1910 / 192 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 17 Aug 1910 18:00:01 GMT) scan diff

8 6. Die Fahrkosten werden für die Hin- und Rückreise besonders berechnet. m

ittelbar At erledigt, so ist der von Ort zu Ort wirkli

zurückgelegte

zu legen. Bere F ei Berehnung der Entfernungen wird jedes angefangene

Kilometer für ein volles Kilometer gerechnet.

8 7.

Li Geschäfte am Wohnort erhält der Beamie keine SAgen eer und Fahrkosten. Dies gilt auch von Geschäften außerhalb des Wohn- orts in geringerer Entfernung als 2 km von diesem. War der Beamte dur außergewöhnliche Umstände genötigt, eine Fahr- feetengel zu benußten, oder hat er sonstige notwendige Unkosten, wie

rücken- oder Fährgeld, gehabt, so werden die S erstattet.

Für einzelne Ortschaften kann der Verwaltungshef in Gemein- l, mit dem Finanzminister bestimmen, daß den Beamten bei Ge- \chäâften außerhalb des Dienstgebäudes die verauslagten Fahrkosten erstattet werden.

8 8. /

Haben an Fahrkosten, eins{ließlich der Auslagen für Zu- und

Abgänge, höhere als die bestimmungsmäßigen Beträge aufgewendet werden müssen, so sind diese zu erstatten. |

Erfordert eine Dienstreise einen außergewöhnlihen Aufwand, so

fann der Verwaltungschef einen Zushuß oder eine Pauschvergütung

bewilligen. Das Gleiche gilt für Reisen außerhalb des Reichsgebiets.

6/9,

s Beamte, denen ein Amtsbezirk überwiesen ist, oder die durch die Art ihrer Dienstgeshäfte zu häufigen oder regelmäßig wieder- fehrenden Dienstreisen genötigt werden, kann das Staatsministerium oder der Verwaltungschef in Gemeinschaft mit dem Finanzminister an Stelle der gesezmäßigen Tagegelder und Fahrkosten anderweitige Be- träge festseßgen. Das Gleiche gilt für Dienstreisen zwischen nahe ge- Iegenen Orten.

8 10.

Beamte, die für thre Reisen innerhalb ihres Amtsbezirks neben oder in ihrem Einkommen eine Pauschsumme für Reisekosten oder für die Unterhaltung von Fahrzeug oder Pferden beziehen, erhalten Tage- s und Fahrkosten nur dann, wenn sie außerhalb ihres Amts-

ezirks Dienstgeshäfte erledigen und der Ort des Dienstgeschäfts nicht weniger als 2 km von der Grenze des Amtsbezirks entfernt ist.

S 11 Werden Beamte, die nah den 88 9, 10 eine Pauschsumme be- iehen, wegen Urlaubs oder sonstiger Verhinderung vertreten, so haben fie den Stellvertreter angemesen zu entschädigen. Die Entschädigung und die unter besonderen Umständen zulässigen Ausnahmen A die vorgeseßte Behörde und zwar, sofern niht allgemeine Anord- nungen bestehen, nah Anhörung der beteiligten Beamten.

8. 12.

_ Beamte, die sich im Vorbereitungsdienste befinden, erhalten für Dienstreisen Tagegelder und Fahrkosten, wenn die Reisen nicht ledig- lih zum Zwecke eee Ausbildung erfolgen. Ob dies der Fall il entscheidet die vorgesezte Behörde. s

Der mit dem Amt verbundene Nang ist für die Feststellung der Tagegelder- und Fahrkostensäße maßgebend, auch wenn der persönliche Rang des Beamten höher ist. Beamte, die im Range zwischen zwet Klassen stehen, erhalten die für die niedrigere Klasse bestimmten Säße.

ür Beamte, denen ein bestimmter Nang nicht verliehen ist, ent- E der Verwaltungschef in Gemeinschaft mit dem Finanzminister Über die ihnen nah diesem Geseß zu gewährenden Säge.

8 14.

___ Für die Ansprüche der Beamten auf Grund der Vorschriften über die Reisekosten der Staatsbeamten [00 die Ausführungs- bestimmungen maßgebend, die vom Staatsministerium oder, soweit die Zuständigkeit der Verwaltungschefs und des Finanzministers begründet ist, von diesen getroffen werden.

S 19; Dieses Geseß tritt am 1. Oktober 1910 in Kraft.

__ Für Dienstreisen, die vor dem 1. Oktober 1910 begonnen und an diesem Tage oder später beendigt werden, sind die Tagegelder und Fahrkosten nah den bisherigen Bestimmungen zu gewähren.

S 16. Alle diesem Geseh Hitaeiiiaibba Bestimmungen sind aufge- Leeen Wo in besonderen Vorschriften auf die hiernah aufgehobenen

E bezug genommen wird, treten die entsprehenden Vor-

schriften dieses Geseßes an deren Stelle.

y S Le Die ge und sonstigen Vorschriften, die für einzelne Dienst- zweige oder Vienstgeschäfte über die Tagegelder und Fahrkosten der Beamten ergangen sind, bleiben in Kraft. Sie können durch König- lihe Verordnung abgeändert werden.

__ Abgesehen von den Fällen des § 8 Abs. 2, dürfen aber nicht Bie als die im § 1 Abs. 1 und § 3 bestimmten Vergütungen ge- währt werden und ist eine über die Vorschrift des § 6 hinausgehende Abrundung der Entfernungen und die Gewährung der bestimmungs- mäßigen Tagegelder und Fahrkosten bei geringerer Entfernung als 2 km nicht statthaft.

Unter den gleihen Beschränkungen kann die Gewährung von agen und Fahrkosten für einzelne Dienstzweige oder Dienst- geschäfte auch ferner durch Königliche Verordnung besonders ge- rege eggleid) y E

esgleihen können die Säße von Tagegeldern und Fahrkosten, welche den in Angelegenheiten ber direkten Staatssteuern En Kommissions- und Aus\schußmitgliedern zu gewähren sind, durch Königliche Verordnung geändert oder neu bestimmt werden.

