die Städte dabei keine geseßlihen Schranken an wie E as Swlacthäusern, aus den Viehhöfen erheblihen Gewinn zu erzielen E E erfa sind doch fo sehr verbunden mit den Swlacht- bäusern, verfolgen so wesentlich die gleichen Zwee, haben eine so große fanitäre Bedeutung, wie wir das jeden Tag bei Gelegenheit der Abwehr der von Außen ins Land i eindringenden Viebseuchen erleben, daß wir gesagt haben: sie find wie Schlahthäuser zu behandeln und find daber von der Gewerbesteuer frei zu lassen. E
Dasselbe mußten wir annehmen bei den Kanalisations- und Wasserwerken, sie find hervorgegangen nicht aus der Absicht auf Gewinn, sondern sie haben einem großen sanitären Zweck zu dienen, Wenn au hier und da die Gemeinden aus diesen Werken mehr als die Anlagen- und D erzielen, so ist doch der eigentliche
oblfahrtszweck.: lion wir die Sache behandelt bei den Markthallen, sie haben auch fo sehr den Zweck der Förderung der allgemeinen Wohlfahrt, daß wir nicht wünschten, irgend ein noch so kleines Hinder- niß für diese Entwidkelung durch die Auflegung einer Gewerbesteuer herbeizuführen.
Von Volksbädern und Leihanstalten, Sparkassen aller Art brauche ih wohl faum zu reden. Die Sparkassen sind ja allerdiugs eine Fehr erheblihe Einnahmequelle für die Gemeinden _— ob nit oft in übertriebener Weise, will ih hier nicht untersuchen —, aber ihr eigentliher Zweck is doch ein ethisher, und die Erträgnisse kommen der Gesammtheit der Kommune zu Gute. Außerdem stehen die Sparkassen nicht im freien gewerblihen Betrieb, sondern sie sind den staatlichen Geseßen und Vorschriften unterworfen, sie haben nit frei darüber zu entscheiden, welhen Reservefonds sie bilden wollen, sondern das ist ihnen durch die Aufsichtsbehörde vorgeshrieben. Man kann sie also niht als freie Gewerbe behandeln.
Meine Herren, hiervon unterscheiden sich aber andere Betriebe der Gemeinden.
Bisher \chon waren beispielsweise die kommunalen Gasunter-
nehmungen der Gewerbesteuer unterworfen, und wir haben keinen ‘Grund gesunden, sie in Zukunst \rei zu lassen. Gewiß ist ja richtig, daß alle solhe au eigentllhen gewerblichen Betriebe derkommunalen Ver- bände in ihrem Ergebniß die allgemeine Wohlfahrt fördern, das thut aber auch in gewissem Sinne jeder blühende Gewerbebetrieb; er wird immer die allgemeine Wohlfahrt fördern. Diese Gründe kann man also nicht als entsheidend annehmen. Man kann wohl von der Theorie ausgehen, daß die Gemeinden folche gewerblihen Betriebe tinzurihten haben, welche ihrer Natur nach einen monopolistischen ‘Charakter haben, welhe keineswegs von der Spekulation und der imótmentanen Entscheidung eines Einzelnen nah Maßgabe des Marktes abbängen, welche eine regelmäßige und leiht zu kontrolirende Verwaltung zülassen. Man kann sehr wohl dazu kommen, daß diese Betriebe natur- gemäß einen integrirenden Theil der Gemeindeverwaltung bilden, und ih stehe meinestheils garnicht auf dem Standpunkt, daß eine solche Entwickelung, wie wir sie heute vor uns sehen, nicht möglicherweise auch zur Kommunalisirung der Trambahnbetriebe führen kann aus ähnlihen Gründen, aus denen der Staat die Eisenbahnen ver- staatliht hat. Jch stehe durchaus niht auf dem Standpunkt, einer folchen Entwickelung innerhalb der Kommunalverwaltung entgegen- zutreten, aber rein gewerblihe Betriebe, die ebenso gut durch Privat- unternehmer betriehen werden können, von der Gewerbesteuer frei zu lassen, heißt, diese Gemeindebetriebe, wenn ih so sagen soll, künstlich gegenüber dem Privatunternehmen anregen, die Gemeinden geradezu cin- laden, über die natürliche Grenze ihrer Betriebe, die ih bezeichnet habe, hin- auézugehen. Wenn beisptelsweise die Stadt Berlin als Unternehmerin in der Gasproduktion und im Gasabsay konkurrirt mit einer Privatgesell- haft, wenn die Stadt Berlin aus diesem Gasunternehmen sehr große Einnahmen erzielt, wenn sie bisher {on steuerpflihtig war, so haben wir keine Veranlassung finden können, die Konkurrenzbedin- gungen der Stadt Berlin gegenüber der Privat-Gasanstalt durch Freilassung der Stadt Berlin von der Gewerbesteuer zu alteriren. Ich glaube, Sie werden mir darin Recht geben, daß, mag man nun auch eine wirthschaftliche Auffassung in dieser Frage haben, welche man will, der Staat wenigstens sh nur nah den Gründen der allge- meinen Wohlfahrt hier entscheiden kann und nit seinerseits ein ein- seitiges System der Beförderung solher kommunaler Betriebe in der Form der Gewerbesteuer erlauben darf.
Meine Herren, wenn wir hiernach verfuhren bei den Kommunen, so war es wohl von selbst gegeben, daß wir auch bei anderen Kor- porationen, sogar bei Vereinen, nah denselben Grundsäßen zu ver- fahren gedenken. Wir haben es aber nicht für möglich gehalten, hier so scharfe Grenzen im Gesetz selbst aufzustellen, welche es ermöglichten, das Ermessen des Finanz-Ministers in der Beurtheilung des einzelnen Falls gänzli zu \treihen. Sie finden daher in §. 3 die Ermächti- gung, die Unternehmungen anderer Korporationen, Vereine und Per- sonen, welche nur wohlthätige und gemeinnüßige Zwecke verfolgen — Beispiele sind aufgeführt — in gleiwer Weise zu behandeln. Aus solhen Unternehmungen, deren ursprünglihe Einrichtungen ledigli und wesentlich aus rein gemeinnüßiger Absicht hervorgehen, die auch that- \ählih gemeinnüßige Absichten verfolgen, die zu befördern Aufgabe des Staats ist, resultiren allerdings auch vielfach kleine Ueberschüffe. Wenn diese Ueberschüsse vielleiht ganz ohne die Absicht des eigent- lihen Unternehmers eintreten, wenn sie wieder zu gleihen Zwecken verwendet werden sollen, so kann man eigentlich nicht sagen, daß solche Unternehmungen einen auf Gewinn gerihteten gewerblichen Charakter haben; aber wo die Grenze ist, ist doch {wer zu sagen. Ich glaube nicht, daß es der Kommission gelingen wird, hier be- stimmte geseßlihe Definitionen zu geben. Wir erleben jeden Tag, daß unter dem Deckmantel der sogenannten Gemeinnüzigkeit ganz fein ausgedahte geroerblihe Unternehmungen und Spekulationen unternommen werden. (Sehr richtig.)
