1910 / 265 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 10 Nov 1910 18:00:01 GMT) scan diff

__ staaten nictals Hochverrat bezeichnet werden. Der Redner bestritt sodann, h N : H H t eine antimilitaristische Organisation Le Mer Minister des Auswärtigen Graf von Aehrenthal legte zunächst die Gründe dar, weshalb die C worden sei, und erklärte dann, daß die Uebereinstimmung der heit der Delegation hinsichtlich der Allianzen, die um so mehr Wert haben würden, je mehr die Land- und Seemacht mit unablässiger Sorgfalt gehoben würde, besonders erfreulich sei. „So gestüßt auf unsere Kraft, wie auch auf unsere Bündnisse“, fuhr der Minister fort, „können wix der Zukunft ruhig entgegensehen, auch wenn wider Erwarten die Zukunft neue Stürme bringen follte. Wir arbeiten auf den Frieden und vertrauensvolle Be- ziehungen zu allen Mächten hin. Ich sehe keine Frage, die so wichtig wäre, Guropa in Brand zu stecken.“ Hinsichtlih des Verhältnisses u Italien bezeihnete der Minister es als wichtig, in loyaler Weise die nicht erst heute in Erscheinung tretenden Divergenzen zu besprehen, um zur Beseitigung von Vorurteilen und zur Auf- lärung der öffentlichen Meinung beizutragen. Indem er unershütterli

an der seit langem erprobten Bündnispolitik festhalte, spreche er die Zuversicht aus, daß die Einsicht von der Nüßlichkeit des in beiderseitigem Interesse gelegenen Allianzverhältnisses in beiden Ländern in immer weiteren Kreisen si befestigen und immer wärmere, herzlihere Stimmungen bei den ölkern erzeugen werde. Graf von Aehrenthal befaßte sich sodann mit E fencidés & des Dele- gierten Dr. Renner: „Und wenn die Völker Oesterreichs fich so selbst überlassen wären, wie sie es in der Schweiz sind, hätten fie den Frieden längst gefunden.“ „Diese Worte“, sagte der Minister, „haben mich in meinem monarchischen Gefühl a das tiefste verleßt, und ich bin überzeugt, daß die Mehrzahl der Herren Dele- ierten ' ebenso empfindet, wie ich. (Lebhafte Zustimmung.) s ist eine Undankbarkeit, daß gerade die Herren von der Sozialdemokratie so über die Dynastie und über den Kaiser sprechen, der das allgemeine Wahlrecht sanktioniert hat, dem die erren es verdanken, daß sie hier den Plaß einnehmen.“ Auf eine andere Aeußerung des Delegierten Renner und auf die Ausführungen des Delegierten Udrzal zurückommend, die sich auf den Deutschen Kaiser bezogen, sagte der Minister, er müsse energishe Ver- wahrung dagegen einlegen, daß ein fremder Souverän auf diese Weise in die Debatte gezogen werde. Bedauerlich sei, daß über Kaiser Wilhelm, der an der Spitze des seit Dezennien mit Oesterreich- Ungarn eng verbündeten Neichs stehe und der in ernsten Stunden dem Kaiser und König Franz Joseph treu an der Seite gestanden habe (lebhafter Beifall), auf folche ungehörige Weise gesprochen werde. Er begreife, daß die Politik Kaiser Wilhelms den Sozial- demokraten unangenehm set; denn diese Politik sche darauf, den Frieden dur persönliche Freundschasten mit den Souveränen zu sichern. Diese erfönlihen Beziehungen der Monarchen wären mit ein entscheidendes Mozutal bei der Erhaltung des Friedens im Jahre 1909 gewesen und würden auch in A ein ftarkes Friedensmoment bilden. Es sei ungehörig, über Kaiser Wilhelm so zu sprechen, weil es ja be- kannt sei, wieviel er seit seinem Regierungsantritt für den Frieden getan habe. (Lebhafte Zustimmung.) Weniger verwunderlih finde er es, daß Dr. Nenner seine Politik einer abfälligen Kritik unterzogen habe. Sollten, was er nicht hoffe, die sozialdemokratischen Ideen einmal verwirkliht werden, so werde die Ordnung bezw. die Un- ordnung eine solche sein, daß der Einfluß der sozialdemokratischen Ideen auf die breiten Massen der Bevölkerung verschwinden werde. Bezüglih der Ausweisungen aus Preußen verwies der Minister auf seine im Ausshuß abgegebenen Erklärungen und betonte, daß in allen eines Protestes würdigen Fällen bei der deutschen Regierung interveniert worden sei. Jn mehr als der Hälfte der Fälle fei ein Er- folg erzielt worden. Uebrigens dürfe nicht aus dem Auge gelassen werden, daß in den preußischen Grenzprovinzen ebenso wie in anderen Ländern hinsichtlih des Aufenthalts und der Niederlassung der Fremden spezielle rigorose Vorfchriften beständen.

Der Minister bat \{ließlich um Annahme, des Budgets.

In der Ungarischen Delegation träten, D ufolge, gestern beî der fortgeseßten Beratung des Heeres daes sämtliche Redner für die Erfüllung der nationalen Forderungen Ungarns für die Armee ein.

Der Delegierte Rakovszky gab seine Stimme für das Heeresbudget ab troß der oppositionellen Haltung der Volkspartei, weil es nicht anginge, daß der große Kampf, den Ungarn in der mili- tärishen Frage führe, zum Schaden der Armee ausgetragen würde. Graf Stefan Tisza trat der Anschauung der Opposition entgegen, daß Deutschland zuliebe so große Opfer für die Armee gebracht worden seien, und verurteilte sodann, daß die Opposition die Erhöhung der Nekrutenkontingente, die unbedingt erforderlich sei, nur gegen Erzielung nationaler Errungenschaften zulassen wolle. Der Ministerpräsident Graf Khuen Hedervary erklärte, er hoffe, die Vorlagen über die Wahlreform und die Militärstrafprozeßordnung in der ersten Hälfte des nächsten Jahres dem Parlament unterbreiten zu können.

Darauf wurde die Sißzung geschlossen.

Gestern gerieten die Ausgleihsverhandlungen ¿wischen den Deutschen und den Tschechen, wie das „W. T. B.“ aus Prag meldet, neuerlih ins Stocken, da sich in der Frage des Sprachengeseßes starke Meinungsgegensäße ergaben. Die Lage ist so zugespißt, daß der Statthalter Graf Coudenhove zum ersten Male die Obmänner der Parteien

‘zu einer vertraulichen Konferenz berief, der auch der Oberland- marschall Fürst Lobkowiß beiwohnte.

