1871 / 52 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

S E L L L E E

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pitain aran Rpiantntem t

die Maires der zwanzig Arrondissements eine Mittheilung ge- richtet, dahin lautend, daf bei einem Handgemenge zwischen einer Compagnie des 101. Marsch - Regiments und der Mobil»

arde in der Umgebung des Hotel de Ville man konstatirt habe, bas unter den Geschossen » viele explodirende Kugeln« sich be-

funden haben. i i : Genehmigen Sie, Herr Marschall, die Versicherung meiner

ochachtung. R OOIUnA v. Bi8marck.

An Sr. Excellenz Herrn Marschall Mac Mahon, Herzog von Magenta, Wiesbaden. (Beigelegt ist der Bericht des Obersten von Beckedorff, Commandeur des 95. Infanterie - Regiments, Über seine dur eine cxplodirende Kugel verursachte Verwundung.)

Französischerseits sind vom Kriegsschauplaßtz folgende Nachrichten eingegangen:

Bordeaux, 18. Februar. (W. T. B.) U

Menotti Garibaldi is provisorisch zum Kommandirenden der Vogesen-Armee ernannt. Menotti und Ricciotti befinden sich in Chalons sur Saone. Die Vogesen-Armee steht zwischen Chalons, Magon und Bourg. Das Hauptquartier der ersten Brigade unter General Canzio ist in Bourg.

Brüssel, 18. Februar. (W. T. B.)

Der »JTndépendance belge« wird unterm 16. d. M. aus Dünkirchen geschrieben, daß das XXI]. Corps der Nordarmee daselbst zusammengezogen wird, um nach Bordeaux eingeschifft u werden. : Nach in Brüssel eingetroffenen Berichten aus Dün- firchen vom 16. Februar ist die dortige Stadt ganz mit Trup- pen angefüllt. Wie man versichert, soll das ganze XXII. Corps in Abtheilungen von 2000 Mann nach Lan eingeshi}t werden. Es sind im Ganzen 15,000 Mann, die während ihres Aufenthaltes in Dünkirchen bei den Bürgern cinlogirt worden.

VEDO

Nach einer Bekanntmachung des Kriegs-Ministeriums vom 16. d. Mis. sind wicderum P IriegSgefangene fran- zösische Offiziere unter Bruch des Ehrenworts, keinen Flucht- versu machen zu wollen, desertirt: 1) Lieutenant Branchard von Coblenz, 2) Lieutenant Lahayville vom 75. und 3) Lieute- nant Laurent vom 53. Linien-Regiment von Düsseldorf, Kapitän Juffs vom 66. Linien-Regiment von Beuthen i. Oberschl. und 5) Kapitän Tuillier vom 36. Linien-Regi- ment von Spandau.

In Folge Reifenbruches am linken Vorderrade der Maschine ift der Courierzug nach Eydtkuhnen bei Gutenfeld am 17. entgleist. :

Maschine ist 3 Ruthen zur Seite geschleudert, Packroagen eingeworfen, zwei Postwagen mit 2 Achsen au8geseßt. Passa- iere sind nicht verleßt; von den Beamten der Lokomotivführer chwer, Heizer, Zugführer und Packmeister weniger erheblich verleßt. Die Kommunikation zwischen Königsberg und Eydt- kuhnen ist wiéderhergestellt. Der littauische Zug ist am 18. d. M.,

Nachmittags 3 Uhr, in Königsberg eingetroffen.

Der Ober - Hof- und Domprediger, Ober - Consistorial- Rath Dr. Snethlage ist am 17. d. Mts früh na längerem Leiden im 79. Lebensjahre hierselbst verstorben.

Versailles, 15. Februar. Der Minister des Jnnern in Paris hatte zwei Unterpräfekten für die Kreise Corbeil und Etampes ernannt. Beide Kreise aber sind gegenwärtig von deutschen Behörden verwaltet und gehören in den Bereich der hiesigen Präfektur. Der hiesige Präfekt, Herr von Brauchitsch, hat sich daher , wie der Versailler »Moniteur officiel« meldet, veranlaßt gesehen, jene beiden Wahlen als unzulässig und nichtig u erklären und den beiden Ernannten die Besißergreifung jener Plätze bei Androhung der Verhaftung zu untersagen.

