1910 / 222 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 21 Sep 1910 18:00:01 GMT) scan diff

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Gestern vormittag empfing Kaiser Wilhelm, „W. T. B.“ zufolge, Us des Husarenregiments Wilhelm IT. Deutscher Kaiser und König von Preußen Nr. 7 unter Führung des Regimentskommandeurs Obersten Freiherrn von Schön- berger, die ihm aus Anlaß des 25 jährigen Jnhaberjubiläums die Glücwünsche des Regiments und einen vom Offizier- korps gewidmeten Ehrensäbel überreihte. Der Kaiser erwiderte das Geschenk dur Ueberreichung einer goldenen Bowle im Em Hes mit eingravierter Widmung. Vor der

rühstückstafel empfing der Kaiser ferner denMinister des Aeußern rafen von Aehrenthal allein in besonderer längerer Audienz. Um 3 Uhr fuhr Kaiser Wilhelm bei der Kapuzinergruft oor und s{chmückte die Särge der Kaiserin Elisabeth und des Kron- MUGS Rudolph mit prachtvollen Kränzen. Danach stattete er em Erzherzog Franz Ferdinand und der Herzogin von Hohenberg sowie den anderen Mitgliedern des Kaiserlichen Hauses Besuche ab. Abends fand zu Ehren Kaiser Wilhelms bei dem Erzherzog Franz Ferdinand im Schloß Belvedere eine Soirée statt.

Heute vormittag empfing Kaiser Wilhelm den Besuch des Kaisers Franz Joseph und fuhr kurz vor 12 Uhr mit ckroßem Gefolge nah dem Rathause, wo er am Fuß der Festtreppe vom Bürgermeister, den Vizebürgermeistern und Schriftführern des ‘Gemeinderats empfangen und in den Festsaal geleitet

* wurde.“ Hier ergriff der Bürgermeister Dr. Neumayer das Wort zu einer Begrüßurnigs8ansprache, in der er der innigen a0 der Gemeindevertretung und der gesamten Bevölkerung

iens über den Besuch des Kaisers Ausdruck gab und dann fortfuhr:

Diese Huldigung zum 80. Geburtstage des Herrschers, an dem die Wiener mit gllen Fasern ihres Herzens hängen, erfülle alle mit (pbem Jubel und verpflichte sie zu unvergänglihem Danke. Mit Stolz erfülle die Bürgerschaft Wiens aber auch der Entschluß des Kaisers, das Wiener Nathaus zu besuhen. Indem er Seiner Majestät im Namen der Gemeindevertretung wie der Bevölkerung den ehrfurchtsvollsten Dank für diese hohe Gnade ausdrüdcke, bitte’ er den Allmächtigen, daß er dên Kaiser {üße und schirme“ zum “va und Segen des mächtigen Deutschen Reiches und zur innigen

reude Defterreih-Ungarns,--das die Nibelungentreue des Deutschen Neiches und seines erhabenen Herrschers erst vor kurzer Zeit wieder zu erkennen Gelegenheit hatte.

Der Vürgermeister {loß mit einem dreifahen Hoh auf den Kaiser Wilhelm, in das die Versammelten begeistert ein- stimmten.

Gestern haben in Prag unter Vorsitß des Statthalters Grafen Coudenhove die von der Regierung eingeleiteten Ver- ständigungsverhandlungen begonnen, an denen sämt- lihe deutshe und ts{hechische Parteien des Landtags teil- nahmen. Es sprachen zunächst der Statthalter und der Oberstlandmarschall, sodann namens der Tschechen Dr. Skarda, worauf Dr. Eppinger als Finanzreferent die Finanzlage des Landes erörterte. Nah längerer Debatte wurde laut Meldung des „W. T. B.“ eine Einigung auf folgender (Srundlage erzielt: Die Tagesordnung der ersten Sißung des Landtages, der auf den nächsten Dienstag einberufen wird, soll die Wahl einer Kommission zur Beratung der Steuer- vorlagen, sodann die Wahl einer Kommission zur Be- ratung der national - politischen Ausgleichsvorlagen, die Dau. folgende Sizung - als“ ersten Punkt den Bericht der Ausg eihsfommission, als zweiten den Bericht der Steuer- kommission enthalten. Dadurch haben die Deutschen Gelegen-

“heit, bei einer ihnen ungünstigen A des Berichts der

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f Ausgleichskommission die Obstruktion gegen die Steuervorlagen

o orgusepan, j i : L ‘— Wie. die Wiener Blätter melden, n die An- gestellten der Südbahn die Zugeständni

se der Direktion als befriedigend erklärt und die normale Arbeit auf allen

Stationen wieder aufgenommen.

Frankreich.

In der gestrigen Sißung des in Paris tagenden Jnter- nationalen Kongresses zur Bekämpfung der Arbeits- losigkeit wurde von Dr. Freund-Berlin und dem ehemaligen Minister S die Frage der Stellenvermittelung behandelt. Wie das ,„W. T. B.“ meldet, verlangen die Delegierten fast übereinstimmend Stellenvermittelungsbureaus mit ommunaler ‘und : staatliher Unterstüßung, die aus Unter- nehmern und Arbeitern zusammengeseßt sein sollen. Jn der Nachmittagssizung wies Dr.- Freund-Berlin im Laufe der Be- ratung der“ Arbeitslosenversicherung auf die Wichtigkeit der Frage ‘der ‘ausländischen Arbeiter hin und sprach“ si für ein internationales Uebereinkommen zur Regelung des Arbeits-

marfktes aus. Rußland.

Eine im Ministeriunt des Jnnern aus Vertretern der ver- schiedenen Ressorts gebildete Kommission hat, ‘einer Meldung der St. Petersburger Telegraphenagentur“ zufolge, die Grund- lagen für ein Abkommen mit Preußen ausgearbeitet, dur welches die Grenze vom Niemen bis zur Ostsee reguliert werden soll.

Das Ministerium des Innern hat Nachricht von der Abfahrt zweier norwegisher Fischereierpeditionen MeA Nowaja Semlja erhalten. Der Gouverneur von Archangels wird, „W. T. B.“ zufolge, die Niederlassung dieser Expedition auf Nowaja Semlja nicht zulassen.

Niederlande.

