1871 / 51 p. 12 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

An den hauptsächli@ betheiligten Bezirken wurden an Kaufblei und Kaufglätte erzeugt: Ei r. im Regierungsbezirk Aachen: Kaufblei : 531,131 im Landdrosteibezirk Hildesheim: Kaufblei 156,960 Cir. Kaufglätte.. 3/291 » A =- 160,251

im Regierur gsbezirk Oppeln : Kaufblei 117,044 Ctr. 28,900 »

Kausfgläite.….. . im Regierungêbezirk Wiesbaden: Kaufblei 45,366 Ctr. Kaufglätte... 36,000 » i : : E GIIODO iw Regierungsbezirk Cöln: Kaufblei - 64,680

im Regierungsbezirk Arnsberg: Kaufblei 43,964 Ctr. Kaufglätte 15/515 » 59,479

Der größte Theil des gewalzten Bleis wurde auf besonderen Werken aus angekauftem Blei hergestellt.

145,944

Die Kupferproduktion hatte fortwährend unter den durch die ausländiicde Konkurrenz herabgedrückten Preisen zu leiden und fonnte in Folge dessen eine erbebliche Vermehrung nicht aufweisen ; sie betrug 83,973 Ctr. (wovon 7908 Ctr. in den neuen Landestheilen) im Werthe von 2,271,106 Thlr. gegeri 83,808 Ctr. und 2,215,271 Thlr. im Vorjahre.

Die Zahl der Werke belief sch auf 13 mit 1408 Arbeitern.

Der größte Theil der dargesteten Menge, nämlich 68,470 Ctr. rührt von dem Manösfeidshen Betriebe her; außerdem waren die Ne- gierungsbezirke Arnsberg (mit 11,360 Ctr), Wiesbaden , Cassel und Coblenz, sowie der Kommunion - Unterhärz und der Oberharz mit kleineren Posten vertreten.

An groben Kupferwaaren wurden 74,267 Ctr. im Werthe von 2,302,784 Thlr. und an Messing 94,434 Ctr. im Werthe von 2,737,071 Thlr. erzeugt. Die Hersteliung der ersteren geschichi in 17 Regierungs-Bezirken, unter denen dexr Polizci-Bezirk Berlin mit 22,734 Ctr. und die Regiérungs-Bezirke Wiesbaden init 13,000 Etr. und Merseburg mit 12,355 Cir. hervorragen, die des leßtern in 20 Re- gierungs-Bezirfen, unter denen Berlin 32,245 Ctr. Arnöberg ata Ctr. ; Potêdam 15,000 Ct-. und Schleswig 13,375 Ctr. ieferten.

Die Herstellung von Niccktel und Nickelfabrikaten auf 8 Werken belief sich auf 8,685 Ctr. im Werthe von 388,202 Thlr, gegen 7,200 Ctr. und 367,979 Thlr. im Vorjahre. Es fallen von der gan- zen Menge 8,100 Ctr. auf den P.-lizei - Bezirk Beilin, und auf die Regierungs - Bezirke Arnsberg, Liegniß, Cassel und Wiesbaden bezie- hungsöweise 320, 160, 69 und 36 Ctr.

An S malte wurden (im Regierungs-Bezirk Cassel (2,078 Ctr. im Werthe von 19,070 Thlr., an Arsenitfabrikaten (in den Regie- rungsbvezirfen Breelau und Liegniß und im Landdrostei-Bezirk Hildes- heim) 4223 Ctr. im Werthe von 14,954 Thir, an Antimon (im Regierungs-Bezirk Arnsberg) 1,200 Ctr. im Werthe von 15,600 Thlr., an Wis8muth (auf dem Raummelsberge bei Goslar) 8 Pfund im Werthe von 24 Thlr. und an Schwefel (im Regierungs - Bezirke Aachen 4000 Ctr. , auf dem Rammeléberg 222 Ctr.) 4222 Eir. im WWeithe von 12,528 Thlr. dargestellt.

