1891 / 11 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 13 Jan 1891 18:00:01 GMT) scan diff

stellte es mit Nachdruck in Abrede, daß er von maßlosem Egrgeiz beseelt sei oder sich in die Arme der Feinde Jrlands zu werfen beabsihtige. Das irishe Volk müsse das Recht haben, seine Angelegenheiten, frei von englishen Geheißen, selber zu regeln. Nicht die Jrländer hätten den Streit begonnen, sondern die Engländer, welhe warteten, bis Glad- stone seine Meinung ausgedrückt hatte, ehe sie Entshlüsse faßten. Was die Unterredungen mit O'Brien betreffe, so könne er ohne Vertrauensbruh nur sagen, daß er mit dem Ergebniß vollkommen zufrieden sei. Hoffnungsvoll sehe er einem erfolgreihen Ausgange entgegen, aber, wie au das Ergebniß beschaffen sein möge, er gedenke auf dem Pfade fortzuschreiten, den er seit 1879 betreten habe. Am Sonntag Nachmittag empfing Parnell eine Reihe von Deputationen, welhe ihm Adressen überreichten. In Erwiderung darauf erging er sich in ershöpfender Weise über die Umstände der Krisis, die er dem Briefe Gladstone's zu- schrieb. Wenn eine Lösung der irishen Frage, wie solhe das irishe Volk erwarte, von den enalischen Liberalen erzielt werden könnte, würde er von der Führerschaft einer Partei zurüdtreten, an deren Führung ihm kaum etwas liege, so lange sie ihre aegenwärtige Zusammensetzung beibehalte. Jn Betreff der Unterhandlungen mit O’'Brien äußerte er sich wiederholt nur sehr zurükhaltend und begnügte sih mit der Bemerkung, daß, soweit diese Verhandlungen gediehen seien, er mit O’Brien in völligem Einvernehmen sei.

Da die Behbrzahl der britishen Handelsverträge in niht unferner Zeit abläuft, so beshloß die Londoner Handels- kammer, einen Kongreß britisher Handelskammern einzuberufen, damit die Regierung die Ansichten der Handels- welt vernehme. Der Befhluß legt außerdem die Nothwendig- keit nahe, möglichst bald amtlich in Erfahrung zu bringen, welches Verfahren die französishe Regierung nah dem My Februar hinsihtlih britisher Waaren einzuschlagen gedente.

Der Großfürst - Thronfolger von Rußland ist, wie aus FJndien gemeldet wird, am 10. d. M. in Jeypore eingetroffen und ihm dort ein großartiger Empfang bereitet worden. Zu Ehren Sr. Kaiserlichen Hoheit bewegte sih ein langer Zug mit Elephanten durch die Stadt. Der Großfürst taushte Besuhe mit dem Maharadjcha aus und betheiligte sich dann an einer Tigerjagd. Abends speiste der Großfürst Alexander beim Muaharadscha, dessen Minister die Gesundheit der Königin Victoria, des Czaren, des Königs von Griechenland und seines Kaiserlichen Gastes ausbrahten. Die Festlichkeiten nah Tisch b-standen in einem von eingeborenen Tänzerinnen ausgeführten Tanz und einem großartigen Feuerwerk.

Frankreich.

Paris, 13. Januar. Der Minister-Präsident de Freycinet leidet laut Meldung des „W. T. B.“ an einer leichten Erkältung und hütet das Zimmer.

Die Zollkommission nahm gemäß dem Vorschlag der Regierung die zollfreie Einfuhr von rohen Häuten an.

Dem „Soleil“ zufolge haben \sih die Seidenweber in Saint-Etienne sowie der Munizipalrath von Privas in von ihnen beschlo senen Resolutionen gegen die beabsichtigten Seidenzölle ausgesprochen.

Der „Avenir militaire“ meldet, der Kriegs-Minister habe der Abtheilung für Geniewesen eine Entscheidung mit- getheilt, wonach im Hinblick auf das projektirte Deplacement der Pariser Ringmauer die Geseze über Militär- Tervitutlei U an 1 Sanuar @ ab. Ut nex anzuwenden seien. Das „Journal des Débats“ hofft, eine derartige Entscheidung, welche ungeseßlih wäre, werde nicht getroffen sein und der Kriegs-Minister werde nicht die Znteressen der nationalen Vertheidigung geopfert haben, um ein den Senatswählern gegebenes Versprechen einzulösen.

RNRuß;land und Bolen.

Das Neichsbudget für 1891 balanzirt in Einnahmen und Ausgaben mit 962300000 Rubel Die Einnahmen sind im Ordinarium veranschlagt auf 897 100 000 Rubel, im Extraordinarium auf 13-700 000 Rubel; weiter figuriren unter den Einnahmen 31/2 Millionen Rubel roulirende Einnahmen. Zur Deckung der außerordentlihen Aus- gaben von 33900000 Rubel für Eisenbahnbauten, 8 900 000 Rubel für Hafenbauten und 20000000 Rubel für Umbewaffnung der Armee werden neben den außer- ordentlichen Einnahmen noch 47700000 Rubel aus dem freien Baarbestande der Reichzrenten entnommen. Als Ausgaben sind aufgeführt im Ordinarium 895 300 000 Rubel, im Extraordinarium 63400 000 Rubel und 31/4 Mill. Rubel roulirende Ausgaben. Die ordentlihen Einnahmen überschrei- ten die ordentlihen Ausgaben um 1 800000 Rubel und sind um 8 Mill. höher als im Vorjahre, die ordentlichen Ausgaben um 7800 000 Rubel höher als im Vorjahre. Daß das Budget mit Vorsicht und Mäßigung veranschlagt ist und denno einen Uebershuß aufweist, erklärt sich dadurch, daß durch die leßte Anleihe zum Zw:ck der Konversionen eine Ersparniß von 9 200 000 Rubel erzielt und 11 100 000 Rubel der fünfprozentigen Schuld getilgt worden sind. Unter den Minder-Einnahmen befinden fich 10 800 000 Rubel an Zoll- gefällen in Folge der Coursfteigerung aufgeführt, unter den Ausgaben beim Krieg2-Ministerium ein Mehrbedarf von 4 600 000 Rubel, worunter 2 Millionen für Kasernenbauten, und beim Marine-Ministerium ein Mehrbedarf von 41/9 Millionen veranschlagt. Das Exposé zu dem Budget betont, daß die darin erläuterten, in das Finanzressort einshlagenden Maßnahmen nur einen Theil derjenigen großen fkonsolidirenden Thätigkeit darstellen, welhe alle Ressorts energisch und einmüthig ent- wideln, um die Allerhöchsten Weisungen auszuführen. Das an den Kaiser gerihtete Exposé fährt dann fort: „Ganz Rußland hegt die feste Zuversicht, daß die offenherzige und sriedliebende Politik Ew. Majestät, welche unentwegt die Ehre und Würde des Reiches und den Segen des Friedens selbst in den s{hwersten Zeiten erhalten hat, welche die Finanzen des Landes befestigte und seinen Kredit bis zum gegenwärtigen Niveau gehoben hat, auch künftig wie bisher unter dem sicht- baren Sdug und Segen Gottes von vollem Erfolge begleitet sein e,