Jn der gestrigen Sißung des mährischen Landtages fam es, obiger Quelle zufolge, zu stürmischen Szenen, als dem Abg. Grünfeld das Wort entzogen wurde. Die deutschen Abgeordneten pfiffffen, {lugen mit den Pultdeckeln, stimmten Lieder an und warfen Akten und andere Schriftstücke gegen das Präsidium. Schließlich verließen die deutschen Abgeordneten, der verfassungstreue Großgrundbesiß, die . mährishe Mittel- partei und die Sozialdemokraten den Saal, wodurch das Haus beshlußunfähig wurde. Der Tag der nächsten Sißung wird \hriftlih bekanntgegeben.

Großbritannien und Frland.

Der Premierminister Asquith hielt gestern auf dem Lord Mayors-Bankett in der Londoner Guildhall eine Rede, in der er laut Bericht des „W. T. B.“ ausführte :

C8 habe einige Erregung und Bewegung an einigen Punkten des internationalen Horizonts gegeben, aber keine, die den éFrieten unter den Großmächten zu stören drohe. „Wir sind stets bereit“, fuhr der Premierminister fort, „uns anderen zur Erzielung der Beruhigung anzuschließeu. Wir haben keine Beweggründe, abenteuerlihe Pläne zu fördern. Wir brauchen kein Abenteuer, sondern Beständigkeit und Frieden. Es ist eine gewisse Beunruhigung dur den Sealo sensa- tionellen wie unbegründeten Bericht verursacht worden, daß wir im Begriff seien, eine Politik aktiver Einmischung in die inneren Angelegen- heiten Persiens zu beginnen. Die Tatsachen sind folgende: Seit einiger Zeit T be die Handelsstraßen in Süd-Persien im Zu- stande größter Unsicherheit befunden. Die britischen Firmen forderten naturgemäß von uns zu tun, was wir vermöchten, um dem abzuhelfen. Wir stellten daher an die persische Regierung das dringende An- suchen, daß, wenn sie nicht imstande sei, mit den eigenen Truppen diese Wege zu überwachen, sie ihre Zustimmung dazu erteilen follte, daß eine persishe Truppe unter dem Befehl von britisden Offizieren aufgestellt werde, die zu diesem Zweck von der indischen Ne- gierung gestellt werden sollten. Für den Fall, daß ein Mangel an Geldmitteln die persische Regierung daran hindern sollte, die Ordnung wiederherzustellen, wie ih fast vermute, haben wir der persishen Ne- gierung mitgeteilt, daß wic gern die Beschaffung von Geldmitteln auf irgend eine vernünftige Methode erleihtern würden, wenn der Betrag dazu verwendet werden würde, die Handelsstraßen zu über-

“wadhen und die wirrung geraten

Delegation im Vorjahre nicht einberufen ; Mehr-

cherheit aufrechtzuerhalten. Es ist unmöglich für ‘einen folhen Zustand der Schwäche und Ver- ten Ut, wie er in Persien nah der Absezung des Schahs bestand, sih Para ohne Unterstüßung von außen wieder inauf zu bringen. Persien kann nicht wieder zur Stärke und : infeligteth gegen wenn es eine Politik des Mißtrauens und der

ein Und, das

Feindseligkeik gegen seine unmittelbaren Nachbarn oder einen von thnen verfolgt. In unseren dringenden Vorschlägen, deren An- nahme wir der persishen Regierung empfohlen haben , liegt nihts, was die Unabhängigkeit und die Integrität Persiens bedroht. Wenn die persishe Regierung ih um den guten Willen ihrer Nach- barn bemühen will, wird lie eine bereitwillige Antwort erhalten, aber wenn sie das nicht tun will, wenn ihre Haltung zu gleicher Zeit eine aussihtslose und feindselige sein wird, so muß ein Zustand der Verwirrung und des Chaos entstehen, der eine wirkliche Gefahr für Persien selber und für jedes Interesse in jenen Teilen der elt bilden wird. Für folhen Fall müssen wir uns das Recht vorbehalten, alle Maßregeln zu ergreifen, wie L für den S{uß der britishen Interessen notwendig find. ber unsere Absicht ist, jede Art von Feindseligkeit gegen die persische MNegierung zu vermeiden, und die Schritte, die wir selbst bisher unternommen haben, und die Schritte, die zu unternehmen wir die persische Ne iérung dringend ersucht haben, sind auf die Aufrecht- erhaltung ihrer Autorität gerichtet gewesen." Indem Asquith sodann die Nüftungsfrage berührte, erklärte er, er sei vollständig über- zeugt, daß die Mehrheit der Völker in den zivilisierten Ländern der Welt den Frieden wünsche und dem Kriege entschieden abgeneigt M Was für ein Paradoron sei es dann, daß in fast jedem Lande die [usgabe für Rüstungen der bäufigste Gegenstand parlamentarischer Debatte sei, zuerst in E 1gland selber, dann in Deutschland, dann in den österreichischen Delegationen. „Es wird uns oft gesagt", fuhr der remierminister fort, „daß gerade der Umfang dieser Nüstungen eine icherung des Friedens ist. Aber {hon die Ansammlung und An- bäufung einer, solchen e von explosivem Material ist an sich eine Gefahr, dann erzeugt die Bürde der dafür nötigen Besteuerung überall eine Beunruhigung, die ihren Ausdruck in inneren Nuhestörungen finden kann, die aber au unter irgend einem neuen Impuls in einem äußeren Angriff Erleichterung suchen kann. Kein einzelnes Land kann seine Ausgaben herabsegen und der Mäßigung stärkerer, wahsamerer Nachbarn vertrauen, am wenigsten von allen wir mit unseren Be- ungen über die ganze Länge und Breite der Welt? Wir Vie uns in einem ceirculus vitiosus zu befinden. Das Vor- handensein ausgedehnter Rüstungen \{hafft Furt und Mißtrauen zwischen den Regierungen. Die Furcht und das Mißtrauen zwischen den Regierungen stachelt zur Ausgabe für Nüstunzen an. Aber wenn die Stimmung der Völker friedlich ist, so follte es sicher nicht un- möglich sein, A sich eine freundlichere Atmosphäre nicht nur zwischen zwei oder drei, sondern zwischen allen großen Ländern Europas ver- breitet. Jch bemerke, daß unter dem wachsenden Druck der öffent- lihen Meinung in jedem Weltteil eine gute politische Stimmung, ob sie die Form tatsächlicher VBerständigungen oder nicht an nimmt, in nicht zu langer Zeit so allgemein und umfassend unter den Großmächten werden wird, daß sie diesem ver- \{chwenderisden, unheilvollen Wettbewerb zu kriegerischen Zwecken cine Grenze seßen wird.“ Nachdem Asquith sodann noch das Anwachsen und Prosperieren des Handels sowie das Steigen der Lohnsäße be- rührt hatte, wandte er sih zu den Arbeiterunruhen in Wales und sagte: Der Ausbruch der Gewalttätigkeiten in Wales könne nicht zu scharf verurteilt werden. Der Staat würde niht zögern, den lokalen Behörden jede Truppenmacht zur Verfügung zu stellen, die Tes sei, um die Geseßlosigkeit und Gewalttätigkeit zu unter- drücken. «

Frankreich.

