mr. l (London): „Education in relation to alcoholism“, Mr. Fielden Thorp (York): „The temperance question in its ednucational aspect“, Professor Demme (vorgetragen von Professor Forel) : „L'alcoholisme chez les enfants“, Lebrer C. Wagener (Dänemark): „Entbaltsamkeitsverein für Kinder“ und von Dr. Bergmann: „Die studirende Jugend und die Enthaltsamkeits- sache“. Sämmtlihe Vorträge wurden mit großem Beifall auf- genommen, und alle Anwesenden waren sch darüber einig, daß die _Enthaltsamkeit für die Kinder und die Jugend von Nutzen, ja eine abfolute Nothwendigkeit sei. In der folgenden Besprehung dieses Themas, woran fch zablreihe Mitglieder be- theiligten, wurden deshalb au nur noh Nekenfragen berührt, wie das Alter bei dem Eintritt in Kindervereine, das Verhältniß der Eltern zu der Sache u. \. w. Auf der Tagesordnung der Nach- mittags-Sißung, welcher Pastor Koch präsidirte, standen die Thematas: Ueber den Rückgang der uncivilisirten Rassen auf Grund des Handels mit starken Getränken" und „Ueber \{chmadckhafte und billige, alkoholfreie odér nur \ch{wach alkoboléaltige Getränke“. Die Besprehung des ersteren Themas wurde dur) eine Abhandlung des Mr. Grant Mills eingeleitet, die an die Verhandlungen auf dem Züricher Kongreß anknüpften und nur einige statistische Aufklärungen enthielten. Von größerem Interesse waren die Auéführungen der Mrs. Leawitt, welche mit lebhaften Farben schilderte, wie die europäischen Kaufleute des Sewinnes wegen die Völker Indiens und Afrikas dur den Handel mit berauscheaden Getränken ins Verderben führten. Das le te Thema gab zu längeren Berhandlungen Veranlassung. Von mehreren Duren wurde die Einrichtung von Thee- und Kaffeehäusern lebhaft befürwortet ; Direktor Melliet war mehr für die Verabreihung \{wächerer Weine, die nicht so erbißend wirkten. Der übrigen alkobolfreien Getränke, wovon so zahlreihe Proben eingesandt worden waren, wurde fast gar nit gedacht.

Der heutigen leßten Sißzung des Kongresses präsidirte Prof. Forel. Es wurde bes{lossen, den nächsten Kongreß im Jahre 1892 in Deutschland oder in Holland abzuhalten. Nah der Wahl der Mitglieder des permanenten Comités folgten _noch verschiedene Mit- theilungen. Der offizielle Séluß des Kongresses fand heute Mittag statt.

Literatur.

* Von den Militär-Humoresken von Victor Laverrenz find jeßt „der Flankierbaum“ und „die erste Instruktions\tunde“ mit JZllustrationen von G. Brandt im Verlag von F. L. V. Laverrenz in Berlin in zweiter Auflage ers@ienen, Es zeigt dies, welchen Anklang diefe Erzählungen, deren Verfaffer es versteht, in frischer und lebendiger Weise und mit gesundem Humor die kleinen Leiden des Soldaten- standes, augenscheinlich aus eigener Erfahrung, zu schildern, bei dem Publikum gefunden haben. Als Augesblickélektüre ist das Büg@lein namentlich allen früheren Soldaten zu empfehlen, denen es durch die Erinnerung an Kaserne und Exerzierplaßz viel Unterhaltung ge- währen wird,