ever die Unterstellung der protestantishen Schulen des St. Petersburger und, Moskauer angeli@luibeishen Kon sistorialbezirks unter das Ministerium der Volks- aufkflärung veröffentliht die Gesez:Sammlung in der Num- mer vom 23, Dezember (a. St.) einen Kaiserlichen Befehl, dem zu Folge alle lutherishen Kirchen-

bezirks ohne Ausnahme mit allem diesen Schulen gehörenden Eigenthum dem Ressort des Ministeriums der Volksaufllärung unterstellt werden, auf allgemeiner Grundlage mit den übrigen der Administration dieses Ministeriums unterstehenden Ele- mentarshulen und mit der Bedingung, daß bei der neuen Organisation der Verwaltung die Berechtigung der pro- testantishen Geistlichkeit zur Ueberwachung der religiösen Ausbildung der Jugend in den genannten Anstalten aufrecht erhalten bleibt.

Ftalien.

Der König hat, wie man der „Köln. Ztg.“ meldet, den Ehrenvorsig für die 400 jährige Columbusfeier in Genua angenommen.

Wie dem „Hamb. Corr.“ aus Rom berichtet wird, ist in den Ausgaben des Finanzressorts für das nächste Etatsjahr eine endgültige Ersparniß von 2263 517 Lire gegenüber der laufenden Finanzperiode festgestellt worden. Dieses Ergebniß wurde erreiht troß einer erhöhten Zollwieder- erstattung auf Grund der erhöhten Ausfuhr von kandirten Citronen aus Livorno von einer Million Lire und von (00 000 Lire für die nothwendig gewordene Vermehrung des Zoll- und Steuerpersonals. Weitere 700 000 Lire mußten für die Besißergreifung und Verwaltung der römischen Wohlthätigkeitsgesellshafsten neu eingestelt werden. Diesen Mehrausgaben steht aber cine Verminderung der Ausgaben für Lottogewinne von 1 330 000 Lire gegenüber, wie fie si aus der Gesammtberehnung der legten 5 Jahre ergeben hat, ferner eine um 460 000 Lire verminderte Ausgabe für Rück- vergütung von Spiritusfabrikationssteuern in Folge ver- änderten Verfahrens bei der Rückerstattung. Jn den Bereich der Tabackverwaltung fällt eine weitere Herabseßung der Kosten um zwei Millionen Lire, welhe hauptsächlih dem billigeren Einkauf inländishen Tabaks infolge der günstigen Kulti- virungsergebnisse desselben, sowie einer beträhtlihen Minder- ausgabe im laufenden Etatsjahr gezenüber den Voransäßen zuzuschreiben ist, Jn dem Finanz-Etat für 1890/91 figurirt zum ersten Mal eine Ausgabe von 15 112 000 Lire für eine vom Staat übernommene Verbrauthssteuer der Stadt Rom, d. h. vierzehn Millionen, welche der Stadt überwiesen werden, und der Rest für die Kosten der Verwaltung.

_Der Kammer werden nah ihrem Zusammentritt vier Gesezentwürfe unterbreitet werden; diefe Geseze, welche sich im Rahmen der Ersparnißpolitik halten, betreffen die Abänderung des Einhebung8modus bei gewissen Steuergattungen, die Reform der Notenbanken, eine Aenderung der Verwaltungsorganisation und endli den Abschluß neuer Verträge bezüglich des Seepost- dienstes. Die „Gazetta Ufficiale“ publizirt das neue Universitätsreglement; demselben ist ein Bericht bei- gegeben, in welchem der Unterrichts-Minister die Vorlage eines Geseßentwurfs, betreffend die Reform des höheren Unterrichts, verspricht.

Der „Capitan Fracassa“ erklärt das Gerücht, die Regie- rung beabsichtige den Eingangszoll auf ausländisches Getreide von 5 auf 7 Fr. zu erhöhen, für unbegründet. Der „Germania“ zufolge wird der Papst bald ein Breve veröffentlichen, in welhem er darauf dringt, daß die vollkommenste Einigkeit unter allen katholischen Associag- tionen Ftaliens herrsche.

Schweiz.

Der Bundesrath giebt dem B. „Bund“ zufolge am nächsten Sonnabend, 17, d. M., im Hotel Bellevue zu Bern, wie alljährlih, dem gesammten diplomatischen Corps ein Festmahl, an welhem sämmtlihe Bundes-Räthe ih be- theiligen und wozu, wie bisher, der Bundeskanzler und einige höhere Beamte des Bundesraths Einladungen erhalten werden.

__Da die Referendumeéfrist für das Bundesgeseß vom 26. September 1890, betreffend den Schuß der Fabrik- und Handelsmarken, der Herkunftsbezeihnungen von Waaren und der gewerblihen Auszeihnungen, am 9. d. M. unbenußt abgelaufen is, so wird der Bundesrath dasselbe demnächst in Kraft erklären.

Belgien.

Der Zustand der Prinzessin Henriette, Tochter des Grafen von Flandern, hat sich laut Meldung des „W. T. B.“ von gestern vershlechtert; die Entzündung hat sih auf den linken Lungenflügel ausgedehnt.

