1891 / 20 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 22 Jan 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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1881), in Portugal! (Gese von 25. Juni 1884 nebst der daxauf H aründenden Königlichen Verordnung vom 17. Ianuar 1866), in Griechenland (Veses vom 18. Dezember 1861).

Dur den zweiten Absay des §. 1 soll jedem Zweifel darüber vorgebeugt werden, was uñter Telegraphenanlagen zu verstehen sei. Daß das Fernsprechwesen dem allgemeinen Begriff der Telegraphie unterzuordnen ist. ergiebt sich aus dessen innerem Wescn und ist nach der in- und ausländiscen Judikatur als feststehend anzusehen. Vergl. insbesondere das Urtheil des II1. Straffenats des MReis- gerihis vom 28. Februar 1889 (Entscheidungen des Reichs- gerihtis in Strafsachen, Bd. 19 S. 55 ff ), sowte die Entschei- dung der englisben Queen’'s Bench vom 20. Dezember 1880 (ab- gedruckt in Meili’'s Telephonrewt S. 294). Wenn si das Urtheil des Reichsgeribts auch nur auf die Anwendbarkeit der im Straf- geseßbudbe enthaltenen Bestimmungen zum Schutze der öffent- lien Telegraphenanlagen bezieht, so ist doch nach den gesammten Ausführungen desselben das Fernsprechwe}en unzweifelhaft als eine Art des Telegraphenwesens hingestellt worden. Diese Natur des Fernsvrechwesens ist auch in der Literatur als zutreffend anerfannt worden von Zorn (a. a. O. S. 18), Loening (Lehrbuch des

eutschen Verwaltungsre{ts S. 612), Meili (Recht der Verkehrs- anstalten S. 122), N (preuß. Privatrecht, 4. Aufl. Bd. 2 8. 202 Anm. 16) u. A. : : N Dur die Wortfassung des §. 1 Absatz 2 wird klargestellt, daß mit ibm keineswegs eine Ausdehnung des dem Reich zustehenden Telegraphenregals erstrebt wird, daf vielmehr von der Annahme aus- gegangen ist, daß sowobl in verfassungsrechtliwer als strafrechtliher Bezichung unter dem Ausdruck »Telegraphenanlagen“ ichon jegt „Fernsprechanlagen“ mitverstanden O

Q:

Der 8. 2 erklärt das Rei für befugt, die den Gegenstand des Regals bildenden Telegraphenanlagen nicht rur selbst herzustellen und in Betricb zu nehmen, fondern auch die Herstellung _und den Betrieb auf andere Unternehmer durŸ Verleihung zu Übertragen. Eine besondere Vorschrift hierüber ist wünschenswertk, weil sonst wenn auch mit Unrecht aus dem Wortlaut des Artikels 48 der Verfassung, nah welchem das Tele- craphenwesen als einheitlibe Staatsverkebrsansftalt eingerichtet und verwaltet werden soll, das Gegentheil gefolgert werden könnte. In dem dur den Entwurf erläuterten Sinne ist auch son bisher die Vorschrift der Verfassung verstanden worden, indem beispielswei]e dur das vom Rei&skanzler erlassene Reglement vom «. März 1876 (Gentralblatt 1876, S. 155 ff.) den Eisenbahnverwa!tungen unter den darin vorgesehenen Bedingungen die Ermächtigung ertheilt ist, au solche Telegramme zu befördern, wele nicht den Eisenbahndiernft betreffen.

Bei der großen Versciedenbeit de: im Falle einer Verleihung in Netracht kommenden Verbältuifie war es untbunli, die Bedingungen, unter denen die Verieibung erfolgen kann, im Gesetz selbst aufzuführen. Der Entwurf \{lägt daher vor, die Feststellung dieser Bedingungen dem Rei&skanzler be:iebungs8weise den Behörden, welwe von ibm zur Entscheidung über eine nahgesuchte Verleibung ermächtigt werden, zu überlassen.

Zu §. 3. Al

Dvré den § 3 erbält der Umfang des Telegraphbenregals seine nâbere Begrenzung. Schon bisher ist man davon ausgegangen, daß den Landesbehörden die Anlage von Telegraphen zu diensilichen Zwecken nicht verwehrt werden könne, und daß Privatpersonen berechtigt seien, innerhalb ihrer eigenen Gebäude, Etablissements oder Grund- stüde Telegraphen einzuribten, Dieser Grundsaß findet dur §. 3 eine Erweiterung, indem nicht nur den Landes- und Kommunalbehörden, sowie den Transportanstalten die Anlegung von Privattelegraphen ge- fiattet sein soll, sondern auch Privatpersonen für befugt erklärt werden, ihre zu einem Betriebe vereinigten Grurdstücke telegraphisch) mit einander zu verbinden, sofern nur keines der Grundflücke von den anderen über 15 km entfernt ist und die Anlage aus\{chließlich dem der Benußung der Grundstücke entsprechenden inneren Verkehr dienen soll.

Daß Telegraphenanlagen, weihe von Transportanstalten auf ibren Linien aus\chließlich zu Zwecken ihres Betriebes benuyt werden, von den Beschrärkungen des Telegraphenregals ausgenor1men werden, ers&eint unbedenklich und fahgemäß, da diese Anlagen (beispielsweise bei den Eisenbahnen die Eisenbahn-Betriebstelegraphen) u Ie Sicherheit des Transportgewerbes unentbehrlich find.

