1871 / 82 p. 12 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

Wann dec auf dem Rüten der {chwäbishen Alp bis zu 3000 Fuß Meereshöhe aufragende Kegel des Zoller zuerst mit Bau- ten beseßt worden sei , entzieht si jeder historischen Begrün- dung; bis in die S aber, in welcher das s{chwä- bishe Grafenhaus der Hohenzollern zum ersten Male’ urkund- lich genannt wird, d. h. bis in die Mitte des elften Jahrhun- derts, weisen die Spuren des Burgbaucs zurück , der als der früheste geschihtlich bekannt ist. Die in unseren Tagen auf- gegrabenen Fundamente uralten Mauerwerks lasen ciniger- maßen den Grundriß erkennen, der in elliptisher Gestalt, den Formen der Kuppe sih anschmiegend, dem des heutigen Burgs- baues nicht unähnlih, nur von geringerem Umfange als dieser war. Daß der Zeit nah noch vor dieser Burg eine Kirche den höchsten Punkt des Berges gekrönt habe, ist, wenn nicht gewiß, so doch in hohem Grade wahrscheinlich.

Aus diesem » wehrlihen Hause«, wie ein s{hwäbischer Meistersänger es nennt, das »weit über aus all um und um in Schwabenland sah«, ging der Zweig des erlauchten Ge- \chlechtes hervor, der in der Burggrafschafst von Nürnberg die festen Wurzeln eines Baumes s{lug, unter hessen schirmendem Dache heut Alldeutshland geeinigt is. Und gerade in den Tagen , die den vom s{chwäbishen Boden gelösten Burggrafen- stamm zum Kurfürstenthum von Brandenburg aufsteigen sahen, zogen die Wetter der Vernichtung sich über dem »wehr- lichen Hause« zusammen; während Kurfürst Friedrich 1, als ReichSfeldherr Deutschland gegen die Hussiten ins Feld führte, zogen die s{hwäbischen Städte, zur Fehde gegen den Grafen Friedrich von Zollern verbündet mit einem Theile der ihnen benachbarten Herren, vor den ZJollernberg, belagerten denselben fast ein Jahr lang (1422—1423) und zwangen die Vertheidiger nach tapferster Gegenwehr zur Ergebung. Die Burg ward geplündert, dann bis auf den Grund niedergebrannt; Überdies erwirkten die Sieger cinen Kaiserlichen Befehl , der auf ewige Zeiten den Wiederaufbau des Felsenschlosses untersagte.

Ein Menschenalter später stand eine neue Burg auf dem alten Flecke. Kurfürst Friedrich Il. hatte jo eden sein festes Schloß zu Cöln an der Spree aufgerichtet, als Markgraf Albrecht Achilles auch dem. scwäbischén Vetter Jost Niklas, dem Neffen und Nachfolger jenes so schwer heimgejuchten Grafen Friedrich, die Kaiserliche Erlaubniß zum Wiederaufbau der Zollernburg vermittelte. Rasch erhoben fich zuerst die Vertheidigung8maucrn, dann die Burg, zu welcher der deutsche Achilles selvst den Grund- stein herbeitrug, endlich die heut noch erhaltene Michaclskapelle, mit deren Einweibung im Jahre 1461 das Herstellungdwerk abgeschlossen war. Jn diesem Hause residirten die Grafen von Hohenzollern bis in das 16. Jahrhundert; sie verließen es, dem aligemeinen Brauche deutscher Fürsten folgend, als friedliche Zeiten und geordnete Zustände den Aufenthalt in den engen Ráumen feßer Pläße nicht mehr nöthig machten; und während Kurfürst Joachim 11. die Citadelle zu Cöln“ an der Spree in cinen statilichen Palast verwandelte, siedelten die Grafea von der Spiße des Fel8berges an den Fuß desselben, in das behag- liche Schloß zu Hechingen über. Zunächst jedoch geschah das dur der baulichen Erhaltung der Burg kein Eintrag , auch dann nicht , als das Gräfliche Haus fich in die beiden Linien von Hechingen und Sigmaringen getheilt hatte. Die Burg blieb Gemeinbesiß beider Linien und- wurde nicht nur in gutem Stande erhalten, sondern auch je nah den neuen Anforderun- gen militärischer Sicherheit und wirthschaftlicher Bedürfnisse durch mannigfache Ergänzungs- und Anbauten vergrößert.

