Uebersicht der Einnahmen an Zöllen, Steuern und Gebühren für die bis zum Schlusse des Monats
Zeit Oktober 1910.
vom 1. April 1910
Die Solleinnahme nah Abzug der Ausfuhrvergütungen usw. hat betragen
Die Isteinna
hat betragen
hme Im NReichshaushalts-
Bezeichnung
im ; der Einnahmen. Monat Oktober bis
Laufende Nummer
—
vom Beginne des Nechnungsjahrs
im zum Schlusse) 9p „nat Oktober
des Monats Oktober E 4
vom Beginne des
Nechnungsjahrs
bis zum Schlusse des Monats
eat I De Einnahme für das“ Nechnungsjahr 1910 veranschlagt auf
Oktober b M
5
6 7
64 155 313 1 036 314 2 608 235
17 099 523 9 674 027
18 369 915
84 210 1 404 13 1 653 600 1 696 714
9 476 398 189 310 1 646 229
4 764 079 370 049 2 286 771
O11 767 1/622 333 1 681 376 2115320
218 481
265 863 209 217 4 234 692 3003 134 157 500
Bea Tabaksteuer . Zigarettensteuer BUCC U U E Verbrauchsabgabe für Branntwein Essigsäureverbrauchsabgabe . Schaumweinsteuer . . Leuchtmittelsteuer . .. Zündwarensteuer C e e es und Uebergangsabgabe von N e Spielkartenstempel eee fteuer ê Neichsstempelabgaben : A. von Wertpapieren R B. von Gewinnanteilshein- und Zins- bogen A C. von Kauf- und sonstigen Anschaffungs- eaen, N D. von Lotterielosen : a. für Staatslotterien þ. für Privatlotterien 2. von Frachturkunden . : + von Perlonenfabrtatten . bon Erlaubniskarten für Kraftfahr-
jene en, E Mitglieder
—— So P
pad a
. von Vergütungen an von Aufsichtsräten .
pon Se K. von Grundstücksübertragungen
D IMANAIUEE A
Statistishe Gebühr Sb Ns
*) Berichtigte Beträge.
Kiel, 21. November. Vorgestern mittag fand, „W. T. B.“ zufolge, die feierlihe Vereidigung der Marinerekruten der Garnison Kiel im Exerzierhause der ersten Matrosendivision in Gegenfkvart Seiner Majestät des Kaisers, Seiner König- lihen Hoheit des Prinzen Adalbert von Preußen, des Staatssekretärs des Neichsmarineamts, Admirals von Tirpigz und der Admiralität der Garnison statt. Nachdem die Rekruten den Eid abgelegt hatten, hielt S eine Majestät der Kaiser eine kurze Ansprache an sie, worauf der Chef der Marinestation der Ostsee, Vizeadmiral Schröder, ein dreifahes Hurra auf Seine Majestät ausbrachte. An die Feier {loß sih ein Frühstück in der Offizierspeise- anstalt. Danach begab Sich Seine Majestät der Kaiser nah Holtenau, wo er vom Präsidenten des Kanalamts Dr. Kauß empfangen wurde und unter dessen Führung den Neubau der Schleusen eingehend besichtigte. Abends fand an Bord der ' „Deutschland“ bei Seiner Majestät Abendtafel statt. — Heute früh 6 Uhr 30 Minuten hat Seine Majestät der Kaiser an Bord des Flaggschiffes „Deutschland“ die Fahrt nach Mürwick zur Einweihung der dortigen neuen Marineschule an- getreten.
Halle a. S., 21. November. Die hiesige Polizeiverwal- tung hat, „W. T. B.“ zufolge, die hier bestehende \ozial- demokratische Freie Jugendorganisation auf Grund des § 2 des Vereinsgesetzes aufgelöst.
Bayern.
Seine Königliche Hoheit der Prinz Bayern feierte vorgestern sein o0jähriges Militär- jubiläuum. Jm Laufe des Vormittags nahm der hohe Jubilar, „W. T. B.“ zufolge, die Glückwünsche des Kriegs- ministers und der Abordnungen derjenigen Regimenter ent- gegen, zu denen er in militärishen Beziehungen steht, so vom 2. Niederschlesischen Jnfanterieregiment Nr. 47, vom 3. sächsishen Jnfanterieregiment Nr. 102 und vom 1]. Seebataillon, Die Abordnung des Jnfanterieregiments Nr. 47 überreichte ein Gemälde, das die Schlacht bei Wörth darstellt. Jhre Majestäten der Kaiser Wilhelm und der Kaiser Franz Joseph \prachen Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen in herzlichen Handschreiben ihre Glück- wünsche aus. Mittags überreichte Seine K öniglihe Hoheit der Prinz-Regent in Gegenwart sämtlicher Prinzen, der Generalität und der Offiziersdeputationen Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen Ludwig den Ludwigsorden. Nachmittags fand in der Residenz Galatafel statt, an der außer Seiner Königlichen Hoheit dem Prinz-Negenten sämtliche in München weilenden Prinzen und Prinzessinnen, die Generalität und die Offiziersabordnungen teilnahmen. Seine Königliche Hoheit der Prinz-Negent gedachte in einem herzlihen Trinkspruch des
ubiläums des Prinzen Ludwig.
Ludwig von
Oesterreich-Ungarn,
Unter dem Vorsiß des Grafen von Aehrenthal hat gestern vormittag ein gemeinsamer Ministerrat stattgefunden, der, „W. T. B.“ zufolge, den gemeinsamen Voranschlag für 1911 endgültig feststellte. Der nächste Zusammentritt der Dele- gationen zu einer kurzen Tagung zum Zweck der Bewilligung eines Budgetprovisoriums ist zwischen Weihnachten und Neu- jahr in Aussicht genommen. Die meritorishen Beratungen werden im Januar beginnen.
— Die ungarische Delegation ist gestern, nachdem die Uebereinstimmung der Se beider Delegationen festgestellt war, unter Eljenrufen auf den König ge\chlo\\en worden.