Es i daher bedenklih, daß man hier bloß die Firma entscheiden läßt; man muß in dem einzelnen Falle in das Wesen der Unternehmung eindringen, und das wird man dur geseh- lihe Bestimmungen allein nicht erreihen. Die Absichten der Staats- regierung aber in dieser Beziehung in Betreff der demnächstigen Handhabung des Geseßes glaube ih doch genügend bezeihnet zu haben.
Meine Herren, wir haben auch im Uebrigen eine Definition des gewerblihen Betriebes nit aufgestellt; wir sind da dem System der deutschen Gewerbeordnung gefolgt. Im einzelnen Fall wird man si unshwierig, wie die bisherige Erfahrung au gezeigt hat, darüber versländigen können, was denn nun ein gewerblicher Betrieb is. Ihn zu definiren is \ch{chwierig und jedenfalls durch ein praktishes Be-
dürfniß nicht geboten worden,
Das Gesetz bezieht sch nur auf die stehenden Gewerbe, die bis- herige Besteuerung des Gewerbebetriebes im Umherziehen und der Wanderlager bleibt völlig unberührt. Meine Herren, nihtsdesto- weniger, obwohl wir aus der allgemeinen bisherigen Auffassung des Gewerbebetriebes und seiner charakteristishen Merkmale {on in den Konsequenzen dahin gelangten, haben wir es doch, um Zweifel abzu- \chneiden, für rihtiger gehalten in §. 4 eine Reihe derartiger Kon- sequenzen namhaft zu machenz die landwirthshaftlihen Betriebe und ihre Nebenbetriebe habe ich schon früher charakterisirt, Das Gesey geht wie bisher davon aus, daß die unmittelbare Verwendung von Bestandtheilen des Grund und Bodens, ohne daß aus ihrer weiteren Verarbeitung wieder ein besonderes Gewerbe gemacht wird, wie bisher frei bleiben soll, den Charakter des Gewerbebetriebes niht. hat, durch die Grundsteuer getroffen wird und daher hier freî zu lassen ist. Nah denselben Gesichtspunkten ind wir auch dahin gekommen, wie bisher den Bergbau zur Gewerbe- steuer niht heranzuziehen, denn der Bergbau verarbeitet die Kohlen und Erze, welche er der Erde entnimmt, seinerseits nicht, er liefert ähnlich wie die Mergelgruben nur, ich möchte sagen, Rohprodukte zur weiteren Verarbeitung an andere Gewerbe. Man würde zu diesem selben Resultat aber auch kommen müssen aus einem anderen Gesichts- punkt, nämli aus der bisher noch vorhandenen Belastung des Berg- baubetriebes durch die Bergrehtsabgabe, die man eigentlih {on als eine besondere separate Gewerbesteuer des Bergbaubetriebes an- sehen kann.
Meine Herren, in §. 5 finden Sie die Frage der Besteuerung der Genossenschaften entshieden. Sie werden gleich sehen, daß S. 5 in seinen Vorschriften von dem Grundcharakter ausgeht: soweit die Ge- nossenschaften, ihrer eigentlihen Bestimmung entsprechend, lediglich die
* Bedürfnisse der eigenen Mitglieder einerlei worin befriedigen, Über diesen
Kreis nit hinausgehen, werden sie nicht als eigentliche gewerbliche Unter- nehmungen angesehen und daher der Gewerbesteuer niht unterworfen; dagegen, wo die Genossenschaften zwar auch die Bedürfnisse ihrer eigenen Mitglieder befriedigen, darüber hinaus aber wie wirklide gewerbliche Unternehmungen mit den gesammten Konsumenten in Verbindung treten, da haben Sie den wirklichen Charakter von gewerblihen Unternehmungen und müssen daher auch der Gewerbesteuer unterworfen werden. Sonst würden die Klagen des Kleingewerbes, welches auf sich selbst steht, daß es dur die Geseh- gebung geradezu gegen seine wihtigeren Konkurrenten bena@theiligt sei, durchaus begründet sein. Meine Herren, die Gewerbesteuer ist nun nach Klassen eingetheilt und zwar nah vier Klassen, die sehr geräumige Zwischenräume unter- | Nur in der ersten Klasse soll das System der Mittelsäße verlassen werden, es soll hier individualisirt, nah dem Ertrag des einzelnen Betriebes die Steuer erhoben werden. Ein Hauptfehler der bis- herigen Gewerbesteuer war, daß dieselbe der gewaltigen Ent- wickelung der Großbetriebe in keiner Weise gefolgt ist, Es sind unter den großen Betrieben, unter der Klasse derjenigen Betriebe, die mehr als 50 600 # Ertrag und mehr als eine Million Betciebs- und An- lagek apital besißen, nun aber so viele Verschiedenheiten in Größe und Umfang des Betriebsertrages und des Anlagekapitals, daß zweckmäßige Mittelsäße hier überhaupt niht genommen werden könnenz daher hat hier ind ividualisirt werden müssen und konnte auch nach der Zahl der Betriebe und namentlich an der Hand der Deklaration, die wir ver- langen und ja au in der Einkommensteuer erhalten, individualisirt
werderi.
Meine Herren! Ich will aber auch noch einen zweiten Grund dafür anführen. Im großen Ganzen soll die Gewerbesteuer nah der Auffassung der Staatsregierung als eine staatlihe Objektssteuer nit wesentlich weiter entwickelt werden. Aber ein Grund ist doch nicht vorhanden, das System der Mittelsäpe, weldces mehr oder weniger eine Kontingentirung enthält, noch auf die größeren Betriebe auszudehnen, weil gerade auf dem Gebiet der Großbetriebe die gewaltigsten Veränderungen und Ent- wickelungen vor sich gegangen sind und vorgehen werden, Da war also diese halbe Kontingentirung, wenn ih so sagen kann, die in dem System der Mittelsäße liegt, in keiner Weise angebraht. Bei den Mittelsäßen dagegen — ih habe soeben gesprohen von der halben Kontingentirung — bleibt das Gesammtkontingent, welches die Steuergemeins{chaft aufbringen muß, gleih, obwohl die Betriebe sich vergrößern und der Betriebsertrag der Mitglieder der Steuergemein- haft si vermehrt. Das Kontingent steigt nur durch das Hinzutreten ganz neuer Betriebe, Dieses System ist für die geringeren Gewerbe- betriebe zweckmäßig, eingebürgert, populär, erleichtert die Veran- lagungen in hohem Gradez aber es ist nicht richtig und auch nicht nothwendig für die Betriebe der Klasse I, die ganz großen Betriebe, wie ih sie bezeihnet habe.
