1890 / 306 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 20 Dec 1890 18:00:01 GMT) scan diff

‘ort. Um 5 Uhr folgte Se. Königliche Hoheit der Groß: E der Einla bea Offiziercorps des 1. Badischen Leib- Grenadier-Regiments Nr. 109 zum Liebesmahl in dem Offizierskasino anläßlich des 20. Gedächtnißtages an die Schlahht von Nuits.

Medckleunbnrg-Sehwerin. Jn der leyten Zeit ist vielfa in den Zeitungen des JIn-

und Auslandes die Nachricht verbreitet worden, „als habe Se. Königlihe Hoheit der Großherzog von Mecklenburg- Schwerin sich an Prof. Dr. Koch wegen Behandlung mit dem Mittel gegen die Tuberkulo)e gewandt. Diese Nachrichten cheinen durch den Umstand hervorgerufen zu jein, daß der Großherzog vor Kurzem feinen ersten Leibarzt Medizinal: Rath Dr. Mettenheimer nach Berlin entsandte, um Hrn. Professor Koh seine hohe Anerkennung durch denselben aus- zusprehen Und Dr. Mettenheimer Gelegenheit zu verschaffen, das neue Heilverfahren an Dri und Stelle eingehend zu studiren. Jenen obenerwähnten Gerüchten gegenübcr ist, wie der „Köln. Ztg.“ mitgetheilt wird, zunächst zu konstatiren, daß der Großherzog niemals in seinem Leben, und auch jeßt nit, an Lungentuberkulose gelitten O Dee Jeu mehreren «Fayren nothwendige Winteraufeuthal!t an der Riviera ijt veranlaßt durh ein asthmatisches Leiden der Bronchien, von welhem Se. Königliche Hoheit der Großherzog {on seit Kindheit behaftet ist. Was aber die Entsendung

des Leibarztes Dr. Mettenheimer nach Berlin anlangt, welher Übrigens den Großherzog niht behandelt, sondern seinen Wohnsiß in Schwerin hat, so war dieselbe vom Großherzog deswegen angeordnel worden, weil er, aufs Höchste durch Professor Koch's EntdeEun gen interessirt und begeritert, diesen Gefühlen offiziellen Ausdruck verleihen und zualeih seinen Unterthanen möglihst bald die segens- reihen Folgen des neuen Heilverfahrens zugänglich machen wollte. , Braunschweig.

Braunschweig, 20. Dezember. Das Herzogliche Staats: Ministerium macht, wie „W. T. B. meldet, bekannt, daß die Einfuhr lebender Schweine und Ninder aus Jtalien in die Stadt BraunsG&weig unter der Bedingung

gestattet ist, daß ein Ursprungsattest beigefügt ist, eine thier ärztlihe Untersuhung an der Grenzeingangsstelle stattfindet und:-b& der Ankunft in Braunschweig die sofortige Abschlach- tig im S@&lachthause vorgenommen werde.

Anhalt.

Dessau, 19. Dezember. Die heute ausgegebene Nr. 843 déx Gestß-Sammlung für das Herzogthum Anhalt veröffent- licht eine Verordnung, nah welcher die am 1, April 1891 fir Pueußen in Kraft tretenden Bestimmungen, betreffend die jUristishen Prüfungen und die Vorbereitung zum höheren Jujstizdienst, von dem genannten Zeitpunkt ab auc binsichtlih der Rechtskandidaten aus Anhalt zur An- wendung kommen, jedoch mit der b:sonderen Bestimmung, daß Nechtskandidaten aus Anhalt, welche für den Fall des Bestehens der ersten Prüfung den juristishen Vorbereitungsdienst in Anhalt abzuleißen beabsichtigen und aus diefem Grunde die Zulassung zu dieser Prüfung bei dem Vorsitzenden der Prü- fungéfommission des Königlih preußishen Ober: Landeëgerits in Naumbura nachsuchen, dem Gesuche um Zulassung cin Zeugniß des Staats-Ministeriums beizufügen haben und daß fi im Fall ihrer Zulassung zur ersten Prüfung und des Bestehe! derselben in Anhalt zum Vorbereilungsdienste werden zu lassen werden.

Reuß ä. L.

4 Greiz, 19. Dezember. Se. Durchlauct der Fürst ist beute Morgen 4 Uhr von Nachod über Reichenbach hier wieder eingetroffen. Der Landtag des Fürstenthums ift zu einer außerordentlichen Session auf den 22. d. V. einberufen.

Hamburg. Hamburg, 18. Dezember. Die Bürgerschaft hat

dem „Hann. Cour.“ zufolge gestern 1500000 s für die An- lage eincs Zoll- Jnlandhafens bewilligt.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 20. Dezember. Se. Majestät der Kaiser und König hat dem „W. T. B.“ zufolge Sr. Königlichen Hoheit dem Erbgroßherzog von Luxemburg das Großkreuz des St. Stcphan-Ordens verliehen. Die Dekoration wurde dem Prinzen durch den Erzherzog Friedrich überreicht.

Der ungarische Handels-Minister Baroß ist, wie die „Presse“ meldet, hier eingetroffen. Seine Anwesenheit dürfte mit den österreiGisch-deutschen Handelsvertrags- Verhandlungen zusammenhängen.

In der gesirigen Sißung des n erreihischen Landtages machte der Landmarshall die Mittheilung, daß sämmtliche die Vereinigung der Stadt Wien und der Vororte betreffenden Geseße die Kaiserliche Sanktion erhalten hätten. Die Mittheilung wurde mit begeisterten Hochs auf den Kaiser aufgenommen. Der Abga. Goehy und Genossen haben den Antrag eingebracht, die Regierung aufzufordern, bei den öfterreihis{h-deutschen Handelsvertrags- Verhandlurgen auf die Beseitigung der deutschen landwirthschaftlichen Zölle und auf die thunlichste Beschränkung der russishen und der rumänischen Vieheinfuhr, hingegen auf die möglichste Begünstigung der Vichausfuhr nach Deutschland und der Schweiz hinzu- wirken.

