1871 / 81 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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S n E D E E E A A A E Ad a E A

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Geehrte Herren!

Wenn Jch nach dem glorreichen, aber {weren Kampfe, den Deutschland für seine Unabhängigkeit siegreich geführt hat, zum ersten Male den Deutschen Reichstag um Mich versammelt sehe, so drängt es Mich vor Allem, Meinem demüthigen Danke gegen Gott Ausdruck zu geben für die weltgeschichtlichen Erfolge, mit denen seine Gnade die treue Eintracht der deutschen Bundesgenossen, den Heldenmuth und die Mannszucht unserer Heere und die opferfreudige Hingebung des deutschen Volkes gesegnet hat.

Wir haben erreicht, was seit der Zeit unserer Väter für Deutschland erstrebt wurde: die Einheit und deren organische Gestaltung, die Sicherung un- serer Grenzen, die Unabhängigkeit unserer nationalen Rechts8entwikelung. :

Das Bewußtsein seiner Einheit war in dem deutschen Volke, wenn auch verhüllt, doch stets lebendig; es hat seine Hülle gesprengt in der Be- geisterung, mit welcher die gesammte Nation sich zur Vertheidigung des bedrohten Vaterlandes erhob und in unvertilgbarer Schrist auf den Schlachtfeldern Frankreichs ihren Willen verzeichnete, ein einiges Volk zu sein und zu bleiben.

Der Geist, welcher in dem deutschen Volke lebt und seine Bildung und Gesittung durchdringt, nicht minder die Verfassung des Reiches und seine Heeres- Einrichtungen, bewahren Deutschland in Mitten seiner Erfolge vor jeder Versuhung zum Mißbrauche sei- ner, durch seine Einigung gewonnenen Kraft. Die Achtung, welche Deutschland für seine eigene Selbst- aid r in Anspruch nimmt; zollt es bereitwillig

er Unabhängigkeit aller anderen Staaten und Völ- ker, der schwachen, wie der starken. Das neue Deutschland, wie es aus der Feuerprobe des gegen- wärtigen Krieges hervorgegangen ist, wird ein zu- verlässiger Bürge des europäischen Friedens sein, weil es stark und selbstbewußt genug ist, um sich

die Ordnung seiner eigenen Angelegenheiten als sein

aus\ließliches, aber auch ausreichendes und zu- friedenstellendes Erbtheil zu bewahren.

Es hat Mir zur besonderen Genugthuung ge-

reicht, in diesem Geiste des Friedens in Mitten des

{weren Krieges, den wir führten, die Stimme

Deutschlands bei den Verhandlungen geltend zu machen, welche auf der durch die vermittelnden Be- \trebungen Meines auswärtigen Amtes herbeigeführten Konferenz in London ihren befriedigenden Abschluß gefunden haben. Der ehrenvolle Beruf des ersten DeutschenReichs-

‘tages wird es zunächst sein, die Wunden nah Mög-

lichkeit zu heilen, welche der Krieg geschlagen hat; und den Dank des Vaterlandes denen zu bethätigen, welche den Sieg mit ihrem Blut und Leben bezahlt haben; gleichzeitig werden. Sie, geehrte Herren, die Arbeiten beginnen, durch welche die Organe des Deut- schen Reiches zur Erfüllung der Aufgabe zusammen-

wirken, welche die Verfassung Jhnen stellt: »zum

Schuße des in Deutschland gültigen Rechtes und zur Pflege der Wohlfahrt des deutschen Volkes. «

Die Vorarbeiten für die regelmäßige Gesehgebung habeu leider durO den Krieg Verzögerungen - und Unterbrechungen erlitten; die Vorlagen, welche Jhnen zugehen werden, leiten fich daher: unmittelbar aus der neuen Gestaltung Deutschlands. - ah,

Die in den einzelnen Verträgen vom November v. J. zerstreuten Verfassungs-Bestimmungen sollen in einer neuen Redaction der Reichsverfassung ihre ge- ordnete Zusammenstellung und ihren gleichmäßigen Ausdruck finden. Die Betheiligung der einzelnen Bundesstaaten an den laufenden Ausgaben des Reiches bedarf der geseßlichen Regelung. Für die von der Königlich bayerischen Regierung beabsichtigte Ein- führung norddeutscher Geseße in Bayern wird Jhre Mitwirkung in Anspruch genommen werden. Die Verfügung Über die von Frankreich zu leistende Kriegs- Entschädigung wird nach Maßgabe der Bedürfnisse des Reichs und der berechtigten Ansprüche seiner Mitglieder mit Jhrerx Zustimmung getroffen, und die Rechenschaft über die zur Kriegführung verwen- deten Mittel Jhnen so schleunig vorgelegt werden, als es die Umstände gestatten.