Serbien.

_ Belgrad, 12. Januar. Die neue Verzehrungs- steuer wird dem „W. T. B.“ zufolge Seitens der Presse lebhaft bekämpft; au ein großer Theil der Kaufmann- schaft spricht sih gegen dieselbe aus.

Schweden und Norwegen.

(F) Stoc@holm, 8. Januar. Nah dem Bericht des

Staats:Comtoirs haben die Staat2einnahmen im Zahre 1890 betragen: Zölle 42667517 Kronen gegen 42 475 952 Kronen, Branntweinsteuer 16 200896 Kronen gegen 14334 896 Kronen, Staatseisenbahnen 6 500000 Kronen gegen 6500 000 Kronen oder zusammen 65 468 413 Kronen gegen 63 310 848 Kronen im Jahre 1889, Da die Einnahmen aus diesen drei Hauptposten im Finanz-Etat für das Jahr 1890 zu 57 200 000 Kronen berechnet waren, fo haben sie einen Mehrertrag von 8268 413 Kronen ergeben. _ Der Reichstag wird Donnerstag, den 15. d. M, zu- jammentreten. An demselben Tage haben die neugewählten Reichstagsabgeordneten ihre Mandate dem Chef des Justiz- departements zur Prüfung vorzulegen. Unter der Voraus- seßung, daß diese Prüfung so frühzeitig beendet werden kann, um die Mandate Sonnabend, den 17, d. M., Vormittags, zurückgeben zu fönnen, dürften beide Kammern des Reichstages an diesem Tage durch Deputationen den König um die Ernennung von Präsidenien und Vize- Präsidenten ersuhen lassen, und wird der König dann per- sönlich Montag, den 19. d. M., im Reichssaale den Reichstag für eröffnet erklären.

_ (F) Christiania, 6. Januar. Die Zolleinnahmen während der ersten Hälfte des laufenden Finanzjahres be- trugen 11 902187 Kronen gegen 11 806 274 Kronen in dem gleichen Zeitraum des vorigen Finanzjahres.

Amerika.

Vereinigte Staaten. Jn der Sizung des Senats vom Sonnabend legte Sherman den Bericht der Kommission für auswärtige Angelegenheiten über den Gesezentwurf vor, welcher zur Ausgabe von Seitens der Vereinigten Staaten garantirten Obligationen für den Bau des Nicaragua -

shulen des St, Petersburger und Moskauer Konsistorial:

Kanals ermächtigt.

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Auf Veranlaf}sung des deutschen Gesandten hat, wie man der „Mgdb. Ztg.“ aus New: York meldet, der Staatssekretär Blaine eineUntersuchung über das Verhalten der BOLtei in Hoboken angeordnet, welche am 4. Oktober 1829 an Bord des Norddeutschen Lloyd-Dampfers „Elbe“ drang, um mehrere Heizer

zu verhaften, welhe sich am Lande unordentlih betragen.

hatten, und diese Verhaftungen troß des Protestes der Schiffs- offiziere mit großer Rohheit vollzog. Die Untersuchung soll am Donnerstag beginnen.

Der Sekretär der amerikanishen Marine hat, wie die

„A. C.“ meldet, den Commodore Reiter suspendirt, weil er niht eingeschritten war, um die Verhaftung des Generals -Barrundia in San José, Guatemala, zu verhindern: eine Pflichtvernahlässigung, welhe die Folge hatte, daß der ehemalige Jnsurgentenführer ermordet wurde. Das Schreiben des Ministers, welches einen scharfen Verweis enthält, betont, daß die Gegenwart eines Gesandten int Lande einen Marine: Offizier der Verantwortlichkeit nicht enthebe. Der Minister“ \{reibt: „Wenige Fälle sind jemals in der Geschichte der Marine der Vereinigten Staaten vor- gekommen, wo ein kommandirender Offizier die Verantwort- lihkeiten seinèr Stellung so vollkommen preisgab, wie Sie dies nah JZhrem eigenen Bericht bei dieser kritishen Gelegen- heit gethan haben.“ J In Guthrie, Oklahoma, herrscht in Folge des Jndianeraufstandes groß? Aufregung. Die Ansiedler organisiren eine Miliz, Auch auf canadishes Gebiet scheint sich die, Jndianerbewegung jegt auszudehnen; ein Kabel-Telegramm aus Winnipeg vom 10. Januar meldet: Die Indianer in der Turtle - Mountain- Reservation auf canadishem Gebiet bewaffnen sich und halten Kriegstänze. Sie erklären, daß sie den Tod des Häuptlings Sitting Bull rächen wollen. Seitens der canadishen Behörden wurde eine Abtheilung berittener Polizei nah der Reservation gesandt. Die Turtle-Mountain-Resert- vation wird von Sioux-Fndianern bewohnt, welhe aus Minnesota 1862 nah Canada flüchteten.

Für die Armee der Vereinigten Staaten ist dem „Army and Navy Journal“ zufolge die Einführung eines neuen Magazingewehres in Aussicht genommen von (6 mm Kaliber, Länge des Laufes vor dem Geschoß 762 mm, Geschoßgewicht etwas unter 15 g, Ladung etwas über 45 g s{warzes Pulver oder dessen Aequivalent, Anfangsgeshwin- digkeit 549 m. Zur Ermittelung des besten Vershlusses und Magazins ist jeßt eine Kommission eingeseßt; da für Hand- waffen 1,6 Millionen Mark zur Verfügung stehen, so wird es an Bewerbern nicht fehlen. Für die bevorstehenden Versuche werden im Arsenal von Frankfort 100 000 Patronen mit rauchs{chwachem Wederin-Pulver angefertigt.

