1871 / 114 p. 15 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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zur Ruine Frauenburg. Der Besuch des Rheingrafensteins, der Ebenburg, des Schiosses Dhaun, des Desibodenbergs, über- haupt der lieblichen Nebenthäler der Nahe wie auch der Städte und Städtchen: Kreuznach (Bad), Sobernheim, Kirn, Oberstein, St. Wendel und Ottweiler bieten manches Jnteressante. Im Sulzbachthal bilden die herrlichen Waldungen den reizendsten Schmuck der Gegend. Auf dem Plateau des Saarbrücker Stations8gebäudes bietet sich dem Auge ein ret anzichendes Bild. Die Saar durchfließt ein anmuthiges Wiesenthal, welches eine Stunde aufwärts beim Hallberg mit seiner berühmten Grotte beginnt und eine Strecke unterhalb der durch zwei Brücken verbundenen Städte St. Joharn und Saarbrücken endigt. Die Saar macht bei Völklingen, wo woir die schöne neue Brücïe wohl beachten, eine große Krümmung nah Nord- westen; es eröffnet sih das breitere lieblice Thal, worin die Reste des Prämonstratenserklosiers Wadgassen, Saarlouis, Dillingen, Merzig liegen. Während von Kirn bis Station Beckingen (oberhalb Merzig) sih kein Weinwachs zeigt, findet fich hier wieder vortrefflicher Rothwein. Denn am Bahnhofe Beckingen *) liegt der cinst berühmte Weinberg» die Meerkaß«, von dem’ allerdings der beste Theil deim Eisenbahnbau ver- loren gegangen ist. E :

Am mettlacher Tunnel {ließt sich das breitere Thal. Wir nähern uns dem ehemaligen Benedifktinerkloster Mettlach mit der uralten Ludovinuskapelle und dem reizenden Park. Das Urwüchsige der Gegend bis Serrig, die tabener Felswand mit

der Kapelle, die hochthronende Klause bei Kastell mit dem-

Mausoleum des blinden König Johann von Böhmen, das imposante Saarburg mit seiner malerischen Kirche und seinen bedeutenden Schloßruinen; die behaglichen Landschaftsbilder bis Konz gewähren so viele s{chöne Ansichten, daß wir ungern dieses lieblichbe Thal verlassen.

Qur Geschichte der Obstbaumzucht in der Mark Brandenburg.

In der Sigung des Vereins für Geschichte der Mark Bran- denburg am 12. d. M.schilderte der Geh. Rath Riedel die Verdienste, welche unsere Monarchen sich um die Obstbaumzucht in der Mark erroorben haben. Kurfürst Friedrih Wilhelm barf als der Begründer dieses wichtigen Zweiges der Volkswirthschaft be- trachtet werden. Die Erfolge seiner Thätigkeit entsprachen jedoch weder dem Eifer, mit welchem ex sich der Sache an- nahm, noch dem ermunternden Vorbilde, mit dem er selbst und seine niederländische Gemahlin vorangingen, da cs theils an der Einsicht in den Nutzen dieser Kultur mangelte, theils die genügende Anzahl junger Stämme für die geseßlich vor- geschriebenen Pflanzungen nicht überall zu beschasfen war. Man sah sih genöthigt, den zum Pflanzen Verpflichteten die Befreiung von ihrer Verbindlichkeit dur eine Geldzahlung zu gestatten, so daß z. B. die den Brautleuten auferlegte Pflicht, junge Obstbäume zu seßen, allmählich fich in eine Art von

eirathssteuer verwandelte. Diesen Zwang hob daher König

riedri Wilhelm T1. gegen Ende seiner Regierung auf, jedoch kehrte er selbst zu. ähnlichen Maßregeln zurÜck Und ver- ordnete z. B. im Jahre 1737, daß jeder bäuerliche Besißer jähr- lich eine bestimmte Anzahl von Obstbäumen pflanzen müsse. Allein, obwohl auch König Friedrich 11. an den Bestrebungen seiner Vorgänger festhielt, Überdies aber durch eigenes Beispiel, durch Anlegung großer Baumschulen (Malchow), durch Heran- ziehen von Gärtner-Kolonisten, dur die Anstellung von Kreis- gärtnern u. \. w. anregend auf Privatindustrie einzuwirken bemüht war, blieb der Obsibau der Mark dennoch nicht nur der Quantität, sondern mehr noch der Qualität na, weit binter seinen Wünschen zurück. Ersk in der neuesten Zeit ist die Pflege des Obstbaums , zum Theil durch die Schullehrer- Seminarien, durch den Verein für Gartenbau und durch Privat- unternehmer auf eine höhere, wenngleih noch immer nicht ge- nügende Stufe gehoben worden.!

Aus den Berliner Bildhauerwerkstätten. TIL

Prof. F. Drake’s Werkstatt sicht gegenwärtig ebenfalis ein Monuinentalwerk, und zwar des kolossalsten Maßstabes,

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*) In Beckingen befand sich eine Deutsh-Ordenskomthurei. Ein Wappen sieht man noch in der Felswand am Bahnhofe, wenn man von Rehlingen nah Beckingen gcht.

entstehen: die Riesengestalt jener Borussia, welche die höchste Kuppe über dem Capitäl der Säule des Siegesdenkmals auf dem Königsplay im Thiergarten {müden wird.