Die heutige „Wiener Ztg.“ veröffentlicht bereits das von dem Kaiser genehmigte Gejey, betreffend Groß-Wien.

Großbritannien und Frland.

Unter dem Vorfiß des Prinzen von Wales hielt das Organisations - Comité des „Reichsinstituts“, welhes das fünfzigjährige Regierungë-Fubiläum der Königin den fpäteren Geshlehtern im Gedächtniß zu erhalten beftimmt ist, dieser Tage eine Sißzung. Der in der Sache unermüdliche Prinz kündigte bei dieser Gelegenheit an, daß der Maharajah von Jeypore 20 000 Pfd. Sterl. und die Legislatur von Süd-Australien 1845 Pfd. Sterl. für das Jnstitut bei- gesteuert haben. Se. Königliche Hoheit sprach zugleich die Hoffnung aus, daß im Frühjahr die Ausstellungsfäle und die Berwaltungs-Bureaus fertiggestellt sein würden.

Die in Devonport von einem Seegeriht gepflogene Untersuhung der mit dem Untergange des Kreuzers „Ser- pent“ an der spanischen Küste verknüpften Umstände wurde

am Mittwoh abgeschlossen. Das Gericht erkannte, daß ein Beurtheilungsfehler der mit der Führung des Schiffes be- trauten Offiziere den Untergang des Schiffes verursacht habe; sie hätten einen mehr westlichen Kurs einschlagen müssen. Das Schiff sei in jeder Beziehung seetüchtig gewesen.

Parnell’'s Mißgeschick hat die Hiße des Wahlkampfes in Nord-Kilkenny etwas gemäßigt. Die am Mittwoch von beiden Parteien abgehaltenen Versammlungen oerliefen ohne Ruhestörungen. Michael Davitt und seine Freunde drückten sogar ihr Bedauern aus über den Zwischen- fall in Castlecomer. Davitt, der, mit einem Schwarz- dornstock bewaffnet, so hervorragenden Antheil an der Schlägerei genommen hatte, wovon seine ges{wollenen Augen noch ein beredtes Zeugniß liefern, erklärte, es thue ihm leid, daß Parnell Kalk in die Augen gestreut sei, aber die Nauferet angefangen hätten die Parnelliten. Um Haaresbreite wäre es dabei übrigens in Freshford zu einer neuen Prügelei gekommen. Auch im Gemeinderath von Kilkenny geriethen die beiden Parteien hart an einander, als der Bürger- meister ein Vertrauensvotum für McCarthy vorschlug. Ein Tumultund Höllenlärm folgten dieser Zumuthung. Gemeinderath Kowan zog den No aus und stellte si in Fechterstellung dem Ka- pitän O'Leary gegenüber, Schließlich verließ der Bürgermeistec und dessen Anhang, ihre Stöcke s{hwingend, den Saal, Die sieben zurückbleibenden Stadtväter faßten ein Vertrauens- votum für Parnell. Jn Cork hat Justin McCarthy am Mittwoch die erste antiparnellitische“ Massen- versammlung abgehalten, Er war dabei von 130 katho- lischen Priestern umgeben, was jedenfalls beweist, daß die fkatholishe Geistlichkeit Parnell aufgegeben hat, mit dem ihr Bund ja auch stets mehr Sache der kühlen vernünstigen Erwägung war. Während Parnell die McCar- thyaner auffordert, ihre Mandate niederzulegen, drehte McCarthy den Spieß um und forderte die Parnelliten au}, dieses zu thun, um das Urtheil der Wähler über ihr Vorgehen zu empfangen. Seine Fraktion werde jedenfalls ihre volle Un- abhängigkeit zu wahren wissen und sich mit keiner englischen Partei vershmelzen. Nah McCarthy redete auch noch der Abg. Sexton. Dieser meinte, es fei wirklich fra glih, ob das irishe Volk einen guten Taush gemacht haben würde, wenn es statt der „Tyrannei“ Balfour's die Parnell's bekommen hätte. Das neue Organ der irischen parlamentarischen Partei, „Suppressed United Freland“, exscheint seit dem 17. d. M. unter dem neuen Titel: „The Jnfsuppressible“. Die „St. James Gazette“ hatte bereits auf die Fronie auf- merksam gemacht, die darin lige, bei den jeßigen blutigen Parteifehden von einem einigen Jrland zu reden,

Frankreich.

Paris, 20. Dezember. Der Präsident Carnot empfing, wie „W. T. B.“ berichtet, heute Nachmittag den niederländischen Vize-Admiral Binkes, welä@er dem Präsidenten die Thron- besteigung der Königin Wilhelmine und die Uebernahme der Noaentschaft dur die Königin Emma anzeigte, in feierlicher Audienz. Zu Ehren des Abgesandten findet Abends großes Diner im Elysée statt.

Der Senat beendete gestern dieGenecraldiskussion des Budgets und genchmigte dieEtats für das Finanz-Mini- sterium und für das Ministerium des Auswärtigen. In Beantwortung mehrerer wegen der Verhandlungen über Neufundland an die Regierung gerichteter Fragen erftlärte der Minister Ribot, die Regierung werde eine Geldentshädigung nit annehmen und erwarte neue Vorschläge von Seiten Englands. Die Regierung werde für die Fnteressen der französischen Staatsangehörigen mit Klugheit und Entschieden- heit eintreten. Ju Beantwortung einer anderen an ihn ge- richteten Frage versicherte Ribot, daß die Negierung ale französischen Niederlassungen im Orient in freigebigster Weise unterstüßen werde.

Die Zollkommission der Deputirtenkammer hat den 2oll auf Wein mit 70 C1s. für jeden Grad Alkohol: gehalt im Minimaltarif und mit 1 Fr. ün Marximaltarif festgeseßt, desgleichen für geshälte oder gedörrte Nepfel und Birnen auf 6 Frs. im Minimal- und 9 Frs. im Maximaltarif.

