1871 / 14 p. 10 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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Das AlIV. Armee-Corps ftößt beim Vormarsch auf | Auch bier begann man, der rascheren Ausführung wegen, zu- Villersexel auf das RR. französische Corps (General Bourbaki), | erst Strohhütten zu errichten, in deren Qwischengassen allmählich a S4 und au 2 Sai Qs 2 e i B Gifen A s mt dem Abbruch der Hütten und Über ann gefangen, erobert au er. e eder neue Gassen frei werden sollten. | hierauf folgenden Angriffe der sich in bedeutender Stärke ent- Die Bewachung zu ermöglichen, ist der ganze Lagerraum, “20e En Stacatt E 2G N EaC ior Abends mit Ausschluß des davon abgesonderten Lazareths, mit einem

arrajî abgewiesen, Marrast wird nach*Geschüßkam en genommen. s 9 hohen, in Abständen von 12 Fuß geseßten Pallisaden, welche durch

Die Festungs-Compagnie Weiß eröffnet gegen Fort. | Draht mit einander verbunden sind. Wenn dies Hinderniß auch Perche (Belfort) das Feuer. mehr ein symbolisches als thatsächliches ist, so reiht es, von den

Der interimistishe württembergishe Minister der aus- | Feldwachen und Patrouillen überwacht, doch um so mehr aus, wärtigen Angelegenheiten, Staats-Rath. Graf von Taube, wird ne durch e S iu ban n Ae laugenei zu S auf sein Ansuchen mit Pension in den Ruhestand verseßt. Der Pefähden, le sich Überdies im Lager allmählich ganz woh E Nai er von. p S O wird zum Minister der Die L ager-Baracken, welche in dem Lager auf der C arth aus, auswärtigen Angelegenheiten ernannt. i ohne daß man ursprünglich auf sie gerechnet hätte, zwischen die

10. Januar. Wegen Nebels wird die Beschießung der ver- j ittenrei j b

i | i Zelt- und Hüttenreihen eingeshoben werden mußten, haben hier schiedenen Fronten von Paris schwach fortgesezt. Die Forts | ne weniger bequeme und regelmäßige Anordnung erhalten aniworien mäßig. O können, als im Lager vor Franz.

Die Festung Péronne kapitulirt ; 3000 Mann Besaßung Die Baracken sind 1175 Fuß lang und 22 Fuß breit; die werden kriegsgefangen. : Wandhöhe beträgt 74 Fuß, die Forsthöbe 13 Fuß. Die Wände

Die gegen General Chanzy operirenden Kolonnen der | find mit Brettern bekleidet und mit Stroh ausgestopft, die 11. Armee dringen unter fortwährenden siegreichen Gefechten | Dächer mit Asphaltpappe gedeckt. Die Fenster - werden dur bis auf 1 Meile an Le Mans hinan / erobern 1 Geshüß und | Herablassen und Hinaufziehen geöffnet und geschlossen. 4 Mitrailleusen und machen über 5000 Gefangene. Die Barake is erwärmt dur 3, später dur 5 Oefen,

Das XRIV, Armee-Corps sezt nach dem Gefecht bei | deren Röhren direkt, genau im Forst, binaustreten.

ill l out Zwischen „den Oefen sind tragbare Wasserkufen (Petroleum- BDillersexel seine Bewegungen ohne Gefecht fort. Fässer) nebst je zwei Brandeimern frostfrei ufGestellt und

W A Pn Otto von Bayern begiebt \sich auf den Kricegs- Lampen aufgehängt auplaÿ. : | 2 j Ad / ; : Einen lichten Raum von 9 Fuß frei lassend, ift zu beiden giJ, Januar, Die Beschießung der Werke vor Paris, theil- | Seiten eine Reihe von 10 feststehenden Bänken e isen so weis durch neue vorgeschobene Batterien, wird kräftig fortgeseßt ; angeordnet , daß die zu jedem Tisch gehörigen 5 Mann des die Kasernen des Forts Jssy werden in Brand geschossen. Nachts auf Stroh - oder Strohsäken mit den Köpfen -an der

Die gegen Le Mans operirenden Truppen der 11. Armee | Wand liegend, mit den TUßen sich an eine Bohle stemmen siegen nah heftigen Kämpfen bei Lombron und La Chapelle, | welche an die Bankbeine angelehnt ist. Diese Bohlé wird be erkämpfen das Debouché von Champagné, nehmen Arces- Tage weggenommen und gegen die Tischbeine gelehnt , so daß hateau , erobern 7 Geshüge und Mitrailleusen ‘und machen | sie zwischen diesen und der Wand die Strohsäcke oder Streu schr viele Gefangene.