Bei den Ausnahmen unter Nr. 3 ift das entsceidende Gewicht nicht auf tas Eigenthum an den in Frage kommenden Grundftüken, fondern darauf gelegt, ob die Telegraphenanlage dazu bestimmt iît, aués@licilid dem der Benuzung des Grundstücks entsprehenden inneren Verkebr zu dienen, und ob. wenn es sich um mehrere Grund- tüde handelt, diese zu einem Betriebe vereinigt find. Was die Beschränkung auf 15 km betrifft, \o ist hierbei davon ausgeganzen, daß cine unbeschränkte Freilassung von Privattelegravphen zwischen GrundstüFen verschiedener Besißer, auch wenn diese Grundstücke nur einem Betriebe dienen, nibt nur zu großen Unzuträglickeiten in teiniscer Beziehung führen, sondern aub im öffentlichen Interesse tedenflid icin würde, weil alsdann die Möglickeit vorlâge, selbft

f vie mweitestzn Entfernungen hin Privattelegraphen ins Leben zu iticzung der Grenze von 15 km findet einen Vorgang

das Poftwesen vom 28 Oktober 1871 §. 1. e in anderen Ländern zugelassenen Ausnahmen vom legravbenregal find größtentheils weriger umfassend, als die H 8.3 in Ausfiht genommenen. So ist in Belgien Heritellung einer Privattelegraphenanlage dur einen Einzelnen oder e Se’ellihaft nur dann ohne Weiteres erlaubt, wenn die Anlage usi@Glieflid für den eigeren Gebrauh des Besißers bestimmt ist nd die Grenzen seineë Eigenthums nit überschreitet; wenn dagegen fentliche Wege benußt werden oder die Anlage für einen allge» meinen Gebrau bestimmt ift, so bedarf es einer besonderen staat- lihen Genehmigung. Vergl. die Gesche vom 4. Juni 1850 und vom 1 Mär; 1851 (la Législation Télégraphique, berauëgegeben vom Internationalen Telegraphenbureau in Bern, S. 3 bis 9). Nebnlihe Auérabmen vom Telegrapbenregal bestehen in Groß- britannien (Geses vom 9. August 1869 Actikel 5), in Ungarn (Geseß vom 8. August 1888 88. 1 und 2) und in Griechenland (la Légis- lation Télégraphique, S. 470),

Zu 8. 4. i

Um zu verbüten, daf eine nach §. 3 an und für sich erlaubte Telegraphenanlage zu Zwéecken gebraucht wird, welche mit den Be- stimmungen des §. 3 im Widerspruch stehen, ist es nôthig, daß dem Reich ein Aussichtsre&t über diese Anlagen eingeräumt wird; die näheren Kontrolbeftimmungen werden zweckmäßig durch ten NReichs- kanzler zu erlassen fein. Z

Gin sfolches Aufsihtére§t war {on früher im Königreich Sachsen der Könialih säbsishen Telegraphenverwaltung durch 8,4 des Gesetzes, die Anlegung und Benußung elekiromagneti\cher Telegraphen betreffend, vom 21. September 1859 (Gesc- und Ver- ordnungsblatt für das Königreih Sachsen, S. 591/592) übertragen.

Wenn dasselbe seine Begründung darin findet, daß einer Beein- trähtigung des Regals vorgebeugt werden soll, so ist es, nahdem das leßtere auf das Reich übertragen ist, der Saÿlage entsprechend, daß an Stelle des Einzelstaats die Kontrole nunmehr dur Organe des Reichs ausgeübt wird.

Zu 88. 5 und 6.

Es müßen Strafbestimmungen erlassen werden, um tas Reich gegen Verleßungen des ihm dur die §8 1 ffff. eingeräumten Tele- graphenregals zu \{üßen, Diese Verlegungen können sich in einer doppelten Richtung geltend machen, einerseits: indem Lelegraphenanlagen widerrechtlid hergestellt und betrieben werden, andererseits: indem bei dem Betriebe einer an \sich erlaubten Anlage die erlassenen Kontrolvorschriften nit beobachtet werden. Die erstere k der Verleßungen ist selbstverständlih die \{werere; der E hat daber derartige Handlungen als Vergehen im Sinne 2 Strafge\eßbuchs carafkterisirt ur.d dieselben mit Geldstrafe bis zu ¿ 00 oder mit Gefängnißsirafe bis zu ses Monaten bedroht. Die Nichibeahtung der Kontrolvorschriften soll nur als eine Ueber-

a T2 rusjen l

tretuva aufgefaßt und uit Geldstrafe bis zu 150 M oder mit Haft geahndet werden, i

Nebrliche, zum Theil sogar höhere Strafen bestehèn au in anderen Ländern, z. B. in Frankreich (bis zu einem Jahr Gefängniß und Geldstrafe bis zu 10 000 Fr.), in Griechenland (bis zu einem Jahr Gefängniß und Geldstrafe bis zu 10 000 Dramen), ferner in England, Ungarn und Portugal. Auÿ das sähsishe Gesey vom 91. September 1855 seßte im §. 3 Strafen für Regalsverleßungen fest, welhe nah der Bedeutung der verschiedenen strafbaren Hand- lungen höher oder niedriger bemessen waren.

Zu 8. 7.

Da nat § 1 dem Reich das ausschließliche Recht zur Herstellung und zum Betriebe von Telegraphenanlagen zusteht, so ift es selbst- verständlih, daß das Reich befugt ist, die Beseitigung widerrechtlich hergestellter Anlagen zu verlangen. Um diese Beseitigung herbei- zuführen, würde das Reich genöthigt fein, den Weg des Civiiprozesses zu beshreiten. Bevor auf diesem Wege zu einer Beseitigung der Anlagen zu gelangen is, würde aber r gelmäßiz ein längerer Zeitraum verstreichen, und es könnten während dieser Z'it durch das Fortbestehen der widerrechtlich hergestellten Anlage die \{chwerwiegendste«a Nach- theile für das allgemeine Wohl und für die Reichs-Telegraphen- anlagen entstehen, :

Aus diesen Gründen erscheint es nothwendig, dem Reih das Mittel des einstweiligen polizeilihen Einschreitens und der einstweiligen

Beseitigung der widerrechtlid) hergestellten Anlage zu gewähren. Die A

Rechte der betheiligten Privatpersonen sind dur den Borbehalt des Nechtsweges gesichert. 4

Die Befugniß, widerre{tlich bergestellte Telegraphenanlagen zu beseitigen oder beseitigen zu lassen, haben u. A. auch die Telegraphen- verwaltungen von Oesterreih, Ungarn, Frankreich, Portugal und Griechenland.