Meine Herren, wenn wir diese Individualisirung des Betriebs- ertrages durchsühren wollten für die gesammten Betriebe, die hier zur Besteuerung kommen, so würde das die Veranlagung in Hohem Grade erschweren, während die Erfahrung gelehrt hat, daß dieses System, nach Mittelsäßen zu veranlagen durch die Steuerpflichtigen felber, eine außerordentliche Erleichterung in der Veranlagung bietet und so beliebt geworden ist, daß gezciß nur gegen den Willen der Steuer- pflichtigen hier hätte eine Aenderung eintreten können, Wenn das System der Gewerbesteuer vom Jahre 1820 sich so lange gehalten hat, troß der \{chreienden Mängel, die daraus nah der weiter ver- änderten Entwickelung hervorgetreten sind, so ist das wohl wesentlih dem System der Mittelsäße zu verdanken.
Meine Herren, das sind die Gründe gewesen, warum wir diese Mittelsäße beibehalten haben, und es wird sih in der Praxis inner: halb der einzelnen Steuergemeinshaften nun so gestalten, daß die \{chwierige Frage des Betriebsertrages, der Nichtberücksihtigung indi vidu eller Verhältnisse, des Nichtshuldenabzugs, welche in der Gewerbe- steuer überhaupt liegen — in der Praxis gemildert wird dur den Umstand, daß innerhalb der Mittelsäße weniger das inviduelle, ge wissermaßen absolute Verhalten des einzelnen Steuerpflichtigen zur E nischeidung kommt, sondern die verhältnißmäßige Steuerkraft der Betricbe innerhalb der einzelnen Steuergemeinschaften, und ih brauche nicht auszuführen, wie sehr dadurh das Ganze erleichtert wird, und wie dadurch auch, vielleiht in Anlehnung an die Leistungs- fähigkeit, cine rihtigere Vertheilung der Steuerlasten ermögliht wird.
Meine Herren, ih will, um Sie nit zu lange zu ermüden, nur noch ein paar Worte sagen über die Betriebssteuer. Die Frage der selbständigen Besteuerung der auf Konzession beruhenden Gastwirth- \chaften, Kleinhandel mit Branntwein und Schänken ist hier vielfa
behandelt worden. Es haben {on Gesetzentwürfe in diefer Beziehung vorgelegen. Wir haben uns daher fragen müssen: Jst es nötbig, auch bei dieser Gelegenheit diese Frage in Anregung zu bringen ? Diese Nothwendigkeit trat uns aber sofort entgegen \chon nach Maßgabe der Bestimmungen über die Befreiungen. Denn, wenn 7s vollkommen bere{tigt war, den kleinen Handwerker und ganz kleinen Kaufmann freizulassen bis zum Betricbsertrage von 1500 #4, so konnte unmöglich diese Befreiung eingeführt werden bei diesen eben bezeihneten Betrieben, weil bei ihnen ganz andere Rücksichten maß- gebend sein mußten. Diese Betriebe können sih nicht beklagen, wenn fie einer besonderen Besteuerung unterworfen werden. Sie beruhen auf Konzessionen, dadur@ in gewissem Maße nah Maßgabe der Be- stimmungen. über die Handhabe der Bedürfnißfrage cine Garantie gegen übermäßige Konkurrenz bietend, Na der anderen Seite sind dabet in so hervorragender Weise ethische Rüdsichten in Betracbt zu ziehen, daß es ganz unmöglich wäre, sie einfah nach Maßgabe der allge- meinen Gewerbesteuer zu behandeln und lediglich den Ertrag zu ver- steuern. Jh glaubte in diefer Beziehung auch auf Ihr Ein- verständniß rechnen zu können. Den Zugang zu diesen Betrieben der Gast- und Schankwirthschaften zu erleihtern, dazu hat die Geseßz- gebung gewiß nicht die mindeste Veranlassung. (Sehr richtig !)
#ck Im Gegentheil, in sehr vielen Fällen ist es ein Unglück für den Wirth und den Schankwirth, solche Betriebe anzufangen, und gefähr- lih für das ganze Publikum. (Sehr rihtig!) Also hier die Grenze der Steuerpflicht nach Maßgabe des vermuthlichen Ertrages zu zichen, wäre in keiner Weise zu rechtfertigen. Meine Herren, {on aus dem Grunde war es nöthig, hier Ausnahmebestimmungen vorzuschreiben. Wollten wir nun die Betriebsfteuerfrage selbständig behandeln, {o könnten verschiedene Wege eingeshlagen werden. Man könnte in dieser Beziehung ein eigenes Geseh vorlegen, man könnte einfa nah dem System der Licenz eine glei che Abgabe auf alle Betriebe legen oder den hier beschrittenen Mittelweg einshlagen. Ich bezeichne die Vorschläge des Entwurfs hier als cinen Mittelweg. Geht man einfah davon aus, daß eine Licenzabgabe geleistet werden soll lediglich als Acquivalent gewissermaßen für die ertheilte, obrigkeitlih ertheilte Konzession, dann würde man in der Konsequenz dahin kommen müssen, glceihe Sätze für alle großen und leinen Betriebe dieser Art einzuführen.
Aber ih bin überzeugt, es würde ein solches Vorgchen, wenn es au logish richtig gewesen sein mochte, keine Billigung weder im Lande noch hier im Hause gefunden haben; man würde doch eine \chwere Ungerechtigkeit darin finden, einen Kolonialwaarenhändler, der nebenbei auch eine Flashe Rum verkauft, gleich zu behandeln mit einem großen Gasthof, beispielsweise dem hiesigen Kaiserhof. Ih war von vornherein überzeugt, daß ein solher Vorschlag kcine Zu- stimmung im Hause gefunden haben würde. In Folge dessen waren wir genöthigt, die Betriebssteuer in Verbindung mit der allgemeinen Gewerbesteuer in doppelter Beziehung zu bringen: einmal diese Bes triebe wie alle anderen gewerblihen Betriebe der allgemeinen Ge- werbesteuer zu unterwerfen — darin liegt ja eine Berücksichtigung der vershiedenen Größe und des verschiedenen Betriebsertrages — daneben nun aber die Zuschlagssteuer auch nicht mechanisch als bloß gleiche Licenzsteuer zu behandeln, sondern die Höhe der Zuschlagssteuern wieder in Verbindung zu bringen mit der Veranlagung der allgemeinen Ge- werbesteuern; und dies System liegt hier zu Grunde.
