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wohnen von Räumen, deren Wände mit arsenhaltigen Farben bemalt find, ernstlich gewarnt. Die Gewerbetreibenden, welche derartige Farben zu vorgedahten Zwecken verwenden, oder in den Verkehr bringen, werden auf die Bestimmungen der §8. 323 und 326 des Strafgeseßbuches hingewiesen.
In sämmtlihen Räumen der Philharmonie findet morgen Abend ein Fest statt, welches vom Vorstande des neubegründeten „ All- gemeinen Deutschen Vereins* veranstaltet ist und als All- gemeines deutshes Fest bezeihuet wird. Der Verein hat sich die
örderung der allgemein-deutshen Bestrebungen auf sämmtlichen
esittungsgebieten zur Aufgabe gestellt. „Er {ließt alles Staat- lihe und den Glauben Betreffende, ebenso alles Unduldsame, Großprahlerishe auf das Strengste aus, betrifft das Deutsche nur so weit, als es streng vom Staatlichen und den Glauben Be- treffenden getrennt werden kann, erstreckt sih auf Das, was sämmt- lichen Deutschen auf dem Erdenrund gemeinsam ist, wo sie sih au befinden, welchem Staate se auh angehören.* So heißt es in dem ausgegebenen gedruckten Entwurfe der Aufgaben und des Arbeits- plans dieses Vereins. Das beabsichtigte Fest soll „unter Mitwirkung deutsher Musik im Sinne des Vereins erhebend und belebend wirken und feierli zur Prüfung der Bestrebungen des Vereins an- regen“. In dem Concert, welhes von der Concertdirektion Hermann Wolff eingerichtet ist, wirken namhafte Künstler, wie das Sâängerpaar Frau Schmidt-Köhne und Professor Felix Smidt, Dr. Reimann (Orgel), Hr. Felix Dreyshock (Klavier), Waldemar Meyer (Geige) und der Chor des Mohr’schen Konservatoriums unter Leitung des Hrn. Otto Schmidt mit. An|prahen werden dur die stell- vertretenden Reihstags-Präsidenten Grafen von Ballestrem und Ober-Bürgermeister Dr. Baumbah, den Reichstags- Präsidenten, Landes-Direktor von Leveßow, den General-Major z. D. von Sucro u. A. gehalten. Der Feier, die um 10 Uhr endet, {ließt si ein Fest-Ball an. Eintrittskarten zu 2 s sind durh den Schaßmeister des Vereins, Hrn. Geheimen Hofrath Bork, Berlin W. 62, Lüßow-Ufer 1a, zu beziehen Der Ertrag i für die Kasse des Allgemeinen Deutschen Vereins bestimmt. Dem Fest- aus\{chuß gehôren an: Graf von Ballestrem, stellvertretender Reichstags-Präsident ; Becker, Professor, Präsident der Akademie der Künste; Borchardt, Stadtrath ; Bork, Geheimer Hofrath, Berlin W. 62, Lüßow-Ufer la; von Gneist, Professor, Dr., Wirklicher Geh. Ober- Fustiz-Rath, Mitglied des Staatsraths; Richard Korth, Student der Rechts- und Staatswissenschaften; von Leveßow, Landes-Direktor, Reichstags-Präsidentz; Marggraff, Stadtrath; Ludwig Pietsh, Schrift- teller; Reuleaur, Geheimer Regierungs-Rath, Professor, z. Rektor der Tehnishen Hohschule; von Sucro, General-Major z. D. ; Heinr. Thießen, Dr., Deutshforscher, Berlin W. 35, Steglißzerstraße 64.
Das seit vorgestern eingetretene Thauwetter hat einer großen Zahl von Arbeitern sofort wieder Be|chäftigung vershafffft. Das war der „N. A. Z.* zufolge, namentlich auf dem Potsdamer Bahnhof und den Vororts\tationen wahrzunehmen, wo gestern Morgen ganze Kolonnen von Erdarbeitern und Bauhandwerkern antraten, um si
Breslau, 12. Januar. Ununterbrohener Schneefall ver- ursaht, wie der „N. Pr. Z.* mitgetheilt wird, die ärgsten Verkehrs- stockungen; alle Züge erleiden bedeutende Verspätungen, die Berliner Post hat scit mehreren Tagen niht mehr den planmäßigen Anschluß nah Oberschlesien erreiht. Hier klagt man über das Ausbleiben der Landzufuhren.
Warmbrunn. Unsere an landshaftlicen Schönheiten über- aus reihe Gegend, die ein zur Erde herabgefallenes Stück Himmel sein soll, überragt an eigenen Wintervergnügungen wohl die meisten unseres lieben Vaterlandes. Wir können mit der „Hörner- \chlittenfahrt* aufwarten, die unstreitig die Krone aller vornehmen Wintervergnügungen bildet. Daß diese Hörnerschlittenfahrt in den leßten Jahren in immer weitere Kreise gedrungen ift, ist niht zum Geringsten das Verdienst des Riesengebirgs-Vereins, dessen Mitglieder in ganzen Karawanen, selbst aus weiter Ferne, nach dem Gebirge eilen, um diesen herrlihsten aller Genüsse dur{zukosten. Da die Hörnerslittenfahrten au niht die geringsten Gefahren heraufbeschwören, — ein fkundiger Gebirgsfahrer lenkt den Schlitten während der ganzen Fahrt — sehen wir jeßt aub das shöône Geschleht in unseren Bergen die ver- gnügte Eilfahrt nach dem Thale unternehmen. Als gesubtefste Punkte der Hörnershlittenfahrt gelten die Petersbaude, die Neue Sélesishe Baude, die Grenzbauden; in jüngster Zeit wird auch die Prinz-Heinrihs-Baude auf dem Kamm des Gebirges als Abgangs- station vielfach aufgesubt. — Als Rathgeber für diejenigen Herr- schaften, welche aus dem Flahlande unserem Gebirge einen Besuch abstatten wollen, stellt sich die Ortsgruppe Warmbrunn des R.-G.-V. (Hofjuwelier Bergmann) bereitwilligst zur Verfügung.
Halle a S., 13. Januar. Die Zuckerfabrik Minsleben bei Halberstadt is nah einer Meldung der „N. Pr. Z.“ nieder- gebrannt. Zweitausend Centner Zucker gingen mit zu Grunde.