In der gestern verlesenen Thronrede wird, „W. T. B.“ olge, erklärt, daß die Beziehungen zu den anderen Mächten f r freundschaftlih seien. Der Zustand der Kolonien sei unter mehreren Gesichtspunkten befriedigend. Die Politik, die in den leßten Jahren für die überseeischen Beziehungen befolgt worden sei, übe einen günstigen Einfluß auf die Entwicklung von Handel und Verkehr aus und lasse einen dauernden wirtschaftlihen Aufshwung erwarten. Die Finan zlage des Staats erfordere die größte Vorsicht wegen neuer zahlreicher, aber unvermeidliher Ausgaben. Jn Kürze würden twürfe eingebraht werden über eine Revision des E und über die Einführung einer allgemeinen Einkommensteuer. Der für das kommende Etatsjahr zu erwartende, sehr beträcht- liche Fehlbetrag würde dur diesel en einstweiligen Maßnahmen ge- deckt werden, wie sie für das gegenwärtige LONE E worden seien. Ferner werden Gesegentwürte angekündigt über die rig diu und Altersversicherung der Arbeiter, über die Revision des Eidg aaa BOsehes, des Urheberrechts- geseßes, der Unterrichtsgeseßgebung und des Gesezes über die Miliz und den Landsturm, ferner eine Reform der inneren Verwaltung von Niederländisch-Jndien.

Das vom Finanzminister eingebrachte Budget weist, obiger Quelle zufolge, im ordentlihen Etat Ausgaben von 206 Millionen Gulden auf. Das Defizit wird voraussichtlich

- dustrie und

12 600 000 Gulden betragen. Der Minister erklärt, daß das Ses durch die Revision der Einkommensteuer und den neuen Zo Cintat gänzlih werde gedeckt werden können, es werde die Einführung einer neuen Steuer notwendig sein.

2 Velgien.

Die Arbeiten der in Brüssel tagenden internationalen diplomatischen Seerechtskonferenz nehmen einen guten Fortgang. Die Konferenz hat, wie das „W. T. B.“ meldet, auf Grund des Berichts des Deputierten Franck-Antwerpen einstimmig beschlossen, als gleihförmiges internationales Gesetz Lon Kodifizierungen anzunehmen, von denen die eine \i au

ollisionen von Seeschiffen mit Seeschiffen sowie von Seeschiffen mit Binnenfahrzeugen bezieht, die andere auf das Netimadicie. und die gegenseitige seemännische Hilfe. -

Türkei.

Der Ministerrat hat gestern, „W. T. B.“ zufolge, be- [Volen, 20 000 Pfund für Maßnahmen gegen die Ausbreitung

er Cholera aufzuwenden.

Die Proklamierung des Ausnahmezustands und die A n- wendung des Bandengeseßes in Monastir und Um- gebung unter persönlicher Aufsicht Torghut S effets ergibt, wie das „W. T. B.“ meldet, überraschende Resultate. Bei Haussuchungen in Monastir, Perlepe, Florina und Kruschewo wurden über 2000 Gewehre, 1500 Revolver, große Munitions- vorräte und viele Dynamitbomben gefunden. Vier Bataillone gehen nah Vodena und Karaferia, um die Bevölkerung zu ent- waffnen. 800 erkrankte Soldaten werden nach Kleinasien zurück- befördert.

Dänemark.

_Bei den gestern vorgenommenen Wahlen für die aus- scheidende Hälfte der Mitglieder des Landsthings wurden nah einer Meldung des „W. T. B.“ 12 Rechte, 10 Linke, 4 Freikonservative und 2 Radikale gewählt. Die Parteistellung war früher 13 Linke, 9 Rechte und 6 Freikonservative. j

Statistik und Volkswirtschaft.

Die Binnenwanderungen im Deutschen Neiche.

Zum ersten Male vermittelt die neue Berufss\tatistik einen Ein- blick in. die ausgedehntén Bevölkerungsvershiebungen infolge der Binnenwanderungen. Bisher gab allein die Volkszählung darüber Auskunft, ohne den Beruf zu berücksihtigen. Nun liegen mit dem ersten Teil des Bandes 210 der Statistik des Deutschen Reichs die Ergebnisse der Berufszählung vom 12. Juni 1907 für die Bevölkerung nah Hauptberuf und Gebürtigkeit in den einzelnen Gebietsteilen des Reichs vor, und diese umfangreiche Tabelle bietet weitgehende Ein- blickde in die Seßhastigkeit, die Fern- und Nahwanderung der Be- völkerung und der Angehörigen der einzelnen Berufsgruppen und Berufsstellungen ; sie zeigt den Austausch der Bevölkerung zwischen Stadt und Land wie zwischen den einzelnen Gebietsteilen des Neichs, ermöglicht die Feststellung des gesamten Zu- und Wegzugs, des Wanderungsgewinns und -verlustes usw.

Von der Gesamtbepölkerung im Jahre 1907 von 61,7 Millionen Seelen n 60378 235 im Deutschen Reiche, 1 342 294 Personen E der Neichégrenzen geboren. Wie die Neichsbürtigen sind auch die im Auslande Geborenen nach dem Beruf gegliedert: es sind nahezu 1“ Milion von diesen Zap Enn erwerbstätig, und zwar ein “weng bor eine halbe Million in der In-

f ia. der Landwirtschaft. Von den im Reich Geborenen sind ‘am Zählungstage 31 395 429 Personen in derselben Gemeinde, in der fie geboren sind, auh als an- wesend ermittelt worden. Die größte Zahl dieser Seßhaften, nämlich 19 Millionen, find Angehörige ohne eigenen Hauptberuf, also vielfah Kinder. Unter den 12 Millionen im Berufsleben stehenden oder als berufslose Selbständige gekennzeihneten Se haften gehören 5,2 Millionen der Land- und Forstwirtschaft an, 4,4 Millionen der Industrie, 1,01 Millionen dem Handel und Ver- kehr; ein wenig mehr, 1,03 Millionen, find derufslose Selb- ständige. Die Zahl der aus ihrer Geburtsgemeinde abgewanderten reihsbürtigen Bevölkerung, insgesamt 28 982 806 Köpfe, ist etwas fefnger als die Zahl der Seßhaften (31 Millionen), aber ierin find nur- 10,8 Millionen Angehörige ohne Haupt- beruf ‘enthalten. Entfielen auf die Seßhaften 12 Millionen Grwerbstätige, Berufslose und Dienende, so stellt ih die Zahl dieser drei Bevölkerungsgruppen bei den Gewanderten höher, nämlich auf 18 Millionen. Von diesen sind 6 327 978 in der Industrie tätig, an zweiter Stelle folgt die Landwirtschaft mit 4 324 048, sodann der El mit 2383 225, die berufslosen Selbständigen mit 2,29 illionen, die freien Berufe und der öffentliche Dienst (mit Ein- rechnung des Militärs) mit 1 477 719 ersonen, und weiter leben 1.032 828 bei der Herrschaft wohnende tenende nicht am Geburts- orte. Darnach hat nur die Land- und Forstwirtschaft ein Uebergewicht an Seßhaften über die aus anderen Gemeinden Zugewanderten (5264 316 Seßhafte gegenüber 4,3 Millionen (Zugewanderten), in allen anderen Berufsabteilungen i} die Seßhaftigkeit geringer als die Zuwanderung. Verhältnismäßig hoch ist dabei die Zuwanderung bei den öffentlichen und freien Berufen: hier stehen 227 300 Seßhafte 1,5 Millionen niht als seßhaft zu bezeihnenden Personen gegenüber, und bei den Dienenden, von denen nur 207 129 in ihrer Geburtsgemeinde gezählt wurden. Die Tabelle zeigt die Gestaltung dieser Verhältnisse nicht allein für die einzelnen Berufe mit Unters eidung der Berufsstellungen darin, fondern gestattet auch zu erkennen, wie si diese Ergebnisse in den einzelnen Gebieten des Neichs stellen. ;