Wenn Ihnen die Säße in den obersten Klassen vielleiht zu niedrig ersheinen mit 100 #4 pro maximo, so wollen Sie nicht ver- gessen, daß diese Betriebe neben der, wenn ih fo sagen darf, Zu- \chlags\teuer die allgemeine Gewerbesteuer zu zahlen haben. Es han- delt sih nicht darum, einen großen mächtigen Gasthof nur mit 100 zu besteuern, sondern derselbe hat daneben nach Maßgabe des Ge- fammtertrages seines Betriebes die allgemeine Gewerbesteuer zu tragen. Unter diesem Gesichtspunkt muß man sich diese Säße durh- sehen.
Nun glaube ih au hier, wie bei der allgemeinen Gewerbesteuer, daß das, was wir hier thun, vielleicht kein endgültiger Abf{chluß ist. Wenn wir an die Frage der Kommunalbesteuerung, die im innigsten Zusammenhang mit diesem ersten Schritt der Reform steht, wie ih fo oft betont habe, kommen, dann werden wir nothwendig die Frage zu entscheiden haben: soll diese Betrieb8abgabe eine Staatssteuer bleiben oder soll sie Kommunalsteuer werden? — und es werden dann allerdings für diese Steuer erhebliche Aenderungen, auch in der Konstruktion, vielleicht vorzunehmen sein, Aber diese Frage mußte gegenwärtig gelöst werden aus dem von mir angegebenen Grunde, weil wir sonst Ungleihheiten in der Besteuerung dieser Betriebe hervor- gerufen hätten, und so viel Betriebe nach unten freigelassen worden wären, daß das gar nit zu verantworten sein würde.
Meine Herren, ich hofe, wenn Sie alle diese Erwägungen an- stellen, weny man auch gewiß manche Zweifel und Bedenken in Be- ziehung auf die ganze Konstruktion dieser Separatsteuer aufzustellen vermag, so werden Sie doch im Großen und Ganzen finden, daß hier das praktisch Brauchbare, gegenwärtig Erreihbare und gegenwärtig Nothwendige vorgeschlagen ift.
Meine Herren, die Gewerbesteuer — das habe ih son ge- sagt — in ihrem Gesammtaufkommen einschließli des Aufkommens aus der Betriebssteuer soll durch die Reform selbst nicht erhöht werden, sie soll aber auch nicht vermindert werden aus den allgemeinen Gründen, die uns überhaupt zur zeitlihen Aufrecht- erhaltung einer Gewerbesteuer als einer Staatssteuer führen, aus Gründen finanzieller Natur. Wir haben daher eine Bestimmung aufgenommen, daß, wenn nah der Probeveranlagung niht — was ja sehr leicht mögli ist, denn derartige Probeveranlagungen sind über- haupt naturgemäß ziemlich unsicher -— das in Aussicht genommene Soll gleich dem Aufkommensfoll der gegenwärtigen Gewerbesteuer fh herausftellen würde, man dann die Säße entsprehend erhöht ; daß dagegen, Falls sie in einer abgerundeten Weise das bisherige Sollaufkommen der Gewerbesteuer überschreitet, auch eine Herabseßung dieser Steuer Plah greifen wird.
Schon hierin liegt, daß, da wir diese Gewerbesteuer wesentlih als cine Objektssteuer behandeln, es daher nicht die Absicht der Staatsregierung sein konnte, gerade diese Objekts\steuer, während wir im Begriff sind, das Nebeneinanderlaufen der Objektssteuern und der allgemeinen Personalsteuern zu vermindern, noch - weiter erheblich in ihrem Sollaufkommen zu entwickela und zu erhöhen. Das ift also der Gesammtauffassung der Staatsregierung vollständig konsequent.
Meine Herren, ih bin überzeugt, daß über einzelne Bestimmungen dieser hier vorgeshlagenen Steuern die größten Meinungsverschieden- heiten mögli und natürlich find. Es stecken einzelne Fragen darin,
über welchè allein man sich einen ganzen Tag unterhalten kann. Ich möchte aber hier wie bei der Einkommensteuer bitten: verlieren Sie sih nit zn fehr in die Einzelheiten, sehen Sie sich das große Ganze an, sagen Sie si, daß hier ein Werk vorliegt, welches fi auszeihnet vorzugsweise dür Entlastungen, dur Aus- gleihungen und daß das gerade denjenigen helfen würde, die, wenn überhaupt der Staat einzugreifen hat, in den fozialen und gewerh- lichen Verhältnissen am Meisten die Hülfe verdienen, welches die- jenigen, die in ihren ganzen gewerblihen Konkurrenzverhältnissen s{chon an sih gefährdet sind, mindestens nicht \{chlechter behandeln will a!s diejenigen, die an sich begünstigt siad. Diesen Erfolg werden Sie unter allen Umständen erreihen, und das ifft {on etwas schr Erheblihes und Großes; ich glaube, einem folhen Ziel gegenüber kann man wohl über einzelne Bedenken hin- weggchen. Dann wird in der \{ließlichen allgemeinen Wirkung auf die Bevölkerung die Ueberzeugung hervortreten, die jeßt {on sehr allgemein getheilt wird, daß in dem Ziel, welches diese Reform ver- folgt, und in den \{ließliGen Ergebnissen ein Akt der Gerechtigkeit Ach vollzieht. (Bravo !)