Mexiko. Der mexikanishe Handels-Minister hat dem Kongreß den Entwurf für ein neues Münzgesetz unterbreitet. Die wichtigsten Bestimmungen desselben sind, wie dem „W. T. B.“ gemeldet wird, folgende: Der Silber: Peso (mexikan. Dollar), welher die Einheit des mexikanischen Münzsystems bildet, bleibt dem Gewicht (27 gr. 073) und Fein- gehalt (0,903) nach unverändert, um demjelben, wie bisher, das große Absaßgebiet in Asien zu erhalten. Auch die Zeichnung desselben wird nur insofern geändert, als auf die Prägung größere Sorgfalt verwendet werden soll. Der Feingehalt an Silber wird au für die neuen 20, 10 und 5:-Centsstücke nah wie vor 0,903 betragen. Um die Silberzirkulation zu ver- mehren, werden fortan feine Goldstücke unter 5 Pesos aus- geprägt werden. Der Feingehalt der Goldmünzen wird von 0,875 auf 0,900 erhöht und die jezige Werthrelation zwischen Gold und Silber von 1 : 151, auf 1 : 161/; festgeseßt werden.

_ Argentinien. Dem Londoner Auswärtigen Amt ist, wie „W. T. B.“ meldet, eine Depesche des englishen Ge- sandten in Buenos- Aires vom 10, d. M. zugegangen, welche besagt, daß den ausländischen Handelsgesellshaften hohe Auflagen und Gewerbesteuern aufgelegt worden jeien. Jede Versicherungsgesells haft würde 20000 Dollars pro Jahr zu zahlen und eine Garantie von 200 000 Dollars zu leisten haben. Sämmtlihe Eingangszölle müßten in Gold oder dementsprehenden Aequivalenten bezahlt werden, wobei das Agio nicht höher als mit 200 berehnet werden soll.

Parlamentarische Nachrichten.

_n der heutigen (42.) Sißung des Reichstages, welcher am Tische des Bundesraths der Reichskanzler von Caprivi, die Staatssekretäre Dr. von Boetticher und Freiherr von Malgtahn und der Staats-Minister von Heyden beiwohn- ten, begrüßte der Präsident von Leveßow zunähst die Abgeordneten mit einem verbindlihen Neujahrsgruß. Darauf theilte er mit, daß auf die Glückwünsche, welche das Präsidium Sr. Majestät dem Kaiser zur Geburt eines Prinzen dargebracht, eine vom 19, Dezember datirte Kabinets-Ordre eingegangen sei, in welher dem Hause der Dank dafür ausgesprochen wird.

_ Das Haus trat sodann in die Tagesordnung ein. Auf derselben stand die erste Berathung des von den Abgg. Auer und Genossen vorgelegten Gesegt- entwurfs, betreffend die Abänderung des Zoll- tarifgeseßes vom 15. Juli 1879 in Verbindung mit der Berathung des von dem Abg. Richter eingebrachten Antrages, betreffend Ermäßigung der Kornzölle resp. Revision des Zolltarifs, Aufhebung der Zuckermaterial- steuer 2c. und Aufhebung der Privilegien der bis- Lern Brenner bei der Verbrauchsabgabe für

ranntwein.

Der Antrag Auer lautet:

Der Reichstag wolle beschließen : dem nachstehenden Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Ab- änderung des Zolltarifgeseßes vom 15. Iuli 1879, die verfassungs- mäßige Zustimmung zu ertheilen :

_Der dur die Bekanntmachung vom 24. Mai 1885 (Reichs- Geseßbl. S. 111) veröffentlihte, beziehungsweise dur das Geseß vom 21 Dezember 1887 (Reichs- Gesetzbl. S. 533) abgeänderte Zolltarif wird in nachstehender Weise ab- geändert: 1) In Nr. 9: „Getreide und andere Erzeugnisse des Landbaues* tritt an die Stelle der Positionen a. bis f. folgende Fassung: a. Getreide, auch gemalzt, und Hülsenfrüchte frei 2) In Nr. 25: „Material- undSpezerei-, au Konditorwaaren und andereKon- sumtibilien“ erhalten die Positionen 25 f, 25g 1 und 2, 25k und 25 42 folgende Fassung: f. Butter, auch künstliche frei, g. 1) Fleisch, ausgeschlahtetes, frisches und zubereitetes; Geflügel und Wild aller Art, nicht lebend, Fleischertrakt, Tafel- bouillon frei, 2) Fische, nicht anderweit genannt frei, k. Heringe, gesalzenc ri, di 2) Mühlenfabrikate aus Getreide und Hülfenfrühten, nämlih: geschrotene oder geshälte Köcner,

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Graupen, Gries, Grüße, Mehl, gewöhnlißes Backwerk (Bäerwaare) frei. 3) In Nr. 26: „Oel, anderweit nicht genannt, und Fette* erhält die Position h folgende Fassung: h. S{malz von S{weinen und Gänsen, Stearin frei. 4) In Nr. 37: „Thiere und thierische Produkte, niht anderweit genannt“ erhält die Position b folgende Fassung: b. Eier von Geflügel frei. 5) In Nr. 39: „Vieh“ tritt an die Stelle der Positionen abis8 Kk folgénde Faffung: Lebendes Zug- und Schlachtvieh aller Art frei. Der Antrag Richter :

Der Reichstag wolle bes{ließen: den Herrn Reichskanzler zu ersuGen, im Interesse der Entlastung der minder wohlhabenden Volksklassen und Behufs Anbahnung einer gerechteren Besteuerung dur geeignete Vorlagen 1) die Kornzölle zunächst auf die bis 1887 bestandenen Sätze zu ermäßigen, sodann eine allgemeine Revision des Zolltarifs einzuleiten, welche unter gänzliwer Beseitigung der Zölle auf Korn, Vieh und Holz auch eine Entlastung des Verbrauhs der Landwirthschaft herbeiführt, 2) die Aufhebung der Zucker- materialsteuer und der damit zusammenhängenden Ausfubhrprämien für Zuder zu veranlassen, 3) die Privilegien der bisherigen Brenner bei der VerbraubSabgabe für Branntwein in Fortfall zu bringen.