Die Lage der für Deutschland rückerworbenen Gebiete wird eine Reihe von Maßregeln erheischen, für welche durch die Reichs8gescßgebung diè Grund- lagen zu schaffen sind. Ein Geseß über die Pensionen der Offiziere und Soldaten und über die Unterstüßung ihrer Hinterbliebenen soll für das gesammte deutsche Heer die Ansprüche gleichmäßig regeln, welche der gleichen Hingebung für das Vaterland an den Dank der Nation zustehen.

Geehrte Herren, möge die Wiederherstellung des Deutschen Reiches für die deutsche Nation auch nach A das Wahrzeichen neuer Größe sein; möge dem Deutschen Reichskriege, den wir so ruhmreich geführt, ein nicht minder glorreicher Reichs8frieden folgen, und möge die Aufgabe des deutschen Volkes fortan darin beschlossen sein, sich in dem Wettkampfe um die Güter des Friedens als Sieger zu erweisen.

Das walte Gott!

Nach Beendigung der Rede trat der Bundeskanzler Graf von Bismark-Schönhausen vor und verkündete die Eröffnung des Reichstages mit den Worten: Auf Befehl. Sr. Majestät des Kaisers erkläre ih im Namen der verbündeten Regierungen den Reichstag für eröffnet, worauf Se. Majestät der Kaiser und König unter obermaligem, von dem Königlich bayerischen Staats- Minister von Pfrebschner aus8gebrachten dreimaligen be- p Hoch der Versammlung mit huldvollem Gruß an diejelbe in Begleitung Sr. Kaiserlih und Königlichen Hoheit des Kronprinzen, der anwesenden regierenden deuten Fürsten, der Prinzen des Königlichen Hauses, so wie der anwesenden

Erbprinzen und Puaien in derselben Ordnung den Weißen Saal verließen, in welcher der Eintritt erfolgt war.

Se. Majestät der König haben Allergnädig\ geruht: Dem Realschul- Direktor, Professor Dr. Strehlke zu Danzig, den Rothen Adler-Orden dritter Klasse mit der Schleife ;

| dem Kreisgerichts-Rath Schubke zu Fürstenberg a. O. den

Rothen Adler-Orden vierter Klasse; dem Pir ath und Re- gistrator bei dem Charité-Krankenhause in Berlin, Barthelmé, den Königlichen Kronen-Orden vierter Klasse; dem Seminar- Direktor Dr. Steinberg zu Halberstadt den“ Adler | der Ritter des Königlichen Haus8ordens von Hohenzollern; sowie dem Lehnschulzen Bocho w zu Groß-Barnim im- Kreise Ober- Barnim, dem Gerichts\cholzen Wanke zu Heidau im Kreise Ohlau, dem jeßigen Kreis-Chausseegeld-Erheber Bu ch zu Neu- wegersleben im Kreise Oschersleben und dem Kunstgärtner Omonsky zu Jeltsh' im-Kreise Ohlau das Allgemeine Ehren- zeichen zu verleihen; ferner |

Den Ober-Pfarrer Gustav Adolf Carl Klingebeil in Sonnenburg zum Superintendenten der Diöces Sonnen- burg, Regierungsbezirk Frankfurt a. O., zu ernennen ; so wie

Die Wahl des Oberlehrers am- Gymnasium zu “Stolp, “elb i Reuscher, zum Direktor dieser Anstalt zu be-

itigen.

___ Berlin, 21. März, Ihre Königlichen - Hoheiten - der Gtr oßherzog/ und“ die Großherzogin, sowie Se, Königliche Hoheit der Erbgroß-

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Sp und Jhre Hoheit die Prinzessin Marie von aen, e. Hoheit der Herzog von Sachsen-Altenburg und

Ihre Hoheiten der Erbprinz und die Erbprinzessin von Anhalt sind gestern Abend und

Se. Königliche Hoheit der Großherzog von Meccklen- burg-Schwerin nebst

r. Durchlaußt dem Prinzen Günther von

Schwarzburg-Rudolstadt heute früh hier eingetroffen und im Königlichen Schlosse abgestiegen.

