»Die Glückwünsche, welhe Mir der Magistrat von Berlin zum neuen Jahre darbringt, nehme Jh mit herzlichem Danke entgegen. Wir stehen noch mitten in einer ernsten Zeit, die unsere ganze Kraft in Anspruch nimmt, und wissen nihcht, was die nächste Zukunft birgt. Nur das wissen wir, daß uns Alle Ein Gedanke bescelt — der Ge- danke an das theure Vaterland, für das wir jedes Opfer freudig 1ra- gen. Möge das eben begonnene Jahr uns bald den heißersehnten ehrenvollen Frieden bringen und auch für die Stadt segensreich sein, deren Bewohner in ihrer Opferwilligkeit und Hülfsbereitschaft jeßt wie immer das s{önste Vorbild liefern. Jn ihrer Mitte zu wirken ist für Mich nicht nur Pflicht, sondern Ehre und wahre Freude: Gott helfe weiter!
Berlin, den 2. Januar 1871. Augusta. An den Magistrat der Haupt- und Residenzstadt Berlin. «
»ITndem Jh dem Magistrat von Berlin für die aus Veranlassung Des Jahreswechsels Mir dargebrachten treugemeinten Glückwünsche, Unter bester Erwiderung derselven, Meinen sreundlihsten Dank aus- Apreche, nehme Jch hierbei gern Veranlassung, den Magistrat und die ganze Einwohnerscaft von Berlin der unveränderten Fortdauer ‘Meines besonderen Jnteresses an dem Gedeihen und Wohlergehen der Stadt von Neuem zu versichern.
Charlottenburg, den 7. Januar 1871.
: Elisabeth.
An den Magistrat zu Berlin. «
»ITch danke dem Magisirate von Berlin für die guten Wünsche, welche Mir derselbe beim Eintritt in das neue Jahr in alter; Meinera Herzen lieb gewordener Weise dargebracht hat. Möge schon die nähe Zukunft die Hoffnung erfüllen, welche Aller Herzen bei diesem Jahres- wechsel glei lebhaft bewegt — die Hoffnung auf einen glüdlichen! dauernden, den großen Opfern unseres Volkes entsprechenden Frieden!
Berlin, den 2. Januar 1871.
An den Magistrat zu Berlin. «
— Die Notifikationsschreiben Sr. Majestät des Kai- sers und Königs wegen der Kaiserproklamirung an die Senate der freien und Hansestädte Bremen, Hamburg und Lübeck sind gleihlautend abgefaßt. Der Senat von Hamburg
Victoria, Krenprinzessin.
verkündete das Allerhöchste Schreiben durch folgende Prokla-
mation:
»Wir begrüßen mit Freude und Ehrfurcht die frohe Kunde, daß das neue Reich, zu welchem jeßt endlih die Stämme Deutschlands geeinigt sind, durch die Wiederherstellung. der Deutschen Kaiserwürde in der Hand des mächtigsten seiner Fürsten, seinen Abschluß und seine Weihe erhalten hat. S
Wie das gesammte Vaterland in dem Glanz des Kaiserlichen Namens den der Nuhm neuer glorreicher Siege erhöht, Erinnerungen einer großen Vergangenheit und die Bürgschaft einer \{óönen Zukunft sicht, so empfängt auch unsere freie Stadt, eingedenk der Wohlthaten, die sie den Deutschen Kaisern entschwundener Jahrhunderte verdankt, mit freudiger Hoffnung die Zusicherungen des Kaiserlichen Schreibens, welches alien Deutschen den Schuß ihrer Rechte und die Segnungen des Friedens nach außen und im Junnera verheißt, Der Senat hält fh bberzeugt, daß seine Mitbürger, voa denselben Gefühlen der Freude und des Dankes durchdrungen, mit ihm einstimmen werden in den Wunsch, daß Heil und Segen für immer mit dem Kaiser und dem Reiche sein mögen. :
Gegeben in der Versammlung des Senats, Hamburg, den 22. Januar 1871.« °
Unmittelbar nach geschehener Veröffentlihung dieser Proklamation wurden die öffentlichen Gebäude in Hamburg geflaggt und 101 Kanonenschüsse abgegeben.
