1890 / 266 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 04 Nov 1890 18:00:01 GMT) scan diff

Das „Marineverordnungsblatti“ veröffentlicht fcl- gende Allerhöchste Kabinets-Ordre, betreffend die Verwendung e bei der Einnahme von Kilwa in Ost-Afrika er-

euteten Geschüße:

„Ich LNOS ge die von den Monnschaften Meiner Schiffe „Carola“ und „S{hwalbe“ bei der Einni ‘me von Kilwa in Ost- Afrika am 4. Mai dieses Jahres erbeu! n drei Kanonen nebst Laffeten der Direktion des Bildungswesens Le. Marine zur Einstellung in die Trophäen-Sammlung zu überweisen sind. Neues Palais, den 21. Oktober 1890. Wilhelm. In Vertretung des Reichskanzlers :

Hollmann

Dem Bundesrath sind an neuen Vorlagen zugegangen: der Entwurf eines Gesehes, betreffend die Abänderung des Patentgeseßes, nebst Begründung; ferner die Etats für die Verwaltung der Kaiserlihen Marine, für das Reichs- Schaßamt und der Reihs-:Post: und Telegraphenverwal!ung.

Heute hielt der Ausshuß für Handel und Verkehr eine Sigzung.

Se, Majestät haben dem Ober-Hof- und Domprediger D, Kögel zur Wiederherstellung seiner angegriffenen Gesund- heit einen sehsmonatigen Urlaub ertheilt und mit seiner Vertretung als Schloßpfarrer den Pfarrer an der Drei- faltigkeits - Kirhe, Konsistorial - Rath Dryander zu Berlin betraut.

Die St. Petersburger „Neue Zeit“ hebt, wie „W. T. B.“ meldet, in einem Artikel die besonders friedlichen poli- tishen Auspizien der anbrehenden Wintersaison her- vor und meint, in den Beziehungen der leitenden euro- päischen Mächte müsse das eingetreten sein, was die Fran- zosen „détente“ nennen; alle seien darin einig, daß zu solcher Wendung der Ereignisse in erster Linie die Reisen Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm beigetragen haben.

Der General-Lieutenant von Holleben, Ober-Quartier- meister im Großen Generalstabe, ist vom Urlaub zurückgekehrt, ebenso Se. Durchlaucht der Prinz Albert zu Sachsen- Altenburg, Commandeur der 3. Garde-Kavallerie- Brigade.

Der General-Lieutenant von Lindequist, General- Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Com- mandeur der 26. Division (1. Königlich Württembergische), hat Berlin wieder verlassen.

Der General der Kavallerie z. D. Hann von Weyhern, Chef des Husaren-Regiments Fürst Blücher -von Wahlstatt (Pommersches) Nr. 5, ist am 2. d, M. in Frankfurt a. O. gestorben,

Der Reichskommissar Major von Wissmann wird sih mit dem am 12. d. M. von Marseille abgehenden Dampfer auf seinen Posten zurüdcktbegeben.

Der „Marinebefehl“ enthält folgende . Mittheilungen über Schiffsbewegungen (Datum vor dem Orte bedeutet Ankunft daselbst, nach dem Orte Abgang von dort):

S, M. Pz\ch. „Baden“ Kiel. (Poststation: Kiel.) S. M. S. „Blücher“ Kiel. (Poststation: Kiel) S. M. Krzr. „Bussard“ Danzig 18,/10. 20./10. Kiel. (Poststation : Kiel.) S. M. S. „Carola“ 17,/9, Sansibar. (Poststation; Sansibar.) S. M. Watwtboot , Castor“ Kiel 28,/10, Wilhelméhaven. (Poststation: Wilhelmshaven.) S. M. Krzr. „Habicht“ 11./10. Gaboon 11./10. Kamerun. (Post- station; Kamerun.) S. M. Fhbrzg. „Hay“ Wilhelmshaven. (Pofst- station: Wilhelmshaven.) S. M. Yacht „Hohenzollern“ Kiel. (Post- station: Kiel.) S. M. Knbt. „Hyäne*“ Kamerun. 12./10. St. Thomé Kamerun. (Poststation: Kamerun.) S. M. Knbt. „JFltisg“ 17./10. Weihaiwei 18./10, 22./10. Nagasaki 28./10. 31./10. Shanghai. (Poststation : Hongkong.) S. M. Fhrzg. „Loreley* Kon- stantinopel. (Poststation: Konstantinopel.) S. M. S. „Mars“ Wilhelmshaven. (Poststation: Wilhelmshaven). S. M. Pzfhrzg. „Mücke* Wilhelmshaven. (Poststation: Wilhelmshaven.) S. M. Fbrzg. „Nachtigal* Kamerun. (Poststation: Kamerun.) S. M. S. eNixe“ 7,/10, St. Vincent (Cap Verdes) 21./10. Trinidad. (Poststation: bis 10./11. nah La Guayra Venezuela], vom 11/11, ab nach Barbadoes). S. M. Pz. „Oldenburg“ Wilhelmshaven. (Poststation: Wilhelmshaven.) S. M. Fhrzg. „Otter“ Kiel. (Poststation: Kiel.) S. M. Minenschulshif} „Rhein“ Kiel (Poststation: Kiel.) S. M. Krzr. „Sch{walbe“ 19./4. Sansibar 3/11. Bombay. (Poststation : Bombay.) S. M. Krzr. „Sperber“ 30./7. Apia 17./8. Marschall-Jnseln 5./10 Apia (Poftstation : Apia [Australien])). S. M. Knbt. „Wolf“ 8./10. Nagasaki. (Poststation: Hongkong.) Kreuzer-Geshwader: S. M. S. „Leipzig“ (Flaggschiff), S. M. S. „Alexandrine“, S. M. „Sophie“ Sydney 18,/10. 19/10. Jervis - Bay Wellington (Neu-Seeland.) (Poststation: Hongkong.) Uebungs- Geshwader: S. M. P,\ch. „Kaiser“ (Flaggsbif), S. M. Pzsh. „Deutshlant“, S. M. Pzsch. „FriedriG Carl“, S. M. Pzsch. „Preußen“, S. M. Av. „Pfeil“ Southampton 19./10. 25,/10. Gibraltar 3./11. Malta. (Poftftation : bis 8/11. Vorm. nach Malta, vom 8./11. Mittags ab nah Alexandrien.) Ablöfungs- transporte: für S. M. Krzr. „Habicht“, S. M Kbt. „Hyäne“, D. M. Fahrz. „Nachtigal*", Hulk „Cyclop*, Ausreise mittels des Dampfers „Kronprinz Friedrich Wilhelm“ des Norddeutschen Lloyd : Wilhelmshaven 10./10. Kamerun.

