1891 / 9 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 10 Jan 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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fundbeitspflege entsprohen wird und daß ihre Benußung ohne Ver- letzung der Sitte und des A1.standes erfolgen kann.

Um die Arbeiter auch auf wechselnden Baustellen stets im Besitze von Trinkwasser zu hal'en, wird die abefsynishe Pumpe mit- geführt.

Sow:it die vorstehenden Hinweise Zweifel bestehen lassen, oder soweit urter besonderen Umständen Einrichtungen, welce einen uns- gewöhnlichen Kostenaufwand bedingen, nothwendig ersheinen sollten ersube ich um besonderen Bericht. Ich empfehle jedoch allgemein den Beirath des zuständigen Gewerberaths in Anspruch zu nehmen; dadur wird am zuverlässigsten vermieden werden, hinter den Ein- rihtuangen, welche in entsprehenden gewerblichen Betrieben Geltung gewonnen haben, zurüczubleiben.

Zur Herbeiführung eines gleihmäßigen Verfahrens ist von dem Finanz Minister angeordnet worden, daß für der Abfindung unterworfene, mehlige wie nit mehlige Stoffe ver- arbeitende Brennereien, welheihr Erzeugniß einem mehrmali- gen Abtriebe unterziehen, der der Erhebung der Verbrauchsabgabe und des eventuellen Zushlags zu Grunde zu legende Alkohol- Ausbeutesay nah der Alkoholmenge des dur den wieder- holten Abtrieb g:wonnenen fertigen Branntweins zu be- stimmen ist. Soweit in den vorbezeihneten Brennereien die Vornahme von Probebränden nur bei den Maisch- bezw. Materialabtrieben angängig erscheint, mit dem gewonnenen Luttecalso weitere Probebrände nicht stattfinden, ist von derin dem unfertigen ersten Erzeugniß ermittelten Alkoholmenge zunächst für dea durch den wiederholten Abtried zu erwartenden Schwund ein den Betriebsverhältnissen dec Brennerei angemessener Prozentsaß, welcher jedoh über den Höchstbetrag des in nit abaefundenen Brennereien für den wiede? holten Abtrieb zu- lässigen Shwundnachlasses nicht hinausgehen darf, in Abzug ¡u bringen und nux die alsdann verbleibende Alkoholmenge der Bestimmung des Alkohol: Ausbeutesazes zu Grunde zu ¿2gen.

Auf Grund derx Bestimmung im §. 14 des Ausführungs- gesezes vom 24. April 1878 zum Deutschen Gerichtsverfassungs- gesey vom 27. Januar 1877 (Gescz-Samml. S. 230) werden gemäß einer Verfügung des Justiz-Ministers die kollegialischen Schöffengerichte zu Maischeid und Linz a. Rh., da das Fortschreiten der Grundbuchregulirung deren Aufhebung zu- lässig ersheinen läßt, vom 1. Februar 1891 ab aufgehoben. Von demse!ben Tage ab werden bis auf Weiteres für die Bezirke der ehemaliaen Schöffengerichte in Maischeid und Linz a. Rh. Schultheiß und Schöffen als Hülfsbeamte der Amtsgerichte zu Dierdorf und beziehungsweise Linz nah Maß- gabe der Bestimmungen der allgemeinen Verfügung vom 4. Oktober 1883 (Just.-Minist.-Bl. S. 315) bestellt.

Der Königlich sächsische Gesandte am hiesigen Aller- höchsten Hofe Graf von Hohenthal und Bergen ist vom Urlaub nah Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschast wieder übernommen.

Die Verwaltung der Spezial-Kommission Kassel VI ist dem als Spezial-Kommissar daselbst angestellten Regierungs- Assessor Dr. Jaeger übertragen.

Das Uebungs-Geshwader, und zwar S. M. Panzer- chiffe „Kaiser“, „Deutschland“ und „Friedrich Carl“, Geshwader-Chef Contre-Admiral Schröder, t an 9 a: nuar in Corfu angekommen. S. M. Panzerschiff „Preuß en“ ist nah Port Kaloni (Jnsel Mytilene) und S. M. Aviso „Pfeil“ nah Smyrna detachirt. Das Geschwader wird am 17. Februar nach Spalato wieder in See gehen,

In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs- und Staats-Anzeigers“ wird eine Uebersicht der in den deutshen Münzstätten bis Ende Dezember 1890 statt- gehabten Ausprägungen von RNeichsmünzen ver- dffentlicht.

Potsdam L Januar. Se, Majestät der Kaiser haben an die hiesigen städtishen Behörden nachstehendes Schreiben gerichtet :

„Das frohe Ereigniß in Meiner Familie hat in Verbindung mit der Jahreswende dem Magistrat und den Stadtverordneten Ver- anlassung gegeben, Mir und dem neugeborenen Prinzen im Namen der gesammtea Bürgerschaft Meiner Residenzstadt Potsdam warme Segenéwünshe zu widmen. Freudig bewegt dur diefe liebevolle Antheilnabme, gebe Ih Ihnen gcrn Meinen herzlihen Dank und die unveränderte Fortdauer Meines besonderen Wohlwollens zu erkennen.

Berlin, den 5. Januar 1891.

Wilhelm. An den Magistrat und die Stadtverordneten zu Potsdam,“

Von Zhrer Majestät der Kaiserin Friedrich ist xn die hiesigen städtischen Behörden folgendes Dankschreiben gelangt:

„Dem Magistrat und den Stadtverordneten danke Ih aufrichtig für die aus Anlaß des Jahreswehfels Mir ausgesprochenen Ge- finnungen freundliher Theilnahme und Anhänglichkeit und erwidere dieselben von Herzen mit Meinen besten Wünschen für das Wohl Potédams.

Berlin, den 6, Januar 1891.