Paris, 13, Januar. Wie aus Tlemcen (Algier) dem ,„W. T. B.“ gemeldet wird, ist eine Abtheilung Zuaven und Trainfoldaten auf dem Marsche von dort nah Sebdou eingeschneit und voll- ständia blockirt. Von der Garnison in Tlemcen sind 200 Mann zur Hülfeleistung abgegangen. — In der heutigen Sißung der 9. Kammer des Zuchtpolizeigerihts wurde der wegen Begünstigung der Flucht rute in contumaciam zu acht Monaten Gefängniß verurtheilte
ournalist Grégoire mit vier Monaten Gefängniß bestraft,
St. Petersburg, 11. Januar. Der „Voss. Ztg.“ wird tele- graphirt: Die amtlihe Zählung der Einwohner St. Peters- burgs ergab im Verzleih zur Zählung von 1881 einen Zuwachs von 94 923 Seelen. Ohne die Vorstädte hat jet die Hauptstadt des Zarenreihes 956 226 Einwohner. Die ersten vier Stadtbezirke weisen eine Abnahme auf, dagegen haben \sich die Bezirke auf dem rechten Ufer der Newa bedeutend vergrößert. Hier beträgt der Zuwachs im Vergleih zu 1881 volle 16/0; die, Gesammtzifferr wird aber dur die Abnahme oder die sehr geringe Vermehrung der Bevölke:
Jahren Redacteur des „Temps" war. Von Größenwahn be- fallen, wurde er in eine JIrrenanstalt gebracht und ging später auf Reisen. — Jn ganz Spanien herrscht fortdauernd Kälte; in Madrid, Granada und Sevilla haben bedeutende Schneefälle stattgefunden. Die Landwirthschaft_ist durch den Frost \chwer geschädigt. An den Küsten dauern die Stürme fort. — In Oporto ist seit 1856 zum ersten Male wieder Schnee ge- fallen. Das Ereigniß rief große Bewegung hervor, denn ein großer Theil der Bevölkerung hatte noch nie Schnee gesehen.
New-York, 12. Januar. Auf der Hochbahn der 3. Avenue stieß, dem „R. B.“ zufolge, gestern ein Personenzug mit einer Rangir maschine zusammen. Die letztere stürzte auf die Straße und wurde zertrümmert. Nur wie durch ein Wunder kam der Loko- motivführer ohne starke Verlezungen davon; auch der Personenzug blieb völlig unbeshädigt.
Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.
Königsberg i. Pr., 14. Januar, Mittags. (W. T. B.) Jn Folge eines in vergangener Nacht eingetretenen sehr starken Schneesturms is der Verkehr überall ge- hemmt. Die Chausseen sind nahezu unfahrbar; die Eisenbahnzüge erleiden, namentlich auf der Stredte Berlin, vielstündige Verspätungen. Auf dem Frischen Haff liegt der Schnee 31/4 Fuß hoch, sodaß die Fisher kaum durh denselben hindurchdringen können. Gegenwärtig ist das Wetter wieder besser geworden.
Aachen, 14. Januar. (W. T. B.) Bei der heute statt- gehabten Landtags-Ersaßzwahl für den 2. Wahlbezirk Aachen (Eupen-:Aahen — Stadt Aachen) wurde an Stelle des verstorbenen Abg. Dr. Krebs (Centrum) der Kandidat des Centrums Landgerichts-Rath Spah n: Bonn gewählt.
Stuttgart, 14. Januar. (W. T. B.) Das Ab- geordnetenhaus beshloß mit 63 gegen 21 Stimmen die Beibehaltung der lebenslänglihen Anstellung der Ortsvorsteher in Gemäßheit des von der Regierung vor- gelegten Entwurfs. Von dem Abg. Hausmann war im Namen der demokratischen Partei die Abschaffung dieser Ein- rihtung beantragt worden. Der Minister des FJnnern von Schmid war für den Standpunkt der Regierung energisch eingetreten. :
Coburg, 14. Januar. (W. T. B.) Die Herzogin von Sachhsen-Coburg hat sih heute nah Nizza begeben. Die Herzogin von Edinburg ist mit ihrer Tochter Prinzessin Beatrice über Darmstadt nah England abgereist.
Met, 14. Januar. (W. T. B.) Wie die „Lothringer
ihr Arbeitsfeld anweisen zu lassen. An den Brütkenbauten über den Kanal, die zu den beiden Nebenbahnhöfen für Ringbahn- und Vor- ortsverkehr führen, wird wieder gearbeitet, ebenso nehmen die Maurer-
arbeiten ihren Fortgang.
Das Ballfest des Vereins „Berliner Presse“ findet am 31. Januar in der Philharmonie statt. Der Preis für die durch
Mitglieder des Vereins eingeführten Gäste beträgt 10
werden dur die Vereinsmitglieder bis zum 2s. Januar vermittelt.
Wetterbericht vom 14. Januar, Morgens 8 Uhr.
Stationen. Wind. Wetter.
Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeressp red. in Millim
Mullaghmore NNO d wolkig Aberdeen NNW 6b\wolkig Christiansund ¡NW 5\Schnee Kopenhagen . ¡[NNW 4 wolkenlos Stockholm . ¡WNW 4halb bed.
aparanda . N 4bedeckt
t. Petersb. SSW 3 \bedeckt Moskau . . . SSW 1Schnee
Cork, Queens- | ton L N 3 heiter Cherbourg . N 6 bedeckt elder... | 770 |NW 3'wolkenlos ylt 762 |INNW 5 wolkenlos amburg . . | 762 |[NW 4 halb bed. winemünde | 7566 |WNW b'heiter Neufahrwasser| 753 |W 4 Schnee Memel .…. | 7592 |SW 6 bededckt Br l C2 1 bedeckt ünster... | 767 |NNW 2 wolkenlos Karlsruhe . . | 769 |SW 5 Schnee Wiesbaden . | 767 N 1 bedeckt München . . | 766 |SW 5 bededckt Chemniy .. | 764 |SW 4 Shnee Berlin. . .. | 760 [WNW 4 bedeckt Win... | C [S 1 bedeckt Breslau. … . | 761 |S 3 bedeckt Ile d'Aix . . | 774 |ONO 4 wolkig a... l T66 |D 3 wolkenlos Seit... 1 (65 1D 2 wolkenlos
Uebersicht der Witterung.