— Entsprechend einem vom Jndustrierat gefaßten Be- \{lufse hat das Handelsministerium umfangreiches Material über die Kartellfrage gesammelt und, obiger Quelle zufolge, dem Jndustrierat zur Verfügung gestellt. Der Industrierat wird somit in der Lage sein, bei seinen Beratungen über diese Frage au den neuesten Stand der Literatur und die ein-
*) 29 343 932
94 054 491 3 2 704 437 2 289 502
11 731 029 4 758 774
15 648 300
72 026 631 569 975 036
1 499 367
9 118 547 115 697 1 646 229
4 668 797 9)
362 647 2 240 568 3111767 1 604 142
1 647 748 2 073013
214112
260 545 263 832 4 149 432 3 593 134 157 500
391 802.560 6 344 730 17 009 880 94 753 357 33 878 284 103 937 940 450 847
6 287413
5 974 186
8 988 890
65 406 881 981 458 10 960 495
*) 2 439 121 13 873 486
15 348 676 11 729 726
9 560 081 13 239 262
2 143 698
3 067 037 2 253 825 26 429 394 24 135 523 1 044 208
schlägigen in Oesterreih-Ungarn minister die Ausarbeitung eine
Begutachtung vorgelegt werden
- Im ungarischen Ab
der kroatischen Angelegenh Das Ausgleisgeseß mit Kro
würden. Man könne“ ‘datiint-jetß
Agramer Landtag gebracht.
zur Kenntnis genommen.
licher Minister ist gestern im Denkmal Jules Ferrys Ministerpräsident Briand, der B. D. D“ gzufolle, aus:
punkte mit dem zu Ferrys Zeit. gelangt, nahdem er einen Sturn wicklung, der nur die sich entzi seien, sich über das Parteiintere und Tun in den Dienst Durh seine Erklärung, daß nehme, habe er die Opposition vo fesselt; aker trotz aller Hindernisse lichen Meinung habe er mit Nube Gewissen handelnd, Frankrei das sehen wiedergegeben.
Nach der Einweihung des Augenbli, als der Ministerp
traf, wurde von der Menge fest aus Paris namens Lacour, 2 Komitees der Camelots du Not
das Regime, l wollen in der Person Briands.
eröffnet. Nach dem Bericht
Asquith aus:
gelegt worden. der Befugnisse des Oberhauses. {lagen ; man habe
bezirken könnten am 8., die in den endet sein. 4 Weihnachten drohend über dem
eine folhe Körperschaft angemessen zcihnet worden.
könnten nidt aufgeshoben werden. um ihr Vertrauen.
*) 9 303 191
der Kartelle angeordnet, der seinerzeit
Ministerpräsident Graf Khuen-Hedervary 2M Beantwortung der Jnterpellation Edmund Barthas bezüglich
feierlich
Das öffentliche Leben der Gegenwart babe viele Ferry sei
des
verließ, ein Mann mit erhobenen Fäusten auf ihn. greifer, der mit der Faust den Hut des
Es seien Umstände eingetreten, wie britishen Konstitution noch nicht zu verzeic 1906 erwählte Unterhaus fei durch das In dem im Januar 1910 gewählten Unterhaus sei eine Mehrheit von mehr als hundert Stimmen für die Beschränkung
brechen und den Krieg erklären müssen. Dies set sicherlih besser, als wenn die Wahlen bis
631 900 000 14 413 000 23 711 000
147 178 000 98 048 000
180 000 000
503 940 10 210 000 15 013 000 15 010 000
111 500 000 1819 200 20 000 000
59 683 846 7 691 931 13 231 661 86 872 348 31413 277 86 977 811 322 407
5 580 349 5 043 065 7 779 650
62138 321 1 009 805 10 960 495
29 c07 098 49 000 000
13 592 706 3 920 000 15 348 676 L000 091
9 368 879 12 974 476
2106 824
3 005 696 2 208 748 25 894 969 24 135 523 1031 668
31 325 500 10 850 000 14 700 000 18 620 000
1 960 000
3 920 000 7 350 000 25 480 000 34 000 000 1 476 960.
und in Deutschland angestellten
Erhebungen mit zu berücksichtigen. Gleichzeitig hat dex Handels-
s Geséßentwurfs zur Negelung dem Jndustrierat zur soll.
Die t\hechischen Abgeordneten des böhmi schen Landtags haben vorgestern eine Kundgebung ver- öffentlicht, in der ihre Bereitwilligkeit gleichsverhandlungen ausgesprochen wird.
zur Fortsezung der Aus-
geordnetenhause führte der vorgestern in
eiten, „W.T. B.“ zufolge, aus: atien enthalte wohl einige unfklare
Ausdrücke, die von radikalen froatishen Politikern falsch ausgelegt
ch nit folgern, daß das kroatisce
Tj
Volk dem Ausgleich mit Ungarn feindselig gesinnt sei. Die jüngsten Wahlen hätten 62 ausglei{sfreundlihe Abgeordnete unter 88 in den
Die Antwort des Ministerpräsidenten wurde einstimmig
Frankreich. Jn Anwesenheit des Präsidenten Fallières und sämt:
Paris das Der
Tuileriengarten in enthüllt worden. die Gedächtnisrede hielt, führte,
Berührungs- in die leitende Stellung 1 entfacht hätte durch eine Ents- ehen fönnten, die nicht imstande \sè zu erheben, um ihr Denkei Allgemeintnteresses zu tellen. er die Verantwortlichkeit nur
unter dem Gesichtspunkte der Ordnung und der Opportunität über-
n rechts und links gegen si ent- und troß der Mißgunjt der öffent- und Energie, lediglich nach seinem Leben, sein Erbteil und sein An-
Denkmals stürzte sich in dem räsident Briand die Tuilerien Der An- Ministerpräsidenten
zgenommen. Er ist ein Schreiner
5 Jahre alt und Mitglied des
). Der Verhaftete erklärte auf
dem Polizeibureau dem Staatsanwalt und Untersuchungsrichter, er habe nichts gegen die Person Briands, sondern nur gegen das dieser vertrete;
er habe die Republik treffen
Ruf;land.
