1890 / 237 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 02 Oct 1890 18:00:01 GMT) scan diff

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Nachr. “, bis zum nächsten Sonnabend in Neapel verweilen und sih dann nach Konstantinopel begeben.

Nachträglich ist dem genannten Blatt noh das folgende Bulletin zugegangen: i;

Yacht .Conqueror“, Mittelmeer, 26. September. Das Befinden Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs, welches durch geringe Verdauungsstörungen sowie durch ein-n 8 Tage lang anhalkenden heiß:n und ers{laffenden Ostwind (Levante), ter die Weiterreise von Gibraltar aus urmöglich mate, ungünstiz beeinflußt war, bat si) während des 5tägigen Aufenthalts in Cannes nicht unwesentlich pes bessert. Der Gesundheitëzustand Höchstdesfelben ist jeyk wieder en leidlih guter. Dr. Brunhoff.

Sachsen-Altenburg.

x Altenburg, 29. September. Jhre Hoheiten der Herzog und die Herzogin empfingen am 26. d. M. 1n Hummelshain den Besuch Jhrer Königlichen Hoheit der Großherzogin Marie von Mecklenburg-Schwerin, Jhrer Großherzog- lichen Hoheiten der Herzogin Elisabeth und des Herzogs Friedrih Wilhelm von Mecklenburg-Shwerin und Jhrer Durchlaucht ‘der Prinzessin Thekla vo n Schw arz: burg- Rudolstadt, welhe am Abend desselben Tages nah Schwarzburg zurückehrten. ; E

Vom 27. bis 29. weilten zum Besuch in HummelshainßFhre ai s P Hoheiten A4 ae und die Erb- "roß herzogin von Sachsen-Weimar. L 7 Se Hoheit der Herzog wird sih, einer Einladung S1. Majestät des Kaisers und Königs folgend, in der ersten Hälfte des Oktober zur Elchjagd nah Jbenhorst begeben, während Jhre Hoheit die Herzogin, so lange die günsüge Witterung anhält, in Hummelshain zu verbleiben gedenkt, woselbst zur Zeit auch Jhre Hoheiten der Prinz und dle Prinzessin Moriy von Sachsen-Altenburg nebst Höchsideren Tochter, der Prinzessin Louise, Aufenthalt genommen haben.

Hamburg.

Hamburg, 28. September. Der „Weser-Ztg.“ schreibt man: Die Aufstellung des Hamburger Staatsbudgets 1|l seit einer Reihe von Jahren Seitens der Bürgerschaft be- mängelt worden, namen!llih die Thatsache, daß der Entwurf regelmäßig mit einem erheblihen Defizit in die Erscheinung tritt, während dex wirklihe Abschluß in den leßten 10 Jahren steis einen Uebershuß, noch ein bis zwei Millionen Mark, ge- liefert hat. Dabei wurden neben dem Budget jasi in jeder Sibung sehr bedeutende Summen extraordinär bewilligt, welche rihtiger in einem außerordentlichen Budget zum Aus- druck kommen sollten. Die Bürgerschaft hatte deshalb im Funi einen Auss{huß mit der Aufgabe eingeseßt, zu prüfen: /

1) ob es sich empfehle, neben dem Budget ein Budget für außerordentlihe Ausgaven aufzumachenz; 2) ob es sih empfehle, nach- *am von den Uebershüssen vergangener Jahre eine Summe reservirt

* die annähernd gleichkommt den in zwei Jahren außerbudgetmäßig L «f Uebers{chüse zu bewilligenden Beträgen, einen elwa vorhandenen

L e Rest der U bershüsse zu einer auße:ordentlià en Schuldentilgung

zu verweäden; 3) ob eine Aenderung unserer B udgetgebaßrung etwa nach der Richtung zu empfehlen ist, daß in Zak unft bei Auf- machuna des Budgets die Einnahmen und Ausgaben gewissenhaft abges@aäßt, alstan1 aber der Uekterschuß, beziehungsweise das Defizit Lixes Mecynungsjahrcs in die Einnahmen, beziehungêweise die Außs- gaben des zweitnächsten Jahrestudgets eingestellt, in den beiden ersten Fahren aber zwecks Deckung cines Theiles der bisherigen außerbudget- mäßigen Ausgaben die zu solchem Zwelke reservirten Ueberschüsse früberer Jahre zu verwenden sind; 4) ob und in welcher Weise zwcck8 Sicherung der Bilanzirung des Staatsbudgets eine Abänderung des Einkommensteuergeseßes nothwendig ist.

Nach einem sehr eingehenden Bericht beantragt der Aus- {uß nunmehr: die Bürgerschaft wolle den Senat ersuchen, veranlassen zu wollen, daß iein außerordentlihes Budget aufgemacht und daß eine Aenderung unserer Budgetgebahrung in der Nihhtung erfolge, daß in Zukunft bei Ausmachung des Budgets die Einnahmen und Ausgaben den thatsächlichen Verhältnissen entsprehend geschäßt werden, sowie daß der Ueberschuß, odêr der Fehlbetrag eines Rehnungs jahres in die Einnahmen und Ausgaben des dritten Jahresbudgets ein: gestellt werde.

Elsaß - Lothringen.

Straßburg, 30. September. Das „Central- und Bezirks-Amtsblatt für Elsaß-Lothringen“ Nr. 43 bringt eine Bekanntmachung, wonach die Zeugnisse der Großherzoglih mecklenburgishen Prüfungskom- mission für Kandidaten des höheren Schulamts in Elsaß Lothringen bis auf Weiteres entsprechende Geltung haben.