Auch in Lübeck wurde, wie in Hamburg und Bremen,
-am Sonntag Mittag mit den Glocken der städtischen Haupt- Tirchen geläutet. : i
— Dem Rundschreiben Jules Favres an die Ver-
treter Frankreichs im Auslande vom 12. Januar d. J., welches
ch auf seine beabsichtigte Betheiligung an der londoner Kon-
erenz bezieht, (S. den Wortlaut desselben weiter unten) {ließt
fich der folgende Schriftwechsel an ; i E i : Paris, den 13. Januar 1871.
An Se, Excellenz den Herrn Grafen von Bismarck 2c. in Versailles.
__ Herr Graf! :
Lord Granville benachrichtigt mich dur seine Depesche vom
29. Dezember v. J., welche ich am 10. Januar Abends erhielt, daß Ew. Excellenz auf das Ersuch:n des englii\chen Kabinets einen Geleit- {ein zu meiner Verfügung halten, welcher für den Bevollmächtigten ranfreihs zu- der Londoner Konferenz nothwendig ist, um die preu- ishen Linien passiren zu können. Da ih in dieser Eigenschaft de- nirt bin, beehre ih mich von Ew. Excellenz die Zusendung dieses Gelcitsheins in meinem Namen. in der möglichst kürzesten Frist zu reflamirtn. Genehmigen Eo. 2c. Jules Favre.
Bersailles, den 16. Januar 1871.
An Se. Excellenz , Herrn Jules Favre, Minister der aus- wärtigen Angelegenheiten des Gouvernements der natio- nalen Vertheidigung in Paris.
Herr Minister!
Cw. Excellenz bitte ih, in Erwiderung auf die gefälligen beiden Schreiben vom 13. d. M, mir zunächst die Beseitigung eines Mißverständnisses zu gestatten. :
Ew. Excellenz nehmen an, daß auf den Antrag der König- li großbritannishen Regierung cin Geleitschein für Sie bei mir bereit liege, zum Zweck Jhrer Theilnahme an der londoner Konferenz. | i
Diese Annahme ist indessen nicht zutreffend.
Ich würde auf eine amtliche Verhandlung nicht haben ein- gehen können , welcher die Vorausseßung zum Grunde läge, daß die Regierung der nationalen Vertheidigung völkerrechtlich in der Lage sei , im Namen Frankreichs zu handeln , so lange sie nicht mindestens von der französischen Nation selbst an- erkannt ift.
Ich vermuthe, daß die Befehlshaber unserer Vorposten Ew. 2c. die Ermächtigung zum Passiren durch die deutschen Linien ertheilt haben würden, wenn Ew. 2c. dieselbe bei dem Kommando des Belagerung®°heeres nachgesucht hätten. Leßteres würde nicht den Beruf gehabt haben, Ew. 2c. politische Stellung und den Zweck Jhrer Reise in Berücksichtigung zu ziehen, und die von den militärischen Führern gewährte Ermächtigung, unsere Linie zu passiren, welche von ihrem Standpunkte kein Bedenken gefunden, würde dem Botschafter Sr. Majestät des Königs in London freie Hand gelassen habe», um in Betreff der Frage, ob nach dem Völkerrecht Ew. 2c. Erklärungen als Erklärungen Frankreihs anzusehen nären, scine Stellung zu nehmen, und seinerseits Formen zu finden, welche jedes Präjudiz verhütet hätten. - :
Diesen Weg haben Ew. 2c. mir durch Jhr an mich unter
“amtlicher Angabe des Zweckes Ihrer Reise gerichtetes amtliches
Gesuch um einen Geleitschein behufs der Vertretung Frankreichs auf der Konferenz durch Ew. 2c. abgeschnitten. Die oben an- gegebenen politischen Erwägungen, zu deren Unterstüßung. ich mich auf die Erklärung beziehe, welche Ew. 2x, am 12. d. M. amtlich veröffentlicht haben, verbieten mir, Jhrem Wunsche um Uebersendung cines solhen Dokumentes zu entsprechen. .