In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „R. u. St.-A.“ wird ein Privilegium wegen Ausfertigung auf den Jnhaber lautender Kreis-Anleihescheine des Kreises Usedom-Wollin im Betrage von 106 000 6 veröffentlicht.

: iel 3. November. Jhre Königlihe Hoheit die Prinzessin Heinrich hat nach der „Kiel. Ztg.“ den Vorsitz in dem Vorstande des Provinzial-Verbandes der Vaterländi- hen Frauenvereine für Schleswig-Holstein übernommen.

Sachsen.

; Dresden, 3. November. Se. Majestät der König hat, Dir N „Dr. J. D Geheimen Rath und Abtheilungs- Yireltor im Justiz-Ministerium Dr, Shurig zum JZustiz- Minister ernannt. r. Shurig zum Justiz

Württemberg.

Stuttgart, 3. November. Se. Majestät der König empfing heute, dem „St.-A. f. W.“ zufolge, den bisherigen tfommandirenden General des Königlichen Armee - Corps,

Gene¿ral der Kavallerie von Alvensleben in Abschieds- Audienz. Heute Abend hatte derselbe mit Gemahlin die Ehre, zur Königlichen Tafel eingeladen zu werden, zu welcher auch der Kriegs-Minister, General-Lieutenant von Steinheil und der General-Adjutant Sr. Majestät, General-Lieutenant Freiherr von Molsbverg mit Gemahlinnen geladen waren. Heute haben die regelmäßigen Vorträge der Minister bei Sr. Majestät wieder begonnen,

Mecklenburg-Schwerin.

Schwerin, 3. November. Den „Meckl. Nachr.“ ist nachstehendes Bulletin zugegangen:

„Yacht Conqueror. Tatoi bei Athen, 24. Oktober. Die Besserung im Befinden Sr. Königlichen Hoheit des Groß- herzogs macht langsame Fortschritte. Der Gesundheits- zustand Höchstdesselben is z. Zt. zufriedenstellend. Dr. Brunho ff.“

Sachsen-Weimar-Eisenach.

Weimar, 3. November. Se. Königliche Hoheit der Gr oß- herzog ist der „Th. C.“ zufolge am Sonnabend von Hamburg in Allstedt eingetroffen, um dort zu jagen. An den Jagden nehmen Theil Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzog und einige Herren vom Hofsiaat. Gegen Ende der Woche wird der Großherzog hier zurückerwartet, ebenso Jhre Königliche Hoheit die Großherzogin, die zur Zeit in Wien weilt.

Im Hofstaat der Frau Großherzogin waren durch den in Folge von Gesundheitsgründen bedingten Rücktritt des Ober-Hofmeisters Herrn von der Gabeleny und durch den Tod der Ober-Hofmeisterin Gräfin Limburg-Stirum im Laufe des Sommers einige Lücken eingetreten. Jeßt sind in die ge- nannten Aemter berufen worden Kammerherr von Donop und Frau von Massenbach, ein früheres Hoffräulein der Königin Anna Paulowna der Niederlande.

Sachsen - Meiningen.

Meiningen, 1. November, Der Landtag berieth gestern, wie die „Weim. Ztg.“ berichtet, den Gesehentwurf, betreffend die Aufhebung der Staatsschulden- Kommission undStaatsschulden-Tilgungskasse und die Vereinigung der ersteren mit dem Finanz-Ministerium, der leßteren mit der Haupt-Staatskasse. Begründet war der Entwurf durch Zweckmäßigkeits- und Sparsamkeitsrücksichten. Da aber die Staatsschulden - Kommission aus einem vom Herzog und zwei vom Landtage gewählten Mitgliedern besteht, der Landtag auch einen Kassirer und Buchhalter zu bestimmen hat, so gläubte der. Landtag in der Vorlage eine Beschränkung seiner verfassungsmäßigen Rechte zu erblicken und lehnte nah dem Kommissionsantrage die Vorlage ab. Bei der Fntexpellation über ausschließliche Zulassung der sächsishen Landeslotterie erklärte die Regierung si gegen einen darauf bezüglihen Vertragsabs{luß.

Deutsche Kolonien.

Ueber die Lage in Ost-Afrika bringt das „Deutsche Kolonialblatt“ folgende Mittheilungen :

„Die Station Tanga, die bis auf einige kleinere Arbeiten voll- ständig fertiggestellt ist, beshäftigt sh mit der Planirung und der Befestigung des umliegenden Terrains. Die außerhalb der Station im Bau begriffene größere Kaserne dürfte zu ihrer Vol- lendung noch einige Wochen in Anspruch nehmen ; ebenso wird außer- halb der Station an der Ecrihtung eines Pulver-Haufes gearbeitet. Innerhalb der die Station umgebenden Anlagen hat das von der Marine-Behörde übersandte Denkmal zur Erinnerung an die während des Aufstandes in Osft-Afrika gefallenen Angehörigen der Marine Aufftellung gefunden und wird demnächst enthüllt werden. Die Ostafrikanishe Gesellshaft hat die Aufstellung ihres Hauses ebenfalls beendet, während die übrigen in Tanga ansässigen Europäer wohl alle mit der Errihtung von Häusern vorzu- gehen wünschen, bislang jedoch die Arbeiten noch nicht in Angriff genommen haben, Der Verkehr mit dem Hinterlande is nach wie vor ein reger und ungestörter, und wird nach den übercinstimmenden Aussagen der Eingeborenen die Ernte an Mtama und Sesam ‘in dicsem Jahre eine fehr reihlihe sein Die Pflanzer-Gesellshaft in Amboni dürfte voraussfihtlich im Stande sein, bis zur Mitte nächsten Jahres einige Centner Taback als Probe auf den Ma.kt zu liefern. In Pangani wird noch an dem äußeren Verpußen der Häuser und Umfassungsmauern gearbeitet. Auch ist mit dec Anlage von Wegen, Änrpflanzungen und der Aufführung einer Eindämmungsmauer längs des Flußufers begonnen worden. Das interimistisch in der Station eingerichtete Lazareth hat leider aus Mangel an Psflegekräften wieder aufgehoben werden müssen. Sowohl in Pangani als auch in Tanga wird es jedoch schr bald nothwendig wérden, mit der Errich- tung eines größeren Lazarethbaues, außerhalb der Station gelegen, vorzugeben, da die Zahl der Europäer an allen diesen Pläßen mit jedem Tage wächst. Die Plantagen-Gesellshaft in Lewa hat sehr erfreulihe Forts{ritte aufzuweisen.