Jn der gestrigen Sizung der Deputiertenfkammer wurde dig _DeSttez über S ozialislénfottgesOpt.

Nah dem Bekiht des „W. T. B.“ “erklärte der Minister- präsident Briand in Erwiderung auf die Ausführungen des De- putierten Charles Benoist, er werde hinsichtlich der Wahlreform die Vertrauensfrage stellen und hoffe, mit Unterstüßung der Kom- mission zu einer {nellen Lösung zu gelangen, vorausgeseßt daß die Kommission den ursprünglihen Entwurf nicht allzu- sehr abändere. Der Abg. Delahaye (Nechte) griff unter starkem Lirm Briand und mehrere Minister, darunter besonders Lafferre, persönli heftig an. Der Präsident erteilte ihm einen Ordnungsruf. Leroy-Beaulie u (Progressist) erklärte, er könne zu einem Ministerium, dem Lafferre, der Verteidiger der Zettel- wirtschaft des Kriegsministers André, angehöre, kein Vertrauen haben. Der Ministerpräsident Briand erklärte, es hänge von den Republikanern ab, ob cr morgen noch an der Spiße der Negierung stehe. Er werde thnen am Abend die Mittel dazu in die Hand geben. Laferre sei ein Ehrenmann und ein Mann von Mut. Sodann, auf die Hauptfrage eingehend, sagte Briand, die Negierung könne morgen einem neuen Glfénbabrierauttiant gegenüber|tehen. Solle sie es mit gekreuzten Armen tun? Wenn das Haus ja dazu sage, dann trete er zurück. (Beifall links und in der Mitte.) Briand erklärte weiter, daß die Negierung, um die Möglichkeit der Wiederkehr solcher ge- fährlichen Ereignisse zu vermeiden, die Schaffung einer dauernden Ausgleihs- und Schiedsgerichtsbehörde vorsh!age, ferner solle es unmögli sein, während der Tagung dieses Schiedsgerichts einen Ausftand zu versuchen, und ebenso solle es unmögli sein, in den Ausstand zu treten, wenn der Ausgleih nit angenommen worden sei. Der Ministerpräsident protestierte sodann gegen Faurès? Behauptung, daß Frankrei der Welt auf der Bahn der Reaktion vor angehe. Frankreihs Freunde zollten ihm Beifall, nit weil es ein Werk der Reaktion vollbraht habe, fondern weil es die Fahne der Zivilifation gegen die Anarchie hobgehalten habe. Wenn ein Ausstand der Angestellten der öffentlichen Dienstzweige das Leben der Nation bedrohe, fuhr Briand fort, so habe die Regierung das Necht, diese Angestellten zur Verteidigung des Vaterlandes einzuberufen. Wenn die Kammer ihm die geseßlichen Mittel verweigere, diesen Möglich- keiten zu begegnen, so gehe e. Zum Schluß wtederholte Briand, die allgemeine Politik der Negierung sei die des weltlichen Unterrichts, der Freiheit und der Gerechtigkeit, und für diese Politik stelle er die Vertrauentfrage. Der Abg. Binder (unabhängiger Lberaler) erklärte, er werde für die Re- gierung stimmen, die die Revolutionäre bekämpft. Der Abg. Pelletan (sozialistisher Radikaler) forderte Briand auf, zu erklären, warum er fih von einer Anzahl seiner Mitarbeiter getrennt habe, und warf ihm vor, er sei der große Mann der Reaktion, da er ¿ine Art von Militarisierung der öffentlichen Dienste habe durblicken lassen und durch Beschränkung des Streik- rechts bestrebt sei, die Sklaverei wieder herzustellen. Pelletan {loß mit der Bemerkung, dic radikale Fahne dürfe niht dazu dienen, eine reaktionäre Regieru zu decken. Der Ministerpräsident antwortete, die ütegierung beabsichtige, die in ihrer Er- lärung gegebenen Versprehungen zu halten. Was die Frage der Ausstände anbctreffe, so werde die Regierung \ich an die von der Kammer genehmigte Tagesordnung halten. Der Niinisterpräsident erinnerte sodann Pelletan daran, daß er als Marizzeminister den Arsenalarbeitern mitgeteilt habe, daß er keinen Ausstand zulassen wücde. Briand wiederholte, die Regierung könne einem vollständigen Stillegen des Eisenbahnverkehrs nicht mit ver- \{ränkten Armen zusehen, und wies die Aufforderung eines Deputierten, über die Bedingungen der Kabinettsbildung Erklärungen abzugeben, zurück. Vom Hause oftmals unterbrochen, erklärte er, er lchne es ab, darauf zu antworten. Das Kabinelt sei nach konstitutionellem Necht mit einem Programm gebildet. Eine Erklärung, {loß er, habe dem Hause Aufklärung gegeben, damit sei es genug. Wenn die Kammer das Kabinett nicht haben wolle, so möge sie es sagen. Nachdem der Präsident unter großer Unruhe die eingebrahten Tagesordnungen verlesen hatte, erblärte Briand, er werde die Tagesordnung Grosdidier annehmen, in der der Regierung das Vertrauen aus-

die Interpellationen der

gesprochen und die Erklärung der Regierung gebilligt werde

e Einige Deputiette Landta sich inie | fle Lärm gegen Lafferre wegen seiner Beziehungen zur Freimaug Lafferre protestierte lebhaft gegen diese Angriffe. tf

Die Tagesordnung Grosdidiers wurde darauf yy 296 gegen 209 Stimmen angenommen und die Si ung M schlossen. Für die Tagesordnung, die der Negierung p D lrauen ausspricht, stimmten 11 unabhängige Sozialisiy, 72 Sozialisti]h-Radikale, 91 Radikale, 67 der demokratishy Linken, 47 Progressisten, 3 der Action libérale ul 9 Unabhängige, dagegen 75 geeinigte Sozialisten, 18 Uh abhängige Sozialisten, 56 Sozialistisch-Radikale, 9 Nadifah 2 der demokratischen Linken, 6 Unabhängige, 6 Progressise, 22 der Action libérale und 15 der Rechten. 56 Abgeordne enthielten sich der Abstimmung, darunter Millerand, Nuqu Viviani, Chéron, Renoult und Sarraut, die dem vorige Kabinett angehörten; abwesend waren 81 Deputierte. F, Majorität umfaßt 241 Stimmen der Linken, die Minorität 169 einschließlich der geeinigten Sozialisten.