Ein tiefes Minimum liegt über Lappland, einen Ausläufer nah dem östlichen Deutschland entsendend und an der deutshen Küste starke im Binnen- lande auffrishende südwestlihe bis nordwestliche Winde verursahend. Das barometrische Marimum bat westlich von Irland 785 mm überschritten. Das Wetter ist in Deutschland vorwiegend trübe, stellenweise fällt Regen oder Schnee. Die Frost- grenze verläuft von Wisby über Neufahrwasser nah Wiesbaden. In Ungarn sowie im südlihen Ruß- land herrscht strenge Kälte.
Deutsche Seewarte.
AUTUIL U Ss Theater-Anzeigen.
Böniglihe Schauspiele. Donnerstag: Opern- haus. 13. Vorstellung. Don Juan. Oper in 2 Akten mit Tanz von Mozart. Text von Daponte. Dirigent : Kapellmeister Sucher. Anfang 7 Uhr.
Schauspielhaus. 13. Vorstellung. Zur Feier des 100 sten Geburtstages Franz Grillparzer's: Gedicht von Ernst von Wildenbru@, gesprochen von Frl. Lindner. Zum ersten Male: Das goldene Vliefe. Dramatishes Gedicht in 3 Abtheilungen von Franz Grillparzer. In Scene geseßt vom Ober-Regisseur Mar Grube, Erste Abtheilung: Der Gastfreund.
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gedrüdckt. verhafteten Persönlichkeit (vgl. die
M. Meldungen
Trauerspiel in 1 Aufzug. Zweite Abtheilung: Die
P Trauerspiel in 4 Aufzügen. Anfang É.
Freitag: Opernhaus. 14. Vorstellung. Carmen. Oper in 4 Akten von Georges Bizet. LText von Henry Meilhac und Ludovic Halévy, nah einer Novelle des Prosper Mérimée. Tanz von Paul Taglioni. (Don José: Hr. Anton Erl, Königlich \ächsisher Kammersänger, vom Hoftheater in Dresden als Gast.) Anfang 7 Ukr.
Schauspielhaus. 14. Vorstellung. Das goldene Vliefßs. Dramatisches Gedicht in 3 Abtheilungen von Franz Grillparzer. Dritte Abtheilung, neu ein- studirt: Medea. Trauerspiel in 4 Aufzügen. Jn Scene ge vom Ober-Regisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr.
Deutsches Theater. Donnerstag: Zur Erinne- rung an Grillparzer's 100 jährigen Geburtstag , neu einstudirt: Des Meeres und der Liebe Wellen.
Freitag : Die Kinder der Excelleuz.
Sonnabend: Das Wintermärchen.
Berliner Theater. Donnerstag: Goldfische.
Freitag : 19. Abonnements-Vorstellung. Jn der Mark.
Sonnabend: Zum 1, Male: Das Fräulein von Scudery.
Lesfing-Theater. Donnerstag : Zum hundert- jährigen Geburtstag von Franz Grillparzer. Der Traum, ein Leten. Dramatishes Märchen in 4 Aufzügen von Franz Grillparzer, mit anshließendem Epilog von Ludwig Fulda.
Freitag: Ohne Jdeale. Schauspiel in 4 Akten von Richard Jaffé.
Victoria-Theater. Doanerstag: Zum 46. Male : Die fieben Naben. Romantishes Zaubermärchen in 5 Akten von Emil Pobl. Mußk von G. Lehn- hardt. Balletcompositionen des 3. Aktes von C.
Raida. Ballets unter Leitung des Balletmeisters C. Severini. In Scene gesezt vom Ober-Regifseur W. Hock.- Anfang 74 Uhr.
Waliner-Theater. Donnerstag: Zum 7. Male:
Talmi. Volks\tück mit Gesang in 4 Akten von Moriy Stlesinger und L, Herrmann. Musik von Friß Krause. Anfang 7 Uhr. Gros Talmi. onnabend: Benefiz für Carl Meißner. Die Sternschuuppe. Schank in 4 Akten von G. von Moser und Otto Girndt.
Friedrich - Wiihelmflädtishes Theater. Direktion: Julius Frißshe. Donnerstag: Zum 26. Male: Die Gondoliere. Burleske Operette in 2 Akten von W. S. Gilbert. Deutsch von F. Zell und R. Genée. Musik von A. Sullivan. In Scene geseßt von Julius Frißsche. Dirigent: Hr. Kapell- meister Federmann. Anfang 7 Uhr.
Freitag: Die Gondoliere.
rung in den Bezirken auf dem linken Newa-Ufer auf 11 %% herab-
Madrid, 13, Januar Eine neue Untersuchung der in Olot
Meldung des „W. T. B.“ ergeben, daß leßtere dem Signalement von Padlewski nicht entspriht. Der Mörder des Generals Seliversto} trug ein künstlihes Gebiß, während der Verhaftete natürlihe Zähne besißt. Dem Pariser „Figaro“ zufolge wäre die verhaftete Persönlichkeit ein gewisser Heim, der vor einigen
gestrige Nummer d. Bl) hat laut
Residenz-Theater. Direktion 1 Sigmund Lauten- burg. Donnerstag: Zum 6. Male: Der selige Tou- pinel (Feu Toupinel). S(mank in 3 Akten von Alexandre Bisson. Deutsch von Gustav von Moser. In Scene geseßt von Sigmund Lautenburg. V: rber zum 6. Male: Friquette. Schwank in 1 Akt von Benno Jacobson. In Scene geseßt von Sigmund Lautenbura. Anfang 75 Uhr.
Freitag: Dieselbe Vorstellung. /
Belle-Alliance-Theater. Donnerstag: Ensemble- Gastspiel von Mitgliedern des Wallner-Theaters. Zum vorleßten Male: Mein Freund Lehmann. Schwank in 4 Aufzügen von O. Klaußmann und F. Brentano. Anfang 7F Uhr.
Freitag: Zum leßten Male: Mein Freund Lehmann. Sonnabend: Zum 1. Male: Die Nachbarinnen.
Posse in 3 Akten nah dem Französishen von Hans Bette.
Adolph Ernft-Theater. Donnerstag: Zum 131, Male: Unsere Don Juans. Gesangspofse in 4 Akten von Leon Treptow. Couplets von Guftav Söôrß. Musik von Franz Roth und Adolph
| Ferron. Anfang 73 Uhr.
Freitag : Dieselbe Vorstellung.
Thomas-Theater. Alte Jakobftraße 30. Donnerstag: Auftreten von Betty Damhofer. Drei Paar Schuhe. Posse mit Gesang in 3 Abthei- lungen und einem Vorspiel von Carl Görliß. Musik von C. Millôöcker.
Freitag: Zum 54. Male: Der Soldateufreund.
Concert-Anzeigen.
