1871 / 97 p. 12 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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Auténz ertheilt oder die vorbeimarschirenden Truppen vom

Fenster aus begrüßt wurden.

Nach Vollendung des Anzuges traten Se. Majestät in das Arbeit8zimmer ein, in welchem cin Leib-Jäger oder Leib-Lakai bereits den Kaffee auf den Schreibtish getellt und neben den- selben die eingegangenen Telegramme und Briefe niedergelegt hatte. Im Winter stand eine Arbeitslampe mit grünem Schirm neben dem Frühstück, das gewöhnlich aus Kaffee bestand.

__ Die nächsten anderthalb Stunden nach dem Frühstück füllten Se. Majestät mit dem Oeffnen und Lesen der über Nacht eingegangenen Briefe , Schreiben und Berichte aus, Alle an des Königs Majcsiät gerichteten Briefe werden von Allerhöchstdemselben , wenn es die Zeit irgend gestattet, eigen- bhändig und in Krankheitsfällen möglichst in Allerhöc{stseiner Gegenwart geöffnet. Se. Majestät legen dieselben alsdann, schon beim ersten Durchlesen sie mit Zeichen und Randbemerkun- gen versehend, in die für die verschiedenen Ressorts bestimmten Mappen , wie z. B. Militär-Kadbinet, Civil-Kabinet, Staats- Ministerium u. \. w. Jn diesen Geschäftsgang der Friedenszeit hat der Krieg keine Veränderung gebracht.

Jeden Morgen um 9 Uhr meldete sich der Flügel-Adjutant vom Dienst für den Tag, der allein das Recht hat, unange- meldet in das Arbeit8zimmer Sr. Majestät einzutreien und den ganzen Tag zur Disbposition AUerböcbstdesselben bleibt , alle Meldungen vorlegt und ein Journal über alles Das8jenige zu führen hat, was während der Zeit seines Dienstes geschehen, welche Vorträge Se. Majestät entgegengenommen, welche Per- sonen empfangen worden, welche Nachrichten von Wichtigkeit eingegangen sind.

Nach der Meldung des dienstthuenden Flügel-Adjutanten fuhren Se. Majestät im Lesen der eingegangenen Briefe und Meldungen fort. Im weiteren Verlauf der Morgenstunden erschienen dann der Ober-Hof- und der Hof-Marschall des Königlichen Hauses, um die auf den Hofhalt bezüglichen Be- fehle zu empfangen. Jn dieser Stunde ordneten Se. Majestät gewissermaßen Seine eigenen Angelegenheiten, befahlen, was sich auf Fürstliche Gäste bezog und bestimmten, welche Per- sonen zur Mittag§s- oder Abendtafel eingeladen werden sollten. Darauf begannen die eigentlihen Staats- und Regierung8- Geschäfte mit den besonderen Vorträgen, zu denen die Chefs der verschiedenen Behörden erschienen und deren Reihenfolge täglich besonders bestimmt wurde.

Täglich hatten während des Feldzuges das Militär-Kabinct, sowie die Generale Vortrag. Leßterer etwa das, was in anderen Heeren mit dem Ausdrucke »Krieg8rath« bezeichnet wird, begann durchschnittlih um 10 Uhx Vormittags. Demselben wohnte, wenn im Großen Hauptquartier anwesend, stets Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz, und alsdann auch bisweilen Höchstdessen GeneralsiabsL-Chef, immer aber die General-Adjutanten, der Chef des Generalstabes der Armee, der General-Quartiermeister und mehrere Male auch der Bunde8kanzlec sowie der Kriegs-Minister bei. Dieser Generals- Vortrag fand gewöhnlich im Arbeitszimmer Sr, Majestät statt, in welches die sämmtlichen Generale gleichzeitig eintraten, nach- dem sie im Vorzimmer des Flügel-Adjutanten sich gesammelt hatten und von diesem angemeldet und zum Eintritte befohlen worden waren. Bei Eintreffen besondexs wichtiger Nachrichten ließen Se. Majestät auc wohl zu außergewöhnlicher Tages- zeit die oben genannten Generale oder einige derselben zu Sich befehlen, zuweilen auch begab fih der Chef des Generalstabes allein zu Sr. Majestät , um eine ihm zugegangene Meldung vorzutragen und sogleich den nöthigen Befehl zu erbitten.