Königsberg, 18. Februar. Der Ober - Präsident der

ou reußen veröffentlicht in den hiesigen Zeitungen olgendes:

än tiefer Bewegung bringe ih. einen überaus \{merzlichen und {weren Verlust, den unsere Provinz, die hiesige Stadt und die Universität. so eben erlitten haben, hiermit zur öffentlichen Kenntniß. Der Geheime Medizinal-Rath Professor Dr. Wagn er, seit dem Be- ginne des Krieges als General-Arzt bei der ersten, seit kurzem bei der Süd- armee mit dem aasgezeichnetsten Erfolge unermüdlich thätig, ist in Folge Übergroßer Anstrengungen, denen er sich in rastlosem Eifer unterzogen, am Typhus zu Dôle in Frankreich am 15. d. M. gestorben. Welche bedeutende

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Stellung er in der Wissens{haft und als Lehrer an- der Albertus- Universitär, als Direktor der chirurgischen Klinik in der obersten Medizinalbehörde der Provinz einnahm, wie segensreih er in diesen Aemtern woirfte, wie unendlich vielen Leidenden er vermöge seiner hervorragenden ärztlichen und operativen Geschicklichkeit Hülfe und Heilung gebrackt, wie liebenswürdig er im Umgange, wie vortrefflih er nach seiner Denkungs- und Handlungsweise war, das ist in weiten Kreisen bekannt. Die ihm näher standen, wissen, daß ein wahrhaft edles Herz mit ihm aufgehört hat zu s{lagen. Seine Leiche wird nach der von dem Herrn General Freiherrn v. Manteuffel getroffenen Anordnung hierher gebracht, der YJeitpunki ihrer Ankunft zuvor be- fannt gemacht werden. Königsberg, den 16. Februar 1871. Der Ober- Präsident, Universitäts-Kurator. v. Horn.«

Sachsen. Dresden, 18. Februar. Der Staats-Minister Frhr. v. Friesen wird sich morgen nah Berlin begeben.

Weimar, 18. Februar Der interimistishe Bevollmäch- tigte der Großherzoglichen Staatsregierung zum Bundesrathe des Deutschen Reichs, Geheime Staatsrath Dx. Stichling, begiebt sih morgen nach Berlin.

Meiningen, 16. Februar. Se. Hoheit der Herzog von Meiningen is| gestern vom Kriegsschauplay hier eingetroffen. Die »Dorfztg.« berichtet: Auf dem Bahnhofe im Wagen ste- hend , umrauscht von ungeheurer Menschenmenge , brachte er das erste Hoh auf Den aus, dem vor Allem die Ehre ge- bühre , auf den Deutschen Kaiser. Die Worte, mit denen der Herzog später der Deputation der Stadt dankte, gehören dem

ande. Jch bin glücklich, sagte der Herzog , nach so langer

Abwesenheit im Felde mit meinem Sohne, dem Erbprinzen, wieder inmitten meiner treuen Unterthanen zu sein. Jch freue mich, sagen zu können , daß die Meininger im Felde ihre volle Schuldigkeit gethan haben, und bin stolz darauf, Regent eines Landes zu sein, dessen Söhne zu den Helden- müthigsten unseres großen Vaterlandes zählten. Wenngleich Mancher in diesem Kriege schwere Opfer gebracht hat, so bin ih do Überzeugt von dem Patrioti8mus meines Volkes, daß dasselbe jeßt wie immer in den Ruf einstimmen wird: »Es lebe das Deutsche Reich, es lebe das siegreiche Heer, es lebe unser glorreicher Kaiser

Hessen. Darmstadt, 18. Februar. Die QJweite Kammer der Stände nimmt nächsten Mittwoch, den 22., ihre Berathungen wieder auf. Auf der Tagesordnung steht die Vorlage Großherzoglichen Ministeriums des Jnnern, den Geseß- entwurf, die Zusammenlegung der Grundstücke, Theilbarkeit der Parzellen und Feldwege-Anlagen betreffend. |

Baden. Kari‘druhe, 18, Februar. Se. Königliche Hoheit der Großherzog hat den Präsidenten des Großherzog- lihen Staats-Ministeriums und Staats-Minister des Jnnern, Dr. Jolly, den Präsidenten des Ministeriums des Großherzog- lichen Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten, von Fr ey- dorf, und Ministerial-Rath Wilhelm Eisenlohr zu Bevol- mächtigten zum Bundesrath des Deutschen Reichs ernannt. u Bevollmächtigten werden morgen früh nach Berlin ab- reisen.