Der Premierminister Asquith hat vorgestern mit einer Rede im nationalliberalen Klub in London den Wahlfeldzug
des o D. D! htte
Le in der Geschichte der
nen gewesen seien. Das Oberhaus systematish lahm
Die Vetokonferenz sei fehlge-
daher die Bemühungen um etn Kompromiß ab-
Alle Wahlen in den Stadt- Landbezirken am 17. Dezember be- nach
Lande s{chwebten. Das Oberhaus
müsse auf jene untergeordneten Funktionen beschränkt werden, die für
seien, Der alte malerishe Bau
des Oberhauses sei von seinen eigenen Bewohnern als unsicher be- Die großen Fragen,
die die Negterung vertrete, Darum bitte er die Bevölkerung
Spanieu.
Der französische Botschafter Geoffray ist vorgestern vg
Könige zur Ueberreichung seines Veglaubigungsscreibens j
Audienz empfangen worden. Wie das a W. L. B.“ melhy wurden zwischen dem T E und dem Könige Anspraty gewechselt, in denen der Wunsch zum Ausdru gebracht wur daß sih das Einvernehmen zwischen den beiden Ländern imm freundschaftlicher gestalten möge.
— Der vollständige authentische Text der \panisg, marokkanischen Konvention, die in Madrid am 16, d. Y unterzeichnet worden ist, ist, „W. T. B.“ ufolge, Vorgesten abend den Mitgliedern des Parlaments Ancte worden, Au der in ihren Grundzügen bekannten Konvention ist noch fl gendes hervorzuheben :
Im Artikel 5 heißt es, daß die Zölle, Melilla erheben wird, niht höher sein follen Grenzen des Neiches.
Im Artikel 7 verpflichtet si der Sultan, weder Befestigunoz arbeiten noch andere strategische Anlagen für Artillerie Oder anden Truppen an irgend einem Ort herzustellen, wo diese eine Gefgh oder Bedrohung für Ceuta bilden können, und dafür zu sorgen, di dies auch von anderer Seite nit geschieht. 0
Artikel 14, der festseßzt, daß der Machsen für die Entschädigungssumme mit 550%/, der ihm zustehenden abgaben Bürgschaft leistet, enthält spanische Delegierte bei dem marokkanischen ohne sih in den Geschäftsgang dieses Dienstes einzumischen, das Nett haben soll, das Negister der verlangten und übertrageneu Konzessionen der Verfallserklärungen usw. zu prüfen und mit der Abrechnung ti Staatsbank zu vergleichen. L
Artikel 15 bestimmt, daß, falls es die marokfkanische Negieru für gut befinden sollte, vor der Fälligkeit die ganze Schuld spanische egierung oder einen Teil derselben zu zahlen, Verhandlungen zwischen beiden Negierungen stattfinden sollen.
Die Konvention ist von dem spanischen Minister des Aeußern Prieto und El Mokri unterzeichnet. Vor der Unterschrift El Mokris stehen die Worte: „Jch unkerzeichne das vorliegende Abkommen unter dem Vorbehalt seiner Genehmi: gung durch den Machsen; für diese Genehmigung ist beiden den Vertrag s{ließenden Parteien eine Frist von zwei Monaten eingeräumt.“
als an den Andere
Bablung ty ; d Bergwerk, noch die Bestimmung, daß
ung, der Dienst für die Miney
nj an die hierüber
Portugal. Der Ministerrat hat, „W. T. B.“ zufolge, endgültig die neue Flagge mit den Farben grün-rot genehmigt. Die offizielle Einweihung findet am 1. Dezember statt.
Niederlande.
„In der vorgestrigen Sizung der Zweiten Ka mmer qah die Negierung in ihrer Antwort auf den Bericht des Aus: usses für das Budget der Auswärtigen Angelegenheiten laut Bericht des „W. T. B. folgende Erklärung ab:
Der Besuch des Königs und der Königin der Belgier \ei in der Thronrede nicht erwähnt worden, weil der Besuch keinerlei un- mittelbare politische Bedeutung gehabt habe. Die Verhandlungen mit Norwegen über einen Schiedsgerichtsvertrag hätten zu feinem Ziele geführt, weil die norwegische Regierung nicht einen \o allge- meinen Vertrag abschließen wollte, wie die holländische Yegierung wünschte. Eine Kommission zur Borbereitung der dritten Friedens: konferenz werde binnen furzem eingeseßt werden. Schritte zu er greifen, um die Oeffnung der deutshen Grenze für holländisches Vie zu erwirken, halte die Negierung für nußlos.
Velgien. Nach einem gestern abend ausgegebenen Bulletin ist die Königin an Jufluenza, rechtss\eitiger Brustfellentzündung und an Bronchialkatarrh erkrankt.
Türkei. Die Kammer hat vorgestern das Gesetz, betreffend die Beibehaltung des Paßzwangs, angenommen.
Nach einer Meldung des „W. T. B.“ ist es vorgestern zwischen Osmanie und Azatsh zu einem Kampfe zwischen Türken und einer bulgarischen Bande getommen, wobei ein Bulgare verwundet und drei Bulgaren getötet wurden.
Amerika.
Nach einer Meldung des „W. T. B,“ herrscht in Puebla und den anderen Städten im Jnnern Merikos Ruhe. Bei den Unruhen sind nah den Angaben der einen 100, nach denen anderer 170 Menschen getötet worden. “Fnfanterie- und Kavalleriepatrouillen durchziehen die Straßen der Stadt. Die Verhaftung des angeblichen Führers der Verschwörer José Cerdan hat die Bewegung eingeschränkt. Es sind noch weitere 42 Verdächtige verhaftet, unter ihnen die Mutter und eine Schwester Cerdans. Auch die Mörderin des Polizeichefs, die, wie bêreits gemeldet, den Tod gefunden hat, war eine Schwester Cerdans. Jn der Stadt Mexiko sind Artillerie und Kavallerie konsigniert und stehen bereit, im - Notfalle nach ‘Puebla ab-
zugehen. Asien.