Abg. von Eynern: Von dem ungeheuren Enthusiasmus, d besonders Angesichts dieser Vorlage dur das D E sei as weit entfernt. Er stehe wie dem Einkommensteuerentwurf fo au dem über die Gewerbesteuer äußerst kühl gegenüber. Er betrachte diesen aber als eine gesunde Grundlage für weitere Berathungen. Die Entlastung der kleinen Gewerbetreibenden um 4500 000 M sei bei cinem Gesammtertrage von 20 Millionen auch keine allzu bedeutende. Die Regierung vertrete den fiskalishen Standpunkt, ein Minder- erträgniß gegen die bisherige Steuer zu vermeiden, und ziehe desbalb die größeren Betriebe \{härfer heran. Man hätte aber sehr wohl eine Entlastung des Kleingewerbes um 3500000 #4 eintreten lassen können, ohne die Großbetriebe bis zu 1% des Nettoertrages zu belasten. Die Gescäftsergebnisse der leßten Jahre könnten für die Zukunft niht maßgebend sein; es habe viele Jahre gegeben, in denen die Industrie kaum eine Verzinsung des Anlagekapitals ab- -?worfen habe, und solhe Jahre würden gewiß au wiederkommen. n einer Zeit der allgemeinen Steuererleihterung würden jett gerade die Grofbetriebe in verstärktem Maße herangezogen, die Akttengesell- schaften durch die Einkommensteuer, die Großindustrie durch die Sozialgeseßgebung. So bereitwillig die Arbeitgeber die große Be- lastung durch die Sozialgeseßgebung übernommen hätten, so bedenklih stiegen doch jeßt in anderer Weise die Lasten, die auf der für den Export arbeitenden Großindustrie lägen. Die Export- verminderung unserer Industrie beruhe allerdings auch auf einer Vermehrung des inländishen Bedarfs. Aber dur die einander überstürzenden Bestellungen für die Eisenbahnen sei ein großer Theil des ausländischen Marktes verloren gegangen, der jeßt im internationalen Wettkampf wiedergewonnen werden müsse. Dazu komme, daf eine auszesprochene Abneigung des deut- hen Kapitals zur Betheiligung an einheimischen industriellen Unternehmungen bestehe. Im anderen Falle könnten noch sehr be- deutende Kohlenbergwerke erschlossen werden ; denn die Produktion wachse in keinem Verhältnisse zum Bedarf. Das Kapital, habe der alte Harkort gesagt, gleiche einer Maus, die sich beim kleinsten Geräush sofort verkriehe. Die übergroßen Anlagen in fremden Werthpapieren bedeuteten die Auswanderung des einheimischen Kapitals. Wenn der Abg. Graf Kanitz in seinem Kreise für das Gegentheil wirken wolle, werde er zu hören bekommen, daß die Verhältnisse bei uns in keiner Weise so vertrauenerweckend lägen, als anderswo. Die Ur- sachen wolle er nicht weiter erläutern, aber bekannt seien ihm die Stimmungen großer Kreise im Lande, und diese Stimmungen zu ändern, vermöge vorläufig keine Regierung, keine FKatheder- weisheit. Gegenüber den vielfahen Angriffen, die gerade gegen das Kapital und die Träger desselben, nicht von Seiten der Sozial- demokratie, sondern aus ganz bestimmten Kreisen erhoben würden, habe er geglaubt, doŸÿ auch einmal die Bedeutung betonen zu müssen, welche eine vertrauens8volle Stimmung des Kapitals für die Ent- wickelung des Landes habe. Wenn man ernstlih eine Erleihterung der Kommunen wolle, hätte der Staat eine Reihe von Betrieben der Kommunalbesteuerung allein vorbehalten können. Bet der Veran- lagung werde sich eine Theilung zwischen Geshäftsvermögen und Personen- vermögen {wer durchführen lassen, indem das Geschäftsvermögen sehr leiht vermindert werden könne durch gesteigerte Anspruchnahme von Kredit auf das Personalvermögen. Die Einschäßung der großen Be- triebe in Klasse T solle zu einem Drittel durch vom Finanz-Minister ernannte Personen, zu zwei Dritteln durch Mitglieder des Provinzial- aus\chusses gesehen; während die übrigen Klassen ihre Einshäßungs- organe mehr selbs wählten, -beliebe man alfo für die erste Klasse eine rein bureaukratishe Abshäßung. Von einer erhöhten Heran- ziehung der Gast- und Schankwirthschaften hätte auch nicht dem Staate, sondern den Kommunen Vortheil erwachsen sollen.
Abg. vom Heede: Namens seinec (der nationalliberalen) Fraktion
könne er die Anschauungen des Abg. von Eynern nur als persönliche |
bezeihnen. Auch dessen Ausführung bezüglih der Belastung der Groß- gewerbe theile seine Partei niht. Allerdings bestehe in gewissen Kreisen der rheinisch-westfälishen JInbustrie zur Zeit eine ge- wisse Verstimmung. Aber diesen vereinzelten Stimmen gegen- über müsse er konstatiren, daß das Großgewerbe von Rhein- land und Westfalen jederzeit bereitwillig die Lasten tragen werde, die im Interesse des Ganzen erforderli seien. (Beifall.) Es seien auch unsere politishen und wirths{chaftlihen Verhältnisse nicht danach angethan, daß das Kapital dadurch veranlaßt werden könne, in das Ausland auszuwandern und sich so vor einer einheimischen übermäßigen Belastung sicher zu stellen. (Sehr richtig!) Eine gänzlich veraltete und ungereht wirkende Gewerbesteuer solle hier zeit- gemäß umgestaltet werden. Nur wenn man unbekümmert um die finanzielle Lage des Staates diese allein auf die reinen Personalsteuern beschränken und die Gemeinden zur Deckung ihrer Bedürfnisse auf die Realsteuern verweisen könne, dann allein könne man dem Ge- danken näher treten, die Gewerbesteuer nicht nach ihrem Er- trage, sondern nach dem Anlagekapital zu bemessen. Auch andere Bedenken ließen sich gegen einen solchen Modus geltend machen. Gegenwärtig könne aber auch der Staat auf eine Gewerbesteuer nit verzihten, so angebraht auch sonst ihre Ueberweisung an die Kommunen sein möge. Weshalb die landwirthschaftlichen Brannt- weinbrennereien freigelassen würden, während man Zucker- und Stärke- fabriken besteuere, vermöge er nicht einzusehen. Als einen glücklichen Griff betrachte er die Beibehaltung der Mittelsäße für die mittleren Gewerbe. Einmal werde dadurch die belästigende Deklarationepflicht vermieden und der Veranlagungsbehörde nur die begrenzte_ Besugniß ertheilt, eine Erklärung zu fordern, zu welcher der vier Klassen der Steuerpflichtige sich rechne; dann aber bleibe der Vorzug bestehen, daß die Mitglieder eines bestimmten Kreises Diejenigen selbst wählten, wel he die Einshäßung vornähmen. Fraglich könne es \{cheinen, ob man niht den Handel mehr als die Fabrikation heranziehen könne; dadur würde ein Ausgleich der Belastung der Industrie dur die Sozialpolitik ermögliht werden. Die Einführung des Gesehes brauhe nicht bis 1893 hinausgeschoben zu werden, sondern könne gleichzeitig mit dem Einkommensteuergeseß erfolgen. Er beantrage, den S E an eine Kommission von 21 Mitgliedern zu verweisen. (Beifall)
