1891 / 19 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 21 Jan 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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Thercse, der Prinz Arnulf mit der Prinzessin Adelgunde, der Prinz Ludwig Ferdinand mit der Prinzessin Elvira, der Prinz Alfons mit der Herzogin Max Emanuel und der Prinz Ernst von Sachsen-Meiningen mit der Herzogin Amalie, gefolgt von den Herzogen Karl Theodor und Ludwig. Alsbald fand Cercle statt, den der Puinz-Regent beim diplomatischen Corps begann; hierauf wandte sich derselbe zu den standesherrlihen Familien, den Palastdamen u. L W, Noch vor Beginn der Polonaise begrüßte der Prinz-Regent die sämmtiliden Staats-Minister, die Staats- und Reichsräthe und die Generalität. Schon kurz nah 78/4 Uhr begann der Ball, welchen Se. Königliche Hoheit der Prinz-Regent mit der Gemablin des sähsishen Gesandten eröffnete.

In Kulmbach finden von heute ab Berathungen Betreffs Verlegung bezw. Umgehung der sogenannten schiefen Ebene statt. An diesen Berathungen nehmen preußische und bayerisBe böhere Eisenbahnbeamte, sowie preußische und bayerische Offiziere Theil, da es sih bei dieser Frage besonders um strategishe Fragen und um Militärtransporte handelt.

Heffen.

Darmstadt, 20. Januar. Die Zweite Kammer er- klärte, wie „W. T. B.“ meldet, die Wahl des Antisemiten Köhler-Bußbach für ungültig. Zur Erweiterung des Main- NecSarbabnhofes in Darmstadt wurden 25 000 H bewilligt. Die Kammer vertagte sih hierauf bis etwa zum 17. Februar.

Mecklenburg-Schwerin.

S@werin, 20. Januar. Das Befinden Jhrer König- lien Hoheit der Großherzogin- Mutter ist den „Mel. Nar.“ zufolge in den leßten Tagen durch eine Steigerung der aewöhnlihen fkatarrhalishen Brustbeshwerden gestört, so daß Jhre Königliche Hoheit das Bett zu hüten gezwungen ist. Der Zustand der hohen Kranken giebt indessen zu ernsteren Besorgnissen bis jegt feinen Anlaß.

SaŸsen-Weimar-Sisenach.

Weimar, 20. Januar. Das Gefammtergebniß der Volkézählung vom 1. Dezember v. J. im Großherzogthum SaGsen ist der „Th. C.“ zufolge nah vorläufiger Aufstellung auf 325 824 Personen festgestellt. Jst diese Zabl richtig, 10 ergiebt sie, daß eine Zunahme um 3,78 Proz. (= 11 878 Per- sonen) in der Zeit von 1885 bis 1890 stattgefunden „hat. Von 1880 bis 1890 betrug die Zunahme nur 1,41 Proz. Die ftärkste Zunahme hat der zweite Verwaltungsbezik (Jena) aufzuweisen: 6,29 Proz. Die Entwickelung der Apoldaishen und FJenaishen FJndustrieverhältnisse hat

Hon nao irt [S orito N Tts - hier wohl bestimmend eingewirkt. Jm erjien Derwattungs bezirk (Weimar) betrug die Zunahme 5,48 Proz, im dritten (Eisena) 3,39: im vierten Bezirk (Eis. Oberland) ist eine Abnahme der Bevölkerung um 1,13 Proz. zu verzeihnen. Im fünften Bezirk (Neustadt a. O.) betrug die Zunahme nur 059 Vroz. Es ist zu bemerken, daß der leßtere Bezirk vor- zuaëweise von einer landwirthschafttreibenden Bevölkerung bewohnt ist. Die Zunahme der Bevölkerung in der Stadt Weimar betrug Dc 15,59, in Jena 1:

e agegen 13,75, in Eisenach 8,34, in Apolda 504 Proz. Braunschweig.

rauns6weig, 20. Januar. Die Versammlung des Central-Ausschusses des Landwirthschastlichen Centralvereins für das Herzogthum Braunschweig

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bes6loß laut Meldung des „W. T. B.“, auf die Tagesordnung s lung am 10. Februar die Frage zu seßen, zu ergreifen seien, um der Verbreitung

T nokratie unter der ländlihen Bevöl- feriäng entgegenzuwirken. Renkß: ä. L

Greiz, 21. Januar. Se. Hoheit der Herzog von ckaGsen- Altenburg traf geftern Mittag 12!/, Uhr zu einem Besu am Fürstlichen Hofe bierselbfi ein und reiste aegen Abend nach Altenburg zurü. l: Die vorläufigen Ergebnisse der Volkszählung vom 1. Dezember v. J. stellen fest: für das Fürstenthum eine Einwohnerzahl von 62759 (gegen 55904 im Jahre 1885), demna eine Zunahme von 6855 = 12,26 Proz.; für die Residenzstadt Greiz 20 141 Einwohner gegen zuießt 17288, wona die Zunabme 2853 = 16,53 Proz. beträgt.

Eilfaßz- Lothringen. S traßburg, 20. Januar. Der Landes-Aus\{chuß

begann, wie „W. T. B.“ meldet, die erfie Berathung des Etats. Séhraut erörterte die günstige die fteigenden Erträge der Forst-

verwaltung und der Erbschaftssteuer Leßtere liefere in Folge des neuen Deflarationsverfahrens einen Mehrertrag von 35 Trozent. Redner theilte mit, daß ein Geseßentwurs in

fei, betreffend die Erhöhung der Ueber- ai Ser i 220 M Wu 3 M taatssetretär wies auf den starken Be- Silbhelms - Universität in Straßburg [T rinoer bin und erörterte die neuen Projekte tir bie Anlage von Stauweihern und Waldbahnen in den oaeien. Ueber Flußregulirungen, Eisenbahnbauten und

rhanbenen Sanäle \ewebten Verhandlungen

una. Dr. Petri beiprach die Paß-

1G beseitigt wünschte, und danfte im

g für die milde Handhabung der Maß-

regel. Stanotssefretöär von Puttkamer erklärte, die Maß-

regel Tite fié niót gegen bie einheimische Bevölterung, jon- j remde, bie hier überflüssig seien.