Im bayerischen Abgeordnetenhause beginnt die Be- | den Bänken fißenden Leute bewahrt. Doch kann die Bohle rathung der Bundesverträge. g auch quer dur die Hütte von Bank zu Bank gelegt werden,

12. Januar. Die Beschießung der Fronten vor Paris | 9 daß die Leute des Abends im Viereck um die Oefen oder geht wegen Nebels nur E 2oreaeE, aus der Stadt, um die Hängelampe herum sigen können. j Enceinte wird das Feuer heftiger erwidert. B iun Sa O E aur Le im Dae Prinz Friedrich Carl nimmt mit dem Il]. und X. Cor g | gEOrauUQuSNnN Poalarten und Brettlängen beme L L LLIE Le Mans und erbeutet große Vorräthe. Gleichzeitig wirft der Groß os Rae L 'Babnea E f "Sive ain herzog von Mecklenburg-Schwerin mit dem IX. und X1U., Corps dem Spessart und aus Böhmen, woher die Hölzer bezogen zu

die Franzosen aus ihren Stellungen bei St. Corneille, nord- ; T 4 werden pflegen, durch immer neue Gefangenen- und Verwun- stich Le Mans. Die Armee des Generals Chanzy zieht sich deten - Transporte gesperrt waren. Dadurch, stellten \ich die

Gul giengon und Laval zurück. Jn den Kämpfen vom 6. Kosten höher , als sie zu gewöhnlichen Zeiten betragen haben

bis 12. hat die 11, Armee allein über 16,000 unverwundete ,

Gefangene gemacht, 12 Geshüße und Mitrailleu 6 , | würden, / tiven und 200 Wagen beiter eusen, 6 Lokomo Bon den Baracken der Gefangenen durch einen größeren

13, Januar. Vor Paris wird die Beschießung mit gutem Abstand getrennt, sind die Verwaltungs-Baraken. Jn diesen

Erfolge fortgeseßt. Der Feind antwortet befinden si die Kommandantur und Hauptwace, neb folge fortgese Ö MPOG. ir ma. Bureaus für jene, für den Zahlmeister, rut da Post für ben

Telegraphen zu dienstlichen Meldungen nach der &Festungs8- R Kommandantur, einige Aufenthaltssuben und eine Speise-An- stalt für die Offiziere; welhe den Gefangenen-Bataillons vor- L E S zu' n R Ee E i : ne en dazu gehörigen Werkzeug - un aterialien-Depots 4 der ungemein großen Anzahl von Gefangenen, welche | Räume für die Garni)on- und Proviant-Verwaltungs.Becunter, die deutschen Armeen in dem gegenwärtigen Kriege gemacht haben, | und für deren Vorräthe; eine Anzahl von Räumen und Be- Ee sehr bald die in den Festungen disponibeln Gebäude dürfnissen, welche sehr groß erscheint, wenn man nit die große e eltem nicht mehr zu deren Unterbringung. Man mußte | Zahl der Gefangenen in Betracht zieht. Hinter diesen Baracken fi entschließen, dieselben in der Eile Lager beziehen zu lassen, | liegen die Küchen ; im Lager vor Franz in jeder 3 Herde, aus R che man ao der festen Plätze, doch meist unter ihren | 4 kreuzförmig um einen Kamin angeordneten Kesselfeuerungen anonen; “i egte. é bestehend, jeder Herd für 600 Mann. Die Leute erhalten a Im “Sommer onnten zu diesem Zweck Leinwandzelte | Morgens Kaffee, Mittags Gemüse und Fleisch, Abends ienen. . Als die Vorräthe derselben niht mehr ausreichten und | Suppe. Bei den Küchen sind Wasserbehälter, theils Brau- der regnerishe und kalte Herbst eintraf, wurden Strohhütten | bottige, theils hölzerne und eiserne Pontons, in die Erde Pra und als dann der Winter ka ürfniß sich | versenkt und frostfrei mit Holzwerk und Erde über- _ge its machte, den Leuten d ch zu | deckt, in welche auf der Carthaus das Wasser angefahren, bei crwärmen und. ihre Kleider b Feste Franz aber. durch“ eine Zweigleitung geführt, und aus BAe ‘sten a zu A ad Coblenz aebragt jenen mittelst kurzer Schiffspumpen entnommen wird. : e blieben in einein g z gebrachten Gefangenen einigi; sr die zweiten Zehntausend, in Folge der Kapitulation An dem von den Wohnbaracken abgelegensten Theil der von Meß eingebrachten Me wurde ein Lager auf dem | Lager Umschließung sind die Latrinen, durch Bretterwände de tiefer gelegenen Petersberg vor der Feste ranz. vorbereitet, | Blicken entzogen, angelegt. E __ Im Carthäuser Lager i} eine Anzahl Marketenderbuden ) Nah dem gleichGnamigen Artikel in der »Zeitshrift f Hy eta E ert tbetl Berta, ee E E amigen Arlilel in der »Zeitschrift für Bau- | Feste Franz hat man es den Marketendern üderla en, sich außer- eil herausgegeben v: G Erbkam.- Berlin, 1871, Jahrg, XXNT halb des nördlichen Lagerzauns, und an diesen anstoßend, bes : , : für ihre Buden nöthigen Bauplaßz selbst zu miethen. S