Nach einer Meldung des „NReuterschen Bureaus“ hat der englische Gesandte in Teheran in Beantwortu ng der Note des persischen Ministers des Aeußèrn es abgelehu!, über die Anwesenheit der fremden Truppen in Persien in Er örterungen zu treten, und erklärt, man könne nicht hoffen, daß sich der Handel wieder belebe, solange die gegenwärtige Anarchie andauere. Der Gesandte bestreitet, daß die vorgeschlagene Maßregel die persischen Souveränitätsrechte verlete, und fügt hinzu, England könne einer Erhöhung der Zölle nur zustimmen, wenn der Zuschlag zur Bestreitung der Kosten für Aufrecht- erhaltung der Ordnung auf den südlichen Handelsstraßen ver wandt werde. ti
— Der Neichspostdampfer des Norddeutschen Lloyd „Prinz Ludwig“ mit dem deutschen Kronprinzenpaar an Yord ist, „W. T. B.“ zufolge, gestern morgen 7 Uhr nach herrlid verlaufener Fahrt in Colombo eingetroffen. Bei ihrer Ankunft wurden der Kronprinz und die Kronprinze/|il! vom Gouverneur der Jnsel Ceylon und vom deutschen Konsul begrüßt. Ein he Empfang fand nicht per Nach freundlicher Veraßschiedung von dem Kapitän und von den Offizieren des Dampfers begaben sich der Kron prinz und die Kronprinzessin in der Staatsschaluppe des (Gouverneurs an Land und bezogen Wohnung in einem Hotel Das hohe Paar wird si bis zum 11. Dezember auf Ceylon aufhalten. Alsdann wird der Kronprinz auf S. M. S, ne A die Weiterreise antreten, während die Kronprinzessin den Rei ie postdampfer „Lüßow“ des Norddeutschen Lloyd zur Heim? bis Suez benußen wird. Nach einem zweimonatigen 4 enthalt in Aegypten wird sich die hohe Frau dann nach Cann begeben.
} Ur) Abdruck dieser Bemerkungen oder dur Verbreitung einer E
Statistik und Volkswirtschaft.
Ueber die Bedeutung. und Ausführung der Volkszählung und der Viehzählung in P atben am 1. Dezember 1910
ibt das Königliche Statistislße Landesamt in der „Stat. Korr.“ die folgende A /
Mit dem 1. Dezember d. F. kehrt in Preußen wie im ganzen Deutschen Reiche der Tag der Volkszählung wieder. Die un- bedingte Notwendigkeit regelmäßiger Aufnahmen dieser Art ist all- gemein anerkannt. Kein Volk vermag sie zu entbehren, das sih mit Sicherheit über sich selbst und die ersten Bedingungen seiner Ent- wicklung und Größe, über Zahl, Geschlecht und Alter, Familien- stand, Beruf, Neligionsbekenntnis und sonstige persönliche Verhältnisse seiner Angehörigen unterrichten will. Die Ergebnisse der Volkszählung dienen aber bei uns nicht nur als Hilfsmittel wissenshaftlicher Er- forshung wichtiger Verhältnisse des Volkslebens, fondern auch zu mancherlei prakiis{en Zwecken, wie zur Verteilung gemeinsamer Ein- fünfte und Lasten der deutschen Einzelstaaten, zur Regelung der p ur zur Ordnung vieler Verhältnisse, die sich nah der Volkszahl richten — wie z. B. die Zuständigkeit von Behörden der allgemeinen Landesverwaltung, die Bildung von Stadtkreisen und Urwahlbezirken, die Wahl von Abgeordneten zu den Kreis- und Provinziallandtagen, das Verfahren bei Gemeindewahlen usw. T: (ine Aufnahme bon dem Unmfange der Volkszählung ist natürli ohne erhebliche Mühe nicht durchzuführen. Ein Blick auf den allgemeinen Verlauf des Zählverfahrens „zeigt aber sogleich, daß der Bevölkerung selbst Hieraus verhältnismäßig nur wenig Arbeit und Belästigung erwächst. Fn den Tagen vom 28. bis 30. November d. N werden im ganzen Staate Zähler, insgesamt wohl eine Biertelmillion und darüber, bet den einzelnen Haushaltungen vorspreen, um für jede vom 30. November bis 1. Dezember d. J. _voraussihtlich dort über- nachtende Perfon eine. „Zählkarte A" und für jede Haushaltung ein „Haushaltungsverzeinis B“ zu überreichen. Als Umschlag für diese Papiere, dem zugleich eine „Anleitung C“ zu ihrer Ausfüllung sowie je cine Musterausfüllung für beide aufgedruckt ist, dient ein „Zähl- brief D". Die Haushaltungsvorstände haben nur a. die Zählpapiere in Empfang zu nehmen, b. sie gemäß der Anleitung auszufüllen oder dur geeignete Vertreter ausfüllen zu lassen und e. sie vom 1. De- zember d. JI., Mittags 12 Uhr, ab zur Abholung durch den Zähler bereit zu halten.
Die Viehzählungen, die das notwendige Material für die Beurteilung und Bedeutung des Viehstandes in unserer Volkswirt- schaft zu liefern haben, sind der Bevölkerling ebenfalls bereits bekannt und geläufia. Es werden gezählt die Pferde, Ninder, Schafe und Schweine. Auf die genaueste Beantwortung der Fragen nach den Unterabteilungen der einzelnen Vi hgattungen muß besondere So1g- falt verwendet werden, da rur hierdurch eine ausreichende Kenntnis der Zusammenseßung und der vor- oder rückwärts reitenden Ent- widelung des Viehstandes gewonnen werden kann. Diese Kenntnis ist für viele wirtschaftliche Zwecke, so u. a. für alle Maßnahmen zur Förderung der Viehzucht, unentbebhrlih; insbesondere soll festgestellt werden, ob durch die heimisce Viehzucht die für die Volksernährung nötigen Fleischmengen gewonnen werden fönnen.