Concert-Haus. Donnerstag: Karl Meyder- Concert. Gesellshafts-Abend.
Urania, Anstalt für volksthümlihe Naturkunde. Am Landes - Ausftellungs - Park (Lehrter Bahnkof). Gesffnet von 12—11 Uhr. Täglih Vorftellung im Dn Theater. Näheres die Anschlag- zettel.
Circus Renz. (Carlftraße.) Donnerstag, Abends 7 Uhr: Japan oder: Die neckischeu Frauen des Mikado. Großes equestrishes Ausftattungs- Divertissement nebst einer mimis{hen Handlung in 2 Abtheilungen. Neu arrangirt und in Scene geseht vom Direktor E. Renz. Ferner: Jeu de la rose, geritten von Frl. Clotilde Hager und Miß Lillie Meers. Agat, Feuerpferd, dress. und vorgef. von Hrn. Franz Renz. Visier, Schulpferd, geritten von Hrn. Gaberel. Auftreten der Künstler-Spezialitäten Mr. I. F. Clarke und Mr. Rodgers. Der Czikos Mr. William mit feinen 4 dressirten Pferden. Mr. Burn-ell Fillis als Jockeyreiter I. Ranges. Auftreten der Reitkünstlerinnen Elly und Gieraw. Ae Entrées und Intermezzos von sämmtlichen
owns.
Freitag: Jm dunklen Erdtheil.
Ztg.“ meldet, stattete der Bezirks-Präsident von Hammer- itein dem Großherzog von Luxemburg gestern einen Besu ab. Abends fand ein größeres Diner statt, zu welchem auch Herr von Hammerstein geladen war.
Brüssel, 14. Januar. (W. T. B.) Nach einem heute Vormittag 9 Úhr 30 Minuten veröffentlichten Bulletin ist die bereits gestern konstatirte Besserung in dem Befinden der Prinzessin Henriette auch heute bemerkbar.
(Fortseßung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
Familien-Nachrichten.
Verlobt: Frl. Elisabeth Brandhof} mit Hrn. Reg.-Baumeister Heinr. Plange (Elberfeld). — Frl. Elisabeth Büsing mit Hrn. Ger.-Afefsor Paul Smidt (Schwerin). — Frl. Marie Witt- feld mit Hrn. Karl Janssen (Krefeld). — Frl. Luise Weber mit Hrn. Reg.-Assessor Paul Spicken- dorf} (Stegliß—Hannover). — Frl. Elisabeth Gläser mit Hrn. Linus Lindner (Aue—Leipzig). — Frl. Auguste Simon mit Hrn. Landwirth Ernst ‘ Hofmeister (Oebisfelde—Maodeburg). — Frk. Anni Friederihs mit Hrn. Dr. med. Walther Anger (Warnemünde—Leipzig). — Frl. Ida Naeuas mit Hrn. Rittergutsbesißer Max Krüger (Goldberg b. Satow, Mecklenburg- Shwerin— Gorschendorf).
Verehelicht: Hr. Landritter Heinr. Hoelzer mit Frl. Margarethe Willems (Aahen—Trier). — Hr. Prem.-Lieut. Karl von Ernsthausen mit Frl. Minna Mohr. — Hr Georg Brödemann mit Frl. Käthe Rohland (Berlin), — Hr. Rechts- anwalt Dr. jur Max Willmann mit Frl. Anna Merseburger (Leipzig). — Hr. Wilh. Paul Berger mit Frl. Else Timaeus (Leipzig). — Hr. Polizei- Assessor Engelbert Löninger mit Frl. Emmy Hack (Köln). — Hr. Franz Peters mit Frl. Regina Weidenbach (Köln—Bergheim).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Leo Frhrn. von Rheinbaben (Sauen b. Pfaffendorf, Mark). — Hrn. Dr. med, Marehaux (Magdeburg). — Hrn. Prem.-Lieut. Max von Seydewiß (Berlin). — — Hrn. Lieut. Tbeurich (Breslau) — Hrn. Hanpt- mann Friedrich Frhrn. von Houwald (Eisenach). — Hra. Dr von Eickten (Mülheim a. d. Ruhr). — Hrn. Sec.-Lieut. von Knoblau-Schulkeim (Königsberg i. Pr.). — Hrn. Lehrer Paul Hell- muth (Bad Elmen). — Eine Tochter: Hrn. Baurath Garnper (Sorau) — Hrn. Lieut. Frörn. von Moeller-Lilienstern (Berlin). — Hrn. Kgl. Reg -Bauführer Wolfg. Schierer (Charlottenburg). — Hrn. Lieut. Günther von Puttkamer (Heuken- hagen b. Gienow). — Hrn. Rittmeister Baron Digeon von Monteton (Deut).
Gestorben: Hr. Rittergutsbesiger Herm. Jentsch (auf Ofselwiß). — Hr. Bürgermeister a D. Jul. Stahn (Bunzlau). — Hr. Major a. D. Adalbert pon Hugo (Hannover). — Frau Rechnungs-Rath Karoline Wozeck, geb. Zuelke (Danzig) — Hr. Großherzogl. Revierföriter Fr Ketel (Testorf) — Hr. Rentier I. H. Paetow (Berlin). — Frau verw. Pfarrer Bertha Schurig, geb. von Reidnißz (Braunsberg). — Hr. Rittmeister a. D. Friedr. Ludw. Leonh. von Zobeltiz (auf Eichow). — Hr. Rentier Wilh Filter (Berlin). — Hr. Ritterguts- besißer Gottfried Dalmer (auf Duvendiek).
Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor. Berlin:
Verlag der Expedition (Scholz).
Druck der Norddeutshen Buchdruckerei und Verlag3- Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.
Vier Beilagen (eins{ließlich Börsen - Beilage).
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Deutscher Reichstag. 42. Sitzung vom 13. Januar, 21/2 Uhr.
__ Am Tische des Bundesraths: Reichskanzler von Caprivi, die Staatssekretäre Dr. von Boetticher, Freiherr von Malygahn und Freiherr von Marschall und Staats- Minister von Heyden.