Die Gefangenen-Lager bei Coblenz. *)

Eine tiefgelegene, wasserreiche Stelle im Lager vor Feste ager auf dem Plateau der Carthaus ver- Franz wird als Waschplaßz benußt. G ie

Rondeweg und einem Zaun umgeben. Derselbe besteht aus 7 Fuß-

zusammenhält und vor Beshmugzung durch die FÜße der auf

stehen , eine Montirutgskammer , Werkstätten für Schuster

Viele Gefangene kämen krank hier an oder verfielen bald «dem Typhus, der Ruhr, den Pocken und andern Krankheiten. Es mußten daher, da die Garnison- und städtischen, sowie die dur Vereine eingerichteten Lazarethe bei Weitem nicht aus- reichten, gleichzeitig mit den Lagern auch Baraenlazarethe er- baut werden. Es war dies anfänglih «in sommerlicher Weise und nach den offiziellen »Vorschriften betreffend Krankenzelte, Baracken 2c.« (Berlin 1870, bei G. S. Mittler u. Sohn) ge- schehen ; gegen Eintritt des Winters aber wurden die Wände verdoppelt und mit Stroh ausgestopft und statt der Vorhänge und Portièòren Schiebefenster und solide Thüren angebracht.

Für das Lager auf der. Carthaus wurde eine Gruppe von 12 Baracken, jede zu 40 Betten, und zwei Verwaltungsbaraken, dann etwas entfernt eine Barake mit 40 Betten für Pocken- kranke und eine Waschküche mit Trockenboden und Desinfektions- raum erbaut. Jn dem Lager bei Franz begnügte man fich, vorläufig 8 Lazarethbaraken zu je 50 Mann zu erbauen.

Sowohl auf der Carthaus als auch bei der Feste v wurde ein Friedhof für die mit Tode abgehenden Fran- zosen angelegt, und zwar hat leßterer um das nahe gelegene erg vi des General Marceau seinen passenden Play ge-

Unden.

Die deutsche Strafprozeß-Geseßgebu ng. | e L

__ Nachdem der Nord deutsche Bund in dem Strafgeseß- buche vom 31, Mai 1870 ein einheitlihes materielles Straf- recht erhalten hatte, blieb noch der zweite Theil derjenigen Auf-