Bayern. München, 18. Februar. Die feierliche E, des Landtages durh Se. Königliche Hoheit den Prinzen Adalbert hat diesen Nachmittag mit dem bisher bei solchen Feierlichkeiten üblichen Ceremoniell stattgefunden. Die Mitglieder beider Kammern waren hierzu im Sigungssaale der Kammer der Äbgeordneten versammelt. Nachdem der Land- tagsabschied verlesen und Prinz Adalbert hierauf im Namen Sr. Majestät des Königs den Landtag für geschlossen erklärt hatte, brachte der Präsident der Kammer der Reich8räthe, Frhr. v. Stauffenberg, Sr. Maj. dem König ein dreimaliges Hoch aus, in welches die ganze Versammlung einstimmte.

Der Landtags-Abschied zählt in seinem ersten Abschnitt die Beschlüsse der Kammern über die Geseßentwürfe und anderen Vor- lagen der Staatsregierung auf, welche die Königliche Sanktion er- halten haben; der zweite Abschnitt handelt von den Nachweisungen Über die Verwendung dex Staatseinnahmen und über den Stand der Staats\chulden-Tilgungsanftalt; der dritte Abschnitt enthält die Ver- bescheidung : der Wünsche und Anträge. Dem leßtgenannten Ab- schnitte entnehmen wir Folgendes: Auf den zu den Nachweisungen gestellten Antrag wegen einer Geseßesvorlage über weitere Ueber- weisung von Grundrenten u. \. w. an die Ablösungskasse und oóligatorische Abzahlung der Bodenzins - Kapitalien bei Yer- trümmerungen is dem Finanz-Ministerium der Auftrag ertheilt worden, einen bezüglichen Geseßentwurf auszuarbeiten. Der Wunsch,

daß der Berg- und Hüttenwerksbetriebs-Reservefonds für die Salinen

und für die Berg- und Hüttenwerke diesseits des Rheins bestimmt worden, ist genehmigt. Der Bitte wegen Abänderung des Art. 6 der Gemeinde - Ordnung (über die Bildung der Bürgermeistereien) wird, da ein dringendes prafktisches Bedürfniß dafür nicht bestehe , feine Folge gegeben, das Ministerium des Jnnern jedoch beauftragt, dafür zu sorgen, daß bei dem Vollzuge jenes Artikels den Beschlüssen der bitheiligten Gemeinden möglidste Berücksichtigung - zugewen- det werde. Ein Geseßentwurf zur Revision der Bestimmungen über den Geschäftsgang des Landtages isst bereits cusgearbeitet und wird der nächsten Landtagsversammlung vorgelezt werden. Der Bitte, einen Geseßentwurf vorzulegen, durch welchen die Bestimmungen des

Disiriktsraths-GBeseßes einer Revision unterstellt werden, soll willfahrt werden , »sobald die Wirkungen der neuen Sozialgeseßgebung mit Sicherheit erkanni« werden können. Anläßlich der Bitte um Vor- lage eines Geseßentwurfes Über Befriedigung der Kultusbedürfnisse und die Verwaitung des Vermszens der Kirchengemeinden is| das Kultu#-Ministerium beauftragt worden, die Einleitungen zur Ausar- beitung eines Geseßentwurfes Über diesen Gegenftand alsbald zu treffen und das Ergebniß der Königlichen Entscheidung zu unterstellen. Die Bestimmungen über die Ausli@tung der Gehölze längs der Staats- und Dißriktsstraßen follea einer Revision unterworfen und das Ergebniß Sr. Majestät zur weiteren Verfügung vorgelegt werden. Die Aufhebung des Verbots des Ankaufs von Früchten auf der