Der Reichskanzler von Caprivi führte aus, daß die verbündeten Regierungen die Bedeutung der Anträge nicht verkennten. Die Anträge seien im vorigen Jahre eingebracht ; inzwischen seien die verbündeten Regierungen mit Desterreich- Ungarn über den Abschluß eines neuen Handelsvertrages in Ver- bindung getreten, und es stehe zu erwarten, daß daran solche mit anderen Staaten sih anschließen würden. Es sei zu hoffen, daß die Verhandlungen mit Desterreih-Ungarn zu einem beide Theile befriedigenden Resultat führen würden. Nähere Mittheilungen darüber zu machen, sei er (Redner) zur Zeit niht im Stande. Er beshränke sich auf die Erklärung, daß die Sorge für Erteichterung der Volksernährung den verbündeten Re- gierungen ebenso sehr am Herzen liege, wie irgendeiner Partei, und nehme dafür Bezug auf die Maßregeln, welche seit einigen Monaten zur Erleichterung der Fleisheinfuhr eingeführt sind. Zugleich sei anzuerkennen, daß es Pflicht sei, für die Erhaltung derjenigen wirthshaftlihen Erwerbszweige zu sorgen, welche für die Erhaltung des Staats besonders wesentlich sind; dazu gehöre in erster Linie die Landwirthschaft. Bei der Diskussion der Anträge würden si die verbündeten Regierungen darauf beschränken müssen, etwaige bedenkliche Frrthümer über thatsählihe Verhältnisse klarzustellen.

Bei Schluß des Blattes sprah Abg. Schumacher.

Jm 8. Magdeburger Landtags- Wahlbezirk {Oschersleben - Halber)tadt- Wernigerode) ift an Stelle des Landwirths Beseler, welher das Mandat niedergelegt hat, der Rittergutsbesißer, Gerichts-Assessor a. D. Rimpau zu Emers- [eben (nationallib.) mit 406 gegen 22 Stimmen, welche der Rechtsanwalt Albert Traeger zu Nordhausen (deutscfrei].) erhielt, zum Mitgliede des Hauses der Abgeordneten gewählt

worden.

Die Kommission des Hauses der Abgeordneten

zur Berathung der Landgemeindeordnung kam in der heute fortgeseßten Berathung zu dem VI. Abschnitt der Vorlage: Ver- waltung der Landgemeinden. Nach §. 72 steht an der Spitze der Verwaltung der Landgemeinde der Gemecindevorsteher. Ihm zur Seite stehen zwei Schöffen. Die Zahl der Schöffen kann durch Orts- statut vermehrt werden. War sie bisher eine größere, so verbleibt es dabei bis zu anderweiter ortsftatutarisher Festseßung. Der Abg. von Strombeck beantragte, daß Gemeindevorsteher un d Schöffen in den durh dieses Geseß dem Gemeindevorstand über- tragenen Angelegenheiten den Gemeindevorstand bilden soulen. Abg. Dr. von Heydebrand beantragte: „In größeren Gemeinden ann durch Ortsstatut ein kollegialisher Gemeindevorstand eingeführt werden. Demselben werden die in den §8. 10, 39, 69, 87 Abs. 2—6 angeführten Befugnisse übertragen.“ cher Minifter des Innern Herrfurth erklärte, die ganze Angelegenheit sei im Schooße des Ministeriums auf das Reiflichite erwogen worden. Man sei zu dem Resultate gekommen, daß es am Zweckmäßigsten sein würde, das bis- berige Verfahren beizubehalten; deshalb sei er gegen den Antrag Strombeck, dem gegenüber der Antrag des Abg. von Heyde- brand entshieden vorzuziehen sei; er stelle anheim, diesen in die 88. 10, 39, 64, 69 einzufügen. Abg. Barth erklärte fih , gegen den kollegialen Vorstande, derselbe sei nur in Ausnahmefällen zu gestatten. Die Regierungvorlage treffe das Richtige. Abg. Dr, Krause trat dem bei und bemängelte gleichzeitig die Fassung des Antrages Heydebrand. Wolle man dem na- geben, so müsse man die geseßlihen Funktionen des Gemeindevorstehers und der Schöffen in dem kollegialen Vorstand fest ordnen, wie es die Städteordnung wolle. Abg. von Rauchhaupt wies auf den Wider- spruch zu §. 111 hin. Politis@e Rücksichten lägen den Antragstellern fern. Abg. Rickert war gegen alle Ortsfstatuten und verlangte ge- selihe Festlegung. Wenn auch bei kleineren Gemeinden der Sche- matismus nit angebra@t sei, so gebe es doch auch auf dem vlatten Lande größere Gemeinden, für welche ein follegialiscer Gemeindevorstand zweckmäßig sei. Er {lage deshalb vor, den Antrag Heydebrand positiv zu gestalten, der Autdruck größere Gemeinden si zu unbestimmt. Ein kollegialer Gemeindevorstand sei besonders bei Verpachtungen von Gemeindejagden nothwendig. Der Minister Herrfurth bestritt das. Abg. von Strombeck strich darauf in seinem Antrag die Worte dur dieses Gese. Abg. Rickert beantragte, den An- trag Heydebrand dahin abzuändern: In Gemeinden über 1000 Seelen kann 2c. Der Minister Herrfurth_erklärte f gegen diesen Antrag. Es komme niht immer auf die Seelenzabl an, ebenso häufig scien der Umfang des Gemeindevermögens und sonstige Verhältnisse maßgebend. Prinzipiell aber sei er niht gegen eîne der- artige Bestimmung. Abg. Eberty beantragte, als Zusaß zur Re- gierungsvorlage am Schlusse beizufügen: „In Gemeinden, in welhen die Zahl der stimmfähigen Gemeindeglieder 1000 übersteigt, bilden in den durch dieses Geseß dem Gemeinde- vorstande überwiesenen Angelegenheiten die Schöffen mit dem Gemeindevorsteher den Gemeindevorstand. Die Zahl der Schöffen muß in diesem Falle mindestens vier betragen.“ Abg. Hobrecht bat, es bei der Regierungsvorlage zu belassen. Durch Annahme des Antrages Heydebrand werde das kollegialishe Leben auf eine Probe gestellt, welche es nit vertragen könne, zumal nah 8.49 Absayt 3 die Schöffen auch Sig und Stimme in der Gemeindever- tretung haben sollten. Abg. von Tiedemann war prinzipiell für die Regierungsvorlage, event. für den Antrag Heydebrand. Der Minister Herrfurth sprach sich gegen den Antrag Eberty aus. Zweckmäßig sei die Zahlenbestimmung gewiß, *r ziehe aber orts- itatutarishe Bestimmung vor. Abg. Weber meinte, er sei zwar Anbänger der Magistratsverfassung in Städten, sei aber gegen einen gewissermaßen Ausshuß zu nennen- xen follegialen Gemeindevorstand. Abg. Eberty hob die Vorzüge eines Kollegiums hervor und die Nothwendigkeit ines kollegialen Gemeindevorstandes. Dieselbe wachse mit der Größe er Gemeinden. Die Bestätigung der Statuten durch den Kreis- ¡us\chuß sei unannehmbar. Er änderte in seinem Antrag 1000 in 500. lbg, von Puttkamer polemisirte gegen die Eberty'shen Aus- sihrungen über den Kreisaus\chuß. Der Gemeindevorsteber allein genüge. \bg. von Strombeck meinte, der Antrag Heydebrand lafse es zweifel- ft, ob die Schöffen zum Gemeindevorstand gehörten. Das müsse jeden- (1s besonders betont werden. Abg. von Heydebrand war dazu reit. Abg. Schmidt beantragte, im Antrage Eberty statt 5009 zu ßen 1000, dann aber die Bildung des Gemeindevorstandes obliga- risch zu maHen, Abg. Ebert y zoa seinen Antrag zurück. Bei der stimmung wurde der Antrag von Strombeck gegen sieben, der An-