An Alaun wurden im ganzen Staate 60,395 Ctr. im Werthe von 168,451 Thlr. erzeugt, gegen 56,863 Ctr. und 158,691 Thlr. im Vorjahre Haupterzeugungs8gegendèn warcn die Regierungsbezirke Côln mit 25,009 Cir. und Merseburg mit 24,012 Ctr. ; mit geringeren Be- trägen waren noch betheiligt die Bezirke Potsdam, Coblenz, Hildes- heim und Arnsberg, sowie der Kommunion-Unterharz.

An Vitriolen wurden zusammen dargestellt 85,558 Cir. im Werthe von 221,611 Thir. und zwar: Kupfervitriol in 1869 18,898 Ctr. iin Werthe von 139,176 Thlr , dagegen in 1868 14,665 Ctr. im Werthe von 114,282 Thir., vorzugsweise am Ober- und Unterharz; Eisenvitriol in 1869 58,733 Ctr. im Werthe von 63,726 Thlr. , dagegen in 1868 57,001 Cte. im Werthe von 64,074 Thlr , in größeren Mengen in den Bezirken Düsseldorf und Potsdam und in Berlin; gemischter Vitriol in 1869 4944 Ctr. im Werthe "n 13,820 Thlr, dagegen in 1868 6417 Ctr. im Werlhe von 18,943 Thblr., wesenilich in Beriin und am Unterbarz, und Zinköitriol in -1869 2983 Cir. im Werthe von 4889 Tblr , dagegen in 1868 3152 Etr. im Werthe von 5321 Thlr., ausschließlich am Unterharze und in Berlin,

Alles in Allem gerechnet wurden von den säwmtlichen aufgesühr- ten Produkten im ganzen Staate auf 1134 Werten mit 105,150 Ar- beitern, deren Angehörige ungefähr die Zahl 207,267 erreichten, 49,608,747 Centner und 116,650 Pfd. im Werthe von 146,486,635 Thlr. erzeugt während sich im Vorjahre 1156 Werke, 96,751 Arbeiter, 188,634 An- Ae ge derselben, 43,241,122 Ctr. und 107,502 Pfd. und 125,352,705

haler ergeben hatten. Es stellt sich also cine Vérmehrung des Werths um mehr als 14 pCt. heraus.

t M der Hüttenprodufkftion im Staate war der Fiskus hbethei-

gt mit:

1,118 025 Ctr. Roheisen in Masseln im Werthe von 1,386,723 Thlr. 13/756 » Robstahleisen » » 18/387 » 63/424 Gußwaaren aus Erzen » » » 232/215 » 227/570 » » Robéeisen » » 711,424 » 587,802 Stabeisen inkl. 'Eisenbahnschienen im

Werthe von 1,839,691 52,280 Schwarzbleéh im Werthe von .….... 204,037 356 Eisendraht » » » 3,230 776 Rohb- und Gußstahl im Werthe von 13,461 Rohzink »Y , 44,201

Werthe von

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EEGEW)WSENBWSWSE U XUS

34,998 Pfund Gold 40/,603,6 » ESilber 249,002 Ctr. Kaufblei 3/944 » gewalztes Blei 22,534 Kaufglätte 5/631 Garfkupfer 2/891 grobe Kupferwaaren 808 Messing 69 Nicfelfabrikate 2,078 Smalte 75 Arsenikfabrikate S2 Alaun 23,824 Nitriole 222 » Swwwoefel 8 Pfund Wismuith

G16 59 ‘qufund | im Werthe von 7,742.119 Thlr.

und wurden dabei 6703 Arbeiter mit 12,656 Angehörigen beschäftigt.