Deutsche Kolonien. Deutsch - Ostafrika. Der stellvertretende Reichs- kommissar für Ost-Afrika Shmidt hat, dem „Deutschen

Kolonialblatt zufolge, folgende Proklamation, ä. à, Sansibar, 1. August 1890 (in arabischer, Suaheli- und in- disher Sprache), erlassen:

Auf Grund eines Uebereinkommens, wel{es ih, der Stell- vertreter Sr. Majestät des Kaisers von Deutschland, mit der englisch-ostafrikanischen Gesellschaft ges{chlossen babe, befehle ic Hiermit wie folgt: Säwmtliche Gewehre, die sh hier im ganzen Lande in Euren Händen befinden, sind sofort dem Kommandanten der Station vorzuzeigen und werden von diesem kostenfrei mit einem Stempel versehen, welcher den betreffenden Eigenthümern die Grlaubniß giebt, das Gewehr zu führen Wer innerhalb dreier Monate, vom Tage dieser Bekanntmacung an gerechnet, sein Gewehr nicht vorgezeigt hat, hat bei ciner späteren Abstempelung eine Gebühr von 2# Rupien zu zahlen. Wer nah 12 Monaten, vom Tage dieser Bekanntmachung an gcrehnet, noch im Besitz eines unge- stempelten GewehHrs vorgefunden wird, dessen Gewehr wird zur Strafe ohne eine Geldabfindung mit Beschlag belegt. Alle, die Ihr Gewehre habt, kommt daher und holt Euch dur die Stempelung Euren Er- [laubnißsch{ein, denn sonst werdet Jhr Eure Gewehre verlieren. Jedermann der ein neues Gewehr zu kaufen oder einzuführen wüns{t, hat dasfelbe ebenfalls vorzuzeigen und stempeln zu lassen. Die Stempelung dieses neuen Gewehrs ift jedoch nit kostenfrei, sondern hat der Eigen- thümer eine Gebühr von 24 Rupien für das Gewehr zu zahlen. Hinterlader-Gewehre sind nur mit ganz besonderer Erlaubniß ge- stattet, im Allgemeinen aber streng verboten. Dieselben werden gegea Vorderlader auêgetauscht werden, sobald der Eigenthümer das Gewehr auf der Station vorzeigk. Wenn später Jemand im Besiß eines Pinterladers gefunden wird, so wird er {wer bestraft werden.

Kamerun. Der stellvertretende Kaiserlihe Gouverneur Graf Pfeil hat folgende - Verordnung erlassen:

Die nach §. 2 der Gouvernements: Verordnung Nr. XXXIY vom 22. Januar d. J., betreffend Aufstellung einer Statistik “über die Einfuhr und Ausfuhr, vierteljährlih bei der Zol behörde einzureihenden Ver:eihnisse über die aus dem Schußgebiet Kamerun ausgeführten Erzeugnisse müssen die Angabe des Werths der einzelnen ausgeführten Waarenmengen unter Zugrundelegung des leßten hier bekannten euro- päischen Marktpreises enthalten, Verantwortlich für die Richtigkeit der Wertbangaben ift der Verschiffer der Waaren. Bei Zuwider- handlungen greifen die in der Verordnung Nr. XXXIY festgeseßten Strafbestimmungen Plat. f

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zu shmähen.

Der mit der Vertretung des Kaiserlichen Gouverneurs von Kamerun beauftragte Kammergerichts-Referendar von Puttkamer ist am 14. E d. J. zur Uebernahme der

äfte in Kamerun eingetroffen. : i E. Kaiserliche Kanzler für Kamerun Graf Pfeil hat einen ihm zur ¿Wiederherstellung seiner Gesundheit bewilligten längeren Urlaub angetreten und ijt 1n Berlin bereits ein-

getroffen. : /

Nah Kamerun is} gestern von Hamburg aus, wie „W. T. B.“ meldet, unter Führung des apostolishen Prä- fekten Vieter die erste aus 8 Personen bestehende katho- lishe Mission auf einem Woermann-Dampfer in See gegangen.

Togo. Ueber die landwirthscha stlihen Verhält- nisse in Togo shreibt man dem „Deutschen Kolonialblatt“:

„Es ift seltsam, daß man nit s{chon längst begonnen hat, das an der çanzen Küste zum Anbau von Kokos-Palmen geeignete Land damit zu bepflanzen. Erst jeßt hat man si dazu ent\lossen, Kokos- Palmenpflanzungen in ausgedehnierem Maße anzulegen, vnd dürften wohl noch in diesem Jahre etwa 10 0C0 Nüsse geset werden. Es wird beabsichtigt, auf einem Terrain von 500 ha in den nächsten drei Jahren etwa 70 000 Kokos- Palmen zu pflanzen. In Klein-Popo hat man in dicsem Jahre eine kleine Palmen- pflanzung angelegt, die ganz gut aedeilt. Die in Sebbe aimadten Versuche mit Kaffee, Kokos-Palmen, Bananen und Taba ck lassen sich gut an. Ueber das Gedeihen der Baumwolle im Togogebiet kaun im Allgemeinen kein Zweifel bestehen. Als Beweis dient die Thatsache, daß dieselbe während der Jahre 1865 bis 1870 von den Eingeborenen hier in größeren Mengen angebaut und von den Fremden gekauft, gereinigt und ausgeführt worden ist, Bei den hohen Preisen, die damals während der Zeit des Bauinwollfiebers gezahlt wurden, legie sh auch hier zu Lande Alles nur auf die Kultur der Baumwolle, die Eingeborenen vernachlässigten dabei nicht nur ibre Cerecalien-Pflanzungen, sondern unterließen sogar das Anpflanzen von Lebensmitteln völlig. Darauf kam der sogenannte Baumwollkrach, das Pfund Baumwolle, das vorher mit 2 4 und darüber bezahlt wurde, war jeßt kaum für 25 H loszuwerden, die Händler nahmen den Fingetorenen ihre Vorräthe nicht ab, weil sie höchstens mit Verlust zu kaufen im Stande gewesen wären. Die Eingeborenen hatten nun weder Geld noch Lebensmittel, es trat eine große Hungersnoth ein, bei welcher die Eltern fi genöthigt sahen, ihre Kinder als Sklaven zu verkaufen, um uur leben zu können. Die Häuptlinge hielten hierauf einen großen Rath, worin sie beschlossen, fortan keine Baumwolle mehr zu pflanzen, und hat es jeßt große Mühe gekostet, die Häuptlinge von ihrem Unverstand zu überzeugen und sie zu neuen rationellen Versuchen zu veranlassen. Da die Eingeborenen das in der Nähe der Lagune liegende Terrain zum Anbau ihrer Cerealien benußen, so sind hier keine größeren Flächen für etwaige Baumwollpflanzungen zu erhalten, doch sind etwa 2 bis 3 Tagereisen im Innern genügend Ländereien vorhanden, welce nach Aussage der Kenner bedeutend besser sein sollen als die hier gelegenen Felder. Die Vorliebe für Kaffee- und Kakao- Bau ist hier übrigens bei Fremden wie bet Eingeborenen vorherrs{end, vund da der Liberishe Kaffeebaum in geeignetem Boden hier gut zu gedeihen \cheint, so ist die Kultur desf\elben gleichfalls sehr zu empfehlen. Die Bevölkerung des Togolandes is}. fried- f.rtig und arbeitsam. Ihre Landesprodukte pflanzen fie in einer den Bedarf übersteigenden Menge an, sodaß sie stets nod Einiges davon verkaufen können, Von einer fremder Ficma in Klein Poepo wurden erst fürzlich über 390 t Mais aufgekauft und verschifft. Der Boden ist im Augemeinen sehr fruhtbar. Man hat hier {on Maisfelder gesehen, in denen die Stauden eine Höbe von 3 m und darüber erreicht hatten, .mit 2 bis 3 großen Kolben per Stengel. Dabei wiesen sie bis zu 4 Stengel per Loh auf, und die Löher waren in einer Entfernung von 2 bis 4 Fuß von einander entfernt.