“Nach einer Mittheilung des „Rappel“ beabfichtigen die absoluten SWhutzöllner der Zollkommission bezüglich der Rohmaterialien das System der zeitweiligen ZU- lassung zu verlangen, während die Regierung gewillt ift, die vollständige Zollfreiheit für Rohstoffe, als ein- ziges Eristenzmittel der großen Jndustrien energish zu ver- theidigen, Jn der Kommission und in der Kammer erwartet man hierüber lebhafte Erörterungen.

Die Kommission im Justiz-Ministerium, welche beauftragt ist, die Abänderungen zu berathen, die in der Führung der Straflisten vorzunehmen wären, beschloß, in diese Listen einfache, kürzere Gefängnißstrafen nicht ein- tragen zu lassen. Da die Strafstatistik ergiebt, daß je zwanzig von tausend in Frankreih lebenden Fremden sich strafgericht- liche Verurtheilungen zuziehen, wurde entschieden, daß bei tolhen Fremden der Strafeintrag in die Strafliste nur dann zu unterbleiben hätte, wenn die Franzosen bei der betreffenden Nation Reciprocität genießen.

Dem „Journal des Débats“ zufolge hätte die Superiorin der französishen barmherzigen Schwestern beim Papste angefragt, wie sih ihr Orden in Folge des Amende- ments Brisson, betreffend die Besteuerung der Kongregationen bei Erbanfällen, verhalten soll. Der Papst soll die Ansicht avsgespr:ochen haben, die Schwestern möchten in Frankreich bleiben; in diesem Sinne habe Kardinal Rampolla der Superiorin geschrieben.

Der Generalrath der Jnseln Saint Pierre und Miquelon hat eine Resolution des cFnhalts beschlossen, daß die französischen Rechte auf die freie Fischerei bei Neufundland niht ohne eine territoriale Kompen- sation an der Südküste Neufundlands an England cedirt werden dürften,

Aus Jnudochina eingegangene Nachrichten berichten, wie die gestrigen Abendblätter melden, über eine vom General Godin mit Erfolg unternommene Expedition gegen die Piraten, wobei die von den Piraten beseyt gewesenen Ort- schaften Caothuong und Tindao eingenommen wurden,

Jtalien.

Die italienische Deputirtenkammer war gestern der Schauplatz einer stürmischen Verhandlung, welche shließlih zu einem glänzenden Siege des Minister-Präsidenten Crispi über die Radikalen geführt hat. Die Leßteren hatten durch Jmbriani einen Vorsloßp gegen ihn führen lassen mittels einer Interpellation über dieVerfassun gs- mäßigkeit der Vorgänge beim Rüdcktritt der Minister Seismit-Doda und Giolitti, Der Minister-Präsident

beantwortete diese Jaterpellation etwa folgendermaßen : Es gehe Situationen, in welchen die Demission eines Ministers unver- meidlih sei, so namentli, wenn bezüglich der Hauptpunkte derx Politik des Kabinets M E S E Een entständen. Eine solche Meinungsverschiedenheit habe Seisnm1t-Doda genöthigt, seine Entlassung zu nehmen, und ein anderer Zwiespalt zwischen zwei Ministern sei die Ursache zum Nücktritt Giolitti's ge: wesen. Crispi führte Präzedenzfälle aus Jtalien und aus: wärtigen Staaten an, aus denen sih ergebe, daß die vor- handen gewesene Krisis in verfassungsmäßiger Weise zum Austrag gelangt sei, und erklärte, er (Crispi) übernehme jedenfalls die volle Verantwortung. Seismit-Doda erwiderte die einzige Ursache seines Rücktritts sei gewesen, daß ev \{weigend cinem Bankett in Udine beigewohnt habe; erx bitte Crispi, anzugeben, auf welche Meinungsverschiedenheit der Minister-Präsident angespielt habe. Crispi verlas hierauf die in Udine gehaltenen Reden und die in Folge dessen zwischen ihm und Seismii-Doda gewechselten Depeschen und fügte hinzu Seismit-Doda habe hiernach nicht mehr im Kabinet verbleiben können, ohne daß im Auslande der gerechte Verdacht geschöpft worden wäre, daß er mit der allgemeinen Politik des Kabinets nicht einverstanden sei. Seismit-Doda entgegnete unter stürmischen Unterbrehungen, er wolle auf den Grund der irre- dentistishen Frage nit eingehen, hosfe aber eines Tages Satisfaktion zu erhalten sür die Demüthigungen, die Jtalien unter Crispi erlitten habe. Muratori richtete hierauf eine lebhafte Erwiderung an Seismit -Doda und brachte eine mit der Interpellation Jmbriani's gleichlautende Fntecpellation an Crispi ein. Der Minister-Präsident erklärte alsdann unter lautec Zuslimmung der Kammer, daß er nah den Worten, ia t Q L. hán U «d g J : : die im Laufe der Diékussion gefallen , auh nicht eine Minute länger auf seinem Posten verbleiben könne, wenn sih die Kammer niht sofort über sein Verhalten ausspreche, Muratori könne er übrigens nur dasselbe antworten, was er auf die Interpellation Jubriani's gefagt habe, Muratori und eine Anzahl anderer Deputirten brachten hierauf eine Resolution ein, welhe das Verhalten Crispi's billigt. Die Kammer beschloß mit 243 gegen 72 Stimmen über die Resolution Muratori's sofort zu ver- handeln. Bonghi bemerkte, ex wolle keine persönliche, wohl aber eine mehr verfassungsmäßige Regierung. Der Nad.kale Mussi verlangte die Vertagung der Ver- handlung über die Resolution Mura:ori's auf heute, was die Kammer jedoch ablehnte. Luigi Ferrari erklärte Namens der äußersten Linken, seine Partei werde si der Abstimmung enthalten und verlasse den Saal um die hoh verfassungsmäßige Frage nicht durch ten von der Majorität ausgeführten Streih zu kompromitiiren. Die Radikalen verliezen nah diesex Erklärung unter großem Lärm den Sigungssaal. Die Kammer nahm hierauf in namentlicher Abstimmung mit 271 gegen 10 Stimmen die Resolution Muratori's an; 16 Deputirte ‘hatten sich der Abstimmung enthalien. Die Sizung wurde sodann aufgehoben.