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trag Schmidt gegen aht Stimmen abgelehnt, der Antrag von Heyde- brand mit großer Majorität angenommen und damit der ganze Paragraph.

Die Kommission des Hauses der Abgeordneten zur Vorberathung eines Wildschaden-Gesetzentwurfs hat heute Mittag den Reft des Antrags erledigt und die erste Lesung beendigt. acts wurde folgende Resolution einstimmig an- genommen: Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen, die Staatsregierung aufzufordern, dem Landtage der Monarchie spätestens bei Beginn der nätsten * Session eine Novelle zum Jagd- polizei-Geset vorzulegen.

Kunft und Wissenschaft.

—s, In der leßten Sizung der Physikalischen Gesellschaft, welhe am vorigen Freitag stattfand, führte Hr. Prof. Liebreich eine Reihe von Versuhen vor, welche Analogien zu den von ihm entdeckten Erscheinungen des \0- genannten „todten Raumes“ darbieten. Bei der Einwirkung von Natronlauge auf Chloralhydrat, einer Reaktion, durch die man Chloroform gewinnt, hatte \sih ge- zeigt, daß sich über der durch die Chloroformbildung getrübten Flüssigkeit ein {arf begrenzter, durhsihhtiger Flüssigkeitsraum befindet, ein Anzeichen dafür, daß hier keine Reaktion vor sich geht. Weitere Versuche ergaben, daß dieser todte Raum niht nur an der Flüssigkeitsoberfläche, sondern auch an anderen Stellen auftritt, wo fkapillare Kräfte Vi, 9 4 B. i einer seinen Röhre, welche beiderseits offen in der Flüssigkeitsmasse liegt. J2 nach der Form der kapillaren Räume nimmt auch der todte Raum ein bestimmte Form an; benußt man ein Gefäß, in welchem zwei Wände unter einem sehr \spizgen Winkel aneinander stoßen, so zeigt bekanntlich die Flüfsigkeitsoberflähe Hyperbelform, und die Grenze des todten Raumes zieht sih in einer scharf be- grenzten Kurve von eigenthümlicher Form unterhalb dieser Ober- fläche hin. Daß nicht etwa alkalishe Bestandtheile des Glases die Ursache der Erscheinung abgeben, ist durch Vergleiche mit Gefäßen aus Quarz festgestellt. Vielmehr find die Anziehungs- fräfte zwischen den Flüssigkeitstheilhen, welche sich in der Nähe einer Wand oder Oberfläche in besonderer Weise äußern, das Maßgebende. Es liegt die Frage nahe, wie sih denn feste oder flüssige Körper, die sh mit geringer Geschwindig- keit durch die Flüssigkeit bewegen, gegen Wandung und Oberfläche verhalten; werden etwa auch mechanishe Vorgänge durch die erwähnten Kräfte beeinflußt? Bei einem Shwimmer, welcher an seinem oberen Ende eine wagerechte Platte trug, und der zunächst mit Hülfe eines Magneten am Boden des Gefäßes festgehalten wurde, zeigte sich, wenn man ihn langsam in die Höhe steigen ließ, daß die oberste, etwa 1 mm dide Flüssigkeitsschicht nicht sofort durchbrohen wurde; vielmehr trat dies erst ganz allmählich ein, die oberste Schicht verhält sich wie eine zähe Haut. Aehnliche Versuche ließen sih mit einem sog. Cartesia- nishen Taucher anstellen. Das interessanteste Resultat aber ergaben Flüssigkeiten, welche man in der zu unter- suhenden Flüssigkeit fsich bewegen ließ. Man er- reihte dies dadurch, daß man in einem aus zwei Abtheilungen bestehenden Gefäße die leihtere Flüssigkeit, welche durch Färbung sihtbar gemaht worden war, nach unten, die shwerere nach oben brahte und dann eine Vereinigung uließ, Die leichtere Flüssigkeit durchsezt dann die [Bibexers fadenförmig und färbt \chließlich den ganzen oberen Raum, bis auf gewisse Partien in der Nähe der Wandung und Oberfläche, deren Form mit der bei jenen Reaktionen betrachteten ziemlich genau überein- stimmt, und die man deshalb als einen todten Raum zu be- zeichnen berechtigt ist. Die gemeinsame Erklärung für die verschiedenen Formen dieser Erscheinung wird also keine andere sein, als die, daß die Beweglichkeit der Flüssigkeits- Aa M e Ode D n Nabe einer Wand wegen der hier herrshenden Spannungen geringer ist, als an den anderen Stellen, und daß deshalb fowohl der mechanishe Transport von Flüssigkeitsmolekülen als auch die Bewegung der Atome, welhe fich mit einem Austausch, mit einer chemishen Reaktion verbindet, behindert oder wohl gar gänzlih gehemmt ist. ë

Prinz Alexander von Oldenburg ist nach einer Mel- dung des „Wolff'shen Bureaus“ aus St. Petersburg zum Ebrenmitgliede der Akademie der Wissenschaften er- wählt worden. Zu korrespondirenden Mitgliedern der Akademie wurden u. A. gewäblt: die Professoren Julius Hann (Wien), Archangelo Scacci (Neapel), Lothar Mever (Tübingen), Guftav S{moller (Berlin), Paul Delaaarde (Göttingen), fowie Gaston Pary, Mitglied des französishen Instituts, und Pastor Dr. Bielen- stein in Doblen (Kurland), ein hervorragender Kenner des lettiscen Idioms.

