1871 / 52 p. 1 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

Für Hohenshwangau entwarf er Zeichnungen ju einer Sage von Kaiser Karl dem Greßen und in einem Saal des Schlosses von Rüdigsdorf bei Leipzig malte er die Fabel von Amor und Psyche. Eines seiner heitersten Gemälde ist Ritter Curts Brautfahrt, nah Goethe. 1839 ging Schwind nach Karls - ruhe, um in dem dortigen neuen Kunstgebäude das Stiegenhaus und einige Säle, auch den Sißungs®ssaal der Ersten Kammer aus8zumalen. 1845 siedelte er nach Frankfurt über und malte bier für das Städelsche Institut den Sängerkrieg auf der Wart- burg und einige kleinere, humoristische Bilder, und folgte im Herbst 1847 einem Rufe als Professor an die Kunstakademie in München. Jn der Reihe dex hier zunächst ausgeführten Werke nimmt das Märchen vom Aschenbrödel die erste Stelle ein, Vom Großherzog von Weimar auf die Wartburg berufen, malte erx daselbsi thüringische Landgrafen-Geschichten und das Leben der h. Elisabeth. Nach einer kurzen und nicht glücklichen Abschweifung auf das kirchlich religiöse Gebiet kehrte er in seine eigentliche Heimath, die Märchenrwoelt, zurück und gewann mit seinen »Siebden Raben« alle Herzen, feierte aber, (nachdem er noch im neuen Opernhaus zu Wien den Vorsaal mit der » Zauberflöte 2c.« ausgemalt), mit seinem oben angeführten Werk, ciner langen Bilderfolge zum Märchen von der »Schd- nen Melusine«, den leßten Künstler - Triumph. Er starb nach kurzem Kzankenlager am 8. Febecuar d. J.

Kaulbach brachte, als Unterbrechung seiner großen Arbeit »Christenverfolgung unter Nero«, eine Zeichnung »Tandaradci« nach dem befannten Minneliede, Ramberg einige sehr schöne Blätter zu seinem Cyklus »Herrmann und Dorothea«. Unter den jüngeren Talenten sind Defregger und Kurzbauer zu nen- nen , deren kräftiger Reali8mus die Linie des Schönen nicht Überschreitet und für eine tüchtige psychologische Charakteristik Raum läßt. Eine eigenthümliche Stellung nimmt auch Hof- mann aus Zeit ein, dessen »Reif in der Frühlingsnacht« neben fentimentalen Anklängen einige tiefpoetische Momente enthält. Von ‘den Bildhauern hat Wagmüller wieder mehrere seiner lebens- und geistvollen, aber aus dem plastischen oft in den malerischen Stil fallenden Portraitbüsten geschaffen, wie sie dur die internationale Kunstausstellung bekannt wurden. Größere Fortschritte zeigt Knoll, von dem cine Beethovenbüste wegen ihrer charafteristishen Auffassung vielfaches Aufsehen erregte und in dessen Riesenbüste Glucks sich ein glückliches Streben nah dem großen Stile geltend macht, Dieselbe ist für den Geburtsort des Tondichters, - Weidenwang in der Oberpfalz, bestimmt und damit leider dem kunstsinnigen Publikum künftig entzogen.

Ungleihh wirksamer haben sich die Störungen auf dem Gebiete der Wissenschaft erwiesen, deren ruhige Beschaulichkeit freilich die Aufregung fkritischer Zeitepohen am wenig- sten verträgt. Die wissenschaftlichen Lieferungswerke, wie das »Archiv für die Geschichte von Oberbayern«, sind weiter-

geführt worden. Auf dem Gebiete der germanistishen Sprach-

forshung, die in Bayern stets eisrig und erfolgreich be- trieben wurde und für die das Nachbbarland Tyrol eine Fülle noch unausgebeuteten Materials enthält , ist diesmal nur ein Werk zu verzeichnen gewesen , die »oberdeutschen Familien- namen« von Dr. Ludwig Steub, München , R. Oldenbourg, 1870. Dasselbe nimmt freilich sowohl durch seine sprachwissen- schaftliche Bedeutung wie durh den anmuthigen Humor seiner Darstellung einen hohen Rang cin.

Heimath8grüße aus Amerika.