- Wurzel wird mit Gescßeskraft ausgesprochen. benso wird der

Kammerbeschluß über die Rechtsverhältnisse der Miether und Pächter von Liegenschaften gegenüber den neuen Erwerdern als Geseß ver- tündet. Der Bitte wegen Ausführung einer Verbindungsbahn von der Station Kaufering bis zur Station Landsberg mit Berücksichti- gung der Fortseßung na dem Lechfelde soll thunlichst ént- \sprochen werden. Dann heißt es zum Schlusse wciter: »Seit der gegenwärtige Landtag sich um uns versammelt hat, haben sich große weltgeshichtüicze Ereignisse zugetragen. Ein Nachbar- volk, mit dem wir.gern in Frieden gelebt hätten, hat Deutschland durch gänzlih ungerechtfertigten Angriff in einen blutigen Krieg ver- wickelt. Daß wir den Kampf mit voller Kraft aufzunehmen im Stande waren, verdanken wir der opferwilligen Hingebung der Lan- desvertretung. Unter Sottes allmächtigem Beistande hab:n die deut- schen Heere durch todeèmuthigen Heldensinn, durch eine Kriegstüchtig- teilt ohne Beispiel und durch eine seltene Ausdauer die Leiden des Krieges von den deutschen Grenzen ferngehalten. Sie sind von Sieg zu Sieg geeilt und werden bald, so hoffen twoir, nach Abschluß eines ehreuvollen Friedens ruhmgekrönt in die Heimath zurüctkehren. Mit gerechtem Stolze blicken wir auf die Leistungen der bayerischen Armee in diesem großen Kampfe. Kein deutscher Gau wird sih rühmen dürfcn, daß seine Söhne mit größerer Uus8daucïj Treue und Tüdcdtigkeit dem fsiege8gewissen, Gegner die-Stirne boten, daß seine Söhne unter einem schreckensvollen Walten der Kriegsfurie besser die Geseße der Menschlichkeit bewahrten. Mit eben so großer Genugthuung gedenken wir der werkthätigen Theilnahme, welche {ic allenthalben für die tapfern Krieger und ihre Angehörigen kundge- geben hat. Die Klage über die geliebten Todten, die auf dem Felde geblieben sind, hat lebhasten Wiederhall in unserm Herzen gefunden. Unter dem Getöse der Waffen zeitigte die Fru@it der deutschen Einigung. Das Deutsche Reich wurde neu aufgerichtet. Die Kräfte der Nation sind zusammengefaßt, um dem deutschen Gebiete nach Außen wirksamén Schuß zu gewähren und um die gemeinsame Wohlfahrt zu fördern. Bayern wird dem in Einigkeit verbundenen Gesammtvaterlande mit Aufrichtigkeit an- bängen und an der Erfüllung seiner großen Aufgabe mitardeiten. Je rückhaltloser aber die Hingebung ist, die Bayerns König und Volk dem Reiche entgegenbringen, destoweniger werden Beide aus den Augen verlieren, daß das s{öône Land, dem Sie zunächst gehören, {eine volle Pflicht als das Glied etnes Ganzen nur dann wird erfüllen können, wenn es ein festes durch innern Frieden starkes Gemeinwesen bleibt. Was dem Theile Stärke verleiht, frommt auch dem Ganzen. Indem wir die gegenwärtige Versammlung schließen, entbieten wir unsern A und Getreuen die Versicherung unserer Königlichen Huld und nade.«

Desterreic - Ungarn. Wien, 18. Februar. Jn der heutigen Schlußsißung der Reichsraths - Delegation wurde das rektifizirte Budget ohne Debatte angenommen.

Schweiz. Bern, 14. Februar. Laut telegraphischem Be- richt aus Bellinzona sind die Großrath8wahlen am Sonntag im ganzen Kanton ohne Ruhestörung verlaufen. Allem An- scheine nach haben dieselben an dem Stande der Dinge durch- aus nichts geändert. i

VBelgien. Brüssel, 19. Februar. Die Repräsen- tantenkammer beendigte gestern die Generaldisku}sion des Budgets des Ministeriums des Jnnern und vertagte fich dann

bis zum 28. Februar.

Großbritannien und Jrland. London, 15, Februar. (Fortseßung der Auszüge aus dem englischen Blaubuce.) Am

20. September 1870 fand cine Unterredung zwischen Chaudordy

und Lord Lyons ftatt, in welchem ersterèr, wie dies son Thiers gelegentlich seines Aufenthalts in London dem Earl Granville gegenüber gethan, urgirte, daß die Zeit für eine formelle Anerkennung

__der gegenwärtigen Regierung Franfkceihs von Seiten Großbritanniens -

gekommen sei. Lord Lyons verwies ' auf den früher dem M. Thiers gegebenen Bescheid und am 1. Oktober {rieb Granville an Lyons, daß das englische Kabinet diese Antwort vollständig billige.