Der kekannte russishe Maler Wereschagin unternimmt, wie die „Nowosti“ mittbeilen, die Herausgabe einer illustrizten Ge- schichte des russishen Reis.

Ueber die am 9. Januar in Berlin erfolgte Bildung des deutschen Ehrencomités für die Ausstellung deutscher Kunst- und Industrieerzeugnisse, London 1891, wird Fol- gendes berihtet. Das deutshe Ghrercomité besteht, mit dem Sitße in Berlin, aus folgenden Herren: H. von Bleichröder, englischer Konsul, Berlin. R. BVlankenhagen, Kaufmann, Berlin. L. von Bremen, Konsul, Kiel. Hugo Damm, Kaufmann, Berlin. Paul Dörffel, Kgl. Kommerzien-Rath, Berlin, G. Dehmann, Springe. L, Goldberger, Kgl. Kommerzien-Rath. Oskar Hainauer, LWankier, Berlin. Robert Heuser, Stadtrath, Köln. H Hilger, Inh. der Nordd. Verlagsanstalt, Hamburg. F. Jaffé, Kgl. Regierungs-Baumeifster, Berlin. Dr. Jannas{&, Direktor der Deutshen Export-Bank, Berlin. W. von Krause, Bankier, Berlin. Lebmann, Fabrikant, Offenbach a. Main. A. Lissauer, Kgl. Kommerzien-Rath, Berlin. Job. Lobmann, Direktor des Norddeutschen Lloyd, Bremen. R. Lüders, Ingenieur und Haupt- mann a. D., Görlitz. H. Luegg, Kgl. Kommerzien-Rath, Vorsitzender des Gewerbe-Vereins für Rheinland-Westfalen, Düsseldorf. Dr. Mar- tius, Berlin. E. Rathenau, General-Direktor, Berlin. M. S(hle- singer, General - Konsul, Berlin. S{röer, Geheimer Hofrath. F. Spvonnagel, in Firma van Bärle & Sponnagel, Berlin. F. Vogel, Professor, Berlin. B. W. Vogts, Kaufmann, Berlin. Ferd. Vogts, Kgl. Hoflieferant. E. Werckmeister, von der Photographishen Gesell- haft zu Berlin, A. von Werner, Professor, Berlin. F. Wolf Kommerzien-Rath, M.-Gladba(b.

Verkehrs-Anfialten.

Die von dem Wolff hen Telegraphishen Bureau gemeldeten Störungen in den telegraphiscden Ver- bindungen waren durh das plöglih eingetretene Thau- wetter herbeigeführt und hatten nur die oberirdishen Leitungen, namentlih die Verbindungen nach Bayern und dem Auslande, betroffen. Die unterirdishen Reichs- leitungen sind hiervon nicht berührt gewesen. Diese

Leitungen haben im Gegentheil den bei der gestrigen

Herabsezung des Bankdiskonto erheblich vermehrten tele- graphishen Verkehr auch für einen großen Theil der gestörten oberirdishen Linien mit vermitteln müssen. Es erklären s\ih hieraus auch die Beförderungsverzögerungen nah Köln und Frankfurt (Main). Die unterirdishe Telegraphenlinie nah München ist 4. Z. erst innerhalb des Reichs-Telegraphengebiets bis zur sähsish-bayerishen Grenze hergestellt.

Die englische Abendpost vom 12. Januar über Vlissingen ist ausgeblieben. Grund: Nebel auf See.

Die Telegramme nach Köln, Belgien, den Niederlanden, England, Dänemark, Frankreih, München und Frankfurt a. M. er- leiden wegen Leitungéstörung erhebliche Verzögerungen. Hamburg, 12. Januar. (W. T. B.) In Folge des ein- getretenen Thauwetters haben sih die hiesigen Schiffahrts- verhältnisse plößlich so günstig gestaltet, daß die Dampf\chiff- fahrt wieder unbehbindert ift. /

London, 12. Januar. (W. T. B.) Der Union-Dampfer „Athenian" ist heute auf der Ausreise von Lissabon abze- gangen. Der Castle-Dampfer „Dunrobin Castle“ ift am Sonnaberd auf der Ausreise ‘in Capetown angekommen. Der : Un ion-Dampfèr „German“ is gestern auf der Heim- reise von den Canarischen Inseln abgegangen.

Theater und Musik.

Königlitbe Theater.

In der Vorstellung des „Don Juan“ am Donnerstag im Opernhause sind die Damen Pierson, Leisinger und Herzog, die Hrrn. Bulß, Rothmübl, Krolop, Mödlinger und Smidt beschäftigt. In der Freitagsvorstellung der Oper „Carmen“ seßt der Königliche Kammersänger Hr. Anton Erl vom Hof-Theater in Dresden sein Gastspiel in der Partie des José fort, Frl. Rothauser giebt die Titelrolle.

Im Schauspielhause geht am Freitag „Medea“, der dritte Theil der Trilogie „Das goldene Vließ*“ von Grillparzer, neu ein- studirt in Scene. Hr. Kahle giebt den Kreon, Frl. Lindner die Kreusa, Hr. Matkoresky den Jason, Frl. Poppe die Medea, Fr. Stollberg die Gora,

Königlihes Opernhaus.