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1,217,239 » 1,495,823

27,490 133,049 135,189 85/292 25.345 3/450 19,070 400 246 130,186 528 24

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zusammen

Die St. Thomas-Kirche zu Berlin.®*)

Auf einem neu angebautecn Stadttheile des Köpenier Feldes im Südosten Berlins steht die evangeli\he St. Thomas-Kircbe, zwischen dem Schissahrtskanale und der Mariannenstiraße. Von drei Seiten frei gelegen und dabei in ciner siattlichen Straßen- Axe aufgestellt , welche von der Oberspree bis fast zur Hasen- haide reicht , bildet sie den Abschluß des großen, mit Gebüsch und Rasenpläßen geschmückten Mariannenplaßes, welcher vor der langen Front des Krankenhauses Bethanien fich ausdehnt. Diese Lage gestattet sowohl für die beiden Fronten, als für die Langseite der Kirche selbst aus größecer Entfernung cine unge- hinderte Betrachtung.

Die Absicht, auf jenem Playe eine Kirche zu bauen, war hon bei Feststellung des Bebauungs8planes gefaßt und nah oer Parzellirung des Köpenicker ¡Feldes festgehalten worden. Doch kam dieselbe erji ein Dezennium später zur Ausführung, haupt- sächlich dur das unerwartet rasche Anwachsen der Bevölkerung in jener Gegend veranlaßt und beschleunigt.

__ Nach b1ähriger Bau-Arbeit fand am 21. Dezember 1869 die feierliche Einweihung der Kirche in Gegenwart des König- lichen Hecrscherpaarcs statt. :

Der von Südwesten nah Nordosien gerichtete Baukörper besteht aus einem quadratischen von einer flachgedeckten Kuppel überstiegenen Vierungsraume, dem sich zwei gleich weite halb- kreisförmige Kreuzflügel, sowie ein etwas engerer Chorflügel und ein quadratisches Langhaus anschließen. An der ¡Front erheben sich zwei quadratiiche, ebenfalls flachgedeckte Thürme, während die Sakristei und die Taufkapelle die Altarnische in der Form eines Umganges umschließen.

__ Die Kirche hat fünf möglicst gleihmäßig vertheilte Qu- gänge echalten. Außer dem Haupktportale, welches in eine ge räumige, dreijochige Borhalle führt und von dort aus mitteist doppelter Thüren den Eintritt in das Langhaus vermittelt, si: d vier Nebeneingänge an den äußeren Vierung®ecken derartig angeordnet æorden, daß dieselben auch hier zunächst in cine kleine überwölvte Vorhalle und von dort aus nah Passirung zweifachcr Thürverscblüsse in die Kreuzflügel oder in das Lang- haus führen. Es wird durch diese weitgedehnte Vertheilung der Eingänge ein rasches und ungehemmtes Konunen wie Ge- hen ermöglicht, sowie durch die mehrfache Thüranlage und die winklige Führung der Eintrittslinien der bei aüen mit Centrcil- heizung versehenen Kircven so schädliche und empfindliche Zug fast völlig beseitigt. Zur Rechten von der großen vorderen Vorhalle befindet sih im südlichen Thurme das feuersichere Kirchenarchiv, zur Linken, im nördlichen Thurme, die Treppe zur Orgelempore und zu dem Sängerchore. An die Vorhallen der beiden hintersten Nebenportale sczließen sich unmittellar die halbrunden Steintreppen an, welche zu den großer in beiden Kreuzslügeln angeordneten Emporen führen. Diese drei Treppen sind durch ihre Lage von dem inneren Kirchenraume völlig getrennt und vermitteln doch eine leichte und ungechemmte Koms munikation nah unten hin, wie z. B, bei Abendmaßhlsfeiern. Neben den Vorpläyzen, welche zu den hinteren Emporentreppen führen, liegen noch besondere kleine Eintrittsräume, welche durch ein Oberlicht erleucbtet, ‘den Zugang zu der Sakristei resp. Tauf- kapelle eröffnen, aber auch gleichzeitig den unmittelbaren Ein- E E fe geliatten. Ywei kleine Nebenräume an diejer Stelle dienen zur Aufnahme von Waschc Kirchengeräthen 26. d h n Waschapparaten,