Spanien.

Jn der Deputiertenkammer sprach gestern der Sozialiß Jglesias über den Ausstand in Sabadell und Barcelona.

Wie das „W. T. B.“ meldet, sagte Iglesias im Laufe sein Nede dem Minister des Innern, wenn man Gesetze gegen die Arbeite, machte, so würden sich diese darüber hinwegseten, und Stöße würde blutige Gegenstöße, und zwar .in einer Ausdehnung, von der man sid unmöglich ‘eine Vorstellung machen könne, hervorrufen. |

Portugal.

Die Gesandten Frankreichs, Spaniens, Jtalien und Englands sind gestern vom Minister des Aeußern Machado empfangen worden, dem sie, „W. T. B.“ dufolge mitteilten, daß jie ermächtigt worden seien, die laufenden (6 schäfte wiederaufzunehmen. Die Gesandten brachten zu gleier Zeit den Wunsch nah herzlichen Beziehungen zwischen ihre Ländern und Portugal zum Ausdruck.

Der Finanzminister Relvas beschäftigt sich, obiger Quelle zufolge, mit einer Reform der Verwaltun g seines Ministeriums, der Eintreibung alter Schulden an dey Staat im Betrage von 25 Millionen Francs, der Wieder einziehung von Staatseigentum und Staatsgütern, eint Organisation zur direkten Kontrolle der Gesellschaften mit beschränkter Haftung und aller Unternehmungen, die in V ziehungen zum Staat stehen, sowie eine Reform der (Grundlagen der Steuern. Bei der Eintreibung der alten Schulden an den Staat soll jedoch ohne Härten gegen die Schuldner vorgegangen werden. |

Vier Admirale, unter

, : : thnen der Frers Minister prähtdent Ferreira do Amaral, sind verabschie

et worden.

Niederlande.

Der frühere Sultan von Marokko Abdul Asiz ist, „W. T. B.“ zufolge, von Lissabon an Bord des Post: dampfers „Königin Wilhelmina“ gestern abend in Ymuiden angetommen. Da Lissabon für pestverdächtig erklärt ist, wird der Dampfer, bevor er nah Amsterdam weitergeht, vorerst in Quarantäne bleiben.

Türkei.

Der Finanzminister Djavid Bei und der Direktor der Deutschen Bank Dr. Helfferich haben, einer Meldung des Wiener K. K. Telegraphen - Korrespondenzbureaus zufolge, gestern abend den Anleihevertrag unterzeichnet.

Serbien. __ Der Kronprinz Alexander hat, „W. T. B.“ zufolge, die Nacht ruhig verbracht. Das Fieber ist nahezu ge\{chwunden,

Amerika,

Jnfolge der in Amapala (Republik Honduras) ausge brochenen Unruhen ist der deutshe Kreuzer „Bremen zum Schuße des deutschen Eigentums und der deutschen „nteressen dorthin beordert worden und, „W. T. B.“ zu folge, vorgestern, aus Panama kommend, dort eingetroffen, Ein französisches Kriegsschiff und ein Kreuzer der Vereinigten Staaten von Amerika sind bereits dort: ein englisches Kriegs {if wird erwartet. :

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Lima ist in der Provinz Chiclayo eine Revolution ausgebroer. Die Regierung entsandte Truppen dahin.

Afien.

Nach einer Meldung des „Neutershen Bureaus“ find di englischen Landungstruppen in Lingeh, nachdem die Gefahr für die Fremden beseitigt ist, zurückgezogen worden. 5

Jm chinesishen Reichsaus\chuß entspann sid gestern eine Diskussion über die Anleihe der Provinz Hunan. Besonders bemängelt wurde, „W. T. B.“ zu folge, daß die Anleihefrage der Provinzialversammlung von Hunan nicht unterbreitet worden wäre. Die Mik glieder des Großen Rates, die die Anleihe sanktioniert hätten, waren Gegenstand heftiger Angriffe. Auf Verlangen des Hauses telephonierte der Präsident den in Frage kommende! Näten, sie möchten kommen und Erklärungen abgeben. Die Antwort lautete dahin, daß es ihnen unmöglih wäre, zu scheinen. Das Haus war für die Zwischenzeit vertagt wordel. Ein Antrag auf weitere Vertagung bis zum Erscheinen de! Näte wurde abgelehnt, und der Präsident machte sich anheischig, den Herren dringend nahe zu legen, den Wünschen des Hauses zu entsprechen. Die ordentlichen Geschäfte des Hauses wurde durch diesen Vorfall um drei Stunden verzögert. Der Ton der Versammlung war durchaus loyal gegen den Thron, abt! sehr scharf gegen die Beamten. i

Wie 00s W. D. B qus Tokio meldet, 1d 26 Japaner, die der Teilnahme an einer Verschwörun9 gegen das Leben des Kaisers angeklagt waren, der wü) rend seines Besuchs der Militärshule von ihnen ermordet! werden sollte, vom Tribunal für schuldig befunden worde". Das Gericht empfiehlt, auf die shwerste geseßlich vorgeschrieben Strafe, nämlich auf die Todesstrafe, zu erkennen.

Statiftik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung. fe

E Former der Allgemeinen Deutschen Metallw, in Oberschôneweide bei Berlin, sind, wie die „Voss. tg. und teilt, in den Ausstand eingetreten. Sie verlangen höhere Löhne einc Verkürzung der Arbeitszeit. ¿e bon In Wilhelmshaven lehnte, ,W. T. B.“ zufolge, en 4000 Werftarbeitern besuhte Versammlung die Gntschlie

ves Arbeiteraus\{husses, nah welcher der Streit zwischen der Direktion und den Arbeitern geshlichtet werden sollte, ab. Der Arbeiter- aus\{uß legte darauf sein Amt nieder.

Vis Dortmund wird der „Köln. Ztg.“ berichtet, daß wegen der Entlassung von zwei Sicherheitémännern auf Schacht 1 der Z ee Dorstfeld zwishen der Zechenverwaltung und der Beleg- schaft ein Slreit auégebrochen ist. Eine in der Sache ab- gehaltene Belegschaftsversammlung war nach der „Bergarbetter- zeitung“ einstimmig der Ansicht, daß die beiden entlassenen Sicherheitsmänner das Angebot, sich nach einem anderen Schachte verlegen zu lassen, nicht annehmen könnten, weil sie dadurch als Sicherheitsmänner beseitigt wären. Die Versammlung nahm eine Entschließung an, in welcher der Arbeiteraus\{chuß beauftragt wird, die Wiederanlegung der entlassenen Sicherheitsmänner in das Arbeits- perhältnis zu fordern, aus dem sie entlassen worden sind. Sollte dieser Schritt vergeblih fein, so foil eine demnächst einzuberufende neue Belegschaftêversammlung über weitere Schritte Nen,

Cine in Dresden abgehaltene Versammlung streikender Arbeiter der Shuhindustrie bat, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, die Zu- eständnisse der Bamberger Unternehmerkonferenz zurückgewiesen. Es oll nochmals ein Cinigungêversuch gemacht werden. Bleibt dieser erfolglos, dann wird wahrscheinlich am Sonnabend eine allgemeine Aussperrung erfolgen. (Vgl. Nr. 260 d. Bl.)

