1890 / 224 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 17 Sep 1890 18:00:01 GMT) scan diff

Angekommen: der Vorsitzende der Verwaltung des Reichs Jnvalidenfonds Dr. Michaelis, aus Soden.

Personalverändernngen.

Königlich Preußische Armee.

Ernennungen, Beförderungen und Versetzunaen. Im aktiven Heere. ECEkensund, on Bord S. M. Yawdt «Dohbenzollern*, 8. September. Graf v, d. Groeben, Sec. Lt. vom Regt. der Gardes du Corps, kommándirt bei der Gesandtschaft im Haag, vom 1. Oktober d. J. ab auf cin weiteres Jahr, und zwar zur Dienstleistung bei dem Auéëwärtigen Amt, kommandirt.

Düppel-Mühle, 10 September. Künstler, Hauptm. À la suite des Feld-Art. Regts. von Peucker (Schles.) Nr 6 und Lehrer bei der Kriegssckule in Hannover, in gleicher Eigenschaft zur Krieas\chule in Meß, Thümmel, Hauptm. à la suite des West- preuß. Feld-Art. Regts. Nr. 16 und Lehrer bei der Kriegsschule in Mey, in gleiber Eigenschaft zur Kricgss{ule in Hannover, verseßt.

Dur Verfügung des Kricgs-Ministeriums. 27. August. Tau, Zeug-Hauptm. vom Art. Depot in Straßburg i. E.,, zum Art. Depot in Danzig, Stürmer, Zeug-Haupim. vom Art. Depot in Danzig, zum Art. Depot in Straßburg i. E, Waschke, Zeug-Lt. von der Art. Werkstatt in Devt, zum Art. Depot in Meh, Hoefs, Zeug-Lt. vom Art. Depot in Met, zur Art. Werkstatt in Deut, versc{t. : / bshied8bewilligungen. Im aktiven Heere. Gra- venstein, 7. September. v. Breitenbau, Hauptm. z. D., zu- Ießt Comp. Chef im 3. Tküring. Inf. Regt. Nr. 71, unter Erthei- Iung der Erlaubniß zum ferneren Tragen der Uniform des gedachten Regits., in die Kategorie der mit Pension verabschiedeten Offiziere zu- rüdgetreten.

S Sanitäts-Corps. Pasewalk, 2. September. Stoe- ter, Assist. Arzt 1. Kl. der Ref. aus dem Landw. Bezirk Bernburg,

der Abschied ertheilt.

Nichtamtliches. Deutsches Neich.

Preußen. Berlin, 17. September.

Am heutigen Tage trifft Se. Majestät der Kaiser Franz Joseph zum Besuh Sr. Majestät des Kaisers und Königs in Rohnstock in Schlesien ein. Jst der hohe Besuch zunächst auch nur den militärischen Uebungen ge- widmet, welhe in diesen Tagen vor den Augen Jhrer Kaiserlihen Majestäten \sich abspielen werden, so darf doch die Thatsahe der Begegnung Beider Majestäten als ein neues Unterpfand der wie Se. Majestät der Kaiser und König Sich bei dem für die Provinz Schleswig-Holstein am 5. September in Gravenstein gegebenen Festmahl aus- drücdte „engen Beziehungen innigster Freundschaft und festester Waffenbrüderschaft“ gelten, welhe zwischen den Beiden Monarchen bestehen. Das deutshe Volk ruft dem erhabenen

reund unseres Kaisers bei Seinem Betreten deutshen Bodens ein herzlihes Willlommen zu, mit welhem es den Wunsch verbindet, daß auch diese Begegnung den hohen Zielen, welche Beide Majestäten für das Wohl Jhrer Völker verfolgen, sich förderlih erweisen möge.

Zur Begrüßung des Kaisers Franz Joseph schreibt die „Schlesische Zeitung“:

„Ehrfurhtsroll begrüfen unsere Provinz und unsere Stadt am heutigen Tage den VBekberrscker des mächtigen Nactbarreiches, den erhabenen Berbündeten unseres Kaisers, auf {{lsischem Boden. Gefühle aufrihtiger Sympathie sind es, die ihm hier wie im ganzen deutschen Vaterlande entgegengebrawßt werden. In ver- jöhnendem Lichte ersheinen nun die Jahrhunderte )angen Kämpfe zwischen Oesterrei und Preufen um die Führersckaft in Deutsch- land. Was früher troß der formell engeren Verbindung geschieden war in s{arfer Rivalität, ist jeßt geeint nah mens{lick@er Vor- auésidt für die Dauer. Das ron Preußen geführte Deutsche Reich und Oesterrcih:-Ungarn bilden nunmchr im Herzen Europas ein Acttzigmillionen-Reib, das den Weltfrieden zu diktiren und ihn zu verbürgen entschlossen ist

Erst kürzlich baben die deutshe Armce und Flotte bei Gelegenbeit der bedeutungsvollen kombinirten Manöver an der \@le8wig-bolsteinischen Küste ihre österreichishen Waffenbrüder auf demselben Boden begrüßen dürfen, auf welchem einst österreihischs und preußisches Blut gemeinsam vergessen worden ist. Als cine besondereEhre werden es die SöhneS(]esiens empfinden, daß Kaiser Pren ofeph zugelen sein wird, wenn unser Kaiser- Tier Herr Heerschau hält über die weh1fähige Jugend unserer Provinz. Mêge das Band, welches die erhabenen Beberrs{er und die Regierungen der beiden benachktarten Kaiserreiße verbindet, auch die Völker beider Staaten einanter immer räôher bringen. Je fester und unau}löslicker diese Verbindung {sich gestaltet, desto mehr wird der Friede Europas und der Fortschritt segcnbringender Kulturarbeit