Die beiden i: der Hauptaxe der Kirche zusammenstoßenden

Kapellen haben zur Bezeichnung ihrex sakralen Bestimmung

*) Nach dem gleichnamigen Ariikel in der » itschr. f. Bauw herausgegeben von G. Erbkam, Berlin 1871, E XXI, Heft 1 bis 3!

und zur würdigen Aufstellung kleiner Altartische für Tauf- und Trauungs8zwecke jede eine slahbogig überwölbte Chornische erhalten, Die in der Mitte aus8gesparte geräumige Mauer-

nische ist zur Aufnahme der eisernen Geldschränke der Kirchen- |

Tasse bestimmt.

Der gesammte Jnnenxaum besteht aus dem 42 Fuß weit gespannten Vlerungsöraume mit der auf Zwickeln ruhenden Hauptkuppel , ferner aus den mit Halbkuppeln überdeckten Kreuzflügeln, dem schmaleren aber gleihmäßig gestalteten Altar- raume und dem mit einem kurzen Tonnen- und quadratischen «treuzgewölbe bedeckten Langhause. Um diesen einfach diLpo- nirten , aber mannigfah abgestufien und reich gegliederten Iunenraum laufen seitlice gewölbte Umgänge, welche bestimmt find, den so oft siörenden Verkehr einzelner zu spät kommender Personen bei dem Kommen und Gehen möglichst nach Außen zu drängen und doch die leichte JZugänglichkeit der einzelnen Sitzabtheilungen zu gestatten.

Der Kircwenfußboden liegt 3 Fuß über dem Straßenpflaster, der Fußboden der Sakristeien und der Altarnische wieder 3 Fuß über dem Kirchenfußboden.

Die drei amphitheatralisch angeordneten Emporen , näm- li zwei in den Kreuzslügeln für die Zubörer und eine im ane für die Sänger , werden von eisernen Säulen ge- ragen.

In dem um 3 Fuß erhöhten Altarraume sieht der mar- morne Altar auf drei Stufen. Derselbe ist absichtlich sehr weit nah vorn gerückt, damtt der Geistlihe auch während der Liturgie möglichst von allen Pläßen aus gesehen werden fönne. Hinter dem Altar und neben demselben, an den kurzen Langmauern , befinden sich die von backsteinernen Brüstungen umgebenen drei AusströmungsLöffnungen der unter dem Altars raume befindlichen Luftheizung. Die in Eichenholz geschnißte Kanzel befand sich ursprünglich frei aufgestellt und in die Vierung etwas hineintretend; doch ist dieselbe nachträglich ver- legt und an dem nördlichen Altarnischenpfeiler wieder errichtet, auch mit einem Schalldeckel versehen worden. Der marmorne Taufstein steht ebenfalls jet in der Hauptaxe dicht vor den Altarstufen. Die Orgel hat über und hinter der Sänger- empore in der großen tonnengewölbten Nische zwischen den Thürmen ihren Vlaß gefunden. Jn ihrer unmittelbaren Nähe bildet das erste Geschoß des Südthurmes die Bälgekammer und acsiattet mittelst einer kleinen Treppe den unmittelbaren Ver- fehr zu den Glocken , von denen drei mittelst eines eisernen Gloenstuhls in dem durchbrochencn Obergeschosse des Nord- thurms, cine die größte in dem mit entsprechenden Zink- jaloufien geschlossenen Mittelgeschosse des Südthurmes angeord- net worden? sind.

“An geschlossenen Sißplähen sind im unteren Kirchenxaume vorhanden 1052, auf den beiden Emporen 264, auf der Sänger- empore 108, im Ganzen 1424. Dazu treten noch unten und oben 132 Freisiße hinzu , so daß die Gesammtzahl der Sitze auf rund 1550 fieigt. Für Stehpläge findet sich in den Mittelgängen und den Quergängen , so wie in den oberen und unteren Umgängen , insbesondere in dem Freiraume vor der Altarnische ein völlig genügender Raum.