__ Präsident von Levetzow eröffnet die Sizung mit einem „Neujahrsgruß an die Herren Kollegen“ und theilt mit, daß er aus Anlaß der Geburt eines Prinzen des Königlichen Hauses Sr. Majestät dem Kaiser die herzlihsten GlüC- wünsche des Neichstages im Namen des Reichstages darge- braht habe. Mit Bezug darauf sei ihm folgende Aller - höchste KabinetsOrdre zugegangen:
In herzliher Freude habe Ih die Glückwünsche entgegen- genommen, welche im Namen des Reichstages Mir zu der Geburt Meines se{sten Sohnes dargebracht sind. Ich kann es Mir nickt versagen, für den Ausdruck der freudigen Antbeilnahme an Lem glücklichen Ereigniß dem Reichstage Meinen Dank auszusprechen.
Berlin, den 6. Januar 1891.
Wilhelm,
Das Haus tritt in seine Tagesordnung, die erste Berathung der Anträge Auer und Richter über Lebensmittelzölle, ein. (Den Wortlaut beider Anträge ). in der gestrigen Nummer.)
Reichskanzler von Caprivi:
Auf der heutigen Tagesordnung stehen die beiden Anträge, be- rührend Fragen, deren Bedeutung für das wirthshaftlihe Leben der Nation die verbündeten Regierungen nicht verkannt haben, Die Anträge siad im Mai und Juli vorigen Jahres eingebracht worden ; inzwischen ift Deutschland, wie den Herren bekannt ist, mit Oesterreih- Ungarn über den Abs@&luß eines neuen Handelsvertrages in Verhandlungen getreten, und es steht zu erwarten, daß diesen Verhandlungen folche mit anderen Staaten, die ebenso wie wir das Interesse nah wirthschaft- liher Annäherung haben, folgen werden. Wir können uns der Hoffnung hingeben, daß die Verhandlungen mit Oesterreih zu einem beide Theile befriedigenden Resultate führen werden. (Bravo !) Nähere Mittheilungen darüber zu maten, sind wir zur Zeit nicht im Stande; wir können uns weder über den bisherigen Ver- lauf, noch über den gegenwärtigen Stand der Verhandlungen, noch über die endlihen Ziele, welche die verbündeten Regierungen verfolgen, zur Zeit äußern. Wir müssen uns heute auf die Bemerkung beshränken, daß die Sorge für Erleihterang der Volksernährung den verbündeten Regierungen ebenso sehr am Herzen liegt, wie irgend einer Partei in diesem Hause, und wir dürfen als Bekräfti- gung hierfür Bezug nehmen auf diejenigen Maßregeln, die seit einigen Monaten zur Erleichterung der Fleishversorgung in Deutschland eingeführt worden sind, Zugleich erkennen wir aber an, daß wir die Pflicht haben, für die Entwickelung derjenigen wirth- shaftlihen Erwerbszweige zu sorgen, die für die Erhaltung des Staats von hoher Bedeutung sind, wie in erster Linie die Landwirth- schaft. (Bravo! rechts.) Wir erkennen an, daß eine gedeihliche Landwirthschaft über diejenigen Zahlen hinaus, die in Bezug auf ihre Produktion fich feststellen lassen, für die Er- haltung des Staats vom höchsten Werthe ist. Treten die Herren heute in eine Diskussion über die beiden vorliegenden Anträge ein, so werden die Vertreter der verbündeten Regierungen, Angesihts der \chwebenden Verhandlungen, sich darauf beshränken müssen, an dieser Diskussion theilzunehmen, wenn etwa bedenklihe Irrthümer über thatsählihe Verhältniffe klar zu stellen wären.
Abg. Schumacher: Es freue ihn, daß auch die Regierung dafür Sorge tragen wolle, daß eine Erleichterung der Volksernährung eintrete. Ueber die Nothwendigkeit dieser Maßregel könne hier kein Streit sein. Mit Unrecht habe seiner Partei die {utzöllnerische Presse vorgeworfen, es handle sich bei dem Antrage auf Aufhebung der Getreide- und Viehzölle mehr um eine Demonstration und um die Erzeugung neuer Unzufriedenheit, als um das Ee Wobl des Volkes. Für die Neuerzeugung von Unzufriedenheit fei gerade die gegnerishe Seite verantwortlih. Gewiß beruhe auf dem Bauern- stande, auf der Landwirthschaft das ganze Staatswesen; seine Partei müsse aber entschieden bestreiten, daß die Getreidezölle für den eigent- li nothleidenden Bauer ins Leben gerufen seien. Der Bauer habe von den Getreidezöllen absolut keinen oder nur sehr wenig Nußen. Die Noth der Landwirthschaft könne nit bestritten werden. Die- jenigen aber, die im Reichstage für die Einführung der hohen Ge- treide- und Viehzölle gearbeitet hätten, hätten am Allerwenigsten Ursache, sich zu beklagen. Er erinnere daran, wie sehr der Werth des Grund und Bodens feit dem vorigen Jahrhundert gestiegen sei. Die notariellen Akten würden dem Reichstage darüber über- rashende Aufschlüsse geben. Im Rheinlande — wo es si allerdings um abnorme Verhältnisse handele — seien früher in der unmittelbaren Nähe von Köln 300 Morgen für 25 000 Fr., d. b. der Morgen für 834 Fr. verkauft worden. Heute koste der Morgen 250 Thaler. Leute , die solhe Geschäfte gemaht hätten, könnten wohl zufrieden sein. Grund zur Klage hätten die Pächter, die sehr hohe Patpreise bezahlen und sich quälen müßten, und der kleine und mittlere Bauer, der keine Viehzuht habe und gezwungen sei, Futter und Korn zu kaufen. Ein Bauer der Eifel, der zwanzig Morgen besiße und fünf Kinder habe, könne vom Getreidebau gar nicht leben. Dieser Bauer müsse {hon früh sein Getreide zu. einem billigen Preise verkaufen und es später zu einem viel höheren Preise kaufen. Man sage, daß die Getreidezölle die Lage der ländlichen Arbeiter gehoben hätten. Ein Beweis hierfür sei bisher niht erbraht worden. Der Gutsbesißer mit seiner Familie lebe bei guter oder s{lechter Zeit ganz gle ch, seine Frau trage deshalb keinen Hut oder Schleier weniger. Die Gutsbesißer der östlihen Provinzen beklagten sich darüber, daß ihre Arbeiter zuviel verdienten, sie sagten aber nit, ob die Arbeiter auch damit auskommen könnten. Wenn die Arbeiter zuviel verdienten, würden sie niht nach dem Rheinland und nah Sa@sen gehen. Ein Ochsenkneht verdiene jährli mit Natura- lien 384 M 80 S, ein Schäferkneht 396 #& 80 H und ein Pferde- kneht ebenfoviel. Auf den Dominien im Kreise Neiße erhalte eine Frau einen Tagelohn von 40 bis 50 4 und ein Mann einen von 60 4 bis 1 M ohne Kost. Immer wieder werde kechauptet, daß der Getreidezoll vom Auslande getragen werde. Es sei aber statistisch nachgewiesen worden, daß der Roggenpreis in Köln durhschnittlich um den Betrag des Zollsazes höher stehe als in Rotterdam und Brüssel. Das Nämliche gelte in Danzig, Stettin und Königs- berg, Wenn lediglich die Bäcker das Brot vertheuerten, dann wür-
Erste Beilage zum Deulschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.
