1871 / 43 p. 5 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger)

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617 Beilage zum Königlich Preußischen Staats - Anzeiger.

Freitag den 10. Februar.

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Redaction und Rendantur: Schwieg er.

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Hier folgt die Beilage und die Verlust-Listen Nr. 188, 189 und 190.

Nichtamtliches.

Sachsen. Leipzig, 9. Februar. (W. T. B.) Die gestern hier eingelaufene Rückantwort des Kanzlers Grafen von Bis- marck über die Verleihung des Ehrenbürgerrechts lautet fol- gendermaßen : |

» Versailles, 4. Februar. Mit lebhafter Freude und auf- rihtigem Danke habe ich Jhre Mittheilung vom 28. v. M. entgegengenommen. Die hervorragende Stellung im Vater- lande und die Bedeutung, welche Leipzig scinem Namen über die Grenzen Deutschlands uud Europas hinaus errungen hat, machen die Anerkennung, die Sie meinem politischen Streben gewähren, zu einer um so werthvolleren, je mehr ih mich mit dem Ralh und der Gemeinde Leipzigs einig weiß in dem Gedanken, daß die gewaltigen Kämpfe und Siege unserer Heere nur dem künftigen Frieden, der Einheit und der Freiheit Deutschlands dienen sollen. Die Verleihung Ihres Ehrenbürgerrechts wurde beschlossen am 28. Januar, dem Tage der Kapitulation von Paris, und die Stadt Leipzig, auf deren Siege8feld vor einem halben Jahrhundert die Befreiung Deutschlands ersiritten wurde, erweist mir eine hohe Ehre, in-

dem sie die Verleihung ihres Bürgerrechts an den Abschluß der.

Einigung unseres großen Vaterlandes knüpft. von Bis8marck.« —- Graf von Moltke hat für das, wie bekannt, auch ihm ver- liehene Ehrenbürgerrecht der Stadt Leipzig vorläufig auf tele- raphischem Wege gedankt und ein besonderes Danfksagungs-

chreiben in Aussicht gestellt.(Y

Bayern. München, 9. Februar. Der Justiz-Minister hat in der heutigen Sißung der Abgeordnetenkammer den vor- gelegten Strafprozeß - Geseybuchsentwurf mit Rücksicht auf Artikel 4. Ziffer 13 der Reich8verfassung zurückgezogen.

Hesterreiw-Ungarn. Wien, 10. Februar. (W. T. B.) Die heutige »Wiener Jeitung« veröffentlicht in ihrem amtlichen Theile ‘ein Handschreiben des Kaisers an den Minister-Präsi- denten Grafen Hohenwarth, durch welches der Reichßrath auf den 20. Februar einberufen wird. / :

— Der hiesige spanische Gesandte Überreichte dem Kaiser ein Schreiben des Königs Amadeus bezüglih der Thron- besteigung.

| Maa , 8, Februar. Der Zustand des Statthalters G. d.

K. Fürsten Dietrichstein-Mensdorff hat fich im Laufe des gestri- en Nachmittags wieder verschlimmert. Das ärztliche Bulletin autet: »Gegen gestern Abend kein Nachlaß, der Zustand ist indeß noch nicht hoffnungslos.« — S. Durchlaucht ist heute Vormittag auf eigenen Wunsch mit den h. Sterbesakramenten versehen worden.

Belgien. Brüssel, 9. Februar. Die Repräsentan - tenkammer bewilligte vorgestern 6,500,000 Fr. für Vermeh- rung des Betrieb8materials der Staatëecisenbahn. Auch gestern bewilligte die Kaminer verschiedene Kredite. 3

Großbritannien und Jrland. London, 9. Februar. (W. T. B.) Die Königin hat das Parlament mit folgender

Thronrede eröffnet : :

