1890 / 307 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 22 Dec 1890 18:00:01 GMT) scan diff

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den Unterbeamten ein Exemplar der besonderen Bestim- mungen über ihr Dienstverhältniß gegen Quittung 2 zuhändigen. Die Annahme iîm Dn ni stehender Personen mittels Vertrages oder N Annahmeverhandlung findet fkünstig nit nat Die niht im Beamtenverhältniß stehenden Personen werden nit vereidigt, haben der Verwaltung keine Kaution gu be- stellen und nicht die Postdienst-Uniform zu tragen. _Lohn- schreiber und solche Aushelfer, welche mit Postsendungen (es Telegrammen Befassung erhalten, sind dur D zur Vershwiegenheit T0 getreuen Erfüllung ihrer Vd- siegenheiten zu verpflichten.

de Tie zur Bestellung von Eilsendungen und Telegrammen sind A ushelfer zum Bestell dienst möglichst nit heran- zuziehen. Bei der Verwendung im Bestelldienst oder im Be- triebsdienst außerhalb der Diensträume haben die Aushelfer das Ar mband anzulegen ; au können sie die Dienstmüße tragen. Die Bezüge der Lohnschreiber, Aushelfer, Telegraphenarbeiter, Scheuerfrauen, Handwerker sind durhweg als Lohn zu be- zeihnen. Den außerhalb des Beamtenverhältnisjes stehende! Personen ist beim Abgang auf Wunsch von derjenigen Stelle, von welcher sie angenommen worden sind, ein Zeu gniß über die Art und Dauer ihrer Beschäftigung wie über ihre Führung

ertheilen. S

N “Séchie ist eine Verfügung des Staatssekretärs des Reichs-Postamts vom 12. Dezember über die Mit- wirkung der Postkrankenkassen bei der Jnvaliditäts- und Altersversiczerung und eine Verfügung vom 11. Dezember ergangen, wonach für die nicht im Beamtenverhältniß stehenden Angehörigen der Posiverwaltung Betreffs der cFn-

validitäts- und Altersversicherung folgende Bestimmung ge- fen isi: L rone g sind zu versichern! 1) die Swreibhülfen, 2) die Lohn- shreiber, 3) die Auskelfer, 4) die Telegraphenarbeiter eins{licßlich der Arbeiter der Stangen Zubereitungsanstalten, 9) die unmittelbar aus der Postkasse bezahlten Bauauffscher, Baunwächter und Bau- arbeiter, 6) die Handwerker der reich8eigenen Pofthaltereien und 7) die unmittelbar aus der Postkasse bezahlten Scheuer frauen. Vorausfeßung des Eintritts der Versicherungspslicht ist, daß der Beéschäftigte das 16. Lebensjahr vollendet hat und daß er seine Beschäftigung gegen ntgelt augübt. h : i L E der Versiherungspflicht find jedo ch DETT ott a. Personen, welche als Lohn aus\{chließlid freien Unterhalt erhalten, b. jelbständige Gewerbetreibende, Soldaten, Beamte, Rentner und sonstige nit zu den beruf8maäßtgen Lohnarbeitern gehörende Pre sonen, welche im Postdienst nur geleg entli ch zur Desriedigung eines vorübergehenden Bedürfnisses, z. B. zur Aushülfe für die Weihnachts- oder Nrujahrs8zeit, zu einer vereinzelten Stellvertretung 2c,, oder zwar wiederkehrend aber nur nebenbei beschäftigt werden, e beruf8mäßige Lohnarbeiter (Arbeiter, Gehülfen, Gesellen, Lehrlinge, Dienstboten), welche im Postdienst nur nebenbei beschâftigt werden, lofern ite auf Grund ihrer Hauptbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber ver- siherungépflichtig sind, d. solche bei der Post beschäftigte „Ruhe- gehaltsempfänger und Empfänger von Unfallirenten, welche dur eine Be- \heinigung der unteren Verwaltungsbebörde ihre Befreiung nachweisen, _Scheuerfrauen und sonstige Personen, welche niedere h äuslice Dienste von kurzer Dauer, an wechselnden Arbeitsfstellen, verrichten, d. h. welche nur an cinzelnen Stunden des Tages bei der Post, an ‘anderen Stunden d¿s Tages an anderen Arbeitsstellen be- schäftigt sind. : i ies Stücklohn beschäftigten Eilbesteller und Telegramm- besteller sind hiernach in der Regel nicht versierungspflichtig, Da- gegen find Sonntagsaushelfer, wele in regelmäßiger Wiederkehr den ganzen Sonntag beschäftigt sind, und SWeuersrauen, welche für die Dauer einés vollen Tages von der Postverwaltung angenommen süd, zu versiherm Die Versicherung erfolgt durch die Postverwaltung. Die Beiträge {ind von den Poftverroaltung und den Bersicherlen zu gleichen Theilen zu tragen. Jeder Versicherungspflichtize muß mit ¿ner für ihn ausgestellten Quittungskarte versehen fein.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Senator der

freien und Hansestadt Hamburg Di QUl h ard und Bürger- meister der freien Hansestadt Bremen Dr. Pauli, find von Berlin abgereist. Der General - Lieutenant von Nickisch - Rosenegk, à la suite der Armee und Commandeur der 27. Division (2. Königlih Württembergische), ist zur Abstattung persönlicher Meldungen hier eingetrof]f\en.

Jn der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reiths- und Staats - Anzeigers“ wird eine Zusammenstellung der Betriebsergebnisse der Rübenzucker- Fabriken, Zuckerraffinerien und Melasse - Entzucerungs- anstalten des deutshen Zollgebiets im Monat November bezw. in der Zeit vom 1. August bis 30. No- vember 1890 veröffentlicht.