Oefterreitz-Ungarn. Wien, 21 Januar. Gesiern Na@hmittag fand, wie „V. T. B“ meldet, bie Beisesung der Leiche der Er5- herzogin Maria Antonia Jmmaculata in der Sopuzinergruít unter vem üblihen Ceremoniell im Beisein Sr. Majestät des Kaisers, sämmtlicher zur Zeit hier an- wesenden Erzherzoge und Erzherzoginnen und vieler Staats- würbdenträger ftatt. An der Hauptpforte der Kapuzinerkirhe empfing ver Erzbijhof Grusha mit dem Domkapitel den Sarg, welWer in ber Kire vom Erzbischof eingesegnet wurde. Hierauf Wbergab ber Oberst-Hofmeister Prinz von Hohenlohe den Sarg uünÞ ven S(lüßel dem Pater Guardian zur treuen Hut. Die Mutter ver Verstorbenen, bie Erzherzogin Maria Jmmaculata, wohnte der Leichenfeier mit bei; dieselbe war bei ihren an

Die Verhandlungen zwischen den beiderseitigen R in Betcef}f der Umwandlung des österreihish - ungarishen Lloyd in ein öster- reihishes Unternehmen haben zu einem prinzipiellen Einverständniß geführt. Um das abzuschließende Ueber- einkommen in den Details festzustellen, werden am 24. d. M. Vertreter beider Handels-Minister zu einer Konferenz in Pest zusammentreten. s

Jm böhmischen Landtage übergaben gestern die Alt- czechen eine Erklärung, betreffend den inneren ZuU- sammenhang und die gleichzeitige Jnkraftseßung aller Ausgleihsvorlagen, zu deren Annahme eine qualifizirte Majorität nothwendig 1}. Der Oberst: Landmar- schall erklärte, die weitere Behandlung der überreichten Erfklä- rung sei durch die Geschäftsordnung ausgeshlossen. Die Vorlage über den Landeskulturrath wurde in der dritten Lesung mit 153 gegen 53 Stimmen an- genommen. Hierauf wurde die Debatte über das Budget begonnen, bei welher Graf Palffy, unter stürmisher Zu- stimmung und lebhaften Ovationen sür Rieger, dessen Ver- dienste hervorhob. :

Der Just izaus\chuß des ungarischen Unterhauses hat dem „Prag. Abdbl.“ zufolae vorgestern den Geseßentwurf bezüglih des Betretens der Länder der ungarischen Krone durch die bosnisch-herzegowinishen Truppen angenommen.

Großbritannien und JFrland.

Der Prinz und die Prinzessin Christian zu Schleswig-Holstein sind nebst ihren Töchtern, den Prin- zessinnen Victoria und Louise fowie dem Prinzen Aribert von Anhalt am 19. d. M. zum Besuh der Königin in Osborne eingetroffen.

Frankreich.

Paris, 21. Januar. Der Minister-Präsident de Frey - cinet ist wiedèr hergestellt und wohnte der gestrigen Sißung des Ministerraths bei, der sich mit Maßregeln beschäftigte, um den dur die ungewöhnliche Kälte herbeigeführten Noth- stand zu lindern. E i

: Der höhere Kolonialrath wird in seiner heute statt- findenden ersten Sizung einen Gesegentwurf berathen, dem- zufolge künftig alle für das Mutterland votirten Geseze au für die Kolonien Martinique, Guadeloupe und Réunion volle Rechtskraft haben sollen, nur das Schulwesen, die Gerichts- oraanisation, das Steuerregime 2c. sollen aus lokalen Gründen durch Spezialgeseße geregelt werden. Der Gouverneur soll über die Land- und Seemacht verfügen, jedo ausshließlih bürgerlihen Charakter behalten, also niemals das Kommando über die Truppen übernehmen können. : e Dem „Temps“ zufolge hätte der Marine-Minister eine namhafte Reduktion der meisten überseeischen Marine-Jnfanterie-Garnisonen angeordnet. E Jn der Deputirtenkammer brachte der Minister Constans gestern eine neue Kreditvorlage über vier Millionen Francs zur Erleichterung der unter dem strengen Winter leidenden Bevölkerung auf dem flachen Lande ein. Die Vorlage wurde sofori einstimmig angenommen.

Der Senat nahm diesen Kredit fowie die vorgestern von der Kammer angenommene Kreditvorlage gleih- falls an. f : S :

Die Zollkommission nahm die Zollsäße für Hanf mit 10 Fr. 40 Cent. im Maximaltarif und 8 Fr. im Minimal- tarif an; für gehehelten Hanf 15,60 Fr. resp. 12 Fr., für rohe Jute 6,50 Fr. resp. 5 Fr., für gehechelte Jute 10,40 Fr. resp. 8 Fr.; für die übrigen _ Faserpflanzen wurden die gleihen Zollsäße wie für Hanf angenommen. Für Korbweide wurde der Zollsaß auf 4 Fr., für geschälte auf 6 Fr. resp. 4 Fr., für Binsen und spanisches Rohr zur Korbflehterei auf 4 Fr. resp. 5 Fr. festgeseßt.

Der österreichish-ungarishe Botschafter Graf Hoyos stürzte nah einer Meldung des „W. T. B.“ am Montag Natmittag beim Sghlittschuhlaufen im Bois de Boulozne und mußte bis zum Pavillon des Schlittschuhläufer-Klubs getragen werden, wo der Arzt eine Verstauhung des Knöhelgelenks feststellte. Graf Hoyos begab sich sodann zu Wagen nach dem . Botschafts-Hotel. Der Botschafter wird längere Zeit das Bett hüten müssen.