Zu S. 8.

Nah Artikel 52 der Reichsverfassung haben Bayern und Württemberg ihr eigenes Telegraphenwesen behalten; die Gesetz- gebung über die Vorrechte der Telegraphie steht aber nach Absay 2 a. a. O. auch für diese beiden Staaten dem Reich zu. E wird daher das vorliegende Gesetz zwar in Bayern und Württemberg Anwendung zu finden haben, aber felbst- verständlid nur mit der im §. 8 des Entrourfs zum Ausdruck gebrachten Maßgabe, daß die dem Reich zufolge der vorhergehenden Bestimmungen zustehenden Nechte diesen Bundesstaaten felbst über» tragen werden. Insbesondere werden diejenizen Befugnisse, welche nach den 88. 2, 4 und 7 in den übrigen Bundeéstaaten von dem Neicbéfkanzler urd den Reichsbehörden wahrgenommen werden, in Bavern und Württemberg von den Centralbehörden diefer Staaten ausgeübt werden.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich sächsische Geheime Rath von Meth ist hier angekommen.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Senator der freien Hansestadt Bremen Dr. Marcus is von Berlin wieder abgereist.

Der Kaiserlihe Gesandte bei der Schweizerishen Eid- genossenschaft, Wirklihe Geheime Rath von Bülow hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit von Bern fungirt der Legations-Sekretär von Tschirshky und Bögendorff als Geschäftsträger.

Sachsen.

Dresden, 21. Januar. Jhre Majestät die Königin hat, wie das „Dr. J.“ meldet, bei dem Besuch des am 17. d. M. im Belvedere der Brühl'shen Terrasse abgehal- tenen Wohlthätigkeitsballs das Unglück gehabt, sih bei dem Herabsteigen von einer Stufe den Fuß zu vertreten, und ist daduxrch auf einige Tage verhindert, an irgend welchen Festlichkeiten theilzunehmen.

Württemberg.

Stuttgart, 21. Januar. Die Kammer der Abge- ordneten seßte in ihrer gestrigen Sitzung die Berathung des Berichts der Kommission über den Entwurf eines Gefeßes, betreffend Abänderungen und Ergänzungen der Geseze über die Verwaltung der Gemeinden, Stiftungen und sonstigen öffentlichen Körperschaften, bei Art. 25 fort. Dieser Artikel wie Art. 25a. wurde, wie der „St.-A. f. W.“ mittheilt, nah der Vorlage angenommen. Art. 26 lautet:

Die Anmktsdevutirten der Gemeinden (§8. 76 des Verwal- tungs: Edikts) werden je von dem vereinigten Gemeinderath und Bürger-Aus]huß gewählt. Die Wabl wird unter der Leitung des Ortsvorstebers mitteis geheimer Abstimmung nach der verhältniß- mäßigen Mehrheit der abgegebenen Stimmen vollzogen, bei Stimmen- gleibeit entscheidet das Loos.

Die Wahl erfolgt auf die Dauer von drei Jahren. Scheidet der Gewäblte vor Ablauf der Wahlperiode aus, so ist auf die noŸ übrige Dauer der leßteren cine Ersaßwahl vorzunehmen,

Ueber die Gültigkeit der Wahl entscheidet in Anstandsfällen Namens der Amtéversammlung der Amtsversammlungs - Aus\chuß., Gegen die Entscheidung des leßteren findet binnen der Aus\chlußfrist von einer Woche nah ihrer Eröffnung Beschwerde an die Kreis- regierung statt, welche endgültig entscheidet. : L

Der Berichterstatter Abg. Sachs hatte in der Kommis- sion beantragt, den Artikel 26 in folgender Fassung anzu- nehmen :

„Die Abgeordneten der Gemeinden (F. 76 des Verwaltungs- Edikts) werden von den wahlberechtigten Gemeindebürgern gewählt. Auf das MWakbhloerfahren finden die Bestimmungen über die Wahlen in den Gemeinderath entsprehende Anwendung. Dié näheren Vorschriften werden im Verordnungswege erlassen. Zur Gültigkeit der Wahl ift die Abstimmung der Hâlste der Wahlberechtigten erforderlich. Kommt an dem festgeseßten ersten Wahltermin eine gültige Wahl nicht zu Stande, so werden die Deputirten für diese Wahlperiode von dem vereinigten Gemeinderath und Bürger-Aus\{chuß gewählt. Diese Wahl wird unter dec Leitung des Ortsvorstehers beziehungsweise seines Stellvertreters mittels geheimer“ u. f. w. wie im Entwurf. Die Wakbl erfolgt auf die Dauer von „sechs Jahren“ und so fort wie im Entwurf. i 2E :

Dieser Antrag wurde in der Kommisfion mit acht gegen sechs Stimmen abgelehnt. 2 a

Der Abg. von Luz sprach sich für die Annahme des Regierungsentwurfs, somit für die Wahl der Deputirten durh die bürgerlichen Kollegien aus. Der Abg. Schnaidt beantragte den Artikel 26 wie folgt zu fassen:

„Die Abgeordneten der Gemeinden werden von den wahl- bereWtigten Gemeindebürgern nah verhältnißmäßiger Stimmen- mehrbeit gewählt. Die Wahl erfolgt auf die Dauer von sechs Fahren, nah deren Umfluß eine Neuwahl des ganzen Kollegiums stattzufinden hat.“ i

Nach längerer Debatte, an welcher sich auch der Staats- Minister des Jnnern von Schmid _ betheiligte, wurde der Antrag Schnaidt mit 59 gegen 21 Stimmen abgelehnt, der von dem Abg. Schnaidt als Eventualantrag ausgenommene Antrag des Abg. Sachs wurde mit 49 gegen 31 Stimmen abgelehnt, der Regierungsentwurf mit 64 Fgegen 14 Stimmen angenommen.