A 12.
Berlin, Mittwoch, den 14. Januar
den die Leute z. B. an der niederländishen Grenze niht über die
Grenze gehen, um billigeres Brot zu kaufen. Nein, den Zoll trage
das Inland. Es scheine, als ob heute das Gegentheil von dem maß-
gebend sei, was früher in den Schulen gelernt worden sei. Da habe man
im Lesebuch von einem Kornwucherer gelesen, der im Hungerjahre 1817
gelebt habe. Dieser Kornwucherer habe mit Kreide an seineThür geschrieben :
„Nur für den und den Preis wird das Korn verkauft.“ Dann habe
es weiter geheißen: „Die Vorsehung hat den Mann bestraft; Haus
und Hof sind ilm abgebrannt.“ Heute werde in den Geseßbüchern
festgelcgt: „Das Brot muß möglichst vertheuert werden.“ Friedri II.,
gewiß kein Freihändler, habe in Bezug auf Getreide- und Viehzölle
ganz anders gedacht. Nachdem die Einfuhr des amerikanishen SpeXts,
angeblich der Trichinen wegen, verboten worden fei, sei dem armen
Manne auch der billige Speck entzogen worden, und die Pferde-
meßgerei komme immer mehc in Aufnahme. Es sei von sozial-
demokratisher und von fortsrittliher Seite wiederholt darauf auf-
merksam gemacht worden, daß durch Schußzölle das Ausland ge-
wissermaßen zu Gegenmaßregeln provozirt worden sei. Deutschland babe
es denn auch erlebt, daß ihm der amerikanishe Markt abgeschnitten
worden sei. Wenn man jeßt nit dafür sorge, daß die Zölle er-
mäßigt würden, werde es später kaum mehr möglich sein. Gerade die
reiheren Fabrikanten hätten im Auslande noch besondere Fabriken
angelegt, und bei den jeßigen hohen Zöllen fei es deshalb den kleineren
deutschen Fabrikanten nicht mehr mögli, vortheilhaft in jene Länder
zu exportiren ; sie seien vom Auêlande völlig ausgeshlossen. So
werde durch das Schutzollsystem der eigene Mittelstand geschädigt. Troy des heutigen niedrigen Zinsfußes müßten doch gerade die kleinen Leute noch immer recht hohe Zinsen tragen. Daß Deutschlands Industrie, als Gesammtheit aufgefaßt, in ihrem Export in den letzten Jahren Shiffbruch gelitten habe, zeigten deutli die amtliwen Zahlen über Einfuhr und Ausfuhr. Seit 1886 sei das Verhältniß von Ausfuhr und Einfuhr ein immer ungünstigeres geworden. 1888 habe das Minus der Einfuhr 52 Millionen Mark, 1889 bereits 808 Millioncn Mark betragen. Wie könne man bei der jeßigen Schußzollpolitik den Amerikanern ihre Me. Kinley- Bill übelnehmen? Die „Kölnisce Zeitung“, die {hon lange nit mehr auf dem Boden des absoluten Freihandels stehe, habe zwar einen von dem General-Sekretär Dr. Beumer in Düsseldorf unter- zeichneten lebhaften Nothschrei der rheinisch-westfälischen Industriellen gebracht; die Amerikaner aber könnten es si leisten, auf das Aus- land keine Nücksiht zu nehmen, während das Deutsche Reich das größte Interesse an der Erhaltung des Friedens habe. In den leßten drei Monaten seien in Folge der Mc. Kinley - Bill allein von Solingen aus für 44 Millionen Mark weniger Mefserwaaren nah Amerika exportirt worden als im Vorjahre. Für einen Ort wie Solingen bedeute ein folcher Ausfall {hon sehr viel. Aehnlich aber lägen die Dinge in Thüringen und im Königreih Sachsen. Es scheine sich nun auch in jenen Kreisen, die fortwährend für die Zölle gearbeitet hätten, allmäßhlich ein Umschwung geltend zu machen. Die Zeitung „Die Post“ habe neulich einen Artikel gebracht, in welchem se lebhaft bedauert habe, daß im Jahre 1881 der Handelsvertrag mit Oesterreich nicht zustande gekommen sei. Der Antrag seiner Partei gehe dahin, daß man ebenso wie mit ODesterceih auch mit Rußland, Frankreich und Amerika Verträge abscchließe, damit die Zölle {chließlich ganz aus der Welt geshaff}t würden. Differentialzölle würden noch größeres Unglück bringen, als die anderen Zölle. Der Artikel der „Post“ (worin sie die Wirkung der Schußzölle mit der Wirkung von Miorphiumeinsprizungen verglih. D. R.) zeige, daß man sich in gewissen Kreisen bereits \{äme über das früher Verbrochene. Der Abg. Dr. von Frege habe früher einmal für den Verlust der bisherigen Absfaßzgebiete auf die Kolonien hingewiesen und das Beispiel der Ostindishen Compagnie herangezogen, die für Eng- land bedeutet habe, was etwa Kamerun für Deutschland bedeuten werde. Das seien doch nur leere Ausflüchte. Allerdings müsse, wenn die Zölle aus der Welt geschafft würden, für Ersaß gesorgt werden. Das könne geshehen durch Verminderung der hohen Militärlasten. Deutschland habe die stärkste Armee und könne sagen: Rüstet einmal ab! Wenn der Reichstag den Antrag seiner Partei annehme, habe er (der Reichstag) sh wirklich einmal um das Vaterland verdient gemabt! (Beifall bei den Sozialdemokraten.)