Aus London wird dem ,W. T. B.“ telegraphiert: Die Arbeiter- vertreter auf der Konferenz im Handelsamt haben an die Bergarbeiter im Ausstandêgebiet von Wales ein Telegramm gerichtet, sie möchten für Beilegung der Feindseligkeiten Sorge tragen und alle notwendigen Vorkehrungen treffen, wenn die Bergwerksleitung Arbeitékräfte für die Herauéschaffung der Pferde aus den Scch{ächten nötig hätte. (Vgl. Nr. 264 d. Bl.)

Wohlfahrtspflege.

Bauarbeiterschußg.

In einem an die Provinzialbehörden gerichteten Erlasse hat der preußische Minister der öffentlichen Arbeiten darauf hingewiesen, daß die im Arbeitershußinteresse von den Polizeibehörden auszuübende Baukontrolle nicht allein den Hochbauten, sondern in gleichem Um- fange au den LTiefbauten und dem Abbruche bon Baulichkeiten zu gelten hat. Die Polizeibehörden sollen, soweit dies noch nicht ge- shehen ist, dafür sorgen, daß die mit der Bautenkontrolle befaßten Organe auch diesen Arbeiten ihre Aufmerksamkeit zuwenden, damit die bestehende Unfallgefahr nach Möglichkeit vermindert werde.

Wie die „Kölnische Volkszeitung“ aus Aachen meldet, hat das fürzlih verstorbene Fräulein Adele Cockerill eine Reihe be- deutender Stiftungen gemacht. U. a. machte sie eine Stiftung für unbemittelte Damen, bestehend aus drei Gütern, darunter dem Schlößchen Berensberg und dem bekannten Paulinenwäldchen, sowie + Million in bar: davon follen 200000 4 zum Umbau des Schlößchens in ein Damenheim und 300 000 4 zu dessen Unterhalt dienen. Außerdem vermachte sie verschiedenen Kirchengemeinden und Anstalten insgesamt 31 000 4.

Kunst und Wissenschaft.

A. F. Die Gesellschaft für Erdkunde hatte ihr Winter- programm am 15. Oktober mit einem Vortrage des Or. A. von Lecoq über „Neisen und Ergebnisse der ersten Königlich preußischen (zweiten deutschen) Erpedition nach Turfan in Chinesish-Turkestan“ eröffnet. Es ist derzeit an dieser Stelle der Vortrag aus dem Grunde nicht besproGßen worden, weil Dr. von Lecoq bald nah der Nückkehr von setner in Begleitung des auêgezeihneten Beamten am Museum für Völkerkunde Bartus unter- nommenen Forschungsreise, die vom 12. September 1904 bis zum 1. Dezember 1905 dauerte (an welhem Tage Dr. von Lecoq sich der dritten deutshen Turfan-Expedition ans{chloß), einen sehr ausführ- lihen Vortrag darüber in der Gesellshaft für Anthropologie gehalten hatte. Dieser Vortrag ist in Nr. 131 vom 3. Juni 1907 in allen Einzelheiten wiedergegeben worden, was seine Wiederholung an dieser Stelle erübrigt. Doch erscheint es nur gereckt, hervorzuheben, daß Dr. von Lecoq in feinem jüngsten Vortrage in der Gesellschaft für Erdkunde an die Wiederholung seiner MNeiseerlebnisse und -Ergebnissè ganz neue Mitteilungen von höchstem Interesse geknüpft hat über bedeutsame Einblicke in die bis dahin ziemlich unbekannte mittel asiatishe Kulturwelt von etwa 200 bis 12€0 unserer Zeitrechnung, welche seitdem aus dem Studium der aus Turkestan mitgebrachten, überaus zahlreiden Manuskripte gewonnen worden find. Ueber diese im wesentlihen Professor Dr. F. W. K. Müller zu dankenden Forschungsergebnisse vermohte Dr. von Lecog natur- gemäß früher als nach Jahren des Studiums nit zu berihten. Gs fann aber nicht geleugnet werden, daß nunmehr auch die Dertlichkeiten an Interes)e gewonnen, von denen er etwas mitzuteilen hatte: hier wurden Manuskrivte gefunden; die Licht auf die merkwürdige Gemeinschaft der hier verbreiteten Manichäer werfen, dort Schriften, die unzweifelhaft eine Religionsverfolgung be- kunden, denen die buddbistishen Bewohner zu einer Zeit in Turkestan unterworfen waren, u. \. f. Nach dieser Richtung hat der neueste Vortrag von Dr. von Lecog sehr Wertvolles gebracht, wie am Schluß der Versammlung au von dem Vorsißenden gebührend hervorgehoben worden ist.

