1890 / 287 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 28 Nov 1890 18:00:01 GMT) scan diff

in gerader Linie den Deich überschreiten und über die dahinter gelegenen Eisenbahngeleise für den Petroleum- verkehr hinweggehen, sich dann nach Norden wenden und längs der östlihen Seite dieser Geleise zwischen diesen und der Faßfabrik der deutsch - amerikanischen Petroleumgesellschaft bis zur Höhe der nokdwestlichhen Ede der Faßfabrik fortlaufen, sih von hier direkt nah der südöstlichen Ecke des Petroleumschuppens F. hinüberzichen, denselben auf der südlichen und östlichen Seite eine kurze Strecke umfassen, sodann das dortige Cisenbahngeleise für den Güterverkehr aus dem Freihafengebiete östlich überschreiten und sich jenseit desselben mit der bestehenden 5ollgrenze vereinigen.

Der Commandeur der 12. Division, General-Lieutenant von Wodtke ist mit Urlaub hier angekommen. ‘ieutenant von der Armee, von der

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Der General Mülbe, bisher K si hierher verlegt.

Der bisherige Kommissar für die Güterkonsolidation in Wiesbaden, Regierungs-Rath Delius IL., ist zum 1. Dezember d. J. an die Königliche General-Kommission in Hannover als außeretatsmäßioes Mitglied des Kollegiums verseßt; in Folge dessen ist dem disher in Eschwege stationirten Sp :ziallommissar Negierungs-Assessor Lom maß \ch unter Versezung desselben vach Wiesbaden die fernere Verwaltung der Kommission für die Güterfonsolidation daselbst übertragen.

Der bisher beim Kollegium der General-Kommission zu

Kassel beschäftigte Gerichts-Assessor Kotheiny i nir Der fommissarisen Verwaltung der Spezialkommission in Eshwege beauftragt.

Der neuernannte Regierungs-Assessor Dr. Mackensen ist der Königlichen Regierung zu Liegni überwiesen worden.

Dem Regierungs-Assessor Noeldehen zu Bromberg ist die kommissarishe Verwaltung des Landrathsamtes im Kreise Fritzlar, Regierungsbezirk Kassel, übertragen worden.

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ommandant von Danzig, hat seinen Wohn-

Königsberg i. Pr., 28. November. Zur Feier des 250 jährigen Negierungsantritts des Großen Kur- fürsten begeben sih laut Meldung des „W. T. B.“ morgen der Oberst und der älteste Premier-Lieutenant des Grenadier- Regiments König Friedrich TIT. (1. Ostpreußisches) Nr. 1 mit der Fahne des 1. Bataillons nah Berlin. Ebenso werden \ich auf Befehl Sr. Majestät des Kaisers der Ober-Präsident Wirkliche Geheime Nath Dr. von SchlieEmann und der Vorsitzende des Provinzial - Landtages Ober- Marschall Graf zu Eulenburg- Prassen nah Berlin begeben.

Breslau, 27. November. Bei der heutigen Wahl eines Ober-Bürgermeisters fielen auf Bender (Thorn) 97 Stimmen ; Schmieding (Dortmund) erhielt laut Meldung des „W, T. B.“ 44 Stimmen. Der Erstere ist somit gewählt.

Kassel, 27. November. Der hessische Kommunal- Landtag beschloß, wie „W. T. B.“ berichtet, die Einführung einjähriger Etatsperioden.

Bayern.

München, 27, November. Jn der leßten Sißung des Landraths von Oberbayern: gab, wie die „Allg. Ztg.“ berichtet, gegenüber den Anträgen des Landraths Hof- stätter und des Magistrats der Stadt Tittmonning auf Auf- hebung des Verbotes der Vieheinfuhr aus Oester- rei, bezw. auf möglichste Erleichterung der Grenzsperre und auf Beschränkung der sogenannten Contumazzeit von 60 auf 20 Tage, der Regierungsvertreter, Negierungs-Rath Freiherr von Roman folgende Erilärung ab: „Aus Anlaß der vorliegenden Anträge bin ih zu der Erklärung ermächtigt, daß die Königliche Staatsregierung außer der im Bundesvath neuerlih beantragten Zulassung der Einfuhr von österreichischem Schlachtvieh in die größeren Städte auch die thunlichste Er- leichterung der Einfuhr von Zucht- und Nutzvieh (Zut-, Mager-, Melk- und Zugvieh) in die Grenzbezirke anstrebt, daß die zur Durchführung dieses Vorhabens erforderlichen Ein- leitungen bereits seit einiger Zeit im Gange sind und daß hierbei die Schlußpetition des Hrn. Landraths Hofstätter Seitens der bayerischen Staatsregierung {hon in Würdigung gezogen ist.“

Sachsen.

Dresden, 28. November. Jhre Majestäten der König und die Königin sind nah dem „Dr. J.“ gestern Nazmittag von Sibyllenort hierher zurückgekehrt.

Der Reichskanzler General der Jnfanterie von Caprivi traf, wie „W. T. B.“ meldet, heute Vormittag um 11 Uhr 10 Minuten hier auf dem Böhmischen Bahnhofe ein. Zu seiner Begrüßung waren daselbst anwesend der sächsische Premier- Minister, General der Kavallerie Graf Fabrice, der Geheime Rath von Meßsch, der preußishe Gesandte Graf Dönhoff, der Legations - Sekretär Prinz Lichnowski und ein zahlreiches Publikum, welches den Reichskanzler mit lebhaften Hochrufen be- grüßte. General von Caprivi fuhr zunächst nah dem preußischen Gesandtschaftsgebäude und nahm dann beim Minister Grafen Fabrice ein Dejeuner ein. Um 121/, Uhr wurde der Reichs- kanzler von Sr. Majestät dem König in Audienz'empfangen. Um 9 Uhr Nachmittag findet im Königlichen Residenzshloß große Hoftafel zu 30 Gedecken statt. Die Rüdckehr des Reichs- kanzlers nah Berlin soll gegen Abend erfolgen. Der König hat dem Reichskanzler den Haus - Orden der Rautenkrone verliehen.