gesichert sein.“

Die Wiener Zeitungen begrüßen, wie „W. T. B.“ meldet, die heutige Zusammenkunft der Kaiser Wilhelm und Franz Joseph avfs Sympathischste, Das „Fremdenblatt“ sagt, die häufigen herzlichen Begegnungen zeigten aller Welt, daß das deutsch: öfterreihishe Bündniß in voller Kraft dastehe und sich immer fester einwurzele; auch der neue Reichzkanzler ver- folge die alte Bahn der Friedensliebe. Die „Presse“ schreibt, die Zusammenkunft erhalte eine besondere Weihe durch die freudigen, überzcugungsstarken Sympathien, mit denen die Bürger des Deutschen Reichs sowohl wie diejenigen der österreichish-ungarishen Monarchie an dem freundschaftlichen Verhältnisse ihrer Herrscher theilnehmen.

Ueber das gestern {hon kurz erwähnte Manöver des V, Armee-Corps berichtet „W. T. B.“ Folgendes :

Se. Majestät der Kaiser traf Morgens (am Dienstag) früh 8 Uhr in Generals-Uniform zu Pferde in Prinkendorf ein Und begab Sich alsbald in das Manövergelände. Das V. Armee- Corps marschirte in zwei Kolonnen in der Richtung auf Jauer zu und traf südlih von Eichholz auf den. von Jauer vorrückenden markirten Feind. Legzterer flankirte erfolgreih von Triebel- wiß her und fang die Hauptkolonne zurücckzugehen. Am

luß der Uebung, welcher um 103/, Uhr stattfand, erfolgte Parademarsh in Regimentskolonne, die berittenen Truppen im Trabe. Se. Majestät kehrte mittels Sonderzuges nah Liegniß zurück.

__ Abends um 6 Uhr fand im Königlichen Schlosse zu Liegniy Mittagstafel statt. Rehts von Sr. Majestät dem Kaiser saßen: der Herzog von Connaught, der Prinz Ruppreht von Bayern, der Prinz Friedrich Leo- pold, der Prinz Friedrih August von Sahsen, der Erhb-

prinz von Sachsen-Meiningen und der Prinz Heinrih XIIL, Reuß; links von Sr. Majestät hatten der Prinz Ludwig von Bayern, der Prinz Georg von Sachsen, der Prinz-Regent von Braunschweig, der Herzog Günther zu Schleswig - Holstein, der Prinz Albert zu Schleswig: Holstein-Sonderburg-Glücksburg ihre Pläße. Gegenüber Sr. Majestät saßen der Ober-Präsident von Posen Graf Zedliß-Trüßshhler und der Ober-Präsident von Schlesien von Seydewitß. E j

Heute ( Mittwoch) fuhr Se. Majestät der Kaiser Morgens um 8 Uhr von Liegniß mit den anwesenden Fürstlichkeiten mittels Sonderzuges in das Manöver- gelände bei Jauer. (Die Generalidee für das heutige Manöver war folgende: Die Nord-Armee ist von Posen über die Oder gegen das s{lesishe Gebirge vormarschirt; die von Böhmen sich sammelnde Süd-Armee mit starker Kavallerie ist über Reichenberg und Friedland nah Niederschlesien und egen die Oder vorgezogen und hat mit 2 Kavallerie-Divisionen bei Schmokwiy die Kaßbah überschritten. Die Vorposten stehen zwischen Reppersdorf und Wahlstatt. Bei der Nord- partei bilden die 12. Jnfanterie - Division und die Kavallerie- Division des VI. Armee-Corps den rehten Flügel, derselbe überschritt am 16. die Oder bei Malt, erreihte Großwandriß und soll den Vormarsch auf Rohnstock fortseßen).

Kurz nah 1 Uhr traf Se. Majestät, wie „W. T. B.“ meldet, vom Manöverfelde kommend, zu Wagen in Rohnstock ein. Graf Hochberg ritt dem Kaiserlihen Wagen voran.

Ueber die Parade des V. Armee-Corps am Montag entnehmen wir der „Schlesishen Zeitung“ folgende Mit- theilungen: : j

Die Paraète fand auf dem denkwürdigen Play südli von Liegniß zwishen den Ortschaften Klein-Tinz, Eichholz, Christianshöhe und dem Lerchenberge statt, wo die gewaltige Mongolenshlacht und die historishen Schlachten vom Jahre 1760 und vom 26. August 1813 geshlagen wurden. Se. Majestät der Kaiser, welcher mit Jhrer Majestät der Kaiserin und den Fürstlihen Gästen von Breslau über Liegniß bei Brechelshof eingetroffen war, begab Sich alsbald in der Uniform der Garde- Husaren mit dem glänzenden Gefolge von Fürstlichkeiten und hohen Offizieren vom Bahnhof Brechelshof zu Pferde auf das Paradefeld. Jn Liegniy batte sich den Ma- jestäten der Prinz Ludwig von Bayern, Chef des 2. Nieder- schlesishen Fnfanterie-Regiments Nr. 47, angeshlossen. Der Kaiser freute Sich sichtlich, als Er den Prinzen fah, und begrüßte denselben aufs Herzlichste. Die Kaiserin fbr in sechsspänniger Equipage nah dem Paradeplaße. Der Herzog von Connaught war in der Uniform der Zieten-Husaren erschienen, der General- Feldmarschall Prinz Georg von Sachsen in großer Generals- Uniform, sein Sohn Prinz Friedrich August von Sachsen als sächsischer Husar. Auch der Prinz und die Prinzessin Friedrich Leopold von Preußen sowie der Prinz-Regent Albrecht waren anwesend. |

Die Parade wurde befehligt von dem kommandirenden General des V. Armee-Corps, General-Lieutenant von Seeckt und war in zwei Treffen aufgestellt.