Victoria, Kaiserin und Königin Friedrich. An den Magistrat und die Stadtverordneten von Potédam.“

Bayern. _ München, 9. Januar. Anläßlih der Erörterungen der Zeitungen über die Betheiligung des Landtages am S Geburtstage Sr. Königlichen Hoheit des Prinz- Regenten \hreibt die „Allgemeine Zeitung“, nah Tren „Informationen befinde sich die Angelegenheit zur G in einem Stadium, welches augenblicklich weitere Se eilungen noch auss\chließe. Dem von liberaler Étate Lts aufgetauhten Projekte, aus den Ueberschüssen des Muse 0 Millionen für ein in München neu zu erbauendes Weujeum anläßlih der Feier des Prinz-Regenten zu widmen,

wird von Seiten des „Münchener Fremdenblatt“, des „Bayerischen Kurier“ und des “Bayerischen Vaterland“ in sehr lebhafter Weise widersprochen.

Württemberg.

Stuttgart, 9. Januar. Die Kammer der Ab- geordneten trat, wie der „St.-A. f. W.“ berichtet, heute in die Generaldebatie über den Entwurf der Verwaltungs- reform ein. Nachdem der Berichterstatter von Göz in längerer mit Beifall aufgenommener Nede das Eintreten in die Berathung befürwortet hatte und der Abg. von Luß für den Entwurf in einer Reihe von Punkten eingetreten war, ergriff dec Staats - Minister des Jounern von Schmid das Wort und führte in einem Rük- blick auf die Geschichte dieser Verwaltungsreform-Bestrebungen seit den 48er Jahren aus, daß es fich um grundstürzende Umgestaltung der Gemeindeverfassung nit handeln fönne, daß eine solche ein Attentat auf gute, normale Zußände sein würde, und daß eine Regierung, die si ihrer Verantwortlichkeit bewußt sei, die Hand dazu nicht bieten könne. Der Entwurf halte also die bewährten Grundlagen der Gemeindeverfassung fest, er strebe keine unerreihbaren JIdeale an, er bejitrebe sih aber in vollster Nüchternheit, im Geist der Zeit Mißstände zu beseitigen und die Selbstverwaltung durch Einschränkung der Staatsaufsicht weitec zu entwickeln. Was die Lebens- länglihkeit der Ortsvorsteher anbelangt, fo gab der Minister die Erklärung ab, daß die Staatsregierung den größten, ja entscheidenden Werth auf Beibehaltung dieser Einrichtung lege.

Baden.

Karlsruhe, 9. Januar. Se. Großherzogliche Hoheit der Prinz Wilhelm is, wie die „Karlsr. Ztg.“ berichtet, aus Paris hierher zurückgekehrt.

Elfaß - Lothringen.

Straßburg, 9. Januar. Das „Gesezblatt für Elsaß- Lothringen“ veröffentlicht einen Kaiserlichen Erlaß, nah welhem der Landesausshuß am 15. Januar zusammen- triti. Der Kaiserliche Statthalter wird mit den zu diesem Zweck nöthigen Vorbereitungen beauftragt.

Deutsche Kolonien.

Nach einem Telegramm des „Berliner Tageblatts“ aus Sansibar hat Emin Pascha berichtet, daß er in Bukoba am Victoria-Nyanza eine befestigte Station angelegt und nah Zurücklassung einer Besaßung daselbst den Rülmarsch nah der Küste angetreten habe.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 10. Januar. Die „Wiener Zeitung“ veröffent- liht ven Staatsvertrag mit Ftalien, betreffend den Schuß von Werken der Literatur und Kunst.

Hofrath Graf Pace is zum Landes-Präsidenten der Bukowina ernannt worden.

Der tiroler Landtag hat vorgestern seine Sigungen wieder aufgenommen. Gegenstände der Berathung sind die Schu'frage uud das wälschtirolishe Autonomie-:Projekt.

Großbritannien und JFrland. __ Die Drauung der Prinzessin Louise zu Schleswig- Holstein mit dem Prinzen Aribert von Anhalt soll englishen Blättern zufolge in der dritten Woche des Juli in der Privatkapelle des Schlosses Windsor stattfinden.

Der Minister für Jndien Lord Croß hielt am 8. d. M. in Widnes an eine Versammlung konservativer Wähler eine Ansprache, im Verlaufe deren er U. A. bemerkte, daß die Friedensaus sichten im Auslande gegenwärtig ebenso günstig seien wie zu der Zeit, da Lord Salisbury seine Rede beim Lord- mayore-Bankett in der Guildhall (9. November) hielt. Die Gerüchte, daß eine Parlamentsauf'ösung nahe bevorstehe, be- zeihnete der Minister als unbegründet. „Warum“, fragte er, „sollte die Regierung an das Land appelliren, so lange fie eine große Arbeitsmehrheit im Hause der Gemeinen hat und die Staatsgeschäfte ihren befriedigenden Verlauf nehmen !“

Für den von dem irishen Statthalter Lord Zetland und dem Ober-Sekretär Baljour in's Leben gerufenen Fonds für die Nothleidenden West-Jrlands sind bereits 8000 Pfd. Sterl. eing-gatigen.

Mr. Parnell traf am 7. d. M. Abends, von Boulogne zurückehrend, in Begleitung T. Harrington's und der übrigen Abgeordneten, welche er zu dem Meeting mit OD'Brien hinzu- gezogen hatte, in London ein. Nach einigen Tagen der Ruhe wird er hon am Sonntag die angekündigte Rede in Limerick halten. „Freeman's Fournal“/, das Organ Parnell's, erklärt, das praktische Resultat der Boulogner Konferenz werde die Wiedervereinigung der irischen Partei sein.

“Mach einer Depesche des „Reuter schen Bureaus“ aus Brisbane (Australien) hat der Papua-Stamm der „Headhunters“ (Kopfjäger) 40 Dorfbewohner in Tu- garee ermordet und bedroht noch ein anderes Dorf gänz in der Nähe des Regierungsgebäudes, welches augenblicklih von Cameron, dem britishen Bevollmächtigten des west- lichen Distrikts, bewohnt ist. Eine Abtheilung Polizei ist zum Beistande Cameron's abgesandt worden,

Frankreich.

