zahl der Vertreter der Versicherungsanstalten war jedo der Ansicht, daß sofort die endgültigen Räume und Behälter, in denen die Quittungskarten Aufnahme finden sollen, herzu- stellen seien, weil eine spätere Umräumung der Karten mit
Schwierigkeiten verbunden sein würde.
Im Anschluß hieran wurde die Frage erörtert, ob 28.
uläffi i die vou den Vers icherungs- N altes E iw ahrien einzelnen Quittungs- karten vor der Vertheilung der Rente zu vernichten. Von einem Vertreter des Reichs-Versicherungsamts wurde hervorgehoben, daß nach §. 107 des Geseßzes der Bundesrath zwar die Vorausseßungen zu bestimmen habe, unter denen die Vernichtung von Quittungskarten zu erfolgen habe, daß aber diese Vernichtung jedenfalls erst erfolgen könne, wenn die Rente endgültig festgestellt und unter die betheiligten Ver- fiherungsanstalten vertheilt sei, weil gemäß §. 87 des Geseßes die Quittungskarten dem Rechnungsbureau zum Zwecke der Vertheilung überreicht werden müßten. Auch sei_es an sich nit unbedenklich, daß die Versiherungsanstalt als Schuldnerin die Sculdtitel — und als solche müßtèn die Quittungskarten angesehen werden — selbst mit rechtlicher Wirksamkeit gegen- über dem Versicherten als Gläubiger und den übrigen mit- belasteten Versicherungsanstalten vernichte. Die Wichtigkeit der Vernichtung der aufbewahrten Quittungskarten wurde indess:n von den Vertretern der Versicherungsanstalten mit Rücksicht auf die Verminderung der Verwaltungskosten und die leichtere Ausfindbarkeit der Karten bei einer geringeren Anzahl nahdrücklich betont, wobei noch besonders hervorgehoben wurde, daß eine Aufbewahrung der Quittungskarten, welche 50 Jahre und längere Zeit dauern würde, zur Folge haben würde, daß der Jnhalt der Karten, insbesondere der hand- schriftliche Theil derselben, laum noch erkennbar sein würde. Auf der anderen Seite wurde nicht verkannt, daß die Vernichtung der Quittungskarten vor Feststellung der Rente Bedenken unter- liege, wobei weniger auf den civilrehtlichen Gesichtspunkt als auf die zwingende Vorschrift des 8. 87 des Jnvalititäts- und Altersversiherungsgeseßes Gewicht zu legen sei. Bevor An- träge an den Bundesrath, event. wegen Abänderung der ge- sezlihen Bestimmungen gestellt würden , werde es sich empfehlen, weitere Erfahrungen abzuwarten. i
Zur Frage der Führung von Versicherungs- fonten wurde von einem Vertreter des Reichs - Ver- fiherungsamts ein Muster, nah welchem derartige Konten angeleat werden könnten, erläutert. Die Ein- führung von Konten der Versicherten würde, wie derselbe ausführte, einerseits den Versicherungsanstalten das beste und vollständige Material zur Durchführung der Statistik liefern, andererseits auch für die Versicherten insofern von großem Werthe sein, als bei e‘ner etwaigen Vernichtung der Quittungskarten dur Brand oder dergleichen eine Erneuerung der Karten aus den Konten möglich sein würde. Allein die Einführung von Konten würde den Versicherungsanstalten eine sehr erhebliche Arbeits- last aufbürden; der Umfang derselben ließe sich ermessen, wenn man erwäge, daß bei einzelnen Versicherungsanstalten täglich 30C0 bis 4000 Quittungskarten eingehen würden, deren gesamm- ter Jnhalt auf andere sogenannte Hülfskarten oder in besondere Negister zu übertragen sein würde. Auch die Aufbewah- rung dieserRegister oder Hülfskarten würde wiederum pinen bedeutenden Raum beanspruchen, so daß die Vor- theile der erwähnten Einrichtung außerordentlih zweifelhaft seien. Eine Beschlußfassung über die angeregte Frage, die noch weiter erwogen werden soll, fand nicht statt.
Bei Punkt 10 der Tagesordnung, welcher den Entwurf der Anleitung, betreffend die Bestimmungen über. dienachdemJnvaliditäts- und Altersversicherungs-
ese versiherten Personen zum Gegenstande hat, gab besonders die Versicherungspslichtiakeit dex Haus- kinder, welhe bei den Eltern ohne Lohn oder Gehalt beshäftigt werden, zu umfassenden Erörterungen Anlaß. Es handelt \sich hier um etwa anderthalh Millionen Personen. Keine der von der Konferenz zu behandelnden Fragen steht der vorliegenden an Bedeutung gleih. Für die Versicherungspflichtigkeit wurde geltend gemacht, daß das Jn- validitäts- und Altersversiherungsgesez einen möglichst weit gehenden Kreis von Personen habe umfassen wollen. Hiernach fönnten arbeitende Personen von der Versicherungspfliht nur insoweit ausgeschlossen werden, als das Gese dics klar und unzweideutig ausgesprochen habe. Der bewußte Ausschluß der zahlreichen in der elterlichen Wirthschast gegen freien Unter- halt beschäftigten erwerbsfähigen Hauskinder sei aber aus den Materialien zum Geseyß mit Bestimmtheit niht zu ersehen. Auch wurde darauf hingewiesen, daß die erwach- senen Hauskinder durchgehends gegen Krankheit und, die Versicherungèpflichtigkeit des Betriebes ter Eltern voraus- geseßt, auch gegen Unfall versichert seien. Es würde voraus- sichtlich in den Kreisen der Betheiligten als unerfreuliche Un- gleihmäßigkeit in der Durchführung der mehr oder weniger ein einheiilihes Ganze bildenden jozialpolitishen Geseße — Krankenversicherungs-, Unfallversicherungs- und Fnvaliditäts- versiherungsgeseß — empfunden werden, wenn die Hauskinder nah dem Jnvaliditäts: und Alteré versicherungsgeseß nicht versichert sein sollten. Die Ausschließung der Hauskinder von der Versicherung würde den Erfolg haben, daß diejenigen Hauskinder, welche bei ihren Eltern verbleiben, der Wohlthaten des Geseßes ver- lustig gehen, während diejenigen, welhe den Hausstand der Eltern verlassen und bei \remden Personen gegen Entgelt Be- schäftigung annehmen, an der Alters- und FJnvaliditäts- versiherung theilnehmen würden. Wenn das Gese in 8. 3 Absay 2 bestimme, daß eine Beschäftigung, für welche als Entgelt nur freiec Unterhalt gewährt werde, niht als eine die Versicherungspfliht begründende Beschäftigung anzu- sehen sei, so könne, um die Versicherungspfliht der Haus- kinder zu ermöglichen, der Begriff des „freien Unterhalts“ auf die Gewährung von Nahrung und Wohnung be- schränkt werden. Auch könne man die „Entgelt“:Eigen- schast des den Kindern gewährten Unterhalts bezweifeln.