Ueber die Nis Mouny-Frage wird der „Köln. Ztg.“

eschrieben : e ; s es Mourv ift ein kleiner Fluß, welcher sich an der Küite des franzöfisGen Congo-Gabun- Gebiets ins Meer ergießt, etwas nördli von der Mündung des Gabun in der Coriécobucht. Spanien bean- sprutt die Gebiete im Norden und im Süden der Mouny-Mündung iowie das Hinterland bis zum Ubangi. Frankreich, dessen Gebiet nördli bis an daë deuts@e Sdutgebict Kamerun reicht, bestreitet diese Ansprü@e und will als spanishes Gebiet nur einen fieinen, näber abzugrenzenden Gebictsstreifen an der Mouny- Mürduna anerkennen. Bäide Staaten haben zur Verständigung über diese Grenzfrage Vertreter bestellt, welche _sih am 9. d. M. in Paris versammelt haben. Die spanischen Ansprüche auf das Mouny- Gebiet werten in das vorige Jahrhundert zurück@geleitet : Durch einen 1777 mit Portugal abges&lossenen Vertrag trat Leßteres an Spanien gegen anderwärts gelegere Besißungen die Inseln Fer- nando Po und Annabon ab, sowie das Recht, an der Küste zwischen der Niger-Mündung und Cap Lopez, wo Portugal h als zu Hause betrachtete, Handel zu treiben. In Folge dieses Ver- trags licßen sh einige spanische Händler auf der Insel Co isco nieder, deren Häuptlinge eberso wie diejenigen des Küstengebiets nördli und \üdlich des Mouny um 1843 die spanische Herrschaft anerkannten. Wie weit die Recte diefer Häuptlinge reichten, ist nun zu bestimmen. Frankrei behauptet, da es mehrmals, und zwar noch kürzlih eingreifen mußte, um die Ordnung in dem von Spanien beanspruhten Gebiet herzu\telen, so könne das spanische Einschluß- gebiet feine8wegs die von der Madrider Regierung beansprute Ausdehnung haben. Es is wahrscheinli, daß die beiden Mächte gleichzeitig mit der Mouny-Frage die Abgrenzung ihrer beiderseitigen Grenzen im Süden Marokkos vornehmen werden, wo, das franzôösisde Einflußgebiet im Sudan an die spanische Kolonie des Rio d’Oro ftft.

Rußland und Polen.

Die St. Petersburger Blätter nehmen die Nach- rit von dem Eintreffen des Erzherzogs Franz Ferdinand sehr sympathish auf. Die „Nowoje Wremja sagt: der Erzherzog werde nicht nur dem russi- ichen Hofe, sondern auch der gesammten russischen Gesellschaft ein erwünjshter Gast sein. Jn Rußland hege Niemand eine Vorcingenommenheit gegen Oesterrei - Ungarn. Die „Petersburgskija Wjedomosti“ be¿eihnen den Erzherzog als eine äußerst sympathishe Persönlichkeit und hoffen bestimmt,

Ftalien.

Der Herzog von Genua wird sich, wie „W. T. B.“ meldet, am 22. d. M. über Dresden nach Berlin begeben, um den König von Jtalien bei den Feierlichkeiten der Taufe des jüngstgeborenen Kaiserlichen Prinzen zu vertreten. Jhre Königlihen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Friedrih Leopold von Preußen haben sich am Dienstag Nachmittag in Neapel nach Palermo eingeschiffft. i

Jn der gestrigen Sißung der Deputirtenkammer er- klärte Barzilai, daß er seine vor längerer Zeit ein- gebrahte Jnterpellation über die Verhaftungen in. Triest zurückziehe, weil er ein Telegramm erhalten habe, dem- zufolge das in Triest verhaftet gewesene Fräulein Masfsai unter Ausweisung aus dem österreichishen Gebiete frei- gelassen worden sei. Er behauptete jedoch gleichzeitig, daß: Oesterreih das Territorialitätsrecht verleßt habe. Der Minister-Präsident Crispi antwortete: was die österreichische Regierung gethan, hätte niht ungethan bleiben können. Es handle sich um eine heikle Frage. Die Schuldigen seien die- jenigen, welche die Frage vom italienishen Gebiet aus provozirt hätten. Der Minister - Präsident brachte in der Sigzung eine Reihe von Vorlagen ein, darunter folhe über die Verlängerung d2r Kündigungsfrist des. österreichisch - italienishen Handelsvertrages, über das egyp- tisch - italienishe Uebereinkommen, betreffend die Ver- längerung der Wirksamkeit der Reformtribunale auf fünf Fahre, ferner über den Beitritt Ftaliens zu dem deut) - marokka- nishen Freundschafts- und Handelsvertrage, sowie über die

bis zum 10. Juli 1891.

Portugal.

Die Cortes werden dem „R. B.“ zufolge in einigen Wochen einberufen werden, um die Grundlagen der afrika- nishen Konvention mit England zu prüfen.

Belgien. Die von der Liberalen Vereinigung gestern in Brüsjel veranstaltete Kundgebung zu Gunsten der Verfassungs- revision mittels Umzuges durh die Straßen ist nah den vorliegenden Depeshen des „Wolff'shen Bureaus“ ohne weitere Ruhestörung verlaufen. An der Kundgebung nahmen etwa 4000 Personen Theil. Dem Zuge, welcher die Hauptstraßen der Stadt passirte und in dem zahlreiche Schilder mit der Aufschrift „Es lebe die Revision“ getragen wurden, gingen Polizei-Mannschaften voraus. Ueberall herrschte voll- fommene Ruhe. Etwa um 5/, Uhr seßte der Zug sih in Bewegung und um 61/4 Uhr Abends traf er beim Stadthause ein. Jm Stadthause wurden die Delegirten der Liberalen Vereinigung von 16 liberalen Vertretern aus Brüssel und der