Unter diesem Titel ist der Redaktion eine bereits in 2, Auf- lage bei E. Steiger in New-York erschienene, kleine Sammlung von 32 patriotischen deutschen Liedern zugesandt worden. Mitten aus der unter den Deutschen Amerikas während des gegen-

wärtigen Krieges herrschenden Stimmung hervorgegangen, legen |

dieselben ein lebendiges Zeugniß davon ab, wie die Deutschen jenseits des Oceans die gerechte Sache ihres Vaterlandes ver- treten. Einige dieser Gedichte, wie das Lied: »Heil dir, Deutsch- land« von E. A. Jündt, »Jubellied eines Amerikaners« von Bayard Taylor, »An die Deutschen diesseits des Meeres« von Carl Weitershausen u. a. sind bereits durch manche deutsche Zeitungen gegangen , ebenso wie einige unserer Kriegs- und Volkslieder des Jahres 1870 in vielen amerikanishen Blättern abgedruckt worden sind. Daher hat sich denn in vorgedachten Heimathgrüßen z. B. das Gedicht »Landwehrmanns Abschied« O Koch als amerikanischen Ursprunges einge- ichen. __ Was aus allen diesen Liedern hervorleuchtet, das ist eine innige Liebe zum alten deutschen Heimathlande, »Vaterland!

liebe, liebe Heimath, fern von dir und doch stets dein s{lägt unser Herz!« so singt Qündt in St. Louis, und Karl Heinrich Schnauffer preist die Muttererde mit den Worten:

Ich hang’ an meinem Heimathland,

Und mir ist aller Länder Krone

Mein theures deutsches Vatertand.

Qum Heimathland steht mein Verlangen,

Ein müder Fremdling, such" ich Ruh,

Und wo das Licht mir aufgegangen,

Drück' man mir auch die Augen zu!

Begeisterte Vaterlandsliebe athmen_ die Verse des Dich-

ters Konrad Krez: Land meiner Väter, länger nicht das meine! So heilig ist kein Boden, wie der deine; Nie wird dein Bild aus meiner Seele schwinden. Und knüpfte mich an dich kein lebend Band, Es würden mich die Todten an dich binden, Die deine Erde deckt, mein Vaterland!

Was die Deutschen Amerikas auch aus der Heimath ge- drängt habe, Alles weint Caspar Buß ist jeßt vergessen, denn »für di, o Muttererde, du Land der Herrlichkeit, auch deine fernen Söhne sie stehen mit im Streit.« An allen Ereig- nissen des Krieges nehmen sie regen Antheil, wollen »Elsaß als Fricdenshort« fortan bei Deutschland wissen und preisen im Jubelton »ein einig, einig, deutsches Volk !l« Jbm ruft Bayard Taylor (geboren in Pennsylvanien 1825) zu: »Heil, edles Volt! dem neu das Herz so unerschüttert schlug!« und rühmt sein treues Beharren; daß es sih Glied an Glied verband »mit Tol Und Muth, Gebet und Lied, eine einz’ge Wacht am

hein

König Wilhelm wird »Schirmherr deutscher Ehre«, »das deutsche Schroert«, »wiedererstandcner Barbarossa« genannt; es wird ihm »um die greise Heldensüürn der Lorbeer« gewunden, und ein alter Dichter, Koch geheißen, bricht in die Worte aus:

Du haf gethan, was. nimmer wird vergeh'n,

- Denn Deutschland dankt Dir, was es heut’ erzielt. “Es dankt Dir Einigkeit und Heldenmuth,

Und daß nicht Deutschlands wundershöne Gaun?n

Verwüstet von Napoleon's Räuberbrut,

Die alte Schmach der Zwietracht wieder shau'n.

Hohe ¿Freude klingt durch viele Lieder über die Siege un- serer Truppen, die man ihrer geistigen Ueberlegenheit verdanke. So heißt es in dem Liede »Festgruß«:

Das var ein Sieg vom deutschen Geist, vom Geist der deutschen Waffen!

und weiter :

Und dieser Geist soll mit uns gehn auch auf der Fremde Fluren;

Nie soll der Zeiten Lauf verweh'n hier deutschen Geistes Spuren ;

Ueber den Siegesjubel aber soll man nicht vergessen, auch die Wunden zu heilen , die der Krieg dem deutschen Volke ge- schlagen. Dedhalb fordert Karl Weitershausen seine amerikani- schen Landsleute auf: : :

So laßt den Sieg uns® feiern Der Teutschen hoch und hehr! Laßt helfen uns den Theuern, Den Brüdern über'm Meer! :

Dieselbe hülfbereite Gesinnung drückt sich in den leßten Versen des Schlußgedichtes »Germania« von Friedrich Lexow aus:

Die Jor vom Heim geschieden seid, Seid heim mit Herz und Hand! Was den Verwaisten Jhr geweiht, Ihr weiht's dem Vaterland!