Baden. __ Karlsruhe, 27. November. Nach dem leßten Bulletin über das Befinden des Prinzen Karl war, wie telegraphisch gemeldet wird, der gestrige Tag durch vielen Husten gestört. Die Nacht verlief besser. Der Äppetit und der Kräftezustand sind befriedigend. Die Besserung schreitet fort. Hefsen. Darmstadt, 28. November. Beide Kammern richteten gestern in Erwiderung auf die Thronrede Adressen an Se. Königliche Hoheit den Großherzog und vertagten sich darauf, wie die „Darmst. Ztg.“ meldet, auf unbestimmte Zeit. / Der Voranschlag der ordentlihen Staatsausgaben für die Etatsjahre 1891—94 beziffert nch tan W T B.“ zufolge auf 24312000 M jährli, die ordentlichen Ein- nahmen ergeben einen jährlihen Uebershuß von 459 000 M Die außerordentlichen Einnahmen betragen 22 075 000 M,

die außerordentlichen Ausgaben 14 640 000 M, sodaß der Ge- sammtvoranschlag mit einem Uebershuß von 7 435 000 4. ab- schließt.

Sachsen-Weimar-Eisenach.

Weimar, 28. November. Jhre Königliche Hoheit die Großherzogin ist nach einer Meldung des „W. T. B.“ heute Vormittag nah dem Haa g abgereist.

Oldenvurg.

Oldenburg, 26, November. Die Staatsregierung hat, wie dem „Hann. Cour.“ berichtet wird, dem Landtage eine Vorlage zugehen lassen, in welcher das Einverständniß des- selben damit beantragt wird, die Gehalte der Grenz- (Zoll-) Aufseher, welhe zur Zeit 1000 bis 1400 /4 betragen, auf 1100 bis 1500 M zu erhöhen, falls der Bundesrath der Ein- stellung-eines Durchschnittssaßes von 1300 s (gegen zur Zeit 1200 46) zustimmen sollte. Eine Aufbesserung der Gehälter dieser Beamtenkategorie habe sich mit Rücsiht auf die in neuerer Zeit nicht unerheblih gestiegenen Preise der noth- wendigen Lebensbedürfnisse als dringend wünschenswerth herausgestellt.

Braunschweig.

Braunschweig, 27. November. Jn einer heute statt- gehabten, von verschiedenen Ständen und Parteien besuchten evangelisch - sozialen Versammlung wurde dem „W. T. B.“ zufolge beschlossen, an Se. Königliche Hoheit den Prinz-Regenten eine Adresse zu senden, in welcher der Wunsch ausgesprochen wird, daß es unter seinem Regiment gelingen möge, auch in Braunschweig die von Sr. Majestät dem Kaijer gestellten Aufgaben zu verwirklichen, namentlich den von Klassenhaß und Parteihader zerrissenen inneren Frieden auf dem Boden des hristlihen Glaubens und dex Liebe wiederzugewinnen,

Lippe.

Detmold, 27. November. Bei der Galatafel zu Ehren Sr. Durchlaucht des Prinzen und Jhrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe saß laut Meldung des „W. T. B.“ die Prinzessin zwischen Jhren Durchlauchten dem Fürsten und dex Fürstin zur Lippe, ihr gegenüber der preußishe Gesandte Graf von der Golß. Gegen 8 Uhr geleitete das Fürstenpaar den Prinzen und die Prinzessin zu Schaumburg-Lippe zum Bahnhof. Das Publikum brachte die lebhaftesten Sympathien zum Ausdruck. Am Sonn- abend erfolgt von Bückeburg die Abreise des neuvermählten Paares über Jtalien nah dem Orient.

Oefterrei(-Ungarn.

Wien, 28. November... Jn der gestrigen Vormittags- sißung des nie derösterreihiscchen Landtages wurde nah einem Bericht des „W. T. B.“ in namentliher Ab- stimmung eine Abänderung der Landesordnung, nach welcher zu einer Abänderung des Gebietsumfanges von Nieder- Oesterreich die Dreiviertel-Majorität erxforderlich is, ein- stimmig angenommen. Bürgermeister Prix erklärte, er halte eine ernste Erwägung der Reichsunmittelbarkeit der Stadt Wien für unmöglich und stimme, um eine angeblihe Beunruhigung zu beheben, dem Antrage zu. Jn einer gestern Abend abgehaltenen Sizung erklärte bei der De- batte über die Vorlage, betreffend Groß:Wien, der Statt- halter, er sei vom Reichs-Kriegs-Minister zu der Erklärung ermächtigt, die Heeresverwaltung denke nicht daran, die Be- festigung Wiens derzeit in Angriff zu nehmen, oder diese Frage irgendwie mit der Vereinigung der Vororte mit Wien in Zusammenhang zu bringen.