Paris, 10. Januar. Der Präsident Carnot empfing dem „W. T. B.“ zufolge gestern den rumänischen Minister- Präsidenten General Mano. :

Der „Temps“ meldet aus Skt. Petersburg, Prinz Waldemar von Dänemark habe sich im Namen des Herzogs von Orleans brieflich an den Kaiser von Rußland gewandt wegen eventueller Aufnahme des Herzogs in ein russishes Kavallerie-Regiment. Kaiser Alexander habe darauf geantwortet, ec sehe mit Rücksicht auf die ausgezeihneten Beziehungen zu der französishen Re- gierung eine Unzukömmlichkeit darin, eine solhe Bewilli- gung zu ertheilen, da die französishe Regierung darin eine Tendenz der Begünstigung der monarcistischen Partei er- blifen könnte, während Rußland den Parteidiskussionen fremd bleiben wolle, so lange Frankreich, welches alle seine Sympathien besiße, an seiner Spiße eine geachtete Regierung wie jene Carno1's habe. Auf den Hinweis des Prinzen Waldemar auf den Fall des Prinzen Louis Napoleon habe der Kaiser geantwortet, daß dieser Prinz niemals Thron- aspirationen oder Verwickelungen mit der Regierung der französischen Republik grb habe.

Der Prinz von 2 tontenegro ist hier eingetroffen.

Die Zollkommission der Deputirtenkammer hat

in der gestrigen Sißung die von der Unterkommission vor- eshlagenen Zölle auf Hölzer angenommen und de- chästigte sich sodann -mit der Frage, betreffend die Kündigung der Handelsverträge. Nach einer längeren Berathung wurde beschlossen, sich an die früheren Ecklärungen der Regierung zu halten, nach welchen alle Verträge, die einen Tarif enthalten, am 1. Februar ge- kündigt werden sollen, einshließlih derjenigen, welche die Schiffahrt, industrielles Eigenthum und ähnlihe Fragen be- treffen. Diejenigen Handelskonventionen, welhe auf Be- dingungen der meisibegünstigten Nation basirt sind, werden allein fortbestehen. Der Senator Fo ucher de Careil, ehemals Botschafter in Wien, ist heute gestorben.

Das „Journal des Débats“ meldet aus St. Louis (Senegal) über den Kampf des Obersten Archinard gegen den Scheikh Ahmadu, derselbe habe am 30. Dezember v. J. auf den Höhen von Koriga stattgefunden. Oberst Dodds ist mit Truppen von St. Louis abgegangen, um Abdul Bubakar anzugrcifen.

Spanien.

__ Die amtliche „Gaceta de Madrid“ von gestern veröffent- lit eine Verordnung, betreffend die Feier des 400. Jahrestages der Entdeckung Amerikas im nächsten Jahre. Es soll eine Kommission ernannt werden, in welcher auch Portugal und Amerika vertreten sind. Gleichzeitig wird der Amerikanisten-Kongreß in Huelva tagen. Im _September sollen in Madrid zwei Ausstellungen stattfinden, in denen die Kunst und die Handwerkszeuge Amerikas zur Zeit der Entdeckung durch Columbus vorgeführt werden sollen.

Wie französishe Blätter melden, hat anläßlih des bevor- stehenden Wahlkampfs kürzlih zwishen Sagasta und Castelar eine Unterredung stattgefunden. Als Ergebniß derselben wird bezeichnet, daß die Liberalen mit der Castelar’ schen Fraktion, den sogenannten Possibilisten oder Ordnungsrepubli- fanern, zusammengehen werden; dagegen sollen die übrigen Republikaner, die Centralisien unter Zorrilla und die Födera- listen unter Salmeron, entschieden bekämpft werden.

Pvuriugal.

Die Lissaboner Zeitungen nehmen, wenn auch mit Vorbehalt, von den umlaufenden Gerüchten über eine ein- getretene Ministerkrisis Notiz und halten, falls die Ge- rüchte fih bestätigen sollten, die Bildung eines durchweg pro- gressistishen Kabinets sür wahrscheinli.

Schweiz.

Die Liberalen im Kanton Tessin haben beschlossen, an der Wahl des Verfassungsraths am nächsten Sonntag nicht theilzunehmen. In Folge dessen ist die Lage im Tessin wieder ungünstiger. Wie die „Köln. Ztg.“ meldet, wurde am 9. d. M. von den Liberalen folgende Proklamation an das Tessiner Volk erlassen: „Die Enthaltung von der Verfassungsrath2wahl bedeutet nicht das Verlassen des Kampfplaßtes, wohl aber die bessere Vorbereitung auf die kommenden Kämpfe.“ Diese Enthaltung, heißt es weiterhin, sei das äußerste Mittel gegen die „Zlloyalität“ ihrer Gegner. Dem Vernehmen nach würde der Bundesrath, Falls die Absendung neuer Okkupationstruppen nah Tessin nöthig werden sollte, die Kosten diesmal dem Kanton auserlegen. Das Gerüht, daß Oberst Künzli seine Stellung als Kommissar für den Kanton Tessin niedergelegt habe, wird laut Telegramm des „W. T. B.“ von gut unterrichteter Seite dahin berichtigt, daß Künzli erklärt habe, seine Privatgeschäfte gestatteten ihm nit, das Kommissariat noch auf längere Zeit beizubehalten.

Belgien.

Die konservative Vereinigung in Gent beschloß einstim- mig, die alleinige Antwort auf das Rundschreiben des Brüsseler Verbandes der konservativen Vereine wegen des Verhaltens gegenüber der Frage der Verfassungsrevision könne nur sein, daß sie in die Regierung und in ihre Deputirten volles Vertrauen seße. Die liberalen Abgeordneten und Senatoren des Arondissements Lüttich haben an die liberale Association die Aufforderung gerichtet, das allgemeine Stimm- ret abzulehnen und eine Revision in gemäßigtem Sinne zu empfehlen.