Die Vorträge des Militär-, des Civil-Kabinets und des Bun- deskanzlers in den Vormittagsftunden wurden nur durch Fürstliche Besuche und deren Erwiderung, durch Meldungen von Offizieren, Empfang von Deputationen hin und wieder unterbrochen, gewiß aber, wenn Truppen in das Kantonnement einrückten oder auf Vorposten ausmarschirten. Dann traten Se. Majestät stets an das Fenster oder auf die Straße, und blieben, oft im schlech- testen Wetter, auf schmußzigem oder hart gcefrorenem Boden stehen, bis auch der leßte Mann vorüber war.

Zwischen 12 und 1 Uhr nahmen Se. Majestät etwas kalte Küche zu Sich, wonach dann die Geschäfte ununterbrochen bis

2 oder 3 Uhr fortgeseßt wurden. Um diese Stunde pflegten Se. Majestät auézufahren, um die Stellung der Truppen, ihre Vertheidigung®Larbeiten oder die feindlichen Werke zu besichtigen und sodann cines der Lazarethe zu besuhen oder eine Kunst- sammlung, ein Schloß, eine Schen8würdigkcit in Augenschein zu nehmen.

Diese TageS8ordnung wurde an Gefechtê- und Schlacht- tagen durch die Verhältnisse geändert.

Das Mittagsmahl nahmen Se, Majestät, wenn das Große Hauptquartier niht in Bewegung, gewöhn- lich um 4 Uhr ein; befand sich leßteres aber im Vorrücken, o wurde , wie überhaupt in den Wintermonaten, erst um

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7 Uhr zur Tafel gegangen. Die Zahl der regelmäßig zur

Tafel gezogenen Personen wie der cingeladenen oder be- fohlenen Gäste richtete sich im Felde zunächst nah dem Raume , der in manchem Hauptquartiere sehr beshränft war. Qu den täglichen Tafelgenossen Sr. Majestät gehörten die Generale dec Allerhöchsten Umgebung und der Flügel-Adjutant vom Dienst. Die Tafel war immec einfa, ungezwungen und heiter , Se. Majestät Selbst freundlich und von. wohlwollen- dem Zuvorkommen. Nur bei besonderen Gelegenheiten wurde die Tafel etwas reicher servirt, was alsdann auf speziellen Be- fehl Sr, Majestät zu Ehren. eines Festtages geschah, wobei auhch der Waffenrock und Helm angelegt ward; sonst aber erschien Alles in Ueberrock und Mügze.

Nach beendeter Tafel zogen Allerhöchstdieselben Sich in das Arbeitszimmer zurück. Es folgte nah dem Mittags- mahl diejenige Zeit des Tages, in welcher alle län- geren Berichte, Promemoria und Gefechtsrelationen gelesen, die Etatsrapporte über die Stärke der Truppen , die Be- richte über den Gesundheitszustand bei den Armee-Corps durch- gesehen und mit den Allerhöchsten Randbemerkungen versehen wurden. Häufig sind auch noch in diesen Abendstunden Vor- träge gehalten oder der Bundeskanzler, der Kriegs-Minister, der Chef des Generalstabes von Sr. Majestät empfangen worden.