gabe zu erledigen , welche in dem Beschlusse des Bundesraths

vom 5. Juni 1868 bezeichnet worden is , nämlich die Herstel- lung einer gemeinsamen Strafprozeß-Ordnung. j Die Vorarbeiten zu derselben, die bereits seit längerer Zeit bei dem Königlich preußischen Justiz - Ministerium im Gange waren, sind nun beendet, und es liegt, nah Zeitungsberichten, der Entwurf zu einer solchen fertig vor. Die Bedeutung dieses Werkes , der Umfang der dadurch zu gewinnenden Vor- theile treten lebendiger vor die Augen, wenn man si den gegenwärtigen zersplitterten Zustand des deutschen Strafprozeß- rechts und dessen Entwickelungs - Geschichte vergegenwärtigt. Diese hängt eng zusammen mit der Entwickelung des mate- riellen Strafrehts nicht nur , sondern mit der der gesammten deutschen Kultur, insonderheit der fortschreitenden Ausbildung der Staatsidee. : Anfänge staatliher Ordnung zwar finden sich in Deutsch- land bereits zu Zeiten des Tacitus. Noch lange aber, weit über die Zeit der Volksrechte hinaus, tritt die Ahndung des Ver- brechens in öffentlichem Interesse (durch Wette, Friedensgeld) weit hinter die dem Verleßten zu leistende Genugthuung, für welche sich ein verwickeltes System ausbildete , zurück. Dem entspricht auch der Qustand des Verfahrens. Noch im »Sachfen- aa (etwa 1230) und im »Richtsteig Landrechts« (etwa 1335) nden wir ein durchweg accusatorishes Verfahren. Ein amt- licbes Einschreiten, eine von Amtswegen vorzunehmende Erfor- {ung der materiellen Wahrheit find unbekannt oder kommen doch nur ganz ausnahmsweise für einzelne Verbrechen vor. Bon diesen abgesehen, wird die Privatklage des Verlehten abge- wartet (peinliche Klage). Das mündlich - öffentliche Verfahren ist dem des Civilprozesses durchaus ähnlich und wird wie dieses von der Verhandlungsmaxime beherrscht, welche der Disposition der Parteien den weitesten Spielraum gestattet. Das Beweis ret des altdeutschen Strafprozesses is ein durchaus formales. Neben Gemeindezeugniß, Urkunden und Geständniß spielen die Hauptrolle der Eid und das Gotte8urtheil (namentlich QJwei- lampf). Der leugnende Angeklagte darf sich, falls er unbescholten ist, durch seinen, von »Eideshelfern« als glaubwürdig bezeugten Eid von der Anklage reinigen, sofern nicht der Kläger ihn mit einer größeren Eidhelferzahl überbot oder \ich zu cinem Gottes- urtheil erbot. Mit dem Verfall des engen Familien- und Ge- meindeverbandes sowie der zunehmenden Aufklärung unter dem Einflusse der Kirche verloren diese eigenthümlichen Be» weismittel ihre Bedeutung. Gleichzeitig zog der sich entwickelnde Staat mehr und mebr die offizielle Verfolgung- von Verbrechen in den Kreis seiner Aufgaben. __ „Durch manche, sich bereits in dem altdeutschen Prozesse vorfindende Anknüpfungspunkte (Anklage- und Rügepflicht , Klage von Amtswegen 1e.) wird die Aufnahme des in Jtalien

ausgebildeten römisch-kanonischen Stra fverfahrens er-

leichtert, welche. am Ende des 15. Jahrhunderts eine vol-

lendete Thatsache ist. (Wormser Reformation von 1498,

Bamberger Halsgerichtsordnung von 1507 2e:) Der“ (reich8gesebliche) Prozeß der C. C. C. (Carolina

von 1532) is ein durchaus s{riftlicher und inquisitorischer- leßteres auch dann, wenn das Einschreiten des Richters dur die von einem Privaten oder von einem Offizial- fläger angebrachte Klage veranlaßt [wird. Von Oeffentlichkeit ist natürlih nicht mehr die Rede. Die ungelehrten Schöffen, welche im altdeutschen Prozesse dem Richter das Urtheil wiesen, haben rehtsgelehrten Richtern-Play gemacht. Der sog. »endliche Rechtstag« in den Formen des alten Prozesses ist Nichts als ein leeres Schaugepränge. Das Beweisreht ist rationeller ge- worden. Da indessen zur Verurtheilung entweder direkter Ve- weis durch 2 fklassische Zeugen oder Geständniß erforderli ist, so kam man leider zur Folter (sobald »genugsame« Jn- dicien bewiesen sind). Hierin aber lag wiederum der Keim zu weiteren Fortschritten. Je mehr sich die fortschreitende Huma- nität von der Folter abwendete (zuerst Preußen unter König Friedrich 11.) und beim Nichtvorhandensein von Geständnissen zu dem unlogischen Auswege dec Ungehorsamsstrafen und der » außerordentlihen Strafe« gedrängt sah, desto allge- meiner wurde allmählich die Ueberzeugung von der Unhaltbar- keit des ganzen schriftlichen, geheimen, inquisitorischen Verfahrens. Indessen erhielt sih der Strafprozeß in Deutschland im Wesent- lichen unverändert bis zum Anfange des laufenden Jahrhunderts auf derjenigen Entwikelungsstufe, welche sich namentli in dem Werke des Leipziger Juristen Benedikt Kar pzow (635) abspiegelt. Die Geseßbücherdes vorigen Jahrhunderts (CodexMaximüianeus iuris Bavarici criminalis 1751 —; öfterr. allgem. Kri- minalgeriht8ordnung K. Joseph 11. 1788 2.) bezeichneten zum Theil eher einen Rükschritt, als einen Fortschritt. Auch die zu Anfang dieses Jahrhunderts erlassenen Geschbücher sind im Wesentlichen mehr oder weniger verbesserte Redaktionen des sogen. gemeinen deutschen Strafprozeßrechts (Oesterreich 1803— ; Preuß. Kriminalordnung v. 1805; Bayerisches Strafgeseßbuch Th. 11, 1813 xc.). :