Jn Megheln findet der „Germania“ zufolge am 8. Sep- tember d. J. ein internationaler katholisher Kongreß statt. Das Präsidium auf dem Kongreß, welcher fünf Tage dauern soll, hat der Staats-Minister Jacobs übernommen. Die einzelnen Seklionen des Kongresses werden si beschäftigen : mit Werken religiöser Natur, Wohlthätigkeit, sozialen Ange- legenheiten, Unterrichts- und Bildungswe}en, Künsten, Wissen- \chasten und Literatur.

Türkei.

Anläßlih der am 24. Dezember auf dem Bahnhof in Konstantinopel erfolgten Verhaftung des in bulga- rishen Diensten stehenden polnischen Ingenieurs Luß ky durh die russische Polizei hat das türkishe Auswärtige Amt ein Communiqué folgenden Jnhalts veröffentlicht : Qubfy, von welchem feit einigen Tagen anläßlich einer ns in Konstantinopel viel gesprochen werde, sei Terrorist und in mehrere Kriminaluntersuhungen in Rußland verwickelt. Lußky würde wegen derselben Verurtheilungen erlitten haben, wenn er nicht nach Bulgarien geflüchtet wäre. Die russische Polizei habe erdrückende Beweise dafür besessen, daß Lußky gemeine Verbrechen begangen habe, Weder die Kaiserlich. ottomanische Regierung noch der Palast hätten sih irgendwie in die Verhaftung eingemisht., Die russishen Konsular- behörden seien nah erfolgter Verständigung der Ortspolizei ganz selbständig vorgegangen. Uebrigens stehe fest, daß in Gemäßheit der Kapitulationen die fremden Konsulate in der Türkei das Verhaftungsrecht ihren Nationalen gegenüber ausübten. Die ottomanishe Regierung habe keinen Anlaß gehabt, Lubky, der kein politischer Verbrecher war, zu {hüßen.“

Die aufgetauhten Gerüchte über Ruhestörungen - auf Creta sind, wie man dem „W. T. B.“ aus Athen berihtet, grundlos. Es sei im Gegentheil eine allgemeine Be- ruhigung erkennbar, welhe nah der erfolgten Lösung des Patriarchat-Streits noch mehr hervortrete. Die Beziehungen zwischen der griechischen und der türkischen Regierung werden als die freundlichsten bezeichnet.!Z

Serbien. 2 _ Belgrad, 9. Januar. Der für Weihnachten ange- fündigte Besuch des Königs Alexander bei der Königin Natalie hat, wie „W, T, B,“ meldet, nicht stattgefunden.

Amerika.

Vereinigte Staaten. Der Senat wird die Debatte über die Finanzbill am nächsten Dienstag {ließen und am darauffolgenden Tage zur Abstimmung schreiten. Die „Washington Post“ glaubt, die Bill werde im Senat dahin abgeändert werden, daß der Vors(lag, zwölf Millionen Unzen Silber anzukaufen, beseitigt und durh das Amendement Stewart, betreffend eine beshränkte Silberausprägung, erseßt werde. Der Artikel, welcher die Erhebung einer Taxe für Einschmelzung geprägten Goldes zu für die Ausfuhr be- stimmten Barren festsegt, wird nach es des Blattes aufrecht erhalten werden, da dur diese Taxe der Goldexport ershwert werden solle. Die Bestimmung Über die Ausgabe zweiprozentiger Obligationen würde eliminirt werden.

Ein Telegramm des Journals „World“ aus Pine Ridge meldet: die zur Umzingelung des indianischen Lagers von den Generalen Brooke und Cary eingeleitete Truppenbewegung sei am 8. d. M. vollendet worden, man erwarte nunmehr unweit Pine Ridge einen kriegerischen Zusammenstoß. Die Verhandlungen, wclche die Jndianer-Häuptlinge Red Cloud, Little Wound, Two Strikes und Andere mit dem General Shofield wegen ihrer Unterwerfung eingeleitet hatten, scheinen also kein Resultat gehabt zu haben. General Miles meldete Einzelheiten über die Tödtung des Lieutenants Edward Casey vom 22. Jnfanterie-Regiment. Derselbe wagte sich in zu große Nähe des Lagers der feind- lihen Indianer und erhielt einen Schuß durch den Kopf. Die Leiche wurde geborgen. Gleichzeitig wurde die schrecklich verstümmelte Leiche eines von den Indianern bei Pine Ridae getödteten Viehzüchters Namens Fsaac Miller ins Lager gebracht. Aus Colfax, Washington, fommt die Meldung, daß die Erschießung des Häuptlings Bones die Palouse-Jndianer derart erbittert habe, daß ein allgemeiner

Aufstand dieses S1ammes befürchtet werde,

Chile. Fm Anschluß an die Meldungen über den Aus- bruch von Unruhen in_ Chile (vgl. gestr. Nr. d. Bl.) ver- öffentlicht der Pariser „Siècle“ Mittheilungen des chilenischen

Gesandten, wonoch der Ursprung des Konsflikts in der Auflösung des Kongresses liege, welGe der Präsident Balmaceda vorgenommen habe, da er

die Bewilligung des Budgets nicht erlangen konnte. Nachdem der Präsident sodann das Budget aus eigener Machtvollkommenheit festgeseßt, hätten die Kammer- bureaux ein Manifest erlassen, worin das Vorgehen des Präsidenten als eine Verfassungsverlezung bezeichnet werde, Die Armee habe bisher noch nicht Partei ergriffen. Balmaceda befinde sich in Santiago, der Kammer-Präsident an Bord eines der chilenishen Schiffe. Die Flotte dürfte sih gegen Balmaceda erklärt haben.

Parlamentarische Nachrichten.