Die späteren Abendftunden , welche in Frieden8zeiten der Erholung gewidmet sind, pflegten Se. Majestät zunächst in Gesellschaft Allerhöcbfiseiner Umgebung ‘zuzubringen. Eine Zerstreuung haben Nlerhöchstdieselben während des Feldzuges Sich nicht gestattet , vielmehr Sich jedes Vergnügen versagt ; Se. Majefiät nahmen stets auf das Einfachsie den Thee ein, bei welcher Gelegenheit Zeitungs-Nachrichten vorgelesen, iUustirirte Werke angesehen und Erfahrencs mitgetheilt wurde.

Gegen 11 Uhr hoben Se. Majestät gewöhnlich die Gesellschaft auf und begaben Sich in das Arbeitêszimmer zurü, um nun allein und ungestört oft bis Mitternacht am Schreibtische der cigenen Korrespondenz Sih zu widmen, oder die Abends erst eingegangeaen Depeschen, Rapporte, Gesucte, Bittschreiben zu durclesen. Die große Zahl der am kommenden Morgen zur Beförderung gelangenden Königlichen Briefe ist ein Be- weis dafür, daß Se. Majestät in dieser späten Stunde beson- ders viel schrieben und Sich ers zur Ruhe begaben, wenn sämmiliche laufenden Geschäfte des Tages abgethan und er- ledigt waren.

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Jur Verfassung8geschichte deutscher Städte.

Das Städtewesen des Mittelalters behauptet deshalb eine so wichtige Stelle in dem Entwicklung8gange des germanischen Staatswesens , weil die Städte der Kern geworden sind, um den si Ordnung, Bildung und Wohlstand angeseßt haben ; bürgerliche Gewerbe und Handel, deutsche Wissenschaft und Kunst nahmen hier ihren Anfang, empfingen von hier ihre exste Pflege.

Als im 19. und 12. Jahrhundert die Städte zu äußerem Ansehen heranwuchsen, nahmen dieselben sogleich eine ziemlich un- abhängige Stelluna und den Choraîïter einer in sich geschlossenen Korporation an. Das Bürgerthum trat als ein besonderer Stand ins Leben und bildete fich in seiner Eigenthümlichkeit aus. Die Verhältnisse haben sih aber je nach Zeit und Umständen auch in jeder Stadt eigenthümlich gestaltet, so daß jede Stadt ihre cigene VerfassungLgeschichte hat. Jn dieser Beziehung verdient ein bercits vor länger als einem Dezennium untex dem Titel: »VerfassungsLgeschichte dex deutschen Freistädte im Anschluß an die VerfassungLgeschichte der Stadt Worms « von Dr. Wilhelm Arnold, Privatdozenten der Rechts- wissenschaft an der Kurf. Landesuniversität zu Marburg (erster und zweiter Band. Hamburg und Gotha. F. A. Perthes 1854) erschierenes Werk Erwähnung, das gerade gegenwärtig noch an Bedeutung gewoinnt, weil darin der echt deutsche Kern in der Ver- fassung einer jeßt wiedex eroberten deutschen Reichsstadt unwider- leglich nacgewiesen wird. Dazu hat dasselbe das Verdienst, die wissenschaftliche Anregung zu eingehenden Untersuchungen über die deutschè Städteverfassung gegeben zu haben. Den reichen Ertrag juristisher und historiswer Ausbeute verdankt der Verfasser theils seiner Methode, die Rechtéentwickelung in enger Verbindung mit der Geschichte zu“ erklären , theils sei- ner Beschränkung auf ein bestimmt abgegrenztes Gebiet; indem er von der Ansicht ausging, daß cin Werk, welches den Ursprung und Verlauf der deutschen Stadtfreißeit darstellen will, füglid auf die Geschichte der sogenannten Freistädte Cöln, Mainz, Worm®, Speier, Straßburg, Basel und Regensburg sih beschränken könne, da dieselbe die Geschichte der deutschen städtischen Verfassung überhaupt abspicgelt. Jn ihnen, welche keine Reichsstädte waren, weil die Regierungsrechte nicht dem Kaiser zustanden und keine Landstädte, weil sie die Landes»

herrschaft ihrer Bischöfe nicht anerkannten, haite sich die städtische Verfassung primitiv entwickelt. Es