Der Austausch elGen Stadt und Land weist unter der gesamten Neichsbevölkerung 24,6 Millionen auf, die stadttreu geblieben sind, d. h. Stadtbürtige, die au in einer Stadtgemeinde (Gemeinde mit 2000 und mehr Einwohnern) am Zählungstage lebten. Nicht ganz so viel, 23,5 Millionen, waren dem platten Lande treu (Gemeinden mit unter 2000 Einwohnern). In diesen Zahlen sind sowohl die Personen, die keine Ortsveränderung vollzogen haben, die Seßhaften, wie auch die enthalten, welche von ihrer ländlichen Geburtsgemeinde in eine andere Landgemeinde oder aus ihrer Geburtsstadt in ein anderes städtishes Gemeinwesen gezogen sind. Durch Abreh- nung der Seßhaften ergibt gd die Zahl derjenigen, die thre Geburts- gemeinde verlassen haben, aber dem platten Lande oder der Stadt treu geblieben sind: es sind 16 684010 Seelen. Dazu treten 10292 448 Landbürtige, die in die Stadt abgewandert find, und 2 006 348 geborene Städter, die aufs Land hinausgezogen sind. Das Hauptinteresse bieten hier wieder die hauptberuflich Erwerbstätigen ; diese zählen 25,9 Millionen, von denen 11 Millionen seßhaft und 14,8 Millionen nicht seßhaft sind. Von ihnen folgten 5 256 982 dem uge vom Lande in die Stadt (also die Hälfte des gesamten Zuges in die Stadt), 893 318 sind von der Stadt aufs Land gegen und die Zahl derer unter den Erwerbstätigen, die den Ort gewechselt haben ohne der Ortsklasse (Stadt oder B untreu p werden, stellt fich auf 8 683 009, also auf über die Hälfte der entsprehenden Ziffer für die Gesamtbevölkerung. Bei Einschluß der Seßhaften erweisen sich 8,7 Millionen Erwerbstätige der Stadt und 11,1 Millionen dem offenen Lande treu. Mehr als die Hälfte aller vom Lande in die Stadt übergesiedelten Erwerbenden find in der Industrie tätig, nämli 2 809 809, dann folgt der Handel und Verkehr mit 1104481, der öffentliche Dienst und die freien Berufe mit 696 852. Den 2,8 Millionen in Städten gezählten Landbürtigen in der Industrie stehen 5,17 stadtbürtige Städter gegenüber, den im Handel und Ver- kehr beschäftigten vom Lande in die Stadt gezogenen 1,1 Millionen

aber nur 1,7 Millionen in der Stadt geborene und auch anwesende

Diese Beziehungen, wie auch der Austausch der Bevölkerung dek

einzelnen Landesteile unter einander sind für die einzelnen Berufs-

gupeen unter eingehendster Berücksichtigung der sozialen Stellung im |

erufe dargestellt. Außerdem bedeutet die Gebürtigkeit eine Erweiterung der Ergebnisse für die Erwerbstätigen eie Bänden 204, 205 und 208. Dort sind die Grwerbstätigen in u Berufsgruppen nur nah der abgekürzten Gliederung der Ber en stellungen berücksichtigt; aus der Gebürtigkeitstabelle sind die Uh gehenderen fozialen Stellungen im Berufe für Stadt und San ein- für Gebietsteile zu ergänzen. und

Zur Arbeiterbewegung.

Die im Deutschen Holzarbeiterverband organisierten M tishler und Modelldrechsler Berlins find, wie e Ztg.“ berichtet, in eine Lohnbewegung eingetreten. Eine gut besuchte Versammlung der Arbeitnehmer, die vorgestern abend tagte gab ih : Zustimmung zu einem neuen Lohntarif, der von den Vertrauens, männern aufgestellt isi und folgende Hauptbestimmungen enthält: „Eine Lohnerhöhung von 5 v. H,, am 1 Oktobee in Kraft treten soll; obligatorische Arbeitsvermittlung und Negelung des Lehrlingswesens nach einer aufgestellten Skala Ein Durchschnittsstundenlohn von 84 ,„§, Ausgelernten den Anfangs- lohn von 68 S, nah einem Jahr 72 3, nah zwei Jahren 78 “4 bei 51 stündiger wöchentlicher Arbeitszeit. Bei Arbeitsmangel dürfen feine Entlassungen vorgenommen werden, sondern die Arbeitszeit ist entsprehend zu verkürzen.“ Eine Kommission wurde beauftragt, - die Forderungen dem „Verein der Berliner Modelltishlermeister" zu unterbreiten und die Verhandlungen zu führen.

Die organisierten Stukkateure und Puter Düsseldorfs haben, wie die „Nh--Westf. Ztg.“ mitteilt, in einer öffentlihen Ver- sammlung den Beschluß gefaßt, den bis Ende dieses Jahres laufenden Lohntarifvertrag zwecks Erlangung günstigerer Lohnbedingungen' am 4. Oktober zu kündigen. Es wurde ein Aus\{huß gewählt, der mit dem Arbeitgeberverband verhandeln foll.

Der Boykottschußzverband rheinisch - westfälischer Brauereien beruft laut Meldung desselben Blattes auf ‘den 29. September seine sämtlichen 150 Brauereien zu einer Wol La versammlung nah Essen ein mit der Tagesordnung : Besprechung der infolge des Abbruhs der Lohntarifverhandlungen eingetretenen Lage und Beschlußfassung über die zu ergreifenden Maßnahmen.

u dem Ausstand in Elberfeld-Barmen erfährt die „Nh.-Westf.

tg.“, daß die beiden betroffenen Brauereien ihre Betriebe voll aufrecht erhalten können, da sie zum Teil neue Arbeitskräfte eingestellt haben und zum Teil Ausständige an ihre Posten wieder zurückgekehrt 10D: COUL N 221 D L)

In Dresden haben, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, die Arbeiter der dortigen Kohlenladeplaße an der Elbe die Arbeit nieder- gelegt. Sie verlangen eine geringe Aufbesserung ihrer Löhne.