Abg. Richter: Der Antrag seiner Partei bezwecke, das, was sie in den O für die Reform der Zoll- und Wirthschafts- politik vertreten habe, in präziser Form im Reichstage zu wieder- bon. Der Antrag ershöpfe niht Alles, was die freisinnige Partei überhaupt an Reformen anstrebe, sondern hebe nur die Beseitigung derjenigen Privilegien des Großgrundbesißes und Großkapitals hervor, die in weitesten Kreisen als besonders ungerecht und drückend empfunden würden. Daß dies in immer weiteren Kreisen des Volkes der Fall sei, bewiesen die Wahlen, Im leßten Reichstage habe seine Partei höchstens darauf rechnen können, daß ein Achtel der Mitglieder mit den Grundanshauungen ihres Antrages ein- verstanden gewesen sei; jeßt dürfe sie mindestens ein Drittel der Mitglieder des Hauses als solche annehmen. Die Partei habe nicht erwarten können, daß eine Wahlbewegung mit einem Schlage eine freihändlerische Mehrheit herstellen würde, aber aus den Wahlen habe sie die Zuversicht geshöpft, sofort mit der parlamentarishen Aktion in der Richtung dessen, was sie bei den Wahlen erstrebt habe, zu beginnen ; sie habe den Antrag am ersten Tage der Session eingebracht, Daß sie ihn in Uebereinstimmung mit den Sozialdemokraten im Juni v. I. zurückgestellt habe, weil damals gerade die Militärfrage im Vordergrund des öffentlihen Interesses gestanden habe, bedauere sie nit, denn inzwischen hätten sich die Verhältnisse für den Antrag er- heblih günstiger gestaltet. Die Macht der Verhältnisse habe auch ibre Einwirkung auf die Regierung nit verfehlt, insofern das Zucker- steuergeseß vorgelegt sei und der Reichskanzler wiederholt Mitthei- lungen über das Shweben von Verhandlungen zum Abschluß von E gemacht habe. Der sozialdemokratishe Antrag habe die
orm eines Gesetzentwurfs, der seinerPartei die einerResolution. Initiativ- anträge, wenn sie niht von vornherein einer großen Mehrheit sicher seien, gelangten in Form von Geseßentwürfen in Folge der drei Lesungen viel \{wieriger zu positiven Ergebnifsen, als eine einfache Resolution. Die Resolution betreffe niht bloß die Zölle, sondern au die Verbrauchssteuern, denn eine Beseitigung der Einfuhrprämien bei der Zuckersteuer und des Privilegiums der Brenner bei der Branntweinsteuer sei ebenso dringend wie die Zoll- reform. Der Antrag betreffe niht nur die Produkte des Aerbaues, sondern auch die industriellen Erzeugnisse. ® Es sei fals, zu glauben, daß seine Partei aus Rücksihtnahme auf die Industrie des Westens einer Reform der Jndustriezölle anders gegenüberstehe als einer solchen der Agrarzölle. Die Industriezölle shadeten zum großen Theil der íIndustrie selbst, namentlih leide die Kleineisenindustrie unter den Eisenzöllen und den Ringbildungen. Seine Partei fordere allerdings niht die sofortige Beseitigung der Nahrungsmittelzölle auf einmal, obglei sie die Aufrehterhaltung eines Theiles derselben auch nit für gerehtfertigt halte. Die Ausführungen des Vorredners theile auch er in jeder Beziehung, aber unter den gegebenen parlamen- tarishen Verhältnissen halte seine Partei den Weg ihres Antrages am meisten für gangbar. Man werfe ihr vor, sie fordere eine theilweise sofortige Aufhebung der Nahrungs- mittelzölle, nit aber der Industriezölle, obwohl beide gleihzeitig ein- geführt seien. Allerdings seien beide gleihzeitig 1879 eingeführt, aber die Getreidezölle nur in Höhe von 10 #4 für die Tonne. 1883 seien die Getreidezölle für ich auf 30 #4, 1887 auf 50 # erhöht worden,
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obne entsprechende Erhöhung der Industriezölle. Deshalb müßten die Agrarzölle zunächst herunterseßt werden, nachdem sie zuleßt allein erhöht worden seien. Seine Partei bedauere nicht, daß der Antrag erst heute verhandelt werde; denn gleichviel, welhes Scicksal der An- trag babe, könne die Partei ihre Forderungen an drei Stellen wieder aufnehmen. Das Zuckersteuergeseß sei vorgelegt, allerdings be- packt mit einer Erbshung der Verbrauch8abgabe, welche dasselbe in den Abgrund ziehen könne. Anstatt den Schwanz der Ausfuhr- prämien stückweise von Jahr zu Jahr abzuschneiden, follte man die Zuerindustrie lieber dadurch entshädigen , daß man den Konsum des Inlandes wohlfeiler mache, wenn der Konsum des Auslandes nach- lassen sollte. Bei der Novelle- zum- Branntweinsteuergeseß Tönne die freisinnige Partei auch ihren Antrag weiter verfolgen. Ferner könne sie bcim Etat Anträge auf Abänderung des Zolltarifs unabhängig von diesem Antrag stellen, ebenso au, wenn Handelsverträge vor- gelegt würden. Seine Partei vernehme mit Befriedigung, daß die Ver- handlungen mit Oesterreih-Ungarn einen günstigen Verlauf nehmen; hoffentlih werde noh ia der jeßigen Session ein folher Vertrag vor- gelegt werden. Der Abschluß von Tarifverträgen sei ein Mittel, zu vernünftigen Tarifreformen zu gelangen. Ein Handelsvertrag habe hon dadur besonderen Werth, daß er eine Sicherheit gegen eine rückläufige Bewegung durch schutzöllnerishe Bestrebungen gewähre. Diese Sicherheit müsse gerade jegt gegenüber der Unsicherheit, die in handelspolitisher Beziehung seit ungefähr cinem Jahrzehnt vorherrshe, wertbges{häßt werden. Es komme niht nur darauf an, neue Absatquellen zu erschließen und neue Verbindungen unter den Völkern anzubahnen, sondern diese Möglichkeit müsse auch für längere Dauer gesichert sein; denn das erste Anknüpfen neuer Ver- bindungen erheishe Mühe und Kosten, die sich nur lohnten , wenn man auf ihre Echaltung für längere Zeit rechnen könne. Seine Partei sei gegen das System der Differenzialtarife. Es häiten in Deutschland erhebliße Besorgnisse geherrscht, daß die Vertrags- verhandlungen mit Oesterrei es auf Differenzialtarife absähen. Diese Schatten seien inzwishen wesentlich gewichen, und aus der An- kündigung des Meichskanzlers, daß es sih niht bloß um einen Ver- trag mit