[le B ito Verordnungen und allgemeinen Anordnungen des Staatsministeriums sowie des Verwaltungschefs in Gemeinschaft mit dem Finanzminister, welhe auf Grund der §§ 4, 5, 9, 14, 17 dieses S er R sind, sind dem Landtage, wenn er versammelt ist, sofort, jonst bei seinem nächsten Zusammentritte vorzulegen.

Urkundlih unter Unserer Höchsteigenhändi und beigedrucktem Rinialen P E O Gegeben Aalesund, an Bord M. J. „H A de Iul A \ J. „Hohenzollern“, den (E45) von Bethmann Hollweg. von Breitenbach. Sydow. von Trott zu Solz. Freiherr von Schorlemer. von Dallwißt. S

Wilhelm. Delbrück. Beseler.

Mer oon Ung

zur Ausführung des Stellenvermittlergeseßzes vom 2. Juni 1910 (NReichsgesezbl. S. 860).

Vom 25. Juli 1910.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c.,

verordnen zur Ausführung des Stellenvermittlergeseßzes vom 2, Juni 1910 (Reichsgeseßbl. S. 860) auf Grund des § 121 des Geseßes über die Zuständigkeit der Verwaltungs- und Ver- waltungsgerihtsbehörden vom 1. August 1883 (Geseßsamml. S. 237), was folgt: j * Veber die Anträge auf Erteilung der Erlaubnis zum Gewerbe- betrieb eines Stellenvermittlers beschließt, vorbehaltlich der Aus- nahme im § 2, nach Anhörung der Ortspolizeibehörde der Kreis- (Stadt-) Ausschuß. Wird von der Ortspolizeibehörde Widerspruch

at ein Beamter Dienstges{häfte an vershiedenen Orten un-. eg ungeteilt der Berehnung der Fahrkosten zugrunde

erhoben, so darf die Erlaubnis nur auf Grund mündlicher Ver- handlung im Verwaltungsstreitverfahren erteilt werden. :

Wird die Erlaubnis versagt, so stcht dem Antragsteller binnen zwei Wochen der Antrag auf mündliche Verhandlung im Ver- waltungsstreitverfahren vor dem Kreis- (Stadt-) Ausschusse zu.

Die Entscheidung des Bezirksausschusses ist endgültig.

In den zu einem Landkreise gehörenden Städten mit mehr als 10 000 Einwohnern tritt an die Stelle des Kretsausshusses der Magistrat (kollegialische Gemeidevorstand).

2. Ueber Anträge auf leitung ber Erlaubnis zum Gewerbebetrieb eines Stellenvermittlers für Bühnenangehörige beschließt der Bezirks- A Abs. 1, 2 gilt entsprechend. :

" Im Landespolizeibezirke Berlin tritt an die Stelle des Bezirks-

E der Polizeipräsident. Gegen seinen versagenden Bescheid

findet binnen zwei Wochen die Klage beim Bezirksausscusse statt.

3 _Der Kreisaus\{uß, in Stadttreisen und in den zu einem Land-

kreise gehörigen Städten mit mehr als _10 000 Einwohnern der Bezirksaus\huß, entscheidet auf Klage der Ortspoltzeibehörde :

a. über die Zurücknahme der Erlaubnis zum Betriebe des Ge- werbes eines Stellenvermittlers;

b. über die Untersagung des Gewerbebetriebs solher Stellen- vermittler, welche ihn vor dem 1. Oktober 1900 begonnen haben;

c. über die Untersagung des Betriebs etnes niht gewerbs8mäßigen Stellen- oder Arbeitsnahweises.

S 4,

Die Verordnung tritt am 1. Oktober 1910 in Kraft. Zu gleicher

Zeit tritt die Verordnung vom 30. Juli 1900 (Geseßsamml. S. 308),

E sie das Gewerbe eines Gesindevermieters oder Stellenvermittlers etrifft, außer Kraft.

Urkundlih unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Jnsiegel. Gegeben Molde, an Bord M. J. „Hohenzollern“, den 25. JUU 1910] (L, S) Wilhelm. Sydow. von Dallwiß.

AUf Jhren Berit vom 7. Juli d. J. will Jh der Stadtgemeinde Schöneberg behufs Erwerbung der zur Weiterführung der en Untergrundbahn nah Berlin er- Pr Let zum Straßenland der Moßstraße (Ecke R la dOIA traße) gehörigen Parzellen, die auf dem anbei zurückfolgenden Plane rot angelegt sind, hiermit das Enteignungsrecht verleihen.

Bolholm, an Bord M. J. „Hohenzollern“, den 17. Juli 1910.

Wilhelm R.

von Breitenbach. von Dallwißt. An die Minister der öffentlichen Arbeiten und des Jnnern.

Ministerium-'der geistlihen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten. Dem Privatdozenten in der philosophischen Fakultät der Friedrih Wilhelms-Universität zu Berlin Dr. Alfred Byk ist das Prädikat Professor beigelegt worden.

Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.

__ Dem zum Kreistierarzt ernannten Tierarzt Oskar Lindenau ist die Kreistierarztstelle zu Ragnit verliehen worden.

Finanzministerium.

__ Die Rentmeisterstelle bei der Königlichen Kreiskasse in Ottweiler, Regierungsbezirk Trier, ist zu beseßen.

Das Katasteramt Hildesheim IT im Regierungs- bezirk Hildesheim ist zu beseßen.

Berannrmambunag.

___ Dem Markïscheider Josef Wasmuth zu Essen-Ruhr ist von uns unterm 9. Juli d. J. die Berechtigung zur H Ausführung von Markscheiderarbeiten innerhalb es preußischen Staatsgebiets erteilt worden.