_, Gesammelte Aufsägze von M. Dragomirow, Kaiserl. russischen General-Adjutanten und Oberbefehlshaber des Kiewer Militärbezirks. Autorisirte Uebersezurg aus dem Russischen von Frhrn. von Tettau, Premier-Lieutenant im Pommerschen Füsilier- Regiment Nr. 34, Hannover, Helwing'she Verlagsbuhandlung. Der General Dragomirow, einer der hervorragendsten Führer des russischen Heeres, der seiner persönliden Bedeutung, wie seiner Kennt- nifse halber eine der einflufreihsten Stellungen inne hat, ift längst als einer der bedeutendsten militärishen Schriftsteller unserer Zeit be- tannt. Wenn seine Schriften auch nur Privatarbeiten find, so gewinnen sie doch eine besondere Bedeutung dadurch, daß ihnen von Seiten der russishen Armeeverwaltung der höchste Werth beigelegt wird und die in ihnen entwickelten Ansichten eine große Berücksichtigung finden. Es ist dies unter Anderem der Fall gewesen mit dem in dem vor- liegenden Werke gebrahten „Armee-Feuilleton, betreffend die Magazin- gewehre“, durch welhes die russishe Armee - Verwaltung bestimmt worden is, von der Einführung eines Magagzin- gewehres überhaupt Abstand zu nehmen und sich zur Annahme eines fkleinkalibrigen Einzelladers zu entschließen, wie ihn der Verfasser als wünschenswerth hinstellt. Für Militärs wird auch die Abhandlung über Meldungen und Befehle niht ohne Interesse sein, da sie, wenn sie auÿ für Deutsche nihts Neues ent- hâlt. do manten BVlick auf die im russishen Heere binsihtlih der Befehlertheilung vorhandenen Zustände thun läßt. Nichtmilitärs werden mit besonderem Interesse die in den „Briefen aus dem preußischen Hauptquartier“ (1866) mit großer Ünpartcilichkeit aus- gesprochenen Urtheile über die preußishen Soldaten, sowie die charafteristishen Wahrsprüche lesen, welhe der General Drazomirow in dem „Soldaten-Memento“ als die höchsten Gebote für den ge- meinen Soldaten zusammengestellt hat, Die Uebersezung ist fließend und verdient das höchste Lob.

Geschichte Bayerns in Verbindung mit der deutshen Geschichte von Dr. Wilbelm Schreiber, König- li bayerishem Hoffaplan und Hofbenefiziant. _Erfter Band. Von den Agilolfingern bis zum Ausgang des spanischen Erbfolgekrieges. Gs im Breisgau, 1889, Herder'sche Verlagshandlung. gr. 8,

. VI und 898. Preis 8 # Der Verfasser dieser Bearbeitung der Geshihte Bayerns hat laut eigener Aeußerung (S. V.) an dem Werke mit ununterbrochenen Stvdien und opferwilliger Hingebung an fein engeres Vaterland seit 25 Jahren gearbeitet, um den Landsleuten ein vaterländishes Geshi{téwerk von mäßigem Umfange und wahrheitsgetreuer, auf neuester Quellenforshung berubender Darstellung darbieten zu können Er hat h zur Aufgabe gemacht, durchweg die Wahrheit zu erforshen und alle \chônen, erhebenden Erscheinungen darzustellen, um in dem Bayern den Patriotismus für sein engeres Vaterland zu erwecken und zu beleben, Sein Streben ging dahin, die Li@t- und Sattenseiten in der Entwickelung des kirhlihen, politishen und Kulturlebens in wechselseitiger Einwirkung von einem Zeitraum zum anderen in erzählender Form darzustellen. _ Zugleih bemühte er sih bei Beschreibung des Reformations-Zeitalters die Protestanten ebensowenig mit einer Aeußerung zu verleßen wie in seinen früheren historischen Arbeiten. Der Verfasser durfte berechtigt sein, sich auf

öniglih Preußischen Staats-Anzeiger.