Hessen.

Darmstadt, 21. Januar. Se. Königliche Hoheit der Großherzog wird der „Darmst. Ztg.“ zufolge sih mit Jhren Großherzoglihen Hoheiten der Prinzessin Alix sowie den Prinzen Heinrich und Wilhelm zur Theil- nahme an dem hundertjährigen Jubiläum des 4. Großherzog- lihen Jnfanterie-Regiments (Prinz Karl) Nr. 118 morgen nah Mainz begeben, während Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzog direkt von Gießen dort eintreffen wird. Jhre Großherzogliche Hoheit Prinzessin Alix kehrt morgen Abend nach der Theatervorstellung hierher zurück, die übrigen Herrschaften verbleiben in Mainz.

Mecklenburg-Schwerin.

Schwerin, 21. Januar. Nach verhältnißmäßigem Wohlbefinden gestern Abend und einer größtentheils ruhig durchjschlafenen Nacht is den „Medckl. Nachr.“ zufolge Jhre Königliche Hoheit die Gro ßherzogin-Mutter heute Morgen beim Erwahen um 7 Uhr von einem Zustande so großer Schwäche befallen worden, daß derselbe als nicht unbedenklih bezeihnet werden muß.

Anhalt. Dessau, 21, Januar. Jhre Hoheit die Herzogin und Jhre Durchlaucht die Prinzessin Alexandra haben sih nach der „Magd. Ztg.“ heute zu einem mehrtägigen Besuch nah Neustreliß begeben.

Elsaß - Lothringen.

Straßburg, 12. Januar. Bei der heute im Landes- Auss{chuß fortgesezten Berathung des Etats sprachen si, wie „W. T. B.“ meldet, die Abgg. Zorn von Bulach und von Schauenburg gegen eine Herabseßung der G e- treidezölle aus. Der Abg. Winterer erörterte die soziale Frage und die Steuerreform. Der Unter - Staats- sekretär von Schraut besprach die Einzelheiten der G2werbe- steuerreform.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 22. Januar. Jhre Majestät die Katserin und Königin hat si, wie das „Prag. Abdbl.“ mittheilt, gestern zum Besuch ihrer Mutter, der Prinzessin Ludovica, nah München begeben und gedenkt am 28. d. M. von dort hier wieder einzutreffen. i

Zu Ehren der deutschen Delegirten für die Handelsvertragsverhandlungen findet heute beim Grafen und der Guäfin Taaffe ein Diner statt, an welhem außer sämmtlichen bei der Konferenz betheiligten Delegirten und österreichishen Ministern auch der Minister des Aus- wärtigen Graf Kälnoky und der Vorsizende der Konferenz Minister von Szoegyenyi Theil nehmen. 7

Die in Nr. 19 d. Bl. bereits erwähnte Erklärung, welche von den Altczechen im böhmischen Landtage abgegeben wurde, erwähnt im Eingange den Beschluß der altczechishen Abgeordneten vom 26. Januar 1890, worin diese, geleitet von friedlichen Intentionen, den ihnen vorgelegten Wiener Ausgleichspunktationen beigetreten sind. Sodann verweist die Erklärung darauf , daß zur Verwirklihung des wahren Friedens im Lande der czechishen Nationalität jedenfalls das gleiche Recht werden müsse, wie den Deutschen. Es seien jedoch Thatsachen vorgekonimen, welche darauf {ließen lassen, daß Seitens dex Regierung wie auch der Deutshen den Czehen in einer nicht friedlihen Weise begegnet wird. Daß die Deutschen die Jntentionen der Czehen nit theilen, beweise der Umstand, daß \ie ihre Mitwirkung an der Landesausstellung versagt haben, obgleich dieses Unterhehmen dem gan;en Lande ohne Unterschied der Nationalität gewidmet erscheint und sih des Protektorats des Kaisers erfreut. Das feindselige Auftreten der Deutschen wäh- rend der leßten Volkszählung in den gemischt sprachlichen Be- zirken lasse einen weiteren Shluß auf die wenig friedliche Ge- sinnung der Deutschen zu. Der Schluß der Erklärung lautet : „Alle unterzeichneten Abgeordneten erkennen an, daß die Reform der Wahlordnung, welche in den Wiener Vereinbarungen garantirt ist und von welcher die Regierung mit der größten Bestimmtheit erklärt hatte, daß sie den betreffenden Gesegentwurf ehestens vorlegen werde, in dringendem und innerem Zusammenhang stehe mit dem Gesege über die Errichtung der nationalen Kurien und mit dem Gesetze, betreffend die Theilung des Wahlkörpers der Besizenden des nicht fiveikommissarischen Großgrundbesizes in mehrere Wahlgruppen, und daß die Reform der Wahlordnung früher bekannt sein müsse, damit es klar werde, daß die in der bisherigen Wahlordnung ent- haltenen Ungerechtigkeiten gegenüber dem böhmischen Volke gutgema t wurden. Deshalb erklären wir, daß unser Bestreben dahin gehen wird, daß dieser unserer Ueberzeugung von dem dringenden Zusammenhang der obenerwähnten drei Gesetze, welche alle zur Verwirklihung der sogenannten quali- fizirten Majorität bedürfen, zum Durchbruche geholfen werde, und daß wir seiner Zeit bei der Landtagsverhandlung Anträge stellen und unterstüßen werden, dahin gehend, daß alle drei obengenannten Geseße gleichzeitig und zugleih ins Leben treten.“ Unterzeichnet ist die Erklärung von 39 Abgeordneten. In der gestrigen Sißung des Landtages bezeichnete einem Telegramm des „W. T. B.“ zufolge der Abg. Lippert die gegen den Patriotismus der Deutschen erhobenen Beschuldi- gungen als Verleumdungen. (Lebhafte Zustimmung der Deutschen und Protestruse dec Jungezehen, Hischen auf der Galerie.) Der Abg. von Plener wies die Verdächtigungen gegen die Deutschen ebenfalls zurück und charakterisirte die Erklärung der Altczechen als einen Wortbruch. Welchen Werth könne die Regierung auf so unzuverlässige Verbündete legen? Die Zerstörung des Ausgleichs sei niht das Werk der Jungezehen, sondern die Folge des Abfalls der Altczehen. Die Deutshböhmen würden niemals die böhmische, sondern die österreichishe Stagtsbürger- chaft in die erste Linie stellen, die deutshe Sprache müsse die erste Sprache des Staats sein. Auf der Grundlage des böhmischen Staatsrechts sei der Friede unmöglich. Troß des von den Deutschen bewiesenen Entgegenkommens sehe man jeßt nit die Zeichen des Friedens, sondern diejenigen des Kampfes, heraufbeschworen durch die Czechen.