Dortmund, den 13, August 1910.

Königliches Oberbergamt. Liebrecht.

/ A der Zweiten Beilage zur . heutigen Nummer des „Reich8- und Staatsanzeigers“ wird eine Genehmigung 8- urkunde, betreffend eine Anleihe der Stadt Breslau, veröffentlicht.

Nichfkamlkliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 17. August.

Seine Majestät der Kaiser und König Franz Joseph vollendet morgen sein achtzigstes Lebensjahr. Wie ihm an diesem Ehrentage seine Völker in dankbarer Liebe entgegenjubeln, so wenden sih auch in Deutschland die Herzen dem erlauchten Monarchen zu, in dem wir den väterlichen Freund unseres Kaisers, den treuen Bundesgenossen des Deutschen Reiches, einen starken Schirmherrn des europäischen Friedens und ein leuhtendes Vorbild fürstlicher Pflichterfüllung verehren. Mit den ungezählten Millionen, die morgen Seiner Majestät dem Kaiser und König Franz Joseph ihre Huldigungen darbringen, vereinigen wir uns in dem Wunsche, daß seine Weisheit noch lange über den Geschicken der befreundeten und verbündeten Habsburgischen Monarchie walten möge!

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Im ganzen

Rer onenverkehr üterverkehr .

Hessen.

Die gestrigen Gefechtsübungen auf dem großen Sande bei Mainz \{hlojsen mit einem zweimaligen os der Truppen. Nach diesem nahm Seine Majestät der Kaiser und a, „W. T. B.“ zufolge, militärische Meldungen entgegen und seßte Sich alsdann mit Seiner Königlichen

ahnenkompagnie und der Standarteneskadron und führte die

eldzeichen nah Mainz durch das Spalier der übrigen Truppen. Der Einzug in die Stadt erfolgte unter Glockengeläut und dem stürmischen Jubel der Bevölkerung. Vor dem Großherzoglihen Schlosse ließ Seine Majestät der ‘Belt die Fahnen und Standarten noch einmal defilieren. Im Vestibül des E nahm Seine Majestät die Be- grüßung der Stadt durh den Oberbürgermeister Dr. Göttelmann entgegen. Dieser führte dem Kaiser auch die Ge- schenke der Stadt Mainz für den Kreuzer „Mainz“ vor: den Katalog der für die Mannschaft gestifteten Bücherei, die über tausend Bände aus allen Gebieten der Wissenschaft und der hönen Literatur aa das Silberzeug für die Offiziersmessen und eines der Oelgemälde für die Kommandantenwohnung, ein vom Maler E (Mainz) gemaltes Bild der Stadt vom Rheinufer aus. Seine Majestät \sprah Sich sehr erfreut über den wie immer großartigen und herzlihen Empfang aus und bat, der Stadt Seinen Dank zu übermitteln. Um 1 Uhr war Frühstücks- tafel bei Jhren Königlichen Hoheiten dem Großherzog und der Großherzogin, an der mit dem Kaiser auch die gesamten Fürst- lichen Damen teilnahmen. Nach dem Frühstück fuhr Seine Majestät der Kaiser in Begleitung Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs von Hessen um 31/5 Uhr nah dem Kurfürstlichen Schloß und besichtigte daselbst unter Führung des Ium direktors, Professor Shumacher und des Oberbürgermeisters Dr. Goettelmann das Römisch-Germanische Museum. Hierauf fuhren die Herrschaften nah dem Großherzoglichen Palais zurück. Seine Majestät der Kaiser, Jhre Königlichen Hoheiten die Kronprinzessin von Griechenland und die Prinzessin Friedrih Karl von Hessen sind um 4 Uhr im Automobil nah Cronberg abgereist. hre Königlichen Hoheiten der Groß- herzog und die Großherzogin von Hessen kehrten 4 Uhr 40 Minuten im Automobil nah Schloß Wolfsgarten zurück.

Bremen.

Pen dem Großherzog von Hessen an die Spiße der

Der Präsident der cchilenishen Republik Pedro

Montt, der gestern hier auf der Durchreise nah dem Bad Nauheim O war, ist gestern abend 11 Uhr 50 Mi- nuten am Herzschlag gestorben. Der chilenishe Gesandte in Berlin wird, wie „W. T. B.“ meldet, hier erwartet, um weitere Entschließungen treffen zu können.

Oesterreich-Ungarn.

Das „Fremdenblatt“ schreibt: Hakki Pascha, der am 14. d. M. in Marienbad eingetroffen war, hat den ebenfalls dort weilenden Grafen von Aehrenthal besuht. Beide Staatsmänner benußten diese Gelegenheit zu einem Gedanken- austausch über die wichtigen O die in der leßten Zeit im Vordergrunde der Diskussion standen. Entsprechend den en Oesterreih-Ungarn und der Türkei erfreulicherweise bestehenden vorzüglichen ges trug diese Aussprache einen sehr herzlichen Charakter an sich.

_Das „Armeeverordnungsblatt“ veröffentliht die vom Kaiser genehmigten Statuten des Zentralwirtschaftsfonds für das Heer. Die Hauptaufgabe des Fonds ist die Ge- währung ausreichender Darlehen unter günstigen Rückzahlungs- bedingungen an verschuldete Offiziere, wodurch eine Ent- huldung bezw. Rangierung des Offizierkorps erreicht werden joll.

Rußland.

Der Gehilfe des Ministers des Aeußern Sasonow und der spanishe Botschafter Graf de la Viñaza haben, wie „W. T. B.“ aus St. Petersburg meldet, einen Schieds- gerichtsvertrag unterzeichnet.

Ftalien.