1890,

eine Rezension in der „Berliner Militär - Literaturzeitung“ 1&69, S. 170 u. 171, über seine Monographie „Morimilian L. der Katholische, Kurfürst von Bayern, und der dreißigiährige Krieg“ zu berufen, nach welcher dieses inhaltreihe Werk Zeugniß giebt vom deut- schen Forshungêgeist, deutsher Ausdauer in gediegener Gelehrsamkeit und anerkannt wird, daß der Verfasser, ein strenger Katholik, von seinem Standpunkt möglihst unparteiish zu Werke geht und daß sh seine Darstellung fern davon bält, irgendwie * verlezend für die Pros- testanten zu sein. Gleiches Lob gebührt aub der vorstehenden Ge- \chichte Bayerns, welche niht nur ohne jede antiprotestantisce Tendenz abgefaßt wurde und jeder fkirhenfeindliben “Gesinnung entbehrt, son» dern auch tas dur lange Jahre redlihes Streben gewonnene Ma- terial ges{ickt verwerthet und die Begebenheiten in klarer, ruhiger, arshauliher, jeden sörenden Schmuck vermeidender Sprache erzählt. Die Spezialgeschihte wird auf dem Fundament der gesammten deutschen, au europâishen Geshihte vor unseren Augen aufs gebaut : dieser große allgemeine Hintergrund sichert dem Werk auh für weitere Kreise einen beachtenêwerthen Vorzug. Der vorliegende erste Band behandelt das Mittelalter S. 4—415 und die neuere Zeit S. 419—898. Den religiösen, sittlichen, nationalskonomishen und kulturellen Verbältnissen ift eine aufmerksame wie einsihtsvolle Be- atung gewidmet, das Emporkommen Bayerns im fünfzehnten und sehszehnten Jahrhundert, namentlich durch Hervorhebung der Eigenart feiner Landesherren wie deren Beziehungen zu auswärtigen Fürsten, S. 371—415 nachgewiesen, Die Regierung des Kaisers Ludwig IV. von Bayern und des Kurfürsten Max 11. Emanuel ift S. 218 und 797 so dargestellt, daß deren Kenntniß eine Veränderung der seitherigen Auffassung begründen dürfte. Zum Beweise für den Gerewtigkeitsfinn unseres Verfassers, welder laut eigenem Bekennt- niß ein strenger Katholik ist, dient das Urtheil über das gottlose Leben des Papstes Alexander VI., dessen Regierung für das Pavstthum ein groß:s Unglück war, denn es is über ihn und seinen Hof viel gelogen und c¿eschmäht worden, weil viele seiner Handlungen verwerflih und f{lecht waren. (S. 446.) Die allgemeine Aufregung der Ge- müther bätte im Anfang des seck8zehnten Jahrhunderts dur eine starke und gerechte Reichsregierung beigelegt und die Grund- säße vom chriftlißen Gehorsam, wchristlicher Sitteneinfalt und christliher Liebe neu belebt werden sollen. (S. 447.) Zu berichtigen ist; der Verfasser der Geschichte der Völkerwanderung, 1854, hieß Wietersheim ni&t Wintersbeim (S. 10 A.), und der bekannte

Professor der evangelishen Theologie in Halle und Heidelberg (1853 Prälat und Dber - Kirhenrath- in Karlsruhe), welcher die beiden 1841/42 erschienenen Bände „Reformatoren vor der Reformation“ her- ausgab, \{rieb sich Ullmann ni&t Ulmann (S. 443 A.). Der zweite im Manuskript bereits vollendete Band wird die Geshichte vom öster- reiishen Erbfolgekrieg bis auf die Jettzeit 1890 enthalten ; hoffent- li wird demselben ein alphabetishes Register beigegeben, welches einem guten Werke nie feblen sollte.

Das Staatsrecht des russishen Reibs. Das Staatsrecht des Kaiserthums Rußland bearbeitet von Dr. Engelmann, orzentlihem Professor an der Universität Dorpat. Das Staatsre cht des Großfürstenthums innland bearbeitet von Dr. Mechelin, Freiburg i. B., 1889, Akademische Verlagshandlung von I. C. B. Mohr (Paul Siebert) gr. 8. S. X. und 350. Preis 13 #. Eine ausreichende auf eigener Kenntniß und Benußung des zuständigen Quellenmaterials beruhende Dar- stellung der staatlichen wie gesellshaftlihen Verhältnisse Rußlands haben neuerdings vorzugêweise englische und französishe S{hriftsteller geliefert. Schon aus diesem äußeren Grunde ist die Thatsache dankenswerth, daß ein bereits vortheilbaft bekannter deutsher Gelehrter die