Der „Presse“ zufolge ist das Zustandekommen der Sulge/ eße für Tirol in der diesjährigen Session des tiroler Landtages niht mehr zu erwarten, „doch ist die Hoffnung auf spätere Beilegung der Differenzelt nicht aus-

l geschlossen.

Großbritannien und Jrland.

Der Premier Marquis von Salisbury hielt gestern in Cambridge eine Rede, in welcher er dem „W. T. B.“ gufolge erklärte: die wahre Lehre, welhe man aus den eßten Ereignissen in FJrland entnehmen könne, liege in der Enthüllung der außerordentlihen Macht der Organisation, an deren Spiye die Erzbischöfe Crooke und Walsh stünden. Wenn die Homerule-Vorlage an- genommen würde, so würden die Bischöfe und Priester die wahren Herrscher Jrlands sein und die Protestanten in Ulster unterdrücken; ihr soziales, politishes und materielles Wohl- ergehen würde von der Priesterwirthshaft abhängig sein.

Am Montag wurden folgende, zwischen dem Auswärtigen Amt und dem britischen Gesandten in Lissabon bezüglich der

ortugiesishen Uebereinkunft vom 20. August und des

bkommens vom 14. November 1390 gewechselte Schrift - stüdcke veröffentlicht.

Sir G. Petre an den Marguis von Salisbury. Lissabon, 30. November 1890. „Ich habe den Minister der auswärtigen Ange- legenheiten benachrihtigt, daß Ew. Lordschaft mih bevollmächtigt haben, irgend welche Vorsbläge entgegenzunehmen und zu übersenden, welche Se. Excellenz mir mittheilen möwte zum Zweck der Wieder- aufnabme der Verhandlungen zur endgiltigen Ordnung der zwischen Großbritannien und Portugal \{chwebenden Fragen. Derartige Vor- \chläge find in ihrer definitiven Gestalt vom Kabinet bis jet nicht festgestellt worden. Ich werde aber wahrscheinlich in der Lage sein, vor Ende dieser Woche über diefelben zu berichten.“

__ Der Marquis von Salisbury an Sir G. Petre. Aus- wärtiges Amt, 6, Dezember 1820. „Jh habe dem portugiesischen Geschäftsträger mehr als einmal mitgetheilt, daß ich nach dem Vor- gefallenen keinen Vertrag im Namen Ihrer Majestät unter- zeichnen würde, bis dur Abstimmung fklargestellt worden, ob die Cortes ibn genehmigen würden. Es würde rä!hlich sein, daß i dies dem Minister der au8wärtigen Ançelegenheiten wieder- oLien ,

Bei der gestern in Hartlepool stattgehabten E rsat- wahl zum Unterhause wurde der Ua E mit einer Majorität von 298 Stimmen gegen den Unionisten Sir William Gray gewählt.

Fcrankreich.

__ Paris, 22. Januar. Jn der gestrigen Sizung des höheren Kolonialraths wies, wie „W. T. B.“ meldet, der Unter-Staatssekretär der Kolonien Etienne, welcher den Vorsig führte, auf die Wichtigkeit des Kolonisirungssystems hin und empfahl insbesondere, unter Bezugnahme auf das Vorgehen Deutschlands, Ftaliens und Englands, die Bildung großer Handelsgesellschaften im Sudan und dem großen Congo- been, welchen Freibriefe ertheilt werden sollten unter der Verpflichtung, den Boden zu kultiviren und Kommunikations- wege herzustellen.

Die Zollkommission erhöhte den Zoll fue u gehauene Hölzer auf 3 r sp. 2 Fr. und den Zoll für mit dem Hobel bearbeitete Hölzer auf 6 resp. 5 Fr.

__ Wie die gestrigen Abendblättec melden, hat der Muni- zipalrath von Lyon eine aus drei Mitgliedern bestehende Deputation ernannt, um in Paris Schritte gegen die Ein- führung der Seidenzölle zu thun.

Ftalien.

Der König hat, wie die „P. C.“ meldet, dem Erz- herzog Franz Ferdinand von Este das Collier des Annunziaten - Ordens verliehen. Der italienishe Bot- schafter Graf Nigra überreichte dem Erzherzog am Dienstag in befonderer Audienz in Wien die Insignien des Ordens.

Der Prinz und die Prinzessin Friedrich Leo pold von Preußen find am Dienstag Vormittag in Pa lermo eingetroffen und im Hotel Trinacria daselbst ab gestiegen.

Das Finanzexposé soll in der Sizung der Deputirten- Tfammer am 28. d. M. gegeben werden.

Der Pap leidet an einer leichten Erkältung, die ihn vorübergehend das Bett zu hüten zwang, do ist sein Zustand nit besorgnißerregend. Schon gestern hat er das Bett wieder verlassen und das Lateran - Kapitel empfangen, welches nah dem bestehenden Herkommen gestern, am Tage der heiligen Agnes, zwei weiße Lämmer zur Anfertigung geweihter Pallien überbrachte.

Wo UP

Portugal.

Dem Vernehmen des „W. T. B.“ nah beabsichtigt der bekannte Afrika-Reisende Major Serpa Pinto, bei der ror neigt der Cortes sein Deputirtenmandat nieder- zulegen.