Ein großer Wendepunkt, ähnlih dem der Aufnabme des römisch - kanonishen Prozesses, tritt er| mit dem Ende der vierziger Jahre ein. Vorbereitend hatte die Einführung und Erhaltung des französischen Strafprozesses (Code d'in- struction criminelle v. 1808) in den lint8rhbeinischen Ge- bieten gewirkt. Dieser Rheinische Prozeß ein öffentliches, mündliches Verfahren mit Geschwornen (in \{wereren Fällen), ohne geseßliche Bewei8theorie erlangte in Deutschland na- mentlich nach 1830 große Popularität, wie denn in der That seine Vorzüge den Mängeln des gemeinen deutschen Kriminal- prozesses gegenüber nicht zu verkennen waren. Nach einem wenig glücklichen Versuche Württembergs, an -das \ch{riftliche Untersuchung8verfahren in s{hweren Fällen eine öffentliche Schlußverhandlung zu knüpfen, wurde in Baden 1845 eine jedoch nicht zur Ausführung gekommene Strafpro- zeßordnung publizirt mit Mündlichkeit, beshränkter Oeffentlich-

keit, Staatsanwaltschaft (aber ohne Geschwornengericht). Die-

selben Jnstitute wurden in Preußen durch Gef. v. 17. Juli 1846 für N Kammergericht und dem Kriminalgericht zu Berlin zur Verhandlung kommenden Sachen eingeführt. All- gemeiner wird die Bewegung in Verbindung mit politischen Verhältnissen seit 1848, Das Drängen nah öffentlich - münd- lihem Verfahren mit Geschwornen führte fast Überall zur genauen Nachahmung des fertigen französishen Vorbildes, oder wie ‘es. ein Rechtslehrer der Gegenwart (John) aus. drückt: »Während man im 16. Jahrhundert den italienischen Strafprozeß rezipirte, rezipirle man im 19. Jahrhundert den französishen Strafprozeß.« Man nahm sich nicht die Zeit, das französische Verfahren genauer mit dem englischen zu vergleichen und an den englischen Erfahrungen zu messen, sondern adop- tirte kurzweg, was man am Rhein in Uebung fand und was sich dort nach manchem Kampfe allgemeiner Beliebtßeit bei Publikum und Juristen erfreute. Erst in neuerer Zeit zeigen sih in Verbindung mit einer lebhaften, dem Studium engli- scher Einrichtungen und überhaupt der Rchts- Vergleichung zugewandten, wissenschaftlichen Thätigkeit (Mittermaier, Zachä- riae, Planck, Heinze, Bar, Schwarze U. A.) selbständigere Ver- suche zu neuen Bildungen von theilweise freilich bedenklichem Werthe. Bei Weitem die meisten der neueren deutschen Straf- prozeß - Ordnungen tragen durchaus gleichartige, mit der fran- zösischen Dreitheilung der strafbaren Handlungen verwachsene Züge: Offizialmaxime mit Anklageformen; die Anklage aus- \cließlich oder doch weit, überwiegend in der Hand einer öffent- lichen Behörde, der Staatsanwaltschaft; in shweren Fällen förmliche Boruntersuhung, welche ihren Abschluß in einem Anklagebeschlusse findet; dann öffentlich - mündlihes Hauptver- fahren- mit Anklage, Vertheidigung, Beweisverfahren vor dem aus Geschwörnenbank für die Thatfrage und Richterbank bestehenden, erkennenden Gerichte; in min- der wichtigen Fällen gewöhnlich bloßes Skrutinialver-

j Man statt der » Voruntersuchung «; dann Anklage®

beschluß und Hauptverfahren vor. einer,- in der: Regel- miñder