_¿„Osservatore Romano“ bezeichnet die Nachricht eines en lischen Blattes, wonach der Heilige Stuhl Schritte getan habe, damit die Protestkundgebung der Katholiken in San Sebastian gegen die spanische “Politik unterbleibe, als vollständig unbegründet. Der Heilige Stuhl, der stets sein Verhalten nah den strengen Regeln der Korrektheit und der Würde einrichte, stehe der Aktion, die die spanischen Katholiken zur Wahrung ihrer Rechte gegen die Politik der Regierung glaubten unternehmen zu müssen, gänzlich fern, und wie er die Kundgebung nicht gefördert habe, so habe er au keinen Schritt getan, sie zu verbieten.

Schweiz.

: 24 Präsident Paares, der den gestrigen Vormittag in der französischen Botschaft in Bern zugebracht hatte, stattete am Nachmittag, „W. T. B.“ zufolge, dem Bundespräsidenten Comtesse einen Besuch ab und unternahm sodann mit dem Bundespräsidenten und verschiedenen Bundesräten eine Auto- mobilfahrt in die Umgebung. Am Abend fand ein Diner in der französischen Botschaft statt bei dem der E Fallières und der Bundespräsident Comtesse herzliche Ee M, Um 101/54 Uhr fuhr Fallières mit einer Dragonerestorte zum Bahnhof, wo der Bundesrat mit seinem Präsidenten an der Spiße zur Dun L ber war. Nach herzlihen Abschiedsworten Fallières verließ der Zug um 11 Uhr unter Kanonendonner und den Klängen der Marseillaise den Bahnhof.

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Türkei.

Nach Depeschen des Wali von Kossowo dauert, wie Mm, T. B.” aus Konstantinopel meldet, die Einsammlung der Waffen bei den Bulgaren in Kasas, Jstip und Kotschana fort. e

Die Bulgaren von Koeprülü veranstalteten, derselben Quelle zufolge, eine große Kundgebung gegen die geplante Bandenbewegung, wobei sie gegen die Sprache der bul- garischen Presse Verwahrung einlegten. Die Bewegung im Bezirk Istip flaut ab. Die gestrige Meldung, daß Bulgaren das Regierungsgebäude in Jstip über- fallen und die telegraphischen Verbindungen zerstört hätten, ist dahin rihtig_ zu stellen, daß in Tikvesh im Bezirk Jstip der Konak, das Telegraphenamt und eine Anzahl Häuser nieder- gebrannt sind. Ob ein verbrecherischer Anschlag vorliegt, ist noch unbekannt.

Nah einer Meldung des „Reutershen Bureaus“ aus Kanea haben die Konsuln die fretische Regierung vorgestern in einer Verbalnote aufgefordert, die für die griechischen Mahlen in Vorschlag gebrachten fretishen Kandidaten zu der Mitteilung an ihre Wähler zu veranlassen, daß sie, um ernst- liche Verwicklungen zu vermeiden, von ihrer Kandidatur Abstand nehmen würden.

Montenegro.

Bei dem vorgestern in Cetinje zu Ehren der dort ein- getroffenen türkischen Mission abgehaltenen Galadiner dankte der Fürst Nikolaus für die Glückwünsche des Sultans als Beweis ganz besonderer Sympathie und wohlwollender Freund- schaft und versicherte den Sultan seiner unabänderlichen Freund- aa und Hochachtung. Er sei beseelt von dem festen Wunsche, die Freundschaft mit dem Sultan als wertvolles e zu bewahren und trinke auf das Wohlergehen des Sultans und

seiner Völker. Amerika.

Wie „W. T. B.“ aus New York meldet, hat der republi- fanishe Aus\huß, der die Vorbereitungen für den am 27. Sep- tember in Saratoga zusammentretenden republikanischen Staats- fonvent trifft, den Vorschlag, Roosevelt zum Präsidenten des Konvents zu wählen, Race und einstimmig den Bundes- Vizepräsidenten Sherman für diesen Ehrenposten ausersehen.

Koloniales.

Personen-, Lösch- und Ladeverkehr in Swakopmund (Deutsch-Südwestafrila) während der Monate Januar bis März 1910.

[. Cinwanderung und Einfuhr: 1370 Perfonen, 103 Stück Großvieh, 327 Stück Kleinvieh und 19555 cbm bezw. Tonnen Güter. 434 Personen kamen von außerhalb des Schußzgebiets ge- legenen Ländern, 936 Personen von zum Schußgebiet gehörigen Häfen. Von den Gütern waren 3805 cbm Regierungs-, 15750 cbm Privatgüter.

[I. Auswanderung und Ausfuhr: 2137 Personen, 19 Stück Großvieh und 13 130 cbm bezw. Tonnen Güter. 294 Personen be- gaben sich nah außerhalb des Schußzgebiets gelegenen Ländern, 1843 Personen nach innerhalb des Schußzgebiets belegenen Pläßen. Die Steigerung der Auswanderung rührt daher, daß Cingeborene nah den Landungspläten der Diamantgebiete übergeführt wurden.

Der Gesamtverkehr auf der Reede war mithin folgender: 3507 Perjonen, 122 Stück Großvieh, 327 Stück Kleinvieh und 32 685 cbm bezw. Tonnen Güter. :

An 18 Tagen ruhte der Lösh- und Ladeverkehr vollständig, und zwar an 14 Sonn- und Festtagen und an 4 Werktagen wegen Mangels an Ladung. Die Zahl der Löschtage betrug demnach 72, die durh- \chnittlihe täglihe Leistung beim LWschen 272 cbm, beim Verladen r cbm und die diur{s@Wnittliche täglihe Güterbewegung rund

54 cbm.

Personen-, Lösch- und Ladeverkehr in Lüderißbucht während der Monate Januar bis März 1910.