Den Berechnungen der regierungéfreundiichen Blätter zu- folge würde im Budgeta usschuß die Rechte mit dem rechten Centrum ungefähr 20 Stimmen von 36 haben, womit das Uebergewicht der Gemäßigten in der Kammer bewiesen wäre.

Der Prinz und die Prinzessin zu Shaumburßg- Lippe sind, wie „W. T. B.“ meldet, in der vergangenen Nacht in Brindisi eingetroffen, von wo fie sich nach Malta einschiffen wollten.

Portugal.

Jn Lissabon werden, wie „W. T. B.“ berichtet, die Verhandlungen über den Abschluß einer neuen Kon- vention mit England zwischen dem englischen Gesandten Petre und dem Minister des Auswärtigen Bocage fortge]eßt.

Schweiz.

Der Nationalrath hat im vierten Wahlgange mit 72 gegen 61 Stimmen Bern zum Siß des Landesmuseums gewählt. Der Ständerath, welher Zürich dafür bestimmt hatte, muß sich dahec nochmals mit der Angelegenheit be- schäftigen. Heute hat die Bundesversammlung ihre Wintersession geschlossen und wird vorausfihtlich erst Ende März n. J. wieder zusammentreten, Von den den beiden Räthen zugegangenen Vorlagen sind bisher unerledigt geblieben die Entwürfe über ein internationales Eisenbahn frahtreht, die Konzession für die Jungfrau-Bahn und die Feststellung einer endgültigen Redaktion des Auslieferungs- gesezes.

Belgien.

Die Nede des Königs bei der Einführung des Prinzen Albert in die Brüsseler Militärshule hat im ganzen Lande wegen der darin enthaltenen deutlichen Anspielung au} den persönlichen Heeresdienst großes Aufsehen hervorgerufen. Man hatte, wie der „Mgdb. Ztg.“ geschrieben wird, mit Rücksicht auf die Thatsache, daß König Leopold 1I. seit einiger Zeit über die Militärsrage \chwieg, geglaubt, daß der Monarch, des erfolg- losen Kampses müde, seinen Lieblingsgedanken aufgegeben habe. Wie die Rede des Königs in der Militärschule beweist, ist dies nicht der Fall. |

Die Kammer hat sich nach Bewilligung der vorläufigen Kredite bis zum 20. Fanuar vertagt.

Numänien.

Bukarest, 20. Dezember. Nachdem die Deputirken- kammer gestern den Adreßentwurf als Grundlage U die Spezialberathung mit 80 gegen 47 Stimmen ange nommen hatte, trat sie in leßtere ein. Jn Beantwortung, der Ausführungen der Opposition betreffs der angeblichen Militär- konvention mit Oesterreih-Ungarn und betresfs des Schicksals der in Ungarn lebenden Numänen erklärte der Minister des Auswärtigen Lahovary, die Behandlung gewisser Fragen, Cr heische eine große Mäßigung, eine Militärkonvention bestehe nit, Der König habe dem Kaiser von Oesterreich in Zschl nux einen freundschaftlihen Besuh gemacht und sei von feinem Minister begleitet gewesen, Die Anwesenheit des Kriegs-Ministers bet den Manövern in Siebenhürgen beweise die freie, chastlihen Beziehungen zwischen Oesterreich - Ungarn Un Rumänien. So lange die Tripleallianz den Frieden aufrecht, halte werde Rumänien mit Befriedigung . erzielten MNesultate wahrnehmen. Soll'e Rumänien genöthigt sein, mit Oesterreich-Ungarn eine Allianz einzugehen, so würde es si cinzig von dem Wunsche leiten lassen, seine Queen wahrzunehmen. Hinsichtlih der Rumänen Y Siebenbürgen pove die rumänische Regierung kein Recht, l in die inneren Angelegenheiten des befreundeten Staats (ls zumischen; sie selbst wfirde eine solche Einmischung ebenfa nit dulden, |

Schweden und Norwegen.

F) Von den „Gesammelten Schriften König.

Oscar's“ ist jeßt ein vierter Band erschienen, der die von dem hohen Autor vor seiner Thronbesteigung, d. h. in der eit von 1853—1872, gehaltenen Reden umfaßt. Eine von den mitgetheilten Reden ist bei Gelegenheit der Preisvertheilung auf der Welt: Ausstellung in Paris. im Jahre 1867 in fran- zösischer Sprache gehalten, eine andere in englischer Sprache bei der Grundsteinlegung zu der \kandinavischen Seemannskirche Ebenezer in London im Jahre 1871. Die älteste Rede wurde am 16. April 1853 in der Gesellschaft der Wissenschasten ehalten. Ferner sind zu erwähnen die Rede bei dec Eröffnung der skandinavischen Kunjt- und Jndustrie-Ausstellung in Stod- holm im Jahre 1866 und diejenige aus Anlaß der Feier der fünfzigjährigen Vereinigung von Schweden und Norwegen in Christiania im Zahre 1864, Alsdann folgt die schon früber herausgegebene Sammlung „Högtidstal i kongl. musikaliska akademien under ett niärigt presidium“, welchen Fest- reden sich unter anderen extemporirte oder nah \chrift- lihen Aufszeichnungen in der Militärg?-fellshaft gehaltene Reden anschließen. Die drei exsten Bände enthalten die klei- neren Gedichte des hohen Verfassers, den von der s{wedischen Akademie preisgekrönten Gedichtcyklus „Ur svenska flottans mninnen‘““ (Aus den Erinn:rungen der s{chwedishen Flotte), den dramatischen Entwurf „Nägra timmar Kronborgs slott“ Ueberseßungen/ von Heroer's „Cid“ und Goethe's „Torquato Tasso“ u. #. w., sowie kleine prosaishe Schriften, Die Ausstattung dieser Prachtausgabe in Juperíal-Oktay- format ist in jeder Beziehung vorzüglich. Der neue Band ist geshmüt mit der in Lichtdruck ausgesührten Ansicht des Arbeitszimmers des Königs im Schlosse zu Stockholm.