Inder Kommission des Reichstages für die Novelle zum Patentgesetß wurden gestern die &. 4 bis 6 der Vorlage unvzr- ändert angenommen. Bei §. 7 wurde auf Antrag des Abg. von Buol folgender Zusaß beschlossen: „Durch die Nichtigkeitserklärung des Hauptpatents wird das Zusaßpatent zu einem selbständigen Patent mit dem Alter des Hauptpatents und der Gebüßdrenpflit nah dem eigenen Alter“. Zu §. 8, welcher die Gebühren für die Patent- anmeldungen festsett, liegen Abänderungéanträge von Münch-Kauff- mann und von Buol vor, welche eine Crmäßigung bezwecken theils dur Herabsetzung theils durch Verlängerung der Zahlungéfristen. Die Entscheidung wurde bis heute ausgeseßt.

Dem Hause der Abgeordneten ist von dem Minister der öffentlihen Arbeiten von Mayba h der Nachweis über die Verwendung des in dem Etat für 1. April 1889/90 unter Titel 47 der einmaligen und außerordentlichen Ausgaben vorgesehenen Dispositionsfonds von 1 500 000 Æ zur Kenntnißnahme zugegangen.

In der Landgemeindeordnungs-Kommision des Hauses der Abgeordneten wurden gestern Nachmittag die S8, 46, 47, 48 der Vorlage erledigt und somit der Abschnitt über die Nebte und Pflichten der Gemeindeglieder zum Abschluß gebracht, Gine lebkafte Debatte knüpfte sich an § 48, welcher besagt: _eDer Regel nah steht jedem einzelnen Gemeindegliede eine Stimme in der Gemeindeversammlung zu, jedech mit folgender Maßgabe: Mindestens zwei Drittel sämmtliGer Stimmen müssen auf die mit Grundbesiß angesessenen Mitglieder der Ge- ueindeversammlung entfallen.“ Ein Antrag Eberty- Rickert, statt zwei Drittel zu seten: die Hälfte, wurde gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt. Absay 2 von 8 438 bestimmt: „Denjenigen Besißern, welche von ihrem im Gemeindebezirk belegenen Grundeigenthum einen Jahresbeitrag von 75 bis aus\{ließlih 225 4 an Grund- und Gebäudesteuer entrihten, find je zwei, und denjenigen Besitßery, welche von diesem ihrem Grundeigenthum einen JaHZres- beitrag von 225 4 und mehr an Grund- und Gebäudésteuer ent- richten, je drei Stimmen in der Gemeindeversammlung beizulegen.“ Hier wurde zunächst ein_ Antrag von Heydebrand, welcher die Einräu- mung eines höheren Stimmrechts dur Ortsftatut zulassen wollte, gegen die Stimmen der Konservativen abgelehnt. Dagegen wurde ein Antrag von Tiedemann (Labischin) mit 15 gegen 11 Stimmen an- genommen, wona bei einer jährlihen Grundsteuer von über 225 Mh für je 500 e eine Stimme mehr gewährt wird. Von deuts{- freisinniger Seite wurde die Erklärung abgegeben, daß man zunächst von Stellung weiterer Anträge in der Kommission absehe und ih die Abänderungsvorschläge für das Plenum vorbehalte. |

Heute begann die Kommission ihre Berathungen bei 49, welcher den vierten Abschnitt (Gemeindevertretung) einleitet. §. 49 lautet: „In denjenigen Landgemeinden, in welchen cie Zahl der Gemeindeglieder mehr als 30 beträgt, tritt mit dem Zeitpunkte, wo die Gemeindegliederliste diese Zahl nachweist (§. 409 Abs. 2), an die Stelle der Ge- meindeversammlung eine gewählte Gemeindevertretung. Die Land- gemeinden sind bere@tigt, auch bei einer geringeren Anzahl von Ge- meindegliedern eine Gemeindevertretung im Wege ortsstatutarischer Anordnung einzuführen. Die Gemeindevertretung besteht aus sechs gewählten Gemeindeverordneten. Diese Zabl kann dur Ortsstatut auf 9, 12, 15 oder hôchstens 18 erhöbt werden. Besteht cine Landgemeinde aus mehreren Ortschaften, so kann die Anzahl der aus jeder einzelnen Ortschaft zu wählenden Gemeindeverordneten durch Beschluß des Kreisaus\{chu}ses bestimmt werden.“ Der Abg. Barth beantragte, die Zahl der Gemeindeglieder auf 50 zu erhöhen und festzuseßen, daß bei

20 bis 50 Gemeindegliedern der Kreisaus\{huß auf An- trag der Betheiligten die Einführung einer Gemeinde- vertretung beschließen könne. Der Abg. von Strom-

beck {lug vor, an Stelle déèr ersten beiden Absäße zu seßen: „Die Landgemeinden sind berechtigt, an Stelle der Gemeinde: versammlung eine gewählte Gemeindevertretung im Wege ortsstatu- tarisher Anordnung einzuführen“. Der Minister des Innern Herr- furth erklärte si gegen den Antrag Strombeck und bezeichnete den An- frag Barth als diskutabel, Es sei irrelevant, ob die Gemeindevertretung aus 18, 24, 30 oder 40 Gemeindeverordneten bestehe, dagegen seine ihm die Zusammensezung von 50 Mitgliedern zu hoch gegriffen, Der