i Die Novembersißung der Gesellschaft für Erdkunde brachte einen Vorlrag des Ersten Vorsitzenden der Gesellschaft, Geheimen Regierungs- rats Professors Dr. A. Pen ck über , Die Vollendun ader Karte des DeutshenNeiches 1:100 000“. Der Redner \chickte dem Hauptteil leines Vortrags, nämlich der Erläuterung zahlreiher Lichtbilder, eine historische Einleitung voraus, die von höchstem Interesse war. Die Schaffung einer auf einheitlichem Plane beruhenden, nah einheitlihem Maßstab entworfenen Karte Deutschlands ist ein Gedanke, der von der ersten gesamtdeutschen Volksvertretung 1848 aufgestellt, an der allgemeinen Zustimmung nie Mangel gelitten hat und deshalb auch angsam, aber siher ausgereift ist. Zwar ist der Weg bis ¡u der dem laufenden Jahre angehörenden Vollendung des letzten Kartenblatts ziemlich mühevoll gewesen. Galt es doch, fehr bedeutende Verschiedenheiten der Meinungen auszugleichen, von denen jede mit guten Gründen verfohten wurde und den gleichen Anspruch auf Berücksichtigung besaß. Es darf gesagt werden, daß im gegebenen Halle die Meinungen niht durch Mehrheitsbes{lüsse durchgesett, sondern allmählih für das Beste gewonnen worden sind, sodaß heute au keiner Sette mehr ein Zweifel besteht, daß der Plan, zu dem man "ih {ließli geeinigt, der denkbar geeignetste und beste ist. Es gab somit nicht eigentlich einen Kampf, sondern ein friedlihes Für und ider von Erörterungen zwischen den Instituten, die ursprünglich die Xrufenen Pfleger der Kartographte in den verschiedenen deutshen Bundes- staaten waren, nämli die Generalstäbe von Preußen, Bayern, Sachsen und Württemberg, denen sih einige seit lange angesehene karto graphische Privatinstitute beigesellten, an denen Deutschland reicher ist G8 irgend ein anderes \{ärfer zentralifiertes Land. Ziemlih lange eit ist vergangen, chbe sich die für einen größeren Maßstab von M elngenommenen süddeutschen Generalstäbe für den e O aßstab von 1 : 100 000 entsieden. Größeres Leben in die Förde- politischen: e brachten erst die 1866 eintretenden vas en Neugestaltungen in Deutschland, dann der zur Tat verdende Plan einer mitteleuropäishen Gradmessung, deren qplnitus rector General von Bayer war. Seit der Schaffung des a Reiches aber gab es ate etnen Zweifel mehr, daß dem dérttau, stab in Berlin die Gesamtleitung des großen Werkes anzu- di S Von da ab ‘entstand in unablässiger, zielbewußter und s V. gYtigsten Kräften geleiteter Arbeit in Nord und Süd, Ost G die heute in 975 Blättern vorliegende Karte von Deutsch- viel erf fa dieser stetigen und stillen Arbeit hat die Welt selten aufzuneh ren. Daß die O am Werk seien, die Landschaft h gien merkte man zumeist nur an dem Bau der schlihten Türmchen andmarken, die bald hier bald dort errichtet und unter strenges, gegen

nung der gemeinsamen Aufga

ihre Beschädigung gerichtetes Verbot gn wurden. Auch sah man Offiziere und Mannschaften wohl längere Aufenthalte an kleinen Orten, Städten und Dörfern, nehmen, hne in weiten Kreisen doch eine rihtige Vorstellung von der Bedeutsamkeit ihrer Arbeiten zu ge- winnen. Es darf deshalb als sehr erfreulich angesehen werden, daß dic Träger des großen Werkes selbst einigermaßen für die Erhaltung ihres Nachruhms eingetreten sind, indem sie öfters sich von Photographen bei ihrer Arbeit belaushen und auf die Platte bringen ließen. Der Vortragende hatte für eine Bilderreihe diesex Art Sorge getragen, ‘die den Geometer und Feldmesser, den Zeichner und Visierer an der Arbeit zeigen und mchrere jener wichtigsten Holztürme und Gerüste im Bilde erhalten. Andere vom Bildwerfer vorgeführte Aufnahmen zeigten das Deutsche MNeich in jene 575 Quadrate eingeteilt, von denen 445 durch den preußischen, 80 durch den bayerischen, 30 durch den sächfischen, 20 durch den württembergischen Generalstab nach den vereinbarten Grundsäßen aufgenommen worden sind. Jedes Quadrat hat seine Nummer, ihm verliehen nah der Zeit seiner Fertigstellung, \fodaß daraus {on ungefähr zu entnehmen ist, wann am gegebenen Ort wichtige Arbelt ausgeführt worden ist. Nachdem vom Vortragenden au die verschiedenen Arten der graphischen Ausführung der Karten- bilder erläutert wurden, {ritt er zur Vorführung einer großen Zahl der Blätter einfachster Ausführung, die fortan zum Preise von 1,50 4 erbältli sein werden, und bereitete damit der Versammlung eine große Ueberrashung. Denn was Geheimrat Penck au vorher von der glücklichen Erreichung des gesteckten Zieles, ein natür- liches und getreues Bild der Bodenbeschaffenheit in den Karten zu liefern, empfehlend gesagt hatte, es wurde übertroffen durch den groß- artigen und plastishen Eindruck, den, in der Vergrößerung vielleicht auffälliger als in dem fleinen Kartenblatt, diese Karten gewährten. Cs wurden Blätter gezeigt, wie Neustadt in Westpreußen, Birnbaum, Berncastel, Cochem, Stuttgart, das Eichéfeld u. a., die den Eindruck gaben, als sähe man zum ersten Male die betreffende Landschaft in thren natürlihen Verhältnissen, den längst versiegten Urstrom noch zwischen seinen Ufern eingebettet, die Binnenlandsdünen noch in der Zeit ihrer Entstehung. Von einer Treue bis ins Einzelne aber sind besonders die Gebirgébilder, und man durfte es dem Geologen Penck glauben, daß auch diese Wissenschaft von den getreuen Kartenbildern Gewinn habe, manche Erscheinungen \ich besser erklären, auf andere erst aufmerksam gemacht, in jedem Fall neue An- regungen gewonnen werden. So darf das großartige Kartenwerk, dessen sich bisher in gleiher Vollendung kein anderes Land erfreut, wenn es auch in 50 Jahren die Summe von 46 Millionen Mark zu seiner Herstellung erfordert hat, mit Freuden und großer Genugtuung über das Erreichte begrüßt werden. Geheimrat Penck endete feinen Vortrag unter Zustimmung der Versammlung mit dem Aus- druck lebhaftesten Dankes der geographischen Wissenschaft an die Unternehmer und Vollender des großen Werkes. An diese Worte {loß der stellvertretende Vorsigende, Geheimrat Hellmann noch den Dank für die soeben empfangene lihtvolle Erläuterung der ge- sctilderten großen Kulturtat durch den Redner.

Literatur.