Dänemark.

Zwischen der Regierung und dem Neichstage ist ein Einverständniß erzielt worden, wonach der Zuckerzoll auf ein Viertel, der Petroleumzoll auf die Hälfte des jeßigen Zolls ermäßigt werden und Reis zollfrei sein sol. Ferner jollen für Konserven Autfuhrprämien gewährt werden,

(F) Die Abg. Hörup und Berg haben im Folkething einen Geseyentwurf, betreffend die Errichtung einer Staatsanstalt zur Altersversorgung Unbemittel- ter, eingebraht. Nach dem Entwurf soll die Anstalt jedem Unbemittelten, der das tänishe Staatsbürgerrechl hat, von seinem oder ihrem 62, Lebensjahre an eine jährlihe Unter- stüßung gewähren. Die Anstalt soll auch die Gewährung von Leib: renten für dieselben Personen gegen die halbe tarifmäßige Prämie übernehmen. Unter „Unbemittelten“ find nach diesem Gesetz im Handwerk, Judusirie, Fischerei und Schiffahrt Beschäftigte, ferner landwirthschaftlihe Arbeiter, Häusler ohne Land, Ge- finde, Tagelöhner u. st. w., überhaupt jeder Viann oder jede Frau zu verstehen, die nah ihren Lebensstelungen auf Armenunter- stüßung oder die Wohlthätigkeit als einzige Zuflucht für das Alter rechnen müssen, wo das persönlihe Erwerbsvermögen versagt. Ein in jeder Kommune niederzuseßender, wenigstens aus drei Mitgliedern bestehender Aus\{huß hat zu entscheiden, wer als unbemittelt zu betrachten ist; in zweifelhaften Fällen entscheidet der Minister des Jnnern in leßter Jnstanz. Die Unterstüßung soll betragen : in Kopenhagen und Frederiksberg für Männer 200 Kronen, für weibliche Personen 150 Kronen und für ein Ehepaar, wo beide Ehegatten über 62 Jahre alt sind, 300 Kronen jährlich; in den Kaufstädten und Handelspläßen resp. 150, 120 und 240 Kronen und in den Canddistrikten resp. 120, 100 und 200 Kronen. Die Leib- rente darf vor dem 62. Lebensjahre 200 Kronen und nah diesem Alter 100 Kronen jährlich nicht übersteigen. Vom 18, Jahre an kann jeder bei der staatlichen Lebensversiherungs und Versorgungsanjtalt von 1871 alle Arten von Leibrenten zeichnen; die fkollektive Versicherung wird gestattet. Wenn jemand, der nah diesem Geseße eine Leibrente versichert hat, niht mehr „unbemittelt“ ist, dann kann er diese gegen volle Prämienzahlung beibehalten oder er erhält seine Ein- lagen nah dem Tarif zurück. Die Kommunen haben die auf Grund dieses Gesetzes entstehenden Kosten zu tragen. Das Ministerium des Junern verwaltet die Anstalt. Das Gesetz tritt drei Monate nach Erlaß eines Gesetzes in Kraft, durch welches eine Steuer von 10 Kronen per Tonne bayerishes Bier festgesegt wird ; gleichzeitig wird auch der Zoll auf Wein und Spirituosen erhöht. Die Einnahmen aus der Biersteuer und den Wein- und Spirituosenzöllen bilden einen besonderen Fonds, dem au die Branntweinstener überwiesen wird. Aus diesem Fonds erhält die Staatskasse zwei Dritiel ihrer bisherigen Einnahmen aus der Branntweiniteuer und dem Weinzoll, das Uebrige wird für die in diesem Gesey erwähnten Zwede verwendet, Die Kosten für die Verwaltung der Anstalt über nimmt die Staatskasse, auch leistet sie Garantie für alle Ber- pflihtungen der Anstalt.

Amerika.

Vereinigte Staaten. General Miles meldet, daß sih jetzt etwa 1000 Jndianer in Badlands befinden und eine troßige und feindselige Haltung bekunden. Der Messias- wahn soll auÿ die Neger in Mandan ergriffen haben. Fn Daly's Schafzüchterei, 50 Meilen von Rapid City, werden 15 Weiße von Jndianern belagert, welhe hon dreimal versucht haben, die Züchterei niederzubrennen. Eine Abtheilung Kavallerie ist ab- gegangen, um den Belagerten Entsaÿ zu bringen. Fn dem- selben Distrikt soll bereits ein Zusammenstoß zwishen Jndia- nern und Truppen stattgefunden haben.

Afrika.

Egypten. Nach dem Budget für 1891 werden die Einnahmen auf 9 820 000 Pfund, die Ausgaben auf 9320 000 Pfund und der Ueberschuß auf 500 000 Pfund geshägt. Von dem lehteren sind 300000 Pfund durch die Konvertirungen des laufenden Jahres erzielt worden und können daher ohne Genehmi- R der ite niht verwandt werden. Neuerlih wurden Steuern m Betrage von 50 000 Pfund abgeschafft, wodurch sfih mit den Herabsezungen während des laufenden Jahres eine Gesammt- reduktion von 225000 Pfund ergiebt. Jn den Erklärungen, die dem Budget beigegeben sind, werden die durh die Konvention von 1885 veranlaßten Einschränkungen in der Finanzverwaltung des Landes streng kritisirt, weil sie die [egierung gehindert hätten, die durch die gegenwärtige Finanz- age gebotenen Verbesserungen einzuführen.

l Amtlichen Nachrichten zufolge hat die englische RNe- gierung die britisch-südafrikanishe Gesellschaft at ausgeforvert, Massi esse zu räumen, und dabet

, daß in ie briti F ni hi werden dürfe. assikesse die britishe Flagge niht gehiß

E Lrt E E E A

Kunst und Wissenschaft.