Jm ersten Treffen standen: Die 9. Division (General- Lieutenant von Köller), bestehend aus der 17. und 18. Jn- fanterie-Brigade (General-Majors Schuh und Ahlborn); die 10. Division (General-Lieutenant am Ende), bestehend aus der 19. und 20. Infanterie-Brigade (General-Majors von der Schulenburg und von Noques); ferner das Jäger-Bataillon von Neumann (1. Schlesisches) Nr. 5, das Niederschlesische Fuß - Artillerie - Regiment Nr. 5 und das Niederschlesische Pionier-Bataillon Nr. 5.

Im zweiten Treffen standen: Die Garde - Kavallerie- Division (General: Lieutenant Edler von der Planiß), bestehend aus der 1. bis 4. Garde: Kavallerie-Brigade (Oberst Prinz zu Salm-Horsimar, Oberst von Kleist, General-Major Albert Prinz zu Sachsen - Altenburg und Oberst von Michaelis); die 9, Kavallerie - Brigade (Oberst Freiherr von Dindcklage);, die 5. Feld- Artillerie-:Brigade (General-Major Hoffbauer) und das Nieders&lesishe Train-Bataillon: Nr. 5.

Nach dem Abreiten der Front fand ein zweimaliger Vor- beimarsh der Truppen stait. Dem Prinzen Ludwig von Bayern, welcher sein Regiment Nr. 47 zwei Mal vorbei- führte, drüdckte der Kaiser wiederholt dankend die Hand. Der Kaiser führte sein Leib-Garde-Husaren-Regiment zweimal der Kaiserin vor, wie auch beide Mal Prinz Albrecht von Preußen beim Defiliren des 1. Garde: Dragoner-Regiments cotoyirte. Tausendstimmige Hurrahs ertönten, als Se. Majestät an der Spitze seiner Leib-Garde- Husaren einherritt. Nah dem Ab- reiten der Truppen ritt der Kaiser zuerst die Reihen der links von der Zuschauertribüne postirten \{lesishen Krieger- vereine entlang, dann an den Zöglingen der Ritter-Akfademie und des Wahlstätter Kadetten-Corps, den Reserve: Offizieren und der Zuschauertribüne vorüber zu den rechts von der leßteren stehenden Kriegervereinen aus der Provinz Posen. Der Kaiser nahm aus den Händen der Vorstände der einzelnen Vereine die Rapporte entgegen und zeichnete wiederholt verschiedene Mitglieder durch längere An- sprahen aus, Sih nach ihren persönlihen Verhält- nissen, dem Anlaß zu ihrer * Dekorirung u. a. m. mit theil- nehmendem Fnteresse erkundigend. Mit huldvoller Freundlichkeit erkannte Se. Majestät das militärishe und frishe Aussehen der Krieger an; Er wisse sehr wohl, saate Er, daß sie gute Soldaten seien und sie möchten auch im Civilstande feststehen zu gutem Wirken. Jn der auf die Parade folgenden kurzen Kritik sprah Sih Se. Majestät sehr zufrieden mit den Leistungen des V. Armee-Corps aus.;

Der Reichskanzler von Caprivi hat sih gestern früh von Berlin nah Schlesien begeben. Nachmittags um 23/ Uhr traf der Reichskanzler in Liegniß ein und Lage, ohne Aufenthalt zu nehmen, über Striegau nach Rohnstock weiter.

__ Sofort nah dem Erscheinen des „Times“: Artikels vom 15. d. M., demzufolge der stellvertretende Reihskommissar für Ost - Afrika ¡mittelst einer Proklamation den Sklavenhandel für erlaubt erklärt und unter amt- liher Mitwirkung eine öffentlihe Auktion von Sklaven in Bagamoyo stattgefunden habe, hat das Auswärtige Amt einen telegraphishen Beriht des gedahten Beamten über das Sachverhältniß an In einem heute eingegangenen Telegramm erihtet der stellvertretende Reichskommissar aus Sansibar, daß er eine solche

Proklamation nicht erlassen habe und daß wahrsche:nli

der Unfug eines Arabers der Nachricht der E {hen Blätter zu Grunde E : eine Untersuhung werde sofort eingeleitet. Daß in Bagamoyo eine Sklaven- auktion unter amtlicher Mitwirkung abgehalten worden, sei undenkbar. Hr. Dr. Schmidt wird sich ungesäumt nah Bagamoyo begeben und von dort weiter berichten.

Zu dem die soziale Frage betreffenden Trinkspruch Sr. Majestät des Kaisers und Königs, welchen Allerhöchst- derselbe am Sonnabend bei dem Provinz-Diner in dem Königlichen Schlosse zu Brezlau ausgebraht hat, und den wir in Nummer 222 d. Bl. nah „W. T. B.“ im Wortlaut mitgetheilt haben, bemerkt der „Hamburger Korre- spondent“: ¿