Das 7. Stück der Geseßz-Sammlung, welches heute au8ge- geben wird, enthält unter

Nr. 7793 das Gesetz, betreffend die Jndemnitäts-Ertheilun in Bezug auf die Ausführung des Gesezes vom 9. März 186 und die Gang der nach Maßgabe des Gesehes vom 19. März 1870 zu deckenden Ausgaben aus dem Jahre 1868. Vom 2. März 1871; unter

Nr. 7794 das Gesetz, betreffend die Ausführung des Bundes- geießes En den Unterstüßungs8wohnsiy. Vom 8. März 1871; und unter

Nr. 7795 den Allerhöchsten Erlaß vom 10. Februar 1871, betreffend die Verleihung der fiskalishen Vorrechte an den Kreis Oel8, Regierungsbezirk Breslau, für den Bau und die Unterhaltung einer Kreis-Chaussee von Bernstadt über Wabnih bis zur Wartenberger Kreis8grenze bei Reesewiß und einer Kreis-Chaussee von Juliusburg über Stampen bis zum Bahn- hofe Bohrau der Rechten-Oder-Ufer-Eisenbahn und von dort bis zum Dominia!bofe Raake, im Kreise Oels.

Berlin, den 2i. März 1871.

Geseßz-Sammlung8-Debit8-Comtoir.

Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche | Arbeiten.

Der Königliche Bau-Jnspektor Wolff zu Hohenstein ift in die durch den Tod des Königlichen Schloßbau-Inspektors Heer in Königsberg i. Pr. erledigte Stelle unter Beilegung des gleichen Dienstharakters verseßt worden.

Ministerium ut die landwirthschaftlichen Angelegenheiten. Dem kommissarischen Dünen-Jnspektor Hübbe in Keitum ge Sylt ist die neu kreirte Dünen-Jnspektorstelle für die {{le8wigschen Westsece-Jnseln verliehen worden.

Nichtamtliches.

Prenßen. Berlin, 21. März. Seine Majestät des Kaiser und König empfingen gestern früh Hof - Mar- \chälle zum Vortrage, nach diesen den Geheimen Kabinets-Rath von Wilmowski. Um 11 Uhr stattete Seine Königliche Hoheit der Prinz Friedrih Carl, Höchstwelher aus Frankreich hier eingetroffen, Seiner Majestät seine Meldung ab. Hierauf nábinen Allerhöchstdieselben den Vortrag der Generale Graf von Moltke, von Roon, von Podbielski und von Treskow entgegen. Nach 12 Uhr Ens Seine Majestät den Oberf| und Commandeur des Kaiserlich russishen Infanterie - Regi- ments Kaluga Grafen Davidoff zur Meldung und ertheilten dann drei Deputationen der Haupt- und Residenzstädte Berlin, Breslau und Charlottenburg Audienzen in dem runden Saale des Königlichen Palais. Seine Majestat erwiderten in längerer Ansprache die vorgetragenen Glückwunschs-Adressen und Anreden.

Nach diesen Deputätionen empfingen Allerhöchstdieselben noch eine dap reite Deputation des Centralvereins für frei- willige Kran ape welcher Sr. Majestät in Erwiderung der von dem Wirklichen: Geheimen Räth von Sydow gehal-

tenen Anrede Seinen wärmsten Dank für die Leistungen der ;

Vereine während des eben beendigten Krieges aussprachen; #0» dann drückten Allerhöchstdieselben noch speziell Jhren Dank dem im Felde gewesenen KönigliWen Kommissarius Fürsten Pleß aus. Hierauf überreichte eine Deputation der berliner Kauf- mannschaft Sr. Majestät Namens derselben einen goldenen Lorbeerkranz; der Führer der Deputation hielt eine Ansprache, die Se. Majestät dankend erwiderten.

Gegen 2 Uhr hatte noch der General - Adjutant und Militärbevollmächtigte Graf Kutusow die Ehre, Sr. Majestät ein eigenhändiges Schreiben Seiner Majestät des Kaisers Alexander Il. zu überreichen. Allerhöchstdieselben fuhren dann zur Visite bei Jhrer Königlihen Hoheit der Prinzessin Friedrich Carl nah dem Schlosse. Nah der Rückkehr hielten der- Finanz-Minister, dann General von Treskow und Oberst von Albedyl und zwischen 4 und 5 Uhr der Bundes8kanzler Graf Bis8marck Sciner Majestät Vortrag. Um 5 Uhr fand Familiendiner, Abends Fest-Oper statt.

Jhre M ABEt die Kaiserinund Königin war gestern mit Jhrér Königlichen Hoheit der Großherzogin von Baden im Augusta- Hospital. :

Im Königlichen Palais fand ein Diner für die Gäste des Kaiserlichen Hofes statt.

Abends erschienen die Kaiserlihen Majestäten, so wie die hier anwesenden Hohen Herrschaften im Opernhause.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin besuchte Jhre Königlichen Hoheiten den Großherzog und die Großherzogin: von Sachsen nach ihrer Ankunft im Königlichen Schlosse.