Das Klima ist auch jeßt ‘im August ein gesundes und ange- nehmes, Das Thermometer zeigte bis jeßt 16 Grad R. als niedri ste und 23 Grad R. als höchste Temperatur.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 2. Oktober. Se. Königliche Hoheit der Kron- prinz von Schweden ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern zur Theilnahme an den Jagden Sr. Kaiserlihen und Kön ig- lihen Hoheit des Erzherzogs Franz Ferdinand von Oesterreich-Este nah M ö sel bei Klagenfurt abgereist und kehrt Sonntag hierher zurüdck,

Im ungarischen Abgeordnetenhause wurden gestern zwei FFnterpellationen wegen Gebrauchs der deul1schen Sprache im Verkehr mt den gemeinsamen Mini- sterien und den österreichischen Behörden eingebracht.

Der Abg. Ugron und 16 seiner Genossen verließen, wie aus Budapest gemeldet wird, gestern den Club der Unahb- hängigkeitspartei und werden heute ihren Austritt an- melden, da die Partei das von Fran yi eingereihte Partei - programm, in welchem die Perfsonalunion nicht ausgesprochen wird, während Ugron dies wünschte, angenommen hat. Jn dem Club der gemäßigten Opposition hielt Graf Apponyi eine Rede, in welcher er erklärte, daß seine Partei dem Ministerium gegenüber ihre abwartende Haltung bewahren werde.

Großbritannien und JFrland.

London, 1. Oktober. Anläßlich seines Scheidens aus dem Amte eines Oberbefehlshabers der britishen Truppen in «zrland wurde, wie die „Allg. Corr.“ meldet, vorgestern dem Prinzen Eduard von Sachsen-Weimar eine von 20 Pairs, 11 Pairsgattinnen, 5 Baronets und 13 Rittern unterzeichnete Adresse nebst einem werthvollen Tafelaufsaßz im Königlichen Hospital in Kilmainham (Dublin) feierlich überreiht. Der Prinz konnte in seiner Erwiderung sagen, daß er nicht glaube, sich in Jrland Feinde gemacht zu haben. Er sei sogar von der abfälligen Kritik, unter der andere hohe Beamte so viel zu leiden hätten, verschont ge- blieben. Das sei dem Umstande zuzuschreiben, daß er seine Pflicht gethan habe, aber auch nit darüber hinausgegangen sei. Gestern reiste Prinz Eduard, der fortan in Pension tritt, nach England zurück. Der neue Oberbefehlshaber in Dublin, Lord Wolseley trifft heute in Zrland ein, um sein Kom- mando zu übernehmen.

__ Auf dem vorgestrigen Meeting der irishen National- liga Großbritanniens in Edinburgh unterzog si der Vorsibende, der Abg. T. P. O’Connor, der wohlfeilen Auf- gabe, den irishen Ober-Sekretär Balfour aufs Gröblichste | Das Meeting riahm schließlich die übliche Resolution zu Gunsten der Gladstone’shen Home - Rule- Politik an.

__ Das Obergericht in Dublin hat, dem „W. T. B.“ zufolge, den Erlaß einer Verfügung, welhe dem. Richter Shannon die weitere richterliche Thätigkeit in dem Prozeß gegen die parnellitishen Deputirten in Tipperary untersagt,

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Rußland und Polen.

St. Petersburg, 1. Oktober. Das „Journal de St. Pétersbourg“ dementirt die aus italieñishen Journalen in andere Blätter übergegangene Nachricht, daß Rußland zum Zwel des SHußtes des industriellenEigenthums ein Nundschreiben an die Mächte gerichtet habe.

Ftalien.

Nom, 1. Oktober. Die english-italienischen Kon- ferenzen wegen Abgrenzung der Gebietstheile in Afrika sind, wie dem „W. T. B.“ aus Neapel berichtet wird, für den Augenblick unterbrohen worden, da der eng- lishe Botschafter und die englischen Delegirten neue Jn- struktionen von ihrer Regierung erwarten.

Die Frage der Auflösung oder Nichtauflösung der Kammern und des Zeitpur.ktes für die Vornahme der Neuwahlen ist, entgegen allen Gerüchten, die hierüber ver- breitet sind, von der Regierung bisher nicht in Erwägung gezogen worden. Wie die „Pol. Corr.“ bereits früher mit- geiheilt hat, wird über die - erwähnten Fragen Seitens der Negierung erst im Laufe des Monats Oktober die Entscheidung getroffen werden. Auch in dem legten großen Ministerrath, welchen sämmtlihe Minifter bei- wohäten, wurden jzne Fragen niht berührt, da der- seibe durh die Erörterung der Finanzfrage 1n Anspru genommen war. Es wurden namentlih {wie {hon telegra- phisch kurz berichtet) die Mittel berathen, mittels deren das Defizit, welches übrigens, nebenbei gesagt, viel geringer ist, als gewisse oppositionelle Organe angekündigt haben, zur bestreiten sei. Es wurde die Ansicht des Minister-Präsidenten Crispi, daß zur Erreichung dieses Zweckes an der Wehr- kraft und Schlagfertigkeit der Armee und Flotte nicht im Geringsten zu rütteln sei, allseitig gebilligt und die von dem interimistish auch das Finanz - Portefeuille verwaltenden Staatsschay - Minister Gioliti dazu gemachten Vorschläge angenommen, daß nämlich dieses Ziel nicht mittels der Einführung neuer, fondern mittels Reformirung und praktischer Durchführung der bereits bestehenden Auflagen und mittels Ersparungen in den verschiedenen Budgets zu er- reichen sei. Sämmtliche Minister erklärte sih bereit, nach ihren besten Kräften zur Erreichung dieses Zieles beizutragen, und auch die beiden Minister des Krieges und der Marine erklärten ihre Bereitwilligkeit, in diejer Rihtung bis auf das Aeußerste zu gehen, immer vorausgeseßt, daß die Schlagfertigkeit der Armee und Flotte dadurch nicht beein- trächtigt werde. Des Weiteren legte der Minister-Präsident seinen Kollegen den Umriß der großen politishen Rede vor, welche er bei Gelegenheit des, öfter ecwähnten, ihm zu Ehren in Florenz zu veranstaltenden Banketts halten wird, und der Ministerrath billigte denselben vollständig, wie denn überhaupt auch bei dieser Gelegenheit im Ministerrath die vollste“ Uebereinstimmung bestand. Aus den Kreisen der Senatoren und Depu- tirten treffen zahlreihe Anmeldungen zu dem Bankett in Florenz ein, welhem man mit großer Spannung entgegen- sieht, da sich Hr. Crispi bei dieser Gelegenheit eingehend über die auswärtige Politik und die Finanzfrage aussprechen wird, obzwax verlautet, daß Staats-Minister Giolisi die leßtere vorher in Turin eröriern werde.