Für die außerordentlich groß genommenen Verhältnisse der Säule, welche sich etwa 120 F. hoch über einem Unter- bou von 50 Fuß Höhe, dem quadratischen mit Relief- fries gezierten Sockel und der fkreisrunden granitnen Säulendalle- auf demselben erhebt, mußten auch die jener frönenden Gestalt ungewöhnlih mächtig gewählt werden. Sie wird bis zur Spiße ihres Adlerhelms künftig 26 Fuß messen, also mehr als die Reiterstatue des Friedrich-Denkmals.

Die Skizze und das kleine Hülf8modell in Gips, welches vollendet in Prof. F. Drake's Atelier steht, veranschau- lichen die spätere Erscheinung der Kolossalgestait. Diese Borussia ist als ein hohes junges Weib von edlen und mächtigen Formen. Jhre Gestalt erscheint nicht in Waffenrüstung , son- dern bekleidet mit antikem Gewande, das über dem Peplum durch einen an der Brustseite breiter werdenden Gürtel ober- halb der Hüften: zusammengefaßt wird. Diesen Gürtel {müdckt in der Mitte das Relief eines Adlers mit ausgebreiteten Schwin- gen. Die Gestalt ruht leicht s{hwebend auf dem linken Fuß. In der Hand des etwas zurückgezogenen linken Armes trägt sie eine in grofen Falten flatternde Fahne. Die rechtc Hand ist hoh erhoben und hält einen Lorbeerkranz.

Professor Drake hat {on seit der Arbeit an seinen Kolossalstatuen Sr. Majestät des Kaisers und Königs als Prinz-Regenten für die Cölner Eisenbahnbrücke ein von der Weise anderer Bildhauer wesentlih abweichendes technisches Verfahren bei derartigen Arbeiten angenommen. Statt solche Modelle zunächst in weichem Thon auszuführen und aufzu- bauen, um dann erst darüber den Gipsabguß zu nehmen, dessen es für die Herstellung in Bronce bedarf, legt er fie nach dem kleinen Hülfsmodell unmittelbar in ciner Mischung von Gips und Stuck an. Die Durcarbeitung dieses viel unhand- licheren , shwierigeren , harten und {nell trocknenden Mate- rials bietet zwar viel größere technische Unbequemlichkeiten, aber dafüc hat das Verfahren auch den Vorzug , dem Bild- hauer die doppelte Arbeit, das Abformen und die Reparirung und Vollendung des Gip®°abgusses seines Thonmodells zu er- sparen. In solcher Weise hergestellt , steht gegenwärtig in der Drake schen Werkstatt der gewaltige Kopf (5 Fuß hoch) jener Borussia vollendet, ein Aniliß von eben so erhabener ais lieb- licher und echt germanisher Schönheit; wahrhaft monumental und für die einfache Wirkung in der Ferne gearbeitet; aber lebendig und durchgeistigt in allen seinen riesigen Theilen und &lächen. An der Ausführung des Brusistücks der Gestalt in derselden festen Masse wird daselbst zunächst gearbeitet.

Jn welcher Weise und bis zu welhem Grade die Siege Preußens in dem neuesten großen Kampfe ändernd und be- stimmend auf die zuvor projektirte und festgestellte Form wie Ausdehnung des Siegesdenkmals einwirken sollen , ist bisher noch nicht definitiv entschieden. Jn der Totalität seiner Gestalt, wie in seinen Maßverhältnissen wird dasselbe au dur die Rücksicht auf jene Siege und Thaten keine Umwandlung mehr erfahren können. Die Arbeiten auf dem Königsplaß an der Architektur des Monuments waren dafür bereits zu weit vorgerückt. Es wird jedoch nunmehr bei der originellen Berzierung der drei Abtheilungen der Säule durch aufrecht in ihre Cannelirungen g Geschüßrohre auch den erbeu- teten französischen cin Plaß angewiesen werden, und sowohl in den Reliefbildern, eben so des um den unteren quadratischen Sockel gelegten Frieses, als auch in den beabsichtigten späteren &resfomalereien im Jnnern der Piedestalhalle neben den voran- gegangenen beiden Kriegen auch dieser große Entscheidungskampf, der endliche glorreihe Frieden und die neu errungene Größe des deutschen Vaterlandes die entsprecende künstlerische Ver- herrlihung durch unsere besten Kräfte in der Skulptur und Malerei finden.

VBierteljahrs- Hefte des Königlih Preußischen Staats-Anzeigers. Vierter Jahrgang. Erstes Heft: Januar, Februar, März 1871. Druck und Verlag der Königlichen Geheimen Ober - Hofbuchdruckerei (R. v. Decker).

Die Vierteljahrs - Hefte des Königlich Preußischen Staats- Anzeigers erscheinen am Schlusse jedes Quartals und enthalten sämmtliche in den »Besonderen Beilagen« des Staats-Anzeigers publizirten Artikel. Dieselben sind dur alle Post - Anstalten E va clio d für den Preis von 7% Sgr. vierteljährlich zu beziehen.