Die Zählung erfolgt wieder nah viehhaltenden Hauss- haltungen. Jeder Haushaltungévorsteher oder sein Stellvertreter hat das ihm gehörende oder unter seiner Obhut befindliche Vieh, das in der Nat vom 30. November bis zum 1. Dezember 1910 auf dem Gehöfte, wo er wohnt, steht, nach Maßgabe der Zählkarte zu zählen und in diese wehrheitêgetreu einzutragen. Dabei sind die auf der Nückseite der Zählkarte gegebenen Erläuterungen genau zu beaten. Die Viehzählung ist eine selbständig zu bewirkende CGrhebung. Wenn es daber aus Mar gel an geeigneten Perfonen vielfa nicht zu vermeiden sein sollte, daß dieselben Zähler mit der Ausführung beider Aufnahmen befaßt werden, so sind doch die Zählpapiere einer jeden Erhebung völlig von einander getrennt zu halten.
Die Fragen der Zählpapiere der Volks- wie auch * der Vieh- zählung sind niht zahlrei, dabei durchweg einfah und völlig unver- fänglih. Niemals werden die durch beide Zählungen gewonnenen Nachrichten über einzelne Personen und deren Besiß veröffentlicht oder für andere als statistisbe, besonders auh nicht für steuer- lihe Zwecke benutzt. Die aus den Zählpapieren gewonnenen Er- gebnisse gehen in allgemeine Tabellen über, in denen der einzelne Mensch und seine Viehbaltung nit mehr erkennbar ist. Die Zähl- papiere sclbsst werden nah beendigter Arbeit eingestampft; jeder- mann darf danah insbesondere auch sicher sein, daß die Angaben seiner Zählkarte über Alter, Bekenntnis, Staatsangehörigkeit, Militärverhältnis, Beruf und Erwerb, etwaige Mängel und Ge- brechen usw. niemals vor unberufene Augen kommen oder an die Oeffentlichkeit gelangen nerden. Auf ein vertrauensvolles Entgegen- kommen der Haushaltungsvorstände wie überhaupt der ganzen Be- völkerung, auch hinsihtlih der nicht vom Staate, sondern von den einzelnen Gemeinden gestellten Fragen dürfen die Zähler hiernah wohl um so eher renen, als diese Männer ihre umfangreiche und mühevolle Arbeit fast sämtlich freiwillig übernommen haben und dem Gemeinwesen dadur) wertvolle Dienste leisten. Nachdem die zuständigen Behörden Anordnung dahin ge- troffen haben, daß den Beamten der verschiedensten Dien|tzweige, den höheren und den Elementarlehrern die für eine rege Beteiligung dieser Kreise an dem Zählgeschäft erforderliden Diensterleichterungen zu ge- währen sind, darf erwartet werden, daß alle noch binreicend rüstigen und in ihrem Amte für einige Tage abkömmlichen Neichs-, Staats- und Gemeindebeamten sowie die an höheren, Mittel- oder Volks- shulen angestellten und wegen Ausfallens des Unterrichts am Zähl- lage dienstfreien Lehrer einer Aufforderung der Gemeindebehörde, das Ehrenamt eines Zählers zu übernehmen, bereitwilligst Folge eisten werden.
Das Gelingen beider Aufnahmen hängt wesentlihß von dem Zu- sammenwirkcn der Zähler mit den Haushaltungsvorständen ab. Diese werden deshalb ersucht, den Zählern, deren jeder eine größere Anzahl bon Vaushaltungen aufzusuchen hat, ihr Amt nah Möglichkeit zu er- eihtern und ihnen unnüßge Gänge oder Arbeiten zu ersparen. Sie onnen dies tun durch fachgemäße, deutlihe Ausfüllung der Zähl- papiere, dur bereitwillige Auskunft über einzelne etwa noch ver- liebene Lücken oder Undeutlichkeiten in der Ausfüllung und durch dle Sorge für sihere Und nelle Empfangnahme der Vhlpapiere fowie deren Bereithaltung zur Wiederabholung — auh für den Fall, daß der Haushaltungsporstand selbst nicht zu Hause ein sollte. Die Zähler genießen in der Wahrnehmung ihrer Pflichten den besonderen Schuy der Geseße; es wird wohl kaum einer von g diesen anzurufen brauchen, fondern alle werden ohne weiteres ve Rüsicht finden, die jeder für das allgemeine Beste arbeitende ZLtaatsbürger beanspruchen darf. In geeigneter Weise, etwa durch
élprehung in den Gemeindeversammlungen und in den Schulen fowie die amtlichen Blätter und die Tagespresse — welche leßtere sich
wi rechenden Velehrung ihrer Leser ein großes Verdienst erwerben Kennt —— möge der Zweck der bevorstehenden Zählungen zur allgemeinen wird L gebraht werden. Das Königliche Statistische Landetamt id l Seini e tun, um die Ergebnisse beider Aufnahmen möglichst
e zu verarbeiten und sie durch ausgtebige Veröffentlihungen für
u ndebung, Verwaltung, Wissenschaft und Volkswohlfahrt nußtbar
Zur Arbeiterbewegung.
chen Pforzheim ist, wie die „Köln. Ztg.“ meldet, am Sonn- M „1 der Edelmetallindustrie die Aussperrung von {on arganisierten Kettenmachern Tatsache geworden, sodaß mit den metalli ry \ändigen 800 Kettenmachern inégesamt 2000 Arbeiter der Gdel- orjanisi strie feiern. In acht Tagen werden weiter mindestens 6000 wer ee Arbeiter der Pforzheimer Edelmetallindustrie aus8gespe1rt Jezt bis aue Pforzheimer Kabrifanten der Edelmetallindustiie sind auf einen kleinen Teil den Arbeitgeberverband beigetreten.