Fn Gurlitt's Salon

ist zur Zeit einer jener Frauenköpfe des Altmeisters Passini ausgestellt, welher in feiner Aquarelltechnik wiederum den Beweis liefert, wie auch ohne die Verwendung von Deckfarben eine Kraft und Lebenswahrheit erzielt werden kann, die in nihts der Oel- oder Gouache-Malerei nachsteht, Wie leuchten diese aus dem südlihen Teint unter dem dunklen Haupthaar hervorblißenden Augen! Die feingeshwungene Nase des ganz von vorn wiedergegebenen, ovalen Kopfes der jungen Ztalienerin empfängt von linksher ihr Licht; der geschlossene und doch äußerst weih gehaltene Mund scheint ein Geheimniß festhalten zu wollen; rosig \{himmert das Leben auf den Wangen und pulsirt in dem zarten Bufen, um welchen das mit wenigen dunklen Streifen gezierte, hellseidene Tuch gefällig sh legt. - Mit einer andern, fast gegensäßlihen Technik erreiht R. Mainella eine gleih wahre, poetishe Wirkung in scinen sechs venetianischen, mit dünnflüssigen Delfarben ausgeführten Bildern. Hier sehen wir den Mond hinter der Kuppel der Markuskirche hervorlugen und in dem stillen Meere sih widerspiegeln, das eine Gondel belcbt; dort vergoldet die untergehende Sonne einen Theil der Lagunenstadt; hier strahlt das Tagesgestirn brennend herab auf allerlei Volk, welches von der Straße aus den im „Kanal“ sich abkühlenden Männern und Knaben zu- schaut; dort hält der Gondoliere auf {warzbraunem Boot mit einer Dame, die über das Meer mit ihrem Fächer hin- winkt nah der im Sonnenliht schimmercnden Stadt; der Angler steht hier auf dem Kahn, welchen er an den P1ählen festgemacht, auf denen das offene, von einem spizen Dach ge- \hüßte Holzkapellhen ruht. Der blaue, meist wolkenlose Himmel, an dessen Horizont die Architektur Venedigs in scharfen Umrissen und klaren Farben auftaucht, giebt all diesen Bildern den eigenthümlihen Reiz des Adriatischen Meeres.

Wie ernst und {wer erscheint hiergegen die Malweise der Nachahmer Menzel's: Kappstein und Tischler, welche uns in den zoologischen Garten führen und von denen Ersterer mit getreuer Naturauffassung fremdländische Vögel, der Andere dagegen Büffel darstellt, wie sie von zwei Chinesen gesüttert werden. An Oelgemälden finden wir ausgestellt: eine „Näherin“ von O. Pilt, welche auf einer Holzbank unter einem von zwei Engeln gehaltenen Madonnenbilde sißt und eifrig ihre Arbeit verrichtet; hinter ihr sieht man die mit Blumen bemalte Thür des in der weißgetünhten Wand be- findlichen Schrankes; durch die hellen Farbentöne macht das ganze, elwas hochaufgebaute Bild einen heiteren, die Lust zur Arbeit erweckenden Eindruck. Ferner ein „Bacchusfest“ von Böcklin, welches die Fackel tragenden und in dem heiligen Haine umherziehenden Verehrer des Gottes bei dunkler Nacht feiern; dex Gegensaß zwischen den finsteren Bäumen, die den hellen Tempel umgeben, und der Bacchusstatue im Vorder grunde, zu der die kaum erkennbaren Männer und Frauen \hwärmen, ist dem Meister vorzüglih gelungen. Von ihm ist ferner noch der bekannte, von wildthierisher Leidenschaft durGloderte „Centauren - Kampf“ zu sehen, den wiederanzu- treffen man wegen seiner großartigen Auffassung und Stimmung sich freuen muß. G. L—Z.

In 2 Herrscherhalle des Zeughauses iff, wie die „Voss. Z.“ erfährt, Hr. Professor Siemering son seit aht Tagen mit dem Nachmodelliren der dort provisorisch zur Aufstellung gelangten überlebens8großen Gipsstatue Kaiser Wilhelms I. beschäftigt. In machtvoll wirkender Figur mit umge- hängtem Mantel und in Generals - Uniform telt ih der Kaiser dar, qgleich allen anderen Herrscherstatuen baar- bäuptig und stehend auf hohem barockem Sodckel von arauem Marmor. Der Guß der Statue erfolgt in Lauchhammer. Der Kaiser erhält seinen Standort rechts von der Schaper'shen Siegesgöttin, also auf jener Seite, auf welcher fich Inton von Werner's Wandgemälde „Die Kaiserproklamation in Versailles“ befindet, während zur linken Seite der Siegesgöôttin, wo \ich Anton von Werner's Wandgemälde „Krönung Frie- drih's 1. in Königsberg“ befindet, die von Professor Ene modellirte Bronzestatue des Großen Kurfürsten \keht. Eine endgültige Entscheidung in der Wahl des Stoffes, welcher für die Drapirungen in den Böógenöffnungen der Herrscher- halle Verwendung finden soll, is noch nicht erfolgt. Jedoch scheint ein Stoff in grünliher Farbe mit großen, bestimmt gezeichneten Goldmustern den Vorzug zu erhalten. In der Waffen halle werden gegenwärtig unter den in den roth getönten Rundnischen der oberen Wankdflähen aufgestellten zwanzig Feldherrnbüsten große S@ilder angebraht, welhe in leuhtenden Goldbuchstaben Namen, Rang, Geburts- und Sterbejahr der Dargeftellten angeben.

Das Koh’ sche Heilverfahren.