Von den Vertretern der entgegengeseßten Auffassung wurde dem gegenüber ausgeführt, daß der Begriff des freien Unter- halts in weiterem Sinne aufzufassen, insbesondere auch die Lieferung der nothwendigen Bekleidung und von Taschengeld darunter zu begreifen sei. Wirthschaftlihe Erwägungen könnten dem klaren Wortlaut des Geseßes gegenüber niht Plaß greifen. Uebrigens habe die Dur(sührung der Krankenversicherung bei den Hauskindern, besonders unter der ländlichen Bevölkerung, in einzelnen Theilen des südlihen Deutschlands viel böses Blut gemacht, und dieser Unwillen würde sih bei Ein- Lie der Jnvaliditäts- und Altersversiherung er-
eblich steigern. Wollten die Eltern ihre Hauskinder versichern, so wäre ihnen die Möglithkeit gegeben, durch Ge- ‘währung eines, wenn au geringen baaren Lohnes die Ver-
fieiciel R R R E N s be: dna vat rat pit n fd Eni
sicherung derselben herbeizuführen. Für die leßtere Auffassun entschied sich zunächst die Mehrheit der Versammlung, un auth die Anregung des Vertreters einer süddeutschen Regierung, die Hauskinder wenigstens dann für versiherungspflichtig zu erklären, wenn ihnen von den Eltern ein niht gerade minimales Taschengeld gewährt würde, fand nit die Billigung der Versammlung. Es wurde dieser Auffassung entgegen- gehalten, daß das den Hauskindern gewährte Taschengeld lediglih ein Geschenk darstelle, nicht aber als Entgelt für deren Thätigkeit in dem elterlichen Haushalt anzusehen sei. Nachdem die Kommissarien der preußishen Centralbehörden die Erklärung abgegeben hatten, daß preußischerseits die Frage der Versicherunaspflichtigkeit der Hauskinder verneint werden müßte, einigte sih die Versammlung dahin, die Ver- siherungspflichtigkeit der Hauskinder nur dann anzunehmen, wenn denselben ein rechtliher Anspru auf baaren Lohn oder Gehalt gegen ihre Eltern zustände, im Uebrigen aber die Versicherung derselben zu verneinen, und zwar au dann, wenn ihnen ein namhaftes Taschengeld gewährt würde.
Auch über die Begriffe des „Betriebsbeamten“ im Sinne des 8. 1 Ziffer 2 des Gesezes und der „Gehülfen“ im Sinne des 8. 1 Ziffer 1, deren Auslegung Gegenstand der weiteren “ Berathung war, waren die Ansichten in der Ver- sammlung anfänglich getheilt. Man einigte sich demnächst aber dahin, daß weder als Gehülfen noch als versicherungs- pwhtige Betriebsbeamte solche Personen anzusehen jeten, welche vermöge ihrer sozialen Stellung und durch die geistige und wissenschaftliche Natur ihrer Beschäftigung sh über den Kreis der Personen, für die die Fnvaliditäts- und Alters- versicherung im Allgemeinen bestimmt ist, herausheben, wie Erzieherinnen, Hauslehrer, Hausärzte u. s. w. Auch war man darüber einig, daß die Hauswirthschast als solche als ein ;„Betrieb“- im Sinne des Gesezes nicht gelten könne, und ebenso mit überwiegender Mehrheit, daß die Kommunal- verwaltungen im engeren Sinne einen „Betrieb“ nit dar- stellen. Jn leßterer Beziehung verkannte man zwar nicht, daß der Jnbegriff -gewisser wirthschaftlicher Thätigkeiten des Gemeindeverbandes, wie z. B. Land- und Forstwirthschaft der Kommunen, Kommunalbauten, Kommunal Jrrenanstalten 2c., als Betrieb zu behandeln sein werde, man lehnte es aber ab, die auf die regiminelle Thätigkeit sich exrstreckende Gemeindeverwaltung unter die „Betriebe“ zu renen. Daraus folgt indessen ncht, daß ale in dieser eigentlichen Gemeindeverwaltung ohne Pensionsberechtigung beschäftigten Personen unversichert wären; das Geseß findet vielmehr auf sie zweifellos insoweit Anwendung, als sie ver- möge ihrer mehr mechanischen, auf die Verwendung ihrer körperlihen Kräste und Fähigkeiten gerichteten Dienstleistungen mit den „Arbeitern“ und „Gehülfen“ auf gleicher oder doch annähernd gleicher Stufe stehen. Es „würden dem- nah die als Expedienten oder Registratoren beschäftigten sog. höheren Bureaubeamten niht als versichert betrachtet werden können; wohl aber würden diejenigen Beamten, die überwiegend mit mechanischen Dienstleistungen betraut sind, wie Kanzlisten, Kassenboten, Kanzleidiener, Polizeidiener, Nachtwächter u. st. w., der Versicherung zu unterstellen sein. Dieselben Gruppen von Personen würden auch in staatlichen Verwaltungen dann versiherungspflichtig sein, wenn sie nicht als „Beamte“ angestellt sind. Ein Einverständniß wurde aut darüber erzielt, daß die Geschäfte eines Rechtsanwalts, deren Jnbegriff ein wirthschaftliches Unternehmen darstellt, als „Betrieb“ im Sinne des Geseßes anzusehen sind; die im Bureau eines Rechtsanwalts beschäftigten Personen werden daher theils: als Betriebzbeamte, theils als Gehülfen oder Arbeiter der Versicherung unterliegen, ausschließlih derjenigen, auf welche infolge ihrer höheren Bildung und sozialen Stellung (Assessoren 2c.) dieser leztere Begriff nicht zutrifft.