Im Verlaufe des 30 jährigen Krieges ging der Besi der Burg von Hand zu Hand. Die Würtenberger nahmen dieselbe dur Aushungerung 1634, die Bayern gewannen sie ihnen durch List ab 1635, räumten sie 1637, bemächtigten sich ihrer wiederum 1639 und hielten sie bis nach dem westfälischen Frieden inne. Die große Wichtigkeit - des festen Playes, die während des langen Krieges sich deutlich herausgestellt hatte, veranlaßte die Oesterreicher im Jahre 1667, durch Vertrag mit dem inzwischen (seit 1623) zu Fürsilihen Ehren erhobenen Herrn des Hohenzollern, das Besazungsrecht auf der Burg, zu erwerben. Die bauliche Erhaltung war in demselben Bertrage zwar vorgeschen ; indessen sie erfolgte in unzureichender Weise und mit so wenig haltbarem Material, daß der österreichische Kommandant, als 1744 die Franzosen anrükten, die Kapitula- tion der Vertheidigung vorzog. Seitdem wurde die Purg

vollends vernawlässigt; im Jahre 1767 mußte die Besaßung nah Hechingen verlegt werden, weil die Gebäude so \chadhaft waren, daß jene, obwohl nur 26 Mann stark, kein genügendes Unterkommen mehr fand, Endlich im Jahre 1771 kündigte

Oesterreich den »Oecffnungs-Traktat« voa 1667, und jeßt sich selbs überlassen, verwandelten die Reste der Burg sich ras in eine Ruine, die nur noch das Interesse eines malerishen An- bliks gewährte.

__So fand Kronprinz Friedrich Wilhelm das Stammschloß seiner Ahnen , als er demsclben auf der Rückkehr aus Jtalien am 16. Juli 1819 einen Besuch abstattete. Um zu retten, was noh zu retten war , bewog der Kronprinz seinen König lien Vater und die Fürstlichen Vettern in Hechingen und Sigmaringen, die Mittel zu gründlichen Restaurationsbarbeiten zu bewilligen. Allein, statt zu erhalten und wiederherzustellen, wie es der kunstsinnige und piectätvolle Kronprinz gewünscht hatte, erbaute man einiges Neue und bemühte fich, das noch vorhandene Alte in möglichst »romantische« Trümmer zu ver- wandeln. Entmuthigt durch den Bericht über solches Ver- fahren, den Graf Stillfried im Jahre 1834 zu erstatten beauf- tragt worden war , ließ der Kronprinz die Sache vorläufig ruhen; erst als der Bliß im Jahre 1844 die Michaclskapelle, den einzigen leidlic gut erhaltenen Theil der alten Burg, {wer beschädigt hatte, vereinigte König Friedrih Wilhelm IV. si mit den beiden Senioren der Linien Hechingen und Sig- maringen zu gemeinschaftlicher Wiederherstellung der Hohen- zol'ernburg.

Die Pläne Stilfricds , der auch diesen Vertrag unler- handelt hatte, wurden von den hohen Bauherren angenommen ; die Bauzeichnungen für den eigentlihen Schloßbau entwarf Stüler , die für die fortifikatorishen Werke der General von Prittwiß, der Festungs - Baumeister von Posen und Ulm. Stillfried und Stüler nebst zwei Fürstlihen Räthen wurden als Tmmediat-Baukommission an die Spiße des Unternehmens gestellt, und so konnte die Herstellung, die im Wesentlichen auf cinen Neubau mit möglichstem Anschluß an die alten Funda- mente und Benußung der wenigen noch brauchbaren Reste

hinauélief, im Jahre 1847 in Angriff genommen werden.