In der Klinik des Professor Dr. Angerer in München wurden gestern, wie die Münchener „Alg. Ztg.“ mittheilt, zwei Kranke operirt, die mit Koh’scher Flüssigkeit gcimpft worden waren und bei denen die Reaktionen ausgeseßt hatten. Die tubetkulösen Herde zeigten sih als abgestorben und fonnten daher heute operativ entfernt werden. Der Eine litt an Tuberkulose des Ellenbogengelenks, der Andere an einem tuberkulösen Geschwür. Beide Kranke werden nod wicderholt geimpst, um festzustellen, ob die tuberfkulösen Herde verschwunden find. Au in der Klinik des Hrn. Professor Bauer kam ein interessanter Fall vor. Ein älterer Mann suchte im vorigen Sommer die Klinik auf und klagte darüber, daß es ibm unmögli sei zu gehen. Die Untersuchung ergab eine Er- frankfung des siebenten Brustwirbels, dadur hervorgerufen Druck auf das Rückenmark und in Folge dessen die Erscheinungen der Schwäche an den unteren Ex!remitäten, Der ganze Krankheits- prozeß beruhte auf tuberkulöser Erkrankung des betroffenen Brustwirbels, Der Mann wurde nach einiger Zeit nahezu her- gestellt entlassen, Gr fam aber bald wieder und klagte über heftige Kreuzschmerzen. Es fiel das gerade in die Zeit der ersten Koch'shen Veröffentlihungen. Die Schmerzen im Kceuz rührten offenbar von dem früheren Krankheitêprozeß her und der Mann er- hielt mehrere Injektionen mit Koch'scher Lymphe, auf die er anfangs mit sehr starken örtlihen und allgemeinen Erscheinungen reagirte. Mlenüblic \{wähte si die Wirkung ab unnd jeyt ist er völlig reaftionslos,. Das Befinden des Kranken ist ausgezeihnet; die S(merzen sind fast ganz ges{wunden und der Gang desselben ift besser denn je zuvor. Es ist vollständige Heilung seines Leidens zu erwarten, / L

Fn Wien hielt gestern der General-Stabsarzk Podrabky im Militä:fasino einen Vortrag über das Koch’ sche Heilverfahren. Der- selbe äußerte ih in durchaus günstigem Sinne und gab der Ansicht Ausdruck, daß es gelingen werde, mit dem Mittel auch s{werere Fälle zu heilen. Die gegen das Heilmittel gemachten Einwände seien zurückzuweisen, Jn dem Garnison-Spitale Nr. 1 würden bereits morgen die Injektionen beginnen, auch alle anderen Garnifon- Spitäler würden in kürzester Zeit mit der Koch'shen Lymphe ver- hen sein. i : 9 de der Gesellshaft für praktishe Medizin in Paris theilte Dr, Petit gestern mit, er habe mit Hülfe von Chemikern auf fynthetishem Wege eine Flüssigkeit hergestellt, welhe dem Kochin

derart gleihe, daß selbs die minutiöseste GewisGe Analyse einen Unterschied zwischen beiden Flüssigkeiten nicht nachweisen könne; Ver- su&e mit der Flüssigkeit an Thieren seien bisher nicht unternommen worden.

Aus Barcelona, 17. Dezember, berichtet die „Köln. Ztg." t Den Berichten einiger französisher Blätter, welhe die Erfindung Professor Koch's in vngünsligem Sinne beurtheilen und die auch von hiesigen Zeitungen wiedergegeben wurden, widerspreßen die Mit- theilungen, die der nach Berlin gereiste spanische Arzt Dr. Claramunt im „Diluvio® veröffentliht. Der Genannte "sa E er habe die Ueberzeugung gewonnen, daß man die “Aeuße- rungen der Franzosen und auch der Engländer über die Koch'sche Lymphe mit Mißtrauen aufzunehmen habe, er {reibe den einen oder andern unglücklichen Ausgang der Impfungen den \spärlichen Erfahrungen zu, die man bisher mit dem Heilmittel habe mahen fönnen. Wenn erst die Leidenschaften sich beruhigt haben würden und die Statistiken sprächen, so würde die leidende Menschheit die Entdeckung Koch's preisen. Als er in Paris angekommen, habe er es beinah: bereut, die Reise unternommen zu haben, denn er habe dort in einer Zeitung gelesen, das Heilverfahren Kos bezw. dessen Heilversuche seten ungünstig verlaufen. Die bloße Thatsache jedo, daß diese Mittheilung von einem Franzosen herrührte, habe ihn bes stimmt, nicht nach Barcelona zurückzukehren, und er sehe, daß er gut daran gethan habe, denn die Erfolge des Heilmittels seien geradezu bewunderungswürdig. Die Lymphe Kochs, die auch bald in Barce- lona angewandt wirden würde, sei ein wirksames Mittel gegen die Tuberkulose. Ueberraschend sei die Wirkung der Lymphe als diagno* stischès Mittel

Demselben Blatt wird aus Edinburg], 15. Dezember, ge® s{rieben: Die großartige Entdeckung von Profefsor Koch hat hier, wo über 2000 Studenten der medizinishen Fakultät angehören, gleich von Anfang an großes Interesse erregk. Durch die vor Kurzem erfolgte praktishe Anwendung der Lymphe im hiesigen aroß.n Hospital wurde dasselbe dann noch bedeutend gesteigert.

Dr. Philip, ein bekannter Gdinburger Arzt, hat die neu Metkode pecsönlih in Berlin fludirt und ein Fläshchen der Lymphe

mitgebraht. Nah einer Woche, während welcher die Wirkung des berühmten Mittels genau beoba@tet wurde, hielt Professor Stewart verschiedene Vorlesungen vor einer großen Anzahl Aerzte und Studenten, Der erste Fall betraf cinen siebzehnjährizen Jüngling, der drelzehy Fahre lang an Lupus gelitten hatte. Er erhielt drei Einsprizunger. in Zwischenräumen von mehreren Tagen. Jedesmal erfolgte di bekannte Wirkung, und zwar in abunehmender Stärke. Die Bessetig' war eine ganz merklihe. Weitere Einsprißzungen erfolgten beie jungen Manne, der seit elf Monaten an Phthisis auf beiden Ls gelitten hatte. Auch bei ihm trat sofortige Besserung ein. Bek ‘eir

72jährigen Manne, der scit 14 Jahren an Lupus der Nase und”

Oberlippe gelitten, blieb die Behandlung obne Wirkung, Bei Bes \sprehung der Ergebnisse machte Prof. Stewart aufmerksam aufe hohea Werth der Lymphe für die Diagnose und in leichteren

von Tuberkulose und Phthisis. Auch in Glasgow werden"ver E

dene Kranke mit der Koh'shen Lymphe behandelt. Dort sowohl hier findet die großartige Entdeckung einstimmige Anerkennung und die Vorlesungen und Darlegungen der Doktoren Smith, Stkevkn und

Workman, welche die Kliniken in Berlin besucht haben und us \

die freundlihe Vermittelung Ihrer Majestät der Kaiserin Friédri

Koh'she Lymphe erhielten, finden vor begeisterten Schaäröi von.