„Der Kernpunkt des Kaiserliwen Trinksprues liegt in den Worten, mit weihen j:der Bürger des Staates obne Unterschied der Parteien und Konfessionen aufgefordert wird, nicht nur dem Staat und seinen Organen die Bekämpfung der umwälzenden Elemente zu überlassen, sondern selb mit Hand anzulegen und tkâätig eirzugreifen, damit die Achtung vor der Kirche, der Respekt vor dem Gefeß und der unbedingte Gehorsam der Krone gegenüber wieder hergestellt werde. Das sind kernige Worte, welche erfreulider Weise die auf mifverständlicher Deutung der bekannten Kaiferlihen Erlasse gegründete Meinung zer- \tóören, als ob Kaiser Wilhelm Il. auf Ecfüllung der Pflichien, welche der Arbeiter dem Staate gegenüber hat, weniger Werth legt, als auf die Besserung der Lebensbedingungen der Arbeiterbevöikerung. In diejenigen Kreise der Sozialdemokratie, welche kein Hehl daraus machen, daß bei Ausführung ihrcr Ideen Thron und Altar beseitigt werden sollen, werden die Worte des thatkräftigen jungen Herrschers als eine: ecnste Mahnung dringen. innezuhalten auf dem freventlich eingeschlagenen Wege. Für diejenigen Theile der Arbeiterbevölkerung, welche blindlings bisher den Lehren der soztaldemokratischen Apostel vertrauten und sich der Gefährlithkeit des angestrebten Zieles nit bewußt waren, werden die Kaiserlichen Worte erst recht nicht verloren gehen. weil sie die Gefabren darlegen, in welche durch die umwälzenden Elemente Staat und Gesfellscaft acdrängt werden. Es find nicht mehr „Schatten“, weile vorüberziehen, sondern greifbare Gewalten, zu deren Bekämpfung Ieder ‘verpflichtet ist, dem noch etwas heilig geblieben, dem das Menschheitsideal nit verloren gegangen ist. A226 dem Schlummer rütteln die Worte des Kaisers vor Allem Diejenigen auf, welche die bequeme Ansicht vertraten, daß die Sthilderung der drobenden fozialen Gefahr übertrieben, oder sich mit dem Bewußtsein trösteten, daß es lediglich Aufgabe der Staatsgewalt sei, derartige zerstörende Neubildungen im staallihen Organismus zu beseitigen. Kaiser Wilhelm verlargt mit Net, daß jeder gute Bürger thätig mitwirke an den Vefsirebungen, welche darauf gerichtet sind, die drohende Gefahr einzudämmen. Und in der Vorausseßung, daß dieses ge¡cehe, ist der Kaiser auh der Ueberzeugung, daß das schwierige Werk A werde, Möge die Hoffnung des Monarchen in Erfüliung gehen !“

Nach neuerer Meldung der Bergwerks-Direktion zu Saar- brüdcken sind auf Grube Maybach nicht 24, sondern 25 Mann zu Tode gekommen.

Bei der bisber für die Geschäftsberichte der Schieds- gerihts-Vorsißenden vorgeschriebenen Form ließ die im Ab- schnitt XIT des obligatorischen Theils der Berichte enthaltene Darstellung der rechtsprehenden Thätigkeit der Schiedsgerichte neben der Zahl der Berufungen in der Hauptsache nur deren prozessualen Verlauf erkennen. Wie in einem Rund- chreiben des Reichs-Versiherungsamts an die Vor- sißenden der Schiedsgerichte ausgeführt wird, würde es für dasselbe von erheblihem Werth sein, aus den Jahresberichten auch ein übersichtlihes Bild von dem den Berufungen zu Grunde liegenden Streitstoff gewinnen zu können, wie solches bereits einzelne Vorsißende durch eine Zusammen- stellung der zur Entscheidung gelangten Streitfragen in fakultativen Theil ihrer Berichte gegeben haben. Jn An- lehnung an diese einzelnen Vorgänge ersuht das Reich3- Versicherungsamt die Vorsizenden, in den künstigen Geschäftsberihten die Darstellung der rechtsprechenden Thätig- keit (Abschnitt ITT der Berichte) durch die Beifügung einer Uebersicht der durch Entscheidung erledigten Berufungen er- weitern und leßtere alljährlich bis zum 10. Januar mit- einsenden zu wollen. Für mehrere unter der Leitung eines L stehende Schiedsgerichte ist nur eine gemeinschast- liche Zusammenstellung zu fertigen. Mit Rücksicht auf die Wahrnehmung, daß einzelne der für das Jahr 1889 erstatteten Geschäftsberihte durch Verwendung von Poftwerthzeihen. frankirt hier eingegangen sind, maht das Reichs-Versiherungs- amt, um die Kassen der Berufsgenossenschaften vor unnöthigen Ausgaben zu bewahren, darauf aufmerksam, daß die Vor- sißenden ihre Geschäftsberichte unbedenklih unter der Bezeich- nung „Neich&dienstsache“ portofrei an das Reichs-Versicherungs- amt befördern können.

Nah der im Reichs-Eisenbahnamt aufgestellten, in der Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs- und Staats - Anzeigers“ veröffentlihten Nachweisung der auf deutschen Eisenbahnen aus\chließlich Bayerns im Monat Juli d. J. beim Eisenbahnbetriebe (mit Auss{luß der Werkstätten) vorgekommenen Unfälle waren im Ganzen zu verzeihnen: 5 Entgleisungen und 2 Zusammenstöße auf freier Bahn, 21 Entgleisungen und 16 Zusammenstöße in Stationen und 156 sonstige Unfälle (Ueberfahren von Fuhrwerken, Feuer im Zuge, Kesselexplosionen und andere Ereignisse beim Eisenbahn- betriebe, sofern bei leßteren Personen getödtet oder verleßt worden sind). Bei diesen Unfällen sind im Ganzen, und zwar größtentheils durch eigenes Verschulden, 171 Per- sonen verunglückt, sowie 47 Eisenbahnfahrzeuge erheblich und 113 unerheblich beschädigt. Von den beförderten Reisenden wurden 3 getödtet und 10 verlegt, und zwar entfallen : je eine Tödtung auf die Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn: Direktionen zu Erfurt und zu Hannover und auf die Königlich sächsishen Staatseisenbahnen, drei Verlezungen auf die Königlih württembergischen Staatseisenbahnen, je zwei Verleßungen auf die Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisen- bahn-Direktionen zu Hannover und zu Berlin und je eine Ver- lebung auf die Reichseisenbahnen in Elsaß-Lothringen sowie auf die Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn: Direktionen zu Frankfurt a. M. und zu Magdeburg. Von Bahnbeamten und Arbeitern im Dienst wurden beim eigentlichen Eisenbahnbetriebe 24 getödtet und 102 verlegt, von Steuer- u. st. w. Beamten 2 verleßt, von f\remden Personen (einshließlih der nicht im Dienst befindlihen Bahnbeamten und Arbeiter) 14 ge-