Bei Erörterung von Punkt 11 der Tagesordnung ent- spann sich zunächst eine längere Debatte darüber, ob Per- sonen, welche bei wechselnden Arbeitgebern persönliche Dienst: leistungen verrichten, wie z. B. Hasenarbeiter, Koffer- träger, Führer, Wegearbeiter, Waschfrauen, Aufwartefrauen, Friseusen, Krankenpflegerinnen, Näherinnen 2c., als versiherungspflihtige Arbeiter an- zusehen seien und nicht vielmehr als selbständige Gewerbe- treibende zu gelten hätten. Nachdem hierbei auf die frühere Fassung des Gejeßentwurfs (Absaß 2 des §8. 1) und die durch die Kommission des Reichstages beschlossene Aende- rung hingewiesen worden und über die Tragweite diejer Aenderung verschiedene Meinungen geäußert worden waren, einigte man sich dahin, daß mindestens di sog. unständigen Arbeiter, wie die freien landwirthschaftlihen Arbeiter, Die Hafenarbeiter, Wegearbeiter, Waschfrauen, welche von Haus zu Haus gehen u. st. w., dem Versicherungszwange unterliegen, und daß bei anderen Beschästigungsarten über die Frage, ob Ar- beiter oder. selbständiger Gewerbetreibender, von Fall zu Fall zu entscheiden sein werde. : :
Bezüglich der Frage, ob und in weichem Umfange es si empfehle, daß der Bundesrath von der ihm in S0 Absaz 3 des Geseßzes zustehenden Befugniß Ge- brauch mache, neigte die Mehrheit der Versammlung dahin, daß diesbezüglihe Bestimmungen des Bundesraths zur ordnungsmäßigen Durhsührung des Gesetzes unentbehrlih seien. Dabei wurde mehrfah der Wunsch ausgesprochen, der Bundesrath möge im Allgemeinen mindestens diejenigen Dienstleistungen von der Versicherungspflicht ausnehmen, welche ihrer Natur nah oder dur den Arbeitsvertrag im Voraus auf einen Zeitraum von weniger als einem Tage be- ränkt sind; andererseits verkannte man nicht, daß s{on durch eine solche Bestimmung zahlreiche Elemente der Arbeitèr- bevölkerung, welche der Segnungen des Geseyzes besonders bedürftig seien, von denselben ausgeschlossen werden würden,
Auf die Anfrage, ob das Reichs-Versicherungsamt beab- sihtige, ein Muster einer Geschäftsanweisung für die Vertrauensmänner und die Kontrolbeamten zu erlassen, wurde erwidert, daß das Reichs-Versicherungsamt bei der Vielgestaltigkeit der einshlägigen Verhältnisse innerhalb der einzelnen Versicherungétanstalten dies nicht in Aussicht ge- nommen habe. Es müsse zunäcst den einzelnen Versicherungs- anstalten überlassen bleiben, soweit ein Bedürfniß hierzu {h fühlbar mache — was von verschiedenen Seiten nicht als wahrscheinlich bezeichnet wurde — geeignete Jnstruktionen selbst auszuarbeiten. Der anwesende Vertreter einer Ver- siherungsanstalt erbot sich, den Entwurf einer solchen Jnstruktion dem Reichs-Versicherungsamt einzureichen.
Daß der Kapitän eines deutschen Seefahrzeugs der Versicherungepflicht unterliege, auch wenn sein regelmäßiger Jahresarbeitsverdienst an Lohn oder Gehalt 2000 M. übersteige, wurde im Hinblick auf die Fassung des 8.1; fer 3 des Geseßes, der eine Beschränkung der Versicherungspflicht, wie sie Ziffer 2
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bezüglich. der Betriebsb. ten und Handlungsgehülfen festsebt, nicht wiederholt, vielmeh: die Perjonen der Schiffsbesaßung ohne jede Beschränkung für versicherungspflichtig erklärt, ohne Widerspruch anerkannt. j
Die Frage, ob eine bezügli ch 0E R A gung nicht versiherungspflihtige Person, z. B. ein. niederer Staatsbeamter, der in den Abendstunden als Logen- schließer, Musiker 2c. thätig ist, bezüglih dieser Neben- beschäftigung versichert sei, wurde von der Mehrzahl der Verjammlung verneint. Auch war man darüber einig, daß ein Handlungsgehülfe, der gleichzeitig bet mehreren Firmen mit der Buchführung 2c. betraut ist und von den mehreren Arbeitgebern insgesammt an Lohn oder Gehalt mehr wie 2000 A bezieht, mit Rücksicht auf die Bestimmung in § 1 Ziffer 2 des Gesezes nicht versiherungs- pflichtig ist.