Im böhmischen Landtage erklärte gestern, bei der weiteren Berathung über den Landeskulturrath, Graf Harrach, daß er in vollster Ueberzeugung für die Ausgleichs- punktationen eintrete. Dr. von Plener führte aus, die Deutschen seien in den Landtag nur in der Ueberzeugung zurückgekehrt, daß die in den Wiener Konferenzen ge- machten Zugeständnisse von der anderen Seite unein- geshränkt eingelöst würden, und hob darauf den pein- lihen Eindruck der gestrigen Abstimmung über den Antrag Mattusch und der Provokationen hervor, denen die Deutschen ausgeseßt seien, Hätten die Altczehen ihren ganzen Ein- fluß im Lande aufgeboten, so wären die Verhältnisse anders geworden. Selbst wenn der gegenwärtige Ausgleih zu Fall gebraht werden sollte, so würden die Grundsäße desselben nicht vershwinden. Nach Plener \prach der Prinz Karl von Schwarzenberg, welcher das gestrige Vorgehen bei dem An-: trage Mattusch erklärte. Rieger wies bezüglih der Landes ausstelung darauf hin, daß auf den Titel einer Jubiläums- ausstellung nur deswegen verzihtet worden sei, um die Aus stellung von jedem Zusammenhange mit der Politik zu be freien. Prinz Lobkowiß pflichtete Plener darin bei, daß die Regierung auf die Perfektion des Ausgleihs dringen müsse. Wegen einer Aenderung der Vorlage könne man nicht vom Scheitern des ganzen Ausgleihswerkes reden. Nach heftigen Angriffen des Jungczehen Herold auf Plener wurde die Sißung nach sechsstündiger Debatte geschlossen.

Der Klub der deutschen Landtagsabgeordneten veröffentliht ein Communiqué, in welhem unter An- erkennung der Vertragstreue der Großgrundbesißer und der bei ibrem Worte verbliebenen Mitglieder des Altczechenklubs auf die Aussichtslosigkeit der Erreihung der für die Aus- gleih8geseze nothwendigen Majorität hingewiesen und er- klärt wird, daß die Bedingung für die Betheiligung der Deutschen an der Ausstellung 'niht eingetreten sei, weshalb die Betheiligung der Deutschen an derselben nicht empfohlen werden könne. Der Klub bedauert aufrichtigst den mißlicher Stand des Ausgleichs, giebt jedoch nicht den Anspruh auf Erfüllung der Wiener Vereinbarungen auf.

Das Comité der Landesaus stell ung theilt in einem Communiqué mit, daß die deu!schen Mitglieder des Comités \{hriftlich ihren Austritt angemeldet hätten. Das Comité habe den Austritt dieser Mitglieder mit Bedauern zur Kennt: niß genommen und gleichzeitig erklärt, daß es ohne politische oder einseitig nationale Bedenken die Ausstellungs-Arbeiten mit aller Energie ohne Unterbrechung fortsegen werde und auf den unter der Mitwirkung der *deut)chen Mitglieder fest- gestellten Grundsäßen verharre. ' i

Im galizischen Landtag erklärte gestern der Metro- polit Sembratowicz Namens des ruthenishen Klerus, dieser sowie das ruthenishe Volk würden stets [der österreichischen Dynastie treu bleiben und \sich niemals von der röômis{h- kfatholishen Kirche und vom Papste trennen. Er werde die Bestrebungen nah Hebung und Stärkung des herzlichen Ver-

bältnisses zwischen den beiden Brudervölkern in Galizien fördecn. Die übrigen ruthenischen Deputirten dankten dem Metropoliten.

Das ungarische Unterhaus lehnte in seiner gestrigen Sibung den in der Wegtaufungsfrage von Jranyi (äußerste Linke) eingebrachten Beschlußantrag mit 180 gegen 96 Stimmen ab, ebenso den Beschlußantrag Polonyi's. Da- gegen wurde der dem Standpunkt der Regierung vollständig Nechnung tragende, aus drei Punkten bestehende Beschluß- antrag Szival’s mit großer Majorität angenommen und zwar der zweite Punkt desselben, betreffend die Aufrechthaltung der diesbezüglichen geseßlichen Bestimmung vom Jahre 1868 in namentlicher Abstimmung mit 213 gegen 47 Stimmen, indem auch ein großer Theil der Opposition dafür stimmte.

Großbritannien und Frland.

Die amtliche „London Gazette“ vom 25. d. M. enthält

nahstehende Bekanntmachung des Auswärtigen Amts: „Gemäß Artikel IT des english-deutshen Abkommens vom 1. Juli 1890, auf Grund dessen Deutschland sein Protektorat über Witu zu Gunsten Englands zurück- gezogen und auch sein Protektorat über die an- stoßende Küste bis Kismayu sowie seine Ansprüche auf alle anderen Territorien auf dem Festlande nördlich vom Flusse Tana sowie auf die Jnseln Patta und Manda aufgegeben hat, wird hierdurh zur öffentlichen Kennt- niß gebracht, daß das Territorium Witu, die zwischen diesem Lande und dem Flusse Juba liegenden und \sih an der Küste bis Kismayu ausdehnenden Territorien, die Jnseln Patta und Manda und alle anderen Jnseln in der Buht von Manda unter das Protektorat Jhrer Majestät gestellt sind.“ Jm Unterhause erklärte gestern der Schaßsekretär Goschen: es liege niht in der Absiht der Regierung, eine Untersuhungskommission behufs Prüfung der Reformbedürstig- keit der Ban k-Akte einzuseßen. Sollte eine Abänderung des Vankgesezes erforderli erscheinen, so werde die Negiecung selbständig eine solche beantragen. Das Unterhaus hat in erster Lesung die irishe Bodenankaufsbill mit 268 gegen 117 Stimmen angenommen. Die Parnelliten stimmten mit der Majorität.

Jn Anerkennung seiner als Befehlshaber der Truppen in rand geleisteten Dienste empfing Prinz Eduard von Sachsen-Weimar am Montag aus den Händen der Königin die Znsignien eines Ritters des St. Patrizius-Ordens.