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Friedrihsruh, 21. Dezember. Fürst von Bismarck hat hier am Freitag die Abordnung der Stadt Dortmund empfangen, welhe ihm den Ehrenbürgerbrief überreichte. Sprecher der Abordnung war der „Rh.-Westf. Ztg.“ zu Folge Ober-Bürgermeister Shmieding. Der Fürst dankte mit ver- bindlihen Worten für die ihm durh die Ueberreichung des Ehrenbürgerbriefes zu Theil gewordene Ehre. Heute empfing der Fürst der „Straßb. Post“ zufolge eine aus den Hrren. Rechtsanwalt Freiherr von Schottenstein, Professor Ziegler, Maler Herbst und Zeichner Weymann bestehende Abordnung der Stadt Straßburg i. E., welche eine mit mehr als 5000 Unter- \{hriften bedeckdte Adresse überreichten. Die in Düsseldorf tagende Hauptversammlung des Vereins deutscher Eisen- hüttenleute, an welher etwa 500 Mitglieder theilnahmen, rihtete, wie „W. T, B.“ meldet, nahdem sie die Berichte ihrer au3 den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika zurück- gekehrten Genossen entgegen genommen hatie, ein Telegramm an den Fürsten Bièmarck, in welchem demselben als Förderer des Ansehens der deutshen Judustrie im Auslande der wärmste Dank der Versammlung ausgesprochen wird.

i F F ® Bayern. E E

Wie die „Allg. Ztg.“ seiner Zeit berichtet hatte (siehe Nr. 301 d. Bl.), stellte in der am 6. d. M. stattgefundenen Plenarsizung des Generalcomités des Land- wirthshastlihen Vereins in Bayern der Reichsrath Graf Lerchenfeld-Köfering den Antrag auf Anschluß an den im preußishen Landes - Oekonomiekollegium zur An- nahme gelangten Antrag des Landesdirektors Freiherrn von Hammerstein, die Beibehaltung der Getreide-

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genommen wurde. An die Annahme dieses Antrags, und an den Umstand, daß der Ehren-Präsident des Sang ait lihen Vereins, Se. Königliche Hoheit der Prinz Lul wig, einem Theil der Sihung beiwohnte, sind von M Me Seite Folgerungen Betreffs der Stellung des Prinzen ud ms zu der Frage der Getreide- und Viebzölle geknüipst worden, Mit Bezug hierauf bemerkt die „AUg. Ztg.“: Die Plenarsivung des Genera!-Comités begann am 6. Dezember BOrmiazags 10 Uhr und dauerte zunächst bis halb 2 Uhr Sans, Prinz Ludwig verließ die Sißung um 12 Ur Mittags und folgte einer Einladung des Offizier:Corps des L. E Regiments zu cinem Diner, welches zur Erinnerung an n Kämpfe um Orléans abgehalten wurde. Lange, bevor E Tag der Plenarsißzung fixirt wurde, ijt bereits der 6. R N als Tag dieses Erinnerungsdiners bestimmt gewesen Und atte bereits Prinz- Ludwig die Einladung des Offizier-Corps Des 1, Fnfanterie-Rêgiments angenommen. Die Plenarsihung des Landwirthschaftlihen Vereins wurde Nachmittags von 41/,—8 Uhr fortgeseßt. Dieser Nach BER sizung hat Prinz Ludwig überhaupt gar niht beîi- gewohnt und während dieser Nachmittags}1ßung kam der Antrag des Grafen Lerchenfeld auf Anschluß an den Hammerstein’shen Antrag zur Verhandlung und Annahme. Alle Folgerungen also, welhe an die Annahme Des Antrags in Bézug auf die Stellung des Prinzen Ludwig zu den Getreide- und Viehzöllen geknüpft worden sind, entbehren jeder Grundlage. Bei der Annahme des Lerchenfeld: Hammer- stein’schen Antrags waren 26 Mitglieder des CVG On anwesend. 1 Mitglied enthielt sich der Abstimmung, 6 Mit- glieder wünschten die Ueberweisung an eine Kommission und 19 Mitglieder stimmten für die Annahme des Antrags. 5 Jn der am Freitag Nachmittag abgehaltenen Sißung des oberstlenSchulraths wurden nach der „Allg. Ztg. zunächst die Detailfragen der Absolutiorialprüsung, namentlich die Frage, ob und in welcher ¿Form die griechische Sprache Gegen- stand der Prüfung zu bleiben habe, auf das Eingehenbste G sprochen. Dex hohe Werth der griehishen Sprahe wurde von keiner Seite verkannt, und es wurde ließlich be- \{lo}en, an Stelle der seitherigen deutsch - griechischen Arbeit im Absolutorium cine griehis{ - deutsche in Vorschlag zu bringen. Das Thema für die lateinische Uebersegung

joll niht zu s{hwierig und aus dem Jdeenkreise der alten Well gewählt sein. Nach Durchderathung. des Referats „des | Gymnasial-Nektors Dr. Autenriecth über die Fiage der Sluß-

prüfung wurde die Diskussion und Beschlußfa)jung über das Referat des Geheimen Raths Dr. von Kerschensteiner zu Ende geführt. Hierbei wurde u. A. die Beseitigung der Nach- prüfungen unter gewissen Kautelen und die Aufhebung | der Strafart des Hausarrestes befürwortet. Unwersitäts- Professor Dr. von Christ begann fodann mit dem Vortrag feines Referats über die Grundlinien der Reform. : Durch eine im „Gescß- und Verordnungs:Blatt für das Königreih Bayern“ veröffentlihte Bekanntmachung des Ministeriums des Jnnern wird bezüglich der Einfuhr von Zucht- und Nußvieh aus Desterreich in die Grenz- | bezirke die Zahl der Thiere, welche von einem Wirthschasts-

besiver innerhalb eines Kalenderjahres eingesührt werden dürfen, von 12 auf 18 Stü erhöht, und bestimmt, daß die vorgeschriebene Untersuhung (Nachkontrole) des eingeführten Viehes durch den Bezirks-Thierarzt na Ablauf der Kon- finirungszeit in Wegfall zu kommen hade.