Bezüglich der Frage, wie die Entrichtung der Bei- träge zu erfolgen habe, wenn eine versicherte Person gleichzeitig bei mehreren Arbeitgebern ständig beschäftigt werde, erfolgte zunächst keine Einigung. Einzelne Vertreter wollten diesen Fall nah dem im §8. 100 Absaß 2 des Gesezes aufgestellten Grundsaße entscheiden. Andexe hielten die verschiedenen Arbeitgeber folidarisch zur Entrichtung der Beiträge für verpflichtet. Von dritter Seite wurde empfohlen, demjenigen Arbeitgeber die Beitrags- entrihtung aufzuerlegen, dessen Arbeitsverhältniß als das für den Versicherten wichtigjte anzusehen sei.
Gelegentlih der Wahlen zum Ausschusse der Versicherungs- anstalten ist es zweifelhaft geworden, ob die sogenannten Hofgänger als Arbeiter des Jnstmannes, Kathenmannes, Freimannes oder aber des Gutsherrn anzusehen seien, und ob hiernach ein Jnstmann 2c., welcher Hofgänger beschäftigt, im Hinblick auf §. 52 des Geseßes als Vertreter der Versicherten wählbar sei oder niht. Die Frage wurde dahin entschieden, daß, wenn der Hofgänger im Wesentlichen Arbeiten auf dem Gute verrichte, derselbe als Arbeiter des Gutsherrn anzusehen sei, im umgekehrten Falle, wenn also die Beschäftigung in der eigenen Wirthschaft des Jnstmanns 2c. die Hauptbeschäftigung des Hofgängers sei, der Jnstmann 2c. als Arbeitgeber des- selben und ersterer deshalb als der Klasse der Arbeitgeber im Sinne des §. 52 zugehörig zu erachten fei.
Inzwischen hatte die Wahl des Ausschusses zur Be- rathung der Anweisung für die Rehnungsführung der Versicherungsanstalten staltgefunden. Auf den Vorschlag des Landes-Direktors von Leveßow wurden gewählt die Ver- siherungsanstalten von Bayern (gemeinsam vertreten dur den Königlich bayerishen Kommissar Rasp), Baden, Thüz ringen, Rheinprovinz, Hannover, Pommern, Berlin und Brandenburg, welche je einen Vertreter und eventuell geeignete Kassenbeamte zu der Berathung entsenden werden, die am Donnerstag, den 16. Oktober 1890, im Reichs-:Versicherungs- amt ihren Anfang nehmen soll. : j
Abends 51/4 Uhr {loß der Vorsißende die Sißung, welche um 91/4 Ühr angefangen hatte.
Für heute stehen Fragen aus dem Gebiet der land- und- forsiwirthschaftlihen Unfall-Versicherung zur Berathung.
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Aus Sansibar vom 5. Oktober wird der „Times“ telegraphirt: Nah weiteren von Witu eingegangenen Nachrichten ist der Eigenthumsverlust der Deutschen daselbst groß. Hr. Toeppen hat berichtet, daß er Witu einen Tag nah dem Gemegzel besuht und den Sultan gesprochen habe. Der Leßtere verweigerte die Beerdigung der Todten. Die britishen, französishen und deutschen Missionäre, deren Stationen sich im Bereich der Aufständischen von Witu befinden, sind wohlbehalten an der Küste angekommen. Einer von ihnen, Mr. Henderstorm, rettete mit knapper Noth fein Leben. Zum Glü kam eine Karawane der britischen Gefjell- haft in demselben Augenblick an, als die Mörder ihr Werk verrichten wollten,
Se. Hoheit der Erbprinz von Sachsen-Meiningen Commandeur der 4. Garde-Jnfanterie-Brigade, hat sich mit, kurzem Urlaub nah Dresden begeben.
S. M. Siffejungen-:Shulschiff „Nixe“, Kommandant Korvetten-Kapitän Freiherr von Malßahn, ist am 7. Ofto- ber in St. Vincent (Kap Verdische Jnseln) eingetroffen und beabsihtigt am 21. nach Trinidad (West-Jndien) in See
zu gehen.
Kulm, 6. Oktober. Das Hirtenshreiben über die soziale Frage is, wie die „Germania“ mittheilt, voni Bischof Dr. Redner von Kulm an den Klerus der Diözese mit dem nachstehenden Begleitschreiben versandt worden:
„ Vorstehendes Hirtenschreiben bringe Ih dem howwürdigen Klerus Meiner Diözese mit der Bestimmung und mit dem Wunsche zur Kenntniß, dß dasselbe zum Ausgang8punkt für die Behandlung der sozialen Frage, sei es auf der Kanzel, sei es in kirchlichen Vereinen 2c, bei sch darbietender Gelegenheit in geeigneter Weise gemacht werde. Fe größer die Vebel sind an, denen die Völker in der Gegenwart franken, um fo eifriger sind die Heilmittel a»zuwenden, welche der Kirche gegen diese Krankheiten zu Gebote stehen. Wie der h Vater Leo X]. in dem an den hohwürdigsten Herrn Erzbischof von Köln unterm 20. April d. J. gerichteten Schreiben hervorhebt, und wie in dem (vorstehenden) Hirtenbriefe des Näheren ausgeführt wird, sind diese Heilmittel folgende: Verbesserung der Sitten und Hebung des religiösen Lebens, Versöhnung und Eintracht, Förderung der Zufriedenheit bei den Armen, der Wohlthätigkeit bei den Reichen ;; endlich Pflege O des christlichen Vereinslebens und wohlthätiger Anstalten. : D
“S6 darf zu dem ehrwürdigen Klerus Meiner Diözese das Ver- trauen haben, daß derselbe mit Eifer und Hingebung bemüht sein wird, diese Mittel bei der Pastoration der ihm anvertrauten Gläu- bigen nah besten Kräften zur Anwendung zu bringen und so die heiligen Güter christlihen Glaubens und christliher Sitte unter den- selben zu erhalten,
Pelplin, den 30. September 1890,
Der Bischof von Kulm. +T Leo.“
Die „Germania“ fügt hinzu: Aehnliche Begleitschreiben find auch von anderen Bischöfen ergangen, Nirgends wird, soweit wir sehen, die Verlesung des Hirtenschreibens über die soziale Frage von der Kanzel allgemein vorgeschrieben, son- dern dieselbe entweder in das Ermessen der Herren Pfarrer gelegt oder überhaupt von derselben Abstand genommen, wäh-
rend allgemein das Hirtenschreiben als Grundlage und Aus-
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Sn für Predigten, Katechesen, Vereinsvorträge U. dgl. 7 ezeihnet und empfohlen wird. Jn. einigen Begleitschreiben E ih auch eine Vorschrist über Einsendung von Berichten
ezüglih der in der Diözese bestehenden oder geplanten katho- lischen Arbeitervereine u. st. w.