Schweiz.

Die bhritishe Gesandtschaft in Bern hat mittels Note vom 3. Januar d. J. dem Bundesrath den Beitritt von Nord- Borneo zu der Uebereinkunft vom 1. Juni 1878 und zum Lissaboner Zusaßvertrag vom 21. März 1885 auf den 1. Februar 1891 angezeigt. Die sämmtlichen zum Welt- N gehörenden Staaten haben hiervon Kenntniß er-

alten. Frankrei hat den Handelsvertrag mit der Schweiz gekündigt.

Die von dem Journal „Sole“ gebrahte Nachricht: Der Bundesrath werde noch in diesem Monat der italie- nischen Regierung ein neues Projekt über den Simplon- Tunnel unterbreiten, entbehrt, wie dem „W. T. B.“ aus Bern gemeldet wird, der Begründung. Die Jura-Simplon- n werde das bezüglihe Projekt niht vor Ostern fertig haben. Alsdann erst könne der Bundesrath sich mit der Angelegenheit befassen.

Bundeskommissar Künzli hat, wie man der „Köln. Ztg.“ aus Bern meldet, gestern Vormittag dem Bundes- ath Ruchonnet als Chef des Justiz- und Polizeidepartements über die Lage im Tessin mündlich eingehend berichtet. Ruchonnet wird nunmehr dem Bundesrath seine Anträge Betreffs der Fortdauer oder Aufhebung der Bundesokkupation stellen. Der vom Tessiner Verfassungsrath in Bellinzona gewählte vorberathende Revisions8aus\chuß besteht aus 17, der roßen Mehrzahl nah Respini ergebenen Mitgliedern; dieser elbst ist jedoh nicht gewählt.

: Belgien. Der Erbgroßherzog von Luxemburg traf gestern r

Nachmittag auf der Rüreise von London in Ostende ein und reiste alsbald nah Luxemburg weiter.

Griechenland.

Dur Königliches Dekret ist der Kronprinz, Herzog von Sparta, zum Commandeur des 1. Jnfanterie-Regi- menta ernannt worden.

Jn Akarnania sind an Stelle von zwei Anhängern der

Opposition, deren Wahlen für ungültig erklärt worden waren, Tes zwei Regierungskandidaten in die Kammer gewählt worden.

Amerika.

Vereinigte Staaten. Jm Senat brachte am 19. d. Mts. der Senator Paddock eine Vorlage i welche den Sekretär für Landwirthschaft Rusk ermächtigt, die Jn- 4 0A aller Shiffe anzuordnen, welhe Vieh nah em Auslande befördern, und ein Reglement für die Unter- kunft von Vieh an Bord von Schiffen vorzuschreiben. Falls ein Schiff diesen Weisungen nicht nachkomme, sollen ihm die Klarirungspapiere vorenthalten werden. Sanders brachte im Senat eine Bill ein, welche es zu einem mit Geldbußen und Gefängniß zu bestrafenden Vergehen machen will, wenn Schußwaffen oder Munition an Jndianer ¿erkauft oder leihweijse überlassen werden.

Brafilien. Die konstituirende Versammlung hat, wie dem „W. T. B.“ aus Rio de Faneiro berichtet wird, in erster Lesung den Verfassungsentwurf mit einigen Aenderungen angenommen, gleichzeitig aber ein Tadels votum gegen die provisorishe Regierung beschlossen wegen gewisser Maßnahmen derfelben. Jn Folge dieses Votums haben sämmtliche Minister ihre Ent - lassung eingereicht.

Chile. Den legten über Buenos Aires in Paris ein- gegangenen Nachrihten zufolge hatten die chilenischen JFnsurgenten Pisagua besezt. Nach einem in Mexiko aus

quique eingetroffenen Spezialtelegramm vz2rmehre si die g ahl der Jusurgenten täglih und stände ein Zusammenstoß evor.

Parlamentarische Nachrichten.

Jn der heutigen (49) Sizung des Reichstages, welcher die Staatssekretäre Dr, von Boetticher und Frei- herr von Maltahn beiwohnten, erbat und erhielt der Präsident von Leveyow die Ermächtigung, Sr. Majestät dem Kaiser und König zu Allerhöchst - dessen Geburtstage die Glückwünsche des Reichs- tages darzubringen.

Darauf wurde die zweite Berathung des RNeichs- haushalts:-Etats für 1891/92 fortgeseßt, und zwar bei dem Spezial-Etat des Reichsamts des Fnnern.

Zum Kapitel „Reihs-Gesundheitsamt“ liegt fol: gender Antrag des Abg. Dr. Barth vor: Der Reichstag wolle beschließen: den Herrn Reichskanzler zu er- suchen, die Aufhebung dexr „Verordnung vom 6. März 1883, betreffend das Verbot dex Einfuhr von Schweinen, Schweinefleisch und Würsten ameriktanishen Ursprungs“ zu veranlassen.

Auf eine Anfrage des Abg. Dr. Hammacher erklärte der Staatésekretär Dr. von Boetticher, daß eine Prüfungs- ordnung für Nahrungsmittelchemiker vorbereitet sei und jeßt der Erörterung unterliege. :

Die Abgg. Münch, Thomsen und von Kardorff empfahlen eine Vershärsung der deutschen Viehseuchen-Gefeß- gebung, weil sonst der Viehstand fo stark verseucht werden würde, daß die Fleishversorgung Deutschlands darunter leiden würde. Besonders hob Abg. Thomsen den Verlust des englishen Marktes hervor.

Staatssekretär Dr. von Boetticher ließ dahingestellt, ob eine Aenderung des Viehseuchengeseßzes nothwendig sei; der Verlust des englischen Vêarktes sei zu bedauern, aber Schleswig-Holstein habe sih andere Absatgebiete gesucht. (Schluß des Blattes.)