So geht ein wohlthuender Zug deutscher Bruderliebe durch diese kleine Liedersamnilung, und in diesem Sinne ist denn auch der ganze Erlös aus dem Verkauf derselben in uneigennüßiger Weise für den Fonds zur Untersiüßung der verwundeten deutschen Krieger und der Hinterbliebenen der B O bé-

| slimmlt.

Vierteljahrs - Hefte des Königlih Preußischen Staats-Anzeigers. Jahrgang 1870. Vier Hefte. - Druck und Res E Königlichen Geheimen Ober - Hofbuchdruckerei (R. v. Decker). : i | Die Vierteljahrs - Hefte des. Königlich Preußischen Staats- Anzeigers erscheinen am Schlusse jedes Quartals und enthalten sämmtliche in den »Besonderen Beilagen« des Staats-Anzeigers publizirten Artikel. Dieselben sind durch alle Post - Anstalten und Buchhandlungen für den Preis von 75 Sgr. vierteljährlich zu beziehen.

as Abonnement beträgt L Thlr. für das Vierteljahr.

Insertionspreis flir den Raum einer Druckzeile #7 Sgr.

ic A Ei

Alle Post -Anftalten des In- und Auslandes nehmen Sestellung an, für Berlin die Expedition. des Ks Preußischen Staats - Anzeigers:

Zieten - Platz Nr. 3.

1871.

Deutsches Neich.

Bekanntmachung.

Den in Frankreich für den Privat - Depeschenverkehr der daselbst befindlichen deutschen Truppen und Beamten 2c. mit ibren Angehörigen nach deutschen Ländern und umgekehrt bis- her eröffneten Telegraphenstationen tritt mit dem 20. d. M. »Markirch« hinzu. :

Betlin, den 19. Februar 1871.

General-Direktion der Telegraphen.

Preußische Bank.

Wochen-Uebersicht der Preußischen O vom 15. Februar 1871. (18 iva. 2 Geprägtes Geld und Barren . Thlr. 93,089,000 2) Kafsenanweisungen, Privatbanknoten und Darlehnskafssenscheine 4,083,000 87,824,000

2), Wecbielpelande, o ccssicae euie eaepeis » 4) Lombardbestände .….…..... S N, 24,373,000

5) Staatspapiere, disfontirte Schaß-Anwei-

sungen, verschiedene Forderungen und / » 24,664,000

Thlr. 184,564,000

P 2 Banknoten im Umlauf 16,332,000)

Depositenkapitalien

8) Guthaben der Staatskassen, Jnstitute und Privatpersonen mit Einschluß des i Giroverkchrs 872,000

Berlin , den 15. Februar 1871. Kömglich Preußisches Haupt - Bank - Direktorium. von Dechend. Boese. Rotth. Gallenkamp. Herrmann. ;

N icht amtliches.

Preußen. Berlin, 20. Februar. Se. Majestät der Kaiser und König ließen, wie aus Versailles vom 16. d. Mts. gemeldet wird, am Vormittag des 13. das 6. Thürin-

gische Infanterie-Regiment Nr. 95 Revue passiren. Der Herzog

von Sachsen-Coburg-Gotha, aus dessen Lande das Regiment rekrutirt, führte dasselbe bei Sr. Majestät vorübcr. Das

95. Regiment hat in diesem Feldzuge 27 Schlachten und Gefechte

zu bestehen gehabt. :

Se. Majestät, Allerhöchstwelche einige Tage unwohl waren, befinden Sich jevt. wieder besser. Se. Königliche Hoheit der Prinz Albrecht, dessen Besserung fortschreitet, wird demnächst nach Berlin zurückkehren.

Ihre Majestät die Kaiserin-Königin war vor- gestern in der 7. Vorlesung des Wissenschaftlichen Vereins an- wesend und wohnte gestern dem Gottesdienste in der St. Mat- thäikirche bei. Jhre Majestät dinirte in Charlottenburg bei Ihrer Majestät der verwittweten Königin.

_— Jhre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kron- prinzessin besuhte am Freitag das Baracken-Lazareth auf dem Tempelhofer Felde.