das Manifest, in welhem dem Verlangen nach Revision der Verfassung in beredten Worten Ausdruck gegeben wird. Bürgermeister Bul s dankte den Delegirtcn für die bei derx Kundgebung beobachtete Ruhe und erklärte, er werde das Manifest dem Bureau der Kammer übergeben. Die Revision müsse und werde durchdringen. Die Delegirten verließen darauf mit dem Rufe: „Es lebe die Revision!“ das Stadthaus. Die Garnison war auf alle Fälle seit 4 Uhr konsignirt gewesen. Die Abgeordneten und Senatoren der Linken hielten gestern Vormittag eine gemeinsame Sißung ab. Sie erkannten übereinstimmend die Nothwendigkeit einer Ver- fassungsrevision und einer erheblichen Ausdehnung des. Stimmrechts an, faßten aber keinen Beschluß darüber, welche Bedingungen für das aktive Wahlrecht zu stellen wären. Jn der Kammer verlangte der Deputirte für Brüssel Janson (äußerste Linke) von der Regierung Aufklärung über die Einberufung der zwei Klassen der Miliztruppen. Der Minister-Präsident B eernaert antwortete unter dem Beifall der Rechten, die Maßregel sei zur Aufrehterhaltung der Ord- Ruung und Sicherung der Unabhängigkeit der Kammer ge- troffen worden. Serbien.

Belgrad, 20. Januar. Die neuliche Ausweisun des hiesigen See iponbenten der „Moskowskija ie- domosti“ Naboljin erfolgte wegen wiederholter Konflikte, in welche derselbe mit der hiesigen Polizei gerathen war. Die russische Gesandtschaft, welche hiervon verständigt worden war, erhob feine Einwendung gegen jene Ausweisung.

Amerika.

Nereinigte Staaten. Aus Washington verlautet : der Präsid s werde der Bill, betreffend die freieSilber- ausprägung, ein Veto entgegen)egen, wenn dieselbe nicht im Sinne einer Beschränkung der Ausprägung auf das in Amerika produzirte Silber geändert werde.

Dem General Miles ist es gelungen, die (gestern nah Schluß d. Bl. gemeldete) neue Aufregung unter den Jndianern

ieder zu beshwichtigen. : Ba a Ren A Washington stattgehabten Leichen- feier für den ehemaligen Gesandten Bancroft legte, wie ,W. T. B.“ meldet, der deutsche Gesandte im Namen Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm einen Kranz auf den Sarg nieder. ;

Chile. Nach über Paris eingetroffenen Nachrichten des- „W. T. B.“ hätten die Vertreter der auswärtigen Mächte in Chile gegen die Blokade von Valparaiso und Jquique protestirt. Wie verlautet, beabsichtige die französische Regie- rung, einen Kreuzer in die chilenischen Gewässer zu entsenden. Nach einem in Washington eingegangenen Telegramm aus Valparaiso ‘wäre die Blokade au über die chilenischen Häfen Pisagua und Caletabuena verhängt worden. Weitere über Paris und Buenos - Aires vorliegende Meldungen des „W. T. B.“ besagen : es seien zwischen den Landtruppen und der Regierung Mißhelligkeiten entstanden. Eine Anzahl Soldaten sei zu den Jnsurgenten, die Q e Aktion vorzubereiten schienen, mit Waffen und Gepäck übergegangen.

Parlamentarische Nachrichten.

n der heutigen (18.) Sizung des Hauses der Ab- cat lder der Ait e-Prästdert des Staats-Ministeriums, von Boetticher, der Minister der geistiäihen 2c. Angelegen- heiten Dr. von Goßler, der Finanz-Minister Dr. Y iquel und der Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden bei-

daß sein Besuch eine Besserung der Beziehungen zwischen

den Wojern erfrankten Kindern in Arco geblieben.

Oesterreih-Ungarn und Rußland fördern werde.

ohnten, erbat und erhielt der Präsident von Köller für s Präsidium die Ermächtigung, Sr. Majestät dem

Verlängerung des italienish - rumänischen Handelsvertrages :

Provinz empfangen. Die Delegirten überreichten den Letzteren

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Kaiser und König zum Geburtstage die Glückwünsche des Hauses auszusprehen.

Der Nachweis über die Verwendung des in dem Etat der Eisenbahnverwaltung für 1. April 1889/90 unter Titel 47 der einmaligen und außerordent- lihen Ausgaben vorgesehenen Dispositionsfonds von 1500 000 s wurde der Budgetkommission überwiesen.

Die allgemeine Rechnung über den Staatshaus - halt des Jahres vom 1. April 1887/88 sowie die Rechnung über die Fonds des ehemaligen Staats - \hagzes für 1. April 1887/88, und die Uebersicht von den Staatseinnahmen und Ausgaben des Jahres vom 1. April 1889/90 gingen an die Rechnungskommission.

Es folgte die Berathung des Antrages des Abg. Richter, betreffend die Errihtung bezw. Ergänzung von Fideikommissen und die Stempelgebühr für dieselben. Der Antrag lautet:

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: Die König- lie Staatsregierung zu ersuchen, Auskunft zu ertheilen 1) über die Zabl, den Geldwerth und das Areal der seit 1867 in den einzelnen Provinzen Preußens begründeten oder er- weiterten Fideikommißstiftungen; 2) über den Betrag der nah dem Stempelgeseß vom 7. März 1822 bei der Bestätigung der Fideikommißstistungen aufgekommenen Stempelgebühren ; 3) darüber, ob und in welchen einzelnen Fällen sowie auf Grund welcher gefeßlihen Bestimmungen ein Erlaß der geseßlih vorgeschrie- bene. Stempelgebühr von drei Prozent des Werths der Fidei- kommißsliftungen stattgefunden hat. /