Die Einziehung aller vor dem Regierungzantritt der Königin Victoria geprägten englishen Goldmünzen erfolgt spätestens am 28. Februar 1891. Nach dieser Frist hören jolhe Goldstücke auf, geseßlihes Zahlungsmittel zu sein. Bis zum erwähnten Datum löst die Bank von England alle voll- wichtigen Goldstücke ohne Verlust ein.

Wie die „Allgemeine Correspondenz“ ersährt, ist zwischen der Kap-Regierung und den Kap-Dampfergesfellschaften ein Abkommen für die direkte Beförderung der Post zwischen England und dem Kap der guten Hoffnung getroffen worden. Die Damp*?er werden wahrscheinlih Lissabon für kontinentale Frachtgüter anlaufen. Voraussichhtlich wird auch vom nächsten «zahre ab das ermäßigte Briesporto von 21/, Pence von und nah dem Kap der guten Hoffnung in Kraft treten.

Frankreich.

Paris, 28. November. Bei der Beisezung des Königs der Niederlande wird dem „W. D B zufolaë sich die französische Regierung durch eine von einem General geführte Militärdeputation vertreten lassen. Zur Begrüßung und Beglückwünschung des Großherzogs von Luxemburg bei seiner Ankunft im Lande wird voraussihtlich ein hoher Be- amter des Ministeriums des Auswärtigen abgeordnet werden.

Wie aus Negierungskreisen verlautet, wurde bei den Ver- handlungen zwischen England und Frankreich über N eu- fundland die Frage einer an Frankreich zu leistenden Geld- entshädigung micht erörtert, da eine solche mit der Würde ¿Frankreichs nicht vereinbar erahtet wurde. Die Frage eines Schiedsspruchs wurde zwar im Laufe der Vorbesprehungen angeregt, doch wurde kein dahin gehender Vorschlag Seitens des britishen Kabinets gemaht. Ein derartiger Vorschlag hätte auch nur dann von beiden Regierungen angenommen werden können, wenn sich die Regierung von Neufundland verpflichtete, dem eiwaigen Schiedsfpruh ih zu unterwerfen. Eine Verlängerung des gegenwärtigen modus vivendi für die jeßige Fislhereiperiode ist bisher nicht erfolat.

Dem „Echo de Paris“ zufolge hat das Kriegs-Ministerium dem Ackerbau-Ministerium 25 000 kleinkalibrige Gewehre zur Ausrüstung der Forstwächter mit der neuen Waffe überlassen, in deren Handhabung dieselben demnächst unter: wiesen werden sollen. Die 31 Bataillone Zollbedienstete erhielten 70000 Lebelgewehre. Die gesammte Terri- torial-Armee ist bereits im Besiße des kleinkalibrigen Gewehrs. Die Ausrüstung der Kavallerie mit den neuen Karabinern soll bis zum 1. April 1891 beendet sein.

In der gestrigen Sißung der Deputirtenkammer wurde bei der Berathung des Budgets der Artikel des Finanzgeseßes, betreffend den Zushuß für Anam und Tongking entsprehend den Anträgen der Regierung mit 284 gegen 199 Stimmen angenommen. Die Berathung über die Gültig- keit der Wahl Mary Raynaud's wurde auf Montag festgeseßt.

Jn der Budgetkommission berihtete Pelletan über die finanzielle Lage Frankrei chs und bezifferte die fran- zösische Staatsschuld mit 30 300 813 594 Fr. nominell oder 22 824 043 690 Fr. efffektiv, welche durhschnittlich mit 9,48 Proz. vom Nominalbetrage resp. mit 4,62 Proz. vom Esffektivbetrage verzinst wird. Pelletan konstatirte, es sei dies eine sehr große Schuld, die Welt erahte jedoch den Kredit Frankreichs für solide genug, sodaß auf dem Geld- markt der Preis der Renten sich nur wenig über eine drei- prozentige Verzinsung stelle. Eine Verminderung herbei- zuführen sei unmöglih wegen der Art, wie die Anleihen auf- genommen wurden. Pelletan wies dabei auf die s{hwierige Art der Anleihebeschaffung hin, wie - sie bei der französischen Schuld von Anfang an stattgehabt habe.

Ueber den in Nr. 282 des „N.- u. St.-A.“ vom 22. d. M. erwähnten Vorgang in Nizza geht der „Nat.-Ztg.“ von dort folgende Mittheilung zu:

Erst durch die heute bier eingetroffene Abend - Ausgabe Ihrer Zeitung vom 21. d. M. erfahre ih von der angeblich hier stattgehabten Beschimpfung der deutschen Fahne. - Wie ih Ihnen nah den sofort von mir an maßgebender Stelle eingezogenen Erkundigungen berichten kann, ift an der von einigen Pariser Journalen, insbesondere von der „Agence Havas“ in die Welt geseßten Geschichte kein wahres Wort, soweit es eine deutsche oder preußishe Fahne betrifft. Der wirklihe Vorgang im Cirkus bei der Darstellung des Kampses Garibaldi's

bei Dijon, den das angesehenste hiesige Blatt „cette pantomime plus drôlatique que sérieuse“ néñnt, war, daß etwa zwanzig Italiener ihren französishen Sympathien Ausdruck gaben, indem fie riefen : A,, bas Crispi, à bas la triple alliance“, ohne damit aber auf das Publikum den geringsten Eindruck zu machen. Uebrigens ist die Pantomime bereits von dem Programm des \ogenannten Cirkus verschwunden,

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wie es heißt, auf Anordnung der Behörde in Folge der Beschwerde des italicnishen Konsuls. Nufß;land und Polen.