1. Einwanderung und Einfuhr: 4122 Personen, 34 Stück Großvieh, 454 Stü Freinvieb, 21 931 cbm bezw. Tonnen Güter. 2209 Personen kamen von außerhalb des Schußzgebiets gelegenen WUndern, 1913 Personen von zum Schutzgebiet gehörigen äfen; von den Gütern waren 3193 cbm Regierungs-, 18 738 cbm Prkivatgüter.

[T. Auswanderung und Ausfuhr: 2483 Personen, 14 Stück Großvieh und 1260 chm bezw. Tonnen Güter. 1407 Personen gingen a außerhalb des Schußgebiets gelegenen Ländern, 1076 Personen nah innerhalb des Schußgebiets belegenen Pläßen; von den Gütern waren 280 cbm Regierungs-, 980 cbm Privatgüter. i : _ Die Personenbewegung bestand zu einem erheblichen Teile in der Zu- und Nückführung von O Arbeitern und Kap- jungen nah und von den Diamantenfeldern, 5

Der Gesamtverkehr auf der Reede von Lüderißbucht war folgender: 6605 Personen, 48 Stük Großvieh, 454 Stück Kleinvieh und 23 191 cbm bezw. Tonnen Güter. (Deutsches Kolonialblatt.)

_ Das Augustheft des ,Tropenpflanzers“, Organs des Kolo- nialwirts{aftlichen Komitees (Berlin, Unter den Linden 43), enthält an erster Stelle einen Artikel „Zur Düngung der tropishen Kultur- pflanzen“ Von Mole sor Dr. Fesca-Hamburg. In großen Zügen \il- dert hier der Verfasjer die Erfahrungen, die man bis heute mit der Düngung in den Tropen gemacht hat. Fesca zeigt zunächst, daß die chemische Mate des Bodens nur einen begrenzten Rücks{chluß auf das Nährstoffbedürfnis der Pflanze gestattet, und erläutert dann an der Hand einiger Beispiele das Ra der Pflanze für Stickstoff, Phosphorsäure und Kali z. B. bei Neis, Baumwolle,

uckerrohr, Kaffee 2c. Zum Schluß geht Fesca noch auf die

rage ein, in welcher Form die Nährstoffe am geeignetsten dem Boden zuzuführen sind. ie Ausführungen des Verfassers lehren, daß auf diesem Gebiete noch viele Fragen der Lösung dur die wissenschaft- lihen Versuchsstationen harren. Der im enen Heft begonnene Artikel von Negierungsrat Dr. W. Busse „Ueber die Kultur des Zigaretten- tabaks in Transkaukasien und der Krim“ wird fortgeführt. Busse schildert hier die Verhältnisse in Abchasien und beschreibt die Kultur sowie die Erntebereitung des Tabaks in dieser Provinz in allen Einzel- heiten. Die O erung bon Dr. A. H. Berkhout-Wageningen „Nach den Kautschuklanden" wird ebenfalls fortgeseßt. Von besonderem Interesse sind hier die Hinweise auf die Plantagen- und Forstwirt- schaft auf der malaiishen Halbinsel. Des weiteren enthält das Heft Berichte über „Frishhaltung und Konservierung westafrikanischer Ananasfrüchte“ von Korpsstabsapotheker a. D. Bernegau, über „Kaut chuk und andere Kulturen in Ceylon“ von Ch. Böhringer, über die Frage, „wie sich jeder Kolonist das beste „Lederzeug" selbst herstellen kann“, von Dr. E. O. Nasser, sowie eine Menge kleinerer Mitteilungen über Kautschuk, Kakao, Ananas und andere tropishe Kulturen.

Wohlfahrtspflege.

Der Zuzug nah der Großstadt

wird in einem Aufsaß des Juliheftes der „Blätter für das ham- burgishe Armenwesen“ behandelt, der besondere Beachtung verdient. Die ae Armendirektion weist darauf hin, daß die Fälle, in denen mittellose Ehepaare mit ihren Kindern aufs Geradewohl nah der Großstadt kommen, weil sie ihrer Angabe nach hoffen, hier leihter Arbeit zu finden und höhere Löhne zu erzielen, sich auffällig mehren. Zumeist handelt es sich aber niht um voll erwerbsfähige Personen, sondern um solche, die aus Beton oder körperlicher Üntüchtigkeit fast stets mit Arbeitsmangel zu kämpfen hatten, und deren wirtschaftlihe Verhältnisse so ungünstig sind, daß die öffentliche Armenpflege {hon oft hat helfend eingreifen müssen. Auf Grund von Beobachtungen und Ermittlungen werden nun in dem Aufsatz die Ursachen und Folgen des Zuzugs dieser nicht alleinstehenden Wander- armen und die Schwierigkeit, hier nahha tig zu helfen, geschildert. Als ein Hauptgrund dieses Zuzugs sind die besseren Einrich- tungen der Armenpflege der Großstadt gegenüber den- jenigen der Kleinstadt und des flachen Landes anzusehen. Den Zu- züglern, die meistens ihr leßtes Besißtum zur E der Mittel für die Reise veräußert haben, ist recht wohl bekannt, daß die neuen geseßlichen Bestimmungen {on nach einjährigem Aufenthalte die Erwerbung des Unter igung ges und somit den Anspruch auf bessere Armenunterstüzung sichern. Da nun die Großstädte nicht in der Lage sind, sih ausreichend gegen den Zufluß wirtschaftlih minderwertiger Elemente zu shüßen, so wird, nah den Ausführungen des erwähnten Aufsaßzes, troy allec Vorsicht mehr und mehr der Zustand naherücken, daß die Großstädte fast aus\schließlich die Träger der Armenlast sind. Die Ausgaben wachsen \{chon jeßt von Jahr zu Jahr. Die Hamburger Armenbehörde hält es geradezu für eine Pflicht der großstädtishen Verwaltungen, dem Zuzug minderwertiger Elemente entgegenzuwirken. Sie lagt „Nach Lage der Gesetzgebung läßt sich ein Einhalt auf direktem Wege nicht