ur Begründung des Antrages wies der Abg. Richter

auf eine durch die Presse verbreitete Mittheilung von der Be- freiung des Staats-Ministers Freiherrn von Lucius von der aeseßmäßigen Stempelsteuer von 3 Prozent des Werthes bei Errichtung zweier Familien-zideikommisse hin. Der Finanz- Minister habe am 25. November eine Aufklärung der Sache in Aussicht gestellkt. Fnzwischen seien noch andere ähnliche Fälle bekannt geworden. Dies mache den Wunsch rege, die Verwaltungspraxis in dieser Hinsiht überbaupt kennen zu lernen. Es gebe kein Recht der Regierung, von der geseß- lichen Steuerpflicht Einzelne zu dispensiren, es sei denn, daß in dem betr. Gese selbst eine solhe Vollmacht der Regierung gegeben sei. Diese Steuerbefreiung wurzle in absolu- tistishen Anschauungen und stehe nicht im Einklang mit dem konstitutionellen Staat. Besonders müsse auffallen, daß die Stempelsteuerbefreiung zu Gunsten eines im Amt befindlihen Ministers erfolgt sei. Auf die moralische Seite der Sache lege die öffentlihe Meinung noch mehr Werth, als auf die konstitutionelle. Die öffentliche . Meinung sei besonders deswegen erregt, weil die Befreiung gegenüber einer notorisch reichen Persönlichkeit und zur Erleichte- rung einer Rechtsbildung, die an sih ein Ausnahmerecht sei, ein- getreten sei, und weil man dieselbe zu beshönigen versucht habe unter Berufung auf die Verleihung des Freiherrntitels. Von den ärmsten Leuten wüu1den dagegen geringe Steuern oft unter großer Härte eingezogen. Hoffentlih würden wenigstens in Zukunft folhe Vorkommnisse sich nicht wiederholen.

Finanz-Minister Dr. Miquel erklärte, ein ausdrück- liches Gefeß, welches der Krone ein solches Begnadigungs- recht zuweise, existire allerdings niht, und brauche au niht zu existiren für den, der die preußische Staats- und Rechtsgeschichte kenne. Vor Erlaß der Verfassungsurkunde sei das Gnadenrecht der Krone natürlih unbeschränkt gewesen ; darüber sei wohl kein Zweifel. Nun seien in Preußen, wo die Rechte der Krone durch die Verfassung niht neu entstanden sind, sondern vorher vorhanden waren, diese so weit stehen ge- blieben, als sie niht durch die Verfassung beshräukt seien. És bedürfe also keines ausdrüdcklihen Geseßes, um dieses Gnaden- recht einzuführen oder zu bestätigen. Diese Auffassung sei stets von der Regierung festgehalten und vertreten worden. Der Landtag habe dieses Recht der Krone nie bestritten. Die Stempelerlasse speziell seien seit der Verfassung vielfah au in der Geseßsamml1:ng durch Königliche Ordre eingeführt. Nie sei dagegen Seitens der öffentlihen Meinung Einspruch erhoben worden. Weder die Ober-Rehnungskammer noch die Gerichte, welche ja ihrerseits den Stempel einzuziehen hätten, hätten den geringsten Anstand an diesen Erlassen genommen. Die Landesvertretung habe also na alledem bei solchen Er- lassen keinerlei Mitwirkungsrecht. Namens der Staatsregie- rung sei zu erklären, daß das Recht der Krone, auf Grund dessen die Erlasse stattgefunden, durhaus unanfechtbar und über jeden Zweifel erhaben sei. So lange die Frage nicht geseßlih geregelt sei, werde der Landtag das bestehende Recht nicht bloß anerkennen müssen, sondern in seinem eigenen Jnteresse es anzuerkennen wohlthun. Eine große Verwaltung könne übrigens ein jolhes Recht der Exekutive kaum entbehren. Des Eingehens auf einzelne Fälle müsse er (Redner) sich enthalten, um niht Material zur Kritik eines ausgeübten Kronrechtes zu liefern. Das Staats-Ministerium bitte deshalb, den ganzen Antrag, der in sich zusammenhänge, abzulehnen. Was den Fall des Freiherin von Lucius betreffe, so hätte bei dem Erlaß nicht das Staats-Ministerium, sondern nur die Minister der Justiz und Finanzen mitgewirkt; es handle sich dabei übrigens nur um etwas mehr als 30000 /& Die Fideikommißbildung stehe im Zusammenhang mit der Erhebung des Ministers in den Freiherrn- stand, die aus eigener Junitiative des Kaisers Friedrich und nah dem Wunsche desselben stempel- und gebühren- frei erfolgt sei. Der Minister Freiherr von Lucius sei stets der Meinung gewesen, daß auch die stempelfreie Fidei- kommißbildung der Willensmeinung des Kaisers Friedrich entsprehe. Sonst würde er wohl seinerseits in dieser Sache weder die Jnitiative ergriffen, noch die Steuerbefreiung acceptirt haben. Von einer unmoralishen Handlung könne dabei nicht die Rede sein. Der Minister bat nohmals, den ganzen Antrag abzulehnen.

Der Abg. Shumacher sprach sich in dem Sinne des Ministers aus. j

Abg. Fran cke wies aktenmäßig nah, daß der Fall des Ministers von Lucius kein singulärer sei und daß vor und nach 1848 das Bestreben bestanden habe, die Dev aRE P für die Bildung von Fideikom- missen zu beseitigen und unter Anderem auch den Stempel herabzuseßen. Das Recht der Regierung zum Erlaß des Stempels fi unzweifelhaft. Die Regierung sollte aber in U von solchen Erlassen zum Zwecke der Begünstigung der N Unn lung Abstand nehmen. Auf den Antrag Richter einzugehen, liege kein Grund vor, theils nah dem, was der Minister uagéflbri, theils aud, weil gegenüber einer siebzig- jährigen Uebung es nicht angezeigt sei, einzelne Fälle heraus- zuheben und der Prüfung zu unterziehen.

Abg. von Rauchha upt bezeichnete die einzelnen Punkte des Antrages als so in einander verflochten, daß es nicht

möglih sei, auch wenn man es wollte, für den einen oder andern Punkt zu stimmen. Das Recht der Krone stehe R und daran sei niht zu rütteln, Einzelne Erlaß- älle vor die Kritik des Hauses zu ziehen, sei niht verfa}sungs- mäßig. Der Antrag verfolge ledigli agitatorishe Zwecke und fördere niht das Jnteresse der Krone. Die Freunde des Redners würden den Antrag ablehnen.