Die zur Zeit im Finanz-Ministerium geplante Steuer- reform bezwectt auch eine Regelung der landschaftlichen Grund- steuer. Zur Beseitigung gewisser Mißstände in der Schäßung des Landes Zwecks Besteuerung zum Besten der Landschaft soll, der „Rev. Ztg.“ zufolge, dieses bisher uneingeshränkte Recht der Landschaft, d. i. das Recht der Katastrirung des Landes, eine wesentlihe Einschränkung erfahren und zwar dadur, daß be- sondere Gouvernements- und Kreisbehörden, die aus Ver- tretern der Staatsregierung und der Landschaft, wohl auch den Adelsmarschällen bestehen sollen, die Katastrirungsarbeiten vorzunehmen haben. Das Projekt soll erst von dem Reichs- rath berathen werden.

Vor einigen Tagen ist dem „Rev. Beob.“ zufolge die äußerlich fertige, in der inneren Ausstattung aber noch nit vollendete Kaiserlihe Yacht „Poljarnaja Swes da“ aus St. Petersburg in Begleitung des Krons-Bergungs- dampfers „Ssilatsh“ in Reval eingetroffen. Die Yacht hat ihre erste längere Probefahrt bei stürmishem Unwetter glänzend bestanden; sie geht ruhig und „arbeitet“ \o wenig als cs nur möglih ist. Dem genannten Blatt zufolge ragt das Schiff, ein schlanker Bau, über dem Wasser- spiegel in der Mitte des Schiffs, 23 Fuß empor. „Die Länge in der Wasserlinie beträgt 315 Fuß, die Breite 46 Fuß, der Tief- gang am Achtersteven 18 und an der Spihe 17 Fuß. Die Yacht hat ein Deplacement von 3640 Tonnen, eine Dampf- kraft von 6000 ind. Pferdestärken, die si auf zwei dreicylindrige Maschinen vertheilt, zwei Propeller (Schrauben), die dem Schiff eine ausgezeihnete Manövrirfähigkeit geben, und an neuen Errungenschaften der Schifs8baukunst Alles, was irgend erprobt ist. An ihren Seiten führt sie niht weniger als acht Schaluppen, unter ihnen zwei Dampfkuiter, die ganz nah dem Typus des Kaiserlichen Kutters „Dagmar“ gebaut sind,

lauter kleine Fahrzeuge, die der Sportsfreund nur mit Ver- .

gnügen bewundern kann. Alles, was man sieht, ist mit einer in die Augen springenden Solidität ausgeführt. Die inneren Gemächer dieses schwimmenden Schlosses stehen noch in voller Arbeit und werden erst, wenn sie mit allem Kaiserlichen Comfort ausgestattet sind, dem Besucher zugänglich sein. Es werden noch ein bis zwei Monate bis zur völligen Fertig: stellung der Yacht hingehen. Wenigstens #o lange bleibt sie in unserem (dem Revaler) Hafen, um mögli{hst früh im nächsten Jahre ihre Fahrt ins Mittelmeer anzutreten.“

Portugal.

Die Königin Amalie (älieste Tochter des Grafen von Paris) erkrankte, wie man dem „Hamb. Corr.“ meldet, vor einigen Tagen an der Fnfluenza. Die Aerzte geben täglich ein Bulletin über den Zustand der Königin aus, welcher noch immer nicht seinen bedenklihen Charakier verloren hat.

Schtveiz.

Der Kommissar Künzli hat aus Bellinzona telegra- phish nah Bern gemeldet, daß der Große Rath das Dekret für die Wahlen in den Verfassungsrath erst am Montag berathen und dann sofort die Wahlen in die Regierung vor- nehmen werde. Voraussichtlih würden sih keine Schwierig- leiten mehr ergeben.

Niederlande.

Nach dem offiziellen Programm wird die Leiche des Königs in großem Ceremoniell Montag, den 1. Dezember, Vormittags 1111/7 Uhr, vom Schlosse Het Loo zum dortigen Bahnhof und dann über Utrecht nah der Residenz überführt, wo die Minister und Behörden den Zug erwarten und den Sarg mit höchstem Pomp nah dem Königlichen Palast im Stadttheil Noordeinde geleiten.

Luxemburg.

Die Großherzogin Adelheid wird, dem „Rhein. Courier“ zufolge, voraussichtlich nur wenige Tage in Luxem- burg bleiben, während der Großherzog sich dort zwei bis drei Wochen aufzuhalten gedenke. Mit Rücksicht auf die Landes trauer dürfte kein großer Empfang stattfinden. Jn diesem Winter werde der Großherzog noch keine Besuche bei befreundeten Höfen machen.

«Fn der gestrigen Sißung der Kammer verlas der Vor- sißende zunächst einen Brief des Staats-Ministers Eyschen, worin derselbe die Kammer vom Tode des Königs benachrichtigt und die Ueberzeugung ausspricht, sie werde sih der Trauer des Landes anschließen, welches in Wilhelm Ii, den besten Souverän und einen wirklihen Landesvater verloren habe. Der Kammer-Präsident {loß sich mit warmen Worten den in dem Schreiben ausgesprochenen Gefühlen hinsichtlich des Unglücks, welches Land und Dynastie betroffen, an: König Wilhelm's Tage würden gesegnet bleiben, seine Regierungs- zeit kennzeichneten die ruhigsten, glücklihsten Fortschritte, die fruchtbarste Zeit des in früheren Jahrhunderten so \{chwer geprüften Landes. Heute hege die Kammer nur den einen Wunsch, daß das Glück unter dem neuen Fürsten fortdauere, der mit der festen Absicht gekommen sei, die Traditionen des Vorgängers fortzuseßen. Hierauf beauf- tragte die Kammer den Vorstand mit Abfassung einer Beileidsadresse an die Königin-Wittwe. Staats- Minister Eyshen machte sodann die Mittheilung, daß nur die kurze Frist bis zur Beiseßung des verstorbenen Königs- Großherzogs den Großherzog Adolf behindert habe, seinen Vorsaßt, unmittelbar nah dem Hinscheiden des Königs den Eid abzulegen, auszuführen; er werde aber sobald als möglih in das Land kommen. Hierauf wurde die Sißung zum zeichen der Trauer aufgehoben. Jn der später wieder aufgenommenen Sißung nahm die Kammer dié vorgelegte Beileidsadresse an diè Köngin- Wittwe durch Akklamation an. Jn der Adresse heißt es : Die Luxemburger fühlten, wie die Niederländer, mit der Königin den unendlihen Verlust in gemeinsamem Schmerz, nachdem Luxemburg vierzig Jahre glücklih unter dem Scepter Wilhelm's IIL. gediehen sei; die Bitterkeit der in Folge des Staatsrehts, nunmehr eintretenden Trennung werde ge- mildert durch die Erinnerung an die glückliche Regierungs- zeit, Möchte die Einmüthigkeit der Theilnahme, welche die Königin-Wittwe an diesem Tage umgebe, ihren Schmerz lindern; das luxemburger Volk werde nie die Erinnerung an