Wissenschaft von dem russishen Reih auch für weitere deutsGe Kreise vermittelt hat. Das oben genannte Werk bildet die erste Ab- tbeilung des zweiten Halbbandes von Marqguardsen’s Handbuch des öffentlihen Rechts IV. Band. Wenn der Verfasser freilich ausdrücklich betont (S. 227 A. 1), „daß bei einer Darstellung des russischen Staatsrechts es nur darauf ankommen kann, die carakteristischen Unterschiede des Staatsrechts hervorzuheben und niht alle Einzel» heiten und Verschiedenbeiten in den Provinzen anzuführen“, so mat er doch den Organismus des in zwei Welt- theilen räumliH so weit ausgedehnten Reichs in allen seinen Theilen und Sunftionen ebenso deutli als verständlih. Pro- fessor Engelmann, gestüßt auf eine sehr genaue Satkenntniß und unterstüßt dur die Technik juristisher Umsicht, behandelt das Staatsrecht des Kaiserthums Rußland S. 3—241 na einer kurzen Angabe der Literatur in acht Abschnitten: Die Entwickelungsge\cichte, der staatsrechtliche Charakter des russischen Reichs, die souveräne \elbst- herrschende Gewalt, das Staatsgebiet, die Unterthanen, die Organi- sation der Verwaltung, die Aufgaben der Verwaltung, Organisation der Verwaltung in Asien, im Lande der donischen Kosaken, im König- rei Polen, in ten Osftsee- Provinzen. Lobenswerth ist, daß jeder bedeuten- deren geseßlichen Einrichtung deren Geschichte und jeßige Bedeutung vorangescickt wurde, sodaß ein vielfach kulturbistorisch eachtenswerther Einblick in die durch Peter den Großen europaisirte Gewalt Rufe lands gewährt wird. „Während im alten Rußland, im moskowit- tischen Zarthum der Staat im Zaren aufging, stellt Peter den Staat und das Wobl des Volkes voran und erklärt es als die Pflicht des Zaren, aus\chließlih das Wohl des Staats und Volkes im Auge zu haben und ganz dem Staat zu leben,“ (S. 10.) Mit ihm be- s die Umwandlung des moskowitishen Zarenthums in eine ab- olute europäische Monarchie, in welher das vom Monarchen ge- gebene Gese herrschen joll. (S. 12.) Peter der Große suhte in Rußland ein Bürgerthum nach westeuropäishem Muster zu schafffen und will dies erreiher, indem er eine hn- liche Organisation wie die, welhe sch im Westen Europas historisch entwidckelt hat, dur Ukase und Verordnungen einführt, wobei Liv- und Estland und Riga ihm als Muster dienen (S. 31). Seine Maßregeln waren aber nur zutreffend unter der Vorausseßung, daß Alle in der Staatsverwaltung mit demselben Eifer und dem- selben Verständniß für die Sache arbeiteten, wie er selbft (S. 47). Die Bedeutung, „welche Rußland seit Peter dem Großen, Katharina I. und besonders seit Alexander I. in Europa genießt, hat es dur sein eer und seine Diplomatie erworben ; daher waren anderthalb Iahr- undert hindurch die Kollegien und Ministerien, welche diese Angelegen- heiten zu verwalten hatten, neben denen, wele die Mittel für den Unterhalt des Heeres und des Hofes zu beschaffen hatten, die wib- tigsten. Die Ministerien wurden im Jahre 1802 von Alexander I. eingeführt, es giebt 12 oder eigentli 14 Ministerien, da der Ober- cent der Synode und der Chef der Anstalten der Kaiserin

aria die Rechte und Stellung eines Ministers haben (S. 65). In dem Abschnitt über die geschichtlihen und ökonomischen Grundlagen der Bauergemeinde vershweigt der Verfasser S. 119 nit, daß die vom Kaiser Nicolaus erlassenen besonderen Agrar- und Gemeinde- verordnungen sih auf dem Papier ganz gut ausnahmen, allein mit einem solchen Aufwand bureaukratisher Bevormundung ausgestattet waren, daß ihre wohlthätige Wirkung illusorisd und meist dur das Ermessen des Bezirks-Chefs ersezt wurde. Auch über die rechtlichen Zustände “in den Oftseeprovinzen äußert sich der Verfasser. Die Bedeutung der Ostsceprovinzen für Rußland liegt nach seiner Meinung vor. Allem in der Thatsathe, „daß Rußland in denselben drei Landschaften besißt, in welchen die Selbstverwaltung niht erst von oben mühsam begründet, eingeführt und bevormundet zu werden braucht, sondern seit Jahrhunderten fest eingebürgert ist. Die

Stände sind hier daran gewöhnt, die Angelegenheiten des Landes zu