Unter den angeführten Städten berücksichtigi das Wer? wieder vorzug8weise die Geschichte der Stadt Worms und hat daran die der übrigen Freistädte angereiht. Durch dieses Ver- fahren konnte cin anshaulihes und zusammenhängendes Bild von dem Gegenstande der Untersuchung entworfen rverden und die Beweisführung gewann unzweifelhaft an Sicherheit , was ihr scheinbar an allgemeiner Gültigkeit abgeht.

Der Inhalt der beiden Bände zerfällt in drei Bücber. Das erste Buch behandelt die Entwicklung der bischöflichen Herrschaft (627 1074), die Tmmunitäts - Privilegien und den Erwerb fiskalisher Nußungsrechte (627 913), den Erwerb der Ge- richt8barkeit (913 1002), Worms unter bishöfliher Voigtei (1002—1074); angeknüpft sind Untersuchungen über die Burg- grafscaft und die städtische Gerichtsverfassung zu Mainz, Speicr, Straßburg, Regensburg, Magdeburg, Cöln, Trier, Augsburg und Worms. Besonders interessant sind die Untersuchungen Über den that‘ächlichen Uebergang der Gerichtsbarkeit in leßterer Stadt auf den Bischof, welcher durch Privilegium Heinrich 11. vom Jahre 1014 zu der Gericht8barkeit von 979 no die volle Gerichtsbarkeit über seine Besitzungen außerhalb der Stadt und ihres Gebicts erwarb. Eine ausführliche Schilderung ist mit Recht dem Bischof Burcbhard und seiner Thätigkeit gewidmet, welche vorzugsweise auf die Herstellung von Kirchen gerichtet war. Der erste Ur- sprung des Stadtfciedens leitet sich von den Königlichen Pfalzen ab, die von jeher in einem höheren örieden standen. Der größte Theil der städtischen Einwohner iït überall eingewanderk; die Ministerialen sieigen allmählich aus der Unfreiheit auf und geben zuleßt als Ritter in den niederen Adel über. Da wo die Gerichtsbarkeit in Folge der Ottonischen Privi- legien auf die Bischöfe Überging, is die Trennung der Gerichte weggefallen , die Burggrafschaft dagegen konnte nur da völlig rein sich halten, wo gar fein Ueber- gang der Gerichtöbarkeit auf den Bischof stattgefunden hatte. Da Burggrafen sich nicht in den bischöflichen Städten , die keine Pfalzen hatten und in keiner Königlichen Stadt finden, deren Einwohner dem Hofreht unterworfen waren, so ist daraus zu schlicßen, daß der Burggraf, welcher unserem heuti- gen Sprachgebrauch nach mit Stadtgraf zu Überseten ist , Ur- sprünglich allein vom König eingeseßt wurde, und daß es der cigenthümlich städtishe Richter für Freie war. Seit dem zwölften und dreizehnten Jahrhundert hat das Burggrafenamt die Bedeutung einer wahren Grafschaft verloren. Die BVer- einigung der verschiedenen Einwohnerstände durch die Otto- nischen Privilegien , während die alte Jmmunität dieselben in zwei Parteien geschieden hatte, ist nicht durch eine Ausdehnung der Jmmunität über die ganze Stadt, sondern umgekehrt durch die Beseitigung des Juimunitätsbegriffs erfolgt; nicht dadur, daß die Altfreien einem Hofreht unterworfen , sondern als Unfreie wieder unter öffentliche Richter gestellt wurden. Ein unabhängige? Schöffenthum hat sich mit Ausnahme von Cöln und Magdeburg, wo das alte Schöffenthum die Entsichung einer rein städtischen Obrigkeit mehr aufhielt als besörderte , in keiner bischöflichen Stadt erhalten.