die Königin verlieren. Gott möge die erhabene Erbin so vielen Ruhmes behüten, die Hoffnung eines tapferen Volkes mit dem vereint Luxemburg so lange unter einem gemein- samen Scepter gelebt habe. Der Vorstand wurde beauftragt, der Königin-Wittwe die Adresse zu übermitteln sowie eventuell einen Ausshuß behufs Theilnahme an den Beisezungsfeierlich- keiten im Haag zu bezeihnen. Hierauf vertagte sich die Kammer auf unbestimmte Zeit.

Belgien.

n der Kammer begründete gestern Janson (von der äußersten Linken) den Antrag auf Revision der Ver- fassung. Der Minister: Präsident Beernaert forderte, daß die Nehte die Beschlußfassung hierüber in Erwägung ziehe, denn man müsse wissen, was man an Stelle des Artikels 47 der Verfassung seßen wolle: die Linke müsse ‘ihre Absichten zu erkennen geben; Jedermann müsse gegen die revolutionären Bestrebungen Protest einlegen. Buls und Graux (Linke) unterstüßten den Antrag Janson. Nothomb (Rechte) erklärte sich mit der Regierung einverstanden. Woeste (Nechte) bekämpfte die Nevision, allein wenn diese shon vorgenommen werden jollte, so sei er für das allgemeine Stimmreht. Nach der Diskussion beschloß die Kammer einstimmig (bei Anwesenheit von 110 Mitgliedern), den Antrag Janson in Erwägung zu ziehen. An den Zu- gängen zur Kammer fanden während der Sißung einzelne An- sammlungen statt, aus denen die Rufe „Es lebe die Revision !“ erschollen.

Türkei.

Dem Sultan ist, wie „W. T. B.“ aus Konstantinopel meldet, gestern von allen dortigen armenishen Notabeln eine Adresse mit der Erklärung unbedingter Ergebenheit überreicht worden.

Rumänien.

Bukarest, 27, November. Die Kammern wurden heute vom König, in dessen Begleitung sih der Prinz Ferdinand von Rumänien befand, mit einer Thronrede eröffnet, in welcher zunächst die freundschaftlihen Beziehungen zu allen Mächten, sowie die Aussichten auf die Dauerhaftigkeit des europäischen Friedens, welche eine Fortsezung der Reform-

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arbeiten gestatteten, hervorgehoben wurden. Der günstige Finanz- stand, heißt es dann weiter, habe die Konversion und die Auf- hebung einzelner Steuern ermöglicht; die Einnahmen hätten si gesteigert. Das Budget für 1891" sei im Gleichgewicht auf- gestellt und die Finanzgebahrung von 1890 habe einen Ueber- {uß ergeben. Unter den angekündigten Vorlagen befänden sich Gesegentwürfe betreffend den Klerus sowie die Armee. Die Thronrede enthält auch einen Hinweis auf die im nächsten Jahre ablaufenden Handelsverträge und betont die Noth- wendigkeit der Förderung der im Entstehen begriffenen rumänischen ZJndustrie sowie der Ausdehnung der Ausfuhr landwirthschaftliher Produkte. Serbien.

Belgrad, 27, November. Die Skupschtina begann, wie „W. T. B.“ meldet, heute die Generaldebatte der Adresse. Seitens der Opposition wurde die Regierung und deren ge- jammte Politik aufs Schärfste angegriffen.

Wie neuerdings verlautet, würde der gegenwärtig von hier abwesende russishe Gesandte Persiani nach Bukarest verseßt werden.

Amerika.

Vereinigte Staaten. Aus Pine Ridge, den Mittelpunkt der Fndianer- Unruhen, erhält die „Allg. Corr.“ über New-York folgende vom 26. November datirte Nach- richten :