Jn der heutigen (5.) Plenarsißzung des Herrenhauses, welcher der Minister des Jnanern Herrfurth beiwohnte, erbat und erhielt der Präsident Herzog von Ratibor vom Hause die Ermächtigung, Sr. Majestät dem Kaiser und Könige zu Allerhöchstd-ssen Geburtstage die unterthänigsten Glückwünsche des Hauses darzubringen.

__ Den Gesetzentwurf, betreffend die Erhöhung des Höchstbet.rages der Hundesteuer in den älieren Landes- theilen der Monarchie, empfahl der Referent der Kommission für Kommunalangelegenheiten Graf von Pfeil in folgender Fassung zur Annahme :

S. 1. Der Höcstbetrag der Hundesteuer, deren Erhebung gemäß der Allerhöcsten Ordre von 29. April 1829_ den Stadt- gemeinden und gemäß der Allerhöchsten Ordre vom 18, Oktober 1834 den Landgemeinden mit jährlih 9/4 gestattet ift, wird hierdurch auf 20 M festgeseßt.

« F 2. Das gegenwärtige Gefeß tritt am 1, April 1891 in

rasît.

Der Minister des Jnnern Herrfürth erklärte sich mit der von der Kommission beschlossenen Aenderung einverstanden. (Schluß des Blattes.)

Jn der heutigen (19.) Sißung des Hauses der Ab- geordneten, welcher der Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden beiwohnte, stand auf der Tagesordnung : Zweite Berathung des Entwurfs des Staatshaus- halts-Etats für 1891/92 und zwar zunächst der Etat der Domänen.

_ Bei der Einnahme wies der Abg. Stengel auf die niedrigeren Ergebnisse aus der Verpachtung der Domänen in diesem Jahre als auf ein Zeichen für den s{lechten Stand der Landwirthschaft hin und hob hervor, daß dieselben noch geringer ausgesallen wären, wenn niht die Domänen im Westen, namentlich in Sachsen mit seinem B au, ein Mehr ergeben hätten; die neue Zudckersteuervorlage im Reih sei aber geeignet, die Einträglichkeit der Zudker- industrie erheblih herabzuseßen und diejenigen Pächter, welche mit Rücksicht auf die gegenwärtige Geseßgebung die Domänen übernommen hätten, zu schädigen.

___ Abg. Rickert meinte, daß ein solcher eventueller Shaden sih nicht absehen lasse und noch viel weniger zu berechnen sei. Das Ergebniß der Verpachtungen eines einzigen Jahres lasse durchaus keinen Schluß auf die Ertragfähigkeit und den Stand der Landwirthschaft im Allgemeinen zu.

Abg. Sombart sprach sihch in demselben Sinne aus und regte außerdem die Wiederaufnahme der Parzellirung von Domänen an.

Der Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden er- klärte, auf die Zuckersteuer niht eingehen zu können. Pächter, die unverschuldet in Verlegenheit geriethen, würden unterstüßt werden. Die Domänenverpahtungen würden allgemein als Barometer für den Stand der Landwirthschast angesehen, und da

müsse man der Thatsache Beachtung schenken, daß auch bei der leßten Verpachtung die Ertragshöhe zurückgegangen sei, Eine übereilte

Veräußerung des Staatsgrundbesißes empfehle sich nicht; andererseits müsse aber der bäuerliche es in o Weise erhalten und verstärkt werden. Zur Ausführung des Rentengüter-Gesezes seien die einleitenden S@itte geschehen, doch gehe naturgemäß die Sache nur langsam und allmählich S S atad s eniidias

g. Humaun sprah si entschieden gegen die Herab- setzung der Zölle aus. M B

Abg. von Erffa bedauerte lebhaft, daß man den Sanirungsprozeß der Landwirthschast, den man {on durch das Zuckersteuergesez hemme, durch eine Umkehr von der be- stehenden Wirthschaftspolitik vollends in sein Gegentheil ver- fehren wolle. :

Abg. Seer befürwortete ein größeres Entgegenkommen der Regierung gegenüber den Domänenpächtern, welhe nur mit Rücksicht auf die bestehende Zuckersteuer die hohen Pacht- preise gezahlt hätten.

_ Bei Schluß des Blattes ‘nahm der Minister für Land- wirthschaft 2c. von Heyden das Wort. :

__— Dem Reih#tage “ist der Bericht der VIIL, Kom- mission über den derselben zur Vorberathung überwiesenen Gesetzentwurf, betreffend Abänderung der Gewerbe- ordnung, (Arbeiterschußgeseßz), zugegangen.

__— Die Budgetkommission des Reichstages begann beute die Berathung des Militär-Etats. Die Berathung wurde vom Kriegs-Minister von Kaltenborn-Stachau mit einem Vortrage eingeleitet, in welchem derselbe ausführte, daß die Mehrforderungen des vorliegenden Etats nicht zum Zwecke einer Vermehrung der Armee, fondern ledigli zur Förderung innerer Festigung und des Ausbaues derselben gestellt würden. Die fortdauernden Ausgaben des Kap. 14 (Kriegs-Ministerium 2140 480 4) wurden nach kurzen Erörterungen ohne Abstrich beroilligt, ebenso Kap. 17 (Militär-Geistliche) 692 626 4, Kap. 22 (Generalstab) 2134985 #4, Kap. 23 (Ingenieur- und Pionier-Corps) 1 782 876 «M Boi Kap. 24 Tit. 1 (Besoldungen der Offiziere 23 963 916 4) entspanu sich eine ausführliche Diskussion über die Umwandlung der ältesten Hauptmannstelen in Stabs- offizierstellen. General Vogel von Falkenstein begründete das Bedürfniß dieser Umwandlung in längerer Ausführung. Die Abgg. von Weyrauch, Hahn, von Keudell sprachen sih für die Bewilligung aus, die Abgg. Hammacher, Fritzen, Hinze und Richter bekämpiten dieselbe. Bei der Abstimmung wurde die Forderung mit 22 gegen 4 Stimmen abgelehnt und folgeweise der ganze Titel mit 23 695 716 4 bewilligt. Auf eine Anfrage des Abg. vonWeyrauc erläuterte der Vertreter der Heeresverwaltung die Bei- behaltung des Unterschieds zwischen den Besoldungen der Offiziere der Infanterie und der Jäger und denjenigen der übrigen Waffengaitungen wesentlih mit Rücksichten auf vie allgemeine Finanzlage, indem er aussprah, daß es die Heeresverwaltung mit Freuden begrüßen würde, wenn sie in die Lage verseßt werden würde, die ‘Unterschiede, soweit Fe nit mehr innerlich begrünbet erschienen, zu Gunsten der Offiziere der Infanterie und der Iäger-Bataillone auszugleichen.