tödtet und 16 verleßt. Außerdem wurden bei Nebenbeschäfti- gungen 47 Beamte verlegt. Von den sämmtlihen Unfällen eim Eisenbahnbétriebe entfallen auf: A. Staatsbahnen und unter Staatsverwaltung stehende Bahnen (bei zusammen 33 027,28 km Betriebslänge und 954 749 291 geförderten Achsfkilometern) 187 Fälle, davon sind verhält- nißmäßig, d. h. unter Berüsichtigun der geförderten Achskilometer und der im Betriebe gewesenen Längen auf der Main-Neckar-Eisenbahn, in dem Verwaltungsbezirk der Königlichen Eisenbahn - Direktion (rechtsrh.) zu Köln und auf der mecklenburgishen Friedrih-Franz-Eisenbahn die meisten Unfälle vorgekommen. B. Privatbahnen (bei zusammen 2527,49 km Betriebslänge und 29 714 117 geförderten Achs- filometern) 13 Fälle, davon sind verhältnißmäßig auf der Kiel-Elernförde: Flenëburger Eisenbahn, auf der Neustreliß- Warnemünder und auf der Hessishen Ludwigs-Eisenbahn die meisten Unfälle vorgekommen.

S. M. Kreuzer „Habicht“, Kommandant: Korvetten- Kapitän Buri, ist am 15. E in Mossamedes ein- getroffen und beabsihtigt, am 18. nah St. Paul de Loanda in See zu gehen. Das Kreuzer-Geschwader, bestehend aus S. M. Shiffen „Leipzig“ und „Sophie“, mit dem Geschwader-Chef, Contre-Admiral Valois an Bord, ist am 16. September in Sydney eingetroffen.

Köln, 16. September. Der Kaiser von Brasilien hat sich, dem „W. T. B.“ zufolge, von hier zum Besuch des Krupp'’shen Etablissements nach Essen begeben.

Bayern.

München, 16. September. Jhre Königliche Hoheit die Prinzessin Adalbert kehrte mit ihren drei Töchtern gestern Abend aus Berchtesgaden nah München zurück, wurde am Centralbahnhofe von der Königin Jsabella von Spanien sowie dem Prinzen und der Prinzessin Ludwig Ferdinand empfangen und zur Königlichen Residenz begleitet, woselbst Erstere nun das Wintergquartier beziehen.

Die Stadtvertretung von Augsburg beschloß, dem „W. T. B.“ zufolge, sich an der Adresse zum 90jährigen Geburtstage des Grafen Moltke zu betheiligen und zeichnete zu diesem Zweck 1000

Auf eine Einladung des Münchener Comités zur Be- theiligung an den Beiträgen für das dem Fürsten Bismarck am Starnberger See zu errichtende bayerishe Denkmal, versammelten si, wie dem „SZwäb. Merk.“ geshrieben wird, dieser Tage mehrere angesehene Persönlichkeiten aus allen Ständen im Bayreuther Rathhause, umhierzu Stellung zu nehmen. Der liberale Landtagsabgeordnete Bergrath Hahn gab dem Bedenken Ausdruck, dap bei ausschließliher Zuwen- dung der Beiträge zum bayerischen Denkmal gegen Bayern der Vorwurf des Partikularismus erhoben werde; man möge bei einem entsprechenden Ergebnisse wenigstens einen Theil des Fonds für das in Berlin zu errihtende Denkmal überweisen. Bürger- meister Dr. Mundcker sprach sich dahin aus, daß im Hinblick auf die außerordentlich hohen Beiträge, welche dem Berliner Comité bercits zugeflossen, die einlaufenden Beiträge für das bayerishe Denkinal Verwendung finden sollten. Rechtsanwalt Heydenreih führte aus, daß Bayern außer dem Dank, den jeder Deutsche dem Kanzler schulde, noch besondere Pflichten gegen diesen habe; denn nur seinem versöhnlihen und energischen Eintreten beim Friedenss{luß 1866 habe Bayern so milde Bedingungen zu verdanken gehabt. Schließlich einigte man sih dahin, den Spendern freizustellen, ob fie für das Berliner oder das bayerishe Denkmal Beiträge leisten wollen.

Sachsen.

Dresden, 16. September. Das „Dresdner Journal“ meldet : Jn Folge einer Einladung Sr. Majestät des Deutschen Kaisers und Königs von Preußen wird Sih Se. Majestät der König zur Theilnahme an den Manövern des V. und VI. Armee-Corps morgen, Mittwoch, den 17. d. M., mit dem fahrplanmäßigen Zuge Vormittags 10 Uhr 20 Minuten über Görliß - Liegnis nah Börnchen bei Hohenfriedeberg in Schlesien begeben. Jn Seiner Begleitung werden si be- finden: General-Major Freiherr von Hodenberg, General à la suite Sr. Majestät des Königs, die Königlichen Flügel- Adjutanten Oberst-Lieutenant Graf Vizthum von Ecfstädt und pier t Haugk, und der Königliche Leibarzt Ober-Stabsarzt

r, cFacobi.