Württemberg. :

Die im Ansang November eingeleiteten Verhandlungen wegen Revision der Lehrpläne der humanistischen Gymnasien sind, wie dem „St. A. f. W.“ mitgetheilt wird, nunmehr zum Abschluß gekommen. Nachdem sich mit den hierauf bezüglihen Vorschlägen f\owohl die zur Aeußerung veranlaßten Vorstände der betheiligten Anstalten mit überwie- gender Mehrheit, als die Ministerial-Abtheilung für Gelehrten- und Realschulen einverstanden erklärt haben, und nachdem mit Allerhöchster Genehmigung S x. Majestät des Kd nigs Dur) Ministerialerlaß vom 16. Dezember d. J. der Ministerial: Abtheilung der Austrag ertheilt werden ist, die entsprechenden Anordnungen zu treffen, werden die Verfügungen derselben in der nächsten Zeit den Vorständen der Gymnasien zugehen. Die für die größeren und kleineren Lateinshulen hieraus ih ergebenden Anordnungen werden gleichfalls demnächst getroffen werden. Der „St. A. f. W.“ ist ermächtigt, den wesentlichen Theil dieser Verfügungen zu veröffentlichen. E

Per Beginn des Unterrichts im Lateinischen wird von Klasse T (Sexta) in die Klasse IT (Quinta) verlegt, um den in das Gym asium im achten Lebensjahre eintretenden Schülern, welchen in der Mehrzahl ncch die geistige Reife für das Erlernen des Lateinischen und zuglei, die nöthige Sicverheit in den Voltéschulfähern, im Lesen, Sreiben, Renen, fehlt, cinen erweiterten Unterricht in diesen Fächern ertheilen U I L A Unterricht im Lateinischen werden in Klasse IT bis VT zehn Stunden, in Klasse VII bis X aht Stunden wöchentlich zugetheilt. Hierdurch wird die Gesammtzahl der bisher in den sämmtlichen Klassen wöcentlich auf den Unterricht des Lateinischen verwendeten Stunden von 102 (der Gymnaßien in Stuttgart), auf 82 vermindert, L

Der Beginn des Griehishen wird von Klasse IV_ in Klasse V unter Beschränkung der bisberigen in sämmtlichen Klafsen zusammen auf das Griechishe verwendeten Wochenstunden von 42 auf 40 Stunden verlegt, da der Beginn in 1. Klasse Anforderungen an die Schüler stellt, denen nur die bcsseren zu genugen 1m Stande n L A

Zum Zweck der Befolgung der richtigèn Lehrmethode im Lateini- {en und Griechischen wird neue Anweisung gegeben, insbesondere die Behandlung der Grammatik in ein richtiges Verhältniß zu dem Lesen der Schriftsteller geseßt und darauf hingewiesen werden, daß die Lehrer den Hauptzweck des Unterrichts in den alten Sprachen, die Schüler in die klassischen S n antike Geistesleben cin- zuführe ets i uge zu behalten ; H men G Mercainberni der Gesammtzahl der bisher auf die alten Sprachen verwendeten Stunden (nah dem Lehrplan der Gymna- fen in Stuttgart um 22 Stunden) wird es fodann ermögliht, ohne die Gesammtzahl der für sämmtliche Klassen ciner Anßalt in einer Woche vorgeschriebenen Unterrichtsstunden zu erhöhen, den Fächern des Deutschen, des Französischen, des Rechnens und der Mathematik, den Naturwissenshaften (der Naturkunde und Physik) und dem Zeichnen mehr Stunden als vi Y ppe ad Weise ein ziemli

i rerkanntes Bedürfniß zu besrtiedigen. : A E Grlannatios der bisher in den sämmilichen Klassen der Gymnasien in einer Woche verwendeten Unterrichtsstunden wird für das Deutsche von 26 auf 28, für das Französische von 16 auf 18, für Rechnen und Mathematik von 37 auf 39. für Naturwissenschaften cins{ließlich der Naturbeschreibung von 10 auf 16 erhöht und ein obligatorischer DeiVenu een in Klasse 1V bis VI mit zusammen

S u eingeführt. : Ls, s uen Unterrihtsfächer wird die Stundenzahl nicht abgeändert, jedoch bei einzelnen derselben wiederholt auf den rihtigen Betrieb hingewiesen, intbefondere bezügli des Unterrihts in der Geschichte die Fortführung derselben bis in die neueste Zeit

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Selbsiverständlih kann die Durhführung der hiernach geänderten

läne ers mit Beginn des nächsten Schuljahres in Aussicht ge» miei abr, Bezüglich der Hausaufgaben ist bestimmt, daß dur Aenderung in den Lehrplänen unter keinen Umständen eine -Ver- mehrung der Hausaufgaben über die denselben durch die bestehenden Vorschriften gezogenen Grenzen hinaus, deren Einhaltung die Anstalts- vorstände zu überwachen haben, herbeigeführt werden darf.