Aus Paris wird dem „,W. T. B.* gemeldet: Die Bediensteten der Ostbahn haben in Epin al eine Versammlung ab ehalten, in der sie beschlossen, eine Abordnung zum Minister der öffentlichen Arbeiten und zur Verwaltung zu entsenden, um ihnen die allgemeinen Forderungen und die besonderen Forderungen der Arbeiter vorzulegen. Falls die erstern nicht erfüllt werden sollten, werden sie sih einem Ausstand der Bediensteten der übrigen Linien anschließen. Für den Fall der Ab- lehnung ihrer besonderen Forderungen auf der Ostbahn, ermächtigte die Versammlung ihren Ausschuß, gegebenenfalls den Ausstand auf den Linien der Ostbahn allein zu erklären, selbst wenn der Landes- D ee Eisenbahner einen allgemeinen Ausstand für unangebracht alten sollte.

Der Ausstand der Bergarbeiter in Bilbao ist, „W.T. B.“ zufolge, auf Grund der von dem Generalkapitän gemachten Ver- mittlungsvorshläge beendet. Die Arbeit wird morgen wieder auf- genommen.

Kunft und Wissenschaft.

A. F. Eine dritte Spätsommerwanderfahrt der „Branden- burgia“, Gesellschaft für Heimatkunde, war am vorleßten Sonntag nah Norden, nah dem Städtchen Lindow gerichtet, das etwa eben- soweit westsüdwestlich von Gransee als ostnordöstlih von Neu-Nuppin liegt und seiner chönen Umgebung halber seit mehreren Fahren von Berlinern häufig zum Sommeraufenthalt gewählt wird. Für die „Brandenburgia“ bestanden außer der mit Recht gerühmten Um egend auch noch andere Anziehungspunkte von LUndow, nämli die Besichtigung einer Klosterruine „und die Jnaugenscheinnahme von Wasserbauten, angelegt, um die Seenkette dieser Landschaft in bessere Verbindung threr einzelnen Glieder miteinander zu bringen. Mit diesem leßteren Punkt des Programms wurde sfogleih der Anfang gemacht, als die aus etwa 40 Personen bestehende Gesellschaft mit der Kleinbahn, die weiterhin nah Rheinsberg führt, von Löwen- berg her am Bahnhof Lindow anlangte, hier freundlih begrüßt von den Seren Bürgermeister Manger und Amtsrichter Jacobi, die sich zur Führung erboten hatten und dieses Amtes in der Folge so um- sihtig als liebens8würdig walteten. Der Weg nach der Stadt führt nämli über die erweiterte kanalartige Verbindung hinweg, welche die östlich gelegene Seengruppe mit dem westlih gelegenen Gudelack-See \iffbar verbindet und bestimmt ist, wie Bürgermeister Manger zur Erklärung dieser in nächster Zeit dem Verkehr zu übergebenden Wasser- bauten berichtete, jene bis eretwas ifolierte Seengruppe über Neu-Nuppin, den Nhin und den Nuppiner Kanal auch mit der Havel u. \. f, mit Berlin und Hamburg und, wie scherzhaft hinzugefügt wurde, mit Amerika zu verbinden. Für die so dem Schiffsverkehr erschlossene Gegend ist dieser Fortschritt von hoher Bedeutung; denn längs der Seeufer liegen abbauwürdige Tone von genügender Mädchtigkeit, um zur Anlage von Ziegeleien einzuladen; ja, es ist einem Berliner Chemiker die Feststellung geglückt, daß ein Tonlager an einem der oberen Seen, das alsbald in Angriff genommen werden wird, ein vom Kalk in solhem Umfan e entlaugtes Material liefert, daß daraus Ziegel von der \ chöônen roten Färbung und Qualität der Rathenower her- Den können. Die aus andern Tonen der Gegend gefertigten

asteine zeigen nur die bekannte rötlih weiße Farbe, wie die Gesell- schaft sich später an den großen Mengen am Gudelack-See auf- A Ziegeln zu überzeugen eaen hatte. Diese andern

one scheinen au für die Zwecke der Töpferei weniger geeignet, wie daraus hervorgeht, daß eine ausgedehnte, dieser Industrie dienstbare Tabritan lage, die jahrelang auf dem großen Werder im genannten

ee bestand, ihren Betrieb jeßt eingestellt hat, angebli weil gegen Velten nicht mehr kon urrenzfähig. Lindow ist ein freundlihes Städtchen von *nicht mehr als 1500 €Ein- wohnern; aber seine zunehmende Beliebtheit als {chön gelegener, angenehmer und billiger Sommeraufenthalt hat neuerdings eine Anzahl hübscher villenartiger Häuser in wohlgepflegten Gärten entstehen lassen, sodaß im Verein mit manchen aus dem verbesserten Wasserverkehr zu erwartenden Vorteilen ein weiteres Aufblühen von Lindow in erfreuliher Ausficht steht. Ursprünglih in Anlehnung an das von 1200 datierende Klo ter gegründet, hat Lindow, das niemals Befestigungen seven und im wesentlichen aus einer Sale der Hauptstraße, besteht, mit Ausnahme weniger Zwischenfälle, sicher zu- meist ein friedliches un geführt, dem zur vollen Zufriedenheit seiner Bewohner vielleicht nur das Eine gefehlt aben mag Übrigens ein Mangel, den es mit vielen kleinen und kleinsten Städten teilt —, daß sich die Bewohner etwas weniger umeinander kümmerten, als geschehen, es sei denn in Ausnahmefällen von Not und Leid. Es mutet wie ein auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft Lindows ge- münzter Sto seufzer an, wenn ein Haus in der Hauptstraße über der Tür die Inschrift trägt: „Obgleich der Neid zu hindern dacht’, So ist es doch mit Gott vollbracht, 1747," Lum verfallenen Kloster, das auf einer sih weit in 10 ube erstretenden bewaldeten Halb- insel liegt, führte der Weg teils über einen schattigen Kirchhof, „teils am Seeufer entlang, von dem der Blick über den ausgedehnten Wasserspiegel hinweg nah den Wäldern \chweift,. die allseitig. den

See umrahmen, am Ufer jedoch Plaß zu \{chönen Spazierwegen lassen.