Abg. Dr. Windthorst meinte, es nicht tadeln zu können, daß die Erlaßfrage überhaupt zur Sprache gebracht worden sei; es liege im Jnteresse der Autorität, daß derartige Dinge öffentlich verhandelt werden. Nur dürfe nicht einseitig ein einzelner Fall herausgehoben werden. Der Wunsch sei zu theilen, daß künftig derartige Stempelerlasse nicht mehr statt- fänden. Es empfehle sich vielmehr eine angemessene Reguli- rung des Stempels.

Der Abg. Fran cke (Tondern) brate einen Antrag ein, der dahin geht, die Regierung zu ersuchen, von solchen Stempelerlassen künftig abzusehen und ferner dem Landtage baldmöglichst ein Komptabilitätsgesey vorzulegen.

Darauf wurde ein Antrag auf Schluß der Debatte an- genommen.

Jn einem Schlußwort wandte sih der Antragsteller Abg. Richter gegen die einzelnen Ausführungen, die gegen seinen Antrag geltend gemacht worden waren. (Schluß des Blattes.)

Kunft und Wissenschaft.

Das Modell des neuen Domes,

welcher nah den Entwürfen des Prof. Raschdorff im Lust- garten errichtet werden sollte, ist auf Veranlassung des Kultus-Ministers im Lichthofe des Kunstgewerbe: Mujeums soeben zur Aufstellung gelangt. Es is von dem Prof. Otto Lessing angefertigt und giebt in Verbindung mit den beiden Grundriß - Zeihnungen eine klare Uebersicht der Gesammtanlage, deren Ausführung jedoch wegen des auf einige zwanzig Millionen Mark ver- anshlagten Kostenaufwandes unterbleiben muß. Jmmerhin ist es niht blos interessant, sondern auch wi§Htig, dieses Modell kennen zu lernen und der kritishen Beurtheilung der Fachgenossen anheimzugeben, da die neuen Projekte in gleichem Charakter bei einem Kostenanshlage von noch unter der Hälfte des erstgedahten zu entwersen sein würden. Das ausgestellte Modell läßt eine vierfahe Gliede- rung erkennen: den Kuppelbau der Mitte, rechts davon die „Kapelle für Trauungen u. \. w.“, links die „Gruft-Kapelle“ und allen dreien eine breite Loggia derart vorgelegt, daß die beiden Kapellen noch zu beiden Seiten um ein Bedeutendes heraustreten. Die Höhe der Halle erreicht die des Schlüter’ schen Schlosses und die Kuppel die der Stüler'shen Sc(hloßkapelle hier im Maßstabe von 1:50 gehalten. Der Raum, welchen leßtere umfaßt, soll über 1700 Personen in Sißpläßen auf- nehmen können. Daraus ergaben sich von selbst die auf dem achteckigen Unterbau emporsteigenden Verhältnisse der Kuppel, welhe über demselben abwechselnd auf Säulen und Pilastern ruht und von einer offenen Laterne mit einem Umgange gekrönt wird. In richtiger Würdigung dieser gewaltigen Masse hat der Architekt die zwei Seitenkapellen danebengelegt; die linke ist größer wie die rehte und von einer flahen Wölbung geschlossen; beider Eingänge werden von einer Säulenhalle über einem Treppenansaß ge- bildet, welche oben ein Giebel mit Tympanon abschließt. Einen gleihen Eingang hat die Loggia; neben demselben sind rechts und links je zwei von Säulen getragene, weitere Zugänge; über ihnen erheben fich zwei mächtige Thürme, welche in verschiedenen, mit Säulen- und Pilasterstelungen gegliederten Stockwerken die Höhe der Kuppel erreichen, sodaß diese zwishen ihnen fichtbar wird. Ein reiches ornamentales Beiwerk s{mückt den ganzen Bau. Dachluken steigen den Kuppelmantel in sich verjüngenden Verhältnissen bis zum Laternen- umgang empor; in der großen Vorderhalle stehen Gruppenbildwerke, auf den Balustraden der Dächer ebenso wie zwishen den Säulen Statuen, in den Giebelfeldern der Kapellen- und übrigen Eingänge weiterer Reliefs{chmuck, sodaß kaum ein anderes Gotteshaus mit der äußeren Pracht dieses im Charakter der Schlüter’schen Renaissance gehaltenen Domes würde haben wetteifern können, G. L—Z,;

_ Cin Relief-Bildniß des Dichters E. T. A. Hoffmann ift jeßt aus der Gladenbeck’s{chen Gießerei hervorgegangen. Das Werk, welhes dem Vernehmen der „Voss. Z.“ nah die Grabstätte Hoffmann's auf dem Jerusalemer Kirchof in der Bellealliancestraße s{chmüdcken joll, ist vom Bildhauer Fendlau modellirt.

Auf dem Markt in Weißenfels soll in der Gestalt eines Monumental-Brunnens dem heimgegangenen Kaiser Wil- helm I. ein Denkmal errichtet werden.

Im Wettbewerbe um einen Uhrthurm-Brunnen in Frankfurt a. M. haben dem „Centr. Bl. d. Bauv.“ zufolge Maler M. Läuger in Karlsruhe den ersten und Architekt P. Mantke in Berlin den zweiten Preis davongetragen.