Der „St.-A: f. W.“ knüpft hieran folgende Betrachtung: Insoweit als dur diese vielseitig geforderte, auch von den Ver- tretern der humanistiscen Bildung gebilligte Einschränkung der für den Unterriht in den alten Sprachen bestimmten Zeit eine Er- weiterung des Unterrichts in den anderen Fächern ohne Vermehrung der Gesammtzahl der Unterrichtsstunden und ohne die Grund- lagen der humanistischen Bilburg zu verlassen, ermöglicht wurde, werden die Aenderungen kaum einem Widerspruch be- geanen, wie dieselben au den Wünschen entgegenkommen, welche die naturwissenshastliche Fakultät in Tübiagen in einer in den letzten Tagen des November dem Kultus-Minister übergebenen Denk- \chrift auêëgesprohen hat. : Andererseits konnte in der gegenwärtigen Bewegung auf dem Gebiet des Unterrichtswesens kein genügender Grund gefunden werden, diese Aenderung in den Lebrvlänen der humaristishen Gymnasien auf der Grundlage der in Württemberg bestehenden Scheidung der humanistisGen von den realistishen Lehranstalten länger zu verschieben. B dem Kampf für und gegen die humanistischen Gymn:sien, welcher zur Zeit in der Tageépresse, wie in Streitschriften , Bersammlun- gen, Petitionen und Kundgebungen aller Art gefüh1t wird, finden die Grundlagen der humanistischen Gymnasialbildung, wie sie von sacv-rständiger Seite lebkaft vertheidigt werden, auch außerhalb des Kreises der humanistishen Lehrer eine kräftige, nicht zu unter- \cätende Vertretung von Seiten der Presse und der öffentlichen Meinung. Jedenfalls baben die Erörterungen bis jeßt niht zu einem Ergebniß geführt, welches einen siheren Anhaltspunkt oder auch nur einen genügenden Anlaß zu einer tiefer greifenden Reform auf diesem Gebiete des Unterrichts abgeben würde, Der Versuch einer grundsäß- lihen Reform der bestehenden Einrichtung der mittleren Lehranstalten mürde ‘daher, ganz abgeschen von den sahlichen Bedenken hiergegen, unter allen Umständen als verfrüht zu betrahten sein. Auf eine theilweise Revision der Lehrpläne der Humanistishen Gymnasien fonnte si die württembergishe Unterrichtêverwaltung zur Zeit um

| fo berubigter hbeshränken, als nach den Ergebnissen der Berliner

Konferenz von Schulmännern, soweit sie aus den öffentlichen Blättern zu entnehmen sind, eine Annäherung oen die in Württemberg he» stehenden Ginrichtungen wahrscheinlicher ift, als die weitere Gntfernung von denselben. Die Mehrheit der Konferenz hat sich gegen die Beo lastung der preußischen Realschulen mit einem obligatorischen Anterricht im Lateinischen und für die grundsäßlihe Beibehaltung von nur zwei Arten höherer Schulen, Gymnasien und lakteinlofen Realschulen, ausgesprochen. In Württemberg besteht diese Zweitheilung, da ab- gesehen von den zwei mit den preußischen sogenannten Realgymnasien niht auf eine Linie zu stellenden Realgymnasien in Stuttzart und Ulm der Unterricht in der lateinischen Sprache. als obligatoriscer Unterrichtsgegenstand keinen Eingang in die Realschulen gefunden hat. Ebenso fennt das württembergishe bumanistishe Gymnasium

| den lateinishen Aufsatz überhaupt nicht, welchen „als Zielleistung“ die

preußische Konferenz beseitigt wissen will. Endlich ist in Württemberg das Klafsenlehrer[ystem die Negek, für welches sich den öffentlichen Blättern

| zufolge die Kommission gleichfalls aus Anlaß der Behandlung der

Maßregeln gegen ÜUcberbürdung durch Hausaufgaben im Gegensaß zui dem Fachlehrersystem au?gesprohen hat. Was auch im Uebrigen dite Ergebnisse der Reformbewegung sein „mögen, unter allen Um- ständen wird durch die neuesten Verfügungen so_ viel eve reiht, daß die dringenden Verbesserungen der Lehrpläne, bezüg» lih welcher eine gewisse Uebereinstimmung erzielt „ist, zur Aus- führung kommen und der weitere Verlauf der Reformsfrage ab- gewartet werden kann. Indem sodann durch die neuen Verfügungen die Lehrpläne der württembergischen Gymnasien, welche bisher in einzelnen Lehrfächern, namentlih der Mathematik, cine große Manuig- faltigkeit aufweisen, einheitliher gestaltet und im Wesentlichen den Lehrplänen der Mehrzahl der Gymnasien der anderen deutschen Staaten gleich geordnet werden, wird hiermit auch der bisher von den Lehrern und den betheiligten Eltern lebhaft empfundene Uebel- stand, welcher sich bei der Verseßung von Schülern von der einen in die andere Anstalt aus der Verschiedenheit der Lehrpläne ergeben hat, befeitigt. Mecklenbunrg-Schwerin.

Schwerin, 22. Dezember. Se. Königliche Hoheit der Großherzog empfing, wie „W. T. B.“ meldet, gestern in Cannes den niederländishen Admiral Binkes, welcher Höchst: demselben das Ableben des Königs der Niederlande und die er- folgte Thronbesteigung der Königin Wilhelmine anzeigte.

De „Mecklb. Nachr.“ erklären die von einigen Blättern gebrachte Nachricht, „daß der Professor Koch bei St. König- lichen Hoheit dem Großherzog in Cannes gewesen und im Befinden des hohen Herrn seitdem eine erfreuliche Besserung eingetreten sei“, in ihrem ersten Theile für eine durchaus unbegründete. Es liegt, s{hreibt das genannte Blatt, glücfliher Weise für Se. Königliche Hoheit den Groß- herzog gar keine Veranlassung dazu vor, die Heil- methode des Professors Koch bei sich in Hi wernng bringen zu lassen. Die falshe Nachricht wird darauf zurüd- zuführen sein, daß der brustleidende Großfür st Peter von Rußland, welher ebensals in Cannes weilt, sich A Kowh'schen Heilverfahren unterzogen hat. Es kann aber die Nachricht, daß das Befinden Sr. Königlichen Hoheit des Groß- herzogs in der leßten Zeit sich zusehends gebessert habe, als eine richlige vollauf bestätigt werden.

Sachsen-Weimagr-Eiseuach. |

Weimar, 21. Dezember. C E Boe bier Großherzog empfing der „Th. C.“ zufolge gestern ú Aa coine aube niederländische GesandtsGaît, bestehend aus dem Obershenk Baron von Hardenbro de Bergambracht und dem Kammerherrn de Pabst de Bingerden, welche die Anzeige von der Thronbesteigung der Königin Wilhelmine überbrahte. Nah dem Empfang wurden e Herren zur Großherzoglichen Tafel gezogen. Heute hat die Gesandtschaft Weimar wieder verlassen. , ¿f Die Landes-Synode hat die Vorlage wegen Auf- bésserung der Besoldungen der evangelischen Geistlichen sowie die neue Gottesdienstordnung nach eingehender Berathung angenommen und is darauf veriagt worden.