Indem i¿ch Jhnen dies mittheile, kann ih Jhnen nur über- lassen, für Sich und Jhre Regierung zu erwägen, ob fi ein anderer Weg finden läßt, auf welchem die angeführten Be- denken beseitigt und jedes aus Jhrer Anwesenheit in London fließende Präjudiz vermieden werden kann. /
Aber auch wenn ein solcher Weg gefunden werden sollte, erlaube ih mir doch die Frage, ob es rathsam ist, daß Ew. 2c. Paris und Jhren Posten als Mitglied der dortigen Regierung jeßt verlassen, um persönli aï einer Konferenz Über das Schwarze Meer Theil zu nehmen, in einem Augenblick, wo in Paris Interessen auf dem Spiele stehen, welche für Frankreich und Deutschiand wichtiger sind, als der Artikel XI, des Ver- trages von 1856. Auch würden Ewr. 2c. in Paris die diplo- matischen Agenten und die Angehörigen der neutralen Staaten zurücklassen, welche dort geblieben oder vielmehr zurückgehalten worden sind, nachdem fie längst die Erlaubniß zum Passiren der deutschen Linien erhalten hatten, und welche daher um so mehr auf den Schuß und die Fürsorge Ew. 2c. als des Ministers der faktischen Regierung für die auswärtigen Angelegenheiten angewiesen sind. :
Ich kann daher kaum annehmen, daß Ew. 2c. in der kri- tischen Lage, an deren Herbeiführung Sie einen so wesentlichen Antheil hatten, Sich der Möglichkeit werden berauben wollen, zu E Haag mitzuwirken, wofür die Verantwortlichkeit auch
ie trifft. : :
Genehmigen Sie, Herr Minister, den Ausdruck der aus- gezeichnetsten Hochachtung, mit der ich die Ehre habe, mich zu nennen Ew. 2c. v. Bismarck.
— Das vorerwähnte Rundschreiben Jules Favres an die- Vertreter Frankreihs im Auslande vom 12. Dezember v. J.
lautet: i »Pari®, 12. Januar 1871,
Mein Herr! Die Regierung hat es bis jeßt für ihre Pflicht ge- halten, große Zurückhaltung betreffs der Veränderung der Verträge von 1856 zu beobachten. Daß eine solhe Veränderung, wenn sie nothwendig is ausschließlich den Mächten, Unterzeichnern dieser Ver- träge angehört, ist eine so augenscheinlihe Wahrheit, daß es unnüß ist, bei derselben zu verweilen. Sie konnte nicht in Zweifel gezogen werden. Sobald eine der Mächte die Aenderung der Konventionen verlange, welche alle Unterzeichner, gleihmäßig | c: pflihteten, wurde deshalb die Jdee betreffs einec K nferenz, in we'cher die Frage disfu- tirt werde, ohne Sciwierigfeit angenommen. Dex Plaß Frankrei{s ist in derselben bezeichnet. Aber konnte es daran denken, ihn anzu-
D
nehmen, wenn es yon der Vertheidigung seines Territoriums gänzlich in Anspruch genommen war? So ist die Frage, welche die Regierung Das den Umständen, an die ich sunmtmnari!ch eriz:nern will, zu prüfen atte.
___ E83 war eine Depesche, datirt aus Tours vom 11. November eingetroffen in Paris am 17., durch welche dexr Minister der äußeren Angelegenheiten von Herrn von Chaudordy von dem Cirkular des Fürsten Gorlshafoff Keantniß erhielt. Diese Nachricht ivar ihm durch folgendes Telegramm unseres Ministers in Wien zugegangen: »Der russische Minister hat gestern eine Mittheilung gemaht, gus welcher hervorgeht, daß seine Regierung sih durch die Stipulationen der Ver- träge von 1856 für niht mehr gebunden erachtet.« Am nämlichen Tage, 17. November , antwortete der Minister des Aeußern Herrn Chaudoroy und empfahl diesem die strengste Zucückhaltung. Wir hatten noch feine offizielle Mittheilung und wir mußten uns auf die Rolle des Beobachters beshränfken, ohne jedoch zu versäumen, bei jeder Gelegenhcit unser förmlihes Recht aafrecht zu erhalten, zu cinem Be- {luß h'nzugezogen zu werden, der ohne unsere Betheiligung absolut ohne allen Werth sein würde. ;
Europa konnte dieses nicht anders auffassen und in den Unter- redungen und Noten zwischen den verschiedenen Mächten und uns galt es imzner für selbstverständlich, daß Frankreich nothwendiger Weise an der Berathung Theil nehmen und zu derselben berufen werden müsse.