»Mylords , meine Herren! Zu einem Zeitpunkt, der von einer solchen Vedeutung für die zukünftigen Geskicke Europas ist, wie der gegenwärtige, fühle ich mich ganz besonders gedrungen, mich Jhres Rathes zu bedienen. Der Krieg, welcher im Monat Juli zwischen Franfreih und Deutschland ausbrach, hat noch bis vor wenigen Tagen ohne Unterbrechung und mit einer beispiellosen Stärke ge- wüthet und es ist möglich, daß {on nach wenigen Tagen die Gräuel- des Krieges von Neuem beginnen, wenn es nicht der Mäßi- gung und Wei?heit gelingt, alle Hindernisse zu bescitigen, die sid dem Frieden entgegenstellen. Bein Schluß der leßten Session verhieß ich Jhnen, den Verpflichtungen, welche die Neutra- lität auferlegt, eine besondere Aufmerksamkeit zu {enken ; gleichzeitig nahm ich es auf mich, Alles aufzubieten, um einer Erweiterung des Kriegsschauplapes vorzubeugen und bei passen- der Gelegenheit auf die Herstellung eines baldigen und ehrenvollen Friedens hinzuwirken. Gemäß der ersten dieser Erklärungen habe ih die Rechte der Neutralität aufrecht erhalten und' bin den Verpflich- tungen, welche dieselbe auferlegt, sirikte nahgekommen. Der Schau- plaß des Ag hat keine über den Bereich der beiden in Betracht kommenden Länder hinau®ëgehende Ausdehnung gewonnen. Da ih mit jedem der beiden friegführenden Theile in freundschaftlichen Be- Engen stehe, und dieselben sorgfältig pflege, so habe ih davon Ab-

and genommen, eine wie imwraer geartete Jntervention aus freien Stücken und ohne weitere Gewähr zwischen beiden Mächt n eintreten zu lafen, zumal feine derselben \sich bereit zeigte, die Bedingungen einer Verständigung vorzuschlagen , welche irgend -

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" Unterthanen und des Handelsverkehrs in jenen entfernten e

welche Aussicht auf Annahme Seitens des anderen Theiles gehabt hätte. Jch bin allerdings in der Lage gewesen, bei mehr als einer Gelegenheit darauf hinzuwirken, daß die Vertreter der beiden Mächte sih zu vertraulihemn Gedanfkenaustausch zusammenfanten , aber bis zu dem Augenblick, wo der Hunger Paris zur Uebergabe zwang ; is in dieser Beziehung kein Resultat erreiht worden. Der Waffenstill- stand, welcher jeßt die Berufung ciner Nationalversammlung in Franktreich herbeiführen soll, hat endlih cine Pause ia der unaufhör- lihen Aufeinanderfolge der Leiden, welche beide Theile zu erdulden haben, eintreten l-fsen und hat die Hoffnung auf eine vollsiän- dige Verständigung mit wverdoppelter Gewalt erstehen lassen. Es ist mein Gebet, daß dieser Waffenstillstand zum Frieden werden möge für jene beiden großen und tapferen Nationen, zu einem Frieden , der slch mit der Sicherheit und der Ehre derselven verträgt und Aussicht hat; die Billigung Europas für sich in An- spruch n¿hmen zu fönnen, sowie begründ:te Hoffnung auf lange Dauer zu erwecken, Mit Bedauern habe ich mi außer Stande gesehen, einen Gesandten in formeller Weise bei der Regierung der nationalen Vertheidigung, welche scit der Revolution im September in Frankreich besteht, zu affreditiren; aber weder die Harmonie noch die Wirksamkeit in dem Verkehre beider Staaten iff auch nur im Geringsten. dadurch berührt wordea. Der König von Preußen hat auf Bitten -der Spigen der Nation den Titel eines Deutschen Kaisers angenommen. J habe meine Glückwünsche zu diesem Ereigniß abgestaitet, welches von der Festigkeitund Unabhängigkeit Deutschlands Zeugniß ablegt und welches, wie ih hoffe, der Stetigkeit der europäischen Staatsverbältnisse nur zuträglich sein fann. Jn Uebereinstimmung mit den e N Mächten Europas habe ich es mir angelegen sein lasscn, die Heiligkeit der Verträge auf- recht zu halten und Jede falsche Auffassung, welche in Betresf des bindenden Charakters solcher Verpflichtungen Piaß greifen konnte, zu beseitigen. Die Mätte , welche an dem Abschluß dcs Vertrages von 1856 betheiligt waren, haben sich über den Zusammentritt einer Kon- ferenz in London geeinigt.