Se. Kaiserliche und nig Lte Hoheit der Kron- prinz ertheilte gestern im Laufe des Vormittags den zur Be- grüßung Sr. Majestät des Kaisers und Königs hier anwesen- den höheren Kaiserlih russischen Offizieren eine Audienz und empfing die Deputationen des hiesigen und des Breslauer Magistrats, welche Höchstdemselben Adressen überreichten. Mit- tags fuhr Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit mit Jhrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin zum Be- such zu Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Friedrich Carl und stattete später Gegenbesuche bei den am hiesigen Hofe an- wesenden fremden Fürstlichkeiten ab. Beide Höchste Herrschaften wohnten dem um 5 Uhr im Palais Sr. Majestät stattfinden- den Familiendiner bei , erschienen zu der Festvorstelung im Opernhause und begrüßten nach derselben die Abends eingetrofse- nen Großherzoglich Kicbsischen Herrschaften im Königlichen Scbloß.

Se. Majestät der Kaiser und König erschiëénén gestern Abend zum ersten Male seit Allerhöchstihrer Rückkehr aus dem Felde im Königlichen Opernhause.

Ueber die Plähe im ersten Rang war Allerhöchsten Orts disponirt worden; Balkon und Logen waren von der Generalität, den Ministern und ihren Damen eingenommen, im Parquet und in den andern Rängen war ein elegantes, festlih geschmücktes Publikum versammelt. Als um 7 Uhr Se. Majestät in die große Mittelloge traten, erhob sich die anze Versammlung Und verneigte si ehrerbietigst. Ein

och, auf »Se. Majestät den Deutschen Kaiser und König von Preußen« ausgebrächt, fand den lebhaftesten Wiederhall.

Den Anfang der Festoper machte Glucks Jphigenia in Aulis. Al8 fich der Vorhang erhob, zeigte das Theater einen Ruhmes8tempel, der von geschmüdckten Säulen getragen war. Das gesammte Personal der Königlihen Schauspiele, soweit dasselde nicht dienstlich anderweit beschäftigt war, hatte sich im Halb- kreise aufgestellt, im Vordergrunde die Mitglieder der Oper, die Damen in weißen Kleidèrn mit s{wärzen Gürteln und rothen Schleifer, die Herren mit Schleifen in den Reichsfarbeñ geschmüdckt. Frau Lucca trat vor und intonirte den Hymnus »Seht, Er kommt, mit Preis gekrönt, shallt Trompeten, Cym- beln tönt«, und jubelnd stimmte der Chor ein in den Lob- gesang, aus dem eine Verbindung hinüberführte in den natio- nalen Siege8hymnus , bei dessen Tönen die ganze antwwe- sende Quhörerschaft, auch die in der Kaiserlichen Loge anwesen- senden Allerhöchsten und Höchsten Personen , sich_ erhoben. Nun theilte sih die Hinterwand, und im Eichenhain ershienen wieder zur Seite der Büste des Kaisers

ermann und Borussia als s{üßende Genien, den goldenen orbeerkranz über dem Haupt des Heldenfürsten haltend, davor

. der Genius des Friedens, darüber das Eiserne Kreuz mit der

Inschrift 1870/1871. Noch einmai ertönte ein dreifaches Hoch dem Kaiser und König , der sih huldvoll dankend na allen Seiten verneigte. Dann foigte der erste Akt aus Wagners »Lohengrin«. Den Schluß machte der zweite Akt aus Meyer- beers peldiager, in B ; R Das Publikum , das die Etiquette einer Galavorstellung

im Uebrigen bewahrte, brach doch bei der berühmten Stelle in dem Meyerbeer’shen Tonwerke: »Für unsern König unser Gut und Blut« in lebhafte Afflamationen aus und erbo sich, als zum Schluß der Chor auf der Bühne in überraschender Weise die »Wacht am Rhein« anstimmte, und roandte sich noch ein- Mnn der Mittelloge, um dem Kaiser seine Huldigung dar- zubringen. o j

_Se. Majestät saßen umgeben von un Majestät der Kaiserin - Königin , Jhrer Kaiserlihen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin, Jhrer Königlichen Hoheit der Großherzogin Alexandrine, Jhrer Königlichen Hoheit der Großherzogin Luise von Baden , der Prinzessin Friedrih Carl, der Herzogs Wilhelm von Mecklenburg, Sr. Kaiserlihen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen , Jhren Königlichen Hoheiten den Prinzen Carl und Friedrich Carl, Grollerma von Badens Prinzen Albrecht (Sohn), Alexander, Georg und den am Kaiserlichen Hof anwesenden fremden hohen Herrschaften.

Se. Majestät der Kaiser und König hatten gestern wie erwähnt, die Gnade, den Königlichen Koni-

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