General Brooke hat die Agenten in Royer und Cooper befragt, und Alle geben zu, daß die Zustände höch\t. ernster Natur find. És sind Anzeichen vorhanden, daß die gutgesinnten Indianer auf dem Punkte stehen, sich den Stämmen anzuschließen, welche dem „Geister- tanze“ huldigen. Depeschen aus Nushville und Nebraska zufolge, wird beute oder spätestens morgen bei Pine Ridge ein blutiges Treffen zwishen Soldaten und Indianern erwartet, Es ver- lautet, daß ein Haufen berittener Indianer gestern in Cherry Creek cine ganze Vichherde raubte und die Rinder in ihre Dörfer trieb, Der Befehlshaber der Truppen in der Agentur der Chevenne-Indianer meldet, daß die feindseligen In- dianer sich große Quantitäten Waffen und Munition verschafften und daß sie thatsählih besser bewaffnet seien, als die Truppen. Die Geistertänze werden in den Reservaten der Cheyennes, Arapahoes, Comances und Kiowas aufgeführt, und starke Banden west- liher Indianer und anderer Stämme sollen auf dem Mars{ sein, um an diesen Orgien theilzunehmen. Der „Geister- tanz“ der Sioux - Indianer hat selten einen weißen Augen- zeugen gehabt, aber eine amerikanische Zeitung bringt eine Schilderung desselben aus der Feder eines Mitarbeiters, der demselben aus der Ferne zugesehen. Das Indianerlager befand ih in einer S&lucht zwischen einem {malen Gürtel von Anhöhen. Der Tanz begann beim Einbruch der Dunkelheit. Die Indianer waren in vollem Kriegss{muck und bildeten Reihen, die in der vordersten Neihe knicten, während ihre Weiber und Kinder hinter ihnen standen, Die alten Indianerweiber reichten ih die Hände und knieten inmitten dcs Thals ebenfalls nicder. Dann begannen sie einen melancholischen Gesang anzustimmen, der zuweilen von wildem triumphirenden Geschrei unterbrohen wurde. Die Krieger traten vor, bildeten hinter den Weibern einen großen Kreis, reiten sih die Hände und begannen sodann den Geistertanz. Sie sangen ebenfalls, aber weniger \{chrill als die Weiber, und dann folgte die Anrufung an die verstorbenen Krieger, sih zu erheben und die Weißen auézurotten, Die alten Weiber hatten sich inzwishen mit brennenden Pechfakeln versehen, mit denen sie die tanzenden und singenden Krieger umkreisten. Der ershöpfende Tanz dauerte bis Tagesanbruch.

Oberst C ody (Buffalo Bill), der sich nach Nebraska be- giebt, um seinen Einfluß bei den Jndianern geltend zu machen, hat sih, wie man der „Frkf. Ztg.“ aus Chicago meldet, in einer Unterredung folgendermaßen ausgesprochen:

Am Montag werde ih in Omaha eintreffen und dann wahr- \cheinlich direkt nach Rushville, 46 km von Pine Ridge entfernt, reisen. Da in dieser Jahreszeit Alles gegen einen Ausbruch von Unruhen ist, fo wird kein bösartiger Indianer, der noch etwas Verstand hat, den Kriegspfad betreten, falls er nicht Nahrung für sein Pferd und für sich selbst hat, Was die fanattishen Siourx anbetrifft, welche jeßt von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang tanzen, so ift das eine andere Sache. Sie glauben dem Großen Geiste! zu dienen, die Ankunft des „Messias“ zu feiern. Es wird Ruhestörungen geben, wenn die Tänze nicht eingestellt werden. Was mir am Ominösesten erscheint, ist, daß die Messias-Beroegung so weit verbreitet ist, Die Indianer telegraphiren nicht und schreiben auch keine Briefe, und do tanzen alle westlihen Stämme vom Mississippi und von British Columbia bis Arizona den Geistertanz und erwarten das Kommen des „Großen Führers“. Sie werden weiter tanzen, heulen und ihre Leikber zerfleishen, bis sie wild sind, und dann werden fie hingehen und wvertheidigungslose Ansiedler f\kal- piren. Andererseits mag die Einmisbung der Soldaten einen Krieg beschleunigen, sodaß es nach beiden Seiten \{chle{cht aussieht. Von

allen s{limmen Indianern ist Sitting Bull der \{limmste. Die

Häuptlinge Rock Bear und Red Shirt werden Alles thun, was

nöthig ift, um Sitting Bull eine Niederlage zu bereiten. Diese

waren mit mir, während Sitting Bull stets bei den Unruhigen zu

finden ist, und wenn es kein unruhiges Element giebt, hegt er. Er

f ein gefährliher Indianer und fein Benehmen deutet jeßt auf trren.

Dem „W. T. B.“ wird aus New-York, den 27. No- vember gemeldet: Die Nachrichten aus dem „Fndianergebiet lauten sehr widersprehend. Während eine von dem Chicagoer Journal „Jnterocean“ veröffentlichte Depeshe aus Missula in Montana meldet, bei dem Fort Koegh in Montana set es zu erbittertem Kampf zwischen den Fndianern und den Unions- truppen gekommen und es hätten lebhafte Sharmügßel auf der ganzen Linie stattgefunden, geht aus einer neuerlichen Depesche aus Pine Nidge, dem Centrum der ganzen Jndianerberoegung, hervor, daß die Unruhen anscheinend son . beendet seien. An das Gerüht von einem Kampfe bei dem Fort Koegh glaubt weder der Kriegs-Minister noch der Ober-Kommandant der Truppen von Dacota.

Parlamentarische Nachrichten.

Von dem Abg. Schulßz-Lupiy und Gen. ist in dem Hause der Abgeordneten nachstehender Antrag eingebraht worden:

Die Königliche Staatsregierung zu e:suhen, eine Versuchsanstalt für Pflanzenschuß (phytopathologishe Station) Behufs Abwehr thierisher und pflanzliher Schädlinge im Anschlusse an eine land- wirthschaftlide Hochschule zu errihten und die bierzu erforderlichen C bercits im Staatshaushalts-Etat für 1891/92 bereit zu \tellen.

Kunft und Wissenschaft.

s Koh'sche Heilverfahren.

Wie die „Nat.-Ztg.“ mittheilt, ist der Bau eines be- sonderen Fnstituts für den Geheimen Medizinal-Rath, Professor Koh zur Fortseßung seiner Forschungen auf dem Gebiet der Jnfektionskrankheiten be- {lossen worden.