Der Bericht des obersten Sanitätsraths über den all- gemeinen Gesundheitszustand des Königreichs lautet jehr befriedigend, da derselbe die erfreulihe Thatsache meldet, daß gegenwärtig in keinem Theil des Königreichs eine Epidemie herrscht und auch die gewöhnlich zu dieser Jahreszeit bestehenden Krankheiten einen weit milderen Charakter zeigen als gewöhn- lih und die Mortalität eine verhältnißmäßig sehr geringe ist.

Vom heutigen Tage ab wird das Spezial - Corps der afrikanishen Truppen sich folgendermaßen zu- sammenseßen: Drei selbständige Jäger-Bataillone zu vier Compagnien, ein Bersaglieri-Bataillon zu drei Compagnien, eine Gebirgs-Batterie zu sechs Geschüßen, eine Compagnie Artillerie-Arbeiter (Feuerwerker 2c.), zwei Sappeur-Com- pagnien, eine Speztal-Fngenieur-Compagnie, ferner je eine Sanitäts-, FFntendantur: und Train-Compagnie. Aufgehoben sind hiernach ein Regimeuntsstab, eine Berfaglieri-Compagnie, eine Gebirgs-Batterie und eine Kanonen-Compagnie. Auch die eingeborenen Truppen sollen anders eingetheilt werden, und zwar in vier selbständige FJnfanterie-Bataillone zu je acht Compagnien, eîne Gebirgs-Batterie, eine Abtheilung Sabtjés (Polizeisoldaten) und eine „Schaar“ von zwei oder mehr Compagnien.

Spanien.

Die von San Francisco am 18. September e'’ngetroffene Post bringt folgende weitere Einzelheiten über das furhtbare Gemeßel, welches am 10. August in Ponape, auf den Karolinen-F7Fnseln, stattgefunden hat:

In den letzien Jahren sind häufig Gemetßel und Aufslände auf, der Inselgruppe vorgekommen; der legte Aufstand war erst vor wenigen Monaten. Bei dem Gemctel am 10, Auaust wurden 32 Personen getödtet und viel mehr noch verwundet, Die Ponape- Ansiedelung liegt 5 Tagesreisen von Manila. Sobald die Kunde in Manila eingegangen war, wurden deshalb mchrere \panisck#e Kriegsschiffe nach den Karolinen-Inuseln zur Wiederherstellung der Ordnung abge- sandt. Die spanischen Soldaten bauten vor Ponape ein großes Fork und hatten in den unfertigen Befestigungen Gewehre und Kanonen untergebracht. In der Nacht vom 9. August bewachte nur ein einziger Soldat das Fort. Die Eingeborenen benußten die Gelegenheit. Ein bewaffneter Haufe, worunter viele malayishe Frauen, überrumpelte das Fort, tödtete den Wachtposten und raubte die Gewehre und Kanonen. Bei Tagesankruch zog der Haufe sodann in tie Stadt und ehe der Aufruhr gedämpft wcrden konnte, waren 32 Spanier niedergemetzelt. Anderen Ausländern geschah kein Leides. Aub mehrere \panis{e Missionäre haben ihr Leben eingebüßt. Mehrere amerikanishe Missionäre wurden von den spanishen Behörden ausgezeihnet, weil sie das Leben angeseZener S panier, die sich in ihre Wohnungen flüchteten, retteten.

Schweiz.

Bern, 1. Oktober. Der Nationalrath begann vor- gestern die Debatte über die Tessiner Angelegenheit. Zunächst verlas der Bundeskanzler, wie wir dem „Bund“ entnehmen, nachstehende Erklärung des Bundesraths:

„Um dem im Schooße der nationalräthlihen Kommission aus- gedrückten Wunsch zu entsprechen, giebt der Bundesrath folgende einstim- mige Erklärung ab: Wir haben die am 11. September gestürzte Re- gierung immerfort als die geseßlihe Regierung des Kantons Tessin betrahtet. Unsere dem Hrn. Kommissar Künzli gegebenen Instruk- tionen beweisen dies. Wenn wir, als drei ihrer Mitglieder sich einfanden, um die Regierungsgewalt wieder zu übernehmen, uns vor- behalten haben, mit Bezug auf ihr Verlangen, sowie auf ihre Proteste weitere Verfügungen zu treffen, so geschah dies einzig im Interesse der öffertlihen Ruhe und Ordnung, für welhe wir laut Art. 2 und 102, Ziffer 10 und 11 der Bundéesverfassung

zu forgen haben. Dieser Vorbehalt war begründet und ist es in

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f unsern Augen noch îmmer, einerseits durch den Zustand der über- mäßigen Gereiztheit, in welchem sich die beiden Parteien befanden, zwischen denen wir vermitteln sollen, ‘andererseits durch die Noth- wendigkeit, das Volk des Kantons Tessin unter dem Schuß einer neutralen Behörde zur Verfassungsabstimmung vom 5. Oktober schreiten zu lassen.

Was die Zukunft anbelangt, so geben wir darüber folgende ein- stimmige Ei1klärung ab: Wenn das Resultat der Abstimmung vom 5, Oftober festgestellt ist, so wird das Haupthinderniß füc die Rück- kehr dec tessirishen Regierung beseitigt sein. Wir hoffen, daß wir auf diesen Zeitpunkt, ohne Rücksiht auf das Resultat dec Abstim- mung, unserem Kommissar den Befehl ertheilen können, dem Staats- rath die Leitung ver Geschäfte zurückzugeben. Dies ist unsere Absicht. Aber die Vorsicht erlaubt uns nicht, heute einen endgültigen Ent- {luß zu fassen, welchen gebieterishe Umstände uns zu widerrufen zwingen könnten.