Posen, 8. Oktober. Der „Dziennik Poznanski“ meldet, dem „W. T. B.“ zufolge: Jn der gestrigen Versammlung der Domtapitel von Posen und Gnesen sei beshlossen worden, von der Einreichung einer neuen Kandidatenliste für den erzbishöflihen Stuhl abzusehen und die Angelegen- heit in die Hände des Papstes zu legen.
Erfurt, 5. Oktober. Auf dem VI. evangelishen Schul- kongreß tagte auh die Generalvers ammlung des evan- gelishen Lehrerbundes, der 30 Zweigvereine umfaßt. Nach geschäftlichen Mittheilungen hielt Lehrer Pet ers- Hamburg einen Vortrag über „Die Schule und die soziale Frage“. Den Hauptinhalt seiner Ausführungen hatte der Redner der „Weim. Ztg.“ zufolge in folgenden Leitsägen zu- sammengefaßt.
1) Um die gotteëfeindlichen und vaterlandslosen Bestrebungen der Sozialdemokratie bekämpfen zu helfen, hat die Schule mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln des Untcrrichts und der Zut dahin zu streben, daß sle ausrihtige Gottesfurht und Nächstenliebe, sowie herzlihe Vaterlandsliebe in die Herzen der ihr anvertrauten Jugend pflanze. 2) Zur Erreichung dieses Zweckes sind die zahlreichen ethischen Momente, die au die fogenannten weltlihen Lehrfächer, insonderheit Naturkunde, Ges®dichte, Muttersprache und Gesang, darbieten, wohl zu beachten und forgfältig zu beaugen. 3) Der Religionsunterriht vermeide alle abstrakten Theorien, halte sih befonders an die Thatsachen des Heils und fuche die Kinder stets recht persönlich zu fassen. Ju- sonderheit lege er ihnen ans Herz, daß sie durh die_beilige Taufe Kinder und Erben des Himmels sind. 4) Die Schulzucht hat vornehmlich die Aufgabe, die Kinder dahin zu führen, daß sie ih aller von Gott geordneten measchlihen Autorität un) Ordnung in freiem Gel orsam gern und willig fügen und die Arbeit ihres irdishen Berufes nicht als ein bloßes Mittel zum Erwerb, son- dern als einen ihnen befohlenen Gottesdienst ansehen, den sie mit aller Gewissenhaftigkeit und Treue, Gott zur Chre und dem Nächsten zum Tru, ausrichten sollen. 5) Diesem Beruf kann die Schule aber nur dann nachkommen, wenn sie ganz und gar auf christlicem Boden steht, in christlißem Sinne geleitet wird, und wenn vor Allem die an ihr wirkenden Lehrer von christlihem Geist und von warmer Vaterlandsliebe erfüllte P-rsö nlichkeiten sind. 6) Zur Gewinnung und Bewahrung eines solchen Lehrerslandes ist erforder- li, daß die Vorbildung der angehenden Lehrer eine dur haus christ- liche sei und daß den Lehrern durch eine anständige Besoldung, sowie dur cine der hohen Bedeutung ihrer Aufgabe entsprechende würdige Stellung und Behandlung ihr mühevoller Veruf thunlichst erleihtert werde, /
Die Besprechung dieser Leitsäße war eine sehr lebhaste. Schließlich wurden dieselben in der vom Nedner gegebenen Fassung angenommen.
Kiel, 8, Oktober, Die amerikanishe Kreuzer- Korvette „Ballimore, Kapitan SQley; Uh, dem „D. T. B.“ zufolge, heute 101/, Uhr Vormittags nah Kopenhagen in See gegangen. :
Hannover, 8: OQltober. (Die sée allgemeine lutherishe Konferenz ist, wie „W. T. B.“ meldet, beute hier eröffnet worden. Zu derselben sind ca. 800 Theilnehmer aus ganz Deutschland eingetroffen. Befonders stark sind Sachsen, die thüringischen Staaten, Württemberg, Mecklenburg und Schleswig-Holstein vertreten. Vom Auslande sind Ver- treter aus Dänemark, Norwegen und Schweden anwesend.
Sachfen.
Dresden, 7. Oktober. Se. Majestät der König wird, wie das „Dresd. Journ.“ mittheilt, nah den hier eingegangenen Nachrichten Freitag, den 10. d. M. früh, von Wien zurück- kehrend, in der Königlichen Villa zu Strehlen eintreffen.
Baden.