Man begann mit der Anlage einer Fahrstraße, welche auc den die Baumaterialien heranbringenden Lastwagen das Vor- dringen bis zu der etwa 1000 Fuß über Hechingen anstcigenden Bergspiße ermöglihte Dann ging man zuvörderst an die fortifikatorischen und Kascrnements-Bauten. Der Grundstein zu diesen Baulichkeiten ward in Gegenwart Sr. Majestät des Kaisers und Königs, damaligen » Prinzen von Preußen«, am 23. Septem- ber 1850 unter dem Wilhelmsthurme (3 des Situations-Plans) gelegt, und man war noch mit:en in dieser Bauthätigkeit, als König Friedri Wilhelm IV. hier oben unter freiem Himmel, im Schatten der Königsuünde (Sit. Pl. 14), die Huldigung der Hohenzollernschen Lande am 23. August 1851 entgegennahm. Îm Jahre 1856 war das Ganze, Schloß und Befestigung, so weit vollendet, daß bei der Anwesenheit Königs Friedrich Wil- belm IV., der Königin Elisabeth, des Prinzen von Preußen, des Fürsten und des Erbprinzen von Hohenzollern-Sigmaringen am 3. Oktover 1856 die feierlihe Uebergabe des Rohbaues er- folgen konnte, bei welcher Gelegenheit Se. Majestät der hoch- selige König den höchsten Schloßthurmknopf aufseßen ließ und persönlich den Geundstein zu einem neuen evangelischen GotteS- hause (Sit. Pl. 15) legte. Der innere Ausbau und die künst- lerishe Ausshmückung erforderten den Zeitraum von zehn Jahren ; als endlich auch die den Kunstformen der Räume ent- sprechende Möblirung ausgeführt und mit der Schlußstein- legung in der evangelishen Kapelle am Geburtstage Jhrer Majestät der Kaiserin-Königin, am 30. September 1867, die lebte Bau-Arbcit vollendet war, so konnte am 3. Oktober des selben Jahres Se. Majestät der Kaiser und König, begleitet von Jhrer Majestät der Kaiserin - Königin, Sr. Kaiserlichen Hoheit dem Kronprinzen und der Fürstlich Hohenzollernschen Familie, die Schlüssel der Burg aus den Händen des Grafen Stillfried entgegennchmen , um als8bald zu feierlicher Besißergreifung und Einweihung zu breiten.

Steigt man jekt auf bequemer Straße von Hechingen her

den Zollerberg empor, so kommt man auf halber Höhe an einem niedrigen, zur Vertheidigung eingerichteten Thurme vor- über; er umschließt und deckt eine Dampfmaschine, die das

frische Trinkwasser ciner hier entspringenden Quelle in die Burg

hinauf treibt. Allmählich, indem man weiter vorschreitet, geht der hohe Baumwuchs, der den Fuß des Berges bedeckt, in Buschwerk über, endlich hört auch dieses auf, und aus dem naten Felsgestein erheben sich die sturmfreien Mauern der Bastionen und ihrer Courtinen, darüber aber die Masse der Thürme, Giebel und Erker in reichem Schmucke der Architektur und dex Plastik. Der steile Kegel gestattet nur einen Zugang.

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Dieser führt durch das Adlerthor (Sit. Pl. 1) in den Rampen- ! lassen.*) An die in gothishem Styl erbaute evangelische Kirche

thurm (2). Innerhalb dieser Anlage und an dem Wilhelms-

thurm (3) vorüber hat die Auffahrt eine Steigung von

70 Fuß zu bewältigen; in kunstvoll angeordneter Serpentine beschreibt sie vier Schleifen , indem sie zuerst durch jedes der unteren Thore des Rampenthurm3, dann über dasselbe hinweg,

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\{ließlich durch einen langen Tunnel und dann noch einmal über dem Gewölbe desselben sich emporwindet, bevor sie den obersten ¡Burgthorthurm (11) erreiht. Hat man diesen Ab- {luß durchschritten , so liegt zur Rechtenck die evangelische Kapelle (15), zur Linken der Burggarten (12) mit einem Schmuckck- brunnen (13) und der überlebensgroßen Bronze - Statue König Friedrich Wilhelms 1V., welche Kaiser Wilhelm dem Wieder- erbauer des Stammschlosses im Jahre 1867’ hier hat errichten

{ließt sich das Wehrhaus, die Kaserne der Garnison (16), dessen Eingang zwei Thürme flankfiren. Hinter dem Wehrhause beginnt die ten der eigentlichen Schloßgebäude, deren unteres Geschoß die

\shaftsräumen umschließt, während die oberen, zu denen man

ohnungen für Gefolge und Dienerschaft nebst Wirth-

Die Burg Hohenzollern. Grundriß der Haupt-Etage.

mittelst einer Freitreppe aufsteigt, die Königlichen und Fürstlichen Gemächer der Bauherren enthalten. Fast die ganze Front der inneren, dem Burghofe zuwandten Seite des mittelsten der drei Schloßflügel nimmt der Wart- oder Treppenthurm (19) ein. Von seiner Zinne genießt man die umfassendste Rund- und

*) Vgl. Die Hohenzollern - Standbilder in Preußen. Bes. Abdr. aus dem K. Pr. Staats-Anz. Berl. 1868, S. 56.

R SE N A x R E Y i v: T T p M

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