‘ biéherigen Erfabrungen sicher tamit renen, daß
Aus Brüssel wird demselben Blatte telegraphiert: In der Fensterglasindustrie haben von den seit 1 Oktober aus- tändigen Arbeitern die 250 der Glaëhütten Laurent und 200 der Glashütten Kastelein die Arbeit wieder aufgenommen. Es |treiken weiter 450 bet den Glashütten Familleureur, 250 bet Botte und 400 bei den Glashütten Scailmont und » tichotte.
(Weitere „Statistische Nachrichten“ \. i. d. Zweiten Beilage.) Wohlfahrtspflege.
Zuweisung von Land zur Bebauung anstatt Armen- unterstützung.
Während der diesjährigen Tagung der deutshen Bodenreföormer zu Gotha beridtete der Dberbürgermeister Wilms (Posen) über die Erfahrungen mit der Hergabe von Land für Wohlfahrts- und Armen- pflege. Déer Referent konnte sih nur günstig über diese neue Ein- rihlung aussprechen, die von Posen aus in Frankfurt a. M., Königsberg, Straßburg erfolgreiche Nachahmung gefunden bar Und. na einem Magistratsbeshluß nun auch {n Spandau zur Ausführung kommen foll. Jn Posen hatten im Jahre 1909 bereits 80 Familien anstatt Armenunter- stüßung Land zux Bebauung zugewiesen erhalten, das meistens von begüterten Bürgern für diese Zwecke zur Verfügung gestellt worden war. Die Leute konnten von den erzielten Erträg- nissen nicht nur ihren eigencn Bedarf decken, sondern auch noh ver- kaufen. Die Beschäftigung im Obst- und Gemüsebau erwies sich au für die Kin dererziehung als gesundheitsfördernd. Man kann nach den
die Kleingartenkultur nah und nach si als ein wichtiger Hilfsfaktor in der Armenpflege entwidckeln wird.
Kunst und Wissenschaft.
Wie der Draht aus Astaponwo meldet, ist dort Graf Leo Tolstoi am Sonntagmorgen gestorben. Rußland hat den Verlust seines größten Dichters und eines Dcukexrs zu beklagen, in dessen Kämpfen und Irren das geistige Ringen feines Volkes einen eigenartigen Ausdruck fand. Mit Nußland aber blickt die ganze Kulturwelt nicht ohne Grgriffenheit auf das tragishe Ende, das das Erdenwallen eines gentalen Geistes fand, dessen Kunstshaffen sie mit Bewunderung, dessen religiös-philosophische Entwicklung fie oft mit s\taunendem Bedauern, stets aber mit Anteilnahme be- gleitet hat. Leo Nikolajewitsch war am 9. September 1828 auf dem vâterlihen Gut Jasnaja Poljana im Gouvernement Tula geboren : zu Hause vorgebildet, bezog er 1843 die Universität Kasan, wo er ein Iahr orientalis{e Sprachen und zwei Jahre die Nechte studierte. Nachdem er 18348 das juristis@e Kandidatenexamen bestanden hatte, kehrte cr in die ländlihe Einsamkeit nah Jasnaja Poljana zurück. Auf einer Meise nah dem Kaukasus lernte er dann das Soldatenleben schäßen, er trat in die Armee ein und mackte den Feldzug von 1855 als Artillerieoffizier im Heere Gortschakows mit. Nach Beendigung des Krieges nahm er den Ab- schied, hielt si einige Fahre in St. Petersburg und Moskau und auf Reisen im Ausland auf, bis er 1861 auf das vâterliße Gut zurückehrte und dort im Fahre darauf Sophie Behr, die To(ter eines Moskaucr Arztes, beiratete. Jasnaja Polj ina blieb fortan fast ohne Unterbrechung scin Aufenthalt, wo er in Stille und Einfach- heit lebte und wirkte. Son während seines Aufenthalts in der Heimat vor dem Eintritt in die Armee, hatte Tolstoi feine ersten Bücher verfaßt. Ez waren Erzählungen, in denen {ih das eigene Leben spiegelte. Die 1852 erschienene „Kindheit“ mit den Fort- seßungen „Knabenzeit“ und „Jünglingsjahre“ zeichnete sich bereits durch große Anschaulichkeit und durch eine staunenswerte Feinheit der Seelen- analyse aus. Den Höhepunkt seines dichterishen Schaffens erreichte Tolitoi in feinen beiden großen Romanen „Krieg und Frieten“ (1865—69) und „Anna Karenina“ (1874—76), mit denen er ih in die Neihe der größten Grzähler stellte und die seinen Nuhm in der ganzen Kulturwelt begründeten. Neben der Dichtung hatten Tolstoi {hon in jungen Jahren ethische, vor allem pädagogishe Pro- bleme beschäftigt; Ende der 80er Jahre traten sie von neuem in den Vordergrund feines Interesses und nahmen mehr und mehr von ihm Besiß, bis der Dichter Tolstoi von dem religiösen Ethiker verdrängt und völlig verschlungen wurde. Von den Evangelien ausgehend, predigte er ee und Nächstenliebe. Aus den uners{chöpf- lichen und reichen Quellen des Christentums \{öpfte dieser in seiner Eigenart sih immer mehr beschränkende und beengende Geist aber nur einen Trank. Die innere Einkehr wurde ihm zur Askese, die sittliche Beher:shung der Welt zur Abkehr von ihr, die Heiligung des Lebens zur Ablehnung aller seiner Kulturgüter, fofern sie dem Wesen des Christentums, wie er es mit Inbrunst erfaßt hatte, zu wider- streiten hienen. Von diesem Standpunkt aus mußte ihm auch sein eigenes dichterishes Schaffen nihtig erscheinen. Der Dichter in ihm verkümmerte. Die wenigen Dichtwerke, die er im Alter neben einer Fülle ethisher Schriften noch hervorbrachte, tragen, obwohl sie in einzelnen Zügen den dichterishen Genius niht ver- leugnen, deutlide Merkmale einer Tendenz, die im Grunde funst- feindlih war. Bis zu welchem Grade seine asfetishe Neligiosität, die das Leben der Menschheit, auch ihr geistiges, auf eine bei aller Innerlihkeit primitive Stufe zurückdrängen wollte, auch sein Kunst- urteil. beshränkt hatte, erfuhr man staunend und mit Be- dauern aus seiner Schrift über „Shakespeare“. Man