Ernst Zahn: Gedichte. (Deutsche Verlagsanstalt; geh. 4, geb. 5 4.) Der sympathische \chweizer Dichter, der auf dem Gebiet der fnappgehaltenen Erzählung so vortreffliches geschaffen hat, ist, wie er in der Einleitung zu dem vorliegenden Gedichtbändchen hervorhebt, durch äußere Anregungen veranlaßt worden, in ihm eine Auswahl aus seinen in den leßten fünfzehn Jahren entstandenen Gedichten herauszugeben. „Diese Gedichte wollen um die Worte des Dichters zu gebrauchen keine Tat sein.“ Bei einem Dichter von der Bedeutung Ernst Zahns sind au wir durchaus berechtigt, ja verpflichtet, den strengen Maßstab an feine Dichtungen zu legen, mit dem er sie nah jener Aeußerung selbst mißt. Und da kommt man nach der Lektüre des Gedichtbändchens zu dem Ergebnis, daß der Lyriker Zahn den Vergleich mit dem Novellisten in keiner Weise aushält. Als Novellist ist Zahn durchaus eigenartig, sowohl in den behandelten Stoffen wie in der Form, in der er sie auspräâgt; seine Gedichte übermitteln dagegen einen durchaus herkömmlichen Gefühls- und Gedankenkreis in einer Form, die keinen persönlichen Charakter aufweist, die sogar gelegentlih unausgereift und unausgeglihen ist. Daß sich_ in der Sammlung auch einige Gedichte finden, in denen Form und VFnhalt sich glüdlich zusammenfanden, und aus denen ein eigener Ton klingt, sei besonders bemerkt, wie es nit erst hervorgehoben zu werden braudt, daß aus dem ganzen Buche eine sympathische, gemütstiefe Persönlichkeit spricht. Um den geshäßten Dichter in feinem eigenen Gefühlsleben unmittelbar kennen zu lernen, werden gewiß viele gern zu diesem Gedichtbändchen greifen und sih freuen, auch hier einen aufrechten, kernigen Mann zu finden, der voll Gottvertrauen Vaterland, Heimat und Familie in treuem Herzen hegt. Die Hochschäßzung, die sie dem Menschen Zahn entgegenbrahten, wird in diesen Gedichten noch Stärkung finden ;: wer aber die dichterishen Fähigkeiten Zahns kennen und richtig s{äßen will, wird zu seinen Novellen greifen müssen.

Wilhelm Hegeler: Die frohe Botschaft. (Stuttgart, Deutsche Verlagsanstalt ; 5 Æ.) Die Heldin dieses Romans ist ein junges Mädchen, die Tochter eines Regierungsrats, die, als ihr Vater wirtshaftlih zusammenbricht, mit Energie sih von ihrem bisherigen äußerlichen Gesellschaftsleben abwendet und einen Erwerb sucht und findet, der den Jhrigen über die {were Uebergangszeit hinweghilft. Zugleich aber beginnt sie sih für foziale Probleme zu interessieren und ergreift, als sie in den Kreis der „Elitanier“ gerät, die in Afrika einen sozialen Staat begründen wollen, mit Feuereifer diese Idee und wird bald eines. der erfolgreihsten Mitglieder des Bundes. Ihre Bemühungen aber, einen reihen Fabri- kanten zur Hergabe einer großen Summe, die zur Aus- rüstung einer Vorexrpedition nah dem Kenia von den Elitaniern ge- braucht wird, zu bewegen, \ceitert, und um die Hoffnungen ihres Zukunftsstaates stünde cs s{chlimm, wenn nicht ein anderes Mitglied des Bundes, ein \krupellos - ehrgeiziger Tischler, die Mittel heimlich dur Diebstahl verschaffte und die Diebesbeute den Genoffen als Gabe eines unbekannten Gönners zur Verfügung stellte. So cheint ,Eliranien“ gesichert und die frohe Botschaft der Clitanier der Erfüllung nahe. Und doch ist die Heldin innerlih niht mehr völlig von der Möglichkeit, die elitanishen Ideale könnten verwirkliht werden, überzeugt, und ihr Glaube wird noch mebr erschüttert, als der Hauptagitator des Bundes, der auch die Vorerpedition nah dem Kenia leiten soll, bei der Abreise ihr gesteht, daß er eigentliÞh ohne Hoffnung und als innerlih ge- brohener Mann die langersehnte Reise antrete. Diese findet ein unrühmliches, \{nelles Ende. Der Erxpeditionsleiter wird unterwegs von jenem diebishen Mitglied aus unbegründeter Eifersucht ermordet, und das ganze Unternehmen scheitert an der Disziplinlosigkeit und dem Hader der übrigen Mitglieder. Die junge Heldin flieht in die winterlihe Ginsamkeit eines thüringer Dorfes, von wo ein Bekannter und treugebliebener Verehrer aus den vorelitanisGen Tagen sie als Braut ins Leben zurückführt. Der Roman is im ersten Drittel ctwas zu breit angelegt und matt in der Darstellurg. Dann gewinnt er an Lebendigkeit und an Prägnanz in der Charakteristik namentlich einzelner Nebenfiguren. Vor allem sind die Gestalten des aus Ehrgeiz zum Merbreder werdenden S(hlossers und seiner fittlih-angefaulten Braut fein durhgeführt; auch der Führer der Clitanier, der troß oder wegen seiner phantastishen Unkenntnis der realen Verhältnisse die Menge mit 1e fortzureißen versteht, ist interessant und glaubhaft gezeihnet. Die Charakteristik der Heldin aber ¿eigt neben vielen gut beobachteten Einzelheiten manchen unglaub- haften Zug. So entpuppt J das junge, bis dahin vom Gefellshaftsleben getragene Mädchen urplößlih als perfekte, erfolg- reiche Volkêrednerin. Auch der Schluß ist recht unwahrscheinlich begründet. Die von ihren elitanishen Hoffnungen Enttäuschte folgt tem ihr treu gebliebenen Verehrer lediglich aus dem Grunde, weil fie dann den kleinen, ihr erst seit kurzer Zeit bekannten Sohn des ermordeten Elitanierführers besser erziehen kann, einen höhst un- sympathischen Slhlingel, dessen Vater ihrem Herzen nie wirklih nahe gestanden hat. Troß dieser Mängel ist das Buch als Gesamtwerk doch turchaus der besseren Unterhaltungslektüre zuzurehnen.

Vom Anselm Feuerbach-Werk (Hanfstängl in München find die zweite und dritte Lieferung erschienen l brtngen u. e herrlihe Münchener Bild der Medea am Meeresstrand mit den Kindern und den Schiffern, die das Boot in die See ziehen, ferner die reizenden Kinderszenen, die Idylle aus Tivoli und die Pietà aus der Schakgalerie, das große Frühlingébild, Dante mit den Frauen, das als Frucht der Coutureschule zu verstehende Parisurteil, ein Selbst- bildnis und Studien.

Land- und Forstwirtschaft,

Saatenstand und Getreidehandel in Nußlaud.