Indem die Bundesversammlurg sich in dieser Hinsicht auf uns verläßt, kann sie die feste Zuversicht hegen, daß wir von unserer Voll- macht genau nur innerhalb derjenigen Grenzen Gebrauch machen werden, welche uns durch die höher stehende Pflicht gezogen sind, wonah wir die öffentlibe Nuhe und Sicherheit aufrecht zu“ er- halten baben. Je mehc Zutrauen man uns in dieser Hinsicht ent- gegenbringt, desto mehr werden wir auch das Geroicht unserer Ver- antwortlihkeit gegenüber den verschiedenen Ansihten fühlen, welche im Lande herrschen. Es ift sier, daß unser Werk bedeutend er- leihtert würde, wenn alle einflußreichen Männer üÜbereinstimmen® anerkennen woilten, daß fie für die nothwendigen Reformen eintreten müssen, um dem Kanton Tessin eine bessere Zukunft zu sichern. In dieser Hinsicht wäre die einstimmige Unterftüßung der Bundesver- fammlung sehr werthvoll un deshalb erlauben wir urs, den Appell zu erneuern, welchen wir schon durch unsere Botschaft an Sie ge- HiOter Uen

_Darauf referirte Oberst Müller Namens der Kom- missionsmehrheit in deutsher Sprache in beinahe zwei- stündiger Rede, welcher lebhafter Beifall zu Theil wurde. J1 französisher Sprache erstattete dann Comtesse Bericht. - Die sre .sinnige Mehrheit der Kommission beantragt Zustimmung zu dem Antrage des Bundesraths. Die klerikale Minderheit dagegen s{lug folgenden „Bundesbeschlu ß, betreffend die bewaffnete eidgenössische Jntervention im Tessin vom 12. September 1890 und die politische Lage in diesem Kanton,“ zur Annahme vor:

1) Die vom Bundesrath in Bezug auf den Kanton Tessin ge- troffenen Maßnahmen werden unter dem Vorbehalt ron Ziff. 2 dieses Beschlusses gutgeheißen. 2) Der Bundesrath wird eingeladen, sofort die nöthigen Verfügungen zu treffen, daß die verfassungs- mäßigen Behörden des Kantons Tessin ihre vcrfassungsmäßigen Funktionen ausüben können. 3), Es werden ihm die nothwendigen Vollmachten und Kcedite ertheilt, um die zum Schuße der verfassungs- mäßigen Ordnung und des öffentlichen Friedens erforderlihen Maß- nahmen zu treffen. 4) Der Bundesrath wird mit dec Vollziehung des gegenwärtigen Beschlusses beauftragt. :

«Fn der gest.igen Sißung des Nationalraths referirte für die Kommissionsminderheit in deutscher Sprache Keel, in französischer Sprache Théraulaz, indem sie die oben mit- getheilten Anträge zur Annahme empfahlen. Jm Laufe der dann eröffneten Diskussion sprach für die An- träge der Mehrheit Stoppani, welcher die tessinishen Verhältnisse und Zustände auseinanderseßzte; nach ihm ergris} Pedrazzini das Wort, welcher die Ausführungen seines Vorredners zu widerlegen suchte und die Minderheits- anträge empfahl. Heute wurde die Debatte fortgeseßt.

Die Meldung, die großbritannishe Regierung hätte die Auslieferung Castioni’'s verweigert, is der „N. Zürch. Ztg.“ zufolge unrichtig. Der Bundesrath habe bei der großbritannischen Regierung die Verhaftung Castioni's zum Zwede der Auslieferung nahgesucht. Bis jeßt sei es niht gelungen, Castioni zu verhaften. Das endgültige Aus- liesferungsbegehren habe demgemäß noch nicht gestellt werden fönnen.

Mit dem Herannahen des Tages der Volksabstim- mung über die Verfassungsrevision nimmt die Auf- regung unter der Bevölkerung des Kantons Tessin wieder zu, und man hält Gewaltthätigkeiten an einzelnen Orten nicht für unmöglich. Die „N. Zürch. Ztg.“ erhielt aus Lugano vom 30. September folgendes Telegramm:

Heute Bormittag um halb zehn Uhr rückte hier, von Bellinzona kommend, eine Schwadron Dragoner ein und nahm auf der Piazza della Riforma Ausstellung; Compagnien der Bataillone 38 und 39 marschirten längs des Quais; Wachtposten kbielten die Eingänge ter Straßen beseßt, welhe zur Kathedrale führen. Lugaro bictet heute das ungewohnte Schauspiel

einer Garnison. Von der Landschaft her strömte eine große Bolkêmenge in die Stadt. Auch zahlreiche Priester kamen hier- ber, um an der FeierliGkeit für Rossi und der von der eLepontia "(dem katholischen Studentenvercin) angekündigten politi # ch- religiösen Kundgebung Theil zu nehmen. Ein Erlaß des Stadt» rathes verbot jedoch sowol die Trauerfeier zu Sau Lorenzo als auch die angesagte liberale Volksversammlung. Dank dicsen Maßregeln kam es zu keiner Störung der Ordnung, obwohl die Stadt von Menschen gedrängt voll ist, Die Priester und die Klerikalen entfernten ih kurz vor M'ttag wieder; der Ausschuß des katholishen Studentenvereins „Lepontia“ und das Kapitel protestirten gegen das Verbot der Stadtbehörde als gegen eine Verleßung der . Kultus- freibeit, Die Heimkehr der in der übrigen Schweiz und im Auslande lebenden Te'siner zur Betheiligun1 an der Abstimmung vom 9. Oktober hat beconnen. Aus allen Theilen Ataliens, aus Paris, Lycn, Nizza, London und von anderen Orten her trifft eine aroße Zahl von Tessiner Bürgern ein, um sich an der Abstimmung betheiligen zu können. Niederlande.

Haag, 30. September. Wie man der M. „Allg. Ztg.“ telegraphirt, besteht das Leiden des Königs in einer Wieder- kehr von Nierensymptomen, welche das Nervensystem angreifen und großes Unbehagen verursahen. Bei der gestrigen Kon- sultation fiel jedoh den Aerzten das gesunde Aussehen des Königs à \f, dessen Zustand keinen Grund zu ernsthaften Be- unruhigukzen bietet. Dex König wird bald seine gewöhn- lichen Beschäftigungen wieder aufnehmen. Dr. Vinkhuyzen ist hierher zurüdgekehrt und beabsichtigt nit, unmittelbar nah Schloß Loo zurüczukehren.