Die Ervedition zwecks Gründung einer Station in Masinde ist unter Führung des Chefs Ramsay am 22, September 1890 nah ihrem Bestimmungsort abmarschiert und dürfte bereits dorl\elb}t ein- getroffen sein. Zum Stationschef von Masinde i} Lieutenant Stenzler crnannt worden. E

Auch in Saadani entwickeln sich die Verhältnisse befriedigend weiter, tredem Bwanna Heri noch immer nicht seinen definitiven Wohnsiß in der Stadt genommen hat, Demselben ist jedoch nun- mehr fategorisch erkiärt worden, daß er si{ch innerhalb zweier Monate dortselbst nieterzulassen hätte; cer hat dies bereitwilligst versprochen. Die Bautkhätigkeit \chreitet immer weiter fort, sotaß die Stadt dem- nächst in ihren früheren Verhältnissen wieder hergestellt sein wird.

In Bagamoyo ist der Karawanenverkehr eia nur unbedeutender

gewesen. Das alte Karawanenlager diht unterhalb der Station ist vollständig geräumt und wird aus hygienischeu Gründen niht wieder bezogen werden. Für die Unterkunft der Karawanen ift ein anderer Play weiter oberhalb dec Station innerhalb der Palmen gewählt worden. Î Wenngleich der Sklavenhandel im Allgemeinen als unter- drückt betrahtet werden kann, so geschieht es do immer noch, daß einzelne eingefleischte Sklavenhändler wieder und wieder versuchen, sreie Leute einzufangen und von kleinen Küsterplätßen, besonders in der Umgegend von Bagamoyo, zu verschiffen. Ein gewisser Ibrahim, der {hon im vorigen Jahre wegen Sklavenraubes als Gefangener cingeliefert wurde, dem es aber gelang, aus dem Gefängniß zu entkommen, wurde vor etuigen Wochen aufs Neue von den Eingeborenen eingebraht, da er mit einigen Helfershelfern freie Leute mit der Waffe in der Hand überfallen, einige getödtet, die anderen gefangen genommen und als Sklaven ver- fauft hatte. Da er seines Verbrehens durch zahlreiche Zeugenaus- sagen überführt war, so wurde er am 23. September dur den Strang hingerichtet. : i E Mtoni, der Fähre am Kingani, „hat es ih aus Gesund- heitsrüsihten als immer dringenderes Bedürfniß herau®gestellt, den dortigen weißen Unteroffizier nebst Besaßung in einem steinernen Hause unterzubringen. Es is demzufolge ter Bau eines solchen an- geordnet worden; in eiwa drei Monaten wird dasselbe fertig sein, Da das Haus auf großen Pfeilern gebaut wird, so können bei der Vebershwemmung in der großen MNegenzeit die Wasser ungestört hin- durchfließen, ohne daß die Besatzung gezwungen is, den Posten während dieser Periode zu räumen. :

Von Mpwapwa ist die Meldung eingelaufen, daß der dortige stellvertretende Stations{hef, Beamter de la Frémoire, sich auf Grund

von gegen die Stokes’she Karawane verübten Räubereien veranlaßt sah, cine Expedition. gegen einige Wahehe-Dörfer zu unternehmen; etwa 800 Wagggos hatten sich zu diesem Zwecke mit ihm vereinigt, sodaß die Bestrafung iener Straßenräuber sh zu einer sehr naŸ- drücklichen gestaltete. Ihre Dörfer wurden verbrannt und außer verschie- denen Elfenbein ähnen 1600 Stü Vieh erbeutet, Bei dem Kampfe um cinen stark beseßten Häuserkomplex fielen ein Zulu-Unteroffizier und ein Sudanefe. Im Uebrigen jetoch sind die Verhältnisse bei Mpwapwa durchaus geordnet, und haben jene bestraften Räuber auch bereits Abgesandte mit zahlreichen Geschenken geshickt, um den Frieden zu erbitten. Die Gesundheitsverhältnisse dortselbst haben sich wesentlich S Mr. Stokes hat mit seiner Karawane Mpwapwa passirt.

In Dar-es-Salaam wird an dem Bau und an der Einrichtung von Magazinen und Werkstätten fleißig weiter ge- arbeite. Die dortselbst befindlihen zahlreihen alten Sultans- gebäude bieten leider fast gar feine Erleichterung dar, da sie derartig baufällig sind, daß im Allgemeinen nur die Steine als Material zu Neubauten Verwendung finden können Um eine geeignete Verbindung zwishen Bagamoyo und Dar-cs-Salaam her- zustellen, ist einem Offizier \{chon jeßt der Auftrag erthcilt worden, das Terrain zwischen den beiden Pläßen einer Kartirung und Auf- nahme zu unterwerfen.