__— Ueber die (wie \{on in Nr. 17 d. Bl. gemeldet) im Brit i- \hen Museum zu London auf drei von dem Museum vor Kurzem in Egypten erworbenen Papyrusrollen aufgefundene Abhandlung des Arijstoteles über die athenishe Staatsverfassung melden englische Blätter jeßt folgendes Nähere: Die Abhandlung ge- bôrt der aus 158 Theilen bestehenden Sammlung von Verfafsungs- geshichten an, welche Aristoteles entweder selbs niedershrieb oder niedershreiben ließ zur Grundlegung oder zur Erläuterung der Grundsäße feiner Politik. Viele Verfassungen sind ohne Zweifel mit wenigen Zeilen skizzirt, während es andererseits natürli erscheint, daß Aristoteles die Verfaffung Athens am Ausführlicsten behandelte Die Abhandlung, wie sie im Druck herausgegeben werden wird, enthält 63 Kapitel von der Größe wie bei Thukydides und Plutarch. Davon bieten 41 eine chronologishe Skizze der Entwicke- lung der athenishen Verfassung, während die übrigen dte Amtspflichten der verschiedenen Beamten und öffentlihen Körperscaften zu der Zeit des Verfassers s{ildern. Der Endtheil ist stark verstümmelt, aber auch weniger interessant, da er von den späteren griehishen Lerxiko- graphen ftark auëgebeutet wurde und deéhalb dem Hauptinhalt nah son bekannt ift. Der erste Theil aber wirft manches interessante Streifliht auf dunkle Punkte der athenishen Ge\hihte Die Ab- handlung beginnt mit der Vershwörung Kylon's. Die Geschichte der Könige erhält manche neue Aufklärung, und Drakon erscheint uns

jeßt wesentli als ein Anderer. Bisher betrahtete man ihn stets

nur als Strafrehtsreformator. Aristoteles belehrt uns, daß er einer-

seits viel mehr war, andererseits daran scheiterte, daß er das öôkono-

mische Elend Athens niht in Betraht zog. Viel Neues bringt

Aristoteles zur Kritik Solon’'s bei, von dem auch manche neue

Verse angeführt werden, mit welchen er seine Geseße vor

dem Volk vertheidigte. Es wird aber der Beweis geliefert,

daß die folonische Verfassung niemals \sich lebensfähig bewies.

Ueber die Periode des Pisiftratus erfahren wir niht viel

bisher Unbekanntes, obwohl Aristoteles die gute Meinung über

Pisistratus bestätigt. Themistokles erscheint in seiner ganzen Ver-

\hlagenheit. Mit dem perikleishen Zeitalter nimmt das Interesse

ab. Ariftoteles fah zu klar, daß er die Einrichtungen \{chuf, welche die Demagogie in gewifsenlosester Weise ausbeutete. Der Stagirite datirt deshalb den Verfall Athens von der Zeit des Perikles. Schon gestern (Dienftag) follte der neue Fund im Britischen Museum ausgestellt und ein photographishes Facsimile allernähstens veröffent- liht werden, in kürzester Frist aber ein mit Einleitung und Anmerkungen versehener Abdruck erscheinen. Daß die neue Entdeckung na den Fälshungen von Simonides und Shapira von der Gelehrtenwelt mit einigem Mifitrauen aufgenommen werde, fei begreiflih. Dennoch er- scheine eine Fälshung im vorliegenden Falle ziemlich ausgeschlossen, da eine solhe bei einem Papyrus äußerst {wer halte und weder Käufer noch Verkäufer bei dem Erwerb der Rollen für das Britische Museum etwas von dem Inhalt derselben gewußt hätten. Ob die Abhandlung aber von Aristoteles selbs oder, wie Valentin Rose meint, von einem anderen Mitglied der peripatetishen Schule ver- faßt worden, sei eine von den Gelehrten zu entscheidende noch offene Streitfrage.

[Q] Die alte Moribßburg in Halle an der Saale soll der „Zeitschrift für Bauwesen“ zufolge theilweise wiederhergestellt werden. Das Kultus-Ministerium beabsicbtige, die jeßt militärishen Zwecken dienenden Burgräume zu Turnsälen u. dergl. einzurihten, während die zu dem Burgbau gehörige Magdalenen-Kapelle ebenfalls erneuert werden und dann den jungen Theologen der Universität Halle zur Abhaltung von Uebungépredigten dienen soll. Wie C O. Garbers in der obengenannten Zeitschrift mittbeilt, sammt die Burg aus dem Ende des 15. Jahrhunderts; Erzbischof Ernst von Magdeburg, der dritte Sohn des damaligen Kurfürsten Ernst von Sachsen, hat am 25, Mai 1484 den Grundstein dazu gelegt. Ihren Namen führt sie vom heiligen Moriß, dem S{utpatron Magdeburgs, dem der Bau geweiht wurde. Die Gesammtanlage gleicht der des Schlosses zu Wittenberg, das um dieselbe Zeit entstanden ift. “Die Burg war von dem jungen Kirchenfürsten dazu bestimmt, die von ihm 1479 mit Gewalt be- zwungene Stadt in seiner Macht zu erhalten. Sie bildet ein gewaltiges Gebäude-Viereck mit starken, runden Eckthürmen ; ein ringsum laufender tiefer Graben konnte von der Saale aus mit Wasser gefüllt werden ; er {ließt den geräumigen Burghof ein; an der Osft- und Nordseite vermittelten Zugbrücken die Verbindung mit der Stadt und dem Vorlande. Noch jeßt, in ihrem ruinenhaften Zustande bietet diese troßige Feste mit ibren starken Viauern, ihren gewaltigen Thürmen und Thoren von allen Seiten einen imposanten Anblick. Jn der Nordostecke der Burg liegt die oben erwähnte Magdalenen-Kapelle, welche erst im Jahre 1509, sechs Jahre später als der übrige Bau, vollendet wurde. Sie wurde vom Erzbischof der heiligen Maria Magdalena S und mit Religuien, Gefäßen, Bildsäulen und anderen Koft- arkeiten aufs Reichste ausgestattet, Sein Nachfolger, Erzbischof Albrecht 11. von Mainz und Magdeburg, Marggraf von Branden- burg, Bruder des Kurfürsten Joachim I, hat diesen Schaß noch be- deutend vermehrt, sodaß sein Ruf bald die ganze christliGße Welt erfüllte, Im dreißigjährigen Kriege wurden Burg und Kapelle zer- tôrt; leßtere diente seit 1690, nahdem sie nothdürftig in Stand geseßt worden, den französishen Protestanten als Gotteêëhaus, wurde dann als Lagerraum vermiethet und ging später in den Vesiß des Staates über, der sie der Militärver- waltung übertwoies. Ihr Inneres, Wände und Pfeiler sind heute dick mit Put überzogen, alle Details arg beschädigt und der Hauptraum mit ciner einfachen Holzdecke versehen. Spitbogige Pfeilerarkaden tbeilen das Innere des (wie die Wittenberger Schloß- fapelle nah dem Vorbilde der gleihfalls vom Erzbishof Ernft er- bauten S(loßkapelle in Wolmirstedt errihteten) Baues oberhalb der ringsum laufenden Emporen in ein weites Mittelshif} und zwei schmale, unter ich nit gleih breite Seitenschiffe; der Chorschluß ift dreiseitig aus dem Achteck; die beiden Seitenschiffe und der Choc- umgang sind von \pißbogigen Nehgewölben überdeckt, au der Haupt- raum war jedenfalls ursprünglich gewölbt, Die Fenster an der Nordseite zeigen die für alle Profanbauten \sädsisher Spät- gothik \o bezeihnenden „Vorhangbogen“, die des Chors und der Südseite sind hoch, spigbogig, dreitheilig und haben Fishblasenmaßwerk. Durch den Wechsel der spitßbogigen Pfeilerarkaden mit den Emporen- Flahbögen wird eine \{ôsne Gesammtwirkung des Raumes erreiht. Auch die Ausführung des Baues ist eine sorgfältige, und die Einzelheiten aus gelbem, feinkörnigem Sandstein sind stellenroeise meisterhaft gearbeitet. Die im Text der Zeitschrift und auf zwei Blättern des dazu gehörigen Atlasses gegebenen Abbildungen, Grundrisse, Schnitte und Details von dem künstlerisch und ge\chichtlich bedeutsamen Baudenkmal lassen dasselbe einer sorgfältigen Erneuerung wohl werth ershcinen.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Schweden.