Oesterreih-Ungarn, sondern au um die Einleitung von Verhandlungen mit anderen Staaten handele, entnehme er (Redner) eine Bekräftigung der Ansicht, daß die Regierung nicht Differenzial- tarife, sondern eine allgemeine Tarifreform im Wege der Handels- verträge beabsichtige. Es sei in Frage gekommen, inwieweit eine parlamen- tarishe Erörterung bei schwebenden Vertragsverhandlungen angebracht sei. Die heutige Erklärung des Reichskanzlers von Caprivi sei vom konsti- tutionellen Standpunkt aus durchaus forrefkt. Es müsse einer Regierung überlassen sein, ob sie bei s{chwebenden Vertragsverhandlungen auf Fragen antworten wolle oder niht. Seine Partei habe auch den Reichskanzler zu einer Antwort nicht provozirt, weil sie glaube, daß diese Verhandlungen mit Oesterreich sh in einer Richtung bewegten, die ihr genehm sei. Man könne es für inopportun halten, unter diesen Umsfänden eine parlamentaris{he Abstimmung herbeizuführen. Sollte dies die Ansicht sein, so lege er kein Gewicht darauf, ob eine materielle Abstimmung über seine Anträge heute erfolge oder nicht. Für den sozialdemokcatishen Antrag sei eine Abstimmung ausge- schlossen, weil er nur zur ersten Berathung stehe. Er (Redner) wäre also damit einverstanden, wenn beide Anträge der Budget- kommission überwiesen würden. Aber eine Diskussion im“ All- us halte seine Partei auch während \{chwebender Vertragsver-
andlungen über Handelsverträge für durchaus zulässig, Im englischen Parlament werde auch während \{chwebender Verhandlungen diskutirt. Während der Deutsche Reichstag sich über den deuts) - englischen Vertrag Stillshweigen auferlegt habe, sei im englishen Par- lament wiederholt darüber debattirt worden, Wohin würde es auh führen, wenn während solcher Verhandlungen die ganze Preffe, Vereine und Versammlungen sich damit beschäftigten, die Regierung selbst Sachverständige zu Gutachten auffordere und nur das Parla- ment verurtheilt sein solle, zu \{chweigen? Es sei bezeichnend, daß gerade Diejenigen am meisten si besorgt zeigten in Bezug auf etwaige Störungen der Vertragsverhandlungen durch das Parlament, die im Grunde ihrer Seele einen Handelsvertrag mit Oesterreich auf Ermäßigung landwirth\schaftliGer Zölle selbs durchaus nicht wollten. Die Anknüpfung von Vertragsverhandlungen mit Oesterreich sei gerade während der parlamentarischen Ferien politischen Angriffen ausgeseßt gewesen. Man habe versucht, die Agrarier diesfeits der Grenze und die industriellen Schußzöllner jenseits der Grenze gegen einen Handelsvertrag mit Oesterreih aufzuwiegeln. Es sei dargestellt worden, als ob ein solcher Handelsvertrag, indem er wirth\chaft- lihe Beschränkungen beiden Völkern auferlege, sh vergleichen lasse mit der Absicht, Deutschland einen Tribut an Desterreich aufzu- erlegen; dies sei geeignet, den politishen Dreibund unpopulär zu machen und dadurch auch die politishe Situation zu trüben; die Re- ierung müsse deshalb, wenn sie wirklich einen Tarifvertrag mit
esterreih anstrebe, zuvor den Reichstag auflösen und dem Volke Gelegenheit geben, sich darüber auszusprehen, ob es eine solche Tarifreform im Wege des Vertrages wünsche, da das Volk bisher in dieser Beziehung noch nicht zum Wort gekommen sei. Diese Aeußerung habe in der ausländischen Presse eine gewisse Beach- tung gefunden, weil sie von einer Stelle herrühre, die um die Stiftung des politishen Dreibundes sich Verdienste erworben. Eine Auflösung des Reichstages und eine Neuwahl unter der Parole, ob die Re- gierung in Bezug auf die Verwohlfeilerung und Erleichterung der Ernährung zu unterstüßen sei oder nicht — solche Wahlen möthte er noch einmal erleben (Heiterkeit), denn sie wären geeignet, die lebten Agrarier in Deutschland auszurotten. (Heiterkeit und Beifall.) Es sei hade, daß Fürst Bismarck— denn von dessen Agitation gegen den Handelsvertrag \preche er — diese konstitutionellen Ansihten nicht \chon während seiner aktiven Dienstzeit gehabt habe. In beiden Fällen, in denen er den Reichstag aufgelöst habe, 1878 und 1887, sei wohl von Sozialdemokraten und Militärseptennat die Rede gewesen; Fürst Bismarck habe sih damals aber gehütet,, von den neuen Zöllen und Steuern zu sprehen, zu deren Einführung er nachber die Mehrheit gebrauht habe. Es handele si bei dem Abschluß von solchen Handelsverträgen nicht um Auferlegung eines Tributs für Deutsch{- land an Oesterreich, sondern umgekehrt ; die beiden Länder wollten \sih wecselseitig beistehen, um sich von Tributen zu befreien, die sie an den Grundbesiß und gewisse Zweige des Kapitals entrihtet hHâtien, solange diese allein den Markt in jenen Staaten zu beherrshen in der Lage gewesen seien. Mit Recht sei vor Kurzem von hoher Stelle ausgesprochen worden : „Die Welt am Ende des 19. Jahrhunderts stehe unter dem Zeichen des Verkehrs, der Verkehr durchbreche die Schranken, welche die Völker trennten und knüpfe zwischen den Nationen neue Beziehungen an.“ Das sei rihtig in Bezug auf jede Verkehrserleihterung, Eisen- bahn-, Dampfschiffverbindung u. dergl. Was wollten aber Handels- verträge Anderes? Sie wollten die künstlichen Hindernisse beseitigen, die das selbftishe Interesse der beiden Völker si aufzurichten be- mühe. Wenn Tarifverträge im Stande wären, einen Tribut auf- zuerlegen, dann würde man dasselbe von wirthschaftlihen Verträgen aller Art behaupten können, und dann dürfte man überhaupt keinerlei wirthschaftlihe internationale Verträge abs{ließen, denn sie legten der wirths{aftlihen Autonomie jedes Staates besondere Beschränkungen auf. Ja, wenn diese Theorie richtig wäre, dürfte man wirthschaft- lihe und Tarifverträge nur abschließen niht mit befreundeten, son-
dern allein mit wilden oder politis gleihgültigen Völkerschaften. Nein, die politishe Freundschaft werde durch s\olhe Betrie lit
s A e E Bi A
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