Die Ruinen des vom Grafen Gebhardt von Arnstein, der einem mit Albreht dem Bären ins Land gekommenen Geschleht angehörte und si später Graf von Lindow nannte, gegründeten Prämonstratenser Nonnenklosters bestehen in den allein erhaltenen, kolossalen Umfassungs- mauern von Kirche und Kloster und einem dem Südgiebel gegenüber- liegenden kleinen Dienerhause, das noh ziemlich in der alken Be- \chaffenheit erhalten ist und feinen ursprünglichen wecken noch dient. Die Mauern sind in gewaltiger Dicke aus Feldsteinen, Findlingen, errichtet und zeigen an beiden Giebeln, sowie an einer der Seiten- wände noch baulih gut erhaltene Fensteröffnungen aus demselben Material im Spißbogenstil gewölbt. Die Orientierung des Gebäudes in nordsüdliher Richtung, statt in der sonst bei Kirchen üblichen west- östlichen, erlaubt den Schluß, daß die erhaltenen Giebel niht sowohl die Giebel der Klosterkirche, als die des Gesamtklosterbaues darstellen, der eine Kapelle eingeschlossen haben mag. Diese Ansicht wird dadur unterstüßt, daß" Spuren einer Verbindungsbrücke erhalten sind, die aus einem der Len des Südgiebels nach jenem erwähnten Dienerhause hinüberführte, das wahrscheinlih früher ausgedehnter war. Ein solche Anlage i\t kaum mit der Annahme verträglich, daß der hohe Südgiebel eine Kirche abs{loß, vielmehr wird [s daran wohl das Nefektorium angelehnt haben, dem hohe Fenster wohl an- standen. Der Innenraum des ehemaligen Klosters ist jetzt teils von Wirtschaftsgebäuden eingenommen, teils find hohe Bäume darin aufgeschossen, und der E ist an seiner Sonnenseite, der inneren, mit Epheu diht überwuchert. Das Ganze gehört heute einem adligen Fräuleinstift an, das \hon 1541 bei der Aufhebung des Klosters auf landesherrlichßen Befehl begründet worden ist. Die gewalttätige Zerstörung des ehrwürdigen Gebäudes ist erst im dreißig- jährigen Kricge 1638 durch Kaiserlihe Truppen unter Gallaz erfolgt. (Es ist später von einem Wiederaufbau Abstand genommen und für die Wohnung der Oberin und der 12 Pensionärinnen in nächster Nähe der Ruine durch stattlihe Neubauten Sorge getragen worden. Seit 1875 ist die Beschränkung auf adlige Damen auf- choben worden; die gegenwärtige Oberin ist Fräuletn von Schierstädt.

er benachbarte Klosterkirhhof und der zugehörige Bark sind mit ur- alten, tiefen Schatten gebenden Laubbäumen bestanden; zwischen den Stämmen sicht man auf die spiegelnde Fläche des Sees hinaus. Man versteht es, daß der idyllische Ort mit seinen geshihtlihen Erinne- rungen und der Nomantik seiner Nuinen das Lieblingsziel der Sommer- äste Lindows ist. Der protestantischen Kirche der Stadt wurde Bierguf ein Besuch gemacht; sie gehört der Zeit nah der Reformation und dem Typus protestantischer Kirchen an, der wegen der zentralen Lage von Kanzel und Altar mit dem Wort „Bet- und Predigt- kirhe“ gekennzeihnet ist. Von 1686 bis 1876 bestand in Lindow auch eine reformierte Kirche. Als sie wegen Baufälligkeit abgetragen werden mußte, hat die uniert-evangelishe Kirche den Neformierten bis heute Unterkunft gewährt. Es findet hier alfo Gottesdienst beider verwandten Konfessionen statt, eine Vereinigung beider soll nahe be- vorstehen. Zwet s{chöône bunte Glasfenster der Kirche rühren von einer frommen Stiftung aus neuer Zeit her, während von hohem Alter eine große, im Besiß der Kirche befindliche Kupferschale ist, die in ge- triebener Arbeit ein Bild des Sündenfalles zeigt. In Seegers Hotel am Marktplaß erfreute vor dem Mittagsmahl Bürger- meister Manger durch einen Vortrag über die Geschichte Lindows und der es umgebenden Landschaft. _ Jener {hon genannte Gründer des Klosters hatte f\eit 1196 seinen f in Neu-Nuppin und ist als Herr des Ruppiner Landes unter dem Namen Gebhardt I. in Urkunden erwähnt. Als er, niht vor 1209, wie die Anwendung des kaum 50 Jahre früher im Abendlande erst Unge en Spih- bogenstils erraten läßt, das Kloster in Lindow auf Ed Bruders Wichmann, Propstes des Prämonstratenserklosteïs in Magde- burg, erbaute, mag an der Stelle bestenfalls ein kleines wendisches Fischerdorf vorhanden gewesen sein, vielleicht befand sih sogar auf der weit in den Wußsee hinein ragenden Halbinsel ein wendishes Heilig- tum, wozu die Dertlichkeit ebenso eingeladen haben mag, wie fie sich dem Gründer des Klosters für seine Zwecke empfahl. Jedenfalls hat das Kloster segensvoll zur Ausbreitung deutscher Kultur in der Landschaft gewirkt und ist auch in seiner späteren Gestalt noch Lindow von Vorteil gewesen, wenn es bis heute au, worin Lindow das Schicksal aller Städte teilt, die im wesentlichen Ackerbürgerstädte sind, vom industriellen Aufschwung des Landes wenig berührt worden ist. Zurükgeblieben ist es darum hinter dem allgemeinen Kultur- fortshritt niht, wie u. a. sein erster Gasthof zeigte, dessen Hauptsaal auch ein Liebhabertheater aufweist. Ein Ver- \hönerungsverein is dauernd am Werke, sich seinem Namen entsprehend zu betätigen, und eine Schüßengilde besteht von alters her. Vorübergehend hat A 1763 Lindow auch Garnison vesefsen, und bis 1810 hatte eine Invalidenkompagnie hier ihren Sig. ur Erinnerung an die s{hweren Zeiten der franzü- fischen Aa) 0n, deren bedeutendster Akt sich in der Nähe abspielte, und an die lange Zeit ertragener französisher Einquartierung ist im Winter 1814 eine Eiche auf dem Marktplay gepflanzt worden, die sich zu cinem Prachtexemplar entwickelt und Anlaß gegeben hat, auch 1863 zum fünfzigjährigen Gedenken der Greignisse von 1813 eine zweite eye zu pflanzen, die \sich gleih fröhlih entwickelte. Nach im Verein mit den Lindower Gastfreunden eingenommenem, durch Tischreden gewürztem Mahk bestieg die Gesellschaft, fih von den Lindower Herren dankend verabschiedend, um 2,30 den Dampfer, der sie über den großen Gudelack-See durch den Nhin über den Zermüßel-See durch die Schleuse bei Alt-Nuppin an Alt-Nuppin vorbei nach Neu-Nuppin führte. Die genußreiche, diesmal nur gegen den Schluß durch Regen verkümmerte 234 stündige Fahrt gehört wohl zu den lohnendsten Wasserfahrten in unserer an! und seen- reihen Mark. Jhr besonderer Reiz liegt in der Abwechselung im Kreuzen \{chmaler Kanäle und großer Seen, deren Aus- dehnung die Kulissen der von ald und Wiesen belebten Ufer zeitwcis2 in die erne schiebt, während gleich nachher ein enges NRinnsal befahren wird, \o en daß es nur eben das knappe Ausweichen entgegenkommender Schiffe und vom Deck aus botanishe Studien an den Ufern zu machen gestattet. Jn diesem regenreihen Sommer zumal der übrigens in Lindow sowohl, als längs des Wassers eine große Fülle von Pflaumen, Birnen und A gezeitigt hat —, in dem das Laub der Bäume fo frisch und die Blumenfülle auf den Wiesen so reich wie sonst selten ist, kann diese Fahrt gar nit lobend genug geschildert werden. Von Neu- Nuppin, das an diesem Tage einem Heerlager glih, weil es über Sonntag der Manöver halber 2800 Mann beherbergte, erfolgte die Nükfahrt nah Berlin über Kremmen.