Das Ministerium des Jnnern erläßt folgende, vom 13, d. M. datirte Bekannimachung: / G

In Folge des Auftretens der Reblauskrankheit in einem Weinberge des dritten Aufsichtsbezirks sieht sih das Ministerium des Innern veranlaßt, zuglei unter Erinnerung an das in § 4 des Reichsgeseßes, betreffend die Abwehr und Unterdrückung der Reblaus- krankheit, vom 3. Juli 1883 (Geseß- und Verordnunasblatt 1884 Seite 164) allgemein ausgesprochene Vertot der Versendung und Einführung bewurzelter Reben, auch das Verbringen sogenannter Blindreben (zur Anpflanzung neuer Rebanlagen bestimmter unbewurzelter Reben) aus den Bezirken der Ge- meinden Niederwartha und Weistropp, des Rittergutes Weistropp, der Gemeinde und des Rittergutes Wildberg, der Gemeinden Klein- \{önberg, Hartha, Konstappel, Pinkowiß, der Gemeinde und des Rittergutes Gauernit, der Gemeinden Röhrsdorf, Gruben mit ihren Ortstheilen Bergwerk, Pegenau, Reppina mit Schloß Scharfenberg und Reppniß, des Rittergutes Scharfenberg nebst den Vorwerken Pegenau und Reppnig, der Gemeinde und des Rittergutes Baßdorf in andere Gegenden bei 150.4 Strafe für jeden Zuwiderhandlungs- fall zu verbieten.

Württemberg.

Stuttgart, 16. September. Jhre Königlichén Majestäten empfingen, dem „St.-A. f. W.“ zufolge, gestern in Friedrihshafen den Besuch Jhrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Großherzogin von Toskana, welche mit ihrer Tochter, der Erzherzogin Luise, Nahh- mittags dort eintraf, an der Königlichen Tafel Theil nahm und Abends wieder nah Lindau zurückkehrte.

Mecklenburg-Schwerin.

Schwerin, 16. September. Se. Königliche Hoheit der Großherzog und Jhre Kaiserlihe Hoheit die Groß- n haben, den „Meckl. Nachr.“ zufolge, Algier am 15. d. M. verlassen, nahdem günstige Witterung eingetreten, und sih zunächst zu kurzem Besuch nah Cannes begeben, woselbst der Aufenthalt bis zum 21. d. M. dauern wird. Das Befinden Sr. Königlichen Hoheit war leidlih gut.

Sachsen-Coburg-Gotha.

Coburg, 16. September. Se. Hoheit der Herzog ist, wie „W. T. B.“ meldet, zum Besuch des Grafen Nicolaus Esterhazy nah Totis in Ober-Ungarn abgereist und begiebt sih von dort in einigen Tagen auf seine Tiroler Be- sißungen.

Schwarzburg-Sondershausen.

Sondershausen, 16. September. Se. Durthlaucht der Fürst ist, dem „Reg.- u. Nachr.-Bl.“ zufolge, gestern von hier nah Gehren zurückgereist.

Deutsche Kolouien. - Deutsh-Ost-Afrika. Einem Wolff’ schen Telegramm aus Sansibar vom 16. September zufolge ist Emin Pascha am 4. v. M. in Tabora angekommen und hat ih

ganz Unjamwesi ihm unterworfen.

Oesterreich - Ungarn.

Wien, 17. September. Die Manöver bei Monos- petri haben mit dem gestrigen Tage ihr Ende erreicht. Se. Majestät der Kaiser und König dankte, dem „W. T. B.“ zufolge, dem Offiziercorps, indem er seiner Freude über den Abschluß der lehrreihen Manöver Ausdruck gab und die gute Detailausbildung sowie den guten militärishen Geist aller Truppen hervorhob. Der Kaiser und König rihtete an den Erzherzog Albrecht ein Handschreiben, in welchem er seine vollste Befriedigung über die instruktive, dem Ernstfalle möglichst angepaßte Durhführung der Schluß- manöver des VI. und VII, Corps aussprach, sowie auc sämmtlihen Kommandanten und dem Chef des Generalstabes seine Zufriedenheit kundgab. Die Abreise Sr. Majestät von Szekelyhid nah Schlesien erfolgte gestern 6 Uhr Abends.

Wie der „Pol. Corr.“ aus Lissabon gemeldet. wird, hat Jyre Majestät die Kaiserin und Königin während des kurzen Aufenthaltes in der genannten Stadt im strengsten JFncognito Jhren Majestäten der Königin-Wittwe Maria Pia sowie der Königin Amalie Besuche abgestattet und einen Ausflug nah Eintra unternommen. Am 14. d. M. hat Jhre Majestät die portugiesishe Hauptstadt auf der Yacht Chazalié, welche den Kurs nach Gibraltar nahm, verlassen.

Die Theilnehmer an der Eröffnungsfeier für die Arbeiten des „Eisernen Thores“ besichtigten gestern, wie „W. T. B.“ meldet, die Katarakte beim Eisernen Thore, fuhren das serbische Ufer entlang nah Turnu Severino, von der Bevölkerung mit Zivio-Rufen begrüßt, nahmen dann die Petroleumcaissons in Kladowo in Augenschein und kehrten nah Orsowa zurü.

Jn Pester Kreisen erwartet man, wie der „Pol. Corr.“ geschrieben wird, von der persönlihen Berührung der unga- rishen und serbishen Minister einen günstigen Einfluß auf die rasche Lösung der schwebenden Differenzen. Die ungarische Presse stimme dem Austaush freundliher Versicherungen zwischen dem ungarischen und dem serbishen Minister- Präsidenten in Herkulesbad zu und hoffe, derseibe bedeute den Beginn einer neuen Aera in den Beziehungen beider Staaten.