tun. Das Freizügigkeitsgeseß versagt zu oft mit seiner Ausweisungs-

möglichkeit, und daher bleibt nur der eine Weg als gangbar übrig, folhe Familien, die planlos der Großstadt zuwandern und garnicht in der Lage sind, hier ihren auskömmlichen Unterhalt zu finden, nicht in offener, sondern in ge\{lossener Pflege zu unterstüßen. Es ist dann wenigstens die Möglichkeit geboten, stärker erzieherisch auf die Familie einzuwirken, um sie tüchtiger für den Kampf ums Leben zu machen. Für die Organe der Armenpflege im allgemeinen müssen die besprochenen an aber den Anlaß geben, zur Gewährung von Neisemitteln an Personen und Familien, die den Nachweis einer lohnenden Beschäftigung an dem neuen Aufenthaltsort niht erbringen fönnen, nicht die Hand zu bieten, damit weder für die Familie ein weiterer Nachteil für ihre Existenz, noch der anderen Armenbehörde ein Nachteil finanzieller Art entstehe und ihr Schwierigkeiten bereitet werden.“ Es wäre von Ine, auch von seiten anderer groß- \tädtisher Armenverwaltungen über die Frage der Abwehr zuziehender bereits verarmter oder doch arbeits- und besißloser Familien nähere Erfahrungen mitgeteilt zu erhalten, nahdem nun das neue deutsche Unterstützungswohnsitgeseß in Wirksamkeit getreten ist.

Literatur.

Von des Jenenser Professors Dr. Rudolf Eucken Schrift „Der Sinn und Wert des Lebens“ liegt eine neue Auflage vor, in der namentli der zweite, aufbauende Teil durhgreifend um- gearbeitet ist. In unsern Tagen, in denen „der einzelne an dem von Üeberlieferung und Umgebung dargebotenen Lebensgehalt, der ihn bis dahin erfüllte, irre zu werden beginnt, und dieser Zweifel wiederum bekundet, daß die überkommenen Zusammenhänge den Forderungen nicht genügen, die ein fortshreitendes Leben stellt“, ist die Frage nach einem Sinn und Wert des Lebens für Unzählige wieder brennend geworden. Kämpft doch der einzelne Mensch wie die Menschheit in ihr für die Erhaltung seines geistigen Selbst. Die Bewegungen der Gegenwart erhalten ihre Bedeutung und Spannung durch die Aae: daß es sich bei ihnen um den Aufbau eines neuen Lebens handelt, um eine neue Selbstkonzentration. Nur die eigene Bewegung und Erfahrung des Lebens kann darüber entscheiden, ob ein solhes Suchen Ausficht auf Erfolg hat. Die erste Bedingung für ein weiteres geistiges Vordringen ist, daß in dem Menshen noch weitere Entwicklungsmöglichkeiten \{chlummern, „daß das Lben noch keineswegs seine Tiefe in den bisherigen Bildungen erschöpft hat“. Der Verfasser ist von der zwingen- den Notwendigkeit eines s\olhen Fortschreitens überzeugt, „denn die einmal wirkenden Gegensäße müssen \sch immer weiter vertiefen und den geistigen Gehalt des Æbens mehr und mehr zer- reiben und zerbröckeln“. Lm Vertrauen auf die hier waltenden Not- wendigkeiten, die allem Wollen und Meinen nicht nur des einzelnen Menschen, sondern der ganzen Menschheit weit überlegen sind, geht er an sein Werk. Der erste Teil der Schrift enthält eine eingehende Kritik der von der Menschheit auf die Frage nah dem Sinn und Wert des Lebens in den bisherigen Leben8ordnungen gefundenen Antworten. In erster Linie steht hier die religiöse Lebensordnung, die durch lange Jahrhunderte unzähligen Menschen ein zwar ernstes, aber lhrco! in seinen Tiefen gegründetes Leben voller Bewegung und in sicherm Zusammenhängen, vor allem kein vergeblihes Leben bot. Die weitere Entwicklung hat aber die Religion aus dem Mittelpunkt des Lebens mehr an dessen Peripherie gedrängt; und noch mehr: thre Grunderfahrungen fingen an zu erblassen, der Lebenseffekt der Mensch- heit wandelte sih. Gegenüber der völligen Verneinung der Religion wird zwar auch ihr Recht lebhaft verfohten. Sie ist aber zweifellos für Unzählige ershüttert und zur Frage geworden. Ein ähnliches Ge- {chick hat der immanente Jdealismus gehabt. „Seine Ueberzeugung von einer Tiefe des Alls und dem Wirken einer unsihtbaren Welt hat in der Menschheit Boden gewonnen nur im Anschluß an die Laien und ihre Erhebung des Lebens über alles sihtbare Dafein; brit dies zusammen oder wird es _auch nur erschüttert, so verliert auch die Idealkultur thre sichere Stellung im Leben, so wird fie aus ihrer Tiefe mehr und mehr zur bloßen Oberfläche gedrängt.“ Die neuere Zeit fand dann neue Lebensordnungen, die alle Ver- wicklungen der Religion oder der Metaphysik energisch abstreiften und in der Tätigkeit innerhalb der sichtbaren Welt Erfüllung und Genüge suchten. Als herrshender Mittelpunkt galt den einen das Verhältnis des Menschen zur Natur, den anderen das Verhältnis des Menschen zum Menschen selbst. So bildete sich die Lebens8ordnung des Naturalismus und die der Sozial- und Individualkultur. Jener hat trotz aller Versuche, ihn neu zu beleben, völlig Bankerott gemacht ; aber auch die bloße Menschenkultur \{heitert in jeder der beiden Nichtungen, die sie einschlagen kann: „weder die gegenseitige Anziehung noch die gegenseitige Abstoßung des Menschen tät einen Sinn, läßt irgend welchen Inhalt des Lebens gewinnen. Die Sozialkultur ist vor allem auf die Bedingungen des Lebens gerihtet, aber über solche Sorge vernachlässigt sie das Leben selbst; die Individualkultur möchte es bei sich h er fassen, aber da sie es nicht über die einzelnen Zustände und Augenblicke zurückzuverlegen vermag so geht es ihr nicht in etn Ganzes zusammen, so erreiht es keine nnerlichkeit, keine Innenwelt, so Fehlt au hier eine wahrhaftige Seele, und so bleibt alles Tun und Treiben an die Oberfläche gebannt“. Die Menschenkulturen maden verstohlenerweise aus dem Menschen weit mehr, als sie können und dürfen. Sie idealisieren den enshen und ein ge- wisser Menschenglaube ergänzt und erhöht den wirklihen Befund, der ihm dur Tatsachen widerspriht. „Das alles fällt viel zu sehr in die Augen führt der Verfasser aus —, um fi übersehen zu lassen ; wenn troßdem unbedenklich von der Größe der enschheit oder von der Vortrefflichkeit der Individuen geredet wird, die nur freie Bahn zu erhalten brauen, um alles zu Glück uud Größe zu Pen, jo ersheint darin jener wunderlihe Glaube an den Menschen, ein Menschenglaube, der unter allen Arten des Glaubens wohl am meisten angreifbar is. Wenn der Glaube der Religion eine zuversihtlihe Annahme von etwas verlangte, was sich nicht mit Augen sehen und mit Händen greifen läßt, so konnte er, da ihm die Welt der Erfahrungen nicht als das Ganze der Wirklichkeit galt, sich