Das zweite Buch bebvandelt die Entwicklung einer freien Stadtverfassung R Emanzipation der Stadî von der bischöflichen Herrschaft, orms als Freistaat. Das ersie Privilegium , welches Überhaupt eine Stadr als solche in Deutschland erhalten hat , bestand in einer Handelsbegünsti- gung für Worms des Kaisers Heinrich IV, vom Jahre 1074, in dessen langen und s{weren Kämpfen um die Krone die Städte auf Augenblicke allein des Kaisers Ansehen aufs ret erhalten haben. Der mit dem Worte » Bürger« ver- bundene Begriff wird aus den Urkunden dahin fesigestellt, daß Cives oder Bürger in weiterem Sinne alle sind, welche that- sächlich die Vortheile der städtischen Schußverbindung genießen, an der Schußgenossenschaft , sei es aktiv oder passiv , Theil nehmen. In seiner allgemeinen Bedeutung geht also das Wort »Bürger« zunächst mehr auf ein faktisches als auf cin recht- liches Verhältniß, und die civitas in diesem Sinne ijt nichts weiter als die Gesammtheit aller Schußgenossen. Wesentliche Bedingung dieses politischen Bürgerrehts is der Besiß von Grundeigenthum innerhalb der Stadt. Die bischöflichen Dienst- mannen sind nicht als Cives, sondern unter ihrer besonderen Standes8beziehung als Ministeriales oder milites aufgeführt. Cives im engsten Sinn sind die altfreien Geschlechter oder die Patrizier. Die Entstehung der Zünfte war ine natürliche Folge erhöhter Gewerbthätigkeit und des dadurch herbeigeführ- ten Uebergangs der Handwerker zur persönlichen Freiheit.

Während des zwölften Jahrhunderts ging eine Umwand- lung mit dem Amte des Schulzen vor. Während dieser ehe-" dem vom Bischof aus den Stiftsministerialen ernannt wurde,

ift er seitdem kein bishöflicher Beamter, sondern ein Kaiserlicher ; die Wahl oder Ernennung desselben geht aber von der Bürger-

schaft aus, und er wird nicht mehr aus dem Stande der Dienst- mannen, sondern aus dem der bürgerlichen Geschlechter erwählt. In Worms waren die Urtheilfinder nit blos Beisißer der Schultheißen , sondern zugleich die Inhaber der Gerichtsbarkeit, weshalb fie auch den Titel Richter führten. Der Schultheiß war nur der Erste unter den Gleichen, der das Gericht hegte. Aus der Episode vom Ursprung und Fortgange der Stadt- freiheit in den Freislädten heben wir hervor, daß Straßburg als Handelêplaß {on im zwölften Jahrhundert fast dieselbe Bedeutung wie das reiche und mächtige Cêln für den Nieder- rhein gewann. Die Anfänge der Straßburger Stadtfreiheit führen uns in die Zeiten Heinrich IV. zurück. Jn der zweiten Hälfte des zwölften Jahrhunderts scheint der Rath die Be- deutung einer eigentlichen Obrigkeit der Stadt erlangt zu baben ; die Umbildung erfolgte durch einen bestimmten Akt der Nutonomie: während in den meisten anderen Städten die Konsuln lebenslänglich im Amte blicben, fand in Straßburg ein jährlicher Wechsel statt. Schon im zweiten Stadtrecht wird derselbe aus8drücklih vorgeschrieben. Die Auf- zeichnung des ersten Straßburger Stadtrets fälit in die Jahre 1192 oder 1193, die des zweiten in die erste Hälfte des drei- zehnten Jahrhunderts und die des dritten um das Jahr 1249. Rath und Gericht scheinen in Straßburg von Anfang an mit verschiedenen Personen beseßt worden zu sein, so daß die Schöffen nicht zugleih Rathsherren waren. An der Spiße des Raths stand dec Bürgermeister, hier regelmäßig »Meister « \chlechthin genannt. Die Partheikämpfe der Eescbiechter sind nirgends heftiger gewesen, als in Straßburg und Cöln. Hier wie dort sind die Geschlechter in zwei Faktionen gespalten, welce um die Oberherrschaft in der Stadt ringen. : Der zweite Band des angeführten Werks handelt im zweiten Buche weiter über die Entwicklung einex ireten Stadtverfassung, die Behauptung der städtishen Selbständigkeit 1220--1295 und das innere Leben der Städte im Mittelalter. Zunächst werden die gegen die autonome Stellung der Städíe von Kaiser Friedrich 11. erlassenen Reichs8geseße besprochen. Ferner wird die Erhebung der rheinischen Städte dur den grofen Städte- bund eingehend und mit besonderer Bezugnahme auf die Frei- städte erörtert. Für die bischöflichen Städte wurde die Regierung Kaiser Rudolphs von Habsburg dadurch folgenreich, daß er ihre Reich8unmittelbarkeit zuerst allgemein und entschieden anerkannte. Charafkteristisch für die Entwicklung der Städte wie für den Umschwoung der Lebensverhältnisse Überhaupt erscheint es, daß zwei Jahrhunderte lang ein Stand, der Stand der Patrüier, die Herrschaft in den Städten führte, und zwischen dem ritter- lichen vnd bürgerlichen die Mitte haltend, ebensowohl auf den Grundbesiß, als auf den Handel gegründet war. Die Patrizier