Großbritannien und Jrland.

London, 16. September. Die Königin von Ru- mäntien wird demnächst nah Bray, dem Brighton Jrlands, üÜbersiedeln. Der Badeort is nur 15 Meilen von Dublin entfernt und ein Liebling?-Sommeraufenthalt der Bewohner der irischen Hauptstadt.

Sir Evelyn Baring und Sir Francis Grenfell begeben si, der „Times“ zufolge, demnächst nah Neapel, um Lord Dufferin in seinen Unterhandlungen mit der italienishen Regierung in Bezug auf die Absteckung der Grenze zwishen dem egyptishen und italienischen r rvagtans an der Küste des Nothen Meeres zu unter-

igen.

__ Die Feldübungen der beiden in Berkshire gegen einander operirenden Kavallerie-Brigaden werden fort- geseßt. Am Sonnabend war die den Üebungen zu Grunde liegende Jdee die, daß sich ein Vertheidigungs-Corps in Reading und Basingstoke konzentrire, während d eine im Severn gelandete Einfalls-Armee ihr nähere. Die Angreifer hatten die Uebergänge über die Themse bei Moulsford und Streatley zu nehmen.

Frankreich.

Paris, 17. September. Der internationale Ge- treidekongreß ist gestern Nahmittag in Gegenwart des Arbeits-Ministers Yves Guyot eröffnet worden. Der Minister hob, wie „W. T. B.“ meldet, die Wichtigkeit der Wasserstraßen für den Getreidehandel hervor und versprach, die Errichtung von Navigationskammern zu fördern.

Die Flottille von Tongking wird neuerdings um 3 Kanonenschaluppen vermindert werden.

Die im französischen Heere althergebrahte Sitte, Sol- daten, welche thätlihe Beleidigungen gegeneinander verübt E ihre Händel mit dem Degen in der Hand aus-

echten zu lassen, soll auf Geheiß des Kriegs-Ministers in Zukunft aufhören.

Ftalien.

Rom, 16. September. Der „Riforma“ zufolge soll der Unter-Staatssekretär im Finanz - Ministerium, Car- cano, heute seine Entlassung eingereiht haben.

Die Preßfehde zwishen den italienishen und französishen Organen der öffentlihen Meinung, welche sich anläßlih der unterbliebenen Theilnahme des Königs Humbert an der Feierlihkeit der Vonstapellassung der „Sardegna“ in Spezzia entsponnen hatte, ist nun ver- stummt; die Hestigkeit der Sprache, welche in den beider- seitigen Auslassungen geführt wurde, war aber eine so

roße, daß die Erregung in Jtalien noch nachzittert. Jeden- alls, schreibt die „Pol. Corr.“, bietet diese Episode einen neuerlichen Beweis, daß troy der zwischen beiden Regierungen im offiziellen Verkehr bestehenden korrekten, ja kordialen Be- ziehungen, das Verhältniß ‘zwischen Jtalien und Frankreich noch immer ein gespanntes bleibt: „Die italienishe Regie- rung ist h ihrerseits bewußt, Alles gethan zu haben, um jeden Zweifel an ihrem aufrihtigen Wunsch, mit der Nachbar- republik freundliche Beziehungen zu unterhalten, zu bannen; sie hat namentlih auf ófonomiscem Gebiet, vielleiht sogar unter Schädigung der eigenen Jnteressen, das größte Entgegenkommen bewiesen, ohne daß dasselbe bisher

Seitens Frankreihs eine Erwiderung fand; von der Richtung seiner auswärtigen Politik wird sih Jtalien aber durch das Uebelwollen Frankreihs nicht abdrängen lassen, das gestatten die vitalen Jnteressen des Landes nicht, welche hierfür die einzige Richtshnur bilden, und die Versuche, Jtalien von den Dreibunde abwendig zu machen, müssen daher, wie sie bisher sich als vergebliche erwiesen haben, auch in Zukunft als aus- sihtslos bezeichnet werden.“

Portugal.

Lissabon, 17. September. Das Kabinet hat, wie das „R. B.“ meldet, seine Demission gegeben, und Chrysostomo Abreu ist mit der Bildung eines neuen Kabinets betraut worden. Gerüchtweise verlautet, das Ministerium werde eine Umbildung im Sinne einer politischen Konzentration erfahren. Es sollen Mitglieder sämmtliher Parteien in das Kabinet aufgenommen werden. O

Die parlamentarishe Kontmission, welcher die english-portugiesishe Konvention überwiesen ist, trat gestern zusammen. 2

Schweiz.

Bern, 16. September. Der „Bund“ schreibt :

eDie Revolution in Tessin ist beendet; die Regierungs- gewalt liegt in den Händen des eidgenö|sishen Kommifssärs und die Truppen des Bundes halten die öffentlihen Gebäude besczt. Die fubalternen Beamten sind in ihre Stellen zurückgekehrt, die Gen- darmen gehen auf den Pläßen spazieren und was die Hauptsache lit die provisorishe Regierung is vom Schauplay abge- treten. Sie war nur für eine Üebergangszeit eingeseßt worden und hat ihre Mission erfüllt. Die Erhebung war eine verfassungs- widrige und der Bund ist sofort eingeshritten, um Remedur zu schaffen. Soll nun Alles wieder werden, wie es war, nah dem Rechtögrundfay der Wiedereinsezung in den früheren Stand ? Ist das nöthig oder angemessen? Nein, weder das Cine noch das Andere. Und noch méhr, es ist unmöglich. Dureh die Aktion sind Thatsachen einerseits aufgedeckt, andererseits ge\chafen worden, die für die poli- tishe Beurtheilung der Lage beredter sprechen, als alle allgemeinen Rechtsformela der Juristen. Der Aufstand hat uns überrascht. Es hat im Jn- und Ausland männiglich befremdet, daß ein solcher Staatsstreich innerhalb der Grenzen unserer Demokratie möglich gewesen ist, Wir wollen die Urheber desselben nicht als Helden feiern, aber noch weniger können wir sie verurtheilen. Was fie gefehlt, das haken andere verschuldet, und diese anderen sind die Herren Respini, Pedrazzini und Genossen. Pedrazzini ist zurückgetre!en ; Respini muß nach, das ist die nothwendige Folgerung aus den jüngsten Ereignissen.“