Tch würde cs für eine nickt zu ents{buldigende Jndiskretion halten, wenn ih heut die Einzelheiten dieser Unterredungen enthüllen würde. Unsere Bemühung war, aus den wohlwollenden Dispo- L die man uns dewies, Nußen zu ziehen und die Reprä‘en- tanten der Mächte dahin zu führen, arguerkennen, daß, ohne in Eiwas das Junteresse- ersten Ranges aufzugeben odec zu verringern, we'cches für uns mit der Diskussion der Verträge von 1856 enitsteßt, wir bei unserem Eintritt in die Konferenz die Pflicht hätten, in derselben eine Debatte von einec ganz anderen Bedeutung
einzuführen, Vetr.fss derer man uns fein »lin de non re- |
cevoir« entgegenstelcn könne. Jndeß muß man sagen, daß die Delegation von Tours, indem sie diese Ansichi vollständig theilte, immer glaubte, daß wir die Einladung Europas, wenn sie an uns gerichtet würde, annehmen müßten. Diese Meinung Fgusamwmenfassend, schrieb Herr von Chaudordy in feiner Depesbe vom 10. Dezember : »Die. Delegation ijt, nachdem sie mit mir alle Depeschen geprüft hat, der Ansicht, daß wir auf die Konferenz gehen müssen, selbs wenn wix vorher weder ein Versprechen, no einen Waffenstillstand erkangt haben.« Die Meinung der Mitglieder der Delegaiion hat si{ch übri- gens nie geändert. Herr Gambetia drückt sie noch auf \o kräftige Weise in sciner leßien Depesce vom 31. Dezeinber aus. Sich an den Minister des Ncußern richtend, sagt er: »Sie 11üssen auf dem Punfte stehen, Paris zu verlassen, um sich zur Lond.ner Konferenz au begeben, wenn, wie man behauptet, es England geluazen ist, cinen Gele’ischein zu erhalten, Jch stelle mir die Qualen vor, welche Sie empfinden müssen, Paris zu verlassen. Jh höre hier den Ausdruck Ihrer Sc{mëerzen und Jhrexr ersten Weigerungen, und doch muß ih im Interesse unserer Sache Jhnen sagen, daß es geschehen muß.«
Ehe Hr. Gambetta diese Zeilen geschrieben, hatte der Minifter des Acußern, dié in Tours begonnenen und seitdem in Bordeaux fort- geseßten Unterhandlungen verfolgend, so viel cs die Unvollftändigkeit Und die Verzögerungen der Kommunikationen geßatteten, dem Hrn. de Chaudordy bekannt gema‘, daß die Regierung beschlossen habe, daß Frankreich, wenn man es auf regelmäßige Weise berufe; sich in der Londoner Konferenz, jedoh unter der Bedingung, vertreten lassen werde, daß England, welches die mündliche Einladung gemacht , sich damit befassen werde, seinem Nepräsentanten, wenn er in Paris ge- wählt würde, den nothwendigen Geleitschein zu verschaffen.
Diese Anordaung wurde von dem englischen Kabinet angenom- men. Herr v. Chaudordy seßte den Minister des Aeußern durch cine Depesche, Bordeaux, 26. Dezember 1870, die den 8, Januar eintraf, davon in Kenntniß. Er unterrichtete ihn zuglei, daß die Delegation der Regierung ihn dezu bestimmt habe, Frankreich in der Konferenz zu vertreten. Diese Mittheilung wurde durch folgendes Scdreiben be- stätigt, welhes Lord Granville am 29, Dezember \ck@rieb und welches durch die Vermittlung des Min'fsters derx“ Vereinigten Staaten am 10. d. M. Übergeben wurde
» Lord Granville an Se. Excellenz den Minister des Aeußern
in Paris. | London, 29, Dezember.