auf ofene Möglichkeiten berufen, und es \tieß die Behauptun

niht direkt mit dem Befund der Erfahrung s Das ales tut sie bei jenem Menschenglauben. Denn er begnügt \ich nicht mit der Forderung, etwas zu glauben, was wir nicht sehen, er ver- langt von uns, daß wir innerhalb der Erfahrung das gerade Gegen- teil dessen annehmen, was der unbestreitbare Aluzensdein zeigt.“ Dem kritischen Teil folgt der „Versuch eines Aufbaues*. Der Verfasser sucht in ihm zunächst den Grundcharakter des gegen Lebens zu er- fassen und zu bestimmen. Den r E t der Selbstbesinnung des Menschen bildet ihm die Frage, ob des Menschen Leben ganz und gar innerhalb der Natur verläuft, oder ob es über sie hinaus sich zu eigentümlicher Art erhebt. Der Verfasser bejaht diese eigentümliche Art des Menschen und sieht fie im Denken, das sich im Menschen dem bloßen ea Erkennen zugesellt, im Fühlen, das nicht nur an sinnlihe Erregungen gebunden ist, sondern fich aus den eigenen Bewegungen der Seele erzeugen- kann, und im Wollen, das eine Erhebung des Strebens über den dunklen Zwang des Naturtriebes darstellt. Diese drei Seiten der menshlichen Tätigkeit zeigen „ein Selbständigwerden irineren Lebens, ein I en in ein Ganzes, ein Streben nach Ueberschreitung der menshlichen Sonderkreise ; augenscheinlich ist das nicht eine Fortführung der Natur, sondern ein neuen Ausgangspunktes, ja eine Umkehrung des Lebens. Was hier an Zielen und Wegen, an Kräften und Bewegungen ersihtlich wird, das it vollig never Art das my von der Natur aus als ein unverständlihes Nätsel ersheinen. So ist in allem zusammen eine neue Lebensstufe nicht zu verkennen." Auf der Unterstufe blieb die Aufgabe des Seelenlebens auf die Selbsterhaltung beschränkt; die seelishe Tätigkeit war ein bloßes Stück eines natürlichen Lebensprozesses. Hier aber erhebt sh das Geschehene zu einem Immergeshehen. Das Leben kommt wie aus einem Schlummerzustand zum Wachen. „Mit jener Wendung zu id felbst T ein Weg betreten, der" weiler Und Welter führt, und dessen Ziel einstweilen noch in weitester Ferne liegt. Das Streben nah solchem Ziel kann feinen Abschluß unmöglich bet der gewöhnlichen Art der geistigen Betätigung finden, es wird zwingend darüber hinaus getrieben. Denn diese ist ein Beleben und Erweiten der seelishen Kraft an einem Gegenstand, der ihr gegenüber liegt, ein Wirken des Subjekts an einen Objekt, das d: draußen befindet.“ So lange der Gegenstand aber draußen liegt, bleibt das Leben gespalten. uf diesem Wege ist ein wahres Er- fennen, eine wahrhaftige Gemeinschaft und eine innere Er- höhung des Menschen und der Menschheit niht zu erreichen, es set denn, daß die Spaltung von Kraft und Gegenstand überwunden werden könnte. Diese Möglichkeit liegt vor. Am deutlichsten tritt sie in der Moral zu tage (Pflichtidee), dann in der echten Liebe, wenn thr Gegenstand in das eigene Wesen eingeschlossen wird, ferner im Necht und besonders deutlich in der Kunst. Auh ein wahr- haftes Erkennen seßt voraus, daß sein Gegenstand niht fremd Den beharrt, sondern zu uns selbs gehört, sodaß wir -im Mühen um ihn unser eigenes Wesen suchen. Eine solhe Aneignung des Gegenstandes erweitert das Leben, es muß, wenn es fruchtbar sein soll, das Leben aber auch verttefen. Das Leben kehrt fich dann ge- wissermaßen gegen si selbst, ist mit sih selbst beschäftigt; dadur erst erlangt das seelishe Leben eine Selbständigkeit gegenüber der bloßen Natur, ist niht mehr ein bloßes Stück eines sinnlosen Mechanismus. Nun erst läßt sich nah einer Aufhellung des Da- seins streben und nah einem Sinn des Lebens fragen.