Karlsruhe, 6. Oktober. Jhre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin begaben sich, der „Karlsr. Ztg.“ zufolge, gestern Nahmittag um 11/4 Uhr mit Jhrer Königlichen Hoheit der Kronprinzessin von Schweden und Norwegen zu dem Armee-FFagdrennen nah Fffffezheim , verweilten daselbst bis zum Schluß und trafen um 51/4 Uhr wieder auf Schloß Baden ein. Um 41/5 Uhr traf (wie schon telegraphisch gemeldet), von Konstanz kommend, der Reichskanzler,General der Jnfanterie von Caprivi in Baden ein und wurde am Bahnhof von dem Großherzoglichen Hofmarschall Grafen von Andiaw empfangen und zum Großherzoglichen Schlosse geleitet, wo der Reichskanzler die ihm vom Groß- herzog angebotene Wohnung bezog. Alsbald nach der Nück- fehr der Höchsten Herrschaften von dem Armee - Jagd: rennen empfing Se. Königlihe Hoheit der Großherzog den Reichskanzler, welher nahher auch von Jhrer König- lichen Hoheit der Großh-rzogin empfangen wurde. Abends 71/2 Uhr fand eine größere Hoftafel von 30 Gededen statt, zu welcher die obersten Hofchargen, die Mitglieder des Staats-Ministeriums, der Königlich preußishe Gesandte von Eisendecher und einige höhere Offiziere eingeladen waren. — Heute Vormittag verkehrte Se. Königliche Hoheit der Gro ß- herzog längere Zeit mit dem Reichskanzler, welher sih bei Höchstdemselben und nach 1 Uhr auch bei Jhrer König- lichen Hoheit der Großherzogin verabschiedete, um zu- nächst nach Karlsruhe und von da nah Darmstadt zu reisen. Der Reichskanzler traf gegen 21/2 Uhr in Karlsruhe ein, begab sich sofort zu dem Staats-
inister Dr. Turban und verweilte längere Zeit bei demselben. Später stattete er au den übrigen Mitgliedern des Staats- Ministeriums Besuche ab und seßte des Abends die Reise nah Darmstadt fort, nachdem Staats-Minister Dr. Turban ihm im Höchsten Auftrage Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs die Insignien des Haus-Ordens der Treue noch persönlich überreicht hätte.
Waldeckck.
Arolsen. Das Befinden des Erbprinzen Friedrich ist, wie man dem „Hann. Cour.“ schreibt, ein. anhaltend zufriedenstellendes und die vollständige Wiederherstellung des hohen Patienten in niht zu ferner Zeit mit Sicherheit zu erwarten.
Lippe-
Detmold, 7. Oktober. Jn der heutigen Sißung des Laudtages erklärte, dem „W. T. B.“ zufolge, der Kabinets- Minister von Wolffgramnm den Antrag der Linken, welcher dahin geht, die im vorliegenden Negentschafts- gese vorgesehene Befugniß des Fürsten Woldemar, den Regenten allein zu ernennen, durch einen berathenden und mitbeschließenden Regentshaftsrath zu beschränken, als für die Regierung unannehmbar.
Deutsche Kolonien.
Deu1sch-Osta frika wurde neuerdings im Geographischen Institut zu Weimar auf der neuesten (3.) Auflage von Kett- ler's „Handkarte von Deutsch-Ostafrika“ einer planimetrischen Arealberechnung unterzogen ; dieselbe ergab, wie die „Post“ mittheilt, einen Flächeninhalt von 934 000 qkm. Das Deutsche Reich mißt 540 600 gkm.
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 8. Oktober. Se, Majestät der König von Griechenland statiete, dem „W. T. B.“ zufolge, gestern dem Minister des Aeußern, Grafen Käáln oky, einen längeren Besuh ab. Se. Königliche Hoheit der Kronprinz von N eden ist gestzrn Abend von hier nah Neuwied ab- gereist.
Die „Presse“ und das „Fremdenblati“ bestätigen überein- stimmend, daß bei der am Montag sltattgehabtenKonferenz des österreihischen Finanz-Ministers mit dem unga- rischen in der Angelegenheit der Valutaregulirung eine
Erörterung über die Hauptpunkte als Vorbereitung für eine dem- -
nächst einzuberufende Enquete stattgefunden habe. Beide Blätter bezeichnen dagegen die Nachricht, daß über die Frage der Wert hrelation irgend ein Beshluß gefaßt worden sei, für vollkommen unbegründet.
Bei der Landtagswahl für den Großgrundbesiß in Nieder-Desterreich sind insgesammt liberale Kandi- daten gewählt worden.
Im Finanzausshuß des ungarischen Abgeord - netenhauses erwiderte gestern der Finanz-Minister Dr, Weckerle auf eine Anfrage des Abg. Horanszki, be- treffend die Balula-NeguliruUng, @«@ Tonne n über diesen Gegenstand noch nicht eingehend äußern, weil er selbst wohl dazu Stellung genommen habe, nicht aber das Gesammtkabinet, und weil mit der öster- reihishen Regierung noch keine Einigung erzielt sei. Die Regierung habe übrigens, sobald nur einigermaßen Aussichten für die Möglichkeit der Herstellung der Valuta vorhanden waren, sofort das Nöthige gethan und si keinerlei Versäumniß zu Schulden kommen lassen.
Das auf der Heimfahrt von der Ostsee begriffene österreihische Geshwader ist gestern von Lissabon nah Palermo in Se? gegangen.
Großbritannien und Frland.