Dänemark.

Kopenhagen, 1. Oktober. Der König von Griechen - land wird, laut Meldung des „W. T. B.“, morgen Nach- mittag die Rückreise nah Griechenland antreten.

Afrika.

Egypten. Kairo, 29, September. Die Regierung beschloß, wie man der „Times“ mittheilt, eine Brücke übe den Nil zwischen Mansurah und Talkha zu bauen Behufs Verbindung der Eisenbahn zwischen Zagazig und Alexandrien, wodur die Entfernung zwischen den beiden Pläßen gekürzt wird. Die Kosten sind auf 30 000 Pfd. Sterl. veranschlagt. Der Bau wird kontraktlih vergeben werden. Osman Digna soll in Tokar shwer erkrankt darniederliegen.

Nr. 39 der VeröffentliGungen des Kaiserlihen Ge \fundheitsamts vom 30. September hat folgenden Inhalt: Gesund- heitsftand. Volkskrankheiten in der Berichtswohe. Cholera- nohrichten. Sterbefälle in deutshen Städten mit 40000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Berliner Krankenhäusern. Desgl. in deutschen Stadt- und Landbezirken. Sanitätsverhältnisse des k. k. öster- reihisch-ungarischen Heeres 1890, 1. Halbjaßr. Witterung. Grundwasserstand und Bodenwärme in Berlin und München, August. Zeitweilige Maßregeln gegen Volkskrankheiten. Thierseuchen in Bulgarien, 2. Vierteljahr. Veterinärpolizeilihe Maßregeln. Medizinal-Geseßgebung u. \, w. (Dänemark) Vichausfuhr. Recht- sprechung. Obsfstgelée.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

__Ein Diebstahl im wiederholten Rückfalle, wel{er nah §. 244 Str.-G.-B., wenn die Vorbeirafungen „im Inlande“, d. h. im Deutschen Reich erfolgt sind, mit Zuchthaus zu bestrafen ist, liegt, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IIT. Strafsenats, vom 12. Juni 1890, äuch dann vor, wenn zur Zeit der Vor- besirafungen der Staat, in welchem die Vorbestrafungen erfolgt sind, noch nkcht zum Deutschen Reich gehört hat und erft lodann hinzugekommen ift.

Vei einem vorsäßtlich oder fahrlässig begangenen Meineide tritt nah §8. 158, 163 Stc.-G.-B. Strafermäßigung bezw. Straf- losigkeit ein, wenn der Thäter, bevor eine Anzeige gegen ihn erfolgt oder eine Untersuchung gegen ihn eingeleitet und bevor ein Rechts- nactheil für einen Anderen aus der falschen Aussage entstanden ist, diese bei derjenigen Behörde, bei welcher er sie abgegeben hat, widerruft. In Bezug auf diese Bestimmungen hat das Reichsgericht, II. Strafsenat, durch Urtheil vom 17. Juni 1890 ausgesprochen : 1) Im Sinne dieser Bestimmungen is eine Untersuchung für eingeleitet zu erahten, sobald das amtliche Einschreiten einer zur Verfolgung strafbarer Handlungen ¿uständigen Behörde erfolgt, 2) die Anbringung des Widerrufs einer »x Gericht abgegebenen falschen Ausfage bei der Staatsanwaltschaft ist wirkungélos.

Als Auflauf auf einem öffentlichen Plat im Sirine des 8. 116 Str -G.-B. ist, nah einem Urtheil des Reichsgerichts, 1V. Strafsenatà vom 17. Juni 1890, auch ein Auflauf auf einem privaten, unker freiem Himmel liegenden Platze, beispielsweise in einem Garten, anzusehen, wenn der Besißer den Play (Garten) und die zu demselben führenden Zugänge für den betreffenden Abend zum Zwecke der Versammlung nit bloß den Gästen, sondern Jeder- mana aus dem Publikum zum freien Verkehr geöffnet hatte.

Jeder Miterbe ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Civilsenats, vom 3. Juli 1890, im Geltungsbereih des Preußi- schen allgemeinen Landrechts berechtigt, ohne Zuziehung der übrigen Erben, zur Ginklagung der streitigen Nahlaß forderung Behufs Zahlung derselben zur gemeinschastlihen Erbschaftsmasse, ebenso ist jeder Miterbe zur Kündigung von Nachlaßforderungen und zur a fälliger Nachlaßforderungen zur E“swhaftsmasse be- rechtigt.

Verkehrs-Anstalten.

Laut telegraphi\her Meldung aus Kaldenkirchen (Rheinland) ist die è ste englishe Post vom 1. Oktober über Vlissingen ausgtblieben ; Grund: Nebel auf See. .

Das Königliche Eisenbahn-Betriebsamt Berlin- Stettin macht bekannt, daß vom d. Oktober d. J. ab bis auf Weitercs an / dem Sonntage ein Personen-Sonderzug von Berlin nah (tettin und zurück und ein Perfonen-Sonderzug von Berlin nach Freienwalde a. O. abgelassen wird. Abfahrt des Sonderzuges rach Stettin findet um 7 Uhr Morgens vom Stettiner Bahnhofe statt, Ankunft in Stettin um 9 Uhr 41 Min, Vorm. ; Rückfäyrt von Stettin 10 Uhr 25 Min. Abends, Ankunft in Berlin 1 Uhr 20 Min. Morgens. Der Fahrpreis für Hin- und Rückfahrt beträgt 6 A. in II. und 3 # in 11). Klasse, Die Abfahrt des Fcetenwalder Sonderzuges vom Stettiner Bahnhofe findet um 9 Uhr 5 Min. Vorm. statt, Ankunft in Freienwalde a./O. um 10 Uhr 42 Min. Vorm ; Rückfahrt von Freienwalde a./O. um 7 Uhr 16 Min. Abends, Ankunft in Berlin um 8 Uhr 55 Min. Abends, Der Fahr- preis beträgt für Hin- und Rückfahrt nah Biesenthal und Ebers- walde 2 4 in IL. und 1,50 (4 in 111. Kasse; nah Freienwalde a /D. 2,590 M bezw. 2 M

Näheres enthalten die allwöchentlih des Donnerstags und Sonn- abends an den Straßensäulen angeshlaginen Bekanntmachungen,

Hamburg, 2. Oktober. (W. T, B) Der Postdampfer „Bohemia“ der Hamburg Amerikanischen Packettahrt- Aktiengesellschaft ist, von Hamburg kommend, gestern Nach- mittag in New-York eingetroffen.