Minifter erklärte sich mit der Zusammenseßung von 40 Verordneten einverstanden. Der Abg. Barth beantragte, daß, wenn eine Landgemeinde aus mehreren Ortschaften bestehe, die An- zahl der aus jeder Ortshaft zu wählenden Verord- neten auf Antrag eines Betbeiligten durh Beschluß des Kreisaus\{husses bestimmt werden könne. Der Abg. Dr. Krause bekämpfte die Anträge Barth und Strombeck und befürwortete die Vorlage. Der Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa trat dem Antrage Barth zu 1 bei, {lug aber vor, 40 Mitglieder zu bee stimmen. Der Abg. von Helldorff-Zingst stimmte dem Antrage Barth zu 1 zu. Der Abg. Weber erklärte sich für den zweiten Antrag Barth, beantragte aber den Zusaß: „oder Falls es das öffent- liche Interesse erfordert.“ Der Abg. Klose s&lug vor, daß bei mehreren Ortschaften die Anzahl der aus jeder Ortschaft zu wählenden Gemeindeverordneien nach Verhältniß der Stimmberechtigten bestimmt werde. Für den ersten Antrag Barth spra der bg. Frent, für den zweiten Antrag Barth (mit Unterantrag Weber) die Abgg. Lamprecht, von Heydebrand, von Tiedemann, von Rauchhaupt und Hobrecht, dem Antrag Weber widersprach der Abg. Dr. Ritter. Der Minister des Innern Herrfurth und der Abg. Seer bekämpften den Antrag Kiose, der Abg. Schmidt vertheidigte dagegen die Anträge Klose und Strom- beck aus Gerechtigteitsgründen . bezw. wegen Anlehnung an das bestehende Recht und beantragte getrennte Abstimmung und Theilung des Antrags Barth zu 1, erklärte aber, er werde eventuell für den Antrag Barth stimmen, und bat, an der Zahl 50 festzuhalten. Der Abg. Dr. von Heydebrand hob hervor. daß bisher der Vemcinde- vorstand (Schulze und Schöffen) durch Statut Mitglieder der Ge- meindevertretung gewesen seien, er beantragte daher den Zusaß, daß die Gemeindevertretung aus dem Gemeindevorsteher, den Schöffen und 6, 9, 12, 15 oder 18 Verordneten besteben sol. Der Regierungs: kommissar trat diesen Ausführungen entgegen. Bei der Abstim- mung wurde der Antrag Strombedck mit allen gegen vier Stimmen abgelehnt, der erste Antrag Barth zu alinea 1 angenommen,

aber statt 50, den Ausführungen des Ministers entsprechend, 40 entaëgen. den 30 der Vorlage, gesetzt. Darauf

rourde auch der Antrag Barth zu alinea 2 mit dem An- trage Weber angenommen, der“ Antrag Strombeck zu alinea 4 abgelehnt. Bei alinea 3 brachte der Abg. Weber folgenden Antrag ein: „Die Gemeindevertretung besteht aus dem Gemeindevorsteber, den Scöffen und den Gemeinde- verordneten, die mindestens die dreifache Zahl der zuerst Genannten be- tragen muß, höchstens aber vierundzwanzig.“ Der Minister des ÊFnneren Herrfurth erklärte sh für diesen Antrag, zu dessen Gunsten der Abg. von Heydebrand seinen Antrag zurüdzog. Der Antrag Weber wurde einstimmig angenommen und damit der ganze Paragraph.

Die Kommission des Hauses der Abgeordeten zur Berathung des Gewerbesteuergeseßes nabm heute ihre Sigungen wieder auf und nahm in der Fassung der Regierungsvorlage die L8. 28: Besondere Verpflichtung der Aktienge/sell- ihaften bez. Einreichung der Geschäftsberihte und Jahresabsc{lüfe, 99: Namentlihe Nachweisungen für Klasse II[—IF, 30: Berufungêrecht des Vorsißenden in Rae, ol: Gewerbesteuerrolle, 32; Benachrichtigung des Steuer- pflichtigen, 33: Begrenzung der Steuerpfliht, 34: Zu- gang im Laufe des Jahres, 35—37: Rechtsmittel, an.

In der Einkommensteuer-Kommission des Hauses der Ab geordneten wurde gestern Nachmittag der fünste Abschnitt der Vorlage berathen, welcher von der Veränderung der veranlagten Steuer innerhalb oes Steuerjahres handelt. Der Abschnitt wurde mit unwesentlichen Aenderungen angenommen , ebenso der folgende Abschnitt, betreffend Steuererhebung. Bei der Berathung des 8. 68, mit welchem der Abschnitt über die Strafbestimmungen beginnt, wurde die Fortsezung der Berathung auf heute vertagt.

Heute fuhr die Kommission mit der Berathung der Straf- bestimmungen bei §. 70 fort. Derselbe lautet: Wer die in Gemäkfß- heit des §. 22 von ihm erforderte Auskunft verweigert, oder ohne genügenden Entschuldigurg8grund in der gestellten Frist garnicht oder unvollständig oder unrichtig ertheilt, wird mit ciner Geldstrafe bis 300 M bestraft und haftet außerdem für die durch sein Ner- \chulden dem Staate entgangene Steuer. Wer der in 8, 63 vor- geschriebenen Verpflihtung zur An- und Abmeldung nit rechtzeitig nachkemmt, wird mit Geldstrafe bis zu 20 f be- straft. Die Abgg. von Bismarck und Dr. Enneccerus \{lugen folgenden neuen Absatz vor: „Wer dié: Srteuer- erklärung, zu deren Einreichung er geseßlich verpflichtet ist, nit längstens innerhalb vier Wochen na einer nochmaligen besonderen Auf- forderung, welche auh nah ges{ehener Neranlagung ergehen kann, abgiebt, hat neben der veranlagten Steuer eiren Zuschlag von 25 9%/o zu derselben zu zahlen und außerdem die dur seine Unterlassung dem Staat entzogene Steuer zu entrichten.“ Die Nationalliberalen bean- iragten die Streichung der Worte „und haftet“ bis „Steuer“. §. 70 wurde mit diesen beiden Anträgen angenommen.

In der Kommission des Hauses der Abgeordneten für das Wildschadengeseß wurde gestern Nachmittag in der Spezial- berathung bes{lossen, die Rehe auëzunebmen, Fafanen dagegen in der Reibe des \chädlihen Wildes zu belassen. §. 1 erhielt demnach folgende Fassung: „Der durch Schwarz-, Rotbh-, Elch- und Damwild wie auch dur Fasanen angerihiete Schaden ist dem Nußung?- berechtigten nah Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu ersetzen. ,

Kunst und Wissenschaft.