Sachsen-Coburg-Gotha.

Coburg, 21. Dezember. Se. Königliche Hoheit der Herzog Don Edinburg is laut Meldung des „W. T. B.

aus England hier eingetroffen.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 22. Dezember. Se. Königliche Hoheit der L proB Tas On r a M n A „W. T. D: olge gestern nah Frankfurt a. M, abgerei]t. E R meldet bezüglih der zwischen Deutschland

und die besondere Berücksichtigung der vaterländishen Geschichte aufs

und Viehzölle betreffend, welhexr Antrag auch an-

Neue eingesch{chärft.

; trags- und Oesterreih-Ungarn shwebenden Handel sver é I On, die erste Lesung der beiderseitigen Vor

s{läge werde möglicher Weise noch vòr den Weihnachtsfeier- tagen begor.nen werden.

Der Handels - Minister Marquis de Bacquehem hat einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge der telegraphisch ausgesprochenen Bitte der in Lemberg versammelten Delegirten der galizishen Handelskammer, Experte bezüglih der am Ab- {luß des Handelsvertrages mit Deutschland betheiligten Produktionszweige zu vernehmen, Folge gegeben. Die De- legirten der Handelskammer haben hierauf die zu verneh- menden Experten namhaft gemacht.

Das öôsterreihische Herrenhaus nahm am Sonn- abend die vom Abgeordnetenhause beschlossenen Geseßentwürfe, betreffend Aushebung des Rekruten-Kontingents für das Jahr 1891, Einquartierung der bosnisch herzegowinischen Truppen, das Budget-Provisorium, die Veterinär-Konvention mit der Schweiz, die Steuerbefreiung der industriellen Unternehmungen im Gebiet von Triest und die Betriebsübernahme der Triester Hafengeleise dur den Staat an. Ferner wurden die Gewährung eines unverzinslihen Staatsdarlehns an Karls- bad, sowie die Handelskonvention mit Egypten und die provi- sorishe Regelung der Handelsbeziehungen mit der Türkei und Bulgarien angenommen. Auch dem Vertrage mit Deutschland und Bayern betreffs Einverleibung der Vorarlberg’ shen Ge- meinde Mittelberg in das deutsche Zollgebiet wurde zugestimmt. Hierauf erklärte Minister-Präsident Graf Taaffe im Auf- trage den Reichs rath für vertagt.

Großbritannien und Frland.

Der Königliche Hof ist am Freitag von Windsox nah Schloß Osborne auf der Jnsel Wight übergesiedelt.

Unter den Kränzen, welche die Königin am Donnerstag nah Enthüllung des Denkmals Kaiser Friedrih's in Windsor am Sodel niederlegte, war, wie die „Köln. Ztg.“ berichtet, der des Kaisers Wilhelm der bemerkenewertheste; er bestand aus breiten Lorbeerblättern und Beerenbüscheln, umwunden mit einem breiten weißen Seidenbande, darauf in Goldschrift die Worte: Weißenburg, Wörth, Königgräß, Sedan: auf den zugehörigen Schleifen stand das Monogramm des Kaisers und die Krone.

Der irische Ober-Sekretär Balfour hat sih nah Dublin begeben und wird über Weihnachten in Jrland bleiben.

Jn Kilkenny (Jrland), wo heute die Unterhaus- wahl stattfindet, herrsht die größte Aufregung unter den Wählern beider Parteien. Die Behörden vermochten nur mit Mühe Ruhestörungen vorzubeugen. Um auf alle Eventuali- täten vorbereitet zu sein, ist die Polizeimannschaft des Wahl- kreises durch Truppen verstärkt worden. Justin McCarthy, der Führer der Majorität der irishen Partei, ist, be- gleitet von Sexton, in Kilkenny eingetroffen. Parnell und seine Freunde besuchten die Dörfer in der Umrunde von Kilkenny und fanden im Allgemeinen eine günstige Auf- nahme, während Davitt und Tannex als Vertreter der Anti- Parnelliten feindseligen Kundgebungen begegneten. Parnell, der noch immer eine Binde über dem rechten ‘Auge trägt, hielt in Johnstown eine kurze Ansprache, im Verlaufe welcher er wiederholt erklärte, er wolle fih nit vor dem „Fetish“ des englischen Liberalismus verbeugen, und die Wähler bes{chwor, den „Renegaten“ Hennessy dorthin zu! senden, woher er gekommen jei. Die Unbill, welhe Pacnell zu erleiden hatte, hat ihm viele neue Anhänger verschafft, und die Frauen von Castlecomer, wo die Ausschreitnng stattfand, über- reihten ihm eine Adresse. Die Parnelliten sind übrigens allem Anschein nah entschlossen, einer etwaigen Wiederholung eines Angriffes auf die Person ihres Führers mit Waffen- gewalt entgegenzutreten. Wie aus London verlautet, errichten nämlich die Parnelliten eine mit Revolvern bewaffnete be- sondere Leibwache für Parnell. Healy und Davitt waren die Hauptredner auf den antiparnellitishen Wählermeetings und äußerten sih sehr hoffnungslos über das Ergebniß der Wahl. Jn der Stadt Urtingford fanden sie eine üble Aufnahme und mußten abreisen, ohne öffenilich sprechen zu können. Jn der Hauptkirche zu Kilkenny entstanden nach der „Magdb. Ztg.“ gestern in Folge einer gegen Parnell gerichteten Predigt arge Nuhestörungen. Dem Pfarrer wurde ein Sessel an den Kopf geworfen und der Gottesdienst unterbrohen. Vor der Kirche fanden zwishen Parnelliten und Antiparnelliten Schlägereien statt. Ein Theil des niederen Klerus nimmt Partei für Parnell.