Theater und Musik.

Königliche Theater.

Um bei der andauernden Heiserkeit des Hrn, Grube die erste Wiederholung der „Geschichte Gottfricdens von Berlichingen“ im Königlichen Schauspielhause am Freitag zu ermöglichen, hat Hr. Kahle die Partie des Metler übernommen. Hr Nesper giebt auch au diesem Abend die Titelrolle. Die zweite Wiederholung des Dramas findet am Sonnabend ftatt.

Berliner Theater. :

Michael Klapp's Lustspiel „Rosenkranz und Güldenstern*®, welches seiner Zeit mit den Mitglicdern des Hofburg-Theaters einen so leb- haften Erfolg in Berlin errungen, wird am Sonnobend mit den Hrrn. Stahl, Conrad, Eckart und Schulß und den Damen Odilon, Baumeister und Fernbrück zum ersten Male in Scene gehen.

Lesstng-SThealter

„Das zweite Gesicht“ übt eine so nahhaltige Anziehungskraft aus, daß eine Dopzelbesezung der Hauptrollen nöthig geworden ist. Am Mittwoch sptelte Frl. Seraphine Detshy zum ersten Male die Gräfin Charlotte von Mengers und führte die Rolle unter dem lebhaften Beifall des Publikums durch, welches das Theater wiederum bis auf den letzten Plaß gefüllt hatte. | |

Friedrih-Wilhelmitädtishes Theater.

In der neueinstudirten, am Sonnabend der „Puppenfee“ vor- anschreitenden „Fledermaus“ sind die weiblihen Hauptpartien dur Sophie Offeney (Rosalinde) und Lili Lejo (Adele) vertreten. Den Orloféky singt Frl. Winter. Hr. Sigismund Steiner tritt nah mehrmonatlihem Urlaub zum ersten Male als „Eisenstein“ wieder auf, ebenso Hr. Schulz als „Falke“, Die Hrrn. Binder, Hanno un? Pagin sind die Darsteller des Frank, Frosh und Alfred,

Belle-Ulliance-Theater.

Die gestrige Possen-Novität „Mein junger Mann* von Leon Treptow und L. Herrmann fand bei dem sehr wohlwollen- den Publikum eine freundlicke. Aufnahme, D.r „junge Mann“ ist ein junges Mädchen, mnelches in dem Eeschät eines Buchhändlers als Gehilfin angestellt ist. Sie crwœirkt sih Herz und Hand eines jungen Weitenfahrers und Nichtsthuers, dem die gesammte weiblihe Be- völkerung dcs fleinen Städtchens, in weldem das Stück spielt, in zvdringlihster Weise nahstellt, Die Handlung, welche dem Stück zu Grunde liegt, ist kaum der Rede werth; das Interesse des Publikums müssen die angehängten kleinen Verzierungen, Couplets und Witzworte, rege erhalten ; und als solhe werden zum Theil die abgestandensten Kalauer aufgefrischt. Jn der Erfindung neuer Scherze waren die Verfasser auch nicht wählerisch und flößten manchmal - mehr Schreck als Heiterkeit ein. Von den Coupletstrophen waren einzelne gut erfunden

und erzielten denn auch lauten Beifall.

Der Hauptvorzug der gestrigen Aufführung war jedo die treff- lihe Darstellung. Die Mitglieder des Wallner-Theater s, welche jeßt im Belle-Alliance-Theater zu Gaste sind, suchten auch an dieser Stelle ihren guten Ruf zu bewähren. Frl. Biedermann, welche als Nitouche rühmliche Erfolge erzielte, gab gestern den jungen Mann im Geschäft und außerhalb desselben mit keckem, prickelndem Vebermuth; jede ihrer Bewegungen wirkt in ihrer drastishen Komik und zierlihen Lebendigkeit erbeiternd, auch wenn sie, wie gestern häufig, gar nichts besonders Witiges zu sagen hat. Im Couplet- vortrag war sie, und ebenso Hr. Guthery, vortrefflich ; der Letztere spielte einen pensionirten Beamten, welher auch Mitglied des Thierschußvereins ift, mit trocknem Humor. Hr. Alexander fand fich mit feiner Rolle, der des nihtsthuenden Felix Donner mit lieben8würdiger Laune ab. Als ewig Unheil riehender Stadtverord- neter und Buchhändler, welcher im Besiß einer angejahrten Schwester und fünf jugendlicher Töchter ist, erzielte Hr. Meißner dur seinen derben Wiß verdienten Beifall. Einen kurzsihtigen, fortwährend Saden anrihtenden Buhhändler-Volontär und shüchternen Liebhaber, stattete Hr. Worlißsch mit gefälliger Komik aus. Von den Damen sind noch zu ermâhuen Frl. Sandow als stolze Hertha, Frl. Pallatscheck als nihts\sagende, eitle junge Frau und Fr. Shmidt in der Rolle der altjüngferlihen Schwester des Buchhändlers. Frl. Seemann konnte in einer kleinen Cpisodenrolle als Gymnasiast nur einige Augénblicke das Publikum erheitern.

Das Haus twoar sehr gut beseßt; die Zuschauer fanden an der neuen Posse sichtbar Gefallen, denn es wurde reihlich gelacht und geklatscht, und damit haben die Verfasser, die mit den Darstellern nach jedem Aktshluß auf der Bühne erscheinen mußten, ihren Zweck

wohl erreicht. Concerthaus.