Die Baupläne \o berichtet das genannte Blatt sind be- reits fertig gestellt und haben seine Billigung gefunden. Sobald die Witterung es irgend gestattet, roird der Bau sofort begonnen und den Winter hindur derart gefördert werden, daß im Frühjahr die Eröffnung des Instituts erfolgen kann. Dasselbe wird mit dem Charité- Krankenhaus in Zusammenhang stehen und eine bakteriologische und eine klinische Abtheilung umfassen. Erstere Abtheilung wird in dem sogenaunten „Triangel“ untergebracht werden, jenem dreieckigen Gebäude am Scnittpunkt der Schumann-, Charité: und Unterbaumstraße, welches im vergangenen Jahre in den Besiß der Charitéverwaltung übergegangen ist. Dasselbe ist+ allerdings nicht neu und modern, aber in gutem baulihen Zustande und hat für die besonderen Zwecke des Instituts den großen Vortheil, daß es zahl- reiche Fenster hat, an welGen die Arbeitstishe aufgeschlagen werden können, daß diese Fenster nah drei Straßen hinaus- gehen und ein s{chöônes, reihliches Tagesliht erhalten. Die Renovirung und Aptirung des Gebäudes wird ih mit Leichtigkeit und ohne großen Zeitaufwand bewerkstelligen lassen. Die bakteriologishe Abtheilung wird zwei Neben - Abtheilungen für chemishe und mikroskopishe Arbeiten, cinen Raum zum Photographiren und verschiedene bakteriologische Laboratorien mit einer größeren An- zahl von Arbeitêepläßzen enthalten für Aerzte, die sh dem speziellen Stvdium der Kech'shen Forshungsmethoden widmen wollen. Auch fremdländische Aerzte sollen hierzu zugelassen werden. Die zweite, die klinishe Abtheilung wird auf dem freien Terrain zwischen Charité und Stadtbahn neu erbaut werden und ein besonderes Krankenhaus für sich bilden, Dort sollen ünter Berüks fihtigung aller Anforderungen der Hygiene und des modernen Krankenhausbaues fünf Krankenbaradcken crrihtet werden, welhe zur Aufnahme von 150 Kranken neben den er- forderliGßen Wohnungen für das Aerzte- und Wartepersonal Raum bieten, Die administrative Leitung dieses neuen Krankenhauses wird die Charitéverwaltung übernehmen, sonst aber dasselbe in jeder Beziehung \treng ifolirt bleiben. Diese Isolirung hat ihren guten Grund darin, daß hier nur Krarke mit ansteckenden Krankheiten auf- genommen werden follen, welhe von Prof. Koh selbst oder unter dessen Leitung behandelt, beobachtet und zu Versuchen mit neuen Heil- mitteln und Heilmethoden herangezogen werden. Mit Rüdcksi&t hier- auf ist auch vorgesehen, daß diese Versuchskranken eine bessere Be- töfligung a!s sonst üblih erhalten und reihliher mit Wein und anderen Stärkunasmitteln bedacht werden.

Die Tuberkulose-Behandlung selbst wird, wie das genannte Blatt weiter schreibt, in diesem Krankenhause kaum noch in Betracht kommen ; denn Professor Koch hat, nahdem er sein Heilmittel der ärztlihen Welt zur weiteren Prüfung und klinishen Verwerthung übergeben, seine Untersuhungen hier- über abgeschlossen. Die Auffindung des Tuberkulose-Heil- mittels, so werthvoll es für die ganze Menschheit ist, bildet keineswegs den Endzwe seiner Forshungen, sondern nux eine wichtige Etappe in seinem weitumfassenden Arbeitsplan, der auf die Erforshung aller Fnfektionskrankheiten hinausgeht. Thatsählich hat Professor Koh auth “bereits einen neuen Abschnitt seines Arbeitsgebiets in Angriff genommen, die namentlich unter der Kinderwelt so große Verheerungen anrihtende Diphtherie. Diese und der Typhus werden ihn zunächst beschäftigen, alsdann wird er sih der Erforshung der Lungenentzündung (Pneumonie), der Krebskrankheiten und einer anderen vielverbreiteten spezifishen Volkskrankheit zuwenden. Auch der Krebs soll nämlih zu den ansteckenden Krankheiten gehören und nah den Anschauungen Koch's soll es garnicht ausges{hlosen sein, daß auch diese furhtbare Krankheit durch einen besonderen bacillären Krankheitserreger, den man jedoch noch nitt keunt, verursacht werde. Der Ausführung dieses bewundernswerthen Arbeitsplans will Koch die nächsten Jahre seines Lebens aus- \{hließlih widmen, und er hat sich mit großer Befriedigung darüber ausgesprochen, welches Entgegenkommen seine hierauf bezüglihen Wünsche bei den Staats-Ministern von Goßler und Miquel gefunden haben.

Jn Hannover nimmt die Anwendung des Koch'schen Heilmittels gegen Tuberkulose im dortigen Henriettenstift ibren Fortgang. Jm Allgemeinen läßt sich, dem „Hann. Cour.“ zu- folge, über die Wirkung des Koch'schen Heilmittels bei den bisher behandelten Kranken sagen, daß sie den gehegten Er- wartungen vollständig entsprehe. Für den, der sie zum ersten Male sehe, bilde sle eine packende, wunderbare Erscheinung. Jm Vincenzstift in Hannover follten ebenfalls in diesen Tagen durch einen dortigen Arzt Versuche mit deut Koch'ichen Heilverfahren, und zwar bei Lungentuberkulose gemacht werden.

De Jmpfungen mit Koch'scher Lymphe haben ferner in Königsberg i. Pr., in Leipzig, in Würzburg, in Bamberg, in der Olga - Heilanstalt in Stuttaart und in dem Kurort Gries bei Bozen begonnen. Aus Varis liegt ferner

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