L E Bellinzona wird dem „Bund“ ferner u. d. 15. d. erichtet :

Die Schwierigkeit für Anbahnung eines Kompromisses liegt in Respini (dem früheren Chef der Tessiner Regierung). Dieser Mann hat eine gar eigenthümliche Auffassung seiner Stellung. Er lebt nur in dem Gedanken Nate zu nehmen für seinen Vater, seine Verwandten, seine Familie; Rache an Allem, was sich liberal nennt. Kebrte Reépini in die Regierung zurück, so würde er gegen seine politischen Gegner wüthen, wie nie zuvor und an eine Pacifikation des Kantons wäre gar niht zu denken. Tritt er dagegen von der politishen Bühne ab, so ist das Land von einem Alp befreit und kann in gesundere und friedlihere Verhältnisse übergeführt werden. Die Eidgenossenschaft hat in einer Weise interveniren müssen, die ihr das Recht giebt, ein entsheidendes Wort mitzusprehe: und den Bundesbehöcden werden \ich die patriotisch gesinnten Männer aller Parteien anschließen, um das Werk der Sanirung im \{chwergeprüften Tessin zu unterstüßen. Die Nacht ift ruhig verlaufen, Respini ist Jeit heute (15.) Morgens früh in Freiheit, er reiste sofort von Lugano weg. Zwischenfälle gab es dabei keine. Heute um halb neun Uhr sind Professor Schneider als eidgenössisher Untersuhungs- richter ad hoc und sein Sekretär, Hr. Togni, hier eingetroffen.

Wie „W. T. B.“ meldet, ist Respini am 15. d. M.. in Vern angekommen und hat sich in Folge Auf- forderung einer Anzahl konservativer Führer aus anderen Kantonen verpflichtet, nah dem Kanton Tessin zurückzu- lehren und dort mit seinen Kollegen die Regierung wieder zu übernehmen. Die Konservativen hoffen auf diese Weise die sofortige Wiedereinseßung der - früheren Regierung zu erreichen. Sämmtliche Mitglieder der aufgelösten provisorischen Re- gierung wurden am 16. Vormittag in Bellinzona dur den außerordentlichen eidgenössishen Untersuhungsrichter Schneider vernommen. Am 15. d. Nachmittags fand in Castelrotto die Beerdigung des bei den Unruhen er- \hossenen Staatsrathes Rossi statt. Der Bundeskommissar Künzli ließ sich durch 3 Offiziere dabei vertreten. Der Leichenzug wurde von einer ahlreichen Menge mit 17 Fahnen begleitet. Die Feier T in durchaus ordnungsmäßiger Weise.

Niederlande.

Haag, 16. September. Die Kammern sind heute vom Minister-Präsidenten Baron Dr. Macckay mit einer Thronrede eröffnet worden, welche, dem „W. T. B.“ zu- folge, die bestehenden freundshaftlihen Beziehungen zu allen Mächten konstatirt, und in der es weiter heißt: Die Nieder- lande haben sich gern an der Antisklaverei-Konferenz T ligt und die Bemühungen, den Sklavenhandel zu bekämpfen, ernstlih unterstüßt. Die Regierung bedauere tief, daß die Konferenz bisher ihren humanen Zweck nicht erreiht habe. Handel, Jndustrie und Schiffahrt zeigten eine sihtbare Besse- rung. Für den Postdampfer-Dienst nah Ostindien werde eine Beschleunigung vorgeschlagen werden. Bei den verschiedenen Ausständen habe die Regierung die öffentlihe Ordnung aufrecht erhalten. Die finanzielle Lage gestatte es, den Gemeinden ohne Steuererhöhung zu Hülfe zu kommen. Die Regierung verlangt sodann die Dringlichkeit für das Militärgeseß. Die ökonomische Lage des niederländishen Jndien sei ziemli be- friedigend, aber die Kaffee:Ernte auf Java sei mißrathen. Gleichwohl werde wegen der Ueherschüsse der vorangegangenen gee keine Anleihe für Jndien nöthig sein. Es würden Be- wässerungsarbeiten vorgenommen und der Leau von Eisen- bahnen unter Staatsgarantie fortgeseßt werden.

Türkei.

Konstantinopel, 14. September. Der junge Armenier Janghiulian, welcher den arme nischen BishofDajdah in Stambul vorigen Dienstag angriff, wurde, wie man den „Daily News“ berichtet, zu lebenslängliher Ver- bannung nach Akia verurtheilt. Angeblih soll der Bischof ausgeas! haben, daß Janghiulian ein Bildniß des Sultans in Stüde riß, und auf diese Aussage hin wurde er vom Kriegsgeriht im Kriegs-Ministerium zum Tode verurtheilt, Das Urtheil ward später vom Sultan in lebenslängliche Verbannung umgewandelt. Der Bischof ist am Arm \hwer verwundet. Die Kugel ist durch den Knochen ge- drungen und der Arm mußte amputirt werden, Nachdem der Verbrecher gefeuert hatte, rief er aus, daß es noch andere Verräther gebe, mit denen ebenso verfahren werden müßte.