London, 7. Oktober. Der in Tipperary shwebende Verschwörungsprozeß gegen Dillon und Genossen will durchaus keine Fortschritte machen. Am Sonnabend und Montag bildete die Ursache der Verschleppung die Abwesenheit eines der Angeklagten, Mr. O'Mahony, Redacteurs des Blattes „New Tipperary“. Mr. Dillon, der Anwalt des An- geklagten, legte zwei ärztliche Zeugnisse vor, welche besagten, daß O'PVahony gefährlih krank sei. Der Kronanwalt Ronan lehnte die Anerkennung dieser Zeug- nisse ab, und der Gerihtshof bes{loß, OD’Mahony von drei Aerzten untersuchen zu lassen, zu welhem Behuf die Verhand- lung um einige Stunden ausgeseßt wurde. Nach Wieder- eröffnung derselben bekundeten zwei Aerzte, von denen einer von den Angeklagten, der andere von der Krone produzirt wurde, daß D'Mahony krank sei und daß seine Anwesenheit im Gerichtshofe gefährliche Folgen für ihn haben dürfte. Der Kronarzt fügte hinzu, daß O'Mahony in einigen Tagen im Siande sein dürfte, den Verhandlungen wieder beizuwohnen. Der Gerichtshof vertagte sich infolgedessen bis nächsten Freitag. Jm Mansion House zu Dublin wurde gestern die von Parnell einberufene Versammlung der Mitglieder der irishen parlamentarischen Partei Behufs Er- örterung der gegenwärtigen Lage in Frland gegenüber dem drohenden Nothstand und der jüngst von der irischen Regierung ergriffenen Schritte zur Unterdrückung des „Feldzug2planes“ in Tipperary abgehalten. Etwa 64 Mitglieder hatten fich eingefunden. Mr. Justin M'Carthy, der Vize - Vorcsißende der Partei, präsidirte an Stelle Parnell's, der sein Ausbleiben brieflih entshuldigte, ohne indeß dafür Gründe anzugeben. Dillon, William OD'Brien und die übrigen in Anklagestand verseßten Mitglieder der Partei sandten ein Telegramm, worin sie „die Ekel erregende Gerichtsposse in Tipperary““ als Grund ihres Ausbleibens be- zeichneten. Nach einer geheimen Berathung wurden, wie die „Allg. Corr.“ berichtet, vier Refolutionen angenommen. Die erste verpflichtet die Partei, mit allen ihren Hülfsquellen die ausgetrie- benen Pächter in ihrem Kampfe zu unterstüßen. Die zweite leitet die Aufmerksamkeit auf die Unthätigkeit der Regierung gegenüber dem drohenden Nothstand, verlangt die Einstellung von Pächteraustreibungen in gewissen Distrikten im Süden und Westen Jrlands und betont die Nothwendigkeit der un- verzüglichen Fnangriffnahme von Nothbauten zur Linderung des Nothstandes. Die dritte Resolution mißbilligt die gericht- lihe Verfolgung von Dillon und Genossen in dem Augen- blick, wo so ernste Besorgnisse herrschen. Die vierte endli appellirt an die Großmuth des irishen Volkes im Jn- und Auslande, namentlich in den Vereinigten Staaten, die Bei- träge zum irishen Pächtershußfond zu erneuern. Um diesem Appell Nachdruck zu geben, wurde ferner beschlossen, eine Ab- ordnung der Partei, bestehend aus John Dillon, W, O'Brien, T. D. Sullivan, T. P. O'’Connor, T. Harrington, W. Abra- c und T. P. Gill, nah den Vereinigten Staaten zu ent- enden.
Die Admiralität hat beschlossen, 200 000 Pfd. Sterl. für die Reparatur und Modernisirung des seiner Zeit bei Comino gestrandeten Panzersch'ffes „Sultan“ auszugeben. Zugleih sollen auf Verbesserungen des Panzerschiffes „Thunderer“ 114370 Pfd. Sterl. und auf den „H ercul es“ 60 000 Pfd. Sterl. verwandt werden.
Der Oberbefehlshaber der indishen Armee, General Sir Frederick Roberts, hat die Vorbereitungen zur Ab- haltung umfangreiher Heeres übungen in der kalten Jahreszeit von 1890—91 vollendet. Sowohl europäische wie einheimische Regimenter werden an denselben theilnehmen. Das Gros der Truppen soll int der Gegend von Attock am Jndus, nahe der asghanischen Grenze, concentrirt werden. Dort werden am 15. November 17 000 Mann, in zwei Heerlager geschieden, versammelt sein, Der den Uebungen zu Grunde liegende Gedanke is, daß eine aus 9000 Mann unter dem Befehl des Brigade-Generals Keen bestehende Heeresmacht von Afghanistan in Indien einbriht und den Jndus mit Gewalt Ee Zhr stellt sich General-Major Sir W. Lockhart mit 8000 Mann entgegen,
Frankreich.
Paris, 8. Oktober. Jn dem gestern abgehaltenen Ministerrath wurde der Antrag des Marine- Ministers auf Aufhebung des Admiralitätsraths und Uebertragung der Geschäfte desselben auf den wieder- eingeseßten höheren Marinerath und die Generasl- Inspektion angenommen. Der Marine-Minister bestätigte ferner den Abschluß des Friedensvertrages mit Dahomey. Mit der Ausführung ‘des Vertrages durch Zurückziehung der europäischen Truppen sei bereits begonnen. Des Weiteren nahm der Ministerrath die Dar- legungen Jules Roche's über den Allgemeinen Zoll- tarif entgegen und entschied sich für das System der An- nahme eines Maximaltarifs, welcher je nach Bedürfniß herabgeseßt werden könne. Jules Rohe wurde mit der Aus- arbeitung einer entsprechenden Vorlage beauftragt.
Jm Hinblick auf die Ueberschwemmungen im Süden beabsichtigt der Minister der- öffentlihen Arbeiten, längs der Wildbäche ein telegraphisches Warnungs- \system einzurichten. s
Das Mittelmeergeschwader ist in Smyrna ein- getroffen.