hat ost und mit einem gewissen Necht darauf hingewiesen, daß Tolstoi seine Lehren nit im Leben zu betätigen vermocht habe. Gewiß war sein Wollen hier größer als fein Vollbringen. Man darf aber nit vergessen, welche gewaltigen Widerstände ihm sein bis- heriges Leben, die Gesellschasts\{icht, der er an ehörte, und sein eigenes an Widersprüchen reiches, leidenscaftliches Wesen boten. Und \{ließlich war sein ethisces Ideal, wenn überhaupt jemals, in der heutigen Kulturwelt sier unmöglich zu estalten; es mußte bei jedem entschiedenen Versuch zur Selbstvernichtung führen. An {weren Kämpfen um dieses Ideal war Tolstois Leben reih. Er hat niht nur auf mante äußere Vorteile setnes Standes verzichtet, er hat au den Kir{enbann ertragen und, was mehr sagen will, in feinen menschenfreundlichen Bemühungen um die Veredelung seiner Bauern fast nur Enttäushungen erfahren, ohne in ihnen zu ermüden. Schließlich lam es zu tragischen Zerwürfnissen mit der Familie. Der Greis floh dur die russi\he Winternacht in die Einsamkeit, um den Frieden seiner Seele zu finden. Ob ihn die geistigen Nückbildungen des Greisenalters zu diesem leßten Schritt getrieben haben mögen, ist gleihgültig, denn jedenfalls war er folgerihtig. Was ihm Ideal war, führte naturnotwendig zur Weltflucht. Mögen wir Tolstois JIdeale als Irrtum ablehnen, mögen wir bedauern, daß er ihnen sein Dichtertum opferte, ein tiefes Mitgefühl werden wir dem Menschen Tolstoi ebensowenig versagen, wie wir seiner Kunst Bewunderung zollen, die auf der Höhe ibrer Entwicklung den Höhepunkt der russischen Literatur überhaupt bedeutet.
Literatur.
— Grethe Auer. Marrak\ch. Mit einer Einleitung von Hans Bloesch. Hamburg-Großborstel, Verlag der Deutschen Dichter- Gedächtnis-Stiftung. Es sind fesselnde Neiseschilderungen über Afrika, die uns hier in dem Gewand einer Erzählung geboten werden. Grethe Auer spricht aus langjähriger vertrauter Kenntnis und aus der Liebe ihres warmen, für die Schönheiten dieses Landes empfänglichen Verzens heraus. Wir werden bekannt mit der afrikanischen Land- schaft und eingeweiht in den Zauber der Wüste. Das Leben der Mohammedaner in Marrak\{z, der heiligen Stadt mit den engen Gassen, steht lebendig vor uns auf. Eine zartekleine Liebesgeschichte {lingt sih durch das Ganze, und Monika, die Heldin, sicht, empfindet und erlebt mit den klaren, klugen Augen und dem reinen, liebereichen Verzen der Verfasserin selbst.
— Adolf Schmitthenner. Vergessene Kinder. Ein leßter Band Erzählungen. Stuttgart und Leipzig, Deutsche Verlags-
anstalt. Geh. 3 „6; geb. 4 4. Als legte Gabe des verstorbenen Dichters wird uns dieser Band Erzählungen geschenkt. Die ses Geschichten find nicht alle in aber in allen finden wir das keushe und tiefe Gefühlsleben Schmitthenners verkörpert. Die Ex- zählungen «Der Landsmann“ und „Vergessene Kinder“ aber, in denen auch ein feiner Humor unter Tränen zu lächeln s{eint, sind als wahre Perlen zu bezeichnen, Perlen, die durch sanften Glanz in anspruchs» loser Schönheit nur dem Kenner ihren Wert verkünden.
— Von der historis{-kritishen Gesamtausgabe der Reden des Freiherrn von Stumm - Halberg, die Dr. Alexander T ille besorgt (Verlag von Otto Elsner in Berlin), liegt der 5. Band vor (geb. 6 MÆ). In ihm sind die Reden enthalten, die der Freiherr von Stumm über das Eisenbahnwesen des Norddeutschen Bundes (1870), des Deutschen Reichs (1872—1899) und des König- reihs Preußen (1880—1900) gehalten hat.
Technik.
Der Mitinhaber der Firma Henschel u. Sohn, Caffel, Geheimer Kommerzienrat Dr.-Ing. Karl Henschel hat, „W. T. B. zufolge, der Technischen Hochschule in Darmstadt eine Stiftun g von 50 000 46 überwiesen, deren Zinsen zur Förderung technisch-wissen\chaft- liher Untersuhungen auf dem Gebiete des Maschinen - baues verwendet werden sollen.
Theater und Musik.
Neues Scauspielhaus.
Eine würdevolle Gedächtnisfeier für Ioseph Kainz fand am gestrigen, den Toten gewidmeten Sonntag im Neuen Schauspiel- hause statt. Auf der Bühne hob sih die Büste des Künstlers bell von einem dunkel gehaltenen Säulentemvel ab: Opferflammen brannten im Hintergrund. Der Philharmonische Chor unter Professor Siegfried Ochs? Führung leitete die Feier mit tem Ge- sang aus Brahms? „Deutschem Requiem“ : „Selig sind, die da Leid tragen“ ergreifend ein und {loß sie mit dem Chor „Selig sind die Toten“. Dazwischen kam ein Prolog zu Gehör, den Ernst Hardt verfaßt hatte und Otto Sommerstorf f spra; der Klage des Dichters um den dahingegangenen Künstler gab der Sprecher wehmuterfüllt Ausdru. Ein Zwischenspiel auf dem Harmonium, von Professor Oskar Bie ausgeführt, leitete in leisen, {wermütigen Klängen über zu der Nede Ludwig Fuldas. Was Joseph Kainz der Bühne und der AlUl- gemeinheit bedeutete, beleuchtete Fulda eingehend von allen Seiten; seine fein ge\{lifene Nede fand treffende Worte und Bilder, um die Schönheit der Kainzschen Kunst zu preisen und der Trauer des Einzelnen und der Gesamtheit Ausdruck zu geben. VJederzeit \spürte man in der Nede den sorgsam abwägenden Geist, den klugen Oonfor 1nd Di akton 2M Grhauisnto U M s Venker und Dichter. Das Neue Schauspielhaus, auf dessen Brettern zuzeiten auch Joseph Kainz eine Welt erstehen ließ, hat des dahbin- gegangenen Künstlers in würdevoller Feier dankbar gedacht.