Studenten statt. Die Royal Society of Physicians of Edinburgh hat gegen die Erörterung der einzelnen Fälle in der Presse Einspruch er-

hoben, aber bei dem allgemeinen Interesse, das man der großartigen *

Erfindung entgegenbringt, wird dieser Einspruch unbeachtet gelassen. Im Lazareth zu Montreal in Canada wurde latit Kabel-

telegramm gestern die Behandlung Sc{windsüchtiger mit Koch'scher

Lymphe begonnen. .

Land- und Forftwirthschaft.

Der ungarishe Minister des Ackerbaues Graf Bet hlen hat, wie „W. T. B.“ meldet, zur Verhütung der in Frankreih aufs} getretenen neuen Rebenkrankheit „Blacrot“ die Einfuhr von Weinreben, gleihviel von woher dieselben kommen vorläufig auf ein Jahr verboten.

Theater und Musik.

Königliche Theater.

Fn der Vorstellung der Oper „Orpheus und Eurydike“ am Montag im Opernhause sind die Damen Staudigl, Leisinger und Herzog beschäftigt. Der Dienstag bringt „Das Nawtlager in Granada" mit Frl. Weit sowie den Hrrn. Bulß und Rothmühl.

Der Spielplan der Oper für die Zeit vom 21. bis 27. Des zember lauliet: Sonntag: „Oberon“. Montag: „Orpheus und Eurvdike“. Dienstag: Das Nachtlager in Granada“. „Das s{leckcht bewahte Mädchen“. Mittwoch: Geschlossen. Donnerstag: „Tann- häuser“. Freitag: „Lohengrin“. Sonnabend: „Oberon“

Für das Schauspiel: Sonntag: „Don Carlos“, Montag: „Die Jäger“. Dienstag: „Die Copisten“. „Graphologie“. „Post featums. Mittwoh: Geshlossen. Donnerstag: „Wilhelm Tell“. Freitag: „Die Quißows“. Sonnabend: Neu einstudirt: „Der Kausf- mann von Venedig”.

Deutsches Theater.

Morgen wird „Die Kinder der Excellenz“, Montag „Faust, I. Theil* und am Dienstag „Die Kinder der Excellenz“ gegeben. Am Mittwoch bleibt das Theater geschlossen, die Kasse ist jedoch von 10—14 Uhr geöffnet. Für die Feiertage bringt der Spielplan am Donnerstag: „Die Kinder der Excellenz“, Freitag „Das Winter- märchen* und Sonnabend: „Die Kinder der Excellenz“.

Berliner Theater.

Der Wodwenspielplan vom 22. bis 28, d. M, bringt am Montag „Kean“, am Dienstag „Goldfishe“. Am Mittwoch bleibt das Theater geschlossen. An den Feiertagen und am darauf folgenden Sonntage finden je zwei Vorstellungen statt, und zwar am Donnerstag „Wallensteins Tod“ und „Goldfische“, am Freitag . Veilhenfresser" und „Kean“, am Sonnabend „Othello“ und „Goldfishe“, am Sonntag „Kean* und „Die wilde Jagd“. Die Nachmittagsvorstellungen be- ginnen um 24 Uhr, die Abendvorstellungen um 7s Uhr. Das Abonnement für Freitag, den zweiten Feiertag, ist aufgehoben.

Lessing-Theater,

Das Repertoire für die Festwoche is wie foigt festgestellt. Sonntag: „Sodoms Ende“; Montag: „Sodoms Ende" ; Dienstag: „Heimgefunden“; Mittwoch: Geschlossen; Donnerstag: e Sodoms (Ende*: Freitag: „Das zweite Gesicht*; Sonnabend: „Sodoms Ende*. Der VBillet- Vorverkauf zu den Fetertags-Vorstellungen bes ginnt bereits morgen.

Wallner-Theater.

Die Direktion bereitet für die Weihnachtsfeiertage mit Hrn. Felix Schweighofer als Gast das französishe Vaudeville „Lili“ von Hennequis und Millaud, Musik von Hervs und Stern, vor. S der Titelrolle wird die neu verpflihtete Soubrette Frl. Teopoldine Augustin, der vom K. K. priv. Carl-Theater in Wien und von ibrem jüngsten Gastspiel in Hamburg ein vorzüg} lier Ruf vorangeht, debütiren. Felix Sch{hweighoker ist in dem Nauteville Gelegenheit geboten, eine seiner ortginellsten und wirk» famsten Charakterfiguren in Berlin zum ersten Male zur Darstellung zu bringen,

Victortia-Theater.

Das neu verpfliltete Frl. Czillag tritt jet als Landgräfin Edwina allabendlih auf und erntet in dieser Rolle reichen Beifall. Ebenso giebt legt Hr. Bertbold den Gaugrafen Walter, um dem bisherigen Darsteller Hrn. Direktor Litashy einige Ruhe zu ver- \{afffen, gleichfalls zu allgemeiner Zufriedenheit. Die für Weih- naten beabsihtigten Nahmittags-Vorstelungen können wegen der dart verbundenen zu großen Anstrengungen für das Balletpersonal ni@t zur Ausführung gebra(t werden.

i is g f Et E i N