Herr Minister! Herr Chaudordy kat Lord Lyons benachrichtigt, daß Ew. Exc in Vori&l\g gebracht worden is, um Frankrei in der Konferenz zu repräsentiren, und er hat zugleich von mir verlangt, einen Gileitschein zu besorgen, welchen Ew. Exc gestaiten werde, die preußischen E dur{shreiten. Jch bat sofoct den Grafen von Bernstorff, diesen Geleitschein ¿u verlangen und Jhnen denselben durch cinen als Parlameatär abzusendenden deutschen Offizier zustellen zu lassen. Herr v. Bernstorff licß mich gesiern wissen, da® ein Geleit- hein zur Verfügung Ew. Exc. gestellt werde, sobald er durch einen von Paris nach dem deutsen Hauptquartier abgehenden Offizier verlangt werdén würde. Er sügte hinzu, .daß er von keinem deutschen Offizier ae- bracht werden könne, so lange dem Offizier, Träger der Parlamentär- fahne, auf welchen die Franzosen geschossen, keine Genugthuung gegeben worden sei. Jch bin von Herr Tissot ia Kenntaiß geseßt worden, daß viele Zeit vergehen werde , che diese Mittheilung Jhnen von der Delegation in Bordeaux übersandt werden könne, und ih habe deëé- halb dem Grafen Bernstorff ein anderes Mittel angerathen, sie Thnen zukom:ren zu lassen und die Gelegenheit zu b. nüßen, welche mir vom Geschäftsträger der Vereinigten Staaten angeboten wurde, um Sie von dem Vorgefallenen in Kenntniß zu seßen. Jch hoffe, daß Ew. Excellenz mir gestatten wird , diese Gelegenheit zu ergreifen , um der- selben meine Befcicdigung, zu Jhnen in persönliche Beziehung zu tre-
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ten y und-das Vergnügen auszudrücken , welches ich empfinden werdé, :
Sie in London zu schen. IH habe die Ehre 2c. Lord Granville. «
Durch diese Depesche direkt aufgefordert, konnte die Regierung, ohne dem Rechte Frankreichs zu entsagen , die Einladung nicht zu- rückweisen die sie in seinem Namen erhielt. Ohne Zweif-l fang man erwiedern, daß die Stunde zu ciner Diskussion über die Neu- tralisation des Schwarzen Mecres für raakreic nit glücklich ge- wählt ist. Aber gerade dadurch, daß in diesem höchsten Augenblicckes wo es allein für seine Ehre und Existenz kämpft , der offizielle Stritt der europäischen Mächte bei der französishen Republik ge- macht wird, erhält er einen ausnahmsweisen Ernst. Er ist ein verspäteter Anfang der Gerechtigkeit , eine Verpflichtung, von der man si nicht mehr lossagen kann. Ec heiligt mit der Autorität des Völkerrechts den Regierung8wechsel und lätt auf der Scene; auf welcher es sich um die Geschicke der Welt handelt, die ungeachtet ihrer Wunden freie Nation erscheinen Angesick@ts des Oberhauptes, das sie zu ihrèm Ruin geführt, oder der Brätendenten, welche über sie verfügen wollen. Wer fühlt übrigens nicht, daß Frankrei, zu den Repräsenianten Europas zugelassen, das unbestreitbare Recht erhält, vor ihnen seine Stimme zu erheben? Wer wird es aufhal- ten fönnen, wenn es, sich auf die ewigen Regeln der Gerechtigkeit stüßend, die Prinzipien vecthcidigen wird, welche seine Unablängigkeit
and seine Würde fichecstellen? Es wird keines deiselben aufeben ; gut. Unse. Prograwm hat sich nicht geändert, und Europa, wclches denjenigen einladet, der es aufgestellt, weiß sehr wohl, daß er den Willen und die Pflicht hat, es “aufrecht zu erhalten. Man durfte daher nit zaudern, und die Regieruag hätte einen {weren Fehler. begangen, wenn sie die ibr gemachte Etéffnung zurüd- aewiesen hätte.