Thaliatheater.
Mit der nahenden Weihnachtszeit bat auch die Bühne in der Dresdener Straße bereits ihren Gabentisch für die Kleinen gedeckt und ihnen als erstes Angebinde das Weihnachtsstük „Aschen - brödel“ beschert. In der Bearbeitung von Oskar Will wurde dieses jedem von Kindheit an vertraute Märchen, von Herrn Kurt Olfers wirkungsvoll inszeniert, am Sonnabend aufgeführt. Alle die aus den Märchenbüchers und Erzäblungen wohlbekannten Gestalten : die böse Stiefmutter, die garstigen, hohmütigen S{western, das arme Aschenbrödel, der Prinz und die andern dazugehörigen Figuren erschienen lebend, redend, bantelnd, als wäre alles Wirklicbkeit und kein bloßes Spiel. So faßten es wenigstens, dank der vortrefflichen Darstellung, die jugendlichen Zuschauer auf, und auch deren erwachsene Begleiter konnten Interesse und Freude an dieser Wiederbelebung ihrer Kind- heitserinnerungen haben. Mit gesundem, frishem Humor entledigten si die Vertreter der Hauptrollen ibrer Aufgaben, und auch die anderen Mitwirkenden waren an ibrem Plate. Von ersteren seien die Damen Lotte Retnecken (Stiefmutter), Maria Neinecken und Milla Endtresser (Stiefschwestern), sowie besonders als ltebreizendes Aschenbrödel Hedi Ury und ferner die Herren Kurt Olfers (Dusemuse) und Fritz Junkermann (Prinz) hevorgehoben.
Im Königlichen Opernhause findet morgen, Dienstag, eine Aufführung von N. Leoncavallos „Bajazzi“ (Besetzung: Fräulein Easton, die Herren Maclennan, Bischoff, Habich, Philipp) in Verbin- dung mit P. Mascagnis „Cavalleria rusticana“ (Beseßung: Die Damen Kurt, von Scheele-Müller, Gates, die Herren Maclennan und Habich) statt.
Im Königlihen Schauspielhause wird morgen G. Kadel- burgs Lustspiel „Der Familientag* in der bekannten Besetzung wieder- holt. An Stelle des noch immer erkrankten Herrn Keßler spielt Herr Franz Schönfeld die Nolle des Ludolf. :
Im Neuen Königlichen Operntheater (Kroll) wird am nächsten Sonntag eine Aufführung von Lessings „Nathan der Weise“ in Szene gehen. Der Vorverkauf hierzu findet an der Tageskasse des Königlichen Schauspielhauses täglih von 104 bis 1 Uhr Vor- mittags statt.
Naoul von Koczalski wird in seinem dritten Klavierabend, der Dienstag, den 29. November, Abends 8 Uhr, im Blüthnersaal stattfindet, die Sonate Appassionata bon Beethoven, das Impromptu in G-Dur von Schubert, Novellette „Einsame Blumen“ und „Vogel als Prophet“ von Schumann, zwei Etuden, das Nocturne in Es-Dur, zwei Mazurkas und den Walzer in Ges-Dur von Chopin, \echs Präludien aus Op. 65 eigener Komposition, den „Chant Polonais“ von Chopin in der Usztschen Bearbeitung und die zweite ungarische Nhapsodie von szt vortragen.
Mannigfaltiges. Berlin, 21. November 1910.
In Gegenwart Ihrer Majestät der Kaiserin fand am Sonnabend die Eröffnungsfeier des neuerbauten Zentral- bauses des Vereins „Jugendheim“ in der Goethestraße zu Charlottenburg statt. Das Jugendheim, das zuglei eine Ausbildungsanstalt für Damen sein soll, die sich der Jugend- fürsorge widmen wollen, vereinigt im neuerbauten eigenen Hause Säuglingsfürsorge , Kinderhort , Sulkinderspeisung, JIugendheim und Äbendbeim für \hulentlassene junge Mädchen. Die Weiherede hielt, wie ,W. T. B." berichtet, der Öberhofprediger D. Dryander. Im Anschluß an seine Ansprache gab der Baumeister des Hauses Hermann Dernburg, ein Bruder des früheren Staats- sekretärs, einen Ueberblick über die Architektur des Hauses. Nach ihm dankie Fräulein Anna Gierke allen, die den Bau gefördert haben, vor allem der Stadt Charlottenburg, die das Grundstück un- entgeltlich hergegeben hat. Sodann überbrahte der Oberbürger- metster Schu fteüzz8 die Glückwünsche der Stadt. Das Ministerium der geistlichen 2c. Angelegenheiten wurde durch den Unterstaatssekretär D). Schwarßkopff vertreten, auch der Oberpräsident hatte einen Ver- treter entsandt. An die Feierlichkeiten {loß sih ein Rundgang durch die weiten Näume des Hauses, an dem auch Ihre Majestät die Kaiserin teilnahm, Allerhöchstwelhe alles aufs genaueste besichtigte und fich in anerkennendster Weise über das Gesehene aus\prach.
m Anschluß an die Eröffnung des Jugendheims stattete Ihre Majestät die Kaiserin noch dem Auguste Viktoria-Hause einen Besuch ab und nahm dabei cine eingehende Besichtigung der Säuglings- stationen vor.
Im Neichstage is gestern der Neichsverband der deutschen Presse gegründet worden. Der Begründung gingen,