Die Tagesbeleuchtung des Innern wird durch 15 große zweitheilige Rundbogenfenster in der Emporenhöhe und 12 klei- nere aber ähnlich gestaltete Fenster in der Kuppel bewirkt. Hierzu tritt die Wirkung von 16 kleineren Rundbogenfenstern in den unteren Umgängen.

Die kleinen Unterfenster sind mit einfachen farbigen Strei- fen, Rosctten und Punkten, die großen zweitheiligen Oberfenster mit reichen genusterten Umrahmungen, Kränzen und Mosailkl- rosctten geschmückt worden. Die Kuppelfensicr haben eine voll-

ständige Mosaikverglasung unter Anwendung von Grisaille er-

halten; die drei von Sr. Majestät dem Könige Wilhelm ge- \tifteten Chorfenster zeigen ausschließlich rei durchgeführte, in der hiesigen Königlichen. Glasmalerei-Anstalt hergestellte Glas- malereien in Verbindung mit Glaëmosaiken. Das Hauptbild des Mittelfensters stellt Jesu Begegnung mit dem zweifelnden Thomas dar, in den Seitenfenstern stechen in gleicher Höhe und Größe die vier Evangelisten, während die unteren Fächer aller drei Fenster durch die paarweis gestellten Apostel gefüllt find.

Die Abendbeleuchtung erfolgt mittelst einer Gasbeleuchtungs§- anlage von 287 Flammen. Das Hauptlicht gewähren drei große Metallkrpnen von je 48 Flammen, welche in den Mittel- punkten der Kreuzflügel -und des Langhauses aufgehängt sind und durch ganze wie theilweise Absperrung eine starke oder {wae Beleuchtung gestatten. Die Kuppel wird durch 36 Flammen erhellt, welche von 12 weit vortretenden metallenen SRandarmen getragen werden. Die übrigen 107 Flammen sind auf den Kreuzflügelemporen und den Umgängen, in der Altar- nische, auf der Sängerempore, an der Kanzel und Orgel, sowie auf den Treppen mittelst ein-, zwei- oder dreifah gespaltener

Wandarme entsprechend vertheilt, :

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Die sehr einfache Luftheizung8anlage befindet sich in den gewölbten Kellerräumen unter der Altarnische und den Sakri- \teien. In dem Rundtheile stehen die drei eisernen Heizapparate, in dem Langtheile unter der Altarnische die Heizröhrensysteme. Der Schürraum und die Kohlenlagerräume sind unter den Sa- kristeien angebracht. Die kalten Luftkanäle liegen unter dem Haupt-Mittel- und Haupt-Quergange. Jhre oberen Oeffnungen find mit durhbrochenen Gußeisenplatten geschlossen. Die Hei- zung der Safkristei und Taufkapelle wird durch zwei mit eiser- nen Einsäßen versehene Kachelöfen beroirft.

Die Orgel besißt 53 klingende Stimmen. Vier dieser Stim- men find in einem besonderen kleinen Orgelgehäuse an der Brüstung der Sängeremporce zu einem sogenannten Positiv zusammengefaßt, welches zur Begleitung und Tonangabe für den Sängerchor bestimmt ist. Die Übrigen Register befinden fih in dem großen Orgelgehäuse in der Hauptnische zwischen den Thürmen. Der Organist und Chordirigent sißt zwischen beiden Orgelwerken an dem mit vier Manualen versehenen Spieltische, und zwar mit dem Rücken gegen das Posiiiv, so daß er die Sänger und Musiker voUfiändig überschen kann.

Das Geläut besteht aus vier Erzglocken von resp. 41, 21/2, 11 und 6?/, Ctr. Gewicht, Die größte Glocke wird getreten und hängt in einem hölzernen Glocenstuhle, die drei anderen Glocken werden gezogen und find in cinem schmiedeeisernen Glockenstuhle einfacher Konstruktion vereinigt.