Der Ausbau der Stationen im Süden schreitet rüstig weiter. In Kilwa ift ein großes, als Lazareth bestimmtes Gebäude fertiggeftelt. Die schwicrigen Landungsverhältnisse sucht Chef von Zelewsky dadurch zu vereinfahen, daß er einen Damm aus Steinen und Pfählen in die See hinein aufwerfen läßt, der zu cinem großen Theil bereits vollendet ist. Der Ausbau des ODifizter- und Unteroffizierhauses wird voraussihtlich im näthsten Monat beendet sein. Besonders erfreulih is es, daß der erste der drei Hauptefs von Kilwa, Muini Makacani, mit seinem ge- sammten Anhange nach langen Unterhandlungen sich zur Rückkehr hat bewegen lassen und bereits die alten Quartiere dortselbst wieder bezogen hat. Die Unterhandlungen mit dem zweiten jeuer Hauptführer find ebenfalls ihrem Abs{hluß nahe, und steht daher zu hoffen, daß auch in Kilwa die Folgen des Krieges baldmöglichst vollständig verwisht sein werden, Fernerhin sind große Karawanen von weit westlich des Nyassa-Sees in Kilwa eingetroffen, sodaß auch der Handelsverkehr beginnt, wieder den altgewohnten Bahnen zu folgen

In Lindi ist cin massives zweistöckiges Haus für die Unter- offiziere a!fgeführt und wird augenblicklich an der Schaffung von Unterkunftsräumen für die Schwarzen gearbeitet. Die Fertigstellung des Hauptgebäudes jedoch wird. da jeglihe Anlehnung an alte Ge- bäude fehlt, noch viele Monate in Anspruch nehmen. Auch in Liadî hat si in letzter Zeit der Karawanenverkehr ganz bedeutend gehoben. Eine letzthin eingetroffene Karawane zählte 1200 Köpfe und brate 340 Glfenbeinzähne. Der Gesammteingang an Elfenbein in den letzten fechs Wochen ist auf mindestens 700 Zähne zu \{chäßen. Neben dem Elfenbein ist es bier, wie in Mikindani, hauptsählich Gummi, welches die Karawanen aus dem Innern nah der Küste bringen.

Die Bauarbeiten in Mikindani bewegen sih, nahdem nun- mehr dem Arbeitermangel abgeholfen worden ist, ebenfalls in einem beshleunigteren Tempo. Das Erdgeschoß des Stationsgebäudes ift bereits im Rohbau fertiggestellt, und wird mit der Mauerung des ersten Stockwerkes fortgefahren.

Der zwischen Mikindani und Lindi gelegene Ort Sud i wird, da dort- selbst ein starker Pulvershmuggel blüht, demnähst mit einer kleinen Garnifon belegt werden. Es bietet dieses um so weniger S{hwierig- keiten, als Bauwerke gar niht aufgeführt zu werden brauchen, soudern es genügt, ein dortselbst befindliGes großes zwei- stôckiges, durchaus vertheidigungsfähiges Steingebäude zu besetzen. Kissiweri, Kilwa - Kissivani, Samanga, Mgoro, Kissigu, welche später zum Theil ebenfalls kleine Garnisonen erhalten müssen, sind vorläufig durch eingeborene Akidas und Soldaten beseßt, welche den zunäcbft belegenen Stationen beständig Rapport über die Verhältnisse und Eceignisse erstatten.

Das Hinterland von Lindi und Mikindani läßt binsi{tlich ge- ordnzter Verhältnisse noch zu wünshen übrig. Vers ene räuberische Häuptlinge, welche sich noch nicht an die neue Ordnung der Dinge gewöhnt haben, glauben ihre seit langer Zeit gewodbnheitsmäßig be- triebenen Brandschaßungen der Karawanen auch jeßt noch fort- seßen zu können. Der stellvertretende Reichskommissar beabfichtigte daher, eine Expedition nah jenen Gebieten zu unternehmen, um auch dort, wie bei den Wahehes, dem Räuberunwesen ein Ende zu machen. Den Ausgangspunkt der Expedition sollte Lindi bilden, während der Rückweg dem Rowuma entlang nach Mikindani hin angetreten werden sollte. 8 ; ; S

Die Erpedition verfolgt gleickchzeitig den nit minder wichtigen Zweck, festzustellen, ob wie nicht unwahrscheinlih auf dem linken Üfer des Rowuma Kohlenflößze fh befinden.“

Der stellvertretende Reichskommissar für Ost: Afrika Schmidt hat folgende Verordnung, betreffend den Kaut- \chufkhandel, d. d, Sansibar, 3, September, erlassen :

Um der Verfälshung des Kautshuks, dur welche der Handel wesentlich geschädigt wird, nah *Nöglic;keit zu steuern, wird hierdurch verordnet wie folgt: 1) Der Verkauf und Arkauf von Kautschuk, welcher durch gröblihe , offenbar auf Täuschung berechnete Bei» mengung von Sand, Steinen, Rindestücken oder dergleihen, wie sie bei forgfältigem Sammeln vermieden werden kann, verfälsht (t, wird hierdurch verboten. 2) Derartig verfäls{ter Kautschuk, welcher nah ciner Frist von drei Monaten vom Datum dieses Er- lasses an vorgefunden werden follte, verfällt der Fonfiétation und Bernichtung, Verkäufer und Käufer aber im Wirderholungsfalle strenger Strafe. 3) Jeder Händler wird bierdurch in seinem eigenen Interesse verpflichtet, das Erscheinen derartig verfälshten Kautschuks im Handel nah der angegebenen Frist sofort dec Regierung zur Anzeige zu bringen, welche die erforderlihen Maßregeln dagegen anordnen wird.