Indem sie dies aber anerkannte, dachte sie wie ich, daß dcr Minister des Huswwärtigen , wenn es si nit um höhere Juteressen handle, Paris inmitten des Bombardementz nit verlassen fönne, welches der Feind auf die Stadt richtet. Es sind 8 Tage, daß der Oberfommandant der preußishen Armee plößlih, ohne die Waffen- losen und Neutralen zu benachrichtigen , unsere Gebäude mit seinen Wurfgeshossen bedeckt. Es scheint, daß er unsere Hospizen , unsere Schulen, unsere Tempel und Ambulanzen mit Vorliebe gewählt hat. Die Frauen roerden în ihren Betten getödtet, die Kinder in den Armen ihrer Mütter, wie unter den Augen ihrer Lehrer; gestern begleiteten wir zu ibrer leßten Ruhestätte fünf kleine Särge junger Zöglinge, nicder- ges{mettert unter dem Gewicht einer Bombe von 180 Pfund. Die Kirche- wo ihre sterblihen Ueberblcibsel von dem Priester gesegnet und vor. den Thränen ihrer Eltern beneßt wurden , legte durch ihre Mauern, die in der Nacht durc@löchert worden waren, Zeugniß von der Wuth der Angreifer ab. Jh weiß nit, wie lange diese unmenschlichen Hinschlachtungen dauern werden.* Für den Angriff nußlos, sind sie nur ein Aft der Vecwüstung und des Mordes, dazu bestimmt, Sckbrecken zu verbreiten. Unsere brave pariser- Bevölkerung fühlt mit der Gefahr ihren Muth steigen. Fest, gereizt, entschlossen, is sie ent- rüstet und beugt sich niht. Sie will mehr denn je kämpfen und siegen, und wir wollen es mit ihr. J kann nicht daran denkeny mich in dieser Krisiè von ißr zu trennen. -Vielleicht seßen unsere an Europa gerichteten Protestationen, wie die der in Paris anwesenden Mitglieder des diplomatischen Corps derselben bald ein Ziel. Eng- land wird begreifen, daß bis dahin mein Plaß in der Mitte meiner Mitbürger. ist. Dies erklärte ih dem Minister der äußeren Ange- legenheiten Großbritanniens in der Antwort, die folgt und welche dieses Exposs natürlich ließt.
»Herr Graf! Jch erhalte erst heute, 10. Januar, um 9 Uhr Abends, durch Vermittelung des Ministers der Vereinigten Staaten den Briefe welchen Ew. Excellenz mir am 29. Dezember zu schreiben die Ehre erwies und worin dieselben mir ankündigen, daß Sie den Herrn- Grafen von Bernstorff geveten haben, den Geleitschein zu meiner Ver- fügung zu stellen, dessen ih betarf, um die preußischen Linien zu durchschreiten und als Repräsentant Frankreichs der Konferenz bei- zuwohnen, welche in London eröffnet werden soll. JTch danke Ew. Excellenz für diese Mittheilung und die Güte, mit welcher mir die- selben die Erfüllung der mie auferlegten Pflicht erleichtert haben. Es wird mir jedoch s{hwierig, mi sofort aus Paris zu entfernen, das seit abt Tagen den Schrecknissen eines Bombardements Preis gegeben ist, welches ohne die im Völkerrechte übliche Ankündigung auf eine waffen- lose Bevölkerung gerichtet ist. Jch schreibe mir nicht das Recht zue meine Mitbürger im Augenblicke zu verlassen, wo sie das Opfer dieser Gewwaltthat sind. Uebrigens jind die Verbindungen zwischen Paris und London durch die Schuld des Kommandanten der Belagerung®- Ar:nee so langsam und ungewiß , daß ih ungeachiet meines guten Willens auf Jhren Aufruf dem Wortlaute Jhrer Depesche gemäß nicht entsprechen kann. Sie haben mich wissen lassen, daß die Kon- ferenz am 3. Februar zusammentreten und sih dann wahrs{heinlih auf eine Woche vertagen wird. Benachrichtigt am 10, Januar, Abends, würde ih nit zur rechten Zeit von Jhrer Einladung Ge+ brauch machen fönnen, Außerdem hat Herc von Bismark, als er mir diese!be zukommen ließ, keinen ckGeleitshein hinzugefügt , der doch unumagänglih notöwendig ist. Er verlangt, daß cin fran-- zösisther Offizier sh ins Hauptquartier begiebt, um ihn zu holen, indem er s{ch auf eine Rekiamation stüßt, die er bie Gelegenheit eines Vorfalles, über den sich ein Paclameniär am 23. Dezember zu beklagen gehabt, an den Herrn Gouverneur von Paris gerichtet hatte, und Herr v. Bismarck fügt hinzu, daß, bis Ge-
nugthuung gewährt sei, der preußische Ober-Kommändant jede Mit-
theilung durch Parlamentäre untersagt hate. Jch untersuche nit; ob ein solcher, den- Kriegegeseßen zurwoiderlauüfender Beschluß nicht die ab«: solute Negation der höheren Rechte ist; welche die Nothwendigktit ‘und die Menschlichkeit immer zu Gunsten der Kriegsführung aufrecht er