Nach neuen R e Funden in der Gegend von Mar del Plata

und Chapalamalan in Patagonien weist der Geologe Ameghino auf eine bisher unbekannte Art der Steinbearbeitung in der Tertiär- ¿eit hin. Das Material für die hier gefundenen euge lieferten, wie die „Umschau“ (Herausgeber Professor Dr. J. H. Bechhold in Frank- urt a. M.) mitteilt, besonders abgerundete, aber etwas länglihe Noll- tüde von Quarz sowie von Porphyr, Basalt, Phonolith und anderen Gruptivgesteinen. Die Bearbeitung ging nach Sms in der folgenden, bisher nicht bekannten Weise vor sich. Das Nollstück wurde mit der langen Alhse senkrecht auf eine gewißermaßen ald Amboß dienende, meist etwas vertiefte, feste Unterlage gestellt, und zwar mit dem breiteren Ende nach unten. ann wurde mit einem als Schlegel dienenden, besonders festen Stein senkrecht auf den oberen Pol des Nollstüdts geschlagen, sodaß seitlihe Splitter heraus\prangen, die eine Grie Schneide bildeten; diese wurde gas 8 durch weitere Schläge noh ver- bessert. Der so entstehende Artkeil, dessen Entstehung durch eine Reihe abgebildeter Funde ret gut ine werden kann, ließ fi bequem mit dem breiten Ende in der Han fassen, sodaß die Schneide nah unten stand, und war ein fehr vielseitiges Werkzeug. Er diente als Messer zum Abschneiden, als Keil oder Hatte, um die Knochen zu spalten, als Meißel, als Schaber und Krater usw. Wenn die Schneide durch den Gebrauch abgestumpft war, \{ärfte man sie durch Ne- tuschen, und wenn sie Y stark abgebraucht war, daß sie sih niht mehr {härfen ließ, so machte man sie mit dem Schlegel von neuem ge-

brauchsfähig. Die Größe der Keile s{chwankt zwischen 2 und 10 cm Länge. Diese Keile machen die Hauptmasse der patagonischen Funde aus. Daß ihre Bearbeitung in der geschilderten Weise erfolgte, dafür spricht einmal die Gestalt der Keile selbst, an deren breitem Gnde wir regelmäßig eine Rauhigkeit vorfinden, die durch den Nückprall au dem als Amboß dienenden Steine entstanden ist. Auh fkommen Keile vor, die ganz dur{gespalten sind. Weiterhin finden sich neben den Keilen selbst Ge- rölle, die als Schlegel gedient haben müssen und an threm unteren Ende noch ausgesprohener die durch das häufige Schlagen verursachte Rauhigkeit aufweisen. Endlich sind auch viele Amboßsteine gefunden worden, die sich dur Vertiefungen auszeichnen, die den eingeseßten Keil vor dem Abrutschen beim Sclagen \hüßten. Die kleinsten haben nur 6 ecm Durchmesser, doch kommen auch Ouarzitblöcke von mehr als einem halben Meter im Geviert vor. In einem Block von 25 cm Länge und 15 ecm Breite und Die fanden fih gegen 40 auf alle Seiten verteilte Vertiefungen, die auf eine sehr vielfahe Benußung hinweisen.

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs- maßregeln.

Das Kaiserlihe Gesundheitsamt meldet den Ausbruch der Maul- und Klauenseuche aus: 1) Naleud scha, Kreis Kolmar, Negierungsbezirk Bromberg, bei Händlervieh, 2) Pawlowo und Stawiany, Kreis Wongrowiß, MNegierungsbezirk Bromberg, 3) Zerrehne, Kreis Bubliß, Regierungsbezirk Köslin, bei Händler- vieh, 4) Kirchhain, Kreis Görliß, Regierungsbezirk Liegnitz, bei Händlervieh, am 19. September 1910.

Schweden.

Laut Bekanntmachung des Königlich {wedischen Kommerz- follegiums vom 9. d. M. ist Rio de Janeiro in Brasilien für pestfrei erklärt worden. À

Siam.

_Die siamesishe Regierung hat gegen Herkünfte von Singapore wegen dort herrshender p cken durch Verordnung vom 16. August d. J. Quarantäne verhängt. Quarantänestation ist die Insel Koh Phra.

Nom, 20. September. (W. T. B.) In Apulien sind in den leßten 24 Stunden vier Personen an Cholera erkrankt und eine Person gestorben.

Verdingungen im Auslande.

Die näheren Angaben über Verdingungen, die beim „Reißs- und

Staatsanzeiger" ausltegen, Fönnen tn den Woghentagen in Le

Expedition während der Dienststunden von 9 bis 3 Uhr eingesehen werden.

Oesterreih-Ungarn.

26. September 1910, 2 Uhr. K. K. Tabakfabrik Hainburg a. d. D.: Lieferung von weihen Laden und Pfosten. Näheres beim Crpedite der K. K. Generaldirektion der Täbakregie in Wien und beim „Reichsanzeiger“. i: A

Längstens 29. September 1910, 12 Uhr. K. K. Ministerium für öffentlihe Arbeiten in Wien: Lieferung von Brennmaterial (Holz und Kohle) für ärarishe Zwecke. Näheres beim Departement 1Vb des vorgenannten Ministeriums und beim „Reichsanzeiger“.