Nach einem Telegramm der „Times“ aus Sansibar sind dort vom Tanganyika-See Nachrichten eingetroffen, welche bis zum 1. September reichen. Danach waren die Missionare wohlbehalten. Tippu Tip hatte mit einer großen Truppe Araber, 7000 Trägern und einer ungeheueren Masse Elfenbein kürzlich Ujiji auf dem Wege nah Sansibar verlassen. Die Karawane von Stokes, bei welcher sfich auch der Bischof Tuer befindet, war bis zum 14. September wohlbehalten und hoffte am 1. November Uganda zu erreichen. Die Ugogos hatten die Karawane auf das Hestigste angegriffen und sie verdankte ihre Rettung nux der glänzenden Tapferkeit des Lieutenants Siegel und der aus 20 Deutschen bestehenden Eskorte, von welcher drei Mann getödtet wurden. : -

Der Kaiserlihe Kommissar Zimmerer ist, dem „Deutschen Kolonialblatt“ zufolge, mit der weiteren Vertretung. des Kaiserlihen Gouverneurs für Kamerun beauftragt worden. Hr. von-Puttkamer, welcher bisher mit dieser Vertretung betraut wax, wird die kommissarishe Verwaltung des t f gebiets wieder übernehmen, während Bezirks-Amtmann Dr. Krabbes sich auf seinen Posten in Viktoria zurüd- begeben wird. Z

Aus Damaraland wird der „A. C,“ gemeldet, daß dort ernstlihe Kämpfe stattgefunden haben. Der Hotientotten-Häup!- ling Witbooi hat die Damaras geschlagen. Jhr Häuptling Sp1as wurde im Kampf getödtet, Die Deutschen nahmen keinen thätigen Theil an dem Konflikt. Nach den leßten Nachrichten steht der Tod des obersten Häuptlings von Damaraland, Kamaherero, nicht über jeden Zweifel fest, Z

Der bisher mit der kommissarischen Verwaltung des Schutzgebietes dex Neu-Guinea Compagnie beauftragte Regie:

rungs-Nath Rose ist zum Kommissar für das gedahte Shuß- gebiet ernannt worden. /

Der Sit der Kaiserlichen Verwaltung des Bismarck- Archipel s ist von Kerawarra in der Neu-Lauenburg- (Duke of York) Gruppe nach Herbertshöh an der Blanche-Bai auf Neu-Mecklenburg verlegt worden. Nah dem leßteren Orte E auch der Kaiserlihe Kanzler und Richter Schmiele über.

Oesterreic-Ungarn. i

Wien, 4. November. Se. Kaiserliche Hoheit der Groß- fürst-Thronfolger von Rußland trifft, wie „W. T. B. meldet, am nächsten Donnerstag, Nahmittag 2 Uhr, hier ein. Nach dem offiziellen Programm finde bei Ankunft Sr. Kaiser- lichen Hoheit an der Landesgrenze, die zwischen 2 und 3 Uhr Nachts exfolgt, auf dessen Wunsch kein offizieller Empfang statt. Auf dem Nordbahnhofe, wo eine Ehren: Compagnie auf- gestellt ist, werden Se. Majestät der Kaiser und König und sämmtliche in Wien. anwesende Erzherzöge den Groß- fürsten empfangen. Zum Ehrendienst bei dem Groß- fürsten-Thronfolger sind kommandirt Feldmarschall-Lieutenant Graf Palffy und Oberst Komers vom 5, Ulanen- Negiment, dessen Jnhaber der Großfürst - Thronfolger ist. Abends 6 Uhr findet in Schönbrunn Hofdiner statt; um 101/, Uhr erfolgt die Weiterreise des Großfürsten mit der Südbahn. E l ; /

Der Klub der ungarischen liberalen Partei nahm, wie aus Budapest berichtet wird, das Budget im Allge- meinen ohne Debatte an und sprach der Regierung sein Vec- trauen aus.

Großbritannien und Frland.

Der irishe Ober-Sekretär Balfour hat seine Reise durch die Grafschaft Galway sowie die übervölkerten Distrikte von Connemara beendigt und is am 31, v. M. nach Dublin zurückgekehrt. Am Donnerstag besuchte er die Punkte der Küste, wo die Regierung Häfen zur Entwickelung der Schiffahrt anlegen will. Darauf begab er sich nah Carraroe. Die furchtbare | Armuth der dortigen Bauern läßt sich daraus ermessen, daß die meisten nur 4 Pfd, Sterl. Pacht jährlih zahlen. Jn Carraroe hatte der Ober-Sekretär eine Unterredung mit dem Pfarrer des Ortes. Wie der „Dublin Expreß“ mittheilt, wird Hr. Balfour am nähsten Sonnabend eine Abordnung der Konvention der Grundbesißer empfangen, welche ihm ihre Anshauungen über die Landankaufs-Bill der Regierung darlegen will. Es handelt si dabei besonders um die Zusammensezung der Landkommission. Die Grundèbesißer sind ebenso wie die irishe Advokatenkammer der Ansicht, daß Richter des hohen C S an die Spie der Kommission gestellt werden müssen.

Die englischen Freiwilligen zählen zur Zeit 224 000 Mann mit 19133 Offizieren. Von Offizieren und Mannschaften wohnten 191 000 der jährlihen amtlichen JFnspicirung bei.

Wie aus Tipperary gemeldet wird, hat der dortige Gericht8hof den irishen Deputirten Patrick O'Brien wegen Ungebühr gegenüber dem Gerichtshof, begangen dur Photographirung eines Zeugen während einer Gerichts- verhandlung, zu einer Woche Gefängniß verurtheilt,

Frankreich.

Paris, 4, November. Die Budgetkommission berieth gestern laut Meldung des „W. T. B.“ eine Regierungèévorlage, durch welche dem Protektorate A Und Don n 30 aren rüdzahlbarer, mit 31/, Prozent verzinsliher Vorschuß von 60 Millionen Fr. gewährt werden solle. Der Gesezentwurf soll die Ausführung von öffentlichen Arbeiten, Kasernen, Hospitälern und Eisenbahnen in Tongking er- möglihen. Die Kommission lehnte mit Ausnahme weniger Stimmenthaltungen einstimmig die Vorlage ab und be- {loß, den Unter-Staatssekretär Etienne um weitere Mit- theilungen zu ersuchen.

In Folge des Beschlusses der Kammer, die Regierung aufzufordern, die Neform der Steuerveranlagung zu studiren, werden die Deputirten Rabier und Gaillard morgen einen Antrag einbringen, das Kapital in ausgiebiger Weise zu besteuern, um dadurh einen Betrag von 1500 Millionen Francs zu erhalten, der an die Stelle anderer Steuern treten könnte.