Diese Konferenz ist nun seit einiger Zeit an der Arbeit gewesen und ich hoffe zuversichtlich, daß das Resultat ihrer Berathungen darin bestehen wird, sowohl die Prinzipien des öffentlihen ReWtes und die allgemeine Politik in Betreff der Verträge aufrecht zu erhalten , wie andererseits durch die Revision einiger Bestimmungen derselben in billigem und versönliGßem Geiste ein herzlihes Zusammenwirken der Mächte in Betreff des Orients herbeizuführen. JTch bedauere sehr, daß es troß ernstliher Bemühungen nicht gelungen ist, die Anwesen- heit cines Vertreters F-ankreihs bei der Konferenz zu erwirken, zumal da diescs Land bei dem Zustandekommen des Vertrages von 1856 mit in erster Linie beibeiligt war und immer noch als einer der hauptsächlich« sten und nothwendigsten Faktoren der allgemeinen Wohlfakrt Europas angesehen werden muß. — Son zu verschiedenen Zeiten haben \ich roihtige Fragen zwischen den Vereinigten Staaten und den Land- schaften und der Bevölkerung von Britisch - Nordamerika erhoben, Fragen, welche bis jeßt noch nicht erledigt sind und in materieller Weise die Beziehungen beider Theile berühren. Eine derselben, welche sih auf die Fischerei - Frage bezieht, erheischt vor Allem éfne baldige Beilegung, und wird dieselbe finden, wenn nicht durch unvorsicktiges Auftreten eine freundnachbarliche Vaständigung erschwert wird, deren Herbeiführung in jeder Beziehung wünschenswerth ist, Jch habe mi deshalb mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten in freund- \chaftlices Vernehmen gefeßt. Um einen möglichs| angemessenen Modus für die Bebandlung dieser Dinge zu schaffen, h. be ih die Einseßung einer besonderen Kommission anheimgegeben und mih mit dem Vorschlag des Präsidenten einverstanden erklärt, da diese Kammisjion auch ermächtigt sein soll, in entsprehender Weise die Ansprüche Amerikas, welche sh aus dem leyten Kriege herschrei- ben, wieder in Ecwägung zu nehmen. Ein derartiges Arrangement soll sich mit gegenseitiger Zustimmung auf aile Kompensalions-Anipräihe bezichen, welche von einer der beiden Regierungen oder von den Bür- gern der beiderseitgen Staaten echoben find oder noch erhoben werden könnten. — Die Besteigung des spanischen Thrones durch einen Prin- zen des Hauses von Savoyen, welcher durch die Wahl der Vertreier der spanischen Nation berufen wurde, wird, wie ich hoffe, cinem Lande, welches mit so viel Mäßigung und Selbstbeherrshung eine lang- dauernde und prüfungsreihe Krisis Überstand, die Segnungen einer festbe,„ründeten Regierung sichern. Jch bin teider niht im Stande, zu konstatixen, daß die Untersuchung, welche die grichische Regierung in Beireff der im A Frühjahr vorgekommenen entseblichen Ermor- dungen angestellt hat, einen Abschluß gefunden hat, der meinen ge- re{chten Erwartungen überall entsprach. Jndessen werde ih in meinen Bemühungen, um einen vollständigen Abschiuß der Untersuchung herbeizuführen, niht nachlassen; auh sind inzwischen bereits einige werthvolle Resultate erreiht, um ein geseßloses und korrumpirtes System, welches nur zu lange die griechische Halbinsel darniederge- drück!i, hat, zu beseitigen. Die Aufregung, welche das Massacre in Tien:sin am 21. Juni hervorrief, ist glücckllicherweise zerstreut worden. Es \vird mein ernstes Bestreben sein, für die Sicherheit meiner

den Sorge zu tragen. Jh rechne darauf, daß mir Jhre Uaterstüßgung nicht fehlen wird in Betreff der Politik, welché ih be- folgte, indem ih die gegenwärtige chinesishe Regierung als berechtigt zur Anknüpfung von Beziehungen mit uns anerkannte. Die Zeit, in welcher das Parlament nicht versammelt war, is in Betreff der aus- wärtigen Angelegenheiten von einem besonderen drängenden Jnteresse

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