30. September 1910. K. K. Staatsbahndirektion Linz: Uefe- rung und Aufstellung der eisernen Tra werke für die neuen Vit des Durchlasses in km 79. 2/3 der Linie Stainah—Schärding. Näheres bei der vorgenannten Direktion, Abteilung 11T (Fachgruppe für Brückenbau), und beim ¡e O /

LUngstens 6. Oktober 1910, Mittags. K. K. Generaldirektion der Ee in Wien: Lieferung von «tats ‘77d Näheres beim Erpedîte der vorgenannten Stelle in Wien, 9/1, Porzellan- gasse 51, und beim „Reichsanzeiger“.

Belgien.

(Lastenhefte können, wenn nicht anderes vermerkt, vom Bureau des adjudications in Brüssel, 15 Rue des Augustins, bezogen werden.)

27. September 1910. Maison Communale in Remagne (Luxemburg): Bau einer Wasserleitung. 39 200 Fr. Angebote zum 26. September.

28. September 1910, 11 Uhr. Börse in Brüssel: Lieferung von 283590 hölzernen Stopfen für die Telegraphenverwaltung. Sicherheitsleistung 420 Fr. Speziallastenheft Nr. 1150.

28. September 1910, 1 Uhr. Ebenda: Neuverdingung des 9. Loses des Lastenhefts 867. Lieferung von 0 000 Lederscheiben für Desen von Wagendecken.

Bedarf der Staatsbahnen : :

Demnächst. Börse in Brüssel: Lieferung verschiedener Be- darfsgegenstände, u. a. galvanisierter Sosenore Rahmen, metallene fosten, Kompensatoren usw. 11 Lose. Gesamtsicherheitsleistung

200 Fr.

Demnächst. Ebenda: Lieferung von Materialien für die Unter- haltung von Baulichkeiten im Bezirk Brüssel-Midi. Verschiedene Sorten Ziegel, keramishe und porzellanene Platten, Röhren aus Sandstein und Beton, eer NRandsteine, Kalk usw., etwa 23 000 Fr. Gesamtsicherheitsleistung 2400 Fr. 10 Lose.

Demnächst. Ebenda: Lieferung von Farben zur Unterhaltung von Bauten. 7000 kg Zinkgrün und 5000 kg Casselman-Grün. Sicherheitsleistung 1000 Fr.

Demnächst. Ebenda: Lieferung von verschiedenen Gegenständen für die Staatsbahn. 87 Lofe. /

Desgleichen: Lieferung von verschiedenen Artikeln für die elektrishe Zugbeleuhtung. 14 Lose. Anzuliefern in Namur.

Desgleichen: Lieferung von Schmierpolstern und metallenen Schußzhüllen. 8 Lose. Anzuliefern in Mecheln (gare de Meupen).

esgleihen: Leferung von Lokomotivenersaßzteilen, Kolben, Kästen usw., anzuliefern an verschiedenen Stationen. 10 Lose.

Desgleichen: Lieferung von Federn und Kuppelungsmaterital, anzuliefern an verschiedenen Stationen. 25 Lose. !

Des e ichen: Einrichtung einer erzen mit Nieder- De guy f QLgraphengepaude Brüssel-Midi. 6000 Fr., Speziallasten-

e T

8. Oftober 1910, 3 Uhr. Maison Communale St. Josse-ten- Norde bei Brüssel: Einrichtung einer elektrishen Feuermeldeanlage.

Demnächst. Antwerpen, Gare Centrale: Bau einer Signal- Laien auf der Station Es\chen. 6275 Fr. Sicherheitsleistung

0 Fr. emnächst. Station in MERA e: Lieferung von 35 000 Pflaster- steinen, 700 Kopfsteinen und 180 he, Meter Randsteinen. Sicher- heitsleistung 600 Fr. Türkei.

Generaldepot der Gendarmerie in Konstantinopel: Vergebung der Lieferung von 8000 Hemden und 8000 Unterhosen. (Vergl. den „Deutschen Nei 8anzeiger“ vom 26. 8. 1910 Nr. 200.) Die Aus- \hreibungsfrist ist bis zum 26. September 1910 verlängert worden.

Ministerium für Handel und öffentliche Arbeiten in Kon- stantinopel: Vergebung der Ausführung von Stauungs- und Kanalifationsanlagen im Wilajet Adana im Werte von 40 000 türkishen Pfund. E und Kostenanshläge bis zum 29. Sep- tember 1910 an die Ee in Adana, welebit Lastenheft und nähere Bedingungen. Sicherheitsleistung und Befä erforderlich. (

Serbien.

Königlich s\erbishes Kriegsarsenal in Kragujewaß. 30. Sep- tember/13. Oktober 1910: ündlihe Verdingung behufs Lieferung von etwa 10 000 kg Maschinenöl und 60 000 kg Naphtha. Be- dingungen in der Kanzlei des Arsenals. Kaution 10 9/6.

igungsnahweis

Verkehrsanstalten.

Die Abfahrt der zur Paket beförderung nah Südwest- afrika benußten Reichspostdampfer erfolgt im vierten Viertel-

jahr 1910:

Oktober am 19.

November Dezember

am am Os B E s l 9. 30. 21; T DOD s e 20. 10. L, dh Pakete aus Berlin, die den Anschluß an diese Dampfer erreichen sollen, müssen bei der Leitung über Hamburg spätestens 2 Tage, bet der Leitung über Bremen spätestens 3 Tage vor Abgang des Dampfers zur Post gegeben werden.

von

Theater und Musik.

Neues Schauspielhaus.

Nachdem das Königliche Schauspielhaus vorangegangen war, ist nun auch das Neue Schauspielhaus mit einem Molièxe - Abend nachgefolgt, der gestern stattfand und ebenfalls den „,Tartüff“ (deutsch von Adolf Laue, bearbeitet von Ernst Welisch) sowie die Erstaufführung der von späteren Shwankdichtern weidlih ausgebeuteten Posse „Der Herr vonPourceaugnac“ brachte. Dieses leßtere Stück ist in Deutschland fast unbekannt, obwohl es sicherlich zu den lustigsten Schwänken, die Molière erdacht und erdichtet hat, gehört und durch seine groteske Komik, die hineingestreuten {harf-witzigen Bemerkungen, die au heute noch ihren Reiz ausüben, äußerst kurzweilig ist. Die Posse die N Ans Kaibel geschickt für die deutshe Bühne bearbeitete, hat die lustige Verhöhnung eines Provinzialen aus Limoges durch Pariser Großstädter zum Gegenstand. Verknüpft damit ist die Geschichte einer Heirat, die hintertrieben werden soll. Die drei Akte der Posse wurden bei der gestrigen Anna Bus Gesänge und Pantomimen eingeleitet und geschlossen, wie es zu Molières Zeit Gebrauch war. Eine gefällige Musik im Stil der Zeit hat Friedrich Bermann dazu ge- schrieben. Die Titelgestalt wurde von Emil Lind sehr wirkungsbvoll dargestellt: fkörperlihe Gewandtheit, vorzüglihe Maske und eine äußerst komishe Mimik machten diesen biedern, leicht- gien Provinzler zu einer sehr ergößlihen Figur. Arthur