Der Verfasser untersucht dann die Stellung des Menschen im All. Jenes Beisichselbstsein kann kein Erzeugnis der untermensch- lihen Natur sein, denn es zeigt. den Menschen fähig, einen Kampf gegen feine Sonderart aeaen: die ihm selbst zu klein, zu un- erträglih wird. Die im Menschen erstandene Bewegung, die ihn von Grund aus umbilden will, muß man als das „Aufsteigen einer dem Menschen überlegenen Wirklichkeit anerkennen, einer Wirklichkeit, woran er teilgewinnt, die er aber niht von sich aus hervorbringt —; es muß ein dem Menschen überlegenes Geistesleben bestehen, und dieses ih ihm nicht nur mitteilen, sondern zu seinem eigenen Wesen werden“. „Dies Verhältnis des Menschen zu einem höheren Leben, das bei ihm durchbricht, geht allen Verhältnissen voran, auf denen die früher betrahteten Leben8ordnungen ruhten. Denn in jenem allein ist volle Unmittelbarkeit, volle innere Gegenwart, Verwandlung in eigenes Erlebnis erreiht; niemand kann es leugnen, ohne fich selbst als geistiges Wesen zu zerstören, es ist das Allergewisseste und Ursprüng- liste, das unser Leben kennt.“ Der Verfasser weist auch auf die Tatsache hin, daß gewöhnlich die schaffenden Größen, die geistigen Helden der Weltgeschichte, als Menschen von höchster Aktivität zugleich entschiedene Deterministen waren ; ihr eigenes Vermögen trat thnen völlig zurück hinter dem Bewußtsein des Getragen- und Getrieben- werdens durch eine überlegene Macht. Eudcken s{hildert dann die Auf- gabe und Tue des neuen Lebens auf dem Gebiet der Religion und dem der geistigen Arbeit und kommt zu dem Schluß: „Der Enge des kleinen Fh entwunden, zerfließt das Leben doch niht in die Unendlich- keit, sondern innerhalb der Unendlichkeit kann jeder ein selb- ständiger Lebenspunkt, ein S des Ganzen werden; darf der Mensch sh, vom Strom des Ganzen getrieben und geführt, von der Kraft des Ganzen befestigt de so hat er an feiner Stelle jenen Strom mit eigener Entscheidung aufzunehmen und weiter- zuführen, so zieht fich ein roßes Entweder—oder durch sein ganzes Dasein und gibt a einen Charakter dramatischer Art. Nun erst vermag sihch die Tätigkeit zur Selbsttätigkeit zu steigern, ein Wirken, ein Sein zu gewinnen, einen geistigen Charakter D S und damit dem Leben einen SFnhalt zu geben, während die bloße Tätigkeit bei aller Fülle und Emsigkeit den Menschen innerlich leer lassen kann.“ Des weiteren \childert der Verfasser die Stellung des Geisteslebens im natürlichen Dasein, die Unfertigkeit und \{heinbare Unsicherheit des Geisteslebens und die scheinbare Ohnmacht des Geisteslebens im All, um endlich in einer lanen ala die Struktur des Aufbaus seiner Arbeit noch- mals flarzulegen. Der Raum verbietet es, näher auf diese Gedanken einzugehen. iese Zeilen sind nur ein \{chwacher Versuch, auf ihre Eigenart und ihren Reichtum hinzuweisen. Vielleicht regen fie zur Lektüre des wertvollen Buches an, dem die weiteste Verbreitung zu

wünschen ist. Theater und Musik.

Im Königlihen Schauspielhause geht morgen, Donners- tag, Ernst von Wildenbruchs Schauspiel „Der deutshe König“, mit Herrn Ernst Staegemann in der Titelrolle, in Szene. Außer ihm sind in den Up die Herren Zimmerer, Geisendörfer, Werra,

oetther, Nesper, Pohl, Zeisler, Patry sowie die Damen Buye, Lindner, Ressel und Willig be Ute

Im Neuen Königlihen Operntheater wird morgen, Donnerstag, „Lohengrin“ unter der musikalischen Leitung des Kapell- meisters Ble und in den Han trollen durh die Herren Kirchhoff, Bischoff, Griswold, van Hulst sowie die Damen Rose und Dber beseßt, ausgeführt. (Anfang 7 Uhr.)

Von Lengyels Schauspiel „Taifun“, das bisher 180 G Lrnagen am Berliner Theater erlebte, kêönnen nunmehr noch wentg Auf führungen stattfinden, da am 1. September die neue Spielzeit mit einem Gastspiel von Hansi Niese beginnt. /

Das Sghillertheater hat für die kommende Spielzeit einen mannigfaltigen Spielplan dusauntengeirent. Als erstes Stück wird im Charlottenburger Hause die Bi „Robert und Bertram“ heraus- kommen, die erste musikalishe E in dem vor drei Jahren eröffneten Theater. Es folgen Ibsens Komödie „Der Bund der Jugend“, „Der ideale Gatte“ von Oskar Wilde, Grillparzers „Des Meeres und der Liebe Wellen“, Moliòres „Misanthrop“ der zugleih mit Schnißlers Einakter „Der grüne Kakadu“ erscheint. Von Sudermann ist das Schauspiel „Sodoms Ende“ er- worben worden, das mit Ausnahme * eines Kainz - Gast- spiels seit nahezu zwei Jahrzehnten an - keiner Berliner Bühne mehr gegeben worden ist. Von modernen Autoren wird ferner Ludwig Fulda mit feiner Komödie „Der Dummkopf“, Oskar Blumen- thal mit dem Verslustspiel „Fée Caprice“ in den Spielplan aufge=

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Bruch mit ihr, ein Ergreifen eines