Der General Castelnau, langjähriger Adjutant des

Kaisers Napoleon [TT. und als solcher nah der Schlacht von

Sedan mit der Wahrnehmnng an dessen persönlihen Jnter- essen bei den Kapitulationsverhandlungen in Donchéry be- auftragt, ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestorben.

Rußland und Polen.

: Ueber die Feier des 29. Oktober am Orte der Katastrophe, im Spassow Skit (Kloster) wird, der „Mosk. Wed. von der Halbstation Spassowka telegraphirt:

A 17. Oktober (a. St.) strömte eine Masse Andähtiger im Sypassow-Kloster zusammen. Extrazüge aus Charkow brachten den Grzbishof Ambrosius, den Gouverneur von Charkow, Gebeimrath Petrow, den Adelémarshall, das Stadthaupt und die Admi- nislrativ- und Militärt ehörden an den Ort der Feier. Nach einem in der Klosterkirde abgehaltenen Gottesdienst bewegte \ich eine Prozession an den Ort der Katastrophe, Bei dem Kreuz, das an der Stelle erricktet ist, wo Se. Majestät der Kaiser und die ganze Kaiferlihe Familie nah der wunderbaren Errettung einhergeschritten, wurde cin Dankgebet mit Kniebeugung und der Bitte um langes Leben für den Kaiser und tas ganze Kaiserhaus celebrirt. Na einem kurzen Mahl, das ‘in den Räumen des Klosters eingenommen wurde, kehrten dann die Geistlich- keit und die übrigen Theilnehmer an der Feier nah Charkow zurück, Das Kloster bietet das Bild einer vollständigen Ortschaft. In der ebenen und unbewohnten Gegend erheben sich die Kirche des Klosters und die bereits recht zahlreichen Gebäude. Die Kursk-Charkow-Asow-Bahn hat zwei hübsche gedeckte Plattformen für die von Norden und Süden eintreffenden Züge errichtet. In einer besonderen Erdhöhlung, die auf den Ba zndamm führt, ist eine breite Treppe erbaut; am Bahndamm erhebt sich die in russish-byzantinishem Stil sehr hübsh aufgeführte Halbstation

‘mit Räumlichkeiten sür die Passagiere, deren Bau gegen 8000 Rbl.

gekostet hat. Von der Station führt eine zu beiden Seiten mit Bäumen bepflanzte Chaussee, die unlängst für Rechnung D. S. Pol- jakoro’s hergestellt is, nah dem Kloster, Die Asow-Bahn hatte bei dem bevorstehenden Vau der Kirche und der Wohlthätigkeitsanstalten am Orte der Katastrophe selbst dem hierzu niedergeseßten Comité den Wunsch ausgedrüct, eine Zweiglinie zur Anfuhr der Bau- materialien herzujtellen. S

Der Grashd.“ berichtet, daß das Ministerium der Kom- munikationen dur eine besondere Jnspektion, die aus

5 Ober-Jnspektoren besteht, das ganze russische Eisen-

bahnney in Gruppen getheilt hat, von denen jede einem E 1

der Ober-Znspektoren zur Besichtigung überwiesen wird.

_ Hur Arbeiterfrage melden die „Nowosti“, daß das Finanz-Ministerium von den Fabrikinspektoren motivirte Gutachten darüber verlangt hat, welche Art Handwerk- stätten bezüglih der Geseyße über minderjährige Fabrikarbeiter den Fabrikanstalten gleihzuachten seien und ob diese Gesetze für die Handwerker zu verändern wären. Auch sind sie angewiesen über alle Hanbwerkstätten in ihrem Rayon Auskunft zu geben, und zwar u. A. in Bezug auf folgende Punkte: Betrieb und Ortslage des Etablissements und Name und Familie des Besißers; Anzahl der erwachsenen Arbeiter, unter Angabe des Alters und des Geschlechts; Art der Produktion vom gesund- heitlihen Standpunkte aus und die Bedingungen, unter denen die Minderjährigen arbeiten; die persönlichen und rechtlichen Beziehungen des Arbeitgebers zu den Arbeitern, ob der Minder- jährige fontraktlih oder niht fkontraktlih arbeitet und auf welchen Zeitraum der betreffende Kontraft lautet; ob der Meister den kontraktlich angenommenen Lehrling wirklih im Handwerk unterrichtet und wie lange; Unterhalt dex Minder- láhrigen in Bezug auf Nahrung, Quartier, Kleidung u. #. w.; ob irgend welhe mechanishe Betriebsapparate, die mit Dampf, Wasser, Gas 2c. arbeiten, im Etablissement in Thätig- keit find.

Jm Dezember soll in dem steinernen Helling der Neuen Admiralität die Kiellegung eines neuen Panzer-Kanonen- boots von 1492 t Gehalt nah dem Typus des „Grosjaschlschi“ stattfinden und der Bau so energisch betrieben werden, daß das Boot bereits im August 1891 vom Stapel laufen kann, An Stelle des „Gangut“ wird ebenfalls ein neues Riesen- [iff von 8600 t Gehalt (d. h. um 2000 t größer als der „Gangut“) gebaut werden.

Nah in Lemberg eingetroffenen Meldungen aus Warschau wurden, der „Magdb. Ztg.“ zufolge, dort mehrere deutsche Agenten eines Auswanderungs-Bureaus und Vertreter einer ausländishen Dampfschiffs-Gesellschaft verhaftet.

talien,

Jn Folge eines vor einiger Zeit stattgehabten Sturzes mit dem Pferde empfindet König Humbert, wie man der „Mgdb. Ztg.“ meldet, Schmerzen in der reten Hüfte. Die Aerzte geboten dem König Ruhe.

Die angekündigte Turiner Rede des Minister- Präsidenten ist jeßt endgültig auf den 18. d. M. angeseßt. Crispi wird in Turin hauptsählich die Finanz- und Wirth- {haf}tspolitik behandeln.