eßbach als Orontes wußte der olle eines Felmene, aufgeblasenen Vaters zum Erfolge zu verhelfen. rigani, der Aa des Stückes, war bei Erich Ziegel in bewährten Händen, und die Rollen des Doktors Eins und des Apothekers ließen Paul Paschen und Josef Commer ihren Anteil zur komischen Wirkung des Ganzen beitragen. Kleinere Frauenrollen wurden von den Damen Wüst und Brandt temperamentvoll und übermütig dargestellt. In der Wiedergabe des „Tartüff“, der den Abend eröffnete, ist vor allem Bertha Hausner, die vom Königlichen zum Neuen Schauspiel- hause übergesiedelt ist, als Dorine zu nennen; fie \{chuf in dieser Nolle eine Gestalt von urwüchsiger Frische. Rudolf Christians gab den Cléante. Hier mag die Bemerkung gestattet sein, daß diese beiden ehemaligen Mitglieder des Königlichen Schauspielhauses dur das vorzügliche Sprechen der Verse auffielen, wie auch ihre Organe die s unerläßlihe klassishe Schulung erkennen ließen. Die Titel- rolle spielte Crih Ziegel. Der vershlagene Heuchler wurde von ihm in Spiel und Maske glaubhaft gegeben; sowohl für die sfalbungsvolle Frömmigkeit wie für die lüsterne E fand er starke Worte. Grete Carlsen verkörperte vor- züglih die Madame Pernelle, als ihr Sohn Orgon war Hans Siebert sehr ergößlich und Ida Wüst als Elmire löste ihre Aufgabe mit scalkhaftem Humor; auch erfuhr die kleine Rolle des Loyal dur Victor Hartberg eine humorvolle Wiedergabe. Die Dekorationen des zweiten Stückes nach Entwürfen von Svend Gade waren von großem Neiz; desgleichen die nah Zeichnungen Moeios Lefflers an- gefertigten Kostüme. Beide Stücke waren vom Direktor Alfred Halm mit vollem Verständnis für die Aufgabe in Szene gesetzt.

Lustspielhaus.

Die in Wien dem Zensurverbot verfallene und darum hier. mit einiger Spannung erwartete hiesige Erstaufführung des „Feldherr hügels“ von Karl Nößler und Noda-Noda rg gestern im Lustspielhause statt und hien dem Stammpublikum dieses an Militär- \{chwänke gewöhnten Theaters gut zu behagen. Wer eine äßende Satire auf österreihishe Militärverhältnisse vermutet hatte, wurde bald eines Besseren belehrt. Das Stück, das aus dem Geiste der Moser und Schönthan (erem ist, mit einigen Zutaten aus der neueren Wißblattliteratur, ist im Grunde nihts weiter als eine pm @ E gon von mehr oder minder guten Anekdoten und Schnurren und wird mit Recht von den Verfassern selbst als eine Schnurre in drei Akten bezeichnet. Die eigentliche Ae ist in einem Sage erzählt. Ein österceichi- {her Reiteroberst, der seiner Frau zuliebe im aktiven Dienstverhältnis ehnt fich dana, verabschiedet zu werden, und legt es bei darauf an, indem er taktisch unhaltbare Manöver ausführen läßt. Aber das Kriegsglück bleibt thm troßdem hold, und der höchste Vorgeseßte erteilt ihm statt des gewünschten Abschieds eine Belobigung und stellt ihm baldige Beförderung in Aus- E In diesem dehnbaren Rahmen gruppieren sfih eine Reibe von ekannten Shhwank- und Wißblattypen, unter denen die Serenissimus- figur des dem Regimentsjubiläuum und Manöver beiwohnenden Kurfürsten am meisten belustigt. Auch die Neichsdeutshe Armee ist durch zwei Gäste vertreten, “deren norddeutshe Art von der der „süddeutshen Kameraden nicht unwirksam abstiht. Alles in allem ist die Schnurre troy mangelnder Handlung ret unterhaltsam und wurde vortrefflich gespielt, besonders von Herrn Charl6ó, der aus Wien verschrieben worden war, um den Kurfürsten darzustellen, ferner von Herrn Julius Sachs, der den Obersten r aller Komik tin guter L E gab, und den Herren Bach, Spira, Impekoven, Herzfeld, Schindler, Dießsh, Arnold, den Damen Limburg, Waldmann, Müller, Gutmar u. a. So ist es denn anzu- nehmen, daß die Schnurre recht viele Wiederholungen erleben wird.

ausharrt, l einer Gefehtsübun

Im Neuen Königlihen Operntheater wird morgen, Deuertas „Lohengrin“ wiederholt. Herr Grüning singt die Titel- rolle, die Clsa Frau Denera, die Ortrud Frau Goeße, den Telramund E Bischoff, den König Heinrich E Griswold, den Heerrufer fee E Dirigent i} der Generalmusikdirektor Dr. Muck.

nfang r.

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen, Mittwoch, „Molière und die Seinen“ und „Der Tartüff“ von Moliòre in der bekannten Beseßung wiederholt.

Mannigfaltiges.

Hirschberg, 21. September. (W. T. B.) Nachts trat im ganzen Riesengebirge starker Schneefall ein. Auf der Koppe liegt der Schnee 15 ecm hoh. Bei 2 Grad unter Null \{neit es änd in den Tälern am Vormittag noch heftig weiter.

Cöln, 20. September. (W. T. B.) Heute, Mittags 12 Uhr, fand die Cinweihun der von dem Geheimen Baurat, Professor Schwechten erbauten, seit Unie Zeit dem Verkehr übergebenen Straßenbrücke über den Rhein in Gegenwart der Zivil- und Militärbehörden, an ihrer Spiße der Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach, statt. Dieser hielt bei der Einweihungsfeier folgende Rede: i:

E Werke tragen den Stempel ihrer Zeit, so auch dies Werk, dem wir heute die Weihe geben. In gewaltigen stählernen Bogen überspannt die neue Brücke den Strom. Ihre Massen kein cifern Slehtwerk mehr streben frei und kühn himmelwärts, ein Sinnbild- der Großindustrie, die sie erzeugt, der Ingenieurkunst, die sie gefügt ruhend auf Quaderpfeilern, die Jas Technik tief im Strome Ce gegründet. Nur die abs{ließenden Torbauten \piegeln wider den Reiz, der Vergangenem innewohnt, die Stilformen, die seit