waren es daher, welche die alte und die neue Zeit vermittelt

haben und in dem eigenen Stand den Uebergang aus der einen in die andere darsiellen. S :

Im dritten Buch werden die Kämpfe um das Stadtregiment in Worms zwischen Bischof und Rath in drei Kapiteln besprochen : Uebergriffe des Bischofs während der ZJunftunruhen und der Entfaltung der Landeshcheit (1293—1393), Worms als bishöf- liche Freistadt (1393—1483), Kampf um die Entscheidung (1483 bis 1526). - Die Zunftunruhen sind wohl zu unterscheiden von den verschiedenen späteren Aufständen des sech8zehnten und siebenzebnten Jahrhunderts, die wobl Symptome innerer Gäh- cuäg, aber mcht mehr die natürlichen Rusbrüche einer neuen Entwicklung sind. In ihrem leßten Resultat haben die Qurnift- bewegungen überhaupt weniger eine Umwälzung der Verfa}- sung als der Standesßverhältnisse herbeigeführt; die Mitglieder des dritten Standes wurden Bürger und seine Häupter Theilhaber der Regierung (1293). Die ersten Bewegun- gen in Worms und ihre Folgen , wie die Verhältnisse der Stadt zum Reiche, die städtische Verfassung und die Kämpfe der Stadt mit den Bischöfen Dietrich von Boppard und Johannes Schadland (1350—1370) sind auf Grund von Originalurkunden in Worms ausführlich geschildert. Der ritterliche Burgemeister ist in den Urkunden des vierzehnten Jahrhunderts nirgends mehr erwähnt ; sein Amt mußte zugleich mit dem der Rathsherren in Verfall gerathen. Den Qunsft- unruhen und dem Ausgang der Stadtfreiheit in Speier, Basel, Mainz, Regensburg und Cöln ist ein eigner Adschnitt gewidmet. Der Vorrang, den die Reich8städte einnahmen, erklärt sich ein- fach daher, daß es die ältesten und größten deutschen Städte, die Metropolen der angesehensten Kirchenprovinzen und die Hauptstädte und Mittelpunkte des Reichs waren, daß fie am frühesten Kaiserliche Privilegien und eine freie Stadtverfassung erlangt haben, und vor Allem, daß sie cinen zohlreichen Stand freier Einwohner hatten, der seine Standesrechle zu Leiner Zeit

ganz eingebüßt hat.