_— Jhre Majestät die Kaiserin-Königin hat auf die Glückwunsch - Adresse der Gemeindebehörden Weimars mit Folgendem Schreiben geantwortet :

»Es ist ein besonderer Vorzug, den dargebrachten Glückwünschen durch den eigenen Werth eine höhere Weihe verleihen zu können.

ck

Diesen Vorzug besißt Meine Heimath. Was jede Aeußerung ihrer Theilnahme so werthvoll macht, ist das Bewußtsein, welches ihr eine ehrenvolle Vergangenheit und Gegenwart verleiht. Wo ein Fürsten- haus so ehrfurhtgebietende Namen aufzuweisen hai, wie die Meiner Großeltern und Eltern, und das Land sich mit denselben zu einem untheilbaren Ganzen verbunden fühlt, da bleibt auch der Grundzug der deutschen Gesinnung und deutschen Wesens fest gewurzelt und sein Bestand gesicherr. Jh für Meinen Theil gedenke stets dankbar Meiner Vaterstadt und bin getragen von der Zuversicht, daß der Be- rufe den Mein Kaiserli@®er Gemahl auf den Wunsch der deutschen &ürsten und Völker übernommen hat; von Jhm in seiner vollen Veraniwortli®keit gewürdigt und zur Wohlfahrt Deutschlands dur{- geführt werden wird. Berlin, den 7. Februar 1871. / An die Vertreter der Stadt Weimar.

Der BundeS8rath trat heute zu einer Sißung zusamnaen.

VNugusta.«

_— Der Bundes8kanzler Graf von Bi8marck hat an den Marschall Mac Mahon, Herzog von Magenta, einen Brief gerichtet, der nah dem Versailler »Moniteur officiel« in der

Ueberseßung lautet: : __»Versailles, 11. Februar 1871.

___ Herr Marschall! Die Zeitungen von Bordeaux veröffent- lichen mit Bezug auf mein Cirkular vom 3. Januar einen an den Minister der auswärtigen Angelegenheiten gerichteten Brief, der Ihre Unterschrift trägt. Jn der Vorausseßung, daß dieser Brief authentisch ist, halte ich es für meine Pflicht, denselben nicht unbeantwortet zu lassen. Erlauben Sie mir zuvörderst, dem Wortlaute nach die Stelle des obenerwähnten Cirkulars8, um die es sich handelt, zu wiederholen:

»In der Schlacht von Wörth beobachtete man, wie Ge- wehrkugeln in den Boden einschlugen und dann mit einem sehr bemerkbaren Explosfion8geräusch die Erde rings8herum empor- warfen. Unmittelbar nach dieser Beobachtung wurde Oberst von Beckedorff schwer durch eine explodirende Kugel verwoundet. Ein ähnliches Geschoß hat im Gefecht bei Tours am 20. De- zember v. J. den Lieutenant von Versen vom 2. Pommerschen Ulanen-Regiment getroffen. «

In der Anlage finden Sie eine Uebersezung des Berichtes

des Obersten von Beckedorff. Diesem Zeugen, der in positiver und exakter Weise Thatsachen konstatirt, die er selbst gesehen und an si erfahren hat, stellen Sie Jhre Ueberzeugung gegen- Über, -daß die in der Schlacht von Wörth engagirten Truppen- theile niht mit explodirenden Kugeln versehen gewesen seien. Ihre Versicherung, deren Loyalität ih natürlich anerkenne, \{hließt aber die Möglichkeit nicht aus, daß einige Jhrer Sol- daten sich solcher explodirenden Kugeln ohne Jhr Wissen be- dient haben könnten. __ Ein analoges Ereigniß, das ih den amtlichen Veröffent- lihungen der französischen Regierung entnehme, seyt mi in den Stand, Jhnen zu beweisen, wie sehr absolute Abläugungen in ähnlichem Falle gewagt sind. :

In seinem Cirkular vom 25. Januar, als Antwort auf mein Cirkular vom 9. desselben Monats, sagt Graf Chau- dordy nach der englischen Ueberseßung , die ih vor Augen. habe: »Niemals hat ein franzöfisher Soldat sich explodiren- der Kugeln bedienen können; wenn solche auf dem Schlacht- felde aufgelesen worden sind, müssen sie aus den Reihen des Feindes herstammen. Und doch hatte drä Tage vor dem Cir- fular des Herrn von Chaudordy der Maire von Paris an