Die Einnahmen an indirekten Steuern und Monopolen im Monat September ergaben 4500000 Fr. mehr als im Budget veranschlagt war und 9 Millionen mehr als in demselben Monat des Vorjahres. Die Registrirungs- gebühren haben um 1200 000-.Fr., die indirekten Steuern um 4000000 Fr. und die Zuckersteuer um 1!/2 Millionen Francs mehr ergeben, als im Budget veran\chlagt war. Gegenüber den Erträgnissen im gleihen Monat des Vorjahres beträgt der Ueberschuß bei den Registrirungen 3 200 000 Fr., bei den Zöllen 1700000 Fr. und bei der Zuersteuer 2 600 000 Fr.
Das von der Commune seiner Zeit zerstörte Palais des Rehnungshofes wird auf Antrag des Arbeits- e a um den Mindestbetrag von 4 300 000 Fr. verkauft werden. :
Das „Journal Officiel“ vom 6. d. M. veröffentlicht ein Dekret des Präsidenten, durch welches die Kammern auf den 20. Oktober einberufen werden.
Rußland und Polen.
St, Petersburg, 7. Oktober. Jn der heute aus- gegebenen Geseßsammlung wird eine Novelle veröffent- liht, nah welcher Vorschußkredite sür Rechnung der Budgets kommender Jahre, vom Jahre 1891 ab, nicht mehr bewilligt wzrden dürfen. Ferner werden die Ver- ordnungen, betreffend die Vereinigung der Eisenbahn- linien Tambow—Koslow mit Tambow—Ssaratow und Ssamara—Ufa mit Ufa—Slatoust, publizirt.
Der Kriegs-Minister hat durch Tagesbefehl bekannt gegeben, daß einer vom Kaiser bestätigten Resolution des Mi- litärconseils zufolge bis spätestens zum 1. Dezember 1891 die Neuformirung eines 7. Ostsibirishen Linien-Bataill os. in der Stadt Wladiwostok angeordnet und dasselbe. den Mannschaften der Truppenbestände des Süd-Ufsuribezirfs zu entnehmen ist.
Der Stapellauf des neuen Panzer\hiffs® „Yan: gö udd“ ist nah der „Now. Wr.“ definitiv auf dêw:16, Okf- tober festgeseßt und es sind bereits 150 Mann der künftigen Besaßung des Schiffs aus Kronstadt nah St. Petersburg beordert, um mit den Vorarbeiten für den Stapellauf- in der Neuen Admiralität zu beginnen. — Wie die „Sk. Pet. Ztg.“ vernimmt, ist die von den Blättern angekündiate Uebergabe des Kreuzers „Jarosslaw“ der Freiwilligen
lotte ‘an den Fürsten von Montenegro definitiv be- chlossen und dürfte bald erfolgen. Die Gesellschaft der Frei- willigen Flotte erhält von der Regierung eine Entschädigung von 300 000 Rubel. Der Kreuzer liegt in einem der Häfen des Schwarzen Meeres und war eine lange Zeit nicht in Gebrauch. i
Die Gesammtzahl der Klöster in Rußland im Fabre 1887 belief si, wie die „St. Petersb. Ztg.“ dem Berit des Ober-Prokurators des Hl. Synods entnimmt, auf 673, von denen 469 Mönchs- und 202 Nonneakliöfter waren. Zu dexs Mönchsklöstern gehören 60 bischöflihe Häuser, 4 Katzedralen und 230 etatmäßige und 175 außeretatmäßige, von denen die etatmäßigen wieder in 7 unmittelbar dem Hl. Synod untz stehende, 45 Klöster erster Klasse, 63 zweiter und 115 dritter Klasse zerfallen. Die Zahl der Mönche betrug 6250 Ver: sonen, die der Nonnen 6289, die der männlihen Novizen 4711, die der weiblichen 16 685. Die Gesammtzahl aller zum Klosterstande Gehörenden sowie der sih zum Eintritt in dex: selben Vorbereitenden belief fich auf 11 661 Perionen männ: lihen und 22974 mweiblihen Geschlehts, zusammen Z4 G Personen.
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Ftalien.
Rom, 7, Oktober. Der Minister- Präfident Crispi if ist heute Nachnittag nah Florenz abgereist.
Die Unterhandlungen, welhe in Neapel zwis den italienishen und englishen Delegirten zur grenzung der beiderseitigen afrikanis{hen Ma \phäre gepflogen werden, begegnen tros guten W beiden Seiten nicht geringen Schwierigkeiten. Jtalien sprucht, wie man dem „St.-A. f. W.“ s{reibt, ein Hinterland, welches es in die Lage sezea würde, nicht blos den Haf von Massovah dem Handel mit dem»#Sudan zu ers sondern auch einen strategishen Punkt zu gewinnen, von wo das nördlihe Abyssinien und das Bogaoëgebiet vor den Einfällen der Derwis&e wirksam geshügtt werden kömnte: mit einem Worte, Jtalien wünscht Kassala. 3 gegen von der englischen Regierung als ein St Vertheidigung des oberen Nils und Khartumts welchen sie nit zu verzihten gewillt ist, da dies, wie enz: lischerseits hervorgehoben wird, die Preiègcbumg der ührer Fine sorge anvertrauten Jnteressen Egyptens bedeuten würde.
Wie man dem „H. C.“ aus Rom meldet, hat die itel Kriegsverwaltung die erythräishe Kolonie in zwri militärishe Zonen, jene von A6mara und immer wu Keren, getheilt und mit den Kommandos daselbt dir Olurim des in Afrika stehenden Bersaglieri-Regiments und des Sit geborenen-Regiments betraut.
Spanien, Madrid, 6. Oktober. Zur Lage ddreitt mun Lom „Hann. Cour.“ : Die Vorbereitungen zu dea nüSten Wablen. Vie Le kanntlich zum ersten Male auf Stund des ellen Watte statifinden werden, find jetzt s@ocn im Scar: &# W it „Vertu