Gestern Abend fand auf Allerhöchsten Befehl Théâtre paré statt. Man gab Lorting's „Waffenshmied“ in der auf der Königlichen Bühne üblichen künstleris{hen Abrundung und Volleuvung. Die mitwirkenden Künstler waren fast ausnahmslos diejenigen der früheren Vorstellungen dieser komishen Oper; nur Hr. Bulß als Graf voa Liebenau war uns neu. Der Sänger hat für diese Rolle niht nur die geeignete Gestalt und das geeignete Wesen, sondern au die Zartbeit des gefangliwen Ausdruck8s und die warm- berzige Empfindung, die dieser romantis®e Ritter besitzen muß. Die Zubörer und Zuschauer waren sichtlich durch die \{öône künstlerische Aufführung der Oper voll befriedigt, gaben aber ihrem Beifall nur ganz vereinzelt den gewohnten lauten Ausdruck.

Das Haus war festlich erleubtet; der erste Rang namentlich, der für die Hofgesellshaft reservirt blieb, mate einen besonders glänzenden Eindruck durch die Pracht und den Farkbenreitthum der Gewänder. Auch das Parkett, in welchera die Damen in beller Abendtoilette erschienen waren, gewährte einen freundlihen Anblick.

Der, Vorstellung wobnten Se. Majestät der Kaiser und König, Ihre Königlichen Hobeiten die Erbprinzessin von Sacsen-Meiningen und die Prinzessin Margarethe bei ; ferner wurden Ibre Hoheiten der Erbprinz von Sachsen- Meiningen, sowie Herzog Günther zu Schleswig-Hol- stein, der Erbprinz und die Erbprinzessin von Hohen- zollern in den Hoflogen bemerkt,

Deutsches Theater.

Hr. Pittshau hat si dur einen unglücklihen Fall eine Ver- renkung des linken Armes zugezogen, welche zwar glücklih gehoben ist, aber doch noch beträchtlihe Schmerzen und Störungen im freien Gebrauch des Armes zurückgelassen hat. In Folge dessen ist Hr. Pittschau genöthigt, noch für einige Zeit einen festen Verband zu tragen, den er auch in den Vorstellungen nicht wird ablegen dürfen.

Berliner Theater.

Ernft von Wildenbruh's Bearbeitung des „Fräulein von Scudery® von Otto Ludwig, die am Sonnabend zum ersten Mal in Scene geht, hat sih in Wien nah lebhaftem Streit der Meinungen sieghaft be- währt. Die Rolle des Cardillac, die im Hofburgtheater von Joseph Lewinski dargeftellt wird, befindet sich hier in den Händen Friedri Mitterwurzer's, Ernst von Wildenbruch hat seine Bearbeitung nah den bei der Wiener Aufführung gemachten Erfahrungen einer Revifion unterzogen, sodaß Otto Ludwig's Bühnenwerk nunmehr zu voller, ein- heitliher Wirkung gelangt,

Lessing Sheater. i

Die für Donnerstag angekündigte Grillparzer-Feier wird durch den {on erwähnten Epilog von Ludwig Fulda einen eigenartigen scenischen Abschiuß erbalten. Dieses Festgediht wird nämlih nicht, wie es sonst bei Epilogen der Fall ift, erst nach dem Fallen des Vorbangs gesprohen werden, sondern sich unmittelbar an die Handlung des legten Aktes von „Der Traum ein Leben“ ans{bließen und von Iosef Kainz im Charakter des Nustan vorgetragen werden, Durch die Verwandlung des Swauplazes bei offener Scene soll zugleich den Worten des Dichters ein feierlihes Bühnenbild hinzugefügt werden, dessen Mittelpunkt die bekränzte Büste Grillvarzers bilden wird,

Wallner-Tbeater. : L

Der ersten Vorstellung von „Talmi“ wobnte der Direktor des Hams- burger Thalia-Theaters Hr. Maurice bei, der das mit so allgemeinem Beifall aufgenommene Volks\tück sofort für seine Bühne erwarb. Das beliebte Mitglied des Wallner: Theaters, Hr. Carl Meißner kann auf cine zwanzigjährige unausgesette Thätigkeit an dieser Bühne zurük- blicken : gewiß ein seltenes Ereigniß bei einer Privatbühne. Hr. Di- rektor Hasemann will daher seiner Anerkennung dadur Ausdruck verleihen, daß er dem Jubilar eine Benefizvorstelung gewährt, welche am Sonnabend stattfinden foll.

Viéctoria-Theater. S

Die Aufführungen des großea Ausftattungsmär chens „Die sieben Raben“ erfreuen fich fortdauernd einer unges{wächten Anzichungskraft, wie die am Sonnabend und Sonntag vollftändig gefüllten Häufer bewiesen, Die reizend arrangirten Ballets, die kolossale Kawmpfscene des zweiten Aktes und die übrigen fcenishen Dekorationswunder werden allabendlich durch lauten Beifall und vielfahen Hervorruf

ausgezeichnet. Thomas-Theater. ]

„Drei Paar Schuhe“, das Volksftück von Carl Görliß, welches morgen zum ersten Mal in Scene geht, ist am 30. Dezember 1869 am Friedrih-Wilhelmstädtishen Theater unter Kommissions-Nath Deichmann mit Frau Anna Schramm in der Hauptrolle zum erften Mal aufgeführt worden. Das Stück hatte einen durchschlagenden Erfolg und wurde zum Zug- und Kassenstück. Auch in dem darauf folgenden Jahre 1870/71 wurden „Drei Paar Schuhe“ am Theater an der Wien (unter Direktion Steiner) mit Fr. Marie Geistinger mit glänzendem Erfolge häufig gegeben. Bei der morgigen Aufführung im Thomas-Theater wird die als Künstlerin wohl- renommirte Gattin des Direktors, Fr. Betty Thomas-Damhofer, die

Scusterfrau spielen. S Concerthaus.

In dem morgen ftattfindenden Gesellschafts - Concert wird die Concertsängerin Fr. Brandt „Die Baals - Priester“ aus der Oper „Der Prophet* von Meyerbeer und die Arie aus der Oper „Mignon“ von Thomas singen, Das Orchester bringt Werke von Wagner, Liszt, Cherubini, Thomas, Beethoven u. \. w. zur Aufführung.

Philharmonie. Bor dicht gefülltem Saale fand gestern Abend unter der be-

währten Direktion von Dr. Hans von Bülow das se{ste phil- harmonis{he Concert statt. Mit einer Sinfonie Ne. 2 G-moll von