Seit dem Sturze des Ministeriums Palikao wurde die englische Regierung fast unaufhörlich in der einen oder andern Form uni Ver-

mittlung oder Einmischung zu Gunsten Franfkrei{s angegangen. So

{rieb Granville am 27. an Cadorna, daß er augenblicklich keinen Weg sehe, auf welchem die neutralen Mächte eine Beschleunigung des Friedens herbeiführen könnten, und am nämlichen Tage drang Chaudordy in Lord Lyons, daß die neutralen Mächte Preußen zu einer Erklärung über die von ihm verlangten Bedingungen bewegen sollten. Jn ciner anderen Depesche, gleichfals vom 27. September datirt, berichtet Lyons an Granville, Chaudordy habe ver- mittel Ballonbricfes aus Paris einen Bericht Favre?s über seine Unterredung mit dem Grafen Bismark erhalten. Preußens

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Prätensionen seien nach der Ansicht Favre’s derarl, daß Ae si ihnen niemals fügen könne, Jules Favre fühle sich daher berechtigt, an den Rest der Welt um Hülfe zu appelliren. Die Zeit für bloße Vermittelung sei vorüber. Die Mächte sollten jeßt zu Preußea in einem Tone sprechen, der niht mißverstanden werden fönnte, und sie sollten Maßregeln ergreifen, welche dafür sorgten, daß man ihnen Ge- hôr schenke. Jules Favre habe alles Mögliche gethan, um dauerhafte A S pee zu erzielen; er sei zu jedem vernünfti2en Opfer

ereit, um solche Bedingungen zu erlangen. Es sei nicht sein Fehler und auch nicht der Fehler Frankreichs, wenn der Krieg fortdauere, und er fühle si berechtigt, mit Vertrauen die, aktive Jnteroention Europas anzurufe.. Um 4. Oftober ging die Antwort Granville?s auf diese Zumuthung voin auswärtigen Amte an Lord Lyons ab. Nach einer Rekapitulation der Haitung, welche England {eit Beginn des Krieges beobachtet hatte, heißt es zum Schluß dieses Schriftstücks: »Dem gegen- wärtigen Ansuchen zufolge verfolgt die provisorische Regierung offenbar das Ziel, daß die neutralen Mächte falls nöthig etwaige Vorstel- lungen, die sie Preußen gegenüber machen würden, mit Gewalt unter- stüßen sollten. Die Regierung Jhrer Majestät ist verpflichtet, ausdrücklich bervorzuheben, daß fie ihrerseits nicht vorbereitet ist, einen soihen Weg einzuslagen oder den andern Mä@tten vorzuschlagen. Sie kann nur ängstlich den Zeitpunkt abwarten, wo fich etwa eine Ausficht zeigt; daß dieser traurige Konflikt durch die Weisheit, den moralischen Muth und die Mäßigung der beiden Kriegführenden zum Ende gebracht wird, oder daß si cine Gelegenheit für die neuiralen Mächte biete, ihren Einfluß zur Wiederherstellung des Friedens auszuüben.«

Nicht England allein, scndern fast alle neutralen Mächte ging die provisorishe Regierung um Einmischung mit Waffengewalt an. Nicht lange nach dem ebenerwäbhnten Vorfall verlc:s Chaudordy vor Lord Lyons cine Depesche von Favre, »welche mit einiger Bitterkeit darüber flagt daß die europäischen Kabinette wie der Schreiber es ausdrüdte Frankrei im Sliche ließen, und welche geradezu eine Anweisung enthieit, daß er eine bestimmte Forderung um Waffenhülfe (concours armé) an Jtalien richten solle.« Alles dies blieb auf die englishe Regierung ohne Einfluß; erst am 11. Oftober ging die englishe Regierung aus ihrer bisher beobachteten Stellung in so weit heraus, als Gran- ville der provisoriscen Regierung einen wohlgemeinten Rath gab. Er {reibt an Lord Lyons:

Wenn sih Jhnen eine ähnliche Gelegenheit wiederum bieten sollte, wollen Sie dann hervorheben, daß Jhnen zwar fcine Jnstruk- tionen zugegangen seien, eine Ansicht Über die Friedensbedingungen abzugeben , daß es aber aus einem Theile meiner Depesche vom 4. d. in welcher ih auf die Forderung der französishen Regierung um aftive Unterstüßung erwiderte, nothwendigerweise ersichtlich sei, wie die Regierung Jhrer Majestät die Ansicht hege, unter den gegenwärtigen Krieg8umständen sei das zähe Festhalten Mr. Favre's an den Bedin- gungen, feinen Zoll breit Landes und keinen Stein einer Festung abzutreten, cin großes Hinderniß für den Fricden. Sollte id im Laufe der Unterredung eine Bereitwilligkeit zeigen, die von der fran- zösischen Regierung behauptete Stellung aufzugeben, wollen Sie fragen, ob Sie ermächtigt seien, dies der Regierung Jhrer Majestät mitzu- theilen, und wollen Sie mir in diesem Falle sofort telegraphiren.«

Mittlerweile kam Chaudordy am 5. Oktober also Tags nah Abgang der Antwort Granville's auf die Forderung um bewaffnete Intervention abermals auf das Thema einer Jntervention der neutralen Mätte zurück. Er sagte: »Es sei möglich, daß es Bedin- gungen gebe, Über welche Frankreich und Preußen \ich einigen möchten, wenn sie von gemeinsamen Stimmen Deutschlands vorgeschlagen und festgehalten (insisted on) würden; Bedingungen, welche jedo keiner der beiden Kiiegführenden in der Lage sei, dem anderen vorzuschlagen.« Bei dieser Gelegenheit remonstrirte Lord Lyon entschieden gegen das Vorgehen Gambettas , welcher damals gerade per Ballon in Tours angefommen war, die angeordneten Wahlen abbestellt und sonach den Krieg ins Blinde hinein -verlängert hatte.

Auch Oesterreich wurde von Frankreich um Hülfe angegangen. Wie Granville unterm 12. Oktober an Bloomfield schreibt, hatte Apponyi ihm mitgetheilt, »die provisorische Regierung habe an Oester- rei um aktive Hülfe appellirt, feibst für den Fall, daß Rußland in seiner gegenwärtigen Haltung beharren solite.« Graf Beust erwiderte aus gewissen Gründen, mit denen sich der Kaiser Napoleon und später auch Thiers und Favre einverstanden erklärten, fönne Oesterreih troß seiner Sympathien für Frankreich »nicht ein- zeln aus seiner neutralen Stellung heraustreten«, do könnten Eagland und Rußland \ich ins Mittel legen. Granville er- widerte hierauf wie in der nämlichen Depesche an Lord Bloom- field gesagt ist »obwohl die vom Grafen Beust, in Erwiderung: auf das Ansuchen der fcanzösischen Regiecung um aktive Unterstüßung, gegebenen Gründe nicht mit denen identisch seien, deren die Regierung Ihrer Majeñät sich bedient habe, und obwohl Se. Excellenz Bemer- kungen gemacht habe, mit denen ih nit übereinsiimme, so sei es doch befriedigend, wahrzunehmen, daß die von den beiden Regierun- gen befolgte Politif die nämliche sei.«

Auf die obenerwähnte Anweisung Granville’'s8 an Lyons, der französischen Regierung die Unhaltbarkeit ihrer Jntegritätspolitik vor- zustellen, traf die Antwort des leßteren am 13. Oftober eia. Sie sagte, daß die französische Regierung noch immer bei ihrem ersten Programme beharre. Aber troßdem scheint Granville um diese Beit neue Hoffnung bekommen zu haben, denn in einem Briefe vom 16. an den britishen Botschafter in Petersburg sagt er, es \ei einiger Grund zu der Annahme vorhanden, daß die provisorische Re- gierung in die Scleifung von Meß und Straßburg willigen würde, und er wünsche zu wissen, ob Fürst Gortschakoff es für möglich halte, daß England und Rußland zu einem Einverständniß über die ver- nünsftigen Bedingungen cines Friedens kämen, und dann gemein- \chaftlich an die beiden Kriegführenden appellirten. Gortschakoff er-