Laut Bekanntmachung des Königlih \chwedischen Kommerz- Kollegiums vom 31. Dezemher 1890 ift das Villajet Adana in Klein-Asfien als von der Cholera befallen erklärt worden, Demgemäß gelten jeßt als {cholerabehaftet folgende Gebiete:

Das Villajet Adana in Klein-Asien; Syrien; die Häfen am Rothen Meere; die Häfen im Britischen Ostindien; Chalon in Cochin- china ; Tongking; die Philippinen; China und Japan; Wladiwostock in Ost-Sibirien und Salta in der Argentinishen Republik.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks

an der Ruhr und in Oberschlesien, _ An der Ruhr sind am 20. Januar gestellt 9586, niht reht- zeitig gestellt 1952 Wagen. E In Oberschlesien sind am 19. d. M. geftellt 4177, nit rechtzeitig gestellt 239 Wagen.

__— Der Aufsichtsrath des Börsen- Handels - Vereins hat beschlossen, der auf den 14. Februar cr. einzuberufenden General- versammlung die Vertheilung einer Dividende von 13F %% gegen 12 % im Vorjahre vorzuschlagen. :

Die „Rh. - Westf. Ztg.“ berihtet vom rheinijch-weft- fälishen Eisen- und Stahlmarkt: Auf dem rheinish-west- fälishen Eisenmarkt scheint die Geschäftslage sich im Verlauf der leßten Woche wieder etwas gebefsert zu haben. Wenigstens kann das mit Bezug auf die Nawfrage behauptet werden. In Eisenerzen zeigt sih gegen die Vorwote keine wesentlihe Aenderung. Die Nach- frage nah Siegerländer Erzen hat ungefähr in demselben Umfange angehalten, wie in der Vorwoche, und die Preise von Lothringer Minette, welhe in der vorleßten Woche etwas gewichen waren, haben ih in den leßten aht Tagen ziemlich behauptet. Auf dem Roheisen- markt herrs{cht im Ganzen und Großen etwas mehr Leben. Die Preise sind durhweg fest, da im Uebrigen shon die hohea Notirungen für Kohle und Koks zur Festigkeit beitragen. In Puddelroheisen werden hier und da mehr Anschaffungen gemacht, und man gewinnt im Allgemeinen den Eindruck, daß die Abnehmer ihre Zurückhaltung aufgeben und demnächst au mit Abschlüssen auf längere Zeit an den Markt treten werden. Die vom Verband notirten Preise sind, wie wir des Oefteren {on bemerkt, nomin-ll, da mehrere Mark unter denselben verkauft wurde. Als augenblicklich gültige Preise dürfen gelten Puddelroheisen Nr. 1 54—55 4, Nr. 2 52 , Nr. 3 47 k In Spiegeleisen hat sich {hon Nahfrage auf längere Zeit bemerklich gemacht, da bereits Anfragen für das dritte Viertel- jahr bekannt geworden sind. Für kleinere Posten zum sofortigen Ver- sandt ist die Nachfrage vom Inlande wie auch vom Auslande sogar lebhaft bei festen Preisen. Fur die übrigen Noheisensorten is Be- fonderes niht zu berihten. Die Besserung, von welcher Eingangs des Berichts gesprochen wurde, hat ih auch auf dem Walzeisen- markt bemertbar gemaht. Zwar ist die Lage noch keine besonders rosige. Immerhin machen si Anzeichen bemerkbar, die es ziemli sicher erscheinen lassen, daß_ die s{limmste Zeit für die Walzeisen- Industrie überwunden is, So ist die Tendenz für Stabeisen eber eine fteigende zu nennen, und die Nackfrage hat si in den leßten Wochen wieder etwas gehoben. Freilich gilt dies nur, soweit das

Inland in Betracht kommt. Die Nachfrage vom Auslande läßt

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