Unter dem Titel „L'imperatore socialista “ist, wieman dem „Hamb. Corr.“ schreibt, bei Roux in Turin eine geistreiche und vorzüglih geschriebene Studie von Eugenio Valli über Kaiser Wilhelm II. als Förderer der sozialen Reform- geseßgebung erschienen. Nachdem der Verfasser die sozia- listishe Bewegung in Deutschland aus dem Charakter des Deutschen sowie aus der rapiden Entwickelung der Jndustrie und Kultur in Deutschland exklärt. hat, führt er die praktische Jnan- griffnahme des Problems auf die Traditionen des preußischen Königthums zurück. Kaiser Wilhelm habe niht den wild dahinbrausenden Strom der sozialistishen Bewegung, welche in ihrer revolutionären Tendenz Alles zu zerstören drohte, in Verkennung ihrer Bedeutung zurücckzudrängen versucht, sondern denselben eingedämmt und in geseßliche Bahnen geleitet, welche es ermöglichen, die gerechtfertigten Forderungen der sozialen Bewegung zu erfüllen und der Allgemeinheit zugute kommen zu lassen.

Troß der vorzüglichen Resultate, welche die Versuche mit rauhs{chwachem Pulver bei den großen Manövern ergeben haben, wird die Einführung desselben in der italienischen Armee aus Sparsamkeitsrücksihten noch für einige Zeit auf- geshoben werden. Aus demselben Grunde wird die Einstellung der Ausgaben für den Ankauf von Remonten im Aus- lande in den nächsten Etat unterbleiben.

Die unter dem Kardinal Mermillod in nähster Woche in Rom zusammentretende Kardinals-Kommission zum Studium der Beziehungen der sozialen Bewegung zur Kirche wird, wie dem „Hamb. Corr.“ geschrieben wird, vor Allem zu prüfen und zu entscheiden haben, was vom Standpunkt der katholischèn Kirhe aus an jener Bewegung zu billigen und was daran zu verurtheilen ist.

Schweiz,

Der Bundeskommissar für den Kanton Tessin, Oberst Künzli ist nah Bern zurückgekehrt und hat dem Bundes- rath, welchem {hon ein schriftlicher B ericht über den gegen: wärtigen allgemeinen Stand der Dinge im Tessin vorlag, am 1. d. M. nohmals im Einzelnen über den Montag, den 27, v.M., in Lugan o anläßlich des Verbots der liberalen Freuden- schüsse erfolgten Zusammen st einer Patrouille der Luzerner JFnterventionsStruppen mit den dortigen Radikalen be- rihtet. Wie nach der „Köln. Ztg.“ aus diesem Bericht hervor eht, verdient die Haltung der Mannschaft jener Pa- trouille bei dieser Gelegenheit durhaus keinen Tadel; sie hat gethan, was ihre Pflicht war. Dagegen frage sih, ob das Verbot der liberalen Freudenschüsse, nahdem die Ultramon- tanen {hon stundenlang sich diesem Vergnügen hingegeben, am Plaße gewesen sei. Uebrigens ist die Untersuchung jener Vorgänge eingeleitet. E G

Jn der zweiten Sißung des Tessiner Großen Raths in Bellinzona, die am Freitag stattfand, verlangte Sol- dati, der Führer der konservativ - ultramontanen Partei, der Staatsrath möge einen Gesegentwurf vorlegen, betreffend die Ausschließung der dauernd im Auslande und in anderen Schweizerkantonen wohnenden Tessiner [vom Stimm- recht. Ferner brahte er einen Antrag auf Abände- rung des Wahlgeseßes ein, dahin gehend: 1) die Erneue- rungswahlen in den Großen Rath finden nah beschränkter Stimmabgabe statt, sodaß in den Wahlkreisen, die fünf oder weniger Mitglieder wählen, jeder Wähler soviel Namen, als der Kreis Mitglieder zu wählen hat, weniger einen und in den Wahlkreisen mit sechs oder i mehr Ver- tretern weniger zwei zu schreiben hat. 2) Stimm- zettel, welhe mehr Namen enthalten, als der Wähler zu schreiben berechtigt ist, sind s 3) Bei Wahlen nah be- \chränkter Stimmabgabe gilt die relative Mehrheit; kein Kan- didat ist jedo als e: zu erklären, der iy wenigstens dreißig Stimmen der erschienenen Wähler auf sih vereinigt. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Loos. Dieser Antrag wurde der Kommission für die staatsräth!iche Botschaft über- wiesen und in diese wurden 5 Konservative und 4 Radikale gewählt. Der Große Rath vertagte sih hierauf bis auf den 6, November.

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Der Wahlkreis Maggiathal wählte mit großer Mehrheit Respini in den Großen Rath des Kantons Tessin an Stelle des ausscheidenden Pedrazzini.

Die shweizerishen Zolleinnahmen betragen von Januar bis Ende Oktober 25 651 427 Fr. oder 3 944 250 Fr. mehr als im Vorjahr.

Niederlande.

Eine am Montag in Luxemburg veröffentlih flamation des dortigen Schöffenraths theilt stehende Ankunft des Regenten mit und lädt |! ein, ihn, wie im vorigen Jahre, mit Ehrfurcht u lichkeit für seine Hingebung an die ZJnteressen des Landes empfangen, die er durch jeine abermalige Ankunft zur Ec- füllung seiner konstitutionellen Aufgabe bethätige. Da der Herzog wegen des Zustandes des Königs jeden offiziellen Empfang ablehnte, werden die Bürger aufgefordert, ihre Häuser zu beflaggen.

Belgien.