Das Bildniß Sr. Majestät des Kaisers und Königs, : welches der hiesige Maler Max Koner im Allerhöchsten Aufirage für die deutshe Botschaft in Paris soeben vollendet hat, ist auf kurze Zeit im Schulte'’shen Salon ausgestellt. Der Künstler hat unsern Kaiser in Lebensgröße wieder- gegeben. Wir sehen Se. Majestät in einer offenen Säulenhalle, welhe nach hinten den blauen Himmel durch- blickden läßt, auf marmornem Fußboden vor einem Sessel steben, welhen der mit blauem Atlas gefütterte rothe Mantel

in einfahen Falten verhüllt und der neben einem Rococotish si befindet, auf welhem die Reichskrone, der Reichsapfel und das Reichsshwert ruhen. Se.

Majestät, in der Parade-Uniform der Garde-Kürassiere, hält mit dec Rechten den Kommandostab, welchen Allerhöchst- derselbe auf den Stuhl stüßt, indeß die Linke den Pallasch umfaßt; der Mantel deckt leiht die linke Schulter, während die hohen Reiterstiefel und der s{hwarze Brust- harnisch im Verein mit dem blauen Mantelfutter erheblich

dazu beitragen, die helle Figux der Allerhöchsten Person und vor Allem das unbedeckte, hocheryobene Haupt hervortreten zu lassen. Als vorzüglih ge-

lungen muß der Ausdruck des Kopfes bezeichnet werden. Diese leuhtenden hellblauen Augen, welche zielbewußt in die Ferne blicken, sprehen von freudiger Hoff- nung und energisher Willenskraft sie erinnern an die Augen des Großen Kurfürsten, wie solche die Hofmaler jenes Hohenzollernahnen uns überliefert haben. Das volle Oval, die leiht geshwungene Nase mit dem blonden Bart darunter, sowie die kräftigen Lippen und das energische Kinn sie alle künden von Jugend und Thatkraft. Auch in den Einzelheiten der Uniform, welche in geshmack- voller Anordnung die verschiedenen Sterne \{chmüdcken, hat der Maler es verstanden, der Wirklichkeit möglichst nahe zu

kommen, ohne den Gesammteindruck zu schädigen; man erkennt, daß die Liebe und Begeisterung zum Werk dem noch ijugend- lichen Künstler die Hand geführt hat. G. Tad.

Theater und Musik

Königliche Theater.

Im Opernhause mußte am _ Freitag noch in letzter Stunde die Oper „Martha“ von Friedrich von Flotow ein- gehoben werden, weil Hr. Kammmersänger Anton Erl, vom Königlih \ächsishen Hof-Theatec in Dresden, welcher in der angekündigten Donizetti’shen Oper „Marie, oder die Tochter des Regiments“ als Gast in der Rolle des Tonio auftreten * sollte, der Direktion erst im Laufe des Nachmittags seine Indisposition an- zeigte. Der Königlihe Sänger Hr. Ernst hat s einer Operation unterwerfen müssen, und ist deshalb die neu einstudirte Oper „Doktor und Apotheker“ füc kurze Zeit vom Spielplan der Königlichen Oper abgeseßt. In der am Dienstag, den 13. d. M., zur Aufführung fommenden Oper „Oberon“ wird der Oberon von Frl. Leisinzer, die Rezia von Fr. Piecson und der Hüon von Hrn. Sylva zur Dar- tellung kommen. j

Der Spielplan der Oper für die Zeit vom 11. bis 17, Ja- nuar lautet: Sonntag: „Tannhäuser“. Montag: Théâtre paré ¿Der WaffensGmied“. Dienstag: „Oberor“. - Pttwoch: „Marie, oder: Die Tochter des Regiments“. Solotanz. (Marie: Frl. Teleki, als Gast; Tonio: Hr. Anton Erl, Königlich sächsischer Kammersänger in Dresden, als Gast.) Donnerstag: „Don Juan“. Freitag: „Carmen“. (José: Hr. Anton Erl, Könialich sächsischer Kammersänger in Dresden, als Gast.) Sonnabend: „Coppelia", „Die äFahreszeiten“.

Für das Schauspiel: Sonntag: „Was ihr wollt“. Mon- tag: „Der Bibliothekar“. Dienstag: „Der Kaufmann von Venedig“. Mittwo: Gesclossen. Donnerstag: Prolog. Zum ersten Mal: „Das goldene Vließ*". „Gastfreund und Argonauten*“. Freitag: „Das goldene Vließ“, Neu einstudirt: „Medea“. Sonnabend :

„Die Quißow's,* Deutsches Theater.

Am nächsten Donnerstag, 15. d. M., als dem 100jährigen Ge- burtstag Grillparzer's, geht defjen Trauerspiel „Des Meeres und der Liebe Wellen“ mit Hrn. Bartkbel als Leander neu einstudirt in Scene. Morgen wird „Der Sohn der Wildniß* gegeben. Am Montag, Mittwoch, Freitag und künftigen Sonntag finden Wiederholungen von "Die Kinder der Excellenz“ statt. Dienstag kommt „Maria Stuart“ und Sonnabend „Das Wintermärchen“ zur Aufführung.

Berliner Theater.

Der Wotensvielplan rom 12,—18. d. M. bietet reiche Abs weHselung durch die beiden \chnell auf einander folgenden Novitäten. Am Mittwoh und Freitag finden Wiederholungen von Hans von Hopfen’'s Schauspiel „In der Mark“ statt, das auch für die Sonntag - Nahmiitags - Vorstellung bestimmt ist. Am Sonn- abend geht Ernst von Wildenbruch's Bearbeitung des „Frl. von Scudery“ von Otto Ludwig zum ersten Mal in Scene und wird am Sonntag Abend wiederholt. Am Montag und Donnerstag werden die sich stets zugkräftig erweisenden „Goldfishe“ gegeben und am Dienstag fiadet eine Vorstellung des „Kean“ start, der nach wie vor ausverkaufte Häuser erzielt.