Auf dem morgen stattfindenden Wagner-Abend wird Kapellmeister Meyvder Siegfried's Rheinfahrt aus dem Musikdrama „Siegfried“ (neu), „UAlbumblatt“, Vorspiel zu Tristan und Isolde und Isolden's Liebes» tod, Vorspiél zur Oper „Die Meistersinger von Nürnberg“, »Tröume“. für Violine, Orgel und Streichinstrumente, Kaiser 1arsch, Walter's Preislied aus der Oper „Die Meistersinger“ (für 1“ Solo- Violinen) und die Ouverturen „Faust“ und „Tannhäuser“ ar Auf- führung bringen. -

Die Eröffnung des neuerbauten Stadt-Theaters in Göttingen, eines s{önen, behaglihen und vornehmen Hauses, fand, wie wir dem „Hann, Cour.“ entnehmen, am 30, September in fest- lihster Weise statt. Der Beginn erfolgte durch eine Jubel- Ouvertüre, der ein Festspiel folgte, wob! dem Erbauer des Theaters, Hof-Bau- meister Schnitger, eine Ovation dargebraht wurde. Hierauf folgte die Aufführung von Schiller's „Tell“. Das*Haus war ausverkauft, und die Darsteller ernteten stürmishen Beifal. Zum Schluß wurde Direktor Berstel gerufen. H

Der Plan der nächGstjährigen Bühnen-Festspiele in Bayreuth ist, nach der M. Allg. Ztg.*, nunmehr wie folgt fest- gestellt. Es werden in“ derzeit vom 19. Juli bis 19, August 20 Aufführungen stattfixder, und zwar 10 Aufführungen von „Par- at am 19, 23, 26, 29 U 2, 6, 9, 12, und 19 Que 7 Aufführungen des „Tannhäuser? (am 22,, 27... 30. Juli®. 3,, 10, 13, und 18. August) und 3 Auffußrungen von „Tristan und Jsolde“ (am 20. Juli, 5 und 15/ lugust). Die Aufführungen werden von den Herren General-Di ftor Hermann Levi in München und Direktor Felix Mottl in Karlsruhe geleitet; die Regie ist, wie in dem letzten Festspieljahre, dem Königlichen Kammersänger und Opern- regisseur Hrn. Anton Fuchs in München übertragen, Die Leitung der choreographishen Scenen im „Tannhäuser“ hat Frl. Virginia Zucchi in Mailand übernommen; das erforderlibe Balletpersonal wird gleich wie alle übrigen zur Mitwirkung bestimmten Kräfte von verschiedenen Bühnen zusammenberufen, Die Befetzungsfragen sind endgültig noch nicht erledigt. Die Eiuladungen zur Mitwirkung können erft in einigen Wochen erfolgen.

Mannigfaltiges.

Wie die „N. A. Z.“ erfährt, hat sich in diesen Tages hierselbst ein Comité gebildet, welches das Andenken der Hochseligen Kaiserin Augusta dur) ein in Berlin zu errihtendes Denkmal ehren will. Ein namhafter Bildhauer ist mit dem Auftrag betraut, einen Entwurf für datselbe zu \{chaffen.

Ueber die Beschaffenheit des B erliner Leitungswassers veröffentliht soeben aus dem hygienishen Institut Dr. B. Pros- kauer eine längere Abhandlung in der „Zeitschr. für Hygiene“. Die Untersuungen erfolgten in den Jahren 1886—1889. Hinsihtlihh der äußeren Eigenschaften (Farbe, Klarheit, suspendirte Bestandtheile, Geruch und Geshmack) war das unfiltrirte Tegeler Secwasser dem unfiltrirten Spreewasser wieder überlegen. Bakteriologish war das unfil- trirte Spreewasser das ganze Jahr hindur \chr rei an Mikroben, wäh: rend das Wasser des Tegeler Sees nur hin und wieder einen hohen Gehalt an Bakterien aufweist, besonders am Ende des Winters und Anfang des Frühjahrs, Die Zahl der entwickelungsfähigen Keime im Spree- wasser hat unzweifelhaft zugenommen; das Tegeler See- wasser hat eine VerschleWterung nach dieser Richtung bin nicht er- fabren, es ist sogar besser geworden. Die chemischen Analysen er- gaben, daß beide Wässer fih in ihrer Zusammenseßung gegen frühere Jahre gar niht oder nur unwesentlich geändert haben. Der Hauptuntershied der beiden Wässer beruht vor Allem im Keimgehalt und im Gehalt an Chlor; ferner au in der Orydirbarkeit und dem Ammonie®7-balt, welhe Bestandtheile im Tegeler Wosser der Regel nah iz gertngerer Menge vorhanden find, als im Spreewasser. Die Filtration hat auf die äußeren Eigenschaften des Wassers vortheilhaft eingewirkt. Das filtrirte Spreewasiser zeigte aber immer noch einen gelbliheren Farben- ton, In beiden fand sich kein Bodensay Nach der Fiitration zeigte si eine bedeutende Verminderung an Bakterien in den Wasserproben. Am Ausgang des Winters war auf- fallender Weise der Keimzehalt ein besonders hoher. - Durch Nachforschungen wurde festgestellt, daß diese Erscheinungen stets durch Störungen im Betriebe der Filtrirwerke ver- ursacht waren. Prof. C. Fränkel und Piefke baben nahgewiesen, daß die Sand 'chicht von der Mächtigkeit eines Filters uiht im Stande sei, die Bakterien des Typhus und der Cholera vollständig zurück- zuhalten, daß vielmehr eine gewisse Anzahl dieser ‘eiden Bokterienarten felbst bei normalem Betrieb sih im Filtrat vorfindet. Natürlich ist die Gefahr eine bedeutend größere, wenn Störungen des Filtrations- betriebes erfolgen, wobei dann 1000 Keime und darüber im Wasser aufgefunden werden Solche Störungen treten aber beim Stralauer Werk fast alle Jahre am Ende des Winters cin. Beachtenswerth ijt in dieser Beziehung die Thatsache, daß die in Berlin im Februar und März 1889 beobachtete Typhusepidemie sowohl. mit der bakte- riologisch sofort festgestellten Betricbsstörung beim Stralauer Werk zusammenfällt, als auch gerade in dem durch das Werk versorgten Stadtgebiet aufgetreten war.

In Berlin war die Zahl der besieuerten Hunde, der „Voss. Ztg.“ zufolge, im ersten Viertel dés laufenden Jahres 36 977. An steuerfreien Hunden waren ira Verwalturgsjahr 1889/90 vorhanden 2924 Fretihunde, darunter 1612 Kettenhunde, 1134 Ziebhunde, 58 Hunde, welche taubstummen oder \{chwerhörigen und zuglei mittellosen Per- fonen angehörten, 34 Hunde öffentliher Wächter, 18 Treiberhunde und 68 Hunde im Besiß von Angehörigen auswärtiger Ge- sandtschaften. E

Potsdam, Ueber die neuerbaute „Lange Brückle* in Poistam wird der „N. A. 2.* geschrieben: Jene „Lange Brücke“ in Potsdam führt ihren Namen mit mehr Recht als ihre Berliner Kollegin, denn sle ist eine stattlihe Doppelbrücke, deren südöstlicher, dem Bahnhof

rabe gelegener Theil, welcher zwei gewaltige Spannungen zeigt,