Die Brüsseler Konferenz, welhe sih vertagt batte, um den Niederlanden Zeit zu endgültiger Entschließung be- züglich der Konferenzbeschlüsse zu lassen, tritt morgen, Mitt- wo, wieder zusammen. Der „Nat.-2tg.“ wird rekapitulirenv darüber aus Brüssel geschrieben : :

Es handelt ih bei der Wiederauf abr é er Konferents arbeiten hauptsählich um die Bil de in dem Kon- ferenzprotokol vorgesehenen technischen Auss\chusses. Der Congostaat hat sich für außer Stand erkläct, vie in der Akte vom 2. Juli vereinbatten Maßregeln zur Unter- drüdung des Sklavenhandels mit seinen beschränkten Mitteln auszuführen, und er hat als geeignetstes Mittel vorgeschlagen, es möge ibm das Ret zuertheilt we zölle bis zu hôcstens 10 9/6 des Werthes zu erheben. ; wurde bekanntlih von allen Mächten mit Ausnahme dezr 2 angenommen. Diese haben erklärt, daß sie Ausfuhrzölle geeigneteres Mittel zu dem genannten Zweck erahten. Die Mähte zogen diesen Vorschlag in Erwäguna, gelangten jedoch zu der Ansicht, bei dem vorerwähnten Beschlufse zu bleiben. Die Niederlande haben dem aut ferr hin nit prinzipiell widersprochen, sondern ihre Zustimmung nur ver- hoben, bis genügend geprüft sei, ob sich nit ein geeigneter Ausweg finden lasse. Sie schlagen dementsprechend jetzt eine Erhöhung des Alfohol- z¿olls von 15 Fr. per Hektoliter auf 25 vor; soweit deren Erträgniß nit ausreicht, sollen die Mächte dem Congostaat eine jährlihe Kolleftivunter- süzung zukommen lassen, Man glaubt hier zu wissen, daß die übrigen Staaten diesen Vorschlag niht annehmen werden, und darum hat auch der Congostaat sich ihm nicht anzuschbließen vermocht. Von Seiten der übrigen Staaten sind nun in leßter Zeit im Haag Vor- stellungen erhoben worden, um die Niederlande zum Verzicht auf ihre Opposition zu veranlassen. Der Congostaat wird, dem allgemeinen Wunsche Nechnung tragend, den Zolltarif, welchen er für ¡weckmäßig bält, dem technishen Ausschufse unterbreiten. Die Zölle sollen 3—5 oder 6 °/9 des Werths der Waaren nicht übersteigen, nur für Waffen sollen 109% erhoben werden. Um ihre Einwendungen vertreten zu können, sind die Niederlande zum Eintcitt in den technishen Ausschuß eingeladen worden. Bisher waren die Finanzverhältnisse des Congoftaats dadurch in Ordnung erhalten, daß Belgien demselben jährli 2, König Leopold 1 Million Francs Subvention zablen. Die durch England veranlaßte Brüsseler Konferenz hat nun dem Congoftaat eine neue Aufgabe geftellt, welcher er nur dur eine Ver- mehrung sciner Einnahmen gerecht werden kann.

Wie die „Jndépendence Belge“ wissen will. hätte der obenerwähnte Vorschlag der Niederlande, an Stelle der Ein- gangszöôlle eine von den Vertrag s{chließenden Mächten dem Congo-Staat zu zahlende Pauschalsumme zu seßen, den formellen Widerspruch Portugals hervorgerufen; auch andere Staaten seien dem niederländishen Vorschlage abgeneigt.

Ueber die drohende Krisis im Ministerium erhält die „Mgdb. Ztg.“ nähere Mittheilungen: Die Niederlage der Élerifalen Partei bei den leßten Gemeinderathswahlen scheine die extremklerikale Politik des ultramontanen Parteiführers Woeste wieder zu Ansehen bringen zu wollen. Ec schreibe die Wahlniederlage seiner Partei der „gemäßigten“ Politik des Ministeriums Beernaert zu und verlange jeßt ein entschie- deneres Vorgehen. Der Geseßentwurf, der 60 000 gebildeten Ge- meinderathswählern das Wahlrecht entzieht, scheine den Kleri- falen jeßt niht mehr zu genügen; die Zahl der städtischen Wähler müsse noch weiter vermindert, die der ländlichen Wähler dagegen vermehrt werden, wodur die Ultramontanen einige größere Städte des Landes in ihre Gewalt bringen zu können hofften. Der Minister-Präsident Beernaert füge sich dem Willen der Führer der Kammermehrheit, um seine Stellung zu behaupten. Dagegen leisteten einige Mitglieder des Kabinets, R der Minister des FFnnern Devolder, der Minister des Acußern Fürst Chimay, der Justiz-Minister Lejeune und der Verkehrs-Minister Van denpeereboom Widerstand und drohten mit dem Rücktritt, falls eine sogenannte ultra- montane „Aktionspolitik“ eingeshlagen werden sollte.

Bulgarien.

Sofia, 4. November. Die Synode begann, dem „W. T. B.“ zufolge, gestern ihre Berathungen. Die Nach- richt russisher Blätter, die Synode beabliditige, die Kirchen- bücher zu überseßen, wird als unrichtig bezeichnet.

Dänemark.

(F) Kopenhagen, 1. November. Der König empfing heute den neuernannten spanishen Gesandten am hiesigen Hofe Don Luis Potestad y Carter, Marquis von Potestad eFornari und nahm dessen Ernennungsschreiben sowie gleich- zeitig das Nückberufung2schreiben des früheren spanishen Ge- sandten Don José Diosdado y Castillo entgegen.

Im ersten Halbjahr des laufenden Finanzjahres haben die Einnahmen aus den Zöllen, der Branntweinsteuer und den Schiffsabgaben 14079698 Kronen betragen oder 327 780 Kronen mehr als im Vorjahr. Die Kriegssteuer auf die Waareneinfuhr und die Rübenzuckersteuer (412 008 Kronen) ergaben gleichzeitig 1320 084 Kronen oder 23 903 Kronen mehr.

Amerika.

Vereinigte Staaten. Washington, 1. November. Präsident Harrison begiebt sich nunmehr am Montag nach Fndiana, um in seinem Heimathsstaat seine Stimme bei den dortigen Staatswahl en abzugeben.

Wie man sagt, beabsihtigt der Schaßzamts-Sekretär Windom, den amerikanischen Verkehr der canadi- schen Eisenbahn vor dem Wiederzusammentritt des Kon- gresses etwas zu beschränken, und sollen diesbezüglihe An- weisungen ehestens ergehen.

Der „New-York Herald“ veröffentlicht eine ihm von Washington zugegangene Meldung, wonach Señor Guanes zum spanischen Gesandten in den Vereinigten Staaten eigens zu dem Zweck ernannt ist, um einen auf Gegenseitig- keit beruhenden Handelsvertrag zwishen Cuba und den Vereinigten Staaten abzuschließen.