Der Kaiserlihe Konsul in Saratow berichtet unterm 2. d. M.: Der Winter hat in diesem Jahre an der Wolga früher als sonst ein- gesezt. Die erste Hälfte des Berichtsmonats brahte zwar noch warme, gleihmäßig s{chöne Tage. Diese sind indessen seit den leßten zwei Wochen von bedeutend fkälterem Wetter ab elöst worden, das des Nachts son erheblihe Fröste bis zu 7 Grad aufzuweisen hat. Schnee ist bis jeßt wenig und nur in be- langlosen Mengen niedergegangen, dagegen hat es an Negen im Gegensaße zu dem vorjährigen, sehr trockenen Herbste niht gefehlt und die Wintersaaten haben si bei genügender Feuchtigkeit im all- gemeinen nit übel entwickelt. Eine gewisse Berschiedenheit ist ihnen reilich nicht abzusprehen. So ist es im Kretse Zarizyn mit dem

oggen {lecht bestellt, was indessen kaum Wunder nehmen darf, weil in diesen Strichen der fruchtbare, s{chwarze Boden bereits lange aufgehört und sih in seiner Beschaffenheit der Salzsteppe genähert hat. Im Norden des Gouvernements stehen die Saaten dagegen ungleich befser. Cin ähnliches Verhältnis gilt für das Gouvernement Ssamara, ob- schon vas Bild dort reichlich bunt ift. Im Kreise Nowousensk, der an die Ländereien der Orenburger Kirgisen, der sogenannten kleinen Horde angrenzt, sind die Aussichten schwach und das Ergebnis ver- spricht erheblich unter dem Durchschnitt zurückzubleiben. In den Kreisen Ssamara, Stawropol und Nikolajewsk dagegen nähert \ich der Wintersaatenstand dem „gut", und der Kreis Buguruslan läßt noch E dg O

Für das Korngeschäft beginnt jeßt die stille Zeit. Die Wolga ist zum Teil {on zugefroren und die Dampfer Fedhränfee sich auf die leßten Fahrten, die sie in die Winterquartiere führen sollen. Von großen Frachten kann daher nicht mehr die Nede sein, besonders da auch der Bugsier- und Barkenverkehr bereits sein Ende gefunden hat. Unter diesen Umständen blieb der Markt, der schon zu Ende des ver- gangenen Monats wentg Leben zeigte, durchgehend gedrückt. Nur in Gerste herrschte seitens der örtlichen Brauereien starke Nachfrage, da die be- vorstehende Brausaison große Vorräte beansprucht. In dieser Frucht hielten sih auch die Preise sehr beständig und sind im Vergleiche zum September noch gestiegen. Sonst hat indessen die fallende Tendenz der leßten Wochen nicht nachgelassen, obwohl die Bewegung ketne heftige war und nur in geringen S wankungen verlief. Weizen (Pererod) blieb wie früher ungefragt und auch russisher Weizen fand in seinen besten Absaßstätten, den baltischen Häfen, etnen \{wachen Marft. In Hafer dagegen besserte si die Lage, ohne sich E bis zum Schlusse des Berichtsmonats durhsetßen zu können.

Gezahlt wurden zu Beginn Oktober :

Nussisher Wetzen . 0,80—0,87 RbI. Uo 0,61—0,64 Hafer (Pererod) 0,48—0,54 Hafer (Nussischer) . 0,43—047 ,

: e a e 000008

dcs Pud, wogegen Ende Oktober folgende Preise notiert wurden : Nussisher Weizen . 0,75—0,84 Rbl. IEOGOEN o 0,59—0,61 ,„ Hafer (Pererod) . 0,49—0,54 , Hafer (Nussischer) . 0,44—0,48 , Gerste. e e xcs O00

Auch in Delsaaten eige der Markt nur geringe Veränderungen gegenüber dem vorigen Monat. Die allgemeine Ges, Enns litt unter einer gewissen Trägheit und die Preise für bestimmte Sorten begannen zu sitken. In Sonnenblumensamen herrs{chte in der ersten Hälfte des Monats eine gewisse Beskändigkeit vor, während es in Sonnenblumenöl sehr ruhig blieb. Dieses Bild verschob sich für die zweite Hälfte des Monats in umgekehrter Weise. Sonnen- blumenöl begann si zu festigen, während das Geschäft in Oelkernen wieder s{chwächer wurde.

Man zahlte zu Beginn des Monats:

Sonnenblumensamen . . . 1,20—1,70 Nbl. Sonnenblumenöl 6,00—6,10 das Pud.

Sonnenblumenkuchen wurden erst in der 2. Hälfte des Monats

gehandelt, sodaß sich für den Schluß des Oktober folgende Preise

ergaben: Sonnenblumenkuchen . . . 0,59—0,60 Rbl., Sonnenblumensamen . . . 1,20—1,70 , Sonnenblumenöl .. .. . 5,95—6,00 ,

Saatenstand und Getreidehandel in Rumänien.

Der Kaiserliche Generalkonsul in Galaß beritet unterm 3. d. M. : Der Monat Oktober brachte einen der Bestellung und Entwiklung der Herbstsaaten recht günstigen Witterungsverlauf. Auf dem Getreide- markt herrschte eine der Jahreszeit wenig entsprechende Nube. Die Preife standen andauernd über den Auslandspreisen. Ihre Erklärung findet diefe Festigkeit in dem aus früheren Abshlüssen stammenden DeEungsbedürfnis. In Weizen blieb auch im Oktober Italien der Hauptabnebmer. Das Geschäft nah Deutschland war unbedeutend. Für prompte Ware ist nur ganz geringe Nachfrage vorhanden, dagegen zieht das Geschäft für spätere Termine (Januar/April) sichtlich an. Noggen wurde zu niedrigen Preisen hauptsählich nach Belgien und Holland verkauft. Die Nachfrage beschränkte sich auf die Era Sorten. In Gerste herrschte zu Anfang des Monats etwas lebhaftere Nachfrage von Hamburg. Später trat jedoch eine bemerkenswerte Abs{chwächun ein. Infolge der scharfen Konkurrenz der russischen Märkte sehen id die rumänischen Besißer zu einer abwartenden Haltung veranlaßt. In Hafer war ebenfalls nur geringer Umsaß zu verzeichnen. Kleinere Mengen wurden zu wenig nußbringenden Preisen nah Italien und England verkauft. Die Preise für Ma is sind im Laufe des Monats stark zurückgegangen, da fast keine Nachfrage aus dem Auslande vorhanden war. Die Ursache erblickt man in den billigen Preisen für amerikanis{chen Mais.

Neber Sulina seewärts wurden in der Zeit vom 2. bis 29. Ok- tober verfrachtet :

Weizen . R CAC U Noggen . 27 029 Mais 18448 , Gerste A 46 083 O e 10D

Die Preis stellten sfi, wie folgt: 1000 kg cif Kontinent: NBEIen BUSL Ke T e G O0 I C E e 155

Noggen E 99 | Helenen

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Hafer

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67/68 105 | prompi. 91

49/50 101 |

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Mais. Dou... „c c 10

« _Ginquanind «C E Die Seefrachten waren zu As des Monats fest, gingeu jedoch in er zweiten Hälfte von 13/ Rotterdam: Antwerpen n 9/6—9/ zurü. Im Hafen von Braila ankerten bei Schluß des Monats

50—55 Seedampfer.