Für den Aufbau und die Gliederung der Façaden ist der Architekt, Professor Adlec, von der Erkenntniß ausgegangen, daß für die Qweke der modernen evangelischen Kirczenbaufkunst eine syn- thetische Verbindung der mittelalterlicen Strufktursysteme mit hellenishen Kunstformen mehr und mehr zu erstreben, und so- mit einem Wege zu folgen sei, welchen bereits Schinkel an der Berliner Bauschule durch Wiederaufnahme und Verwendung des Strebepfeilers 2c. eingeschlagen hat. Das gewählte und mit möglichster Konsequenz in allen Bautheilen festgehaltene Faga- densystem zeigt keinen nah Effekten trachtenden, willkürlich ge- wählten Motivenreichthum, sondern eine dem Wesen und Cha- rafter der evangelischen Kirche möglichst angenäherte Einfachheit und Strenge , die einer selbstbewußten Beschränkung in den Kunstformen entstammt,

Aus München.

Der Erfahrungssaß, daß im Kriege die Musen schweigen, hat sich diesmal in Bayern nicht bewährt. “Mitten im Wassen- getöse hat die Münchener Kunst an ihrer stillen und friedlichen Aufgabe weiter gearbeitet, cher gab sich noch eine gesteigerte Thätigkeit kund. Denn einerseits gelangten die Ein- wirkungen der Münchener internationalen Kunstausstellung von 1869 gerade- bei Beginn des Krieges zu ihrem produftiven Ausdru, andererseits gab die bevorstehende Londoner Aus§- stellung den willkommenen äußeren Anstoß zu angestreug- terer Thätigkeit. Nur ein Ausfluß des Münchener Kunst- lebens hat unter deun- Zeitverhäitnissen gelitten die turz vor dem Ausbruch des Krieges gegründete Lokal-Kunji- aussielung. Dieselbe hatte den Zwedl , gegenüber dem alten Münchner »Kunstverein«, der dortigen Kunstuwelt ein neues Organ zur Vermittlung von Angebot und Nachfrage zu schaffen. Das Unternehmen war eben in Aufschwung be- griffen, als der Ausbruch des Krieges den gewöhnlichen Fremden- zufluß des Sommers hemmte und die bereits angelangten Gäste in ihre Heimath zurücktrieb. Nichtsdejioweniger wurde durch den Verkauf von etwa 60 unter den ausgestellten 360 Werken ein Gesammterlös von nahezu 22,000 Fl. erzielt.

Auf dieser Ausstellung hat von der älteren Malergenera- tion Moriß v. Schwind „mit seiner »Schönen Melusine« den Preis davongetragen, einem Werke von jo reiner_ und seelen- voller Schönheit, wie sie scit dem o der großen italieni- schen Kunsiepoche selten geworden ijt und sein kürzlich erfolgtes Dahinscheiden um so s{hmerzlicher empfinden läßt. s

Im Jahre 1804 in Wien geboren, hat dieser Künstler seine ersten Studien bei Ludwig Schnorr v. Carolsfeld ge- macht, ist aber schr bald seine eigenen Wege gegangen, auf denen er mehr Anregung den dortigen Dichtern nund Ton- fünstlern, namentlih F. v. Feuchtersleben, Grillparzer, Bauern- feld, vornehmlich aber Beethoven, mit welchem er sehr vertraut war, zu verdanken hatte, als den Professoren der Malerei. A Jahre 1828 kam er nah München und {loß sich hier an

ornelius und seine Schule an, ohne seine eigenthümliche Kunstrichtung zu verlassen, Seine Befähigung für heitere Dartellungen brachte ihm den Austrag, in einem

immer des neuen Königsbaues Bilder zu Ludwig Tiecks Belage zu malen; worauf er U Saalbau einen Kinder- fries” über den Geschichten des Rudolf von Habsburg ausführte, in welchem ein Stück Kulturge]scchichte humoristish dargestellt ist.

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