Dem Hause der Abgeordneten ist der von dem Herrenhause genehmigte Entwurf eines Geseßes, be- tressend Abänderungen der Kirhengemeinde- und Synodalordnung für die Provinzen Preußen (Ost- und Westpreußen), Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien und Sachsen vom 10, September 1373, zugegangen.

Die Wildshaden-Kommission des Hauses der Ab- geordneten hat heute in zweiter Lesung im 8. 15 den Zeitpunkt für das Inkrafttreten des Wildschadengeseßes auf den 1. August 1891 (statt 1. April, wie die erste Lesang wollte) verlegt und den Ent- wurf in der veränderten Fassung endgültig angenommen.

Handel und Gewerbe,

Tägliche Wagengestellung für Koblen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. _ An der Rubr sind am 21. Januar gestellt 6654, nicht rets zeitig gestellt 4773 Wagen. In Oberschlesien sind am 20. d. M. gestellt 2735, nit rechtzeiiig gestellt 1691 Wagen.

Subhastations-Resultate.

Beim Könialihen Amts8geriht 1 Berlin stand das im Grundbuche von Charlottenburg Band 19 Nr. 753, auf den Namen des Maur erpoliers Johann Kas chke eingetragene, in der Claudius- straße 13 belegene Grundstü. Gebäudesteuer « Nußungswerth 14 060 6 Das geringste Gebot wurde auf 580,15 # festgeseßt. Es bot der Kaufmann Max Kalisher hier 180 000 6 Der Zuschlag wurde vertagt. Aufgehoben wurde das Verfahren der Zwangsversteigerung, betreffend das Grundstück in der Barnim- straße, Königstadt Band 95 Nr. 4737, dem Glasermeister Friedrich Soucard gehörig, und die Termine am 21, Januar d. J.

Die „Zeitschr. f, d. Spir.-Ind.* bringt folgenden Bericht über den Handel mit Stärke nach Mittheilungen der Vertrauens- märner in der Zeit vom 14. bis 20, Januar 1891. Im Laufe der verflossenen Berichtswoche sind uns nachstehend angegebene Abschlüsse in Kartoffelfabrikaten bekannt gegeben worden. (58 wurden verkauft an: Kartoffelmehl und trockener Kartoffelstärke: 2000 Sack zu 24 M frei Hamburg, Lieferung Januar-Februar ; ferner an feuchter Kartoffelstärke: 1000 Sack zu 12,30 # frei Station im Mecklenburgischen, Lieferung Ianuar-Februar; 300 Sak zu 1250 Æ frei Station im Mecklenburgischen; 300 Sack zu 12,40 4 frei Station an der Vahnstrecke Kreuz—Küstrin; 500 Sack zu 12,3546 frei Station an der Bahnstreke Stargard—Kreuz.

Die nächste Börsenversammlung zu Essen findet am 26. Januar 1891 im „Berliner Hof“ statt._

Die Sächsishe Vieh-Versicherungs-Bank in Dresden, das größte deutsche Institut dieser Art, hat im ver- flofsenen 18. Geschäftéfahre wieder gute Erfolge zu verzeichnen. Das allseitige Vertrauen, welhes die Bank genießt, findet durch den be- deutenden Zugang an neuen Versicherungen beredten Ausdruck. Gegen das Vorjahr hat die Prämieneinnahme, der Reservefonds, sowie die Prämienreserve cine beträhtlihe Zunahme erfahren. Die berechtigten Sadenforderungen von über 650 000 s wurden in voller statutarischer Pole prompt am Wohnort der Beschädigten ausgezahlt. Die Er- ebung billiger fester Prämien {ließt jeden Nach- oder Zuschuß aus. In Folge der günstigen Finanzlage der Vank gestattet sie die Prämien- zahlung in zinsfreien Raten.

Leipztg, 21. Januar. (W. £. B.) Kammzug-Termin- bandel. La Plata, Grundmuster B. pr. Januar 4,373 , pr. Februar 4,374 #, pr. Märi 4,40 6, pr. April 4,40 4, pr. Mai 4,40 4, pr. Juni 4,425 4, pr. Juli 4,423 #, pr. August 4,422 s, pr. September 4,42} 4, pr. Oktober 4,425 #, pr. November 4,421 A Umsaß 55000 kg. Nuhig.

Wien, 21. Januar. (W. T. B.) Bei den 298 km langen Lokalbahnen der Oesterreihischen Lokal-Eisenbahn-Ge- fellschaft betrugen die provisorish ermittelten Einnahmen für den Monat Dezember 1890 159 898 Fl, und für die Zeit vom 1. Ja- nuar 1890 bis Ende Dezember 1890 1 809437 Fl. Im Jahre 1889 betrugen die definitiven Einnahmen im Monat Dezember bei O n N 2 os Ka A und für die Zeit vom . Januar bis Ende Dezember ei einer dur{ch\{chnittli 2 trichslänge von 264 km 1 378 269 F. Di chd London, 21. Januar. (W. T. B.) An der Küste 3 Weizen- ladungen angeboten.

22, Januar. (W. T. B.) Die Bank von Engl heute den Diskont von 4% auf 3} °/s betabäctebk 2 AND dal