Die (in Nr. 306 d. Bl. unter „Afrika“ mitgetheilte) Nach- riht, daß Lord Salisbury der british-südafrikanischen Gesellschaft befohlen habe, Massikesse zu räumen, ist laut Meldung des „W. T. B.“ aus London vom 20. d. M. unbegründet. Lord Salisbury werde vielmehr keinen Schritt thun, bevor nicht ausführlihe Depeschen von den eng- lishen Vertretern eingegangen seien.

Im Auslande lebende Engländer pflegten si{ch, Falls sie in den Ehestand traten, wo es anging, an Bord briti- scher Kriegs\chiffe trauen zu lassen, da dies de facto und de jure als gleihbedeutend mit einer Trauung auf britishem Boden betrachtet wurde. Nunmehr hat aber die Admiralität den Flottenbefehlshabern in ausländisGen Stationen eine Weisung zugehen lassen, welhe nah Ende dieses Jahres Trauungen an Bord britischer Kriegsschiffe verbietet. Ein Grund für dieses Verbot ist niht angegeben.

Frankreich.

Paris, 22. Dezember. Der Minister des Auswärtigen Ribot hat sich, wie „W. T. B.“ meldet, mit den anderen Mit- gliedern des Kabinets über die Dispositionen für die Kün- digung der Handelsverträge ins Einvernehmen geseßt; die Regierung wird die Frage demnächst der Zollkommission unterbreiten.

In dem am Sonnabend abgehaltenen Ministerrath theilte dex Marine-Minister Barbey mit, ex habe Betreffs der Havarien des Küsten-Wachschisfes „Req uin“ eine Enguete angeordnet. Nach Meldungen verschiedener Blätter wies der „Requin“ gelegentlih der im Hafen von Cherbourg vor- genommenen Reparirung zahlreihe Fehler und Schäden auf, welhe von dem s{chlechten Material herrühren, welches die „Compagnie des chantiers de la Gironde“ beim Bau des Schiffes verwendete. R

__ Dem „Echo de Paris“ zufolge hat der Kriegs-Minister die Einführung eines neuen Kavallerie-Karabiners genehmigt. Der Karabiner sei 96 ecm lang und kürzer und leihter als das Modell von 1874. Die Tragweite betrage

m, das Kaliber §8 mm, Die Kavallerie des VI. und VIL. Armee-Corps solle zunächst mit der neuen e ausgerüstet werden. Die Waffenfabrik von Saint-Etienne fei im Stande, bis zum 1. Oktober 1891 30 000 Stück neue arabiner zu liefern.

die Budgets der Justiz, der Staatsdruckerei, der Ehrenlegion, des Fnnern, Algiers und des Krieges unverändert an. Beim Kultus-Budget stellte der Senator Angle-Beaumanoir die Anfrage an die Regierung, weshalb niht das Gehalt des Kardinals Lavigerie gestrihen werde, der sich mit Politik beschäftigt habe. Minister Fallières er- widerte unter dem Beifall der Linken, die Worte, die Kardinal Lavigerie gesprochen habe, seien die Worte eines guten Bürgers ; er könne sie nur billigen und der Papst werde sie nit tadeln.

«In der Deputirtenkammer wurde vorgestern der Bericht über die belgischen Arbeits verhältnisse vertheilt. Der Deputirte Philippon brachte ein Amendement zum Zolltarif ein, nah welhem ausländische Erzeugnisse, welche mit französisher Fabrik- oder Handelsmarke versehen sind, niht eingeführt werden dürfen.

Die Zollkommission genehmigte den Eingangszoll für Nähfäden und Wollenstoffen nach den Vorschlägen der Re- gierung, jedoch mit der Abänderung, daß auf Tücher im Gewicht von 251 bis 400 g per Quadratmeter nach dem Maximaltarif ein Zoll von 270 Fr. und nah dem Minimal- tarif ein solher von 220 Fr. zu erheben is, und daß für Tücher von s{chwererem Gewicht der Zoll im Maximal- wie im Minimaltarif sich um 10 Fr. erhöht.

n einer gestern in Epinal stattgehabten Versammlung zur Vorbereitung der Senatorenwahl wurde Jules Ferry mit 354 von 370 St. als Kandidat aufgestellt. Ferry wohnte der Versammlung bei und hob in seiner Wahlrede hervor, daß Frankreich eine größere Stabilität der Regierung sowie Ordnung und Frieden verlange. Was die auswärtige Politik anbetreffe, so könne und müsse Frankreich, ohne seiner großen Pflichten auf dem Kontinent uneingedenk zu sein und ohne sein Ansehen und seine Macht in Europa zu ver- ringern, sein fkoloniales Machtgebiet weiter entwickeln und Alles thun, um sich seine Absatzquellen zu sichern. eFerry sprah sih ferner gegen die Trennung der Kirche vom Staate sowie gegen eine Revision der Verfassung aus, der Klerus dürfe nicht beunruhigt werden durch Zänkereien bei Berathung des Kultus-Budgets, hätten doch auch die Bischöfe den Militärgeseßen gegenüber ihre Bereitwilligkeit dargethan. Das Schulgeseßz sei ein für die Republick durhaus wesentliches und nothwendiges Geseg, es sei unmöglich, in diesem Punkt irgendwelches Zugeständniß zu machen, selbst niht, wenn man damit etwa denjenigen Konservativen entgegen kommen wolle, die in die Republik einzutreten wünschten. Ferry forderte shließlih die Wähler auf, ihm Gerechtigkeit zu erweisen gegenüber dem Ostracismus, dessen Opfer er geworden sei.