Lessing-Theater.

Im Laufe der kommenden Woche finden ¿wei besonders bemerkens- wertbe Arfführungen statt, am Mittwoch die erste Aufführung von Richard Iaffé's Sthauspiel „Ohne Jdeale® und am Dons- nerstag zur huudertjährigen Gedenkfeier Franz Grillparzer's „Der Traum ein Leben“, mit einem von Josef Kainz vorgetragenen Gpilog von Ludwig Fulda.

Das Woghen- Repertoire lautet also: Sonntag und Montag: „Sodoms Ende“ ; Dienstag: „Die Ehre“; Mittwoh zum ersten Mal : „Ohne Ideale.“ Schauspiel in vier Akten von Richard Jaffs; Donnerstag: „Der Traum ein Leben*; Freitag und Sonnabend:

„Ohne Ideale“. Wallner-Theater.

Gestern Abend gelangte das Volksftück „Talmi“ von M. S6Glesinger und L. Herrmann mit freundlihem Erfolge “zum ersten Male zur Darstellung. Die Novität steht dem alten Volks- tud dadur nahe, daß sie Ernst und Scherz, wie sie dem Volks- leben in buntem Durcheinander entspringen, in \cenischen Bildern vorführt; aber sie mat auch der realistishen Schule _Zu- geständnisse und läßt den Einfluß, den die junge Schule auf die Berfasser ausgeübt hat, in einigen krassen Effekten erkennen. Einen Beweis hierfür liefert in hervorragender Weise der Schluß des ersten Aktes, welher das Zusammentreffen eines ehrlihen alten Drofschkenkutshers mit feiner heimli@ zum Tanz ge- gangenen Tochter in einem Moabiter Vergnügungslokal zeigt. Im Allgemeinen bietet die Handlung nits Ueberraf{endes ; die redlihen, braven Leute aus dem Volke mit “ihrem einfaen, aber wahren Empfindungsleben sind in herkömmlicher Weise leichtfertigen begüterten Leuten geaenübergestellt ; in den unteren Schichten zeigen die Verfasser zumeist Gemüther echt wie Gold, in den oberen erscheint äußerlih Alles glatt und glänzend und ift do nur „Talmi“, nämlich innerlih falsch und verrottel. Die Handlung verläuft ziemlih alltäglich und zusammenhanglos; es tit etne neue Nariation der Geschichte von dem armen Mädchen, welches einen reiben Mann heirathet, der zuerst dur leichtsinnigen Lebenswandel und wilde Spekulationen zu Grunde geht, um endlich in der Arbeit ih und sein Familienglück wiederzufinden ; nebenher spielt stch noch die Geschichte einer Shwester ab, die si, noch halb in den Kinder- \{uben, einmal vergessen hat und nun in harker Arbeit ihre jungen Sahre verlebt, bis der von ihr halb gehaßte, halb Jeliebte Mann, der ihr Unglück verschuldet, sie heim- führt, Die Charaktere sind zumeist \chablonenmäßig und overfläblich, aber im Wesentlichen trefend gezeichnet. Das, was dem Stük zum Erfolge verholfen hat, ift der kernige Berliner Humor, welcher in Rede und Gegenrede zu Lage tritt und aus den Couplets hervorleuhtet. Auch viele kleine cingestreute Scenen, welche mit dem eigentlichen Gang der Handlung faum etwas zu thun haben, tragen das Gepräge eter Nolksthümlichkeit und verdienten daber wohl den thnen gezollten Beifall. :

Die Darstellung kann fast bedingungslos ausgezeinet genannt werden, sowohl was die Einzelleistungen als was das Zusammenspiel betrifft. Im Vordergrunde standen die Hrrn. Guthery und Meißner, welhe wirklih prächtige Figuren aus dem Berliner Nolksleben \cufen, der Ersteie als ehrfamer Droshkenkutsher und gefühlvoller Vater, der Leßtere als Kellerwirth und Diensts mann. Hr. Büller spielte einen alten Gecken und Roué, welcher sich nicht gern Großpapa nennen höôct , sehr tüchtig und suchte den unangenehmen Eindruck der Figur durch) viele humoristishe Einzelheiten auszugleihen, Hr. Alexander fam in seiner kleinen Rolle wenig zur G?lfung, formte dieselbe aber so gefällig wie möglich. Ein kleines Prachtstück der Darkftekllungskunst bot Frl. Seemann _als Spreewälder Amme im Vortrage ihres Gratulationsliedes. Frl. Pallatsccheck zeigte în der Rolle der „Paula“ ehtes Talent niht nur für findlihes Scherzen, sondern auch für wirklich wehmuthëvolle Empfindung. Als Zimmervermietherin von zweifelhaften Sitten, die aber Nachdruck darauf legt, für eine feine Frau zu gelten, zeibnete ich Fr. Trost darstellerisch aus. Das neue Mitglied des Thcaters, Frl. Augustin, spielte cine Direktrice ret flott, aber Vieles erschien zu sehr erkünstelt und berechnet, um voll zu wirken. Au in den kleineren Rollen, deren es in dem Stück recht viele giebt, thaten alle Mitwirkenden ihre Sguldigkeit. Die Darsteller mußten wiederholt vor der Gardine erscheinen und mit ihnen die beiden Verfasser, um den Dank des gut gestimmten Publikums entgegen zu nehmen.

Victoria-Theater.

Die \tumme, aber nichtsdestoweniger dankbare Rolle der Rosalinde in den „sieben Raben“ wird jeßt von Frl. Ida Müller ge- geben. Das Zusammenspiel ist, nahdem die tehnishe Handhabung durch die Wiederholungen eine rasche und leichtere geworden, ein durhaus ab-

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