Abg. Broemel: Von den bisher behandelten Steuergese zent- würfen weise der vorliegende Gesetentwurf so klare, unleugbare Vor- züge auf, daß man nur wünschen müsse, daß der Kern desselben au wirklih Geseh werde. Zu diesen Vorzügen gehöre die Entlaftung einer erheblihen Reihe kleiner Gewerbebetriebe und die Vereinfachung des ganzen Steuersystems. Damit sei aber noch niht die Ent- scheidung über den Uen oui gegeben. Der Finanz-Minister habe selbst zugegeben, daß die Gewerbesteuer recht eigentlih ihrem Wesen
nach zu einer Gemeindesteuer tauge, woraus do zu fol ern sei, daß sie zu einer Staatsfteuer wenig geeignet sei. Man komme hier also in das Dilemma, eine Steuer zunächft als
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Staatssteuez umgestalten zu müssen, während sie doch im Grunde eine Gemeindesteuer sein folle. Würde man die Grund- und Ge- bäudesteuer zunähst den Gemeinden überweisen, so würden sich die Gewerbetreibenden mit Fug und Recht darüber beklagen. Nichts würde einfacher sein, als in den §8. 84 des neuen Einkommensteuer- adi a auh eine entsprechende Ueberweisung eines Theils der Ge- werbesteuer an die Kommunen aufzunehmen. Eine sehr wichtige Frage fei auch die, wie solle der durch die Entlastung der kleineren Betriebe entstehende Einnahmeausfall gedeckt werden? Die Deckung werde hier gesucht in einer erheblich stärkeren Heranziehung der oberen Stufen. Diesem Grundgedanken werde man an sich nicht wider- sprechen können, aber er möchte mit dem Abg. v. Eynern fragen, ob es wohlgethan fei, mit der einseitigen Belastung der größeren Betriebe gewissermaßen blindlings weiterzugehen. Bisher habe sich dagegen keine warnende Stimme erhoben. In allen diesen Gesetzen seien die größeren Einkommen schon an sich stärker heran- gezogen worden, die Aktiengesellshaften sollen doppelt besteuert werden, und nun sollten auch die größeren E ewerbebetriebe höher belastet werden! Die großen Unternehmungen seien doch wahrlih nicht Schmarotßzer am wirihschaftlichen Körper der Nation. Wenn man von einem gewerblichen Aufschwunge spreche, so weise man mit Stolz hin auf die großen Unternehmungen und die Konzentration des Kapitals. Die Ausnußung der Arbeitsleistung trage zur Er- höhung des Wohlstandes der Nation bei, dessen sollte man eingedenk bleiben! Er wisse aus eigener Erfahrung, daß die industriellen Kreise, das liberale Bürgerthum, durchaus bereit seien, neben dem noblesse oblige au das richesse oblige für fih gelten zu laffen, aber man solle die Sache niht zu weit treiben. Der Ausfall sollte also auf eine andere Weise gedeckt werden. Was nun die Einzel- beiten betreffe, so scheine ihm für das Wachsthum der Steuer ein zu hoher Prozentsaß angenommen zu sein. Mit Rücksiht auf die Ueberweisung der Gewerbesteuer an die Kommunen sollte man den Ertrag derselben nicht noch weiter steigern. Die Gewerbesteuer charakterisire sich nach dem Entwurfe
lediglich als eine unvollkommene Einkommensteuer. Der Be-
griff des Reinertrages fei hier sehr dunkel gelassen; sollen die
Schuldenzinsen vom Reinertrage abgezogen werden oder nit ?*
Bedenklich erscheine ihm, daß die Mittelsäte verhältnißmäßig hoh und sehr ungleichmäßig besteuert werden sollen. Es würde viel besser sein, die Steuer jedes CGinzelnen individuell zu behandeln mit einer fleinen Depression nah unten. Unter den Steuererleihterungen ver- misse er diejenige der Gastwirthe. Wolle man ethisch auf das Nolk wirken, dann müsse man niht die Wirthe belasten, sondern für die bessere Ernährung des Volkes sorgen durch die Beseitigung der Zölle auf die nothwendigen Lebensmittel und durch die Auf- hebung der Viehsperre. (Beifall links.)
Genezral-Direïtor der direkten Steuern, Wirkliher Geheimer Rath Burghart: Ein grofeer Theil der Ausstellungen des Vorredners werde sich bei näherer Erörterung als unbegründet erweisen. Das Haus könne einer bis auf die nothwendige Grenze entgegen- kommenden Haltung der Regierung bei allen Verbesserungsvorshlägen unbedingt versichert sein. Die Regierung sei nicht voreingenommen und halte niht unter allen Umständen an einmal gefaßten Beschlüssen fest. Dieses Geseß mit seiner nothwendigen Folge einer stäckeren Heranziehung der Großbetriebe sei durchaus niht von Gedanken geleitet, die man als einen beständigen Angriff auf das Kapital oder als ein Blindlingsdreinshlagen auf die Großbetriebe bezeihnet habe. Der Regierung liege nichts ferner, als solhen Bestrebungen, sie möchten kommen, woher sie wollten, sich anzuschließen. Die Regierung sei vollkommen mit der Aeußerung einverstanden, daß au die Arbeit des Cinzelnen nicht bloß Nußen für ihn selbst, sondern auch für das große Ganze habe. Die Regierung sei stets bereit, Chre zu geben, wem Ehre gebühre, sie mache keinen Unter- schied zwischen großen und kleinen Betrieben. Die Regierung \{chlage hier die Beseitigung eines Mißstandes vor, der gerade in der Reihe der Großbetriebe auf das Empfindlichste selbst gefühlt und anerkannt sei. Daß man mit dem Mißstande so lange ausgekommen sei, erkläre sich einmal aus dem glücklihen Griff der damaligen (Beseßz- gebung , daß man die Vertheilung im Einzelnen niht der Staats- regierung zugewiesen, sondern den Gewerbetreibenden selbst auf dem Verwaltungëwege anvertraut habe. Es sei eine schwere Lage ge- gewesen, so lange die Vorschriften eines Geseßes aus dem Jahre 1820 auf das gegenwärtige geroerblihe Leben anzuwenden, die in sehr vielen Fällen — jeßt, wo die Novelle vorliege, könne man es ja sagen — wie die Faust aufs Auge gepaßt hätten, und dabei habe die Regierung doch einen gewissen Anstand aufrecht er- halten müssen. Sie habe doch dem Publikum nicht sagen können, wie mangelhaft die Gesetßesvorschriften seien, Sie habe \ich da ungefähr in der Lage cines vershämten Armen befunden, der gewisse Rücksichten aufrecht erhalten müsse und sehe, wie traurig seine innere Lage sei. Ferner habe der Mißstand solange nur aufrecht erhalten