Jtalien. :

König Humbert hat gestern die Deputationen des Senats- und der Kammer empfangen, welche ihm die Ant- wort-Adressen auf die Thronrede überreichten. Der König hob in feiner Ansprache hervor: Er habe den dringenden Wunsch, daß die Finanzen ohne Erhöhung der Steuern geregelt würden. Daß der europäische Friede gesichert sei, werde zum Wohle Ftaliens beitragen, und die Mitwirkung des Parlaments werde der Regierung die Autorität zur weiteren Erhaltung des Friedens verleihen. Er habe das

Regierung seine beständig auf das Glück des Vaterlandes gerichteten Bestrebungen unterstüßen werde.

In der Deputirtenkammer am Sonnabend seinen, bereits in Nr. 303 d. Bl, erwähnten, Antrag, betreffend die Einseßung einer Kom- mission zum Studium allex Zollreformen, welche Angesichts der mit dem Jahre 1892 sich eröffnenden neuen Phase des Zollregimes für nothwendig erachtet würden, um

Betreffs des internationalen- Verkehrs zu erleihtern. Redner erklärte, er ändere den leßten Absay seines Antrages, den Handelsvertrag mit Oesterreih - Ungarn vor Ablauf dieses Jahres zu kündigen, dahin ab, daß er nicht nur die Kündigung des Handelsvertrags mit Oesterreih-Ungarn, son- dern auch der Verträge mit Deutschland, Spanien und der Schweiz beantrage, um jeden Einwand zu beseitigen, als bezwecke er mit seinem Antrage eine politishe Anklage, Pantano gab sodann seinem Bedauern Ausdruck, daß man niht mit Frank- reih Verhandlungen über einen Handelsvertrag anzu- knüpfen vermocht habe. Aus Opportunitätsgründen erscheine ein politis - ökonomishes Uebereinkommen Be- tres einer europäishen Zollliga gegen Amerika sowie einer Liga mit Deutschland und Oesterreih-Ungarn gegen Frankreih ausgeschlo}sen. Jn der Zollfrage seien eifrige und unparteiishe Studien nöthig. Deshalb dürften einstweilen keine Zollübereinkommen getroffen werden. Der erste Handels- vertrag, welcher ablaufe, sei der mit Oesterreih-Ungarn. Der Vertrag dürfe nicht erneuert werden, da er für Ztalien ebenso nachtheilig wie für Oesterreih:-Ungarn vortheilhaft sei. Der De- putirte Ellena bemerkte dagegen, die Furcht, daß der Handels- vertrag mit OesterreiG:Ungarn Verlegenheiten bezüglich anderer Verhandlungen verursachen könnte, sei eine unbe- gründete, denn in dem Vertrage sei Alles ausgeschlossen, was andere Länder, insbesondere Frankreih, in ihren Interessen berührt hatte. Es sei übrigens Hoffnung vorhanden, daß neue Verhandlungen einen künftigen Vertrag besser gestalten würden. Ellena forderte \{ließlich die Kammer auf, den Antrag Pantano's abzulehnen. Der Radikale Russi sprach für den Antrag. Die weitere Verhanblung wurde sodann auf heute vertagt.

Der Kronprinz und die Kronprinzessin von Griechenland trafen, von Berlin kommend, am Sonnabend in Brindisi ein und seßten von dort atn Sonntag früh an Bord der „Sphacteria“ die Reise nah Korinth fort.

Wegen des Attentats auf den österreichishen Botschafter Grafen Revertera (vgl. Nr. 303 d. Bl.) wurde der Thäter Bonesana zu einer Arreststrafe von drei Monaten und zehn Tagen verurtheilt; der Staatsanwalt hatte ahtmonatlichen Arrest beantragt.

Wie man der „Mgdb. Ztg.“ aus Rom meldet, erlitt der Kardinal Mermillod am Sonnabend einen Schlaganfall. Sein Zustand flößte Besorgnisse ein.

Spanien. Madrid, 20, Dezember. Nachrichten des „W. T. B.“ aus Melilla melden, das spanische Küstenshiff „San Francisco“, mit Petroleum und einer Ladung Bauholz, sei in der Nähe von Alhucemas, an der Küste von Marokko, gestrandet. Mauren hätten das Schiff geplündert, die Mannschaft gefangen genommen und ihnen sämmtliche Effekten sowie ihre Kleider geraubt. Die von dem spanischen Commandeur von Melilla entsandten eingeborenen Truppen

Der Senat nahm, wie der „Köln. Ztg.“ berichtet wird,

Vertrauen, daß das Parlament im Einverständniß mit der |

begründete Pantano |

den Abschluß von Uebereinkommen mit anderen Mächten |

lassen. Die Regierung werde eine Beshwerde an die marokka- nishe Regierung richten. ,„

Belgien.

Der heutige Tag ist, wie man dem „Hamb. Corr.“ s{reibt, für die Jndustrie Belgiens insofern ein witiger, als der erste Theil des vor Jahresfrist erlassenen Gesezes über die Frauen - und Kinderarbeit heute in Kraft tritt. Nach den Bestim- mungen des Geseßes dürfen Kinder unter 12 Jahren nicht be- schäftigt werden. Kinder und junge Leute von weniger als 16 Jahren, wie Mädchen und Frauen von über 16 und we- niger als 21 Jahren dürfen wöhhentlich nur sechs Tage und täglih 12 Stunden, 11/, Stunden Ruhe eingeschlossen, arbeiten. Für die Gasindustrie können diese Bestimmungen auf ein «Fahr vertagt werden. Frauen dürfen erst vier Wochen nah ihrer Entbindung wieder arbeiten. Für Kinder und junge Leute von weniger als 16 Fahren und für Frauen und Mädchen von 16 bis 21 Fahren kann der König deren Beschäftigung bei zu {weren oder ge- fährlihen Arbeiten verbieten; er kann für einige Tagesstunden gestatten oder verbieten ihre Verwendung bei ungesunden Arbeiten. Für Fndustrien, deren Arbeit keine Unterbrechung gestattet, kann der König Knaben von über 15 Jahren, wie Frauen und Mädchen unter 21 Jahren gestatten, wöchentlich sieben Tage zu arbeiten, doch muß ihnen alle 14 Tage ein Ruhetag und wöchentlih einmal Zeit zur Erfüllung ihrec religiösen Pflichten gegeben w:rden.