| werden können, weil die größeren Gewerbetreibenden bis vor nicht
langer Zeit gar niht sich bewußt gewesen seien, wie eminent sie be- günstigt und die Üleinen Betriebe ungerecht bedrückt würden, Darüber habe lange ein Schleier gelegen, erst in neuerer Zeit sei zahlen- mäßig festgestellt, daß die kleinen Gewerbetreibenden 4 9/0 und noch mehr zahlten, die Großbetriebe dagegen nur 1/10, 1/7, 1/6 % oder noch weniger als 1/10 9%/%, und zwar bei Einkommen von Hunderttausenden. Wie könnten da die Großbetriebe widersprechen, wenn das beseitigt werde? Die Vorstellungen des Abg. Broemel über die Ertrags- steuern stimmten vielfah mit den Ansichten der Regierung überein. Die Einkommensteuer entsprehe unbedingt dem jeßt in der öffent- lihen Meinung herrshenden Prinzip ver Besteuerung nah der Leistungéfähigkeit, “ und der Gesetzgeber könne in Steuersachen nicht ohne Zustimmung der öffentlichen Meinung vorgehen. Die Ertragssteuer könne die Leistungsfähigkeit des Einzelnen niht berüdck- fihtigen, weil sie nit die Personen, sondern die Sache treffe. Die Regierung wolle zunächst die Ertragssteuer nicht weiter ausbilden, sondern sie allmählich aus dem System der Staatssteuern auslösen. Daß man bei diesem „allmählich“ oder, wie der Finanz-Minister sage, edereinst” nicht an das jenseitige Leben denke, könne man der Regierung zutrauen (Heiterkeit), aber einige Jahre könne das doch dauern. Es seien dazu noch viele ungeheuer weit ausein- andergehende Vorstellungen in Uebereinstimmung zu bringen, und Mancher werde das niht bis zum Ende erleben. „Was den Schulden- abzug von der Gewerbesteuer betreffe, so werde die Regierung jeden Vorschlag in dieser Beziehung auf das Unbefangenste prüfen. Ohne vorgreifen zu wollen, könne er aber sagen, daß das erfolglos sein werde. Nehme man an, ein großer Gewerbetreibender hinterlasse sein Gewerbe einem oder zwei männlihen Erben und verpflihte seine übrigen weiblihen Erben, noch ein Kapital von 5 oder 10 Millionen auf mindestens 10 Jahre im Geschäft stehen zu lassen als Schuld mit 5 92/9 Zinsen. Werde es da in den Kreisen der Gewerbetreibenden etwa Unklang finden, wenn man bei diesem Geschäft 250 000 oder 500 000 6 vorweg abziehe? Man müsse bei einem folhen Gefeß ih immer in Fühlung mit den Anschauungen der Gewerbetreibenden felbst halten. Ferner sei die Konkurrenz ein so mächtiger Faktor im Bewerbeleben, daß man es nicht verstehen würde, wenn das Betriebs- fapital außer Rücksicht bleiben solle, Wenn z. B. ein gcoßer In- dustrieller, der nicht in Preußen wohne, ein bedeutendes Geschäft in Preußen gründe, seinen Sohn an die Spitze seße, das Betriebs- kapital von einer Million nur als Gläubiger gebe, und nun eine ganz vernichtende Konkurrenz mache, so könne der Staat mögliher Weise
»das Gewerbe ganz steuerfrei lassen müssen, weil mit b 9% Zinsen
vom Betriebskapital der ganze Ertrag absorbirt sei. Damit würden die Gewerbetreibenden niemals einverstanden sein. Der Abg. Broemel frage: warum sich die Regierung nicht damit begnügt habe, die 41 Millionen, die den kleinen Gewerbetreibenden erlassen werden sollten, aus anderen Taschen zu nehmen, anstatt die Großbetriebe zu erhöhen. Die Berichtigung der jeßigen Ungerechtigkeiten dur dieses Gesetz ergebe allerdings im Gesammtresultat 45 Millionen; an si aber habe sie einen weit größeren Umfang, weil man(he kompensatorischen Faktoren hinzutreten würden. Ferner, wenn man die 44 Millionen irgendwo anders hernehmen und das an Gewerbesteuer eclassen wolle, so würde das eine neue Ungerechtigkeit gegenüber
der Grundsteuer sein; denn man habe jeßt nur bis zu 1 % Gewerbesteuer, während, wenn man die Grundsteuer auch wirklih zur Hälfte den Kommunen gebe, toch immer noth, milde geschäßt, 2% an Grundsteuer übrig blieben. (Zuruf rets: Viel mehr!) Er zweifle, daß ein solher Vorshlag des Abg. Broemel die Zustimmung der Majorität finden werde. _Diese werde vielmehr sagen : so lange wir an der Grund- und Gebäudesteuer niht rühcen, wollen wir auch die Gewerbesteuer nit erlassen. Die Gewerbesteuer \{on jeßt den Kommunen zu überweisen, sei unmöglih. Es komme nur darauf an, daß die Gewerbesteu-rr:form der künftigen Ueber- weisung von Realsteuern an die ‘ommunen kein Hinderniß bereite, Daß diese Reform eine Barrière dagegen aufwerfe, bestreite er ent- schieden. Auch als Kommunal steuer sei dieses veraltete System der Gewerbesteuer absolut zu verwerfen, es würde in den Kommunen zu den alleräußersten Ungleichheiten führen. Man wolle jeßt die Gewerbe- steuer für den ganzen Staat so reguliren, daß sie einen Krystalli- sationspurkt abgebe, woran fich das Weitere anschließen könne. Der Entwurf widersprewe keinem hier laut gewordenen Standpunkt, er sei durchaus unpräjudizirlich für die Jdeen des Hauses wie der Re- ierung. Das Haus möge gerade dieser Vorlage seine ausdrückliche, erzlie Mitwirkung geben, es werde es nicht gereuen. ; (
Abg. von Tiedemann-Bomst: Seine Freunde und er seien mit der Vorlage, vorbehaltlih einiger Aenderungen, die vorgenommen werden müßten, einverstanden, und sie würden na besten Kräften an ihrem Zustandekommen mitwirken. Der Einwand, daß dur die Normirung der Säße das Großkapital und die Großindustrie ungemein belastet würden, sei unzutreffend; die ganz angemessene Degression in den Säßen genüge vielmehr vollkommen der Forderung, daß Jeder nah seiner Lei‘tungsfähigkeit beizutragen habe. — Wenn man fordere, daß, wie die Stärke- und Zukerindustrie, au die landwirths \chaftlihen Brennereien gewerbesteuerpflihtig fein müßten, so ver- gese man dabei die große Vorbelastung des Grundbesißes dur die Grundsteuer. Wenn man die Schulden des Grundbesißes abziehe, so betrage die Belastung durch die Grundsteuer 5 °%/o. Dem gegenüber habe man alle Veranlassung, eine Doppelbesteuerung dur die. Heran- ziehung zur Gewerbesteuer hier niht eintreten zu lassen. Bei der Gewerbesteuer die Schulden abzuziehen, sei so lange unmögli, als man eine Kapitalrentensteuer nicht habe. Es werde ja sonst Jeder in der Lage sein, die Steuer vollständig zu hinterziehenz er brauche nur zum
_ Bankier zu gehen und diesem sein Betriebskapital zu geben, es ih
aberzum Betriebe wieder borgen zu lassen. Bei den Bedenken gegen die Mittelsäße vergesse man, daß die Ungleichheiten in der Vergangenheit nur dadur entstanden seien, daß die großen Betriebe mit in die Klasse der Mittelsteuer eingerechnet worden seien, Das solle ja eben in der Zukunft niht mehr der Fall sein. — Die soziale Wirkung der Gesehe dürfe nicht außer At gelassen werden, das gelte auch in Bezug auf die Heranziehung der Gastwirthschaften zu einer Betriebssteuer. Die Bes stimmung, daß, Falls dèr gegenwärtige Ertrag der Gewerbesteuer dur das neue Geseh nicht aufkfomme, eine Erhöhung der Steuersäße eintreten sol'e, mache einen kleinlihen Eindruck, Unsere Mage sei nicht so, daß man verlangen müsse, daß au bei der Gewerbestêuer der bisherige Betrag genau bis auf 100069 auffomme.— Der Abg. Broemel habe gemeint, mit der Beseitigung der Lebensmittel« und Fleishvertheuerung durch Aufhebung der Zölle würde Feine bessere Politik getrieben werden, als mit der Betriebssteuer. Dem gegenüber verweise er auf folgende Zablen. Vor 23 Jahren habe in seiner Gegend Prima-Rindvieh 29 4 pro Centner gekoîtet, das Pfund Rindfleish 40 4; in den 70er. Jahren seien die Preise 35 F bezw. 50 S, in den folgenden Jahren 27 4. bezw. 50 H ge- wesen, Seit einem Jahre seien die Viehpreise auf 35 H, die Fleish- preise auf 80 9 gestiegen; jeßt, nachdem ein Rüdckgang der Vieh- preise eingetreten sei, blieben die Fleishpreise gleihwohl auf derselben Höhe. Das seien die bösen Landwirthe, die das Fleisch und die Lebensmittel vertheuerten! (Lachen links.) Der Zoll komme nur dem Kleinbesißec zu Gute, der das Magervieh aufziehe. Man möge ih diese Verhältnisse nur klar machen, dann werde man sehen, was an diesen Redensarten sei. (Beifall rets.) L
Abg. Pleß: Namens des Centrums könne er erklären, daß dieses die Richtung des Geseßzentwurfes vollkommen billige und geneigt sei, auf die von der Regierung gegebene Grundlage zu treten und die Sache zu einem guten Ende zu führen. (Beifall) Die Regie- rung glaube, die Gewerbesteuer nicht entbehren zu können, gebe aber die Garantie, daß der Steuerertrag nicht erhöht werden folle. Die durch die Entlastung verringerten Erträgnisse durch s{härfere Heran- ziehung der größeren Betriebe zu dccken, sei vollständig gerechtfertigt. Auch die Besteuerung der Konsumvereine, wenn sie offene Geschäfte hielten, scheine ihm gerechtfertigt, da es unmöglih sei, daß die kleineren Betriebe niht dur die Konsumvereine geshädigt würden.
Abg. von Rauchhaupt: Da die Beseitigung aller Zuschlags- steuern und die Einführung einer einheitlihen Cinkommenfleuer noch in weiter Zukunft liege, werde die Grund- und Gebäudesteuer noch längere Zeit dem Staat verbleiben. Gerade deshalb aber sei seine alte Forderung einer Kapitalrentensteuer angebraht, Die Bedenken gegen die Ertragssteuern als Staatssteuern verhehle sich feine Partei keineswegs. So lange man die Grund- und Gebäudesteuer ohne Abzug der Schuldenzinfen habe, könne man hier nicht ein System einführen, welches das Gegentheil wolle. Die Hoffnung auf Einführung der Kapitalrentensteuer {heine aber nah dem neuen Einkommen- steuer- und Gewerbesteuergeseß in weite Ferne zu rücken. Wenn man bei der Einkommensteuer das in den Aktien und hier das in ge- werblihen Betrieben \steckende Kapital fasse, so bleibe nur noch das Hypothekenkapital und das Kapital aus Werthpapieren für eine Rentenbesteuerung. Vorläufig aber bleibe nihts übrig, als den Steuerrahmen in der vorgelegten Gestalt zu acceptiren, und seine Partei sei bereit, es zu. thun. (Beifall.)
__ Die Diskussion wird ges{lossen und der Geseßentwurf an eine Kommission von 21 Mitgliedern verwiesen. (S(hluß 4 Uhr.)
Auf der Tagesordnung der am Sonnabend, den 29. d. M., Vormittags 11 Uhr, stattfindenden 9. Plenar- sibung des Hauses der Abgeordneten stehen folgende Gegenstände: 1) Verlesung der FJnterpellation der Ab- geordneten Dr. Graf (Elberfeld) und Genossen, betreffend die Förderung und weitere Nupbarmahung des Koch'schen Heilverfahrens. — 2) Erste Berathung des Entwurfs einer Landgemeindeordnung für die sieben östlichen Provinzen der Monarchie.
Statistik und Volkswirthschaft. Zur Arbeiterbewegung. J
Wie der „Rh. Westf. Ztg.“ aus Dortmund geschrieben wird. sprach in der B ergarbeiter -Veriamelan N vas Sonnabend (vergl. Nr. 284 d, Bl.) der Bergmann Bunte \chließlih noch über den in Aussiht genommenen Internationalen Berg- arbeiter- Kongreß in Belgien und erzielte die Annahme folgen- der Resolution: „Die Anwesenden beschließen, den Internationalen Bergarbeiter-Kongreß zu beschicken und geben das Versprehen, auch für die dadur entstehenden Kosten aufkommen zu wollen. Ferner erklären die Versammelten, daß sie für die Durchführung der auf dem Kongreß gefaßten Beschlüsse mit allen Mitteln eintreten wollen.“
In Altona beschloß gestern telegraphisher Meldung des Wolff’\{chen Bureaus zufolge eine nach Tausenden zählende Vers- sammlung von Cigarrenarbeitern, über die Fabriken, in denen Arbeiter gemaßregelt worden sind, die Sperre zu verhängen dergestalt, daß selbst die Hausarbeiter den angefeuhteten Taback un- verarbeitet liegen lassen. Die Lohnkommiss ion hat unbeschränkte Vollmacht erhalten. Eine große Anzahl von Arbeitern ist abgereist. Die Fabrikanten haben die in anderen größeren Städten ansässigen Kabrikanten von der SaWlage in Kenntniß gesetzt.
S A t fs e - 2 B e C Ta f P
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