Serbien.

Belgrad, 21. Dezember. Professor Milowanovic ist definitiv zum Direktoc der Abtheilung für die politishen An- gelegenheiten des Ministeriums des Aeußern ernannt worden-

Bulgarien.

Sofia, 20, Dezember. Jn der Sobranje wurde heute über die Pensionen von Militärpersonen verhandelt. Ein Antrag ging dahin, die dazu nothwendigen Geld- mittel möchten im Budget vorgesehen werden, während nah einem anderen, von der Regierung . unter- stüßten Antrage zur Bildung eines Pensionsfonds vier Prozent von den Offiziersgehältern zurückbehalten werden sollten. Die Angelegenheit wurde, da die Anschauungen der Deputirten weit auseinandergingen u1d ein Theil derselben den Sißungssaal verließ, s{chließlich fallen gelassen. Wie ver- lautet, wird die Sobranje in der nähsten Woche das Budget verhandeln, worauf die Session am 28. d. M. geshlossez werden wird.

Dänemark.

(F) Kopenhagen, 20. Dezember. Das Folkething verhandelte gestern in zweiter Lesung über den Antrag -des Kriegs-Ministers, betreffend die Anlage eines Versuchs- Schießpläßes für die Arlillerie 1n ZUtla u Nach längerer Debatte, in dessen Verlauf der Kriegs-Minister wiederholt die Nothrwendigkeit und Zweckmäßigkeit dieser An- lage hervorhob, lehnte das Thing mit 59 gegen 16 Stimmén den Uebergang des Antrages zur dritten Lesung ab. | Jm Lands thing kam am Donnerstag der Geseßentwurf, betreffend den Schuß der Schriftsteller, Künstler und Photo- graphen gegen Na chdruck und Vervielfältigung zur | ersten Lesung. Professor Goos begrüßt den Geseßentwurf

als einen großen Fortschritt auf der Bahn der Entwicelung.

Es sei wichtig, daß die Verfasser au gegen die Ueberseßung ihrer Werke geschüßt würden. Viele Buchhändler und Zeitungs- herausgeber würden wohl Bedenken gegen diese Bestimmung haben, aber es sei nur ein Akt der Gerechtigkeit den fremden Ver- fassern gegenüber. Das Konsistorium habe leßtere Auffassung ge- theilt, troßdem es klar sei, daß die dänische Lesewelt darunter leiden werde, da ja in weit höherem Grade z. B. aus dem Deutschen ins Dänische als umgekehrt überseßt werde. Für Dänemark sei der Geseßentwurf eine Bedingung, um der Berner Konvention beitreten zu können. Mehrere andere

Redner sprachen dann gegen einzelne Bestimmungen des | Geseßentwurfs. Kultus-Minister Scaven ius suchte die Ein- wendungen zu widerlegen. Daß dur die Ueberseßung ein Raub gegen die fremden Verfasser begangen werde, sei klar. Dänemark könne nicht darauf warten, bis Schweden und Norwegen in gleihem Sinne vorgehen würden; beide Staaten seien übrigens gefragt worden, ob sie nit gemein- shaftlihen Bestimmungen für alle drei nordischen Reiche bei- treten wollten, worauf jedoch ablehnende Antworten ein- gegangen feien. Für die dänishen Verfasser sei der Geseßz- entwurf jedenfalls ein Vortheil, denn obwohl dänische Ver- fasser weniger überseßt würden als andere, so werde es ihnen künftig doh öfonomischen Nußen bringen, wenn ihre Werke überseßt würden. Daß der überhandnehmenden Ueberseßzungs- literatur eine Shranke geseßt werde, sei kaum als ein Schaden zu betraten. Der Gesegentwurf wurde \hließlih zur zweiten e zugelassen und an einen besonderen Aus\huß ver- wiesen.

Amerika.

__ Vereinigte Staaten. Dem „New York Herald“ zufolge würde Präsident Harrison dem Kongreß demnächst eine Botschaft über die Behrings-See- Angelegenheit zusenden, worin er den Vorschlag, dieselbe einem Schiedsgericht zu unterbreiten, niht empfiehlt.

Jm Repräsentantenhause brachte der Vertreter von New-York, Cummings, am Freitag eine Resolution ein welche erklärt : :

Das Haus habe mit tiefem Bedauern und Gefühlen des Ent- seßens von der Verfolgung der Juden in Rußland, welche die Barbarei vergangener Zeitalter wiedersptegele, die Humanität \chädige und der Civilisation Einhalt thue, gehört. Dieses Bedauern werde erhöht dur die Thatsache, daß die Verfolgung fih in einem Lande vollziehe, welhes ein treuer Freund der Vereinigten Staaten war und noch ift, Welches die Leibeigenen befreite und hülflose Christen gegen die Bedrückung der Türken vertheidigte.

Die Resolution verfügt \{ließlich, daß eine Abschrift der-

selben dem Staatssekretär Blaine übersandt werde, damit er dieselbe dem Gesandten der Vereinigten Staaten in St. Peters- burg übermitteln könne mit der Weisung, sie dem Czaren zu überreihen. Von einem Beschluß des Hauses über Annahme oder Nichtannahme der Resolution ist noch Nichts bekannt. Aus NRapid City vom 18. Dezember wird gemeldet : Ungefähr 40 Fndianer griffen heute einen Transport- zug an, als derselbe über den Spring Street-Bah beim Cheyenne-Fluß seßte. Es wurden 100 Schüsse abgefeuert und ein Soldat verwundet. Kapitän Wells kam mit einer Ab- ie Reiterei zur Hülfe, worauf die Indianer die Flucht ergriffen.

